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EVENT-VORSCHAU
Die erste WM im Trailrunning vom 3.-6. November in Thailand könnte erstmals internationale Meisterschaften mit großer Aufmerksamkeit werden. Ein deutsches Team wird dabei sein.
THAILAND LÄDT EIN
Zweimal wurde die Trailrunning und Berglauf WM schon verschoben. Nun findet sie Anfang November im bergigen Dschungel Thailands endlich statt. Wir verraten, wer für Deutschland läuft.
Über 900 Athleten aus 46 Ländern werden Anfang November zu den ersten World Mountain and Trailrunning Championships, organisiert von ITRA (International Trailrunning Association), WMRA (World Mountain Running Association) und IAU (International Association of Ultrarunning) in Chiang Mai (Thailand) erwartet. So wurde es bei der offiziellen Pressekonferenz verkündet. Zugegen war auch Sebastian Coe, Präsident der World Athletics, der ankündigte, dass der Leichtathletik Weltverband eng mit den veranstaltenden Verbänden zusammenarbeiten wird. Dass er dabei von dem wachsenden Sport „Off Road Running“ sprach, sei ihm vorerst noch verziehen. Über insgesamt vier Distanzen wird verteilt auf drei Tage (3.-6. November) um Medaillen und Preisgeld gelaufen. Der spannendste Tag wird wohl der Samstag, wenn die Wettbewerbe über Short Trail (42km , 2290hm) sowie Long Trail (80 km, 4800hm) stattfinden.
Für Deutschland sind auf der langen Strecke Rosanna Buchauer, Hannes Namberger und Benedikt Hoffmann nominiert. Über Short Trail gibt es keine deutschen Starter. Vierte und letzte Nominierte für Deutschland ist Hanna Gröber, die beim Berglauf up sowie up and down starten soll. Eine sehr kleine deutsche Delegation. Hier konzentriert man sich wohl schon voll auf den Juni 2023, wenn die Weltmeisterschaften vor der Haustür in Innsbruck stattfinden werden. Hannes Namberger, der nach seiner Verletzung beim UTMB wieder voll ins Training eingestiegen ist, blickt optimistisch Richtung WM: „Am Ende der Saison, wenn ich schon viele Laufkilometer in den Beinen habe, bin ich immer am besten drauf. So war es auch letztes Jahr auf Madeira.“ Berichtete uns der Dynafit Athlet, der sich sehr spezifisch auf diese Aufgabe vorbereitet und sogar versucht die hohe Luftfeuchtigkeit Thailands in seinem Trainingskeller zu imitieren. Wir sind gespannt, wie sich die deutsche Delegation in dem international stark besetzten Feld (für England laufen unter anderem Tom Evans und Jonathan Albon) schlagen wird.
GANZ MIT SICH SELBST?
"Brauchen wir wirklich jemanden, der um den Mont Blanc fährt, um uns eine Banane zu reichen?", fragte kürzlich Profi Trailrunner Germain Grangier bei Instagram. Support bei Ultraläufen: Eine gute Sache oder überflüssig?
PRO / Clemens Niedenthal
Diesen Zahn müssen wir uns jetzt alle ziehen. Ich meine die Hoffnung, ach was, den Traum, dass dieses Trailrunning doch allumfänglich eine smarte, die Flora, Fauna und überhaupt unseren Planeten immer nur liebkosende Veran-
staltung sei. Gerade deshalb dürfen wir nicht aufhören, die Dinge besser zu machen. Fahrt in Fahrgemeinschaften zu euren Rennen, oder mit dem Zug. Verbindet Eure Events in den Alpen mit einem Bergurlaub. Fliegt nicht durch die Weltgeschichte, bloß um ein paar Steine einzusammeln, wie die UTMB-Punkte ja neuerdings heißen. Wenn ein Athlet wie Germain Gangier nun aber fordert, Supporter:innen bei Rennen wie dem Utra-Trail du Mont-Blanc kategorisch auszuschließen, verkennt diese Haltung, das überhöhte Verkehrsaufkommen in sonst so menschenleeren Seitentältern hin oder her, die demokratische Dimension, die unser Sport tatsächlich hat. Viele derer, die da einen Ultra laufen, schaffen dies nur, weil Vater, Mutter, die beste Freundin oder der Lebensgefährte nicht nur immer wieder aufs Neue an der Strecke warten, sondern bereits die gesamte Rennvorbereitung begleitet haben. Dieser Lauf ist auch ihr Event, ein gemeinsames Erlebnis und eine gemeinsame Erfahrung. Der Läufer, die Läuferin als einsame Wölfe im Hochgebirge, das passt zum elitären Ethos, der auch dem Alpinismus ja lange so nah war. Trailrunning aber muss nahbar bleiben, unbedingt. Auch wenn es einmal im Jahr voller werden kann, nicht nur rund um den Mont Blanc.
CONTRA / Benni Bublak
Nein, natürlich sollte Trailrunning nahbar bleiben. Ein Sport zum Anfassen! Wenn ein Verbot von Support zu we-
niger Verkehrsaufkommen und weniger Umweltbelastung führen würde, wäre dies natürlich nur zu begrüßen. Allerdings halte ich dieses Argument in diesem Zusammenhang nicht für besonders wasserdicht. Dafür hält sich der von Supportern aufgebrachte Individualverkehr doch in ziemlich überschaubaren Grenzen, zumal wenn man den ausufernden Event-Charakter des UTMB ansonsten unangetastet ließe. Nein, mich überzeugen andere von Germain Grangier angebrachte Argumente: Das Verbot von externem Support würde unseren Sport erstens fairer, zweitens einfacher und drittens vielseitiger machen. Fairer, weil ohne Support jeder die gleichen Voraussetzungen zur Verfügung hätte. Egal, ob man Unterstützung durch ein großes SupporterTeam hat oder alleine anreist. Einfacher, weil das endlose Vorbereiten von Drop Bags und Race-Verpflegung, sowie Organisieren der Logistik entfallen würde, wenn man nur auf das zurück greift, was der Veranstalter anbietet. Und vielseitiger, weil die zahllosen Elemente, die das Ultralaufen neben der Leg-Power ausmachen, wie Strategie, mentale Stärke sowie situativ die richtige Entscheidung zu treffen, nochmal an Wichtigkeit hinzugewinnen würden. Ein Versuch wäre es wert. Für den Großteil würde es ohnehin keinen Unterschied machen. Allen anderen unter Umständen sogar das Leben erleichtern.
WARMMACHER
Energiekrise? Angekommen. Angenommen. Für mehr Wärme gibt es Antworten auf Russisches Gas - diese Produkte sorgen für Kuschelmomente.
Tekla x Stüssy
Die schwedische Wäschemanufaktur und die kalifornische Streetwearlegende haben sich für eine erwärmende Kollektion zusammengetan – etwa für diesen mindestens terrassentauglichen Bademantel. www.teklafabrics.com The North Face Nuptse Mule
Daunen sind für die Füsse? Ja, auch! Den molligen Biwak-Schuh gibt es neuerdings auch mit einer straßentauglichen Laufsohle. www.thenorthface.de
Neues Backen
Laurel Kratochvila hat die wärmste Buchempfehlung des kommenden Herbstes verfasst. Ein Backbuch voller Lieblingsrezepte und eine Hommage an das Handwerk und seine Menschen. Erschienen bei Prestel/Randomhouse.
Johnstons Cashmere
Das hier ist eine Kaschmirziege. Was man aus ihrer Wolle machen kann? Eine unfassbar weiche Wärmflasche zum Beispiel. Von Johnstons of Elgin aus den schottischen Highlands. www.johnstonsofelgin.com
Perelic Blankets
Denitsa Popova engagiert kleine unabhängige Webereien in Bulgarien, um aus fair gesourcter Merinowolle zeitgenössische Decken zu weben. Gibt es in ihrem Laden in Berlin und unter: www.perelic.com Teelichtheizung
Kein Witz. Sondern Physik. Eine aus Blumentöpfen gebaute Teelichtheizung ist tatsächlich ein Wunder an Effizienz. Kann man easy selbst bauen. Anleitungen findet Ihr, etwa bei Obi, im Netz.
MUSTEREVENT
Die Adidas Infinite Trails in Bad Gastein waren auch in diesem Jahr ein wahres Fest des Sports. Wer hier läuft findet sich in einem profihaften Umfeld wieder und darf das Finish ausgiebig feiern. Die vielfältigen Strecken und die Landschaft um das 40 Kilometer lange Tal sind traumhaft schön.
Am Wochenende nach den infinite Trails waren die Gipfel des Gasteiner Tals schon mit einigen Zentimetern Schnee bedeckt. So war die inzwischen vierte Ausgabe dieses Events für viele Trailrunner:innen ein gelungener Abschluss eines langen TrailrunningSommers. Zwar kann man inzwischen auch über alle Distanzen als Solo-Läufer starten, aber nichtsdestotrotz ist es vor allem das Team-Event, was für die einzigartige Atmosphäre dieser Veranstaltung verantwortlich ist. Unter die insgesamt fast 150 teilnehmenden Teams gesellte sich auch das #alwaysascending Team um die jungen Nachwuchs-Trailrunner Nick Seiferth, Felix Bergmann und Malte Lüttermann. Der 25 Jahre junge Medizin-Student Nick schwärmt im Nachhinein in höchsten Tönen von diesem Wochenende, das für ihn ein genialer Abschluss seiner ersten richtigen Trailrunning Saison war: „Das Event ist krass gut organisiert. Außerdem hatten wir so eine gute Zeit miteinander, weil es eben um die Gemeinschaft ging und nicht um das Gegeneinander. Dadurch dass es ein Teamevent ist, wartet man an der Finishline nochmal ganz anders auf die Mitläufer.“ Sein Team sicherte sich Platz vier im Männerfeld. Ein richtig starkes Ergebnis, zumal die vorderen Platzierungen fast durchgängig an die Profiteams von Adidas Terrex gingen. Ob Profi oder nicht. Gefeiert wurde am Ende zusammen– und das nicht zu knapp. Nick beschreibt es wie folgt: „Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen eine After-Race-Party inklusive Siegerehrung in einer Therme zu machen und nebenbei die ganze Zeit Essen und Bier auszuschenken? Der Kracher!“
319,614
Entfesselter Litauer Für das absolute Highlight in Verona sorgte aber der Litauer Aleksandr Sorotkin. Erst im Vorjahr hatte der 40-Jährie im polnischen Pabianice mit 309,339 Kilometern einen neuen Weltrekord aufgestellt. Diese Marke knackte er in Verona bereits nach 23 Stunden und zehn Minuten. Nach 24 Stunden hatte Sorotkin dann über 319 Kilometer geschafft. Heißt: Er lief den Kilometer in einer Durchschnittspace von knapp über 4:30 Minuten.
Pakt mit der Erde
Die Familie von Patagonia-Gründer Yvon Chouinard überführt ihr Unternehmen in zwei unabhängige Stiftungen. Steuervermeidung, ätzen die Kritiker. Fakt aber ist, dass so künftig jeder verdiente Dollar, oder eben Euro, entweder in die Marke selbst reinvestiert oder für ökologische Projekte ausgegeben werden muss. Mit Patagonia kann fortan niemand mehr Gewinne machen. Yvon Chouinard will damit sicherstellen, dass seine ethischer Wertekanon auch nach seinem Ausscheiden (an das er vorerst nicht denkt) im Unternehmen verankert bleibt. Rund 100 Millionen Euro dürften so künftig jährlich für soziale und vor allem ökologische Projekte zur Verfügung stehen, trotz gestiegener Energiekosten und den erwartet hohen Investitionen in neue, nachhaltige Materialien und Fertigungsprozesse. Experten wie der Heidelberger Zukunftsforscher Eike Wenzel wähnen eine Zeitenwende: „Früher gab es das als Kollektiv geführte Café oder den Buchladen. Morgen werden sich selbst große und ganz große Unternehmen durch eine nachhaltige Unternehmensstruktur für zunehmend kritische Konsument:innen interessant machen.“ Haben wir nichts dagegen.
DENIS’ KOLUMNE
Während des Transalpine Runs, irgendwann nach der vierten oder fünften der insgesamt acht Etappen, dachte ich mir, dass ich das alles nicht will. Ich will ein warmes Bett, eine Netflix-Serie, Haribo, Chips, gedimmtes Licht und so was alles. Kurz nach dem glücklichen Finish freundete ich mich auch sehr mit dem Gedanken an, den Sport mit Eingang in mein fünfzigstes Lebensjahr zu beenden. Also so etwas wie ein Karriereende, wenn man bei mir überhaupt von einer "Karriere" sprechen kann. Egal. Ich würde also künftig keine Wettkämpfe mehr laufen, an keinen Rennen teilnehmen und auch nicht darauf trainieren. Keine langen Läufe mehr und nur noch "Funrun". Laufen, wenn ich wirklich Lust darauf habe, kleine Runden, eine Stunde oder mal zwei, kurz auf den Berg hoch mit einer Pause und gemütlich wieder zurück. Hört sich doch gut an, oder? Es gemütlich auslaufen lassen. In anderen Sportarten, als Fußballer, als Schwimmer oder Weitspringer, wäre ich seit fast 20 Jahren schon in Rente. Ich würde mit dickem Bauch und Männerhupen, meinen Sport im TV ansehen und besserwissend kommentieren.
Eine gute Woche nach dem Transalpine Zieleinlauf, bin ich für das nächste Rennen angemeldet. Es wird kommende Woche stattfinden, ich werde mitlaufen. Natürlich werde ich das tun. Ich bin schließlich "fully recovered" und die Lust ist voll umfänglich zurück, die Idee, nicht mehr zu laufen ist komplett verworfen, explodiert im Wissen, dass ich laufe, weil ich es kann!
Ein Spitzentriathlet, ganz sicher keine 40 Jahre alt, hat kürzlich auf seiner Facebook-Präsenz in einem rührenden Posting verkündigt, dass er von nun an kein Triathlet mehr ist. Er dankte dem Triathlon als einer Art übergeordenter Lebensphase, für alles, für die gute Jahre und sagte allen Tschüss. Er bekam viele Likes und keine Kommentare, die ihn dazu aufriefen, es doch nochmal zu versuchen. Triathlet bleiben, mit anderem Ansatz, weniger Umfang, ohne Druck. Nur so ne Idee von mir.
Zurück zum Trailrunning. Zurück zu mir. Ich bleibe also Trailrunner, weil ich mich in Zukunft nicht beim UTMB, GGUT oder ZUT hinstellen mag und über etwas reden und berichten will, was ich selbst nicht von ganzem Herzen tue. Ich fühle mich sicherer in Sachen, die ich selbst mache, weil ich dann bescheid weiß, weil ich dann voll drin bin.
