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70. Jahrgang, 1. Folge, 2017
Dlnsp. ROL Cäcilia Kaltenböck
Autonomie – aus welchem Selbst? LehrerInnen und ErzieherInnen sind starke, selbstbewusste, charakterfeste Persönlichkeiten – und das sie sollen auch sein. Wie sonst wären sie imstande, junge, in Entwicklung befindliche Menschen zu beg-leiten? Als Persönlichkeit haben wir uns – wenn möglich in regelmäßigen Abständen – immer wieder zu fragen: Was/wer klingt bei uns durch? Bekanntlich heißt „personare“ durch-klingen; der in sich gefestigte Mensch wirkt durch das Äußere- (im griech. Theater durch die Maske des Schauspielers) durch sein Sprechen und Tun. Wir tragen Verantwortung für unser Tun, für die Methode, die wir im Unterricht einsetzen, die Pädagogik (= Erziehungskunst!), die wir (aus) üben! Wir geben damit DEM Antwort, der uns beseelt, geschaffen, berufen hat. Auf IHN hin sind wir ausgerichtet, ER ist der Urgrund und das Ziel unseres Lebens. Alle von Menschen er- und gefundenen Organisationen und Verantwortungsträger, Gesetzgeber und Autoritäten haben Dienstcharakter. Sie haben mitzuhelfen, dass wir die Jugend zu dem EINEN Ziel führen: selbstbewusste und selbstverantwortliche – autonome Persönlichkeiten zu werden. Denn: „Mehr als wir sagen, wirkt unser Tun. Mehr als wir tun, wirkt unser Sein.“ Richten wir uns gerade in der vorösterlichen Bußzeit und zu Ostern nach IHM aus, der uns vorgelebt hat, wie Mensch-Sein geht!
Christlich
Autonomie – aus welchem Selbst?
Lebensnah
Es muss was geschehen
Engagiert
Wunderwaffe Autonomie
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Autonomie „Sinnloser Drill, klägliche Pädagogik, verstaubtes Wissen, hilflose LehrerInnen: Die Hauptleistung der Schule besteht darin, Kindern den letzten Rest Wissensdurst gründlich auszutreiben. Neue Studien belegen das Totalversagen des Systems eindrucksvoll.“ Diese Überschrift eines Artikels im Profil aus dem Jahre 2009 steht für den Höhepunkt einer Medienkampagne gegen unser Schulsystem und seine Vertreter. Eine umfassende Bildungsreform sei nicht möglich, „weil die österreichische Bildungspolitik durch die Mächte der Interessenvertretungen blockiert werde“. Nun: diese LehrerInnen-Bashing-Phase ist überstanden. Die Probleme bestehen aber weiterhin: eine steigende Anzahl von Schulabgängern, die über mangelnde Deutschkenntnisse verfügen und/oder wenig intrinsische Motivation zeigen, entsprechende Leistungen am Arbeitsmarkt zu erbringen. Ein Schulsystem um dessen Effizienz es schlecht bestellt sei und um dessen AbsolventInnenzahlen ebenso, so die Presse im Februar dieses Jahres. Das von der Bildungspolitik der letzten Jahre aufgebrachte Reformthema Schulautonomie soll die Lösung sein und ist in der Medienöffentlichkeit mit unterschiedlichen Bedeutungen und Erwartungen verbunden. Von manchen gesellschaftlichen Gruppierungen wird sie als Vermeidung umstrittener Entscheidungen auf der politischen oder administrativen Steuerungsebene kritisiert, als Dezentralisierung von Mangelverwaltung und Einsparung (bei fehlenden Ressourcen auf Schulebene), als Privatisierung des Schulwesens (wenn privatrechtliche Schul-
trägerschaft ermöglicht werden soll) oder als Entdemokratisierung (wenn die Abschaffung der Kollegien und deren Vertreter in den Landesschulräten vorgeschlagen wird). So dient seit über 20 Jahren ein vages Konzept von Schulautonomie oft als Projektionsfläche für eigene gesellschaftspolitische Vorstellungen, entnehmen wir dem Bildungsbericht 2015 des BIFIE. Als schon in PISA 2009 diesbezüglich Schulleitungen gefragt wurden, war die Antwort eindeutig: autonome Einstellung und Entlassung von Lehrkräften, Festlegung der Anfangsgehälter und Gehaltserhöhungen der Lehrkräfte, Festlegung des Schulbudgets und unabhängige Entscheidung über die Verwendung des Budgets innerhalb der Schulen und Schulautonomie bei curricularen Entscheidungen, wie Verantwortung für die Lehrplangestaltung und Schülerbeurteilungen innerhalb der Schule, Festlegung von Kriterien für die Schülerbeurteilung, Wahl der verwendeten Schulbücher, Festlegung des Lehrstoffs und Entscheidung über das Kursangebot und die Unterrichtsinhalte. Die CLÖ hat natürlich auch zu diesem Themenfeld Meinungen formuliert. Die lesen Sie im Blattinneren. Mir bleibt nur die Hoffnung, dass Schule und LehrerInnen immer schon gewusst haben, worauf es ankommt: auf Bildung, basierend auf Wissen und Haltung. Schulautonomie mag dafür die Bedingungen verbessern. Das wäre immerhin schon ein positiver Ansatz. Dr. Gerhard Vörös
Grüß Gott … liebe Leserinnen und Leser!
