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Auf der Hut vor Alu

Wie lautet die derzeitige Antwort der Medizin auf die allseits beliebte Frage: Ist Aluminium im Deo unbedenklich oder doch potenziell gesundheitsschädlich?

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Die Frage, ob Aluminium im Deo schädlich ist oder nicht, beschäftigt KonsumentInnen seit Jahrzehnten. Die Forschung nicht ganz so sehr, scheint es. Doch erst 2017 fand eine Studie der Universität Innsbruck einen möglichen Zusammenhang zwischen Brustkrebs bei Frauen und einer häufigen Deo-Nutzung im jungen Alter. Ähnliche Studienergebnisse gibt es viele, weswegen auch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung rät, die Aufnahme von Aluminium möglichst zu reduzieren. Dennoch bleibt es eine Streitfrage, ob man sich ohne Bedenken Aluminiumsalze unter die Arme schmieren kann.

Alu in der Na hrung Ein Leben ohne Aluminium zu führen ist unmöglich. Ohne es zu merken, nehmen wir es ständig mit der Nahrung auf. Natürlich nicht als den metallenen Stoff, sondern in verschiedenen chemischen Verbindungen. Aluminium ist das dritthäufigste Element in der Erdkruste, es wird also von Pflanzen aufgenommen, die wir dann essen. Außerdem kann Alu auch aus Lebensmittelverpackungen und Kochgeschirr auf die Nahrung übergehen. Der zweite Weg, auf dem Aluminium in den Körper gelangen kann, ist über die Haut. Alu wird etwa als Farbstoff in Make-up oder in Whitening-Zahnpasten eingesetzt. Antitranspirante machen sich die schweißstoppende Wirkung von Aluminium zunutze. Es verbindet sich mit Proteinen im Schweiß und verstopft so die Poren, anders als bei Deodorants, die kein Aluminium enthalten und nur den Geruch überdecken sollen.

Ablag erung im Körper Da sich bei von Brustkrebs Betroffenen die Tumore oft in der Nähe der Achsel formen, kam man auf die Idee, dass ebendiese Antitranspirante und das darin enthaltene Aluminium dafür verantwortlich sein könnten. Alu ist für den Körper ein Fremdstoff, der sich an verschiedenen Stellen ablagern kann. Zum Beispiel fand man bei Menschen, die mit Alzheimer gestorben sind, Alu-Ablagerungen im Gehirn. Allerdings ist nicht geklärt, ob die Ablagerungen zu der Krankheit führen oder nur ein Symptom davon sind. Die Eigenschaft von Aluminium, gerne Bindungen mit Proteinen einzugehen, ist zwar für Antitranspirante nützlich, für den

Text

Anika Suck

Alu als Verbindung

Aluminium (Al) ist ein chemisches Element, das in der Natur fast nur in Verbindungen mit anderen Elementen vorkommt.

Gewonnen wird es in zwei Schritten aus dem Mineral Bauxit. Zuerst entsteht dabei Aluminiumoxid (also Alu in Verbindung mit Sauerstoff), dann erst Aluminium.

Alu als Metall

Aluminium ist das häufigste Metall in der Erdkruste. Die Gewinnung verbraucht sehr viel Energie, deshalb werden neue Alu-Fabriken meist in Ländern gebaut, in denen der Strom günstig ist, wie in Brasilien. Am meisten Bauxit wird in Australien abgebaut.

Rotschlamm

Pro Kilogramm Aluminium entstehen bei der Gewinnung 1,5 Kilogramm giftiger Rotschlamm als Nebenprodukt. Körper allerdings potenziell schädlich. Gefährdet sind auch ArbeiterInnen, die bei der Verarbeitung giftigen Dämpfen und Aluminiumstäuben ausgesetzt sind. Mehrere Studien haben gezeigt, dass sie überproportional an Nerven- und Hirnschäden leiden.