Das Wort Pflicht sollte im Zusammenhang mit einem lässigen und freien Sport, wie dem Trailrunning, nicht allzuviel Bedeutung haben. Und doch spüre ich tief in mir so eine Verpflichtung zu laufen, weil es geht, weil ich ohne Verletzung bin und es wohl auch denen schuldig bin, die es gerne tun würden, aber nicht können oder schaffen. Ich denke jeder von uns trägt so eine Art Pflicht mit sich durchs Leben. Die einen müssen dies, die anderen jenes. Ganz frei kommt man nicht durch die Existenz.
Trailrunning wird jünger und jünger, Berge faszinieren junge Menschen und ich bin, zugegebenermaßen, auch überrascht, wie sehr junge Läuferinnen und Läufer auch diese langen Kanten laufen, wie sie mental 100 Kilometer und mehr runterrocken. Die Art zu Laufen bei einem 28-Jährigen ist einfach eine andere als die eines Mannes in meinem Alter. Die springen und hüpfen, die tanzen und ich schreite voran - ein Rollen im besten Sinne, ist das höchste meiner Gefühle. Voran kommen wir beide. Jung und alt. Die große Geschichte unseres Sports ist ja auch immer die aus den Jahren 2007 und 2008. Im einen Jahr siegt der 59-Jährige Italiener Marco Olmo beim UTMB, ein Jahr später will er dies wiederholen und wird schier gnadenlos locker vom 19-Jährigen Kilian Jornet geschlagen, der in der Gegenwart in bestimmten Kategorien des Trailrunning schon zum alten Eisen gehört. Schön zu wissen, dass auch alles um mich herum altert. Übrigens - Olmo läuft noch immer Wettkämpfe - mit stattlichen 74.
Nun gut. Ich will also möglichst lange weiter laufen. Vermutlich wollen das viele andere auch. Es gibt ja auch diejenigen, die "erst" mit 40, 50 oder 60 Jahren das Trailrunning für sich entdeckt haben - wie ungeschickt wäre es denn bitteschön denen gegenüber, wenn der Herausgeber der geschätzten Fachzeitschrift in genau diesem Alterssegment mit dem aufhört was andere jüngst für sich entdeckt haben. Ich schwöre also hiermit offiziel, gedruckt auf 80 GrammGrammatur, im Offset-Verfahren, dass ich so lange renne, hike, Berge verehre und mir eine Startnummer um die Hüfte schnalle, wie es der Körper mitmacht. Vom Geist will ich nicht reden, denn der wird müssen und wird künftig auch nicht mehr gefragt. Mein Kopf wird dem gesunden Körper folgen müssen. Ohne Wenn und Aber.
Illustriertes Wissen
Es gibt eine Menge Laufbücher - eine Menge die inspirieren und gut sind und eine ebenso so große Zahl an Büchern, die etwas "egaler" sind. Dieses Werk eines Autorentrios mag zwar in erster Linie für Anfänger gedacht und gemacht sein, dürfte aufgrund der schönen Aufmachung und schönen Illustrationen auch Profis ansprechen. Die beste Verwendung für diesen Guide ist, ihn als Geschenk zu kaufen und an Einsteiger weiterzugeben. Dieses Buch erklärt Anfängern, worauf man beim Trail Running achten sollte. Es wirft einen Blick auf Aspekte wie Ernährung, Training, Ausrüstung, Verletzungsbehandlung, Naturschutz und vieles mehr. Erfahrene Läufer lernen die Anforderungen für Ultra Runs und Wettrennen kennen: Auch Fortgeschrittene können noch einiges lernen. www.helvetiq.com
HERZRATENVARIABILITÄT
Generell sind wir eher skeptisch gegenüber dem Verlangen, alles, was in unserem Körper passiert, in einen Zahlenwert pressen zu wollen. In diesem Fall aber scheint es einen echten Mehrwert für ambitionierte Sportler zu geben. Die Herzratenvariabilität ist in aller Munde.
Viele Top-Sportler nutzen diesen Vital-Parameter, um Rückschlüsse auf ihr Training und den Zustand ihres Körpers zu ziehen. Erst kürzlich ließ auch Kilian Jornet durchblicken, dass er regelmäßig die Variabilität seiner Herzschläge trackt, als er kundtat, dass seine HRV, wahrscheinlich aufgrund einer Covid-Infektion, kurz vor dem UTMB deutlich niedriger war als gewöhnlich. Aber was genau wird bei der Herzratenvariablität eigentlich gemessen? Und wozu kann ich diesen Wert nutzen? Wir klären auf.
Was ist die HRV? Unser Herz funktioniert nicht wie ein Metronom. Es schlägt nicht immer im gleichen Takt. Einfach gesagt: Die Zeit zwischen zwei Herzschlägen variiert ständig. Über den Puls ist das für uns schwer detektierbar, da sich die Abweichungen im Millisekunden-Bereich bewegen. Am ehesten kann man es fühlen, wenn man ein paar tiefe Atemzüge macht und gleichzeitig seinen Puls misst. Beim Ausatmen werden die Intervalle zwischen den Schlägen länger (der Puls verlangsamt sich) und beim Einatmen werden sie kürzer (der Puls wird schneller). Das nennt man respiratorische Sinusarrhythmie. Neben der Atmung gibt es aber noch viele weitere Einflussfaktoren, welche die HRV beeinflussen.
Was beeinflusst die HRV? Zuerst einmal ein kleiner Ausflug in das vegetative Nervensystem. Dies ist das Nervensystem, welches alle Abläufe im Körper regelt. die wir nicht bewusst steuern können. Es setzt sich zusammen aus zwei gegensätzlichen Zuständen: Dem Parasympathikus und dem Sympathikus. Die sympathische Seite des Nervensystems bereitet uns auf eine Aktivitätssteigerung vor. Es hilft uns dabei, bereit und leistungsfähig zu sein, ist aber auch gleichbedeutend mit einem hohen Stress-Level. Herzfrequenz und Blutdruck steigen. Die HRV hingegen sinkt. Die Herzschläge werden also gleichmäßiger. Allgemein kann man sagen, dass bei höherer Herzfrequenz, die HRV geringer ist. Betreiben wir Sport, sinkt sie sogar fast auf null. Der Gegenspieler ist der Parasympathikus. Er wird aktiv, wenn wir den Körper runterfahren und uns erholen. Im Schlaf beispielsweise dominiert der Parasympathikus. Eine hohe HRV lässt auf eine hohe Parasympathikus- Aktivität schließen. Normalerweise befinden sich beide Zustände in einem natürlichen Zusammenspiel und ständigem Wechsel. Wenn eine Person jedoch chronisch gestresst, überanstrengt oder krank ist, kann dieses Zusammenspiel gestört werden und die sympathische Aktivität des vegetativen Nervensystems ist dauerhaft erhöht. Dieser dauerhafte Stresszustand bleibt dann auch in Ruhephasen bestehen. Die HRV bleibt auch in Ruhe oder beim Schlafen erniedrigt.
Wozu kann ich HRV Daten verwenden? Eine hohe HRV wird daher allgemein als Zeichen eines gesunden Herzens angesehen und mit psychologischer Gesundheit, höherer Lebensqualität und geringerer Anfälligkeit für Krankheiten in Verbindung gebracht. Bei Sportlern kann vor allem auch hartes Training zu einer erniedrigten HRV führen. Dies ist unproblematisch solange dieser Zustand vorübergehend ist, sollte allerdings alarmieren, wenn die HRV über längere Zeit (mehrere Tage) erniedrigt ist. Verglichen werden sollten die HRV Werte (angegeben in Millisekunden) immer nur mit den eigenen Werten, nicht mit denen anderer Personen. Neben Übertraining ist es auch möglich andere belastende Zustände zu durch die HRV visualisierbar zu machen. Stress auf Arbeit, im Alltag, Alkoholkonsum, eine Krankheit und vieles mehr. Die HRV kann daher als Anhaltspunkt dienen, wann man sein Training eher zurückfahren sollte und wann man Gas geben kann. Gemessen wurde die HRV bis dato meistens über einen Brustgurt und eine Sportuhr. Über einen definierten Messzeitraum (ca. eine Minute) muss man dabei still sitzen bleiben. Die Messung sollte immer zur gleichen Tageszeit stattfinden, um vergleichbar zu sein. Inzwischen bieten einige Uhren die HRV-Messung auch dauerhaft über den optischen Sensor an. Dies hat den eindeutigen Vorteil, dass das Messintervall deutlich länger ist, man also beispielsweise am Morgen nach dem Aufwachen einen Durchschnittswert der HRV über die ganze Nacht erhält. Unter Umständen ist die optische Messung aber nicht so genau, wie die elektrische Impulsmessung über den Gurt.
Die HRV Messung ist unter Leistungssportlern schon längst Standard. Dank modernster Technik ist sie inzwischen auch für Jedermann einfach zugänglich.
SIEG, FINISH UND VIEL MEHR!
Es wird immer schwerer auszuwählen über welche Events wir in diesem Heft berichten sollen. Besonders im Hochsommer ist die Dichte an Trailrunning-Rennen einfach zu groß, um sie alle in diesem Heft abzubilden– seien es lokale, überregionale oder globale Events. Also haben wir uns 10 Rennen rausgesucht, die uns besonders interessant erschienen und jeweils eine Beobachtung herausgehoben.
Die Top Drei beim Wildstrubel by UTMB 50K. Darunter Benedikt hoffmann (ganz rechts).
Wildstrubel – der UTMB zieht! Die UTMB World Series ist angekommen in der Trailrunning Szene! Mit dem Wildstrubel Trail in der zentralen Schweiz feierte ein Rennen Debüt, welches es vielen deutschsprachigen Läufer:innen möglich machte, nochmal mit vergleichsweise kurzer Anreise Running Stones zu sammeln. Tatsächlich hörten wir von vielen Teilnehmern, die das Rennen spontan einfach nochmal mitnahmen. Ob es eine gute Idee ist, sich ohne diesen letzten Fokus an eine Startlinie eines 50 oder gar 100 Kilometer Rennens zu stellen, sei dahingestellt. Fakt ist: Der UTMB zieht! Beim Wildstrubel 50K gelang übrigens Benedikt Hoffmann, der nur zwei Wochen nach dem OCC seine bittere Zeitstrafe schnellstmöglich vergessen machen wollte, ein hervorragender dritter Platz.
GGUT– Elite favorisiert kürzere Distanzen Wir beobachteten es beim Innsbruck Alpine, beim ZUT und jetzt auch wieder beim GGUT. Bei den wohl größten Events im deutschsprachigen Raum hat sich der Fokus der Elite-Athleten verschoben. Und zwar von den langen Distanzen weg zu den kürzeren Strecken. Waren es früher noch die vermeintlichen Hauptdistanzen, in dem Fall die ganze Runde um Österreichs höchsten Berg, welche die stärksten Athlet:innen anzogen, sind es heute vor allem die kurzen Distanzen, die das dichteste und umkämpfteste Starterfeld aufweisen. Natürlich war da die phänomenale Leistung des Berchtesgadeners Alexander Marcel Westenberger der den 100er mit großem Vorsprung gewann. Spannend und eng ging es aber eher bei den kürzeren Distanzen zu. Zum Beispiel beim 55er, welchen der blutjunge Grieche Paradeisopoulos nur hauchzart vor dem Südtrioler Florian Reiterer (später Dritter beim CCC) gewann.
Sierre Zinal–afrikanische Trail-Sieger bleiben Ausnahme Die Kenyanerin Esther Chesang verkaufte selbstgebastelte Armbänder, um sich die Anreise in die Schweiz zu finanzieren. Nur wenige Tage später siegt sie beim wohl bestbesetzten Trail- und Berglauf der Welt zwischen Sierre und Zinal. Auch bei den Herren prägten zwei Kenyaner das Rennen. Mark Kongogo dominierte das Rennen stärker, als es sei-
Mark Kongogo gewinnt souverän den Berglauf Sierre Zinal.
Wartende Ultratrail Athleten am Start des Grossglockner Ultratrail
Matschige Pfade beim Südthüringentrail in Suhl
Jonas Russi läßt sich im Ziel des Tor Des Geants 330 feiern ne Siegerzeit vermuten ließe. Und auch Patrick Kipngeno musste nur aufgrund leichter Schwächen im Downhill dem vorbeistürmenden Orientierungsläufer Andreu Blanes den zweiten Rang überlassen. Ist deswegen gleich ein neues Zeitalter hereingebrochen? Afrikanische Läufer die zukünftig in Scharen die Weltspitze im Trailrunning aufmischen. Nein, die afrikanischen Eliteläufer, die zumeist nicht die gleiche Sponsoren-Unterstützung wie die Europäer bekommen, laufen aus absolut nachvollziehbaren Gründen vorrangig dort, wo es Preisgelder gibt. Bei anderen Events ist das noch nicht so der Fall wie bei Sierre Zinal. Auch längere Rennen und Ultras kommen kaum in Frage, weil die Erholungszeit zu lang ist und sich damit die Anzahl der möglichen Starts drastisch reduziert.
Tor de Geants– ist das noch normal? Unmenschliche Leistungen scheinen doch möglich zu sein! Außer Jonas Russi ist kein Mensch. Das wäre zumindest eine Erklärung dafür, dass der Andermatter beim UTMB in die Top Ten läuft, um nur zwei Wochen später beim 330 Kilometer langen Tor de Geants zu siegen. Das allein sind 500 Wettkampf-Kilometer innerhalb von nur zwei Wochen. Und wahrscheinlich hat der Schweizer dazwischen nicht die Beine hochgelegt. Er beweist damit eine phänomenale Regenerationszeit, die aber nicht zur Nachahmung empfohlen ist. Bei den Frauen holt sich die britische Fellrunnerin Sabrina Verjee den Streckenrekord. Sie siegt in 80 Stunden und 50 Minuten, läuft auf Overall Platz 5 und ist nichtmal 10 Stunden langsamer als Russi.
Südthüringentrail– Mittelgebirge ist auch Trail. Und wie! Es muss nicht immer Alpen sein! Und auch nicht immer hohe Berge! Ohne jetzt dem Thüringer Wald zu nahe treten zu wollen. Denn auch die knackigen Anstiege und 2500 Höhenmeter beim Südthüringentrail werden sicher weh getan haben. So freute sich dieses Event, wie auch zahlreiche andere Mittelgebirgs-Events dieses Jahr über ein großes Teilnehmerfeld. Trailrunning boomt auch abseits der Alpen. Dennoch muss man konstatieren, dass sich auch in Deutschland ein sehr großer Teil des Sports in den Alpen abspielt. Auch wir als Trail Magazin, dessen Büro mitten im schönen Chiemgau liegt, vergessen manchmal den Blick gen Norden schweifen zu lassen. Mea Culpa! Hier also die Gewinner einiger großartiger Mittelgebirgsläufe, die es verdient haben erwähnt zu werden: Susanne Haßmüller und Peter Hoehne gewinnen beim HochRhönTrail! Beim sehr beliebten Gelita Trailmarathon in Heidelberg siegen Juliane Rößler und Matthias Krah über die 50 Kilometer Langdistanz. Und beim schon erwähnten Südthüringentrail freuen sich Daniel Greiner und Claudi Althanß über die ersten Ränge beim 65 Kilometer langen Riesentrail. Herzlichen Glückwunsch!