„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein…“ Reinhard Meys Traum endet auch für ihn wieder in der Wirklichkeit: Er muss nach seinem gedanklichen Höhenflug, sich in seiner vom Regen durchnässten Jacke befindend, wieder in der Realität landen… Immer, wenn der Öffentlichkeit nach längerem Herumstreiten Ergebnisse verkündet werden, werden sie mit Fremdwörtern gleicher Bedeutung verbrämt, um vorgeben zu können, jetzt „das Rad neu erfunden“ zu haben. Der Großteil schreit bedenkenlos hurra (!), ohne zu bemerken, dass es sich eigentlich um den bewährten, aber verwässerten „alten Wein mit neuer Etikettierung“ handelt. – Dazu gehören seit Jahren Begriffe wie „Kompetenzen“ und letztzeitlich der von der „Autonomie“ und „Inklusion“. • Großteils wird nicht hinterfragt, WER bestimmt über die Angebote der zu erwerbenden Fähigkeiten und Fertigkeiten, welchem Zweck sollen sie dienen, zu welchem Ziel hinführen? – • Großteils wird nicht hinterfragt, WELCHE Freiheiten werden WEM in welchem Ausmaß (neu) zugesprochen bzw. bei anderen beschnitten, aber vordergründig der Öffentlichkeit als der große Wurf hin zur größeren „Autonomie für alle“ verkündet? – • Großteils wird nicht hinterfragt, WELCHE Ideologie dabei in versteckter Form vertreten wird und „auf Schleichwegen“ in den Köpfen der Bevölkerung verfestigt werden und auf diese Weise auch in den Bildungs-Alltag einfließen soll? – Ideologien werden verführerisch dargeboten und mittels ver-einfachen-den nach außen hin logisch klingenden Argumenten präsentiert. Eine gründliche Hinterfragung – falls sich das wer getraut hat – ist unerwünscht und wird mittels passender Gesetzgebungen, Erlässe und Verordnungen – abgewürgt. … (Vgl. z. B. den Gender-Sexualerlass, das Binnen-I, die Schul-„Autonomie“ u. ä. …) Der Soziologe Karl Mannheim zum Thema Ideologie: „Die Geschichte des Ideologie-Begriffs ist eng verknüpft mit der Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft. Ideologie nach heutigem Verständnis wird erst möglich nach dem „Verschwinden des göttlichen Bezugspunktes“…1) Der bekennende Atheist und langjährige Chef der kirchenkritischen Partei ‚Die Linken‘ Gregor Gysi: „Ich glaube zwar nicht an den da oben, aber ich fürchte eine gottlose Gesellschaft. Keine andere Institution könne solches Wertegerüst aufstellen wie die Kirchen. Der Kapitalismus könne das nicht. Der Sozialismus ebenso nicht. (Im ZDF bei „Markus Lanz“) Dr. Karin Kneissl, deckt die Manipulationsvorgänge gegenüber der Öffentlichkeit auf: (gekürzt) „Die Sprache ist das perfekte Instrument, die Gesellschaft wunschgemäß zu formen. … Den jeweils
eigenen Wortschatz schaffen Technokraten in ihren Zirkeln. … Über allem hängen die Nebel der Verschleierung. Die Autorin Cora Stephan prangerte in einem Essay für die „Neue Zürcher Zeitung“ die neue Sprachdiktatur an. So ist die Aufgabe der vom deutschen Familienministerium mitfinanzierten AmadeuAntonio-Stiftung, gegen alles vorzugehen, was nicht auf Linie ist. „Melden“ wird zur obersten Bürgerpflicht. … Dazu gehört die Verwendung bestimmter Vokabeln. … Es ist ein Vokabular entstanden, das vieles verdreht und unser Denken prägt. … Die Gebühr wird zur Service Pauschale behübscht. Die öffentliche Hand ist letztlich der Steuerzahler. Dieser wird kaum als Bürger, sondern nur noch als Konsument bezeichnet. Bürgerpflicht ist Konsumieren. Harmonisierung von Standards, ob in der Landwirtschaft oder Bildung, läuft auf Zwangsvorgaben hinaus, die mehr an die Planwirtschaft als den freien Wettbewerb erinnern. … Wir sollten uns nicht wundern, warum unsere Gesellschaften so sind, wie sie sind. … Entweder sind Menschen zunehmend sprachlos und lassen dann Gewalt sprechen, oder sie verlieren sich in Worthülsen. Wieder zu einer Sprache zu finden, die Dinge klar beim Namen benennt, würde anderes Handeln nach sich ziehen. George Orwell nahm über Weltliteratur die Abgründe unserer Zeit zwischen Sprachpolizei und Verniedlichung der Wirklichkeit vorweg.“ 2) Inklusion? „Alle(s) in einen Topf!“ – Damit bleibt die Bedarfs-Gerechtigkeit von Bildung für alle (einge plant?) auf der Strecke. 87 % der betroffenen Eltern sprechen sich bereits mit zahlreichen Protesten dagegen aus… BM Dr. Sophie Karmasin stellt sich die Frage, „ob die Abschaffung der Sonderschulen nicht ein reines Sparprogramm ist“. Gleichzeitig sei klar, dass Inklusion im Regelschulsystem mehr koste, weil bauliche und personelle Adaptionen nötig seien, um Inklusion zu realisieren. (Lisa Nimmervoll, Standard, 26.1.2017) Wachen wir, wie Reinhard Mey im Lied, zum Wohle unserer Kinder und Jugendlichen wieder in der Realität des Machbaren und Möglichen auf. Lassen wir uns nicht durch Denk-Vorgaben blenden, die uns letztlich „im Regen stehen lassen“, während es um deren Urheber und ihr Gefolge längst ziemlich still geworden ist. – Ja, sie das Scheitern nicht mehr verantworten müssen, weil nicht mehr da… Meint SR Friedrich Lawitzka CLE-NÖ-Landesobmann Büro: office@cle-noe.at, Privat: fritz.lawitzka@gmx.at, Homepage: www.cle-noe.at Besuchen Sie uns auch auf Facebook: /clenoe PS: Lehrkräfte haben die Aufgabe, eine Wandergruppe mit Spitzensportlern und Behinderten bei Nebel durch unwegsames Gelände zu führen, und zwar so, dass alle bei bester Laune und möglichst gleichzeitig an drei verschiedenen Zielorten gesund ankommen! (Hermann J. Liebel) 1) Karl Mannheim: Ideologie und Utopie. 8. Auflage. Frankfurt 1995, S. 65,
https://de.wikipedia.org/wiki/Ideologie
2) Dr. Karin Kneissl: Die Sprachdiktatur. Juristin, spricht 7 Sprachen, war 8 Jahre im
diplomatischen Dienst der Republik tätig. Sie weiß, wie Sprache das Denken prägt.
