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Ch. Szubski, W. Löscher, M. Burtscher

Christoph Szubski, Wolfgang Löscher und Martin Burtscher

Auswirkungen von Hypoxie auf neuromuskuläre Aktivierung, motorkortikale Erregbarkeit und zentrale Ermüdung

The effects of hypoxia on neuromuscular activity, motor cortical excitability and central fatigue

SUMMARY

The effects of acute hypoxia on motor cortex excitability, force production, spinal excitability, central and peripheral fatigue were studied in fourteen healthy male subjects. Electrical stimulations of the right ulnar nerve were performed and transcranial magnetic stimulations (TMS) were delivered to the first dorsal interossoeus (FDI) motor cortex area during acute hypoxic and normoxic condition. The stimulations were given in relaxation, during brief maximum voluntary contraction (MVC) and sustained 90s-MVC. Hypoxia was induced by breathing a fraction of inspired oxygen of 12% via a face mask. M-wave, twitch, F-wave, resting motor threshold, recruitment curves, and intracortical inhibition and intracortical facilitation were measured. Moreover, force, motorevoked potential (MEP), silent period (SP) and voluntary activation were determined during brief and sustained isometric maximal right index finger abduction. Force, M-wave, and F-wave were not influenced by the delivery of oxygen. The resting motor threshold was significantly lower in hypoxia (55,9 ± 9,40 %) compared to normoxia (57,50 ±10,48 %) (P < 0.01), but recruitment curve, intracortical inhibition and facilitation, and MEP were unaffected by hypoxia. In contrast, SP during brief MVC was significantly shortened in hypoxia (158,21 ±33,96 ms) compared to normoxia (169,42 ±39,69 ms) (P < 0,05). No hypoxia-related changes in force, M-wave, MEP, normalized MEP, SP, or voluntary activation were observed during the fatiguing MVC and in the recovery phase. At the end of the hypoxic post-exercise period the twitch force was significantly potentiated by 133 % of the pre-fatigue amplitude (P < 0,05). Furthermore, after the cessation of the hypoxic sustained MVC twitch amplitudes recovered more rapidly compared to normoxic values (P < 0,05). Our data demonstrated that acute hypoxia results in increased motor cortical excitabili-

ty, suggesting alterations in ion channel function and GABAergic mechanisms. However, no indices of hypoxia-induced impairments in central processes were demonstrated during and after the sustained MVC. A potentionated twitch force in hypoxia at the end of the recovery phase is believed to be due to alterations in myosin phosphorylation.

Keywords: transcranial magnetic stimulation; hypoxia; motor cortex; motor cortical and spinal excitability; peripheral and central fatigue

ZUSAMMENFASSUNG

In unserer Studie wurden bei 14 Probanden die Auswirkungen von akuter Hypoxie auf Aktivierungsgrad des motorischen Kortex und Kraftvermögens, der spinalen Erregbarkeit, der peripheren und zentralen Ermüdung untersucht. Elektrische Stimulationen wurden am rechten Ulnarnerv und Transkranielle Magnetstimulationen (TMS) über einer geeigneten Position am motorischen Kortex, die den 1. Dorsalis Interossoeus (FDI) Muskel repräsentiert, abgegeben. Die Stimulationen wurden im entspannten Muskelzustand, während maximaler Muskelkontraktion (MVC) und 90-Sek.-Ermüdungskontraktion durchgeführt. Im hypoxischen Experiment haben die Probanden ein 12 %-Sauerstoffgemisch über eine Gesichtsmaske eingeatmet. M-Welle, F-Welle, Twitch, motorische Schwelle (MS), Rekrutierungskurven, intrakortikale Hemmung und Bahnung wurden gemessen. Zudem wurden Muskelkraft, motorisch evoziertes Potenzial (MEP), Silent Period (SP) und willentliche Aktivierung (WA) während kurzzeitiger und lang andauernder, isometrischer Zeigefingerabduktion bestimmt. Kraft, M-Welle und F-Welle unterschieden sich nicht signifikant zwischen Normoxie und Hypoxie. Die MS war signifikant niedriger im hypoxischen Zustand (55,79 ±9,40 %) im Vergleich zur Normoxie (57,50 ±10,48 %) (P < 0,01), wohingegen Rekrutierungskurve, intrakortikale Hemmung und Bahnung, Muskelkraft und MEP unter Hypoxie unverändert blieben. Die SP verkürzte sich aber signifikant von 169,42 ±39,69 ms (Normoxie) auf 158,21 ±33,96 ms (Hypoxie). Während der Ermüdungskontraktion und der darauf folgenden Erholungsphase wurden keine hypoxiebedingten Unterschiede in Kraft, M-Welle, SP oder WA konstatiert. Unter Hypoxie lag der Twitch am Ende der Erholungsphase mit 133 % des Ausgangswertes in potenzierter Form vor (P < 0.05). Zudem waren die Twitch-Amplituden fast während der gesamten Erholungsphase signifikant größer unter Hypoxie im Vergleich zu den normoxischen Werten (P < 0,05). Unsere Untersuchungsergebnisse haben zeigen können, dass akute Hypoxie eine erhöhte motorkortikale Erregbarkeit zur Folge hat, die möglicherweise auf veränderte Eigenschaften von kortikalen Ionen-Kanälen und

GABA-erge Transmission zurückzuführen ist. Verglichen mit Normoxie wurde während der Ermüdungskontraktion unter hypoxischen Bedingungen ähnliches Vorkommen von zentraler Ermüdung beobachtet. Eine potenzierte TwitchKraft am Ende der hypoxischen Erholungsphase deutet auf Veränderungen in der Myosin Phosphorylierung hin.

Schlüsselwörter: Transkranielle Magnetstimulation; Hypoxie; motorischer Kortex; motorkortikale und spinale Erregbarkeit; periphere und zentrale Ermüdung

EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG

Es wurde immer wieder hervorgehoben, dass verminderte Leistungsfähigkeit unter Hypoxie auf Beeinträchtigungen im Zentralnervensystem (ZNS) zurückzuführen ist (29, 39). Diese Übersichtsartikel gaben jedoch keinen Einblick in die zentralen Mechanismen, die diese Vermutungen hätten stützen können. Die zentralen Neurone benötigen eine konstante und ausreichende Sauerstoffzufuhr, damit die für das Leben notwendigen Prozesse in den Zellen unbeschwert ablaufen können. Eine verminderte O2-Zufuhr präsentiert sich deshalb in einer beeinträchtigten Gehirnleistung (38). Die bisherigen in-vivo-Studien zu Auswirkungen von Hypoxie auf das ZNS konzentrierten sich vor allem auf neuropsychologische Prozesse. Es konnte anhand zahlreicher experimenteller Untersuchungen gezeigt werden, dass z.B. Höhenaufenthalte die kognitive Leistungsfähigkeit beeinträchtigen können (30, 31). Analog zu diesen vorliegenden Arbeiten über neuropsychologische Defizite nach Höhenaufenthalten sind bei COPD-Patienten, im Vergleich zur Normalbevölkerung, ähnliche Beeinträchtigungen in Sprach- und Gedächtnisfunktionen beobachtet worden (22, 25). Die Hypothese vom hypoxiebedingten Einfluss auf supraspinale Mechanismen wird zudem durch psychomotorische Studien bekräftigt, die über verlängerte visuelle und auditive Reaktionszeiten auf einer Höhe von ca. 6.000 m berichteten (13, 14). Diese in-vivo-Untersuchungsergebnisse könnten von mehreren in-vitro-Studien, die eine erhöhte neuronale Sensitivität im hypoxischen Zustand erkennen ließen, gestützt werden (7, 8, 37).

Muskelkontraktionen und alltägliche motorische Abläufe sind das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von zahlreichen Neuronen und -verbindungen im ZNS und intramuskulären Prozessen. Eine unter Hypoxie auftretende funktionale Beeinträchtigung der Neuronenaktivität könnte damit zur Folge haben, dass erbrachte Muskelleistungen als Ganzes negativ beeinflusst werden. Die vorliegenden elektrophysiologischen in-vivo-Studien über Auswirkungen von Hypoxie auf die Aktivität des neuromuskulären Systems haben sich bis dato

jedoch vor allem mit den peripheren Prozessen befasst. Mehreren Untersuchungen zufolge scheinen die peripheren Mechanismen, so z.B. die neuromuskuläre Transmission und das Muskelmembranpotenzial, weder im entspannten Muskelzustand noch bei Muskelaktivität durch Hypoxie beeinträchtigt zu sein (5, 20, 28). Welche Auswirkungen die Hypoxie auf zentrales Erregbarkeitsniveau im entspannten Muskelzustand oder bei Muskelkontraktion hat, und zwar im Speziellen auf den Aktivierungsgrad des motorischen Kortex, ist bis dato nicht wirklich geklärt worden. Einzig und allein Oliviero et al. (40) konnten in einer ersten in-vivo-Studie mit COPD-Patienten zeigen, dass ein langfristiger hypoxischer Zustand mit Dysfunktionen auf kortikaler Ebene einhergehen könnte. Während einige der vorgestellten Studien vermuten lassen, dass die neuronale Aktivität durch Hypoxie beeinflusst wird, liegen bis dato noch keine in-vivoLiteraturhinweise vor, die auf eine hypoxiebedingte intrakortikale und motorkortiko-spinale Erregbarkeitsmodulation hinweisen würden. Zur Klärung dieser neuen wissenschaftlichen Thematik haben wir für unsere Studie die Methoden der elektrischen Nervstimulation und der Transkraniellen Magnetstimulation (TMS) ausgewählt. Bei der folgenden Studie wurde der Einfluss von experimentell induzierter akuter Hypoxie auf spinale, motorkortiko-spinale und intrakortikale Erregbarkeit beim 1. Dorsalis-Interossoeus-(FDI)-Muskel im muskulären Ruhezustand und bei Muskelaktivierung untersucht. Zudem wurde überprüft, inwieweit Hypoxie zu Veränderungen in den peripheren und zentralen Mechanismen während einer Ermüdungskontraktion führt.

METHODIK Probanden

Es haben 14 Probanden (Alter: 21 bis 45 Jahre) an den Experimenten teilgenommen und keiner der Probanden litt an einer neurologischen und kardio-vaskulären Krankheit. Am Untersuchungstag sollten die Probanden keine ungewöhnlichen Hand- oder Fingerübungen durchgeführt haben. Eine Hälfte der Probanden führte die Versuchsreihe zuerst unter Normoxie und 5–10 Tage später unter Hypoxie durch, wohingegen für die andere Hälfte der Probanden eine umgekehrte Reihenfolge gewählt wurde.

Versuchsaufbau

Der Proband saß auf einem angenehmen Stuhl und seine rechte Hand lag auf einem Tisch in einer rechtwinklig gebeugten Ellbogenposition. Auf diesem Tisch befand sich eine Platte mit einem eingebauten Kraftaufnehmer. Die Handin-

nenfläche wurde auf diese Platte gelegt und der Zeigefinger an den Dynamometer (Megatron KM 2000) platziert. Beim Abduzieren des Zeigefingers wurde mit dem Mittelgelenk gegen den Dynamometer gedrückt und damit Kraft erzeugt. Um den Einfluss von den anderen Fingern auf die Zeigefingerabduktion einzuschränken, wurden die restlichen 3 Finger blockiert (s. Abb. 1). Die myoelektrische Aktivität (EMG) wurde mit zwei Oberflächen-EMG-Elektroden kontinuierlich am rechten FDI-Muskel gemessen. Alle gemessenen Signale wurden mit Neurolog NL 125 verstärkt und gefiltert (Kraft, 0 – 100 Hz; EMG, 53 Hz – 5 kHz), und mit 10 kHz konvertiert (CED 2501, Micro 1401, Cambridge Electronics Design, England).

STIMULATIONSARTEN Elektrische Nervstimulation

Um Informationen über periphere Mechanismen zu erhalten, wurde der FDIMuskel mit einem elektrischen DIGITIMER Stimulator transkutan über den rechten Ulnarisnerv stimuliert. Der unmittelbar nach einer abgegebenen elektrischen Nervstimulation sichtbare EMG-Ausschlag wird M-Welle (Muskelsummenaktionspotenzial) genannt (s. Abb. 3A). Die Stimulationsintensität wurde mit einer supramaximalen Intensität durchgeführt. Da sich der Zeigefinger durchgehend am Kraftaufnehmer befand, konnte nach jeder durchgeführten Nervstimulation ein unmittelbarer Ausschlag im Kraftsignal konstatiert und analysiert werden. Dieser Ausschlag wird Twitch genannt (s. Abb. 3B). Um die Erregbarkeit der spinalen Motoneurone zu erfassen, wurde zudem die F-Welle gemessen.

Transkranielle Magnetstimulation (TMS)

Zur Erfassung intrakortikaler und motorkortiko-spinaler Effekte kam die Methode der Transkraniellen Magnetstimulation (TMS) (Magstim 200, Magstim, Dyfed, UK) zur Anwendung. Das sich in der verwendeten Spule stark aufbauende elektrische Feld induzierte ein Magnetfeld, welches durch ein erneutes Aufbauen eines elektrischen Feldes die Aktivierung kortikaler Neurone auslöste. Bei diesen Versuchsreihen wurde eine individuell-optimale Position der TMS-Spule am linken primären motorischen Kortex gesucht, der sog. „hot spot“, um mittels Stimuli den rechten (kontralateralen) FDI-Muskel zu aktivieren (s. Abb. 1). Es wurden verschiedene Stimulationstechniken angewendet und mehrere Parameter berechnet, die sich bei diversen Studien zur Erfassung des intrakortikalen Aktivierungsgrades und der motorkortiko-spinalen Erregbarkeit bewährt haben: –Der unmittelbar nach einer TMS-Stimulation erkennbare EMG-Ausschlag

wird motorisch evoziertes Potenzial (MEP) genannt. Das Ausmaß der MEPAmplitude wird durch den intrakortikalen Erregbarkeitsgrad, die Weiterleitung von Impulsen über die kortiko-spinale Bahn und die Erregbarkeit spinaler Motoneurone zum Zeitpunkt der Stimulation beeinflusst.

–Die motorische Schwelle (MS) wird als die niedrigste TMS-Stimulationsintensität bezeichnet, bei der ein noch definiertes MEP-Signal in der entspannten Muskulatur erfasst werden kann. Sie repräsentiert vor allem den

Erregbarkeitszustand der Membranpotenziale im motorischen Kortex.

–Die Rekrutierungskurve der MEPs spiegelt die motorkortiko-spinale Erregbarkeit in Bezug zur TMS-Stimulationsstärke wider. Dabei wird die Stimulationsintensität stufenartig erhöht.

–Mit der Doppelpulsstimulations-Methode („paired pulse“) können genauere Informationen über intrakortikale Mechanismen im motorischen Kortex erhalten werden.

–Die sog. Silent Period (SP) ist als eine Zeitphase von vorübergehend völlig ausbleibender willkürlicher Muskelaktivierung charakterisiert und ist unmittelbar nach dem MEP-Ausschlag zu erkennen. Sie soll vor allem Informationen über hemmende Mechanismen innerhalb des motorischen Kortex liefern.

Abb.1: Platte mit eingebautem Kraftaufnehmer (linkes Bild). Lokalisation der TMS-Spule (rechtes Bild)

HYPOXIE

Bei den Hypoxie-Experimenten wurden die Probanden mittels eines HypoxieGenerators (Hypoxico OHG, Germany), in dem die Umgebungsluft mit Nitrogen gemischt wurde, in einen hypoxischen Zustand versetzt (normobarische Hypoxie). Das produzierte 12 %-O2-Gasgemisch (FIO2 = 12 %) wurde von den Probanden über eine Gesichtsmaske inhaliert. Eine zu schnelle Abnahme der Sauerstoffsättigung bei den Probanden wurde durch eine stufenartige Reduzierung der FIO2 verhindert. Die arterielle Sauerstoffsättigung (SaO2) und die Herzfrequenz wurden mit einem am linken Zeigefinger fixierten Oximeter (Onyx, Nonin Medical Inc., USA) kontrolliert. Die Experimente wurden erst ca. 20 Minuten nach dem Beginn der Inhalation des 12 %-O2-Gasgemisches durchgeführt (4), da sich die verminderte SaO2 erst nach diesem Zeitraum stabil verhalten hat. Die Probanden befanden sich insgesamt ca. 45 Minuten im stabilen hypoxischen Zustand. Bei den Versuchsreihen im normoxischen Zustand wurde den Probanden eine lose Gesichtsmaske aufgesetzt, um zumindest die gleichen äußeren Bedingungen bei der Durchführung von Muskelkontraktionen zu wahren.

VERSUCHSPROTOKOLL 1.Versuchsreihe

Entspannter Muskelzustand

Es wurde eine individuell-optimale Position der TMS-Spule am linken primären motorischen Kortex gesucht, der sog. „hot spot“, um mittels Stimuli den kontralateralen, d.h., den rechten, FDI-Muskel zu aktivieren. Folglich wurde die motorische Schwelle (MS) im entspannten FDI-Muskelzustand bestimmt. Dabei musste die MEP-Amplitude bei 5 von 10 Stimulationen eine Amplitude von mindestens 50 µV erreichen. Danach wurde die Rekrutierungskurve des FDI-motorischen Kortex anhand einer allmählichen Erhöhung der Stimulationsintensität von 100, 110, 120, 130 bis 140 % der MS erfasst. Jeweils 5 Stimulationen pro Stimulationsintensität wurden im Abstand von 4 Sekunden abgegeben. Folglich wurden die intrakortikale Hemmung „inhibition“(ICI) und intrakortikale Bahnung „facilitation“ (ICF) mittels der DoppelpulsstimulusTechnik untersucht, bei der einem überschwelligen Teststimulus ein unterschwelliger konditionierender Stimulus vorausging. Der Konditionierungsstimulus wurde auf 80 % und der Teststimulus auf 120 % der MS gesetzt. Das Interstimulus-Zeitintervall (ISI) zwischen den beiden Stimulationen betrug entweder 2 ms oder 12 ms. Die 2 ms- und 12 ms-Protokolle wurden verwendet, um die ICI bzw. die ICF zu messen. Die Stimulationen erfolgten im Abstand

von 4 Sekunden und in randomisierter Reihenfolge. Es folgten in 3-Sek.-Intervallen 20 Nervstimulationen, um die F-Wellen zu messen. Die Probanden wurden schließlich gebeten, ihren rechten Zeigefinger an den Kraftsensor anzulehnen, ohne dabei Kraft auszuüben. Es wurden 3 Nervstimulationen mit einem zeitlichen Abstand von 5 Sekunden durchgeführt, um M-Wellen und TwitchKräfte zu messen.

Muskelaktivierung

Nach einigen submaximalen und maximalen Aufwärmkontraktionen führten die Probanden schließlich 6 kurzzeitige maximale Zeigefingerabduktionen (Dauer: 3 Sek.) mit einer Serienpause von 1 min durch. Während dieser isometrischen Maximalkontraktionen (MVCs) wurde entweder eine TMS-Stimulation (140 % der MS) oder eine Nervstimulation, d.h., insgesamt jeweils 3 Stimulationen (s. Abb. 2A), in randomisierter Reihenfolge abgegeben. Die Stimulationen wurden beim Erreichen des Kraftmaximums manuell ausgelöst. Die Probanden wurden darauf hingewiesen, unmittelbar nach der Stimulation sofort wieder für ca. 1 Sek. maximal gegen den Kraftaufnehmer zu drücken.

2.Versuchsreihe Ermüdende Maximalkontraktion

Ca. 5 Minuten nach den Kontroll-MVCs begannen die Probanden mit einer MVC-Kontraktion von 90 Sek. Dauer. Während dieser Ermüdungskontraktion wurden 5 Stimulationsserien mit jeweils einer Nervstimulation und einer TMSStimulation pro Serie im zeitlichen Abstand von 2 Sek. abgegeben. Die erste Stimulationsserie erfolgte 3 Sekunden nach dem Kontraktionsbeginn und die weiteren Serien wurden im Abstand von ca. 20 Sek. wiederholt.

Erholungsphase

Unmittelbar nach der Ermüdungskontraktion wurden sowohl weitere Stimulationsserien abgegeben als auch mehrere MVCs durchgeführt, um die Erholungsphase nach der lang andauernden Kontraktion zu kontrollieren. Eine Stimulationsserie bestand aus einer jeweils im entspannten Muskelzustand und bei MVC abgegebenen Nervstimulation. Diesen Stimulationen folgte eine TMSStimulation während einer weiteren MVC. Diese insgesamt drei Stimulationen wurden in einem Abstand von 5 Sek. abgegeben. Es wurden insgesamt 4 Stimulationsserien, jeweils 10 Sek., 60 Sek., 180 Sek. und ca. 5 min nach Beendigung der Ermüdungskontraktion, durchgeführt (s. Abb. 2B).

Abb.2: Versuchsprotokoll mit den durchgeführten MVC- und Stimulationsserien vor (A), während und nach der Ermüdungskontraktion (B).

DATENANALYSE

Zur Berechnung der Amplitude von der M-Welle, F-Welle und vom MEP wird der Abstand zwischen dem niedrigsten und höchsten Wert innerhalb des EMGAusschlags verwendet (s. Abb. 3A und 3C). Beim Twitch wurde die Amplitude des Kraft-Ausschlags in N angegeben (s. Abb. 3B). Die Berechnung der Länge der SP erfolgte über die Zeitdauer vom Stimulus-Artefakt bis zur Rückkehr des EMG-Signals (s. Abb. 3C). Die motorische Schwelle (MS) wurde in Prozent der maximal möglichen Stimulatorintensität (=100 %) angegeben. Beim Doppelpulsstimulations-Protokoll wurden die MEP-Amplituden des Teststimulus 100 % gesetzt und die konditionierten MEP-Signale (ICI und ICF) zu diesem Wert prozentuell normiert. Kraftwerte wurden über einen 100 ms-Zeitraum unmittelbar vor der TMS-Stimulation gemittelt. Die Berechnung der willentlichen Aktivierung (WA) erfolgte als Prozentsatz nach einem etablierten Berechnungsverfahren: WA (%) = [1 – (Superpotentierter Twitch/Kraft)]*100 (s. Abb. 3D). Da eine MEP-Amplitude sowohl die zentralen als auch peripheren Mechanismen repräsentiert, wurden für das Ermüdungs- und Erholungsprotokoll zusätzlich die MEP-Amplituden an die M-Wellen normiert (27). Alle während und nach der Ermüdungskontraktion erhobenen Parameter, d.h., Kraft, Twitch, M-Welle, MEP, normiertes MEP und SP wurden auf den jeweiligen Vorermüdungs-Kontrollwert bezogen.

Bei der statistischen Analyse wurde die Verteilung der Werte mit dem ShapiroWilk’s-W-Test überprüft. Student-t-Tests für abhängige Stichproben und ANOVA mit Messwiederholung wurden verwendet. Der post-hoc-Dunnett-Test wurde fallweise berechnet. Bei nicht normalverteilten Daten wurden der MannWhitney-U-Test und der Friedman-Test verwendet. Die Werte wurden als Mittelwert ±Standardabweichung (im Text) und als Mittelwert ±Standardfehler (in Abbildungen) dargestellt. Das Signifikanzniveau wurde auf P < 0,05 festgesetzt.

Abb.3: Durch elektrische Nervstimulation ausgelöste M-Welle (A) und Twitch (B) im entspannten Muskelzustand. (C) Exemplarische Darstellung relevanter EMG-Parameter, MEP und SP, nach einer erfolgten TMS-Stimulation während einer Muskelkontraktion. (D) Der nach einer TMS-Stimulation erkennbare Kraftausschlag (Vergrößerung) wird zur weiteren Berechnung der willentlichen Aktivierung verwendet.

ERGEBNISSE

Physiologischer Zustand

Die reduzierte SaO2 während der Hypoxie (HX) (75,1 ±2,4 %) im Vergleich zur Normoxie (NX) (97,1 ±0,8 %) bestätigte einen hypoxischen Zustand der Probanden (P < 0,001). Ähnliche Reaktionen waren bei der Herzfrequenz mit einem Anstieg von 69,2 ±11,6 S/min unter NX auf 80,8 ±12,3 S/min unter hypoxischen Bedingungen (P < 0,001) zu beobachten.

TMS im entspannten Muskelzustand

Die motorische Schwelle (MS) verringerte sich signifikant von 57,5 ±10,5 % (in NX) auf 55,8 ±9,4 % (in HX) der maximalen Stimulatorintensität (P < 0,01). Die Abbildung 4 zeigt die individuellen Werte für den normoxischen und hypoxischen Zustand. 10 Probanden zeigten einer Reduzierung der MS unter HX, wohingegen die restlichen 4 Probanden unveränderte Schwellen aufwiesen. Die Rekrutierungskurve des motorischen Kortex zeigte erwartungsgemäß eine allmählich ansteigende MEP-Amplitude unter NX (P < 0,01) und HX (P < 0,01). Es wurden jedoch bei keiner der 5 Stimulationsintensitäten signifikante Unterschiede zwischen den beiden Zuständen beobachtet. Beim Doppelpulsstimulations-Protokoll wurde für das 2 ms- und 12 ms-Stimulationsintervall (s. Abb. 5) eine signifikante Reduzierung (Hemmung) bzw. Erhöhung (Bahnung) der MEP-Amplitude unter NX (P < 0,01) und HX (P < 0,001) konstatiert. Zwischen den beiden O2-Zuständen gab es in der intrakortikalen Hemmung und Bahnung jedoch keine signifikanten Unterschiede.

Abb.4:

Individuelle motorische Schwellen unter Normoxie (■) und Hypoxie (●)

Nervstimulationen in entspanntem Muskelzustand

Es wurden keine signifikanten Veränderungen bei der M-Welle (NX, 17,5 ±3,8 vs. HX, 17,4 ±2,7 mV) und beim Twitch (NX, 8,3 ±2,4 vs. HX, 7,8 ±3,0 N) zwischen den beiden O2-Zuständen konstatiert. Auch die Amplitude der F-Welle blieb unter HX unverändert (NX, 2,3 ±1,3 vs. HX, 2,1 ±1,1 %).

Abb.5: Exemplarische MEP-Signale beim Doppelpuls-TMS-Stimulationsverfahren. Verglichen mit der MEP-Amplitude beim Teststimulus (A) wurde das MEP-Signal beim Zeitintervall (ISI) von 2 ms zwischen den beiden TMS-Stimulationen „gehemmt“ (B) und beim ISI von 12 ms „gebahnt“ (C).

Motorkortiko-spinale Erregbarkeit während MVC

Die Maximalkraft zeigte unter HX (53,8 ±11,6 N) im Vergleich zu NX (54,3 ±12,9 N) keine signifikanten Veränderungen. Die MEP-Amplitude unterschied sich nicht signifikant zwischen NX (5,3 ±1,8 mV) und HX (6,1 ±2,7 mV), wohingegen sich die Silent-Period (SP)-Dauer unter HX signifikant verkürzte (169,4 ±39,7 vs. 158,2 ±34,0 ms, P < 0,05). Bei der WA wurde ebenfalls kein signifikanter Unterschied zwischen NX (96,9 ±1,8) und HX (96,6 ±1,8 %) konstatiert.

Kraft und periphere Ermüdung während und nach der Ermüdungskontraktion

Während der Ermüdungskontraktion ist es zur signifikanten Reduzierung der Kraftleistung in NX (38,7 ±9,9 %) und HX (46,3 ±11,4 %) gekommen und sie blieb auch bis zum Ende der 5-minütigen Erholungsphase unter dem Vorermüdungskraftwert (83,0 ±10,0 % bei NX und 79,0 ±13,7 % bei HX, P < 0,01), d.h. die Muskelkraft hat sich während dieser Zeit nicht vollständig erholt. Während der Ermüdungskontraktion und in der Erholungsphase gab es zwischen NX und HX zu keinem Zeitpunkt signifikante Unterschiede in der Kraftleistung.

Die Amplitude der M-Welle reduzierte sich sowohl in NX (73,8 ±30,8 %, P < 0,01) als auch in HX (75,4 ±20,7 %, P < 0,01) erst am Ende der Ermüdungskontraktion. Die M-Wellen unterschieden sich zwischen den O2-Zuständen zu

keinem Messzeitpunkt signifikant. Die Amplituden der M-Wellen im entspannten Muskelzustand waren unmittelbar nach der Ermüdungskontraktion in NX und HX zwar im Vergleich zu den Ausgangswerten signifikant reduziert (88,8 ±7,6 % bzw. 91,1 ±9,1 %) (P < 0.01), sie erholten sich jedoch schnell und erreichten nach 5 Minuten ihre Vorermüdungswerte wieder (NX: 101,2 ± 9,6 %, HX: 101,7 ±8,8 %) (P > 0,05). Auch hier unterschieden sich die NXund HX-Werte zu keinem Messzeitpunkt signifikant.

Einen etwas anderen Verlauf hatte in der Erholungsphase jedoch die TwitchKraft. Die unmittelbar nach Beendigung der Ermüdungskontraktion teilweise signifikant reduzierten Twitch-Kräfte (NX, 61,7 ±18,4 %, P < 0,01; HX, 74,7 ±35,8 %, P > 0,05) erreichten am Ende der Erholungsphase ihren Ausgangswert wieder. In HX konnte sogar ein „potenzierter“ Twitch von 133,8 ±51,7 % des Vorermüdungswertes beobachtet werden, d.h. bei der vierten elektrischen Stimulation lag im Vergleich zur Ausgangsstimulation ein signifikant größerer Twitch vor (P < 0,05). Verglichen mit der NX erholte sich die Twitch-Amplitude in HX zudem tendenziell schneller von der Ermüdungskontraktion und war ab dem zweiten Stimulationszeitpunkt signifikant größer als die Amplitude in der normoxischen Erholungsphase (2.–4. Messzeitpunkt, P < 0,05) (s. Abb. 6A).

Zentrale Ermüdung während und nach der Ermüdungskontraktion

In NX erhöhte sich die MEP-Amplitude gegen Ende der Ermüdungskontraktion um 150,9 ±38,9 % des Ausgangswertes (P < 0,01), wohingegen das hypoxische MEP-Signal nur gering bis auf einen Wert von 127,0 ±42,3 % angestiegen ist (P > 0,05). Die MEPs unterschieden sich jedoch zwischen NX und HX zu keinem Stimulationszeitpunkt signifikant. Da das MEP-Signal auch die peripheren Mechanismen repräsentiert (s. Methodik), hätte die verringerte M-Welle bei unseren Messungen die MEP-Amplitude beeinflussen können. Um diesen Effekt zu relativieren, wurden die MEPSignale mit der jeweiligen M-Welle in Verhältnis gesetzt (normiert) (s. Methodik). Bei den normierten MEPs beider Zustände (NX und HX) wurde eine signifikante Steigerung von 241,2 ±142,8 % bzw. 196,1 ±92,5 % am Ende der Ermüdungskontraktion beobachtet (P < 0,01). Bis zum Ende der Erholungsphase kehrten sie zu ihren Vorermüdungs-Ausgangswerten zurück. Trotz der teilweise ungleichen Tendenzen während der Ermüdungskontraktion und im Erholungsverlauf wurden dennoch keine signifikanten Unterschiede zwischen dem normoxischen und hypoxischen Zustand beobachtet (s. Abb. 6B). Sowohl bei NX als auch bei HX wurde die SP-Zeitdauer des FDI-Muskels bereits am Anfang der 90-MVC signifikant länger und sie erreichte am Ende der Kontraktion 121,4 ±17,2 % bzw. 129,3 ±19,6 % des Ausgangswertes (P < 0,01).

Die SPs kehrten unmittelbar nach Beendigung der Ermüdungskontraktion in beiden O2-Zuständen zu ihren Ausgangswerten zurück. Es gab zu keinem Zeitpunkt signifikante Unterschiede zwischen NX und HX. Auch die willentliche Aktivierung (WA) verringerte sich kurz vor Beendigung der lang anhaltenden Kontraktion auf 80,7 ±10,7 % (NX) bzw. 77,7 ±15,6 % (HX) des Ausgangswertes (P < 0,01). Nach Beendigung der hypoxischen Ermüdungskontraktion erholte sich die WA auf 90,6 ±6,4 % (HX) (P < 0,01) und 92,3 ±6,9 % (NX) (P > 0,05) des Ausgangswertes. Es wurden auch hierbei keine signifikanten Unterschiede zwischen NX und HX beobachtet.

Abb.6: Der Verlauf vom (A) Twitch nach der Ermüdungskontraktion und vom (B) normierten MEP-Signal (MEP/M-Welle) während der Ermüdungskontraktion und Erholungsphase in Normoxie (■) und Hypoxie (■). Mit (*) sind die signifikanten Unterschiede zwischen Normoxie und Hypoxie und mit (§) die signifikanten Veränderungen im Verhältnis zum Ausgangsniveau (=100%) innerhalb der Normoxie (§) bzw. Hypoxie (§) dargestellt (P < 0,05).

DISKUSSION UND SCHLUSSFOLGERUNG Neuromuskuläre und motor-kortikale Erregbarkeit

Die Versuche bei entspannter Muskulatur und bei kurzzeitiger Muskelaktivierung haben zeigen können, dass akute Hypoxie keine Auswirkung auf die MEP, intrakortikale Hemmung und Bahnung, Rekrutierungskurve, Kraft und WA hat. Es wurde jedoch eine Reduzierung der motorischen Schwelle (MS) sowie eine Verkürzung der SP im hypoxischen Zustand beobachtet. Die unveränderten Amplituden der M-Welle und F-Welle in unserem Experiment bestätigen die Ergebnisse früherer Studien, die in Hypoxie ebenfalls keine Veränderungen in der neuromuskulären Transmission (10, 20) und spinalen Erregbarkeit (28) feststellen konnten. Die Reduzierung der MS unter Hypoxie war zwar absolut gesehen ziemlich gering (nur 1,7 % der Stimulatorintensität), aber dennoch signifikant. Diese Ver-

änderung deutet auf eine erhöhte motorkortikale Erregbarkeit im hypoxischen Zustand hin. Da die Hypoxie keine Veränderungen in der neuromuskulären Transmission (M-Welle) und motorneuronalen Erregbarkeit (F-Welle) verursacht hat, dürfte die Reduzierung der MS wohl auf Mechanismen im motorischen Kortex zurückzuführen sein. Mehrere Studien unter Normalbedingungen (Normoxie) haben gezeigt, dass die MS vom Membranzustand bzw. von den Ionen-Kanälen motorkortikaler Neuronen abhängig ist (3, 6). In-vitro-Hypoxie-Studien konnten bei isolierten zerebralen Neuronen demonstrieren, dass die Funktion dieser Ionen-Kanäle durch reduzierte Sauerstoffsättigung beeinflusst wird (34, 35) und dass Hypoxie zur neuronalen „Hyper-Erregbarkeit“ führt (9). Damit könnte die in unserer Untersuchung reduzierte MS auf eine erhöhte motorkortikale Erregbarkeit unter Hypoxie hindeuten. Neben der reduzierten MS zeigte auch die SP Hinweise auf Veränderungen im hypoxischen Zustand. Die beobachtete verkürzte SP-Dauer in unseren Hypoxie-Versuchsreihen könnte mit reduzierter intrakortikaler Hemmung in Verbindung gebracht werden. Zumindest könnten die Ergebnisse einiger in-vitro Studien diese Vermutung stützen (35, 46). Im Allgemeinen wird die Länge der SP von der Aktivierung der hemmenden GABA-ergen Interneurone innerhalb des motorischen Kortex abhängig gemacht (26, 47). Trotz der reduzierten MS und verkürzten SP in unserem hypoxischen Experiment, die auf Veränderungen in der Aktivität von Ionen-Kanälen bzw. GABAerge Mechanismen hindeuten, konnten bei den anderen erhobenen Parametern (z.B., Maximalkraft, MEP, Rekrutierungskurve, intrakortikale Hemmung und Bahnung) jedoch keine Veränderungen beobachtet werden. Die Physiologie des motorischen Kortex im hypoxischen Zustand wurde bis dato nur an COPD-Patienten, die einen chronischen Hypoxiezustand repräsentieren, untersucht (40). Im Vergleich zu unserer Studie (akute Hypoxie) wurde bei der Studie an COPD-Patienten keine Reduzierung der MS beobachtet, was auf unterschiedliche Adaptationsmechanismen zwischen akuter und chronischer Hypoxie hindeuten könnte. Eine beobachtete verkürzte SP-Dauer bei COPD-Patienten bestätigt jedoch das Ergebnis unserer Studie.

Ermüdungskontraktion

Die Kraft verringerte sich erwartungsgemäß gegen Ende der Ermüdungskontraktion. Zwischen den normoxischen und hypoxischen Kraftverläufen wurden bei unserer Untersuchung weder im Verlauf noch nach der 90-Sek.-Ermüdungskontraktion signifikante Unterschiede konstatiert. Die früheren Studien zur Muskelermüdung und Kraftverläufen unter Hypoxie liefern widersprüchliche Ergebnisse, d.h. es wurde im hypoxischen Zustand sowohl gleich bleibende (2, 12, 20) als auch erhöhte (1, 11, 17) Muskelermüdung beobachtet. Diese

unterschiedlichen Ergebnisse könnten auf eine Reihe von methodologischen Faktoren, wie z.B. vom untersuchten Muskel, von der Kontraktionsdauer oder -intensität und von der Kontraktionsform, zurückzuführen sein.

Allgemein betrachtet werden periphere und zentrale Prozesse für die Muskelermüdung verantwortlich gemacht, die mittlerweile in periphere und zentrale Ermüdung unterteilt werden (19, 44). Die periphere Ermüdung wird als Kraftverlust infolge von beeinträchtigenden Prozessen an der neuromuskulären Verbindung (direkt oder distal von ihr gelegen) definiert und üblicherweise mittels der peripheren Nervstimulation kontrolliert. Es können während ermüdenden Belastungen jedoch auch Aktivierungsmodulationen im ZNS auftreten und zur Reduzierung der Kraftleistung beitragen. Dieses Phänomen ist als zentrale Ermüdung bekannt und wurde in letzter Zeit unter Anwendung der TMS vermehrt untersucht. Beim zweiten Teil dieser Untersuchungsreihe wurde der Einfluss von akuter Hypoxie auf periphere Mechanismen (mittels peripherer Nervstimulation) und motorkortiko-spinale Erregbarkeit (mittels TMS-Stimulation) während und nach einer MVC-Ermüdungskontraktion untersucht.

Periphere Ermüdung

Die bei mehreren normoxischen Studien beobachtete Verringerung der M-Wellen-Amplitude (periphere Nervstimulation) im Verlauf von Ermüdungskontraktionen (15, 16) wurde auch in dieser Studie unter Hypoxie vorgefunden. Diese Beeinträchtigung der neuromuskulären Transmission während der maximalen Ermüdungskontraktion wurde also auch in unserem Hypoxie-Protokoll beobachtet. Ähnliche Ergebnisse wurden bereits von anderen Autoren präsentiert (10, 20). Bei der Twitch-Kraft unter Hypoxie wurde in unserer Studie jedoch eine frühere Rückkehr der Amplitude zum Ausgangswert beobachtet, d.h. die hypoxischen Twitch-Werte waren in der Erholungsphase weniger reduziert als die normoxischen Amplituden. Zudem war der Twitch am Ende der hypoxischen Erholungsphase signifikant höher als der Vorermüdungs-Ausgangswert. Diese unter Hypoxie gezeigte „Potenzierung“ beim Twitch-Signal ist bis dato nur in der Studie von Dousset et al. (10) konstatiert worden. Diese Erkenntnis bezog sich jedoch nur auf den Vorermüdungszustand, da Dousset und seine Mitarbeiter diesen Parameter unter Ermüdung nicht weiter beobachtet haben. Die frühere Erholung der Twitch-Amplitude unter Hypoxie könnte auf eine Veränderung in der „Erregungs-Kontraktion Koppelung“ zurückzuführen sein. Die zusätzlich sichtbare Potenzierung beim Twitch wurde bis dato, zumindest bei Normoxie, sowohl nach kurzer Muskelkontraktion (24, 45) als auch nach kurzer Ermüdungskontraktion (21, 23, 24) mit eine Veränderung der Myosin-Phos-

phorylierung in Verbindung gebracht. Es sind jedoch keine Studien bekannt, die den Einfluss von Hypoxie auf die Mechanismen der Myosin-Phosphorylierung untersucht hätten und damit auf eine kurzfristig erhöhte Kontraktilität nach einer Kontraktion hindeuten würden. Eine mögliche spekulative Ursachenforschung wird deshalb im Folgenden nicht vorgenommen.

Zentrale Ermüdung

Die in unserer Studie beobachteten Veränderungen in der MEP-Amplitude, SP und WA im Verlauf der normoxischen Ermüdungs-MVC haben die Ergebnisse anderer normoxischen Studien bestätigt (18, 41, 43), und damit ein Indiz für eine nicht optimale Aktivierung des motorischen Kortex oder Beeinträchtigung der motorkortiko-spinalen Erregbarkeit (zentrale Ermüdung) geliefert. Doch auch die Signalverläufe in unserem hypoxischen Experiment zeigten den gleichen Trend, d.h. es gab keine Unterschiede im Ausmaß der zentralen Ermüdung zwischen Normoxie und Hypoxie. Zudem kehrten die veränderten Signale nach Beendigung der Ermüdungskontraktion relativ schnell zu ihren Ausgangwerten zurück. Damit konnte ebenfalls zum ersten Mal gezeigt werden, dass der unter Normoxie beobachtete Erholungsverlauf (42, 43) auch unter Hypoxie dem gleichen Muster entspricht. Die bis dato vorgelegten Studien zur neuromuskulären Ermüdung unter Hypoxie beschränkten sich auf die Kontrolle der Muskelkraft und teilweise auch auf die peripheren Mechanismen (periphere Ermüdung). Diese Studie ist die erste ihrer Art, die den Einfluss von Hypoxie auch auf die motorkortikale Erregbarkeit in Ruhe und während einer Ermüdungskontraktion untersucht hat (zentrale Ermüdung). Der im Verlauf der „zentralen Ermüdung“ vermutete Unterschied zwischen Normoxie und Hypoxie ist überraschenderweise nicht konstatiert worden.

SCHLUSSFOLGERUNG

Aus den Untersuchungsergebnissen geht hervor, dass ein akuter Hypoxiezustand zur erhöhten motorkortikalen Erregbarkeit führt und mit verändertem Aktivierungsgrad der kortikalen Ionen-Kanäle und GABA-ergen Mechanismen erklärt werden könnte. Diese hypoxiebedingten Veränderungen hatten in unserer Studie jedoch keinen nennenswerten Einfluss auf die Muskelkraftleistung. Ebenso wurde kein Unterschied zwischen der normoxischen und hypoxischen „zentralen Ermüdung“ während und nach einer 90-Sek.-Ermüdungskontraktion beobachtet. Jedoch deutet die erhöhte Twitch-Potenzierung in der hypoxischen Erholungsphase auf Veränderungen in der Myosin-Phosphorylierung im Muskel hin. Obwohl hier die Entwicklung und der Verlauf der Ermüdung unter Hypoxie aus-

schließlich aus dem Blickwinkel der motorkortikal-spinalen Aktivierungsmodulationen und peripheren Mechanismen untersucht worden ist, sollte hervorgehoben werden, dass die Beziehung zwischen Ermüdung und Hypoxie nicht auf diese zu reduzieren ist. So gehen Muskelermüdungsaktionen z.B. auch mit erhöhter Einflussnahme vom ipsilateralen sensomotorischen Kortex einher (32, 33). Aufgrund der vorliegenden Komplexität sollten deshalb bei zukünftigen Hypoxie-Studien, z.B. bei größeren Muskeln oder bei eher komplexeren Bewegungsabläufen, bedacht werden, dass vermehrt auch Prozesse in prämotorischen und supplementär-motorischen Arealen sowie in den Basal-Ganglien, im Thalamus und im Kleinhirn berücksichtigt und untersucht werden müssten.

FÖRDERUNG

Dieses Projekt wurde von der Österreichischen Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin (ÖGAHM) sowie der Universität Innsbruck unterstützt.

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