Text: BENNI BUBLAK
Die Race Vest 6.0 von Ultimate Direction im Einsatz beim beim Transalpine Run.
GUTE LAST!
Auch wir dachten, dass man an an einem Laufrucksack oder einer Racevest nichts mehr verbessern kann und die Entwicklung abgeschlossen wäre. Weit gefehlt - auch 2022 überraschen uns wieder viele neue Modelle.
Die Indizien häufen sich. Trailrunning ist keine Nischensportart mehr. Erstmalig sind dieses Jahr in unserem großen Rucksacktest auch Modelle der ganz großen Rucksackhersteller vertreten. Anscheinend kommen selbst Osprey und Deuter nicht mehr daran vorbei, ihren Kunden auch Westen zum Laufen anzubieten. Man muss sagen es ist gut, dass dies erst jetzt passiert. Vor wenigen Jahren wäre das Ergebnis wahrscheinlich noch ernüchternd gewesen, hätten Deuter und Co. ihre Entwickler auf ein Produkt für Trailrunning angesetzt. Inzwischen gelingt es fast jedem Hersteller ein absolutes brauchbares Produkt für das Laufen auf schmalen Pfaden zu konstruieren. Der Ascender und der Duro haben uns also durchaus Freude beim Testen bereitet. Auch wenn natürlich noch Lücken reißen zu den absoluten Spezialisten. Hier sind wir jedes Jahr erneut erstaunt, was noch an Entwicklungssprüngen möglich ist. Bei einem Produkt wo wir eigentlich schon vor Jahren dachten, dass das Evolutionsmaximum erreicht ist. Sehr begeistert sind wir zum Beispiel von dem was die britischen Outdoor-Profis von Montane mit ihrer GeckoSerie auf die Beine stellen. Der Branchenprimus Salomon ist hier längst nicht mehr unantastbar. Wer sich im Jahre 2022 einen Trailrunningrucksack zulegen will, hat also die Qual der Wahl. Nichtzuletzt auch weil jede Marke etliche Variationen ihrer Rucksäcke anbietet. Wir haben daher immer eine Alternative zum jeweiligen Testprodukt mitgeliefert. Diese unterscheiden sich manchmal nur im Packvolumen, manchmal aber auch in ihrer ganzen Konstruktion voneinander. Wichtig ist, sich vor dem Kauf das Anforderungsprofil, dem der Rucksack genügen soll, klar zu machen. Wieviel will ich verstauen, welches Trinksystem bevorzuge ich und welches Gewicht darf der Rucksack haben. Klar, am Ende muss auch das Design und natürlich der Preis passen. Bei letzterem prescht Salomon dann doch wieder voran: Der ActiveSkin4 ist unser Preis/Leistungssieger dieses Tests. Zusammen mit dem Modell des Discounters Decathlon, welches einmal mehr überrascht.
SOFTFLASKS
sind inzwischen nicht mehr wegzudenken an einem Trailrunning-Rucksack. Optimalerweise sind sie schon im Lieferumfang enthalten.
FRONTVERSCHLUSS
Hier gibt es viele Varianten: Ob Klick-Verschluss, Haken und Ösen oder Reißverschluss bleibt am Ende auch Geschmackssache.
TASCHEN
Möglichst clever konstruierte und leicht zugängliche kleine Taschen zeichnen eine gute TrailWeste aus. HAUPTFACH
Hier bietet der Rucksack den größten Stauraum. Optimalerweise ist es das einzige Fach, an das an nur herankommt, wenn man den Rucksack abnimmt.
MATERIAL
Leicht, an den richtigen Stellen stretchig, gleichzeitig robust- die Anforderungen an das Material sind komplex.
VOLUMEN
Jeder Hersteller hat seine eigene Methode das Volumen eines Rucksacks zu bestimmen. Volumen-Vergleiche zwischen verschiedenen Marken sind daher mit Vorsicht zu genießen.
REPORTAGE PRAXISTEST PROFI TRAILRUNNER Laufrucksäcke ›› DYNAFIT ALPINE 12
100,00 Euro
Vorher unter dem Namen Enduro 12 bekannt, war dieses Dynafit-Modell oft nachgefragt in den letzten Jahren. In diesem Rucksack hat auch die umfangreichste Ultratrail Pflichtausrüstung Platz. Dennoch bleibt das Gewicht, dank des auf Minimalismus ausgerichteten Materials, extrem niedrig. Vor dem großen Hauptfach, gibt es die Möglichkeit Sachen in einem dehnbaren Reißverschlussfach zu verstauen, das zum Rücken hin mit einem wasserfesten Material versehen ist. Für Trinkbehältnisse gibt es zahllose Verstaumöglichkeiten. Klassische Radflaschen können seitlich verstaut werden. In der Front haben zwei 500 ml Softflasks UND zwei 250 ml Softflasks Platz. Jene sind allerdings nicht im Lieferumfang enthalten. Bei richtiger Größenwahl sitzt der Rucksack superfest, kann aber sogar noch per Schulterriemen an den jeweiligen Füllstand angepasst werden. Vielleicht gibt es Alternativen, die hochwertige Materialien verbauen, mit diesem durchdachten Allrounder ist man allerdings für TrailAbenteurer jeglicher Art perfekt gerüstet.
Alternative
Die Alpine Running Vest ist ein Hauch von nichts und die beste Wahl für Minimalisten und Skyracer.
›› SALOMON ACTIVE SKIN4
80,00 Euro
Es gab Zeiten wo mindestens jeder zweite Rucksack auf dem Trail von der Firma Salomon stammte. Der Marktführer hat inzwischen viele verschiedene Trail Westen im Angebot. Die Active 4 Skin ist die Preisgünstigste unter ihnen. Wer eine simple, aber dennoch hochfunktionale Weste für sämtliche Anforderungsbereiche sucht, kann hier ohne Bedenken zuschlagen. Ein perfekter und dazu noch sehr komfortabler Sitz, wird ergänzt durch ein Feuchtigkeit-geschütztes Hauptfach mit Reißverschluss, große Stretch-Fronttaschen und im Lieferumfang enthaltene Soft-Flasks. Der sogenannte Quick Link Verschluss an der Brust funktioniert hervorragend, einzig das Öffnen und Schließen ist etwas fummelig. Stock-Befestigungs-Möglichkeiten bietet der Rucksack nicht. Der Active 4 Skin ist der perfekte Allrounder für alle die auf die Expertise aus Annecy vertrauen und nach einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis Ausschau halten.
Alternative
Die Active Skin 12 ist die bessere Wahl, wenn man etwas mehr Vertsaumöglichkeiten benötigt. Sie hat auch Seitentaschen an den Hüftgurten.
›› SILVA STRIVE LIGHT BLACK 10
100,00 Euro
Silva und Laufrucksäcke? Ja der Spezialist für Kopflampen hat sich jetzt auch an Trailwesten gewagt. Insgesamt gibt es fünf Modell mit verschiedenen Volumina. Das schwarze Design mit reflektierenden Elementen weiß auf jedenfall zu gefallen. Besonderheit sind mit Sicherheit die Applikationen für die Lampe. Am Rücken ist extra ein kleines Fach für den Akku angebracht, das Kabel kann dann analog zum Trinkschlauch nach vorne geführt werden und Silva Lampen sogar am Riemen des Rucksack befestigt werden, wenn man das möchte. Das große Hauptfach ist wasserfest und wie ein großer Sack konstruiert, außerdem gibt es eine Meshtasche, die auch von vorne zugänglich ist. Vorne ist eine weitere wasserfeste Reißverschlusstasche für Handy oder ähnliches angebracht. Der Rucksack kommt mit zwei 260 Milliliter Softflasks, wobei in die Taschen auch 500 Milliliter Flasks passen. Der Sitz an den Schultern könnte etwas enger und fester sein. Insgesamt fällt der ansonsten sehr gelungene Rucksack eher groß aus.
Alternative
Silva haben mit der Utra Light auch eine richtig minimale und leichte Race-Vest im Programm.
›› EVADICT Trailweste
39,99 Euro
Man kann den Franzosen vom DiscounterRiesen nicht vorwerfen, dass sie nicht wüssten, wie man Trailrunning Produkte konstruiert. Mit Blandine L'Hirondel hat deren Eigenmarke Evadict nun sogar eine CCCSiegerin als Athletin. Auch dieser Trailweste merkt man ihre Expertise eindeutig an. Das Material ist simpel, aber gleichzeitig super leicht und stretchig. Die Weste hat alles was man von einer Trailweste erwartet. Der dreiteilige Klick-Verschluss überzeugt uns besonders, sorgt er doch für einen superfesten Sitz. Durch den Riemen am unteren Ende der Weste gefühlt sogar fast zu fest. Wir empfehlen in jedemfall eine Nummer größer als normal zu ordern, da die Weste sehr klein ausfällt. Soft-Flasks sind bei dem schmalen Preis nicht mitenthalten. Ob man für knapp 40 Euro guten Gewissens eine Laufweste kaufen kann, wagen wir hier und heute nicht zu beantworten. Rein funktionell wird man mit diesem preislichen Leichtgewicht aber auf jedenfall glücklich werden.
Alternative
Die Ultra 15 bietet deutlich mehr Stauraum und überzeugt in den technischen Details genauso wie ihr kleiner Bruder.
›› DEUTER ASCENDER 7
110,00 Euro
Die erste Trailrunning Weste vom Rucksackriesen Deuter ist da und sieht tatsächlich noch wie ein richtiger Rucksack aus. Das Hauptfach ist großvolumig und zum Rücken hin mit einem herausnehmbaren Polster abgegrenzt. Dadurch dass das Hauptfach im unteren Bereich komprimierbar ist, funktioniert es auch mit wenig Füllung. Den Ascender 7 gibt es nur in einer Standard-Größe. Durch seitliche Riemen und Schulterriemen lässt er sich aber gut an jede Körperform anpassen. Der Sitz ist absolut in Ordnung und wackelfrei. In der Front hätten wir uns ein paar mehr Verstau-Möglichkeiten gewünscht. Hier gibt es definitiv cleverere und Raum-nutzendere Konstruktionen bei der Konkurrenz. Innovativ ist die Stockhalterung mit einer Art Köcher vorne. Gefiel uns gut, da die Stöcke sehr schnell und einfach verstaut werden können. Nur wer einen engen Armschwung hat, könnte sich an dieser Konstruktion stören. Insgesamt liefern Deuter mit dem Ascender 7 ein durchaus passables Gesellenstück, dass nur aufgrund des inzwischen sehr hohen Niveaus der Konkurrenz noch leicht hinterher hinkt.
Alternative
Beim Ascender 13 ist das Volumen des Hauptfachs deutlich ehröht. In der Front ist er identisch zum Ascender 7.
›› OSPREY DURO 1,5
110,00 Euro
Die amerikanischen Rucksack Riesen von Osprey transportieren mit der Duro Serie von nun an auch Trailrunning Gepäck. Der Duro 1,5 ist eine klassische Race-Vest, die definitiv mehr als 1,5 Liter schluckt. Das Design ist simpel gehalten und enthält alle klassischen Features inklusive zweier Softflasks. In der Front sorgen zwei Stege aus Plastik, die als Führungen für die Klickverschlüsse dienen, für viel Stabilität und einen guten Sitz. Die seitlichen Stockhalterungen sind simpel, funktionieren aber einwandfrei. Das verwendeten Material sind eher schwer, machen dafür aber auch einen robusten Eindruck. In der Front gibt es eine gut erreichbare Reißverschluss-Tasche für das Smartphone oder den Schlüssel. Insgesamt ist Osprey mit dieser Weste ein sehr solides Debüt gelungen. Die Version für Frauen nennt sich Dyna 1,5. Insgesamt gibt es von dieser Serie zwei weitere Rucksäcke plus einen Belt.
Alternative
Der Duro 6 ist die nächstgrößere Version des Duro 1,5. Der Unterschied beschränkt sich fast nur auf den Stauraum.
PRAXISTEST Laufrucksäcke ›› ULTIMATE DIRECTION RACE VEST 6.0
119,95 Euro
Die nunmehr sechste Version der Race Vest trägt einige Verbesserung mit sich und begleitete das Team Trail Magazin zuverlässig durch acht Etappen des Transalpine Run. Dabei fasste das Hauptfach lässig alle Ausrüstungsteile, wie Erste-Hilfe-Set, Regenbekleidung und trockene Baselayer. Auch die Passform und die in der Front angebrachten Flasktaschen lassen keine Wünsche übrig. Die Flask gleiten sanft in die Öffnung und lassen sich ebenso gut fest fixieren. Seitenfächer fassen Gels, Riegel, Brille und mehr. Besonders positiv fällt uns das gesamte Verschlusssystem auf, das sich im Klickverfahren schliessen und öffnen lässt. Individuelle Anpassungen klappen schnell und effektiv. Einzig die neue Stockhalterung, über eine Schlaufenlösung hat uns nicht überzeugt - hier haben wir mit einem zusätzlichen Belt eine Zusatzoption gefunden. Die Race Vest 6.0 ist robust, leicht, lässt sich rasch von Hand auswaschen und ist der TopTipp für Ultratrail und Trainingsalltag.
Alternative
Die Ultra Vest5.0 bietet deutlich mehr Platz, hat ein verschlossenes Hauptfach und fasst mehr Ausrüstung. Das Update fürs Commuting.
›› MONTANE GECKO VP5+
125,00 Euro
Wir nehmen es vorweg: Das ist unser Testsieger dieses Tests. Hier stimmt einfach alles. Hochwertige Materialien und eine clevere Konstruktion sorgen für einen perfekten Sitz und angenehmen Tragekomfort. Die breite Bauchlasche mit Klettverschluss sorgt dafür, dass wirklich nichts wackelt. Der Stauraum in der Front scheint unbegrenzt. Neben den Taschen für die Softflasks gibt es zwei tiefe Reißverschlusstaschen und weitere kleine Stretchtaschen für Verpflegung, Multitücher und sonstiges. Der Rücken ist zweigeteilt. Oben ein kleines Fach, an das man auch während des Laufens gut herankommt. Unten ein Reißverschlussfach, dass in Richtung Rücken mit wasserfestem Material abgedichtet ist, sodass hier nichts nass und schweißig wird. Klasse! An der Außenseite ist ein Gummiband angebracht, welches den Stauraum dieser Weste nochmal erweitert. Ein kleiner Schlafsack festgespannt und die Racevest mutiert zum Tourenrucksack. Die Briten von Montane überzeugen mit der Gecko VP5+ auf ganzer Linie.