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Thema
Schulautonomie
als Wunderwaffe
Was bedeutet
Autonomie?
Das Reformpaket der Bundesregierung ist aus unserer Sicht noch kein attraktives Angebot, das unseren Schulen die versprochene Autonomie bringen kann. Viele Inhalte werden den Erwartungen nicht gerecht. Was bedeutet Autonomie für Lehrende an unseren Schulen tatsächlich? Autonomie heißt Vertrauen in die Professionalität der LehrerInnen. Es heißt nicht: Misstrauen, mehr Vorgaben, Vorschriften und Kontrollzwang der Behörde. Autonomie heißt klare, langfristig verlässliche Rahmenbedingungen schaffen und bedeutet Methodenfreiheit der Lehrenden. Die Beziehungsebene Lehrer-Schüler-Eltern am Schulstandort soll gestärkt werden. Autonomie bringt und bedingt starke LehrerInnen! Starke LehrerInnen bringen starke SchülerInnen! Es soll Zeit und Raum geben für selbstständige Gestaltung des Unterrichts und des Schullebens. Die Expertise, Stellungnahmen und die Praxiserfahrungen der LehrerInnen werden von der Behörde ernst genommen und die Erziehungsarbeit durch SozialarbeiterInnen, SchulpsychologInnen und durch FreizeitbetreuerInnen unterstützt die LehrerInnen. Unabkömmlich ist eine Entlastung der Lehrpersonen von der Bürokratie! Autonomie für Schulleitungen bedeutet das Recht auf eine verlässliche Personalausstattung und Sachaufwandsressourcen am Standort inklusive Unterstützungspersonal, SozialarbeiterInnen und SonderpädagogInnen. Die Schulleitungen brauchen ein disponierbares Lehrerstundenplus für pädagogische Erfordernisse am Standort und disponierbare Ressourcen für Schulraum und Lehrmittel. Es soll keine Abhängigkeit von ‚Clusterleitungen‘ geben. Die Entscheidung über den qualifizierten Lehrereinsatz und über ein adäquates Fortbildungskonzept soll am Standort fallen. Der Dialog mit der Behörde bei Anstellungen und Versetzungen ist wichtig, über absolute Personalhoheit verfügt die übergeordnete Stelle. Autonomie hat es schon immer gegeben, die LehrerInnen wollen die bestehende Autonomie nutzen dürfen! Die derzeitig vorliegenden Gesetzesentwürfe können von uns nur als verstecktes Sparpaket interpretiert werden und viele Inhalte werden den Erwartungen der LehrerInnen nicht gerecht! Dipl.-Päd. Claudia Andre APS-FCG-Regionalbetreuerin CLE-NÖ-Landesobmann-Stv.
