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WILDE FARM

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ZUM WEGLASSEN

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Vielfalt Wilde

Interview von

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THOMAS WEBER

Das Team von »Unsre wilde Farm« in Lochau.

»Wir probieren, die Vielfalt auf den Hof zurückzuholen«, sagt Johannes Aurel Schlachter, Bauer in Lochau.

Was genau ist das Wilde an eurer »Wilden Farm«?

Bei uns ist manches ein bizzle anders. Die Kälber gehen bei uns vier Monate mit ihren Müttern mit, wir betreiben Milchproduktion ohne Kraftfutter. Wir sind dabei, die Herde auf Grauvieh umzustellen, wollen weg vom Kalbfleisch. Die Tiere sollen drei Jahre auf die Alp. Es ist ja absurd: Ab dem Moment, wo man es auch für die Pflege der Kulturlandschaft brauchen könnte, wird ein Kalb geschlachtet. Als ich den Hof vor zehn Jahren übernommen habe, gab es einen Anbindestall. Mein Ziel war es, 100 Kühe zu melken, möglichst viel rauszuholen. Bald war mir klar, dass das sinnbefreit ist. Du hast viel Umsatz, fütterst Kraftfutter, hast hohe Kosten für die medizinische Versorgung der Tiere. Da haben wir das Rad zurückgedreht. Jetzt haben wir weniger Kühe und bauen Braugerste für Fohrenburger und Gemüse für den AbHof-Verkauf an.

Gängige landwirtschaftliche Lehrmeinung ist, dass viele Standbeinen vor allem viel Arbeit bedeuten.

Wir probieren, die verlorengegangene Vielfalt auf den Hof zurückzuholen. Es wäre doch traurig, wenn ich als Bauer in den Laden gehen müsste, um mir Gemüse zu kaufen. Alle reden von Vielfalt, aber die Förderpolitik ist klar dagegen. Selbst der Biokontrolleur hat uns geraten, uns nicht mehr biozertifizieren zu lassen, da sich das bei uns nicht rechnen würde, weil wir zu viele Produkte hätten. Der Biokontrolleur!

Ihr vermarktet in eurem Hof-Lädele auch »Second Henn Eier«, die von aus der intensiven Eierproduktion ausgemusterten Legehennen stammen. Stützt das nicht das System, aus dem die Tiere stammen?

Ja, das stimmt wahrscheinlich! Wir haben 50 Hennen. Drei Mal in der Woche kommt die Lebenshilfe vorbei. Behinderte arbeiten mit, füttern die Hühner und führen die Eier mit den Öffis an KundInnen aus. Unsere Hühner stammen von einem Biohof. Das Problem ist, dass die Tiere nach einem Jahr, wenn wir sie übernehmen, nur mehr 50% Legeleistung haben. Steht es uns zu, ein gesundes Tier, das nicht einmal eine nennenswerte Fleischleistung bringt, zu schlachten? Da ist auch Bio in seinen Werten nicht stimmig. Das ganze System krankt, auch bei Bio. Für unseren Hof wären Hühner, die Eier legen und Fleisch liefern, sicher stimmiger. Aber wo krieg ich die her? Brüte ich die Küken selber aus? Dann hätte ich ja wieder zur Hälfte männliche Küken. Auch wir kommen an unsere Grenzen.

Seit 2022 bietet ihr Gemüse auch im Biokistenabo an. Ist es schwer, sich einen KundInnenstock aufzubauen?

Definitiv. Ehrlich: Das sind Peanuts, in der Woche vielleicht 30 Kisten. Momentan ist das eine Spielerei. Aber meine Schwester ist Gärtnerin, die brennt dafür und als Familienbetrieb kann man zum Glück einiges probieren.

Euer Hof-Lädele liegt nicht an einer Durchzugsstrasse. Wer ist die Kundschaft?

Es kommen nur Leute, die sich wirklich mit Lebensmitteln beschäftigen. Wir haben den Laden erst mit der Pandemie eröffnet und positiv überrascht. Wir haben kein Kassasystem, da steht einfach ein Glas mit Wechselgeld. Da fehlt nix! Das muss ich den Leuten hoch anrechnen.

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