Alternative
Die Gecko-Serie gibt es in 5 verschiedenen Größen. Wer noch mehr Stauraum braucht, greift beispielsweise zur Gecko VP12+ oder VP20+
›› SCOTT TRAIL RCULTIMATE TR5'
149,00 Euro
Diese Weste ist die mit Abstand leichteste Rückenbegleitung in diesem Test. Scott arbeitet hier mit super minimalem Stoff aus dem im Prinzip die ganze Weste gefertigt ist. Geschlossen wird sie in der Front über einen Reißverschluss, was gut funktioniert, aber Geschmackssache ist. Über mangelnde Atmungsaktivät braucht man sich allerdings keine Sorgen machen, da der Stoff sehr dünn und luftdurchlässig ist. Die Weste wird mit zwei Soft-Flasks geliefert, welche dank ihrer ergonomischen Form superschnell in den jeweiligen Taschen verstaut sind. Durch die minimale Bauweise wippen sie beim Laufen allerdings mehr hoch und runter als bei robuster gebauten Konkurrenzmodellen. Die Weste sitzt insgesamt außerordentlich hoch. Stauraum ist ausreichend vorhanden und clever verteilt. Seitlich kann über zwei Riemen die Weste enger an den Körper angepasst werden. Die Trail RC Ultimate TR’5 ist ein Kauftipp für alle Lightweight-Freaks, die bei Wettkämpfen auf jedes Gramm schauen.
Alternative
Die Trail RC TR10' bietet deutlich mehr Stauraum und ein klassisches Verschluss-System in der Front. Die minimale Haptik bleibt gleich.
›› CAMELBAK CIRCUIT RUN VEST
84,99 Euro
Camelbak bleiben dran am Thema Trinkblase. Wir dachten ja eigentlich zumindest im Trailrunning hat sich dieses Konzept so langsam aufgrund geringer Praktikabilität verabschiedet. Aber wie so vieles, bleibt das wohl Geschmackssache und so wird es wohl auch im Jahr 2022 noch Liebhaber des Trinkschlauchs geben. Camelbak bedienen dieses Klientel und präsentierten beim UTMB ein neues innovatives Trinkblasensystem. Auch die Circuit Vest kommt mit Trinkblase. Man kann sie aber auch mit Soft Flasks verwenden. Dann bleibt allerdings in der Front nicht mehr viel Stauraum für weiteres übrig. Insgesamt ist der Stauraum dieser Weste eher begrenzt. Durch die Gurtkonstruktionen gibt es seitlich keinen Platz für Taschen. Hinten gibt es nur das eine Hauptfach. Was Sitz und Materialien angeht, macht dieses Modell allerdings eine gute Figur. Obwohl es die Weste nur in einer Größe zu kaufen gibt, lässt sie sich sehr gut an jeden Oberkörper anpassen. Die Materialien sind leicht und bequem. 2023 wird es ein Update der Weste geben.
Alternative
Die Ultra Pro bietet eher das klassische Trailrunning-Westen-Erlebnis und macht bis zum langen Ultratrail eine gute Figur.
Foto: Hendrik Auf´mkolk
Top-Ultratrailrunner Hannes Namberger läuft ein Race-Vest von Dynafit mit "Köcher-Lösung" für seine Faltstöcke.
HINTERGRUND So läuft unser Sport Wie ist unser Sport organisiert?
Text: BENNI BUBLAK
Was das Maultier in der Tierwelt ist, ist das Trailrunning im Sport. Esel oder Pferd? Berglauf, Ultralauf oder alpiner Bergsport? Wie das Muli tut sich dieser Sport schwer mit seiner Identität. Zu facettenreich ist das Trailrunning, ein Sport der sich entfaltet, irgendwo zwischen einem 6 Kilometer Berglauf und einem 300 Kilometer AdventureMarsch, zwischen einem Küsten-Landschafts-Ultra und einem hoch-alpinen Skyrace bis auf 4000 Meter Höhe, ja sogar zwischen den Fortbewegungsarten Laufen, Wandern und Klettern. Dementsprechend divers gestaltet sich auch die Organisationsstruktur unseres Sports. Einen zentralen Dachverband, der Lizenzen vergibt und Weltcups organisiert? Gibt es im Trailrunning nicht. Vergleichen kann man die Ausgangssituation vielleicht am ehesten mit den Sportarten Triathlon oder Mountainbiken. Ebenfalls Ausdauersportarten und Hybride aus mehreren Bewegungsformen. Beide haben in den letzten Jahrzehnten zu einer gewissen Struktur gefunden und sind nun olympisch. Triathlon hat mit der Internationalen Triathlon Union (ITU) einen eigenen Verband gegründet, der Mountainbikesport sich im Jahr 1990 dem Weltradsportverband (UCI) angeschlossen. Im Triathlon gibt es mit der Ironman World Championship auf Hawaii einen Wettkampf, der erstens älter ist als die ITU, zweitens unabhängig von ihr ausgerichtet wird und drittens deutlich mehr Aufmerksamkeit erhält, als die vom Verband ausgerichteten Meisterschaften. Ähnlich verhält es sich mit der Tour de France im klassischen Radsport. Dennoch gibt es zwischen den von privaten und kommerziellen Unternehmen organisierten Veranstaltungen (A.S.O. - Tour de France, W.T.C. - Ironman) und den jeweiligen Verbänden eine gewisse Kommunikation und gegenseitige Anerkennung. Im Trailrunning ist das noch anders. Hier haben wir etliche unterschiedliche Player, die nebeneinander existieren und um steigende, aber letztendlich begrenzte, Aufmerksamkeit ringen. Ein Großteil dieser Aufmerksamkeit beanspruchen auch im Trailrunning große, von privaten Unternehmen organisierte, Veranstaltungen (UTMB, Golden Trail Series, Skyrunner World Series). Daneben gibt es mehrere Verbände (ITRA, WMRA, WA, IAU, ISF), die mitreden wollen. Diesen mangelt es aber entweder an gestärkten Strukturen und der nötigen Anerkennung oder aber Trailrunning ist für sie eben nur eine kleine Randsportart von Vielen. Immerhin haben sie nun zusammen gefunden, um eine gemeinsame Weltmeisterschaft auszurichten, welche dieses Jahr erstmalig in Thailand stattfinden wird. Kurzum: Es ist kompliziert. Ob diese Vielfalt und wilde Unordnung vielleicht sogar garnicht so schlecht ist für den Sport oder ob wir ein zentraleres und einfacheres Gefüge bräuchten, ist eine spannende Frage, welche in diesem Artikel aber nicht beantwortet oder diskutiert werden soll. Stattdessen wollen wir eine kurze Übersicht geben, wie unser Sport Trailrunning aktuell organisiert ist und welche Player in welcher Form maßgeblich daran beteiligt sind.
Es ist kompliziert. Verbände, Rennserien, UTMB... Wer hat in unserem Sport welche Funktion? Höchste Zeit, dass wir uns der Sache annehmen und umfassend erklären, wie der Sport Trailrunning organisiert ist.
ITRA
Am 3. September 2012 fand die erste internationale Trailrunningkonferenz in Courmayeur statt. Sie zählte 150 Teilnehmer (Laufveranstalter, Hersteller, Journalisten, Verbandsfunktionäre, Trainer und Spitzensportler) aus 18 verschiedenen Nationen. Die Ergebnisse dieser Konferenz ermöglichten die Gründung der International Trailrunning Association im Juli 2013. Ziele der ITRA waren unter anderem eine einheitliche Definition der Sportart Trailrunning zu liefern, die Entwicklung eines Gesundheits-Regelwerks, um Doping zu unterbinden und die Gesundheit der Sportler zu fördern, sowie die Ausarbeitung eines international einheitlichen Ranking Systems. Letzteres mündete im Konzept des ITRA Performance Index, einem Punktesystem für Trailrunner, für welches die ITRA vorrangig bekannt ist. Wie dieser funktioniert erklären wir gesondert. Erster Präsident der ITRA, und für die nächsten 7 Jahre im Amt, war Michel Poletti (Foto oben rechts). Gleichzeitig Kopf der UTMB Group und damit in einer delikaten Doppelrolle. Im Jahr 2015 wurde Trailrunning, auf Initiative der ITRA, vom internationalen Leichtathletikverband, dem IAAF (heute WA), als eigenständige Disziplin anerkannt. Ab 2016 beteiligte sich die ITRA an der jährlich von der IAU organisierten Ultratrail Weltmeisterschaft. Im Jahr 2020 trat Michel Poletti, offiziell aus persönlichen Gründen, als Präsident der ITRA zurück. Was folgte war eine Neuorientierung der ITRA, die sich versuchte fortan unabhängiger vom UTMB zu organisieren. Präsident war für ein Jahr der Amerikaner Bob Crowley. Seit September 2021 ist Janet Ng (Foto oben links), Renndirektorin des Hongkong 100 und die Vorsitzende des nationalen Trailrunning Verbandes in Hongkong. Präsidentin der ITRA. Eine Zusammenarbeit mit der UTMB Group ist derzeit nicht ersichtlich. Stattdessen verließ der Erfinder des ITRA Performance Index, Didier Curdy, zusammen mit den Polettis die ITRA und etablierte ein eigenes, aber nahezu identisch funktionierendes Punktesystem. Dieses nennt sich UTMB Index und ersetzt fortan den ITRA Performance Index als Basis für den Zugang zum Startplatz in Chamonix. Zusammen mit der IAU und der WMRA und unter der Schirmherrschaft der WA veranstaltet die ITRA Ende November die erste „World Mountain and Trailrunning Championship“ in Thailand. Der erste UTMB fand 2003 statt. Schon im Jahr 2006 überstieg die Anzahl der Interessenten die 2.300 verfügbaren Plätze deutlich. Ein Losverfahren wurde eingeführt und mit dem CCC ein zweites Rennen etabliert. Später kamen mit dem TDS (2009) und dem OCC (2014) noch weitere Distanzen hinzu. Organisiert wird das Event federführend von der UTMB Group, dessen Präsidentin die Französin Catherine Poletti ist. Auch ihr Mann Michel gehört der Geschäftsführung an. Unterstützt wird das Unternehmen vom Verein Trailers du Mont Blanc, der sich um die Akquirierung der vielen Freiwilligen sowie um die Umsetzung der Veranstaltung in den drei beteiligten Ländern kümmert. 2021 ging die UTMB Group mit der aus dem Triathlon-Sport bekannten Ironman Group eine sogenannte strategische Partnerschaft ein. Gemeinsam wurde die UTMB World Series ins Leben gerufen. Diese Serie ersetzt seit diesem Jahr die Ultra Trail World Tour und besteht aus 25 weltweiten Events, dessen Finale der UTMB selbst ist. Der diesjährige UTMB, über den wir in diesem Heft ausführlich berichten, stellte damit einen neuen Höhepunkt in der fast 20-jährigen Geschichte des Events dar. Zusammen mit dem neuen Hauptsponsor Hoka präsentierte sich das Mega-Event noch einmal pompöser und professioneller. Viele namhafte Trailrunning Events wie der Lavaredo Ultratrail, der Eiger Ultratrail, der Transvulcania und einige mehr gehören nun nicht nur zur UTMB World Series, sondern bekamen auch das Branding „by UTMB“ verpasst. Was nicht weniger heißt, als dass sie von der UTMB Group aufgekauft wurden. Mit der Etablierung der UTMB World Series manifestierten die UTMB-Organisatoren aus Chamonix ihr ohnehin schon hohes Standing innerhalb der Trailrunning Szene, sodass man sie wohl als die einflussreichsten Akteure des Sports bezeichnen muss.
Golden Trail Series
2018 wurde die Golden Trail Series durch die Firma Salomon, den Marktführer im Bereich Trailrunning, ins Leben gerufen. Deren Marketing
Manager Greg Vollet gilt als Kopf und Initiator dieser internationalen Rennserie, welche die ikonischsten Trailrennen bis zur Marathondistanz vereint: Darunter Zegama, der Marathon du Mont
Blanc und Sierre Zinal. Das große Finale findet jedes Jahr an einem anderen, meistens eher exotischem, Ort der Welt statt. Wer sich über Top-Platzierungen qualifiziert, wird zum Finale eingeladen. Hier gibt es die Chance Preisgelder zu gewinnen. Alleinstellungsmerkmal der GTWS ist die professionelle mediale Aufbereitung der
Events. Die Zuschauer zu Hause erfahren über die Highlight Videos nicht nur alles über den
Rennverlauf, sondern auch viele Hintergrundinformationen und persönliche Einblicke in das Leben der Elite-Athlet:innen.
Seit 2019 gibt es auch viele nationale Golden
Trail Serien, welche die besten Rennen in geographisch nahegelegenen Ländern zusammenfassen. Im DACH Raum sind dies unter anderem der Zugspitz Basetrail, der Mayrhofen Ultraks und der Zermatt Marathon. Auch über die nationalen Serien kann man sich für das große Finale qualifizieren, welches dieses Jahr auf Madeira stattfinden wird (wir berichten in der kommenden Ausgabe). Mit ihrer Konzentrierung auf die kürzeren und besonders angesehenen Trail-Events ist die Golden Trail Series innerhalb weniger Jahre zu einem festen Bestandteil des Sports geworden und lockt, neben der UTMB World Series, die besten Trailrunning Athlet:innen der Welt an.
Skyrunning: SWS, ISF und GSF
Der Vater des Skyrunning ist der Italiener Marino Giacometti. Schon in den frühen 90ern veranstaltete er mit Sponsor Fila erste Skyraces. Diese waren sehr wild und ausgesetzt und führten auf Gipfel weit über 4000 Meter Höhe. 1995 gründete er die Federation Sport of Altitude, die später in International Skyrunning Federation umgetauft wurde. Die ISF ist nicht unter dem internationalen Leichtathletik Verband aufgehängt, sondern unter der UIAA, der internationalen Climbing and Mountaineering Federation. Ab 2003 organisierte die ISF jedes Jahr die Skyrunner World Series, welche damit wohl die älteste noch existierende Trailrunning Serie sein dürfte. Im Laufe der Jahre gab es viele Änderungen am Konzept dieser Serie. Die teilnehmenden Rennen waren immer sehr hochkarätig, variierten aber im Laufe der Jahre relativ stark: Darunter Läufe wie das Limone Skyrace, Pikes Peak, Zegama, Sierre Zinal, Dolomites Skyrace, Marathon du Mont Blanc oder Transvulcania– um nur einige wenige zu nennen. Über viele Jahre zog die Serie die weltweit besten Trail- und Skyrunner an. Erst in den letzten Jahren, als die Konkurrenz durch neue Serienformate (vor allem der Golden Trail Serie, die sich ebenfalls auf die kürzeren Distanzen konzentrierte) größer wurde, verlor die SWS etwas an Renommee. In den letzten Jahren schärfte sie ihr Profil und konzentrierte sich auf die wirklich technisch anspruchsvollen Rennen, um sich von den anderen Serien abzugrenzen. Seit 2016 wird die SWS nicht mehr von der ISF, sondern von der Schweizer Aktiengesellschaft Skyman SA, organisiert. Die ISF organisiert aber weiterhin jährlich die Skyrunning Welt- und Europameisterschaften, die SkySnow Weltmeisterschaft und die Skyrunning Youth Weltmeisterschaft. An diesen Meisterschaften nehmen dieses Jahr erstmalig auch deutsche Delegationen teil. Dies wurde durch die Gründung der German Skyrunning Federation (GSF) durch Marcel Höche und Wendall Lorenzen ermöglicht. Die Aufhängung dieses Verbandes unter dem Dach des Deutschen Alpenvereins steht noch aus.
