Ein Herz für Tiere, Germany, August 2022

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Wildes Tierleben

Den Bären

auf der Sp ur

Die Biologin Andrea Friebe vom Skandinavischen BraunbärForschungsprojekt und Björn & Vildmark erforscht in der Provinz Dalarna im Herzen Schwedens das Verhalten von Braunbären. Engagierte Bürgerwissenschaftler aus ganz Europa helfen ihr dabei, die wichtigen Daten zu sammeln Text: Christiane Flechtner

WILD UND FREI In Schweden leben derzeit rund 2.500 Braunbären, scheu und meist unbemerkt von den Menschen

BÄREN ERFORSCHEN Ein Forschungsprojekt ist in Kvarnberg in der schwedischen Provinz Dalarna angesiedelt

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Die Bärin „Bergsloga“ war schon einmal hier – ganz in der Nähe. Wenige Kilometer entfernt von der Feldstation in Kvarnberg hat sie im vorletzten Winter ihr Nest gebaut, um Winterschlaf zu halten und zwei Junge zu gebären. Im vergangenen Herbst ist die Bärin mit ihren Jungen in dieses Gebiet zurückgekommen. Der Winterbau befindet sich unter einer großen Wurzel. Drinnen geschützt vor den eisigen Temperaturen in Schwedens Winter, ausgepolstert mit Moosen und Beerensträuchern, hat die zehnjährige Bärin diesen Ort zu einem gemütlichen Schlafplatz für sich selbst und ihre einjährigen Jungen gemacht. So eingekuschelt, haben sie die dunklen, kalten Monate ungestört verbracht. „Bergsloga“ ist eine von mittlerweile wieder rund 2.800 Braunbären, die in Schweden leben. Doch Anfang des 20. Jahrhunderts waren Braunbären in dem skandinavischen Land zwischen Norwegen und Finnland nahezu ausgerottet. Der „Björn“, wie der Bär auf Schwedisch heißt, hatte kaum eine Chance – stand er doch ganz oben auf der Abschussliste des Menschen. Und so war die Anzahl der scheuen Tiere auf 130 Individuen gesunken. Doch eine Entscheidung des schwedischen Königs Gustav Adolf verhinderte 1927 ihre vollständige Ausrottung, als er bekannt gab, dass diese Tiere zu Schweden gehören und geschützt werden müssen. Seitdem steigt ihre Zahl wieder stetig an – 2013 waren es sogar über 3.000 Tiere. Um die Population jedoch zu bremsen, wird seit 1943 jedes Jahr eine bestimmte Anzahl von Braunbären zum Abschuss freigegeben. Die Bären und Bärinnen durchstreifen tagtäglich – meist scheu und unbeachtet von den Menschen – die Wälder Mittelschwedens. Doch wo halten sie sich auf? Wovon ernähren sie sich? Wie weit wandern sie? Wodurch werden sie gestört? In welchen Höhlen sind die Jungen am besten geschützt? Diesen und anderen Fragen geht Andrea Friebe vom Skandinavischen BraunbärForschungs-Projekt und Björn & Vildmark auf den Grund. Sie leitet die Feldarbeit und verwaltet die Datenbank des Forschungsprojekts und erforscht seit nunmehr 25 Jahren in der Provinz Dalarna im Herzen Schwedens das Verhalten von Meister Petz. „Bären sind faszinierende Lebewesen, von denen wir Menschen immer noch viel zu wenig

Schweden

Kvarnberg

wissen“, sagt die Biologin. Aber das, was bereits bekannt ist, ist wirklich beeindruckend: Nicht nur, dass Bären monatelang in Winterschlaf gehen, sondern vor allem, dass die Weibchen während dieser Zeit, „also quasi im Schlaf“ ihre Jungen zur Welt bringen und diese mehrere Monate lang säugen, ohne dabei Nahrung oder Wasser zu sich zu nehmen.

GPS-Halsband und Biologger Im Winterschlaf sinkt bei den Bären die Herzrate auf vier bis zehn Schläge pro Minute, doch die Körpertemperatur bleibt nur wenige Grad unter der sonst üblichen. „Außergewöhnlich ist, dass sie sich trotz der langen Zeit nicht wundliegen, kaum Muskelmasse abbauen und auch keine Thrombose und Osteoporose erleiden. All diese Besonderheiten machen diese Tiere einzigartig. Und diese besonderen Bäreneigenschaften sind auch von größtem Interesse für die Human-

DATEN SAMMELN Um das Verhalten von Meister Petz „auf den Pelz“ zu gehen, sammeln die Expeditionsteilnehmer viele Daten AU G U ST 2 02 2 / E I N H E R Z F Ü R T I E R E 69


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