Der ehemalige Wiener Stadtschulratspräsident Kurt Scholz warnte in der Presse vom 26. Juni 2016 vor falschen Hoffnungen und stellte die Grundsatzfrage, für wen die Autonomierechte überhaupt gelten sollen? Gelten sie nur für die Schulleitungen oder auch für die Eltern? Segregation durch Schulwahlmöglichkeiten würde die soziale Ungleichheit und Desintegration schon im frühen Kindesalter steigern und die Kluft zwischen den Schulen wäre noch tiefer als bisher. Und: wenn sich in Zukunft die DirektorInnen die LehrerInnen selbst aussuchen können, ist es dann noch gewährleistet, dass unattraktive Standorte noch fähige LehrerInnen finden würden? Treffender kann man die Situation in Österreich wohl kaum formulieren, meint dazu Claudia Wolf-Schöffmann: „Der Ruf nach einer besseren Rentabilität erschallt regelmäßig, wenn man die hohen Kosten des heimischen Bildungssystems den mittelmäßigen PISA-Ergebnissen gegenübergestellt. Als ob man diese Bildungsentwicklung monetär beziffern könnte! Ein gutes Abschneiden bei PISA ist noch lange keine Garantie für eine geringe Jungendarbeitslosigkeit (siehe Finnland). Und gerade die ist doch aus wirtschaftlicher Sicht relevant! Zu glauben, dass ein dezentrales Gestaltungspotential (Schulautonomie) die „Human-Ressourcenknappheit“ kompensieren kann, zeugt von Unkenntnis unseres Systems.“ Schulautonomie, für und wider Schulautonomie muss immer unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet werden. Autonome Entscheidungen am Standort können durchaus Vorteile mit sich bringen. Ein Mitspracherecht der Direktorin, die ihr Personal passend dem Fächerbedarf und dem Schulprofil auswählen kann und vielleicht auch noch Alter und Geschlecht berücksichtigt, um eine gute Durchmischung im Lehrerstand zu haben, ist überaus positiv zu bewerten. „Wenn man ein Recht auf mehr Eigenverantwortung bei der didaktischen Gestaltung des Unterrichts und bei der Schwerpunktsetzung einräumt, na hervorragend! Und wenn dann auch noch im ausreichenden Maße Personalressourcen vorhanden sind, die autonom am Standort eingesetzt werden können, haben wir die Spitze erreicht“, so Wolf-Schöffmann. Wer von Autonomie spricht, muss auch von ausreichenden Mitteln im Bildungsbudget sprechen. Wer ein dezentrales Gestaltungspotential einfordert, muss sich von aufoktroyierten pädagogischen Konzepten im Gießkannenprinzip verabschieden. Und wer Schulautonomie nicht nur als mediale Headline betrachtet, sollte die Betroffenen vor Ort gut darauf vorbereiten und ihnen die nötige Zeit und Unterstützung einräumen! Claudia Wolf-Schöffmann u. a. Vorsitzende FCG der Landesleitung 10 APS OÖ, ÖVP-Sprecherin in den Bereichen Bildung, Schule, Kultur, Frauen & Jugend, Mitglied des Landespräsidiums der ÖVP OÖ Auszug aus einem Artikel, erschienen im Schulblatt, NOVEMBER 2016 Zeitschrift des Christlichen Lehrervereins für Oberösterreich
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Autonomie –
was sonst?
Nachdem das „große“ Bildungsreformpaket doch nicht die gewünschte positive Wende brachte, die es ver sprochen hatte, wird nun auf die Autonomie gehofft. Durch sie sollen nun endlich die nicht überragenden Ergebnisse internationaler und nationaler Kompetenzüberprüfungen von Schülerleistungen verbessert werden.
Autonomie als Möglichkeit, selbständig zu handeln und für die gesetzten Entscheidungen auch verantwortlich zu sein, nehmen sich die LehrerInnen bei der Planung jeder Unterrichtseinheit. Im Bereich der Schulorganisation sind die Schulleitungen schon durch die Vorgabe einer Rahmenstundentafel eingeschränkt. Die Auswahl von PädagogInnen, deren Anzahl aufgrund des drohenden Lehrermangels in den nächsten Jahren drastisch abnehmen wird, ist ebenso eingeschränkt, wie die Zuteilung von Zeitressourcen. Was bleibt dann tatsächlich von Autonomie übrig? Viel wesentlicher erscheint der Christlichen Lehrerschaft Österreichs darauf zu achten, dass die Qualität von Unterricht und die Beziehung zwischen den handelnden Personen – vor allem
die Beziehung zwischen LehrerIn und SchülerIn – von Achtung und Wertschätzung getragen ist, und dass nach den notwendigen Qualitätskontrollen die zur Verbesserung getroffenen Maßnahmen, reflektiert werden. Erst dann wird sich Schule von innen her tatsächlich verändern können, denn Reformen, die „top down“ auf ein System einwirken und nicht sozialpartnerschaftlich ausverhandelt sind, sorgen nur für große Verunsicherung der KollegInnen. Lassen wir die LehrerInnen den SchülerInnen vorleben, was es heißt, selbständig und eigenverantwortlich zu handeln. Vom Vorbild lernt man am besten.
Was bedeutet Autonomie für mich? Autonomie für Lehrende an Schulen bedeutet: • VERTRAUEN in die Professionalität der LehrerInnen • nicht: Misstrauen, mehr Vorgaben, Vorschriften und Kontrollzwang der Behörde) • Klare, langfristig verlässliche Rahmenbedingungen – nicht Reformen um der Reform wegen, nicht Beliebigkeit, • Freiheit der Lehre und der Methoden vor behördlichen Schulkonzepten • Individueller, situativer Unterricht in Verantwortung der Lehrperson • Reflexion, Feed-Back-Kultur und Dialog in der Schulpartnerschaft ist Teil der Professionalität • Stärkung der Beziehungsebene LehrerInnen/SchülerInnen/Eltern und Identitätsstiftung am Schulstandort • Zeit und Raum für selbstständige Gestaltung des Unterrichts und Schullebens • Autonomie bringt (und bedingt) starke LehrerInnen; diese wiederum bringen starke SchülerInnen • Leistung einzufordern; Erziehungs- und Verhaltensregeln einzufordern • Expertise, Stellungnahmen und Praxiserfahrungen der LehrerInnen werden von der Behörde ernst genommen • Keine Abhängigkeit der Lehrperson von der Schulleitung (Willkür einer Einzelperson) • Entlastung der Lehrpersonen von Bürokratie (Verwaltung, Berichtswesen, …) • Unterstützung der Erziehungsarbeit durch SozialarbeiterInnen, SchulpsychologInnen, Freizeitbetreuung