Ultrarunning: IAU und DUV
Die Deutsche Ultramarathon Vereinigung existiert schon seit ihrer Gründung 1985 in Rodenbach (bei Hanau). Neben vielen anderen Meisterschaften (100 Kilometer, 24h Lauf etc.) organisiert sie schon seit 2001 Deutsche Meisterschaften im Ultratrail (am Anfang noch unter dem Namen Cross- und Landschaftslauf). Der weltweite Dachverband ist die International Ultrarunning Association (IAU). Die IAU Trail World Championships finden schon seit 2007 statt. Stärkste Platzierungen deutscher Athleten waren ein dritter Platz von Matthias Dippacher im Jahr 2009 und ein zweiter Platz von Florian Neuschwander im Jahr 2011. Seit 2016 beteiligte sich die ITRA an diesen Weltmeisterschaften. In diesem Jahr geht diese Weltmeisterschaft in der Trail- and Mountainrunning World Championship auf, welche erstmalig unter dem Dach der drei Verbände IAU, ITRA und WMRA stattfindet.
WMRA
Die World Mountain Running Association ist der internationale Verband für Berglauf und existiert schon seit 1984. Seitdem finden auch regelmäßig Weltmeisterschaften im Berglauf statt. Am Anfang firmierten diese noch unter dem Slogan World Trophy, seit der Anerkennung durch die IAAF im Jahr 2008 aber als offizielle Weltmeisterschaften. Ab 2004 gab es auch Weltmeisterschaften über die Langdistanz. Einziger Deutscher Sieger dieser Distanz war Helmut Schießl im Jahr 2005. In diesem Jahr gehen sowohl die Kurz- als auch die Langdistanz Weltmeisterschaft in der World Trail- and Mountainrunning Championship auf, welche erstmalig unter dem Dach der drei Verbände IAU, ITRA und WMRA stattfindet. Einen deutschen Berglauf Verband gibt es nicht. Deutsche Meisterschaften im Berglauf werden aber seit 1985 von der DLV organisiert.
Der ITRA Performance Index hat das Ziel das Level verschiedener Trailrunner über einen Punktewert vergleichbar zu machen. Die theoretisch maximale Punktzahl und damit auch die theoretisch mögliche Maximalleistung wurde bei 1000 Punkten festgelegt. Für jedes Wettkampfresultat, welches bei der ITRA eingereicht wird, bekommt ein jede(r) Trailrunner:in eine Punktzahl zwischen 0 und 1000 zugeschrieben, welche die jeweilige Leistung widerspiegelt. Der sogenannte ITRA Score. Dieser Score wird über einen komplexe Formel errechnet, welche nicht öffentlich bekannt ist. Haupt-Einflußfaktor neben den Streckendaten (Kilome-
Die Österreicher haben einen eigenen Verband für Trail-und Skyrunning. Die Austrian Trail and Skyrunning Association (ASTA) wurde von Thomas Bosnjak, der als Organisator der Events Hochkönigman, Kat100 oder Kaiserkrone Trail bekannt ist, gegründet. Neben der Ausrichtung von nationalen Trail- und Skyrunning Meisterschaften, wurde auch ein Skyrunning Nationalteam formiert, welches an den internationalen Skyrunning Meisterschaften teilnimmt.
ITRA Performance Index
ter, Höhenmeter, Durchschnittshöhe) ist die gelaufene Zeit. Platzierungen spielen keine Rolle. Technischer Anspruch der Strecke sowie Wetter- und Streckenbedingungen werden indirekt über einen Korrektur-Koeffizienten einbezogen. Dieser Koeffizient basiert auf den bisherigen ITRA Scores der teilnehmenden Läufer:innen. Der Performance Index errechnet sich aus dem gewichteten Mittelwert (jüngere Ergebnisse haben höheres Gewicht als weit zurückliegende Ergebnisse) der fünf besten ITRA Scores der letzten 3 Jahre. Außerdem gibt es noch Performance Indices für verschiedene Distanzkategorien. Der Performance Index gibt inzwischen relativ zuverlässig die Leistungsfähigkeit einzelner Athlet:innen wieder. Während der Performance Index kurz nach seiner Einführung von vielen Trailrunner:innen noch belächelt wurde (Tenor: „Trailrunning braucht keine Punkte“), ist er inzwischen fast nicht mehr wegzudenken aus der Szene. Leider wurde es mit der Einführung des UTMB Index nicht übersichtlicher, da es nun zwei statt ein einheitliches Punktesystem gibt. Beide Systeme funktionieren aber ähnlich, was nicht verwundert, steckt doch mit Didier Curdy der gleiche Kopf dahinter. Kleine Abweichungen gibt es aber dennoch.
IDA Ida ist das junge Gesicht eines an Popularität gewinnenden Sports. Wir wollten wissen, wer die Norddeutsche mit den vielen Followern wirklich ist und haben sie in ihrer Wahlheimat Innsbruck besucht.
Trailrunning kennt keine Stars! Zumindest nahm ich das bis vor kurzem noch an. Wir haben in der Vergangenheit einige Elite-Trailrunner:innen porträtiert. Ein intimes Unterfangen: Ein Besuch daheim, meist ein gemeinsamer Lauf, begleitet von einem langen Gespräch. Am Ende aber haben wir immer ein ganz gutes Bild davon, wer dieser Athlet, diese Athletin….nein, wer dieser Mensch ist. Anders wäre so ein Porträt auch nicht möglich. Denn abgesehen von ihrem Auftritt in diesem kleinen Fachmagazin, hielt sich die mediale Präsenz von Top-Trailrunnern, die beispielsweise den TAR oder den ZUT gewonnen hatten, bisher eher in Grenzen. September 2022. Ich fahre nach Innsbruck. Dort wohnt Ida-Sophie Hegemann. Über mangelnde mediale Präsenz kann sie sich kaum beschweren. Ich hätte etliche Podcasts konsumieren können, um mich auf dieses Gespräch vorzubereiten. Oder Texte in Lauf-Zeitschriften, die seit neuestem prall gefüllt sind mit Trailrunning. Überall hätte ich viel über die junge The North Face Athletin aus Duderstadt erfahren. Ich habe es aber lieber gelassen. Und so schlage ich vergleichsweise unvoreingenommen bei Ida auf. Direkt an der Nordkette und trotzdem nur wenige 100 Meter vom Uni-Campus entfernt, wohnt Ida perfekt, um die zwei großen Pole ihres derzeitigen Lebens zu vereinen. Denn wer von außen den Eindruck hegte, Ida sei Vollzeit-Trailrunnerin, die ihren Tag nur mit Training, Massage und Fotoshootings füllt, der irrt gewaltig. „Mein Leben in den letzten zwei Jahren bestand eigentlich nur aus Training, studieren, essen und schlafen.“ Berichtet die Architektur Studentin, die kürzlich ihren Bachelor in Rekord-verdächtigen zwei Jahren durchzog.
Doch von vorn: Ida und ich laufen los. Es geht gleich steil eine Asphaltstraße hinauf. Nordkette eben. „Ich bin sehr behütet aufgewachsen“ berichtet mir die 25 Jahre junge Läuferin. Im Eichsfeld, der wohl katholischsten Region Deutschlands, verbringt sie als älteste von fünf Geschwistern und Tochter eines Kriminalhauptkommissars ihre Kindheit. Natürlich ist sie Messdienerin, verbringt aber schon in frühen Jahren viel Zeit mit Sport: Tennis, Fußball…Doch dass da ein großes Lauftalent in dem jungen Mädchen schlummert, bemerkt bald nicht nur sie selbst. Schnell aber ist die Trainingsbegleitung im heimischen Leichtathletik Verein zu langsam. Mit erst 14 Jahren bekommt Ida die Chance nach Hannover ins Internat zu ziehen und in einem DLV Förderstützpunkt zu trainieren. „Meine Eltern waren dagegen, aber ich wollte das unbedingt.“ Zu Beginn läuft alles super. Ida kämpft zwar mit den kurzen Distanzen und den schnellen Trainingspartnerinnen, macht aber schnell Fortschritte. Irgendwann kommen die Verletzungen. Mit mehreren Ermüdungsbrüchen und einer langwierigen Erkrankung mit Pfeifferschem-Drüsenfieber muss Ida schon in jungen Jahren umgehen lernen. „Ich bin teilweise so viele Kilometer beim Aquajoggen gewesen, wie andere in einer normalen Trainingswoche laufen.“ Auch sonst unterschied sich ihr Leben fundamental von dem anderer Heranwachsender: „Das war schon alles sehr streng reguliert. Ich habe nie Alkohol getrunken, bin nie ausgegangen. Das gab es einfach nicht. Auch der Leistungsdruck ist enorm gewesen. Genauso wie das dadurch bedingte Konkurrenzdenken untereinander. Wenn du mich heute fragst, bin ich kein großer Freund dieser Kaderstrukturen mehr“, berichtet sie uns. Während dieser schwierigen Verletzungsphase entscheidet Ida mit dem Leistungssport aufzuhören. Aber nicht sofort. Denn schließlich ist ihr Abiturplatz mit der Sportförderstelle
SOPHIE
Ida-Sophie bei ihrem FKT-Run auf dem Dolorama Höhenweg.
›› Steckbrief
Alter: 25 Jahre Sponsor: The North Face Heimatort: Duderstadt Wohnort: Innsbruck
Erfolge: 1. Platz Zugspitz Basetrail 2018 1. Platz Mont Blanc Marathon (U23) 1. Platz 4 Trails 2019 1. Platz Transalpine Run 2019, 2021 und 2022 1. Platz Innsbruck Alpine K110 2022
Fastest Known Times Stubaier Höhenweg 19:16h Dolorama Weg 07:13h
Ziele: Teilnahme Trailrunning Weltmeisterschaft Top 3 beim UTMB
verknüpft. So trainiert Ida erstmal weiter. Erst im Pool, später wieder auf Bahn und Straße. Um sich dem Stress des Bahnlaufens zu entziehen, („Wenn ich diese 5000 Meter gelaufen bin, wusste ich schon nach der ersten Runde meine Endzeit“) meldet sie sich bei einem heimischen Berglauf an und gewinnt sofort. Ein Gore Mitarbeiter meint beim Transalpine Run suche man noch talentierte Gastläufer. Ida ist dabei und soll mit einer weiteren Nachwuchsläuferin erste Trailrunning Luft bei der bekannten Alpenüberquerung schnuppern. Als diese verletzt passen muss, springt kurzfristig Kein Geringerer als Philipp Reiter ein. Und so steht sie am Ende ihres ersten richtigen Trailwettkampfs vor dem Angebot, für das Salomon Trailteam zu laufen. „Von da an, war es eigentlich um mich geschehen“ schließt die sympathische Läuferin ihre Erzählung.
„Ich war eigentlich schon immer Langstrecklerin. Schon damals haben mir die langen Dauerläufe immer am meisten Spaß gemacht“, sagt die inzwischen zur Ultraläuferin herangewachsene Ida heute. Eigentlich sollten die 60 Kilometer beim Istrien100 Anfang des Jahres ihr erster Ultra werden. Nach einem unglücklichen Sturz muss sie das Rennen beenden und entscheidet sich ein paar Wochen später in ihrer neuen Wahl-Heimat, beim Innsbruck Alpine zu starten. Sie weiß, dass ihre Entscheidung, gleich die 110 Kilometer lange Hauptdistanz anzugreifen nicht überall auf Begeisterung stoßen wird: „Ich habe sofort meine Mama angerufen und ihr gesagt, dass sie Papa bitte möglichst schonend beibringen soll, dass ich bald 100 Kilometer laufe.“ Doch die langen Dinger scheinen der 25 Jahre jungen Läuferin zu liegen. Trotz Magenproblemen siegt sie in phänomenalen 12 Stunden und 40 Minuten. Sie komplettiert damit eine Reihe an Erfolgen in ihrer noch jungen Trailrunning Karriere. Darunter Siege beim ZUT 2018, beim Transalpine Run 2019 sowie beim Marathon du Mt. Blanc (U23). Schade, dass sie diese nicht auch noch mit einem starken Finish beim größten Event dieses Sports krönen konnte. Beim diesjährigen CCC in Chamonix läuft Ida im Anstieg hinter einem männlichen Mitläufer. Dieser entscheidet sich aufgrund des einsetzenden Regens seine Jacke anzuziehen. Die folgende ungelenke Bewegung resultiert darin, dass Ida zwei spitze Stockenden in ihrer Nase wiederfindet. Ida versucht es noch einige Zeit, muss aber irgendwann einsehen, dass es mit einer nicht zu stoppenden Nasenblutung keinen Sinn mehr macht. Ein DNF das weh tut. „Aber vielleicht sollte es so sein.“ fügt die North Face Athletin gleich hinzu. Denn schließlich wird sie kurz darauf gefragt, ob sie beim Transalpine Run kurzfristig für den verletzten Florian Reichert einspringen will. Zusammen mit Partner Sebastian Hallmann gewinnt sie eine Woche später zum dritten Mal die große Alpenüberquerung. Ein Happy End.
Ihren Trainingsalltag gestaltet Ida möglichst flexibel und derzeit als Autodidaktin. Die junge Athletin hatte schon mehrere Trainer. Anfang des Jahres arbeitete sie mit DLV-BerglaufKoordinator Kurt König zusammen. Bei einer Leistungsdiagnostik von Ida anwesend, bietet er ihr, begeistert ob ihres Talents, eine Zusammenarbeit an. Ida lernt in der Folgezeit viel und spricht nur in besten Tönen vom Fachwissen ihres EX-Trainers. Inzwischen hat sie ihr Training wieder allein übernommen.
Auch weil sie ihren eigenen Kopf hat, sich nicht reinreden lässt. Ja vielleicht stimmt es, dass sie viel Potential über die kürzeren Distanzen hätte. Aber vom Kopf her gefallen ihr die langen Distanzen einfach besser: „Ich liebe die Abwechslung, die das lange Laufen mit sich bringt. Man kann sich nie darauf einstellen, was als nächstes vom Körper gefordert wird. Downhill, Flach, Bergauf… Bei den kurzen Distanzen, und gerade beim Berglauf hat man das nicht in dem Maße. Da ist das Konkurrenzdenken auch noch ausgeprägter, vor welchem ich ja vor einiger Zeit zum Trailrunning geflohen bin.“
Es ist nicht so, dass es Ida drauf angelegt hätte, aber allein im letzten Jahr hat sie ihre Followerzahl bei Instagram fast verzwanzigfacht. Mit über 70.000 hat sie inzwischen mehr Follower als beispielsweise Katie Schide, UTMB Siegerin, Team Kollegin und großes Vorbild von Ida. „Das war mir teilweise selber etwas unheimlich. Mein Freund hat immer Videos beim Laufen von mir gemacht, die ich dann als Reels bei Instagram hochgeladen habe. Das hat enorme Resonanz erzeugt. Irgendwann war mein Freund dann aufgeregter als ich und ich hab ihm gesagt: Hey ich will, dass du mich auch mal einfach so beim Laufen begleitest. Ohne dass du mich filmst.“ So schön die gewonnene Popularität auch ist, bringt sie auch Schattenseiten mit sich: „Am Anfang haben mich die ganzen Nachrichten schon fertig gemacht. Ich musste lernen, nicht alles an mich heranzulassen. Inzwischen bin ich nur noch eine halbe Stunde am Morgen und eine halbe am Abend auf Instagram.“ Aber manchmal kommt es dann auch im realen Leben zu sehr merkwürdigen Szenen, wo auch wir als Magazin sagen, das ist neu in diesem Sport: „Beim Transalpine Run gibt es schon Herren, die meinen mit der laufenden Kamera an mir vorbei rennen zu müssen und zu verlauten: Ach einmal vor dir laufen, das war schon immer mein Traum.“
Idas Träume sind da von ganz anderer Qualität. Im Juni nächsten Jahres finden die offiziellen TrailrunningWeltmeisterschaften in ihrer Heimatstadt Innsbruck statt. Natürlich will sie da unbedingt dabei sein. Über die schwere Langdistanz versteht sich. Ida ist schon jetzt das Gesicht dieser Weltmeisterschaft, ist im offiziellen Teaser und auf allen PromotionBildern zu sehen. Ob sie für die WM nominiert wird, ist dennoch ungewiss, berichtet sie etwas besorgt. Am Ende bleibt ihr nur das zu tun, was sie bisher auch getan hat: Sportlich zu überzeugen und zu beweisen, dass kein Weg an ihr vorbei führt. Dann wird er auch in Erfüllung gehen, der große Traum vom WM-Finish vor der Haustür. Ganz sicher wieder dabei, wäre ihr größter Rückhalt und größte Motivationsquelle: Ihre Familie. Was für Emotionen! Die Resonanz im Social Media wäre phänomenal. Ida einmal mehr ein echter Trailrunning Star. Wir könnten uns wohl daran gewöhnen. Für die 25-Jährige selbst wäre dies aber nicht von großer Relevanz. Schließlich ist es vor allem eines, was Ida am Trailrunning besonders liebt: „Diese Community. Ich habe im Rennen schon öfters erlebt, dass Mitläufer ihr eigenes Ergebnis hinten an stellten, um andere Läufer:innen zu supporten. Das war eine neue, großartige Erfahrung für mich.“ Wer Star ist oder nicht, ist in diesen Momenten dann komplett egal.
EVENT Western States 100 by UTMBREPORT UTMB 2022 Ein Sport Ein Ort.
Frankreich. Chamonix. Der Ultratrail du Mont Blanc, kurz UTMB. Aus dem wichtigsten und renomiertesten UltratrailWettkampf ist längst ein Megaevent geworden, dem sich einfach niemand mehr entziehen kann.
Text: DENIS WISCHNIEWSKI. BENNI BUBLAK Fotos: ULTRA TRAIL DU MONT BLANC
Der PTL ist die längste Strecke der UTMB-Woche und fast 320 Kilometer lang. Man läuft hier im Team. Chamonix und der Mont Blanc. Das ist neben den Niagara Fällen und dem Mount Fuji in Japan das beliebteste Naturwunder der Welt und einmal im Jahr, immer Ende August, das Epizentrum des Trailrunning-Sports. Man darf sogar so weit gehen und behaupten, dass das was da eine ganze Woche lang in Chamonix passiert das Größte im Laufsport überhaupt ist.
Wie sich der Sport entwickelt, kann man auch, aber vor allem, beim UTMB beobachten. Wie professionell er geworden ist, wie sehr sich die Industrie mit Produkten ins Spiel bringt und wie sich Grenzen über Jahre immer mehr verschoben haben. Ein Ultra über 100 Meilen zu laufen war vor 15 Jahren eine Herkulesaufgabe und heute ein fast logisches Ziel für Trailrunner und ehemalige Marathonis. Bleiben wir aber bei genau diesen 100 Meilen des UTMB, um das Mont Blanc Massiv, durch drei Länder hindurch.
Noch nie war ich so früh und komplett beim UTMB dabei. Dadurch, dass ich selbst den MCC laufe, das erste aller Rennen, bin ich bereits rund eine Woche vor dem Start des Hauptrennens in Chamonix und erlebe hautnah, wie sich dieses Spektakel wellenartig aufbaut. An diesem Wochenende ist zwar schon alles im Ort voll und ganz auf UTMB getrimmt, aber die ganz grosse Masse fehlt noch. Die Expo wird aufgebaut, die Krieger des ultralangen PTL holen schwerbepackt ihre Startnummern und auch ich darf mich als ein Teil des Ganzen fühlen - diesmal vielleicht sogar mehr als sonst, denn dieser 40 Kilometer lange MCC ist ein besonderer Wettkampf, der von der Öffentlichkeit zwar wenig wahrgenommen wird, aber im Inneren der Mega-Organisation sehr wohl viel Beachtung bekommt. Beim MCC starten ausschliesslich Mitarbeiter, Volunteers, Menschen aus der Region und Partner. Ich bin dann wohl Partner. Dass bei aller Relativierung 40 Kilometer mit 2600 Höhenmeter ein echtes "Ding" sind, wird mir an diesem Montag Vormittag schnell klar. Im Hinblick auf allerlei Strecken, die weit über die Marathondistanz reichen, verliert man sich in diesem Umfeld schnell darin zu sagen "ich laufe den kurzen MCC oder OCC". Kurz? Was ist bitte kurz? Am Ende laufe
Lebende Legende: Ludovic Pommeret gewinnt nach dem UTMB 2015 auch den TDS.
ich nach 6 Stunden und 20 Minuten im Ziel ein, durchgebraten von der Sonne auf dem Col de Balme und als 184er. Der MCC ist schon ein wenig mehr als ein Funrun für die Locals und Friends. Jedenfalls hab ich bevor es hier richtig losgeht mein Rennen in der Tasche und das fühlt sich durchaus gut an. Ab jetzt und mit Finisherstatus und einem amtlichen Zielsprint im Herzen von Chamonix, bin ich zu 100% als Reporter unterwegs. Als ein Beobachter.
Der Ort verwandelt sich spätestens ab Dienstag in einen magischen Raum, der eine sonst so digitale Welt in einen realen, anfassbaren Zustand verwandelt. Ludovic Pommeret radelt mit einem alten Stahlrahmen-MTB an mir vorbei - ein ehemaliger UTMB-Sieger, eine lebende Legende des Sports. Uih. Am Mittag treffe ich gar Karl Meltzer zu einem Interview. Der 54-Jährige gewinnt seit 20 Jahren jährlich einen 100-Miler, siegte beim Hardrock 100 und gilt als Erfinder des aktuell erfolgreichsten Trailschuhes. Er wird am Freitag noch einmal beim UTMB starten und, das sei schon verraten, wieder nicht ankommen. Auch so ein US-Amerikaner der sich mit europäischen Trails zwar längst angefreundet hat, aber sich schwer damit tut. Ein anderer US-Trailstar, einer aus der Generation nach Meltzer, läuft nervös und unsicher durch die Gassen von Chamonix. Er heisst Jim Walmsley und will diesen UTMB, diese 100 Meilen unbedingt und endlich gewinnen. Er hat alles, wirklich alles dafür getan. Er ist nach Frankreich gezogen, kennt die Route so gut wie ein local Runner und er macht in alle den Interviews im Vorfeld des Rennens keinen Hehl daraus, dass er hier ist um Platz 1 zu belegen. Nur Platz 1! Sein großer Konkurrent setzt hingegen keinen Fuß in die Stadt. Von Kilian Jornet gibt es nur Instagram-Posts, die ihn in einer Wohnung ausserhalb zeigen und alle Fans mit Fragezeichen zurücklassen. Wird er starten können? Corona hat Spuren hinterlassen. Der Puls zu hoch, die Form zwar gut, aber bis kurz
vor dem Start eine ständige Abwägung der Risiken. Bis sein Arzt grünes Licht gibt. Das Duell wird also Realität.
Zunächst geht es hier aber um andere Wettkämpfe. Der schwere TDS beispielsweise, ein 145 Kilometer langes und technisches Rennen, mit etwas eniger Distanz als das Hauptrennen, aber dafür mit einem Mehr an Höhenmetern. Es wird die ultimative Show eines ins Alter gekommenen Stars der Szene, denn Ludovic Pommeret nimmt seinem Sponsor und Hauptsponsor des UTMB, den ersten Druck von den Schultern und siegt mit einer wiederum lässigen Renneinteilung, die ihn vom zweistelligen Rang bis zum Sieg spült. Spätestens jetzt ist der 46-Jährige Franzose in der noch inoffiziellen Hall of Fame des Sports. Katharina Hartmuth, eine junge Deutsche, die ihren Sport von Zürich aus lebt, wird bei diesem Rennen Dritte Frau und empfiehlt sich so sehr und direkt für die Zukunft und soviele andere Erfolge bei schweren und langen Trails. Ich bin fasziniert vom Auftritt so mancher deutschen Damen. Es wird die UTMB-Week der german girls! Das erste Aufkochen im Zielbereich geschieht beim OCC, der in Orsieres in der Schweiz startet und am Nachmittag die Elite empfängt. Manuel Merillas siegt, Sheila Avilles Castano siegt und der Ort flippt aus. Bereits viele hundert Meter vor der Ziellinie stehen in dichten Reihen die Menschen und applaudieren. All das ein Vorgeschmack auf Freitag, Samstag und Sonntag. Die für Adidas Terrex laufende Kimi Schreiber aus München erwischt einen nahezu perfekten Tag - Rang 11. Auch Daniela Oemus haut alles raus und wird mit Platz 14 inmitten der Weltspitze belohnt. Anna Hahner - mit hohen Erwartungen - am frühen Morgen gestartet, konnte den Lauf nicht so umsetzen wie sie es sich vornahm. Sie wird es noch einmal versuchen. Zwi-
Der UTMB macht vor der Nacht keinen Halt.
Zwei Damen, die beim UTMB 2022 für Furore sorgten und bei ihren Rennen souverän mit Vorsprung siegten: Katie Schide (UTMB) und Sheila Aviles Castano (OCC).
Er läuft wie ein Uhrwerk, siegt mit Streckenrekord und läuft auch dann noch unbeirrt alleine Richtung Ziel nachdem seine Aussenbänder den Boden berühren.
schenpause. Etwas Erholung für alle und so etwas wie ein ganz bewusster Spannungsaufbau in Richtung CCC und UTMB. Die Highlights warten, Chamonix ist nun zu 100% geladen. Die Expo auf dem grossen Platz zwischen Hotel Alpina und dem Sportzentrum, presst tausende Menschen durch ihre Gassen und alles sind die da, alle Marken, die im Sport eine Relevanz haben. Im Gegensatz zu anderen Messen, findet man hier jedoch nicht nur neue Produkte, sondern auch die Athletinnen und Athleten dazu. Am La Sportiva Stand lacht einem Berglaufweltmeister Jono Wyatt entgegen, bei Hoka der Western States Sieger Adam Petermann, Hayden Hawks und Julien Chorier, bei Nnormal der ehemalige CCC-Sieger Tofol Castaner. Wer diesen Sport als Wettkampfsport liebt und verfolgt, bekommt hier erhöhten Puls.
An diesem Nachmittag treffe ich Eva Sperger (Salomon) auf einen Kaffee. Dieser Ultra Trail du Mont Blanc und die Diplom-Psychologin aus München haben eine ganz spezielle Beziehung zueinander entwickelt. Es ist eine Freundschaft, die auf Liebe, Enttäuschung, Verunsicherung und Leidenschaft beruht. Nach zwei DNFs ist Eva wieder am Start und hat nur ein Ziel - ankommen, mit dem was sie kann! Das Beste geben. Ein wenig hat sie eine bestimmte Platzierung aus dem Fokus gelöscht. Und noch einer ist wieder dabei und der will mehr als im Vorjahr und das aus gutem Grund. Hannes Namberger (Dynafit) hat sich seit seiner Top 10 Platzierung 2021 zu einem Top-Favorit entwickelt. Siege beim MIUT und Lavaredo Ultratrail füllten nicht nur sein ITRA Punkte Konto, sondern auch sein Selbstbewusstein. Der Polizist aus Ruhploding spielt jetzt ganz vorne mit.
Freitag 9.00 Uhr. Courmayeur. Italien. Hier startet der CCC, diese unfassbar schnellen 100 Kilometer mit rund 6000 Höhenmetern. Da steht auch einer unter den 2100 Teilnehmern, der unbedingt sein 100 Kilometer Premiere feiern möchte. Nicht bei sich im Taunus, nicht an der Zugspitze, sondern nur hier! Benjamin Fuchs ist mit seiner ganzen Familie hier, mit Frau und Kind. Seit Tagen beobachtet er das Treiben aus dem Garten der Ferienwohnung heraus und nun geht es für ihn los. Benni am Start mit Petter Engdahl und Jonathan Albon. Vorweg: Der Mann der im Taunus trainiert, kommt natürlich an. Rang 248 und für 15 Stunden und 48 Minuten inmitten eines bewegten Traumes! Gewinnen tun andere - bespielsweise Petter Engdahl (Adidas Terrex), der für das erste massive Ausrufezeichen der Woche sorgt. Er läuft wie ein Uhrwerk, siegt mit Streckenrekord und läuft auch dann noch unbeirrt alleine Richtung Ziel als seine Aussenbänder längst Bodenkontakt hatten. Bei den Damen siegt Blondine L´Hirondel, aber eine andere junge Frau treibt mir die Freudentränen in die Augen, die längst müde sind, aber natürlich keinen Schlaf finden können. Rosanna Buchauer (Dynafit) wird bei diesem irrsinnig hochbesetzten Wettkampf Fünfte, läuft Rang um Rang nach vorne und feiert den größten Erfolg ihrer Karriere.
Eigentlich Maschinen: Kilian Jornet siegt vor Matthieu Blanchard und Tom Evans.