Ebenso groß sind die Umweltschäden, die die Aluminiumgewinnung anrichtet. Die Kraftwerke werden dort gebaut, wo es viel von dem Grundstoff von Aluminium, Bauxit, gibt und der Strom billig ist. Denn die Produktion verbraucht extrem viel Energie. Als Nebenprodukt entsteht der giftige Rotschlamm, der in Becken gelagert wird. Überschwemmungen dieser Becken führen immer wieder zur Vergiftung von Böden und infolgedessen zu Schäden an Mensch und Umwelt.

Datenlag e zu gering Doch zurück zum Deo. Eine Reihe an Studien fand einen möglichen Zusammenhang zwischen der Nutzung aluminiumhaltiger Deos und Brustkrebs. In der Studie der Uni Innsbruck aus dem Jahr 2017 etwa gaben Frauen, die Brustkrebs haben oder hatten, öfter an, in jungen Jahren mehrmals täglich aluhaltiges Deo verwendet zu haben. Das Bundesinstitut für Risikobewertung riet aufgrund ähnlicher Studien in einer Stellungnahme dazu, die Aufnahme des Metalls so weit es geht zu reduzieren. Man solle möglichst auf Kosmetika verzichten, die Aluminium enthalten,

Die Grenzwerte der European Food Safety Authority (efsa) beziehen sich auf Lebensmittel und somit immer nur auf die orale Aufnahme von Aluminium.

da diese schlicht auch die Vorkommen von Aluminium im Körper erhöhen würden, so der Bericht.

Es gibt allerdings unter ForscherInnen keinen Konsens darüber, ob über die Haut so viel Aluminium aufgenommen wird, dass es dem Körper schaden kann. Erst im März 2020 erschien ein Bericht des Wissenschaftlichen Ausschusses Verbrauchersicherheit der EU (Scientific Committee on Consumer Safety, kurz sccs), der die Datenlage als zu gering einstuft, um sicher sagen zu können, dass Aluminium in solchen Mengen über die Haut aufgenommen wird, dass dadurch ein Schaden im Körper entsteht.

Auch einer der AutorInnen der Innsbrucker Studie, Hanno Ulmer, sagt, es tue sich wenig auf dem Forschungsgebiet. »Es ist eher ein Randthema, deswegen sind auch die Forschungsmittel sehr gering.« Weiter heißt es in dem Bericht des sccs, dass die tägliche Verwendung aluminiumhaltiger Kosmetika nicht signifikant zur Gesamtbelastung des Körpers beitrage, anders als die Ernährung.

Hanno Ulmer von der Meduni Innsbruck empfiehlt dennoch, aluhaltige Deos sparsam einzusetzen: »Diese Lehre kann man aus unserer Studie schon ziehen. Es ist aber nicht notwendig, dass man sie komplett verbannt.« Besonders junge Leute sollten nicht übermäßig oft aluhaltige Deos verwenden.

Lieber ohne Alu-Deo? Man geht davon aus, dass wir über die Haut wesentlich weniger Aluminium aufnehmen als über die Nahrung. Deshalb gibt die European Food Safety Authority (efsa) Grenzwerte dafür, wie viel Alu sich in Lebensmitteln befinden darf, vor. Diese Grenzwerte sind vor allem für Kaffee, Tee und Schokolade relevant. Auch für die Aufnahme in den Körper gibt es Grenzwerte, bis zu siebzig Milligramm pro Woche (abhängig vom Körpergewicht) gelten als unbedenklich. »Diese Grenzwerte werden so berechnet, dass immer noch ein Puffer vorhanden ist«, erklärt der Chemiker Franz Jirsa von der Fakultät für Umweltchemie der Universität Wien. »Zudem sind sie relativ hoch angesetzt.« Die Grenzwerte beziehen sich allerdings immer nur auf die orale Aufnahme von Aluminium. Die Verbindungen, die wir so aufnehmen, werden durch den Verdauungstrakt wieder ausgeschieden, nur ein Bruchteil wird wirklich von den Darmzotten absorbiert. Potenziell gefährlicher sei es allerdings, wenn Aluminium über eine Wunde in den Blutkreislauf gerate, so Chemiker Franz Jirsa. Ob und wie viel Aluminium tatsächlich im Körper bleibe, hänge auch von der Art der chemischen Verbindung ab, sagt Jirsa. Das würde allerdings bei den Grenzwerten der efsa nicht berücksichtigt. In welchen Mengen Aluminium krank macht, ist demnach noch nicht sehr ausführlich beforscht. Was empfiehlt der Chemiker? »Aluminium hat keine nachgewiesen positive Wirkung auf den Körper«, sagt Jirsa, »man sollte Vorsicht walten lassen und jede Möglichkeit nutzen, die Aluminiumaufnahme zu reduzieren.« Sowohl der Medizinstatistiker Hanno Ulmer als auch der Chemiker Franz Jirsa raten also eher von der Verwendung aluhaltiger Deos ab. Der Markt hat längst mit einer Vielzahl entsprechender Deodorants auf die Skepsis der KonsumentInnen reagiert.

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Auf den BadespaSS !

Der Sommer 2020 hat beste Badevoraussetzungen: Die EU bestätigte die hervorragenden Voraussetzungen für einen Badeurlaub in Österreich. 260 von 261 Gewässern sind »ausgezeichnet« oder »gut«.

In Österreich ist gut baden gehen: Von 30 Ländern schaffte es Österreich auf Platz 2 der besten Badegewässer. Misst man nur Binnengewässer, kommt Österreich sogar auf Platz 1. Von den insgesamt 261 unter suchten österreichischen Badestellen wurden 257 Stellen als »ausgezeich net« und weitere 3 als »gut« eingestuft. Kein einziges Badegewässer hat die Bewertung »schlecht«. Also, auf zum nächsten Badesee und rein in die reinste Erfrischung!

FotografI nnen au gepasst!

Kamera nicht vergessen: Sommertage fotografisch festhalten und tolle Preise gewinnen! Im August findet der jährliche wasseraktiv-Fotowettbewerb statt, reiche bis 31.08.2020 deine besten Urlaubsbilder am Wasser ein! www.wasseraktiv.at

Wasser-Wissen

Für Regentage: Wenn’s mal nicht so schön ist, bietet das Wissensspiel Play Danube informative Unterhaltung. Zuerst lesen, dann üben und mit ein wenig Fleiß DonauDetektivIn werden!

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Aktuell wird der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan (ngp) 2021 ausgearbeitet. Wassermengenbewirtschaftung und Grundwasserentnahmen sind darin erstmals ein großes Thema.

Österreichs Grundwasser ist eine wertvolle Ressource, die bestmöglich geschützt werden muss. Dieses Thema spielt hinsichtlich des Klimawandels und der zunehmenden Trockenperioden eine wichtige Rolle in der Erarbeitung des ngp 2021. »Nach dem außergewöhnlich niederschlagsarmen Frühjahr entlasteten die Regenfälle im Frühsommer zwar den Bodenwasserhaushalt, konnten aber im Allgemeinen die Grundwasserkörper noch nicht wieder auffüllen«, erklärt Ernst Überreiter von der Sektion Wasserwirtschaft im Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (bmlrt). Er beruhigt aber: »Im Großen und Ganzen kann die Trinkwasserversorgung in Österreich als gesichert angesehen werden.« Aktuelle Daten zu Österreichs Grundwasserspiegeln gibt’s unter www.ehyd.gv.at.

Blick in den Grundwasserspeicher Innsbruck.

Klimawa

del in Ö ic

Auch in Österreich wird es im Zuge des Klimawandels vermehrt zu Trockenheit kommen. So könnte sich das auswirken:

Haushalt und Wirtschaft: In Trockenperioden können in betroffenen Gemeinden Einschränkungen bei Wassernutzungen verordnet werden. Auf Gartenbewässerung oder Autowaschen muss man dann zeitweise verzichten.

Wasserversorgung und Gemeinden:

Um die Wasserversorgung in Trockenperioden zu entlasten, werden kleinere Versorgungseinheiten zu größeren Netzen zusammengeschlossen oder neue Quellen erschlossen. Land- und Forstwirtschaft: Trockenheit führt zu direkten Ertragseinbußen und begünstigt zusätzlich den Schädlingsbefall, in Zukunft wird in der österreichischen Landwirtschaft mehr und mehr künstlich bewässert werden.

Jede und jeder soll es wissen: Mein Tampon kommt nicht ins Klo! Was sonst alles nicht ins WC gehört, vermitteln ready for red und periods for future.

Der bewusste Umgang mit der Ressource Wasser beginnt im eigenen WC: Es ist nicht egal, was man ins Klo wirft – das will die Info-Kampagne »Wasser schützen – Mistkübel nützen« nun endlich zum Basiswissen machen. Sticker, Broschüren und Poster helfen dabei, dass in Zukunft keine Binden, Tampons, Slipeinlagen, aber auch keine Kondome, Feuchttücher und Wattestäbchen mehr in der Toilette landen. Die Informationsmaterialien können von Schulen und Jugendeinrichtungen bestellt werden.

www.ready-for-red.at/periods-for-future!

IMMER IN DEN MISTKÜBEL:

NUR DAS DARF INS KLO:

Wasser schützen – Mistkübel nützen

www.readyforred.at www.generationblue.at

Lade dir das Poster runter und häng es in dein WC!

Neptun Wasserpreis 2021

Im März 2021 wird zum zwölften Mal der Neptun Wasserpreis vergeben. Die Einreich

phase läuft bis 14. Oktober

– in den Kategorien Bildung, Forschung, Kunst und Gemeindeengagement werden Projekte rund ums Wasser ausgezeichnet. Jetzt Projekte einreichen!

www.neptun-wasserpreis.at

Die Wasser-Freu di

Lena Linortner aka. @lifestylena hat über 10.000 Follower auf Instagram und über 30.000 auf Youtube und unterstützt Peri ods for Future mit ihrer Reichweite bei der Kampagne »Wasser schützen – Mistkübel nützen«.

Wieso liegt dir die Thematik rund um Wasserschutz und Hygieneprodukte am WC am Herzen?

Ich finde, dass alle Themen rund um die Menstruation noch immer noch etwas tabuisiert werden. Genau deswegen finde ich es besonders wichtig, meine Reichweite sinnvoll zu nutzen und periods for future zu unterstützen.

Wie gehst du damit um, wenn das Thema anderen unangenehm ist?

Die Menstruation ist eine der natürlichsten Sachen, daher hatte ich nie wirklich ein Problem darüber zu sprechen. Für mich ist das ein Zeichen, dass es meinem Körper gut geht.

Wie geht es dir, wenn dir bewusst wird, wie viele Menschen ihre Hygieneprodukte oder anderen Abfall ins Klo werfen?

Es wäre so einfach, Hygieneprodukte richtig zu entsorgen, daher sehe ich das sehr kritisch. Manchen Menschen ist gar nicht bewusst, welche Auswirkungen das falsche Entsorgen auf die Umwelt haben kann. Am besten kann man auf die Thematik hinweisen, indem man darüber spricht. Ich selbst habe über dieses Thema tatsächlich schon mehrere Male mit Freundinnen und Freunden gesprochen.

Wann hast du zuletzt etwas im WC entsorgt? Was war das?

Puh... daran kann ich mich ehrlich gesagt gar nicht mehr erinnern. Das ist sicher schon viele Jahre her, da ich davon nie viel gehalten habe.

Hängt in deinem WC schon ein Periods for Future-Poster?

Nein noch nicht, aber hoffentlich bald ;)

Wie Amsterdam. Nur mit g’scheitem Wein.

Dein Sommerurlaub daheim.

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Achtsamkeit am Karpfenteich

Christa Kummer pendelt zwischen den Welten: zwischen Wissenschaft und TV-Publikum, zwischen drinnen im Fernsehstudio und draußen auf weiter Flur, zwischen Wien und Waldviertel.

Den Karpfen hat Bernhard Berger hinten auf dem Pick-up mitgebracht. Im Bottich, fürs Foto. Die frische Brise am Großen Stronesteich täuscht, der Teichwirt weiß, dass der Fisch bald wieder ins Wasser gehört. Das Foto – das ist ihm ein Anliegen – erledigen wir deshalb bitte zuallererst. Es ist ein Sommertag in Waldreichs. Früher Vormittag, mitten im Waldviertel. Christa Kummer, die beide herbestellt hat, den Leiter der Teichwirtschaft des Guts Ottenstein und den Biokarpfen, ist voll in ihrem Element: vor der Kamera, in der Natur. Drei Minuten, dann darf der Karpfen aus dem Kescher unbeschadet in den Teich. Erst im Spätherbst, wenn die Tiere zwei Sommer hinter sich haben, werden die Teiche abgefischt. Das Abfischen ist im Waldviertel, wo die Teichwirtschaft eine lange Tradition hat, vielerorts ein Volksfest. »Ein beeindruckendes Spektakel«, weiß Christa Kummer. Aber hier am Stronesteich wird es ruhig und klein gehalten. Das Wasser ist Teil einer uralten Teichkette, die aus dem Mottenbach gespeist wird, direkt aus dem Gelände des Truppenübungsplatzes Allentsteig (tüpl). Der tüpl ist für Menschen weitestgehend gesperrt, und das seit Jahrzehnten, ein Naturparadies. Mehr Bio als diese Karpfen geht im Grunde nicht. Das Text schätzt auch Kummer, die ihren Fisch gerne im Thomas Weber Laden der Gutsverwaltung kauft oder, noch lieber, ihn sich in einem der Wirtshäuser der Region servieren lässt, die von der Gutsverwaltung beliefert werden. Zum Beispiel im Kamptal, wohin es die Moderatorin der Liebe wegen verschlagen hat.

Aus der Mitte des Teichs nähern sich Schwäne, während wir das Boot ins Wasser lassen. Achtundzwanzig, neunundzwanzig, dreißig Vögel! Sie wissen genau, was jetzt passiert. Die Karpfen werden vom Boot aus mit geschrotetem Getreide gefüttert. Normalerweise macht das einer von Bergers MitarbeiterInnen. Heute die Modera»Wenn ich im Waldviertel torin. Ein bisschen was vom Schrot fällt immer mit offenen Augen unauch für die Schwäne ab. terwegs bin, dann brauch »Das ist kein Problem«, ruft Berger rudernd ich kein Achtsamkeitsans Ufer. Hauptsächlich seminar, sondern kann fressen die Fische ohneintensiv erleben.« hin Plankton. »Das Getreide ist nur der Salat — Christa Kummer, zum Schnitzel.« orf-Moderatorin

2.500 Karpfen leben hier in 12 Hektar Teich. Bis zu viermal so viele Fische wären im Teich, würde der nicht biologisch bewirtschaftet, son

Seit bald 20 Jahren lebt Christa Kummer mit ihrem Mann, einem gebürtigen Waldviertler, im Kamptal.

Mein Waldviertel Christa Kummer empfiehlt

Wandern am Heiligenstein (Kamptal)

»Sanfte Hügel, eine wunderbare Wandergegend mit einem Blick vom Heiligenstein über Weingärten Richtung Donau.« waldviertel.at/kamptalwarte-heiligenstein

Bücher des Försters Peter Wohlleben

»Leicht zugänglich, mit Blick fürs Ganze schafft er Bewusstsein, dass wir in keiner Wildnis, sondern in einer menschlich geprägten Natur leben, in Kulturlandschaft.«

Gasthaus Staar (St. Leonhard im Hornerwald) »Ein uriges Waldviertler Wirtshaus, bodenständig und mit einem Bio-Holzofenschweinsbraten, den man nicht vergisst.« Der Betrieb gibt an, teilweise Biozutaten zu verarbeiten und Biospeisen anzubieten. gasthausstaar.at

Mohndorf (Armschlag) Eine ganze Ortschaft hat sich hier der Kulturpflanze Mohn verschrieben – inklusive Mohnmuseum und Mohnwirtin: »Alles, was der Mohn hergibt, und darüber hinaus. Köstlich.« Der Betrieb gibt an, teilweise Biozutaten zu verarbeiten und Biospeisen anzubieten. waldviertel.at/mohndorf-armschlag

Goldener Hirsch (Gars am Kamp) »Weithin bekannt für seine Wildspezialitäten.« Nicht bio. zumgoldenenhirschen.at

Leibspeis (Sprögnitz) Lokal von Sonnentor-Gründer Hannes Gutmann. 100% biozertifiziert, regional und saisonal. waldviertel.at/bio-gasthaus-leibspeis dern konventionell. Nebenbei misst Berger die Wassertemperatur. 24 Grad in der Sonne. Ideal für das Wachstum der Tiere. Wird es wärmer, stellen die Fische das Fressen ein. Dann darf auch nichts zugefüttert werden, sonst fault es unangetastet am Grund. Das Waldviertel ist immer noch eine verhältnismäßig kühle Gegend, in der es nachts auch abkühlt, wenn in den Städten die Hitze unablässig drückt. »Wir merken die Erwärmung der Teiche aber schon«, sagt Berger. »Früher oder später werden wir teilweise mechanisch Sauerstoff einblasen müssen.« »Wie bei einem Aquarium«, ergänzt Kummer.

Der Achtsamk eit auf der Spur

Der Klimawandel ist eines von Christa Kummers Themen. Wenn sie übers Wetter spricht, dann hat das Substanz. Ihr Blick gilt dem Ganzen, nicht dem Detail. »Die Landschaft rundum ist ein Ergebnis des sich verändernden Klimas. Das Waldviertel ist Teil der Böhmischen Masse und geologisch die älteste Gegend Österreichs«, sagt sie später, als wir in der Schenke von Schloss Waldreichs sitzen. »Nur weil wir hier ein Schloss hergestellt haben, lassen wir uns täuschen, aber nichts ist von Dauer. Das zeigt uns, wie unbedeutend und klein wir Menschen sind. Trotzdem haben wir in den vergangenen 150 Jahren Prozesse in Gang gebracht, die normalerweise Jahrtausende brauchen. Anpassungsstrategien sind nun unumgänglich, auch wenn es für unser Gewohnheitsbild schmerzlich ist: Die Fichte zum Beispiel, der von Hitze und Borkenkäfer gerade der Garaus gemacht wird, war im Waldviertel nie heimisch.«

Christa Kummer zögert ein wenig. Dann nimmt sie das Wort doch in den Mund. Achtsamkeit. Die gelte es zu erlangen. Wie? »Na zum Beispiel im Waldviertel. Wenn ich da mit offenen Augen unterwegs bin, dann brauch ich kein Achtsamkeitsseminar, sondern kann intensiv erleben, lernen.« Zum Einstieg empfiehlt sie die Bücher des deutschen Öko-Försters Peter Wohlleben und Zeit draußen. Das schärfe den Blick für die Zusammenhänge der Natur und vergrößere gleichzeitig den bewussten Genuss. »Wenn mir am Straßenrand gleichzeitig Erdbeeren und Marillen (Aprikosen) angeboten werden, dann sollte ich stutzig werden. Die sind nie gleichzeitig reif. Zumindest eine der Früchte wird von weit hergeholt.«

Erleben Sie einen Tag mit neuen Seiten.

DiePresse.com/Sonntagsabo

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