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• Bestehende Autonomie nützen dürfen (es gibt seit Jahrzehnten bewährte Projekte, Schwerpunkte, Schulprofile an Schulen) Autonomie für Schulleitungen bedeutet: • Recht auf verlässliche Personalausstattung und Sachaufwandsressourcen am Standort • Disponierbares Lehrerstunden-Plus für pädagogische Erfordernisse am Standort • Unterstützungspersonal, Sonderpädagogik, Sozialarbeit, Freizeitbetreuung abrufbar • Entlastung von Verwaltungsarbeit durch weniger Bürokratie und durch Sekretariate • Disponierbare Ressourcen für Schulraum und Lehrmittel (Dialog mit dem Schulerhalter) • Keine Abhängigkeit von „Clusterleitungen“, kein Schulranking in Clustern • Entscheidung über qualifizierten Lehrereinsatz und Fortbildungskonzept am Standort • Leitermitsprache (Dialog mit der Behörde) bei Besetzungen und Versetzungen • Keine zusätzliche Administration für Lehreranstellung, Lehrerkündigung, Personalverwaltung • Expertise, Stellungnahmen und Praxiserfahrungen der LeiterInnen werden von der Behörde ernst genommen Ergebnisse des Brainstormings der CLÖ-Klausur am 21.1.2017 in Ramsau, notiert von Mag. Karl Havlicek
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Thema
Thema Die Lehrkräfte sind sehr häufig mit Problemen konfrontiert, um die sich eigentlich die Eltern kümmern sollten. Dass wir LehrerInnen uns trotzdem nach Kräften um diese Angelegenheiten kümmern, wird leider nur selten anerkannt. Dabei ist es oft die letzte Chance unserer SchülerInnen auf eine adäquate Sozialisation. Aus diesem Grund wäre es dringend notwendig, dass wir für dieses pädagogische Handeln bessere Rahmenbedingungen bekämen. Durchforstet man in seinem aktiven Un-Ruhestand die Berge an Artikel und Ausschnitten, die man über Jahre hinweg gehortet hat und nun „loslassen“ will, stößt man mitunter auf zeitlos Aktuelles, wie zum Beispiel auf einen äußerst lesenswerten Artikel im APA-Newsletter (2/08) von HR Dr. Gert Lach, dem langjährigen Leiter der Schulpsychologie Kärnten (mittlerweile in Pension). Ich darf einige Passagen daraus zitieren:
Vor einigen Jahren fuhr ich in Wien an einer Schule vorbei und traute meinen Augen nicht: Ein Riesentransparent, regenfest und fix über dem Schultor verankert, mit der Aufschrift: „Schule ist keine Reparaturwerkstätte, Kinder haben auch Eltern!“ Monatelang hing es nur an dieser Schule! Damals wünschte ich, dass dieses Transparent als stummer Mahner an sämtlichen österreichischen Schulen befestigt werden müsste ...
Welt ist für Kinder schwieriger geworden „Die Welt von heute ist für Kinder im schulischen Alter weit schwieriger zu bewältigen als noch vor einer Generation. Während einerseits der Leistungsdruck ständig steigt, wird die Konzentration auf das Lernen durch die bunte Welt des Internets und der Handys immer schwieriger. Viele Kinder werden schon lange materiell über- und emotionell unterversorgt. Die Welt der Kinder ist überdies fordernder geworden: Alles können, das möglichst früh, möglichst schnell und alles zur gleichen Zeit. Die Eltern meinen es zwar oft gut, aber deren Ansprüche gehen oft über die Möglichkeiten der Kinder hinaus. Viele Kinder sitzen daher oft in der falschen Schule und sind damit überfordert. In diesen elterlichen Ansprüchen werden die Kinder aber zugleich oft allein gelassen. Und die Schule? Hinkt gesellschaftlichen Veränderungen nach, ist extrem leistungs- und zweckorientiert, ein Abbild der Gesellschaft. Und selbst die Freizeit der Kinder bedeutet Dauerstress. Was tun? Sich Zeit nehmen für die Kinder, mit ihnen in Beziehung leben und ihre Erziehung übernehmen, in der Familie als gefördertes Lebensmodell, das das Kind als wichtigstes Gut der Gesellschaft zu schätzen weiß.“
Das Tagungsthema des 6. Internationalen Alfred-Dallinger-Symposiums im vergangenen November in Wien lautete: „Schule ist keine Insel – Bildungseinrichtungen im sozialen und regionalen Umfeld“. Punktgenau! Schule war und ist keine Insel, sondern immer das Spiegelbild der jeweiligen Gesellschaft.
Da muss was g’scheh’n, aber da kann man nix machen! 5
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Pausenlose Forderungen an die Schule Paul Lendvai erwähnte einmal einen Ausspruch, der „typisch“ ist für den Österreicher: „Da muss was g’scheh’n – aber da kann man nichts machen!“ Es ist zu befürchten, dass die punktgenauen Ausführungen des Schulpsychologen Gert Lachs ein ähnliches Schicksal ereilen werden. Denn: Eltern sind gleichzeitig immer auch WählerInnen und werden daher seit jeher von den politischen Verantwortlichen mit Glacéhandschuhen behandelt. Ganz im Gegensatz zu uns LehrerInnen: Wir werden in den Schulen pausenlos mit den Reaktionen auf gesellschaftliche Missstände konfrontiert: Die Schule müsste … sollte … könnte!! Von uns fordert man Rezepte für Alles und Jedes! Die Kulturtechniken und der Unterrichtsstoff sollen aber bitteschön – und selbstverständlich – auch noch vermittelt werden!
