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wo qualität erschwinglich wird das neue SEACAM silver prelude – 100% SEACAM bei 40% Kostenersparnis
Galapagos: Zwei neue Schiffe
Reportage: Ausgabe 1/2012 Einzelverkauf: Deutschland: EUR 8,– • Österreich EUR 8,50 • Schweiz CHF 12,– Im Abo: D/A: EUR 28,–/30,– CH: CHF 42,–
NEU
Israel / Galapagos / Schulkinder im Meer / Subals SGF2 / Unterwasser-Film / Riffcheck Malediven
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Ägyptische Schulkinder entdecken das Meer
Fotografie Subal SGF2
ISRAEL Israel entdecken Unterwasserarchäologie Epson Red Sea Wettbewerb
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www.atlantis-magazin.de
Biologie & Umselt
Zählen, wiegen, messen, schätzen:
BESTANDSAUFNAHME
Biosphere Expeditions ist eine mehrfach ausgezeichnete, gemeinnützige Naturschutzorganisation, die es auch Laien ermöglicht, an echten Forschungsexpeditionen teilzunehmen. Voraussetzung für Tauchsafaris ist lediglich ein Einsteigerschein. Auch sollte die englische Sprache halbwegs beherrscht werden, da die Forschungsreisen international besetzt sind. ATLANTIS war eingeladen, um eine Expedition in den maledivischen Gewässern zu begleiten. Von Volker Lottmann
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usgangspunkt der Unternehmung war das „Nasandhura Palace Hotel“ in der Hauptstadt Male. Dort trafen sich die Teilnehmer aus England, Australien, China und Deutschland, die zum Reef Check Ecodiver ausgebildet werden sollten. Mit einem Dhoni wurde die Gruppe zur „Carpe Diem“, einem luxuriösen 40 Meter Safariboot, gebracht, wo sie vom Expeditionsleiter Dr. Matthias Hammer aus Deutschland, dem Gründer von Biosphere Expeditions, begrüßt wurde. Die wissenschaftliche Leitung unterlag dem Meeres-
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biologen Dr. Jean-Luc Solandt von der britischen Marine Conservation Society (MCS) samt seiner Assistentin Rita aus Portugal. Außerdem an Bord waren zwei Mitarbeiter der maledivischen Marine Research Station. Wer ein gemütliches Einleben an Bord erwartet hatte, sah sich getäuscht, nach der obligatorischen Vorstellungsrunde ging es sofort zu Sache, die ersten Vorträge zur Biologie der Tropenriffe folgten. Kurz darauf der erste Tauchgang, ein Trainingstauchgang zum Eingewöhnen am Hausriff der Insel Baros (Nordmale Atoll). – Schon
konnte das soeben Erlernte praktisch umgesetzt werden: Biologe Solandt zeigte mit einem Stab auf verschiedene Lebewesen und die angehenden Riffchecker mussten per Handzeichnen signalisieren, um welche Gattung es sich handelt. Diese Fertigkeiten sollten dann später auch in der theoretischen Prüfung anhand einer Diavorführung getestet werden, was einigen Aspiranten leicht und anderen schwer fiel. Letztlich hatten jedoch alle den Test bestanden und wurden mit einer offiziellen Urkunde belohnt.
