Ein Gedankenaustausch zum Thema Technologieoffenheit
Alternative Kraftstoffe – mehr Zukunft wagen! von Georg Kääb und Ulrich Schurr
Glasgow ist vorbei und das Echo sehr gemischt. Selbst große Industrieverbände finden deutliche Worte der Enttäuschung. „Die Industrie bedauert, dass auf der Weltklimakonferenz in Glasgow der dringend notwendige große Wurf für den Klimaschutz nicht gelungen ist“, erklärte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Im Kampf gegen die weiter fortschreitende Erderwärmung seien verbindliche Klimaschutzziele und dazu stärkere internationale Kooperationen praktisch aller Staaten unverzichtbar. „Was in Glasgow erreicht wurde, reicht dafür nicht aus“, betonte Russwurm. Er macht die Folgen von unterschiedlichem Engagement und fehlender Verbindlichkeit deutlich. „Es ist gefährlich und schadet dem Klima, wenn die Unterschiede im Ehrgeiz für Klimaschutz bestehen oder gar zunehmen“, kritisierte der BDI-Chef. „Dies verlagert die Emissionen in Länder mit weniger strengen Klimaschutzmaßnahmen und benachteiligt einseitig Unternehmen, die – etwa in der EU – bereits große finanzielle Belastungen stemmen müssen.“
Abb.: Forschungszentrum Jülich, Ralf-Uwe Limbach
Ein konkretes Beispiel für unterschiedliche Sichtweisen ist der Verbrennungsmotor. Im Umfeld von Glasgow sahen sich einige Staaten sowie auch Automobilhersteller wie Mercedes zu einer Ankündigung aufgerufen, die Abschaffung des Verbrennungsmotors für das Jahr 2040 festzulegen. Die weltgrößten Autokonzerne VW und Toyota wie auch die deutsche Bundesregierung – und eine ganze Menge weiterer Länder – hielten sich demonstrativ von dieser gemeinsamen Erklärung fern. VW propagiert eine eigene Elektro-Agenda und in den öffentlichen Bekanntmachungen einschlägiger deutscher Ministerien wird nur noch um das Ablaufdatum des Verbrenners gerungen, die Abschaffung als solche aber als „alternativlos“ dargestellt. Ganz anders Toyota und weitere japanische Autohersteller, die sich zusammengetan haben, um die Gefahr eines „Elektromonopols“ zu bannen und dabei auf Wasserstoff sowie synthetische Kraftstoffe aus Biomasse für den Verbrennungsmotor setzen.
Prof. Dr. Ulrich Schurr
Leiter der Initiative BioökonomieREVIER, Forschungszentrum Jülich
Wenn eine schlechte Klimapolitik dazu führen kann, dass die Emissionen einfach an anderem Ort entstehen, so kann eine schlechte Industrie- und Technologiepolitik auch dazu führen, dass ganze Sektoren abwandern und plötzlich auch Abhängigkeiten entstehen, die man vorher nicht im Blick hatte. Corona und die Beschaffung unterschiedlichster Materialien zur Krisenbewältigung, die Versorgungsengpässe bei Pharmazeutika aus asiatischen Ländern, die anhaltenden Probleme der Lieferketten von Mikrochips bis zu Vorprodukten – all das sollten Warnzeichen sein, die entstandenen und entstehenden Abhängigkeiten nicht kleinzureden.
BioTechnologie Jahrbuch 2021
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