Vielleicht erkennen die Bildungsverantwortlichen dieses Landes (und vorsichtig angemerkt: auch die Eltern), dass
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Thema LehrerInnen mit der ständig wachsenden Zahl an – aus welchen Gründen auch immer – belasteten und somit uns belastenden SchülerInnen, im Schulalltag oftmals andere Sorgen haben als immerzu kompetenzorientiert an BIST, PISA, SQA, neue Unterrichtsmodelle u.a.m. zu denken. Die Zurufe der ständig wachsenden Zahl an so genannten Bildungsexperten, die in der Regel nie die Mühlen des Schulalltages selbst durchlebt haben sowie die absurden Forderungen nach unbezahlter Mehrarbeit (mit Anwesenheit frühmorgens bis spätabends) erleichtern LehrerInnen die Unterrichtsarbeit wahrlich nicht! Deshalb sei den ewigen Besserwissern ins Stammbuch geschrieben: „Heute überlagern schon lange die Lebensprobleme die Lernprobleme. Erst wenn wir uns den Lebensproblemen stellen, können wir ernsthaft über Lernprobleme reden!“ (Hartmut von Hentig). Warum Bildungsverantwortliche (und auch die Eltern) nach wie vor der Meinung sind, dass es umgekehrt funktionieren muss, bleibt ein Rätsel. Wie ein Perpetuum mobile Wir LehrerInnen wollen nicht aufmüpfig wirken, schon gar nicht zur Revolution aufrufen, nur: Seit zehn Jahren hören wir ständig die gleichen Probleme, die gleichen Forderungen, die gleichen Missstände, die … (siehe Paul Lendvai ...) – wie ein Perpetuum mobile ... Aber es geht ja nicht nur der Schule so: Erinnern Sie sich noch an den Fall Lucas? Zehn Jahre ist dieses schreckliche Verbrechen nun her – und das unfassbare Leid dieses 17 Monate alten Buben, der misshandelt, sexuell missbraucht und am Ende qualvoll gestorben ist, bleibt wohl für immer unvergessen. Was lasen und hörten wir damals nicht alles, was in Zukunft geschehen müsste, was man besser machen müsste, um derlei Verbrechen vielleicht verhindern zu können ... Und heute, zehn Jahre später? Gewalt an Kindern? Die Zahlen sind nach wie vor erschreckend hoch, auch wenn sich die Lage der Kinder in den letzten Jahren etwas verbessert hat. Doch was liest man in den Printmedien? „Der Verein Möwe muss jährlich (!) um Subventionen ansuchen, von einer
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gesicherten Dauerfinanzierung keine Rede.“ (U. Brühl, Kurier, 22.10.2016, S. 23) Und? „Sextäter: Immer weniger Verurteilungen. Nur jedes siebente Ermittlungsverfahren führt zu einer Strafe, die meisten werden eingestellt.“ (R. Payerl, Kurier, 23.10.2016, S. 19) Alles ist natürlich begründbar, alles erklärbar, alles strafrechtlich gedeckt – aber die entscheidenden Fragen bleiben meiner Ansicht nach offen und unbeantwortet. Lehrer in der Doppelfalle Zurück zur Schule und den (überzogenen) Forderungen an diese Institution. Wir Lehrer/innen sitzen da in der oft zitierten Watzlawick’schen Doppelfalle: Verlangen wir zu viel, jammern die Eltern und Psychologen: „Jedes 6. Schulkind ist gestresst!“ (Bloß von der Schule?, Anm.), verlangen wir zu wenig, heult die Wirtschaft auf: „Bildungsniveau der Lehrlinge katastrophal!“ Diesen Gordischen Knoten können wir alleine in der Schule nicht lösen, vor allem nicht, wenn die Gesellschaft von uns LehrerInnen immerzu – bildlich gesprochen – fix fertig gebackene „Torten“ einfordert, die „Zutaten“ hierfür aber konsequent verweigert. Liebe Eltern! Da sind keine Wunderwuzzis am Werk, selbst wenn sie bis Mitternacht in den Schulen bleiben. Denn auch die engagierteste Berufsgruppe wird es nicht schaffen, einen Haflinger in einen Lipizzaner zu verwandeln, bloß weil dieser weiß angestrichen wird. Wenn zu Hause nicht gelesen wird, kein Buch in den Regalen steht, wird eine tägliche 15-minütige
Leseeinheiten an den Schulen ebenso wenig ausrichten können, wie die einmal jährlich stattfindende Lesenacht, der Lesepate oder ein SQA-Schwerpunkt ... all das kann höchsten Schadensbegrenzung sein – die PISA-Sieger-Formel ist es ganz bestimmt nicht! Die letzte Chance auf Sozialisation Gert Lach schlug vor: „Mit den Kindern in Beziehung leben und ihre Erziehung übernehmen, in der Familie...“ Ja sicher, aber auch die Schule hat hier Verantwortung zu übernehmen – keine Frage! Pädagogische Ziele (u. a. Herzensbildung und Beziehungsarbeit) nicht aus den Augen zu verlieren, sollte daher eines der Hauptanliegen der Bildungsverantwortlichen sein, denn „kriegerische Auseinandersetzungen und Umweltkatastrophen werden in der Regel von Menschen verursacht, die ihr Gehirn zu viel und ihr Gemüt zu wenig ausgebildet haben!“ (G. Mörwald). Keine Frage: LehrerInnen werden auch weiterhin zusätzlich zur eigentlichen Unterrichtsarbeit tagtägliche Erziehungs- und Beziehungsarbeit leisten. Denn wie bereits erwähnt, ermöglicht der Lebensraum Schule manchen Kindern (die oftmals alles haben, nur eben nicht das) eine (letzte) Chance auf Sozialisation. Leider sind diese pädagogischen Anstrengungen in einer oftmals brutalen Leistungsgesellschaft wenig gefragt und damit auch nicht gesellschaftlich anerkannt. Umso mehr sollten die Bildungsverantwortlichen und Bildungsexperten danach trachten, Pädagogisches nicht
Thema bloß als Worthülsen in Diskussionen einfließen zu lassen, sondern jene Rahmenbedingungen anzuregen – und auch zu schaffen! –, damit Pädagogisches und somit gesellschaftlich wertvolles Handeln im Unterricht umgesetzt werden kann. Vor diesem Hintergrund die Klassenschülerzahlen autonom freizugeben, erachte ich als ein weiteres typisch österreichisches Phänomen: Denn wer möchte ernsthaft behaupten, dass Individualisierung und Differenzierung in einer Klasse mit 35 SchülerInnen besser gelingen als in einer mit 20? Statt Leistungszwang Erlaubnis zum Gefühl Würde man endlich erkennen, dass pädagogisches Handeln geradezu die Voraussetzung für erfolgreiches Lernen, für zufriedenstellende BIST- und PISA-Ergebnisse ist, würden viele Bildungsdiskussionen und Reformvorschläge wohl anders geführt werden: „Bildungsreformen scheitern, wenn nur über Strukturen gestritten wird (das passiert bei uns seit Jahrzehnten, Anm.), „Kinder lernen nur, wenn sie den/die LehrerIn mögen“ (Michael Felten), „Keine Motivation ohne Beziehung!“ (J. Bauer), „Ohne Gefühl geht beim Lernen gar nichts!“ (G. Hüther), und John Hätties diesbezügliche weltweite Untersuchungsergebnisse sind hinlänglich bekannt. Als angehender Junglehrer hörte ich vor mehr als 40 Jahren an der PädAk ständig: „Haben Sie Mut zur Lücke!“ Gemeint war das Kognitive, das Stoffliche. Später habe ich kaum noch „Lückenlehrer“ getroffen. Die Stoffmanie griff an den Schulen in erschreckender Weise um sich. Heute würde ich angesichts der vielen und vielschichtigen Defizite von SchülerInnen fordern: „Haben Sie Mut zur Lücke, ja unbedingt, denn weniger wäre mehr, aber haben Sie auch Mut zur Fülle im sozial emotionalen Lernbereich!“ Das wäre einerseits die halbe Miete für ein positives LehrerInSchülerIn-Verhältnis und andererseits für zufriedenstellende Lernerfolge! Kurzum: Da muss was g’scheh’n, und – da könnte man sehr wohl viel mehr machen. Denn: „Wo käme man hin, wenn alle sagen, wo käme man hin, und keiner ginge, um nachzuschauen, wohin man käme, wenn man ginge!“ (Ein Zitat aus der Festschrift der Nikolaus Lenau Schule in Gmunden.)
Prof. Herbert Stadler war Sozialpädagoge im SOS-Kinderdorf, später Lehrer an der Sondererziehungsschule Biedermannsdorf und bis 2012 am SPZ Wien 11. Er arbeitete durch 25 Jahre hindurch mit 13- bis 15-jährigen Schulverweigerern in eigenen Projekten. Er war Lehrbeauftragter an den Pädagogischen Hochschulen Wien 10 und Baden. Nach wie vor Vortragender und Seminarleiter zum Thema: Umgang mit verhaltensauffälligen Schülern. Autor des Buches „Verhaltensauffälligkeit und Lehrerkompetenz“ sowie zahlreicher Artikel für pädagogische Fachzeitschriften. Berufsmotto des Autors: Man kann sich den ganzen Tag ärgern, aber man ist dazu nicht verpflichtet!
Gastkommentar: Die Pflichtschule im Besonderen wird laufend zusätzlichen Reformen und damit Belastungen ausgesetzt, bei denen sich die Frage aufdrängt: Was kommt davon tatsächlich beim/bei der SchülerIn an? Diese Frage stellen sich zurecht jene, die wirklich Schule von heute kennen, sich dafür einsetzen und bestmöglich zu gestalten versuchen. Damit sind wir eindeutig an den Rand des Machbaren angelangt und überschreiten diesen mit den jüngst präsentierten Paketen zur pädagogischen Neugestaltung in der Grundschule und Sonderpädagogik. Beides auch von Personen entwickelt, die wohl vielleicht einmal in der Schule standen, sich jetzt aber in einem Zustand fern jeglicher schulischer Realität befinden oder vielleicht auch überhaupt keine praktische Ahnung davon haben. Anders lassen sich viele inhaltliche Teile und vor allem die Zeitabläufe nicht zuordnen. Das offenbar kurz vor der Begutachtung stehende Autonomiepaket (Anmerkung: Zeitpunkt der Artikelverfassung), das nicht im vollen Umfang die Handschrift von sozialpartnerschaftlicher Einigung trägt, reiht sich hier nahtlos ein. Ein weitgehend praxisfernes, in der Realität nur schwer mit erhöhtem Aufwand umsetzbares Modell, das scheinbar der von Krisen- und Personaldebatten geschüttelten Bundespolitik als Ablenkungsmanöver dient, wird demnach wieder einmal den Schulen und damit unseren Kolleginnen und Kollegen aufgezwungen. So geschehen auch mit dem Grundschulpaket, dessen Umsetzungsrichtlinien teilweise noch immer fehlen und dessen zweifelhaften Auswirkungen erst jetzt allmählich sichtbar werden. In beiden Paketen wird auf kein einziges aktuelles Problem des heutigen Schulalltages eingegangen, geschweige denn verringert oder gar gelöst. Die im Autonomiepaket vorgesehene Abschaffung der Klassenschülerhöchstzahl, die vor mittlerweile 10 Jahren nach mühsamen Verhandlungen endgültig von 30 auf 25 erreicht wurde, die ermöglichte Enthebung von Schulleitern, deren Standorte zwar bestehen bleiben, aber Teil eines Schulclusters wurden, der uneingeschränkte Durchgriff der Bundesbehörde ohne Länderregulativ und die Umwandlung von Lehrerdienstposten in Unterstützungspersonal ohne zusätzliche Ressourcen wird von uns in aller Entschiedenheit abgelehnt. Als Vorsitzender fordere ich praxis-orientierte und sinnvolle Reformen, die dort ankommen, wo sie in schönen Sonntagsreden der verantwortlichen Politiker ankommen sollen, nämlich beim Kind bzw. Jugendlichen. Wir brauchen keine ideologisch geprägten „Neuerungen“, die permanent Unruhe und Unzufriedenheit in unsere Schulen tragen und keine Rücksicht auf Belastungen nehmen. Die Bildungsreformen der letzten Jahre sind versteckte Sparpakete und tragen zu keiner Verbesserung der Schulwirklichkeit bei!
ZA-APS-FCGVorsitzender Helmut Ertl
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Spektrum
Hinter den Kulissen Autonomie je nach Bedarf… „Geben Sie Gedankenfreiheit, Sire!“ fordert Marquis von Posa von König Philipp II (Don Carlos III/10). Damit ist natürlich die Freiheit gemeint, diese Gedanken auch zu äußern, sofern sie nicht widerrechtlich oder amoralisch sind. Dieser Gedanke, der letztlich in der griechischen Philosophie wurzelt, ging auch in die AMRE (Allgemeine Menschenrechtserklärung, Art. 10 u.ö.) ein: „Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die
Gedenken:
Zu Jahresbeginn erreichte uns die Nachricht, dass unser langjähriger Wegbegleiter und treuer Freund, BSI i. R. Reg.Rat OSR Hans Strouhal, von Gott dem Herrn zu sich in die ewige Heimat gerufen wurde. Sein Leben war geprägt von tiefem Glauben und dem Bedürfnis, christliche Werte und Geisteshaltung nicht alleine als Lehrer, Direktor, Bezirksschulinspektor und Familienvater, sondern auch ehrenamtlich in zahl-
Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben“. Eine Einschränkung ist möglich „zur Verhütung von Straftaten“. So wurde es bisher auch von der österreichischen Rechtsprechung gehandhabt. Bisher – denn: Ein Wiener Notar (Name der Redaktion bekannt) ist zu fünf Monaten bedingter Haft verurteilt worden, weil er Dinge geschrieben hat wie: „Die Muslime haben uns allen den Krieg erklärt.“ Mit diesem Urteil ist der
reichen Gremien zum Ausdruck bringen zu können. Mit zahlreichen Ehrungen und Auszeichnungen wurde sein unermüdliches Wirken gewürdigt. Darunter befinden sich die Goldenen Ehrenzeichen für die Verdienste um die Republik Österreich, der Katholischen Lehrerschaft und der ÖVPWien und noch viele weiteren Auszeichnungen. Von 1984–1993 bekleidete er das Amt des Bundesobmanns der Christlichen Lehrerschaft Österreichs und
bisher gültige Unterschied von negativer, aber erlaubter Meinungsäußerung und verbotener Aufhetzung zu einer Gewalthandlung aufgehoben – damit wird jede Meinungsäußerung staatlich regulierbar. Diese Einschränkung von Autonomie ist (menschen)rechtlich nicht begründbar. Aber ebenso unbegründbar ist die Ausweitung von Autonomie in dem „Schulautonomiepaket“ des BMB: hier wird Autonomie mit Willkür verwechselt, wie Kollege Havlicek in seinem Artikel sehr klar darlegt. Ist Autonomie nur das Feigenblatt, das man einmal zur Zensur, ein anderes Mal zu einer chaotischen Clusterung verwendet? Sr. Katharina OP (Dr. Elisabeth Deifel)
wurde nach seinem Rücktritt zum Ehrenobmann der CLÖ ernannt. Wann immer es ihm möglich war, kam Hans zu den Landesleitungssitzungen der CLE-NÖ und stand uns mit seiner Erfahrung, seinen Gedanken und Ideen mit Rat und Tat zur Seite. Lieber RR Hans! Danke für die vielen gemeinsamen Gespräche und Stunden, die wir mit dir bei diversen Treffen der CLÖ erleben durften. – Ruhe in Frieden. – Deiner großen Familie und den zahlreichen Enkelkindern unsere aufrichtige Anteilnahme.
Liebe Leser! Erkläre mir diese schlechten Noten!
Erklären Sie mir diese schlechten Noten!
Einen erfolgreichen Start in die zweite Hälfte des Schuljahres 2016/17 wünscht allen Kolleginnen und Kollegen das Redaktionsteam.
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: Erkennt Ihr das Problem?
Delegiertentagung 15.05.2017 Impressum
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