Dann endlich die verdiente Pause. Ein kleiner Snack an Deck, Smalltalk mit anderen Teilnehmern (Was machst du sonst so?), Relaxen im Sonnenuntergang. Und dann ab in die Koje. Der nächste Tag sah die „Carpe Diem“ samt ihren Passagieren auf der Fahrt zum Rasdhoo Atoll. Der bekannte Tauchplatz Madivaru sollte einer genaueren Untersuchung unterzogen werden. Dafür waren drei Riffchecktauchgänge angesetzt. Mittels dreier 100 Meter Maßbänder wurden zuerst die Riffe in eine flache, mittlere und tiefe Zone unterteilt. Fische, Korallen, Schwämme, Wirbellose und Bodensubstrat werden anschließend von je einer Zweiergruppe links und rechts bis zu 2,50 Meter vom Maßband entfernt untersucht und gezählt. Fische auch im Bereich bis fünf Meter darüber. Die Teilnehmer lernen, zwischen Weich- und Hartkorallen zu unterscheiden. Manche Hartkorallen haben lange, weichkorallenähnliche Polypen, was bei der Zählung irreführend sein könnte. Außerdem muss zwischen gesunden, erkrankten, kürzlich abgestorbenen und toten Korallen unterschieden werden. Da es unmöglich ist, alles zu zählen, werden nur bestimmte Indikatorarten, zum Teil erst ab einer bestimmten Größe, auf einer Schreibtafel eingetragen. Die Daten werden nach den Tauchgängen zur Statistikerfassung in den Computer eingegeben. Die Werte fließen anschließend in die zentrale Datenbank von Reefcheck ein. Später werden sie ausgewertet und zu einem jährlichen Riff-Statusbericht zusammengefasst. Nach konzentriertem Arbeiten waren Nacht- und Early Morning Tauchgänge mit Hammerhaisuche eine willkommene Abwechslung. Weitere Riffe wurden im nördlichen Ari Atoll, nahe der Inseln Gangehi und Fesdu, untersucht. Schön war, dass immer wieder größere Überraschungsgäste wie Napoleonfische, Adlerrochen oder Riffhaie zu beobachten waren. Die Ergebnisse
sind natürlich immer nur ein Puzzleteil des großen Ganzen. Da aber beim Riffcheck immer nach der gleichen Systematik vorgegangen wird, können sich die Wissenschaftler einen gewissen Überblick verschaffen und eventuell Verbesserungsvorschläge (Empfehlungen) aussprechen, um die Gesamtsituation zu verbessern (Schutzzonen, Fangverbote). Die meisten Teilnehmer berichteten, dass sie durch die Schulung viel mehr sehen und Zusammenhänge besser verstehen. Bei aller Arbeit kam auch der Spaßfaktor während der Kreuzfahrt nicht zu kurz. – Man freundete sich mit der Mannschaft an, saß abends mit anderen Gästen und den Crew-Mitgliedern in geselliger Runde zusammen, um sich zu unterhalten und Spaß zu haben. In diesem Zusammenhang ein Wort zur Küche: Die beiden jungen Köche brachten auf dieser Tour ausschließlich vegetarische Gerichte auf den Tisch. Aber das hat kaum jemand bemerkt, die Gerichte waren schmackhaft und abwechslungsreich. Standard ist vegetarisch allerdings nicht. Auf anderen Touren wird sehr wohl mit Fleisch gekocht. Interessant waren die Gespräche mit dem Kapitän, der viel über die umliegenden Inseln und das Leben der Einheimischen zu berichten wusste. Abends
demonstrierte er gerne die maledivischen Angelkünste und Tricks. Bei all den interessanten Informationen zu Korallen, Korallenfischlein und Wirbellosen: Als Taucher ist man doch auch und vor allem auf Großfisch abonniert und so freuten sich die Gäste, als sich die „Carpe Diem“auf den Weg ins südliche Ari Atoll zur ungeduldig erwarteten Walhaisuche machte. Als sicherer Übernachtungsplatz wurde der Hafen der Einheimischen-Insel Dhigurah gewählt. Das Dhoni bringt die Taucher zum Holiday Thila, wo noch ein Dämmerungstauchgang stattfindet. Hier beeindrucken sehr schöne Tischkorallen, Riffhaie und ein gut getarnter Anglerfisch, den der maledivische Tauchguide entdeckt hat. Am nächsten Morgen wird dieser Tauchplatz für einen Riffcheck noch einmal aufgesucht. Im Tageslicht zeigt er sich in voller Schönheit. Ein fast perfektes Riff, nur an einer Stelle ist ein Korallenhang lawinenförmig abgerutscht. Die Fischpopulation ist enorm, da ein gesundes Riff viele Versteckmöglichkeiten bietet. Schnapperschwärme mit mehr als hundert Tieren schaukeln sanft in der Brandung über dem Riffdachs. Einzelne Orient-Süßlippen gesellen sich dazu. Weißkehldoktorfische in beeindruckender Zahl streifen quirlig durch die Korallenwelt.
Per Handzeichen signalisieren Taucher dem Biologen die Gattungszugehörigkeit von Arten. Die „Carpe Diem“ ist ein Schiff, das auch hohen Ansprüchen gerecht wird. Gruppenfoto. Dr. Jean-Luc Solandt (zweiter von links), Dr. Matthias Hammer kniend
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Taucher lieben Großfische und auch die gab es zu sehen – ein Walhai war das Glanzlicht der Safari (o. l.). Darunter: Hart- oder Weich-koralle? Viele Hartkorallenarten bilden größere, weiche Polypen aus, sodass sie oft falsch einklassifiziert werden
Gegen Mittag ist es dann endlich soweit, in zwei Gruppen eingeteilt werden die Gäste mit einem Motorboot zum Schnorcheln mit den Walhaien gebracht. Während die ersten Glück haben und einem der sanften Riesen folgen können, muss sich die zweite Gruppe mit zwei Mantas zufrieden geben. Doch beim zweiten Anlauf klappt es: 15 Minuten mit einem geduldigen Walhai (den man sich allerdings mit einer japanischen Tauchgruppe teilen muss) gehören zu einem Glanzlicht des Törns. Im südlichen Ari Atoll sind rund einhundert ständig dort lebenden Walhaie registriert. Bei den gigantischen Tieren wird der Bereich hinter den Kiemen auf beiden Körperseiten zur Identifikation fotografiert, die Aufnahmen werden weitergeleitet und in der Datenbank des Maldive Whale Shark Programms ausgewertet. Einer der fotografierten Walhaie ist den Forschern seit 2007 bekannt und wurde 2008 mit
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einem Satellitensender versehen. So konnte beobachtet werden, dass er einen Ausflug zu den Lakadiven und zurück ins Südariatoll in einem Zeitraum von nur drei Wochen unternommen hatte. Abgerundet
wird der Tag mit einem Nachttauchgang an einer Steilwand bei Dhigurah. Von einer gar nicht schwachen Strömung angeschoben, gleiten die Aquanauten an schlafenden Papageienfischen, dicken Muränen und Einsiedlerkrebsen vorbei. An einer höhlenartigen Unterspülung fischen weit geöffnete Krustenanemonen nach vorbei treibenden Plankton. Am letzten Tag wird die lange Fahrt zurück nach Male in Angriff genommen, wo einige Expeditionsmitglieder von einem maledivischen Fernsehsender zu ihren Eindrücken befragt wurden. Seit die neue Regierung an der Macht ist, scheinen sich die Malediver mehr für ihre Umwelt zu interessieren und bitten Spezialisten um Rat. Fazit dieser Forschungsreise: Der Zustand der Riffe ist seit 2005 nicht wie befürchtet schlechter, sondern minimal besser geworden. Eines der untersuchten Riffe war im Flachbereich fast ganz abgestorben. Doch es gibt auch viele Stellen, die das Taucherherz erfreuen. Der schönste Korallenbewuchs war im südlichen Ariatoll zu finden.
Informationen zu Biosphere Expeditions: Bei Biosphere Expeditions handelt es sich um eine Non-Profit-Organisation, die weltweit den Zustand der Umwelt (nicht nur der Riffe!) untersucht. Sämtliche Werte fließen in eine Datenbank und später in einen Zustandsbericht über das jeweilige Ökosystem (z. B. Hochgebirge, Wüste, Wälder) ein. Die Unterabteilung Reefcheck widmet sich den Korallenriffen der Meere. In den jeweiligen Zielgebieten arbeitet die Organisation dann mit verschiedenen Stellen zusammen, die Empfehlungen zur Verbesserung des Zustandes der Umwelt bekommen. Ob diese Empfehlungen dann umgesetzt werden, liegt nicht mehr in der Verantwortung von Biosphere Expeditions. Wer als Taucher an einer Safari teilnehmen will, braucht nur ein gültiges Einsteigerbrevet der üblichen Ausbildungsorganisationen. Unser Reporter hat eine Tour durch die Atolle der Malediven mitgemacht, es gibt aber auch Kreuzfahrten im Oman (Musandam), Malaysia und Honduras. Die Malediventour kostet 1920 Euro zuzüglich der Anreisekosten. Die liegen übrigens im eigenen Verantwortungsbereich des Gastes, dieser bekommt einen Treffpunkt genannt, an dem sich dann alle Teilnehmer treffen und ab dem die Safaris losgehen. Malediven-Termine 2012: 02. bis 08. September (6 Nächte) 09. bis 15. September (6 Nächte)
Info: www.biosphere-expeditions.org www.mvcarpediem.com