OCC, TDS, CCC & UTMB: Die Rennen an der Spitze
UTMB (Ultra Trail du Mont Blanc) Die große Schleife um den großen Berg hatte schon an Spannung aufgenommen, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Startet Kilian oder startet er nicht? Eine Corona Infektion hatte ihn kurzfristig ausgebremst. Am Freitag um 18 Uhr dann die Gewissheit: Kilian steht (mit Maske) an der Startlinie. Neben ihm Jim Walmsley, Hannes Namberger und viele mehr. Doch blicken wir zuerst auf die Frauen. Eine große Favoritin war vor dem Rennen nicht auszumachen. Vielleicht die Vorjahresdritte Mimmi Kotka? Die Weltmeisterin von 2018 Ragna Debats? Oder die TDS Siegerin von 2019 Audrey Tanguy? Schließlich war es die in Frankreich lebende US-Amerikanerin Katie Schide, die das Tempo von Beginn an vorgab. Die The North Face Athletin hatte schon in Courmayeur eine halbe Stunde Vorsprung auf ihre Konkurrenz. Doch es wurde nochmal spannend. Im Anstieg zum Grand Col Ferret schien es, als wenn Katie ihrem hohen Anfangstempo Tribut zollen musste und wurde von der Kanadierin Marianne Hogan überholt. Die Salomon Athletin schien nun die deutlich besseren Karten zu haben. Doch 170 Kilometer sind lang. Katie erholte sich von ihren Magenproblemen und Marianne begann zu humpeln (später stellte sich heraus, dass sie ein Muskelfaserriss erlitt). Nach 23:15h lief Katie Schide als Siegerin des UTMB in Chamonix ein. Über 4 Stunden schneller als bei ihren zwei bisherigen UTMB Finishs. Marianne Hogan sicherte sich über eine Stunde später dank ihres großen Vorsprungs Rang 2. Platz drei ging erneut in die USA: Kaytlyn Gerbin finishte in 25:07h.
Bei den Männern ging es in der Front noch enger zu. Nach der Hälfte des Rennens verließen Kilian und Jim zusammen die große Aid Station in Courmayeur. Im Downhill nach Arnouvaz drehte Walmsley auf und übernahm die Führung. Kilian hatte ein echtes Tief und musste auf dem langen Downhill Stück nach La Fouly sogar Mathieu Blanchard passieren lassen, blieb aber an ihm dran und konnte sich wieder etwas aufrappeln. Im ersten Anstieg nach Champex Lac war es dann Walmsley der das Tempo ganz plötzlich erheblich drosseln musste– Magenprobleme. Blanchard und Kilian überholten ihn und besiegelten das erneute Scheitern der US-Männer beim UTMB. Kilian spielte im Finale seine ganze Erfahrung aus, beobachtete den jungen Franzosen lange Zeit, um zu Beginn des letzten Anstieges zu attackieren und sich seinen vierten UTMB Sieg in Streckenrekord Zeit zu sichern. Bei perfekten Bedingungen blieb auch Blanchard unter der Streckenrekord-Zeit
Da lag er noch an der Spitze (am Ende auf Rang 4): Jim Walmsley.
Am Abend liegt eine unwirkliche Mischung aus Ruhe, Anspannung und Nervosität in den Gassen. Mehr als eine Stunde bis zum Start des UTMB verbleibt, aber alles wirkt als ob jede Sekunde ein Startschuss fallen könnte. Die Elite im vorderen Startblock. Kilian Jornet ist dabei. Jim Walmsley scheint seine Anspannung abgelegt zu haben und Zach Miller tritt hier längst wie ein alter Fuchs auf. Wird er der US-Amerikaner sein, der hier erstmals siegt? Bei den Damen fehlt seine Landsfrau, denn Courtney Dauwalter setzt aus und macht den
und sicherte sich phänomenal Platz zwei. Auf Platz drei lief UTMB Debütant Tom Evans, während Walmsley sich wieder etwas erholen konnte und noch Platz vier sicherte. Zach Miller feierte mit dem fünften Platz ein mehr als gelungenes Comeback nach langer Verletzungspause. Hannes Namberger verletzte sich leider bei einem Sturz am Fuß und musste in Courmayeur aussteigen. Deutsche Top-Platzierungen gab es dieses Jahr daher nur bei den Damen. Eva Sperger krönt ihre Karriere mit dem 10. Platz.
CCC (Courmayeur, Champex, Chamonix) Petter Engdahl und Blandine L`hirondel sind die Namen dieses 100ers von Courmayeur nach Chamonix. Beide liefern eine Riesenshow ab und feiern unangefochtene Start/Ziel Siege in Streckenrekord-Zeit. Der Schwede Engdahl bleibt dabei sogar unter der magischen 10 Stunden Marke. Der vor dem Rennen favorisierte Jonathan Albon läuft ebenfalls ein bockstarkes Rennen, muss sich angesichts dieser Ausnahmeleistung aber mit Rang zwei begnügen. Der Südtiroler Florian Reiterer freut sich über Platz drei. Die große Überraschung des Rennens ist wohl die Nepalesin Sunmaya Budha, die im zweiten Abschnitt sogar Zeit auf die führende Französin gut machte und mit nur 5 Minuten Rückstand Platz zwei belegte. Terrex Athletin Abby Hall verbesserte ihre Zeit aus dem Vorjahr deutlich, und lief nach dem zweiten Platz im Vorjahr erneut aufs Podium. Sensationell auf Platz 5 läuft nach einem sehr cleveren und konstanten Rennen Rosanna Buchauer.
OCC (Orsieres, Champex, Chamonix) Allie Mc Laughlin lief ihr erstes Trail Rennen in Europa. Die hier noch relativ unbekannte US-Amerikanerin legte ein wahnsinniges Tempo vor und führte lange Zeit deutlich. Erst im letzten Abschnitt brach sie komplett ein und fiel auf Rang 6 zurück. Die Spanierin Sheila Aviles übernahm die Führung und feierte mit dem Sieg ein starkes Comeback nach längerer Verletzung. Nuria Gil sicherte den spanischen Doppelsieg und Dani Moreno (USA) komlettierte das Podium. Das Männer-rennen gestaltete sich sehr dynamisch mit vielen Führungswechseln. In Argentiere vor dem letzten Anstieg hatten sich aber die beiden Spanier Manuel Merillas und Antonio Martinez schon deutlich abgesetzt. Den Zweikampf entschied letztlich der erfahrene Manuel Merillas für sich, der seine technische Stärke voll ausspielte und Martinez im letzten Downhill distanzierte. Dritter wurde Robbie Simpson mit einer etwas langsameren Zeit als bei seinem zweiten Platz im Vorjahr. Benedikt Hoffmann verliert die sicher geglaubte Top Ten Platzierung, weil er am letzten Checkpoint eine halbstündige Zeitstrafe aufgrund von unerlaubtem Support absitzen muss. Kim Schreiber verpasst unfassbar knapp die Top Ten, wird aber starke Elfte. Nur wenige Minuten dahinter läuft Daniele Oemus auf Rang 14. Die im Allgäu lebende Österreicherin Johanna Hiemer platziert sich ebenfalls in den Top 20.
TDS (Sur les Traces des Ducs de Savoie) Der TDS ist einer der großen vier Rennen beim UTMB und hat doch etwas an Renommee eingebüßt, ist er doch nicht Teil der neuen UTMB World Series. Das Feld war zwar nicht vergleichbar mit der Dichte des CCC oder OCC, aber dennoch hochkarätig. Einer der Favoriten: Terrex Athlet Janosch Kowalczyk. Lange Zeit lief er vorne in der Führungsgruppe mit, kämpfte später mit Problemen ohne aber den Anschluss nach vorne komplett zu verlieren, beendete das Rennen aber letztendlich doch vorzeitig. Altmeister Ludovic Pommeret spielte am Ende seine jahrelange Erfahrung aus und siegte souverän mit einer knappen Stunde Vorsprung vor dem Ecuadorianer Joaquin Lopez und dem Franzosen Elias Kadi. Einen weiteren souveränen Start/Ziel Sieg gab es bei den Frauen. Die Italienerin Martina Valmassoi siegt in knapp 23 Stunden. Die in Zürich lebende Deutsche Katharina Hartmuth läuft hinter der Spanierin Claudia Tremps auf Rang 3 und makiert damit das beste deutsche Ergebnis der Chamonix Woche. Die 57-jährige Ildiko Wermnescher wird starke Fünfte.
Was? Hannes ist raus? Gestürzt im Downhill. Er wird es wieder versuchen!
Weg für andere frei. Inmitten der internationalen Stars, erkenne ich natürlich auch Eva und Hannes. Alles ist ruhig. Die letzten Minuten bis zum Start. Chamonix ist proppevoll. Alles hat eine gemeinsame Herzfrequenz.
Es dauert genau 22 Minuten vom Spitzenläufer bis zu den Letzten. Dann atmet Chamonix wieder aus und wartet rund 20 Stunden. Es wird eine lange Nacht vor dem Rechner. Ein irres Rennen an der Spitze und am Ende wundervolle Siege von Katie Schide und Kilian Jornet. Kilian, der erste Mann, der hier in unter 20 Stunden ankommt und dabei Gedanken an eine Aufgabe hatte. Als Jornet am Samstag Nachmittag auf diesen letzten 3000 Metern durch den Ort ins Ziel läuft, erlebe ich eine Stimmung, die ich noch nie erleben durfte. Soviel Freude mit dem besten einer Sportart, soviel Empathie und Energie. Es ist Magie! Eva Sperger wird am späten Abend ankommen und alles einlösen, was sie hat. Rang 10. Eine Lebenstraum geht in Erfüllung!
Ach ja, ich war dann auch dabei als Kilian Jornet das Undenkbare möglich machte und Chamonix immer näher kam und dabei die Uhr noch weit entfernt von der 20-Stunden-Marke war. Es war purer Zauber - wie sich der gesamte Ort für den Sieger aufstellte, dicht an dicht. Als wenn sich viele Tausend Menschen in unfassbarer Vorfreude die Krawatten eng ziehen, den Scheitel mit dem Kamm nachfahren oder den Hemdkragen in Form bringen. Dann kam er. Lief ganz locker durch die Menschenmassen zum Ziel und schrieb Sportgeschichte. Ein Mann. Ein Ort. Ein Moment. Der UTMB wird auch in den kommenden Jahren Geschichten schreiben - ich denke ich bin möglichst lange als Beobachter und Fanboy dabei.
DER DA
ODER
Die großen Hersteller von Trailrunningschuhen haben sich längst mit zahlreichen Modellen für unterschiedliche Anforderungen aufgestellt. Wir verraten die Vorteile im 1 zu 1 der Top-Duelle.
DER DA
Altra Timp 4 302/268 Gramm, 160 Euro vs. Altra Mont Blanc 280/190 Gramm 180 Euro
Unterschiedlicher könnten diese beiden AltraModelle nicht sein. Und doch haben sie ein paar Dinge gemeinsam. Die breite Zehenbox etwa. Und natürlich den flachen Stand, die NullSprengungs-Philosophie. Darüber hinaus sind es die beiden Altra-Modelle, die in dieser Saison auch bisherige Skeptiker der Marke interessiert haben. Doch zu den Unterschieden: Der Timp ist ein Komfortwunder mit einer längst nicht mehr nur weiten und sehr verlässlichen Passform. Ein Allrounder für lange, nicht allzu technische Sachen und ein echter Wohlfühlschuh, dem es, zugegeben, ein wenig an Grip fehlt. Den hat der Mont Blanc dank Unterstützung von Vibram zur Genüge. Es ist das bisher technischste Modell der US-Amerikaner, konkret dosierbar und mit beinahe foliertem Upper – und, bei schmalen Fesseln, einem Manko beim Fersenhalt. Aber dagegen gibt es ja die Variante mit doppeltem Boa-Verschluss. Der Mont Blanc ist etwas konkreter und wie wir finden klasse gedämpft. Er mag durchaus ein höheres Tempo.
Fazit: Racer oder Roller, Lavaredo oder Landschaftslauf, bei Altra sind die Aufgaben klar verteilt. Schuhe nicht nur für Fans der NullSprengungs-Philosophie sind der Mont Blanc wie der Timp.
Adidas Terrex Speed Ultra 240/204 Gramm, 180 Euro vs. Adidas Terrex Agravic Flow 2 320/280 Gramm,140 Euro
Bei Adidas liebt man Kategorisierungen. Nicht nur, dass man mit Terrex ein eigenes Sublabel fürs Trailrunning und überhaupt den Bergsport geschaffen hat, auch die einzelnen Schuhmodelle folgen klaren Benennungen. Speed, das steht fürs Door-to-Trail und für laufbare, dynamische Schuhe, Agravic fürs Alpine, Zupackende. Wir vergleichen also unsere beiden aktuellen Lieblingsmodelle aus dem Terrex-Sortiment und stellen fest: Passt! Denn außer dem zupackenden Continental-Grip und der verlässlichen, nicht mehr nur schmalen Passform haben die Schuhe kaum etwas gemein. Der Speed Ultra, aktuell der Schuh fast aller Terrex-Athlet:innen, gleicht in Laufdynamik und Abrollverhalten beinahe einem Lightweightracer für die Straße, hier tut die Boost-Dämpfung gerade in der Ferse ihren soften Dienst. Der Agravic Flow liegt recht steif und schwer in der Hand und scheint zunächst brachial hart abgestimmt. Im wirklichen Gelände aber spendiert er Vertrauen und einen verlässlichen Tritt. Er will und kann hoch hinaus, stabilisiert und schützt, ein alpiner Trailrunner eben.
Fazit: Eigentlich könnte man sich auch beide kaufen, in die Quere kommen sie sich nie.
Saucony Endorphine Edge 255/221 Gramm, 230 Euro vs. Saucony Peregrine 12 274/235 Gramm, 150 Euro
Von den US-amerikanischen Laufschuhtraditionalisten hat uns Saucony auf den Trails zuletzt am meisten begeistert. Und das auch mit einem, nun ja, traditionellen Schuh: dem Peregrine, inzwischen bereit in seiner zwölften Auflage. Andererseits gibt es da den Endorphine Edge. Einen Carbonracer, unglaublich leicht und doch ein verdammt kompletter Trailschuh, von der mangelnden Resilienz des Obermaterials einmal abgesehen. Dem Endorphine Edge gelingt scheinbar Widersprüchliches. Er macht die Tempolaune und die überzeugenden Rückstellkräfte der Plattentechnologie intuitiv spürbar und bleibt dennoch ein flexibler, die Trails adaptierender Schuh. Klasse gedämpft, aber nie zu weich. Sicher im Stand und dynamisch beim Kurvenräubern. Aber dann zeigt eben der Peregrine, er basiert ebenfalls auf dem reaktiven PWRRun-Foam, dass eine traditionelle Trailschuh-Geometrie noch immer ihre Berechtigung hat. Der flache Stand im Schuh spendiert Sicherheit und konkretes Bodengefühl, man fühlt sich gut (ein-)gepackt. Dynamisch gedämpft ist der Peregrine dabei auch.
Fazit: Der Endorphine Edge macht Laune, der Peregrine aber einen verdammt guten Job.
On Cloudultra 295/245 Gramm, 189 Euro vs. On Cloudvista 280/235 Gramm, 149 Euro
On macht es sich einfach. Der Cloudultra sei, schon dem Namen nach, der Schuh für die langen, auch alpinen Dinger. Der Cloudvista ein Schuh für Einsteiger:innen und fürs Door-ToTrail, die Runden zwischen Stadt und Berg. Wir sehen die Sache komplexer, denn der Cloudvista hat uns viel zu viel Spaß gemacht. Er ist der flexiblere, dynamischere und leichtfüßigere, nein, eben nicht kleine Bruder des Cloudultra. Und vermutlich der bis dato beste Trailschuh der Schweizer. Das dynamisch rollende Speedboard, eine Kunststoffplatte in der Mittelsohle, ist in beiden Schuhen verbaut. Was ihm der Cloudultra voraus hat? Ein Extraportion ermüdungsarme Stabilität und ein wenig mehr Schutz gerade im Vorfiußbereich. Ausgewiesen soft gedämpfte Schuhe, aber das kennen wir ja von On, sind sie beide nicht. Was wir ebenfalls von ON kennen: eine überzeugende Haltbarkeit, auch nach rund 800 gelaufenen Kilometern steht unser Cloudultra noch tadellos da. Wir fühlen, dass das auch dem Cloudvista gelingt.
Fazit: Zwei sehr technisch und tadellos verarbeitete Schuhe, von denen der Cloudvista mehr Spaß macht. Schwerere Läufer:innen und Leute mit dem Wunsch nach mehr Stabilität sollten zum Cloudultra greifen.
Salomon Pulsar Trail 280/238 Gramm 130 Euro vs. Salomon Ultraglide 260/220 Gramm 140 Euro
Wir hätten es uns leicht machen können und den Pulsar Trail mit dem Pulsar Pro vergleichen können. Zwei Schuhe mit der neuen Energy-Plate-Technologie, eine Abwandlung der gerade populären Kunststoffplatten, die sich bei Salomon aber wie die Finger einer Hand aufspreizt und so eine gewisse und auf Trails nötige Flexibilität ermöglicht. Mit dem Pulsar Pro ist so ein tempolauniges, dynamisch-reaktives Leichtgewicht entstanden. Der Pulsar Trail mag es gemütlicher und läuft sich kaum mehr wie ein Schuh mit Plattentechnologie sondern wie ein gutmütiger Trailallrounder. Das drängt den Vergleich zum Ultraglide auf, der ja 2019 mit dem Versprechen gestartet war, ein für Salomon-Verhältnisse überraschend weich gedämpfter Rolleur zu sein. Ja, rollen, und eben nicht rennen, können sie beide. Nur ist der Pulsar noch einmal deutlich komfortabler und weicher ausgelegt und auch in Sitz und Passform entspannter und nicht ganz so präzise.
Fazit: Verlässliche Schuhe mit hinreichend Stabilität für Einsteiger:innen und auch für schwerere Läufer:innen sind beide. Im Alpinen oder auf langen Strecken würden wir den Ultraglide vorziehen.
The North Face Vectiv Flight 265/230 Gramm 200 Euro VS. The North Face Vectiv Infinite 306 Gramm / 270 Gramm 160 Euro
Das Bessere, so heißt es, sei des Guten Feind. Aber man tut dem Vectiv Infinite Unrecht, ihn auf das Fehlen jener Carbon-Platte zu reduzieren, die im 40 Euro teureren Topmodell von The North Face zum Einsatz kommt. Klar, nur der Flight Series darf sich das Siegel „Carbonschuh“ geben. Wir fanden die ebenfalls über die gesamte Sohle gezogene Kunststoffplatte des Infinite im Alltagstest aber sogar angenehmer. Einerseits, weil sie nach einer kurzen Einlaufphase die Fussform und den Laufstil adaptiert. Andererseits, weil der Infinite nicht überdämpft, aber doch merklich gedämpfter ist. Das passt zu seinem Charakter als tempolauniger Rolleur für lange Landschaftsläufe. Der Flight Series läuft sich straffer und direkter. Er ist der merklich schnellere, reaktivere Schuh, fordert dieses Tempo aber auch ein. Beide sind tadellos und sehr schlank und präzise gearbeitet, am Infinite gefiel uns das dünne Kevlar-Upper ausnehmend gut, stabiler, gerade an der Ferse, sitzt aber der Flight Series mit seinem gestrickten Obermaterial.
Fazit: Schnelle, ausdauernde Schuhe fürs (eher) moderate Terrain sind beide. Der Flight Series animiert und fordert, während der Infinite auch das ermüdungsarme Dahinrollen goutiert.
HOKA SPEEDGOAT 5 290/258 Gramm 150 Euro vs. HOKA TEcTON X 240/220 Gramm 210 Euro
Ein wirklich interessantes Duell zwischen einem Klassiker in seiner fünften Saison und einem gänzlich neuentwickelten Schuh mit Carbon-Platte in der Mittelssohle. So unterschiedlich der neue Speedcross 5 und der Tecton X (5 mm Drop) auch sind, so sehr mag man sie doch für ein und das selbe anziehen - für mittlere bis lange Trails, für alpine Trails und irgendwie auch alles was mit Trailrunning zu tun hat. Auf den 8 Etappen des Transalpine Runs nutzte ich den Speedgoat 5 (4 mm Drop) für die ganz langen Etappen und den Tecton X für die eher kürzeren, die dann auch mal vier Stunden lang waren. Beide Modelle überzeugen mich durch ihre enorme Stabilität, durch Dämpfung, die dennoch Kontakt zum Untergrund erlaubt und einem Fit, der in Punkto Bequemlichkeit in Hausschuhnähe zeigt. Durch sein Update wurde der neue Speedgoat mehr "Evo" und rückt damit auch näher an ein Lightweight-Wunder wie den Tecton X, der jedoch agiler und leichter ist sowie weniger Halt bietet.
Fazit: Beide Modelle können lange und technisch anspruchsvoll, doch der Speedgoat 5 vermag mehr Stabilität zu leisten, der Tecton X begeistert durch mehr Vortrieb und Laufdynamik.
HINTERGRUND Pauli Trenkwalder RISIKO RISIKO RISIKO
Text: CLEMENS NIEDENTHAL Foto: THOMAS GRIESBECK
Woran denken wir, wenn wir auf den Trails unterwegs sind? Auch an die Gefahr? Und was ist das, was uns am Riskanten manchmal so reizt? Eine Spurensuche im Grenzgebiet zwischen Selbsterfahrung und Selbstüberschätzung
Am Dienstag, dem 7. Juni dieses Jahres kam es auf dem Heuberggrat bei Hirschegg im Kleinwalsertal zu einem Zwischenfall, der es einzig deshalb nur auf die bunten Seiten der regionalen und überregionalen Presse bringen sollte, weil glücklicherweise dann doch nicht wirklich viel passiert war. Außer einem Hubschraubereinsatz der Bergwacht, Kostenpunkt rund 18.000 Euro. 99 Schüler:innen aus dem Raum Ludwigshafen mussten aus halbhöchster Bergnot gerettet werden. Erschöpft, durchnässt und buchstäblich verstiegen. Was war passiert? Einer der Lehrer hatte zuvor auf dem Routenportal Komoot eine passende Wanderung für die Jugendlichen gefunden. Zweieinhalb Stunden Gehzeit und als „Feierabendrunde“ angepriesen. Nun ahnen wir, und inzwischen weiß das auch der Lehrer: Feierabendrunde ist ein recht dehnbarer Begriff. Tatsächlich war besagte Wanderung in den offiziellen Tourismusprospekten nicht mehr aufgeführt, der Boden sei erodiert, der Pfad teilweise schwer zu finden.
Anruf Im Eisacktal in Südtirol bei Pauli Trenkwalder, Bergführer, Coach und Psychologe. Wie es denn nun bestellt sei, um das Verhältnis von uns Menschen, den Bergen und dem Internet? Und was das alles mit unserem Risikobewusstsein zu tun habe? Nehmen wir die Berge, als Erlebnis- und mehr noch als Erfahrungsraum, vielleicht einfach nicht mehr ernst? „Ich mag das gar nicht gegeneinander ausspielen“, sagt Trenkwalder, „auf der einen Seite erfahrene Alpinist:innen, die vielleicht ein wenig zu lässig mit ihrem Können und ihrem Zutrauen prahlen. Auf der anderen Seite bergunerfahrene Menschen, die gar nicht in der Lage sind zu reflektieren, was die Berge überhaupt sind, die eine Story etwa in den Sozialen Medien finden und sagen: Das will ich auch.“ Problematisch werde es spätestens, wenn sich diese beiden Phänomene gegenseitig verstärken. Wenn die Heldengeschichten der einen, auf den Event- und Experiencehunger der anderen treffen. Wenn also der GoProFilm von Kilian Jornet (nicht jede:r weiß ja, dass der extreme Weitwinkel dieser Actionkameras, eine Gratüberquerung noch einmal todesmutiger ausschauen lässt) in den Sozialen Medien als ein cooles Beispiel dafür gelesen wird, wie lässig doch dieses Trailrunning sei. Das jedenfalls hat auch Pauli Trenkwalder notiert: „Viele nehmen sich heute gar nicht mehr die Zeit, sich auf neue Herausforderungen, auf neue Erfahrungen einzulassen und sich die Zeit dafür zu nehmen. Früher kamen zu uns Bergführern Leute mit wirklicher Erfahrung, um den nächsten Schritt zu wagen. Heute wollen manche von Null auf Viertausend, mindestens. Im nächsten Jahr sind sie dann schon wieder beim nächsten Lifestyle-Trend angekommen.“
Sich spüren müssen Unsere Leidenschaft für die Berge, sagt Philipp Felsch, Kulturphilosoph aus Berlin und als solcher vor einigen Jahren etwa mit einer Ausstellung zur Geschichte des Deutschen Alpenvereins betraut, sei eben immer auch eine Reaktion auf einen zunehmend modernen, abstrakten Alltag gewesen. „Eine Suche nach dem Archaischen, das ein Bürojob nicht mehr bieten kann.“ Vielleicht sei diese Sehnsucht, dieses „Sich spüren müssen“ ja immer noch mit uns unterwegs – wenn vielleicht nicht bewusst, aber unbewusst. Deshalb eine Mail an Jonathan Albon, einem der weltbesten Trail- und Obstaclerunner und etwa Sieger der Glen Coe Skyline, mit dem ich vor rund drei Jahren ein sehr erhellendes Interview über die Unterschiede der
beiden Sportarten, zwischen eben der Glen Coe Skyline und einem Spartan Race geführt habe. Jonathan Albon schreibt mir: „Die Leute hängen bei einem Hindernisrennen an irgendwelchen Seilen, tauchen durch den Schlamm, hangeln sich über vermeintliche Abgründe, erleben den Thrill ihres Lebens … und betreiben letztlich ein aufwendig inszeniertes Spektakel mit Sicherheitsnetz und
„Von Null auf Viertausend“: Bergführer und Psychologe Pauli Trenkwalder
MUSS SEIN
Was eine Kernkompetenz in den Bergen ist? Die Reflexion und der Mut, Nein zu sagen.
doppeltem Boden. Dann laufen sie auf einem Trail nur ein, zwei Meter an einer Stelle vorbei, an der sie schwer, ja sogar tödlich stürzen könnten, und bekommen es vermutlich gar nicht mit.“ Andrea Huser, kreuzsympathische Schweizerin und nicht im Ansatz bekannt dafür, die Risiken ihres Sports und des alpinen Terrains zu unterschätzen, hatte auf einer alltäglichen Trainingsrunde im November 2020 in einem offensichtlich vereisten Bachbett den Halt verloren und war 140 Meter tödlich in die Tiefe gestürzt. „Das solche Unfälle passieren können, egal wie versiert oder wie achtsam wir unterwegs sind“, sagt Pauli Trenkwalder, „ist eine Erkenntnis, die jeder und jede haben sollte, der oder die in den Berge unterwegs ist. Ich glaube aber nicht, dass sich alle die Zeit oder die Muße für diese Erkenntnis nehmen.“ Was also eine Kernkompetenz für den Sport in den Bergen sei? „Die Reflexion und das Selbstbewusstsein, auch Nein sagen zu können.“ Nein, dieses Kletterstück ist mir zu schwer. Nein, dieses Tempo zu hoch. Ja, jetzt ist es an der Zeit für mich umzukehren.
Eine immerhin beruhigende Feststellung: Die auch aufgrund der nicht wegzuredenden Wettereskapaden zunehmend häufigere Entscheidung von Rennveranstaltern, Strecken umzulegen, zu verkürzen oder ein Rennen abzubrechen beziehungsweise ganz abzusagen, wird von den Teilnehmenden vor Ort und in den Sozialen Medien inzwischen entspannt bis verständnisvoll kommentiert. Nicht nur, weil es zuletzt zu einigen tragischen Unfällen kam. So wurde auf dem exponierten Kurs des Südtirol Skyrace 2019 eine norwegische Teilnehmerin tödlich von einem Blitz getroffen – kurz nachdem das Rennen bereits wetterbedingt abgebrochen war. Leider hatte sie die diesbezügliche SMS aber noch nicht gelesen. Mögen Einzelne vielleicht immer noch glauben, diese Gefahren seien ein Teil des Spiels (oder einfach nicht der Rede wert), scheint unsere Community also doch sehr gut aufeinander aufzupassen.
Einmal habe ich mich wissentlich, also willentlich, in Gefahr begeben. Auf dem Pfunderer Höhenweg in Zillertaler Alpen, noch immer einer der schönsten Trails, die ich je gelaufen bin. Ich hatte die Tour von Berlin aus geplant, im Internet. Ich kannte die Gegend. Also grob. Den Pfunderer Höhenweg kannte ich nicht. Also mit dem Nachtzug nach München und weiter mit dem Eurocity. Morgens um 10 Uhr war ich in Brixen und eine Stunde später schon auf den Trails. Am zweiten Tag und nach gut fünfeinhalb Stunden Laufzeit zwänge ich mich durch einen Spalt in den Felsen, die Gaisscharte, und werde mit einem traumhaften Panoramablick belohnt. Vor und auch unter mir, die Edelrauthütte, mein Nachtquartier, es sind allenfalls noch 50, 60 Minuten. Nur: Erst einmal geht es senkrecht hinunter. Eine blanke Wand und einige versetzt angebrachte Tritte, darüber ein Stahlseil, zum Festhalten und vor allem zum Einhaken. Nur habe ich nichts zum Einhaken dabei. Was tun? Umkehren und irgendwann im Stockdunklen wieder die Brixener Hütte erreichen, meine heutige Mittagsrast? Und: