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69. Jahrgang, 4. Folge, 2016
Dlnsp. ROL Cäcilia Kaltenböck
Asyl – was nun? „Ich war fremd, und Ihr habt mich aufgenommen…“ Im zu Ende gegangenen Jahr der Barmherzigkeit ist es nahe liegend, dieses Werk der Barmherzigkeit weiter zu denken. Wir haben uns zu fragen, ob wir Fremde (und damit meine ich nicht nur die vor Kriegen und Terror Geflohenen) in unserem Ort wirklich aufgenommen haben und ob wir diese tatsächlich auf – und so wie sie sind – angenommen haben? Als Lehrerin und Lehrer in der Klasse üben wir dieses „Werk“ jedes Jahr zu Schulbeginn … wie lange brauchen wir, dass wir sie ganz annehmen können – mit allen Eigenheiten, Fähigkeiten und Fehlern? Ich weiß, das setzt voraus, dass wir uns selbst annehmen können, ja, dass wir uns selbst an- und aufgenommen fühlen von IHM, der gesagt hat: „Kommt alle zu mir, …“ Ohne SEINE Hilfe werden wir niemanden aufnehmen können. Es bedarf eines langen Atems, AsylwerberInnen auch dann noch zu begleiten, wenn sie schon asylberechtigt sind. Dies gilt auch wieder nicht nur für Fremde aus fernen Ländern mit einer völlig anderen Kultur… Aus der Erfahrung mit Asylsuchenden und Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten weiß ich, dass diese unsere bisher gelebte Kultur/ Religionsausübung in Frage stellen. Wir haben uns zu fragen, was wir ihnen vorleben… Erst dann können wir auf das schauen, was sie uns „mitbringen“… Unser Leben ist ein Weg in SEINE Heimat, aber ein WEG. Wir entscheiden täglich, ob wir SEINEN WEG gehen, IHM durch unser Tun nachfolgen… Am Beginn des neuen Kirchenjahres wünsche ich Ihnen ein gesegnetes Weiter-Gehen auf dem Weg zu – und mit IHM, der uns zeigt, wie Leben „geht“…
Christlich
Asyl und Menschwerdung
Lebensnah
Asyl und Migration
Engagiert
Fakten-Check Asyl
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Asyl – und jetzt? Asyl und Migration sind aufgrund der Fluchtbewegungen aus dem Mittleren Osten und Afrika in Richtung Europa wichtige aktuelle Themen im politischen, wirtschaftlichen, sozialen und auch humanitären Diskurs. Für Österreich ist dieses Phänomen keineswegs neu – in den vergangenen 70 Jahren fassten Menschen aus politischen, wirtschaftlichen oder auch sozialen Gründen den Entschluss, ihre Heimat für gewisse Zeit oder auch für immer zu verlassen. Was aber in der Historie anders war: „Österreich hat sich immer als Erstversorgungs- und Transitland verstanden. Man hat also nie damit gerechnet, dass diese Leute lang bleiben werden“, analysiert der Historiker Dieter Bacher vor kurzem im Kurier und verweist etwa auf die Ungarnkrise im Jahre 1956, wo nach nur wenigen Monaten der Großteil der etwa 180.000 Flüchtlinge weiter etwa in die USA, nach Kanada, Großbritannien, Australien oder Südafrika migrierte oder nach Hause zurückkehrte. Plötzlich werden Forderungen laut, dass man genau unterscheiden müsse, wer dableiben darf und wer nicht und wie eine Integration überhaupt gelingen kann und wenn, dann nur über den Weg der Bildung. Das Recht auf Bildung ist ein grundlegendes Menschenrecht, das etwa im ersten Zusatzprotokoll der Europäischen Menschenrechtskonvention, in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und in der Kinderrechtskonvention verankert ist. Über 30.000 (Tendenz: steigend!) unbegleitete minderjährige (zumeist männliche) Flüchtlinge müssen als „außerordentliche“ Schüler auf schnellstem Wege Deutsch lernen. Das ist für die Meisten nicht einfach, denn die 13- bis 15-Jährigen etwa aus Afghanistan oder Syrien haben noch nie eine
Schule besucht, „noch nie einen Stift in der Hand gehalten“ (Julia Leithner, Junglehrerin in Mödling). Der 13-jährige Hamit ist mit seiner Familie aus Syrien geflüchtet und findet sich in der dritten Klasse einer Neuen Mittelschule langsam zurecht. Noch kann er sich nur auf Arabisch verständigen oder mit Gesten, denn sie sind erst seit ein paar Wochen in Österreich angekommen. Das Problem wird lösbar sein, sind sich alle Beteiligten sicher, merkt man ihm doch sein Bemühen an, sein Bestes zu geben, zudem ist er nur der einzige Flüchtling in der Schule. Aber das ist nicht überall so! Unter bestimmten Voraussetzungen können unbegleitete Kinder und Jugendliche ihre Eltern nach Österreich nachholen. Geschwister dürfen nur dann mitziehen, wenn sie minderjährig sind. Laut UNHCR zeigt die Praxis aber, dass es in vielen Fällen keinen Kontakt mehr ins Heimatland gibt, viele wissen nicht, ob ihre Eltern überhaupt noch am Leben sind. Familien können sich aber oft auch die Flugtickets, die vorgeschriebenen Gutachten und DNA-Tests, die oft mehrere Tausend Euro kosten, nicht leisten. „Wir alle sind Brüder und Schwestern, wir alle sind Kinder desselben Gottes. Christliche Identität bedeutet als Erstes dem Nächsten begegnen, der schwach ist. Wir müssen sicherstellen, dass diese Werte auch morgen noch gelebt werden. … Es muss unsere Aufgabe sein, zu Besonnenheit, Nüchternheit und zum Miteinander in der Gesellschaft aufzurufen. Unser Glauben verleiht uns die Kraft, diese Aufgabe offenen Herzens anzunehmen.“ (Caritas Bischof Benno Elbs anlässlich der PapstVisite auf Lesbos) Dr. Gerhard Vörös