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NEU ODER NOCH GUT
oder noch gut Neu
Empfehlungen, Warnungen, warnende Empfehlungen. Von Neuentdeckungen und alten Perlen. Auf dass uns Weghören und -sehen vergeht.
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bensmittelwirtschaft nachhaltiger, produktiver und effizienter zu gestalten. Der Journalist Olaf Deininger und der Food-Aktivist Hendrik Haase (ehemals bekannt als »Wurstsack«-Blogger) haben für »Food Code« eine Vielzahl von Beispielen zusammengetragen. Die beiden stimmen durchaus hoffnungsfroh, verfallen aber in keinen naiven Tech-Optimismus. Denn auch die Risiken dieser als unaufhaltsam beschriebenen Entwicklung sparen sie nicht aus; etwa dass uns KI (Künstliche Intelligenz) auch bevormunden könne (»digitaler Paternalimus«) oder die Vielfalt althergebrachter Sorten reduziere könne (weil sie diese nicht erkenne). Die Autoren plädieren deshalb dafür sich zusätzlich zur Food Literacy auch Tech Literacy zu erarbeiten, um diesen Wandel aktiv mitgestalten, verstehen zu können (»sonst gestaltet er uns«). Durchwegs spannende Denkanstöße. Thomas Weber
OLAF DEININGER UND HENDRIK HAASE »FOOD CODE. WIE WIR IN DER DIGITALEN WELT DIE KONTROLLE ÜBER UNSER ESSEN BEHALTEN« ANTJE KUNSTMANN VERLAG, MÜNCHEN, 2021.
NACHGELESEN für alle, die sich Food Literacy erhalten wollen, indem sie sich Tech Literacy erarbeiten.
Die Bequemlichkeit ist verlockend, die Möglichkeiten der Digitalisierung klingen verheißungsvoll: vernetzte Kühlschränke, autonom jätende Roboter der »Präzisionslandwirtschaft« (precision farming), die den Einsatz von Sprit, Spritzmitteln und Arbeitskräften reduzieren helfen, transparente Lieferketten. Technologie und Datenwirtschaft sind dabei, die Land- und Le-
MARIE KLEE »KAROTTEN. KNACKIG, FRISCH UND VIELSEITIG« LV BUCH, 2021
NACHGELESEN für Genussmenschen, die tiefer in das Universum und die Kulturgeschichte der Karotte eindringen wollen.
Stellen wir uns die Welt kurz ohne Karotten vor: ein wüster Planet, dem es kulinarisch an Abwechslung fehlen würde, ganz ohne das Wurzelgemüse.
Denn in unseren Breiten sind Karotten – frisch geerntet oder gelagert – ganzjährig regional und in Bioqualität verfügbar. Zudem ist das ursprünglich aus der Gegend des heutigen Afghanistan stammende Gemüse (das erst im 14. Jahrhundert in Europa größere Verbreitung fand) günstig und gesund. Über 100 Sorten gibt es mittlerweile und die Karotte gehört zu jenen Kulturpflanzen, die zuletzt davon profitiert haben, dass es mittlerweile wieder bäuerliche Betriebe und KonsumentInnen
gibt, die die Vielfalt an Sorten, Farben und v.a. Geschmäckern auch zu schätzen wissen. Genau dem widmet sich Marie Klees aus dem Dänischen übersetzte Buch. Klee ist der kreative der Kopf des »Carrotstick«-Blogs, der – nicht allein, aber immer wieder – der Karotte huldigt. Ihr Buch ist eine kurze Kulturgeschichte der Karotte, vor allem aber ein Kochbuch, das Lust macht, die Vielfalt des Wurzelgemüses auch voll und ganz auszukosten. Es enthält Rezepte für Tacos, Marmeladen und Säfte, kurz: für alle Mahlzeiten des Tages – vom Frühstück bis zum Mitternachtssnack. Denn ja, ob ihres geringen Zuckergehalts ist so eine frische, knackige Karotte auch ein idealer Snack. Thomas Weber
JANEK SCHUMANN, WOLFGANG STAUDT »NEW WINE WAVE – EUROPAS WINZER FÜR DIE ZUKUNFT« WESTEND, 2022.
NACHGELESEN für alle, die Wein nicht nur gerne trinken, sondern ihre Nase auch in Bücher stecken, die von WinzerInnen erzählen.
Janek Schumann und Wolfgang Staudt haben erkannt, dass es in Europa bereits seit einigen Jahren eine Entwicklung gibt, in der immer mehr WinzerInnen »authentischere, natürlichere Weine« produzieren. 101 von ihnen wurden auf ihrem Weingut für das Buch besucht und auf insgesamt fast 400 Seiten portraitiert. Mit Schwarz-Weiß-Fotos von Anja Prestl, Infokästen, einer sensorischen Vorstellung ausgewählter Weine und Texte, deren Fokus nah an den WinzerInnen gehalten wird. Das lädt ein zum Schmökern und immer wieder im Buch Blättern – für eine gezielte Auseinandersetzung fehlt inhaltliche Struktur. Auch wenn die Auswahl der Weingüter natürlich eine Auswahl ist: Die Texte bleiben zwangsweise leicht oberflächlich und es fehlt die Einordnung durch die Autoren. Nicht nur in der Frage, ob und wie sehr Nachhaltigkeit oder gar Bio, die hier immer wieder vorkommen, für sie eine Rolle spielen. Etwas weniger Raum zur Vermittlung des Gefühls einer neuen Welle und vage Beschreibung einer Haltung der WinzerInnen aus vielen Teilen Europas, dafür mehr Handfestes hätten dem Buch gut getan. Mehr auf newwinewave.com Martin Mühl
HEINRICH EDUARD JACOB »KAFFEE DIE BIOGRAPHIE EINES WELTWIRTSCHAFTLICHEN STOFFES«, NEUAUFLAGE, OEKOM, 2006.
NACHGELESEN für alle, die sich viel Zeit für Geschichte als Geschichte nehmen möchten.
Sucht man einen Stoff, anhand dessen die Geschichte der Globalisierung oder die Wirtschaftsgeschichte Europas und Brasiliens oder die Geschichte von Unterdrückung und Befreiungsschlägen im späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts erzählen möchte, Kaffee drängt sich freilich auf. Erstveröffentlicht 1934 bietet die Entdeckungsgreise Interessierten (wers nicht genau wissen will, braucht gar nicht zu lesen beginnen) literarischen und historischen Wert – in einem Sachbuch im besten Sinn – und im wegweisenden fürs Genre, wie die Einleitung zur Neuauflage erklärt. Deren kunstvoller Einband enthält vom Vorwort bis zur von Jens Soentgen verfassten Brücke von den 1930ern zur Gegenwart – ein liebevolles Nischenprogramm zum Massenprodukt. Irina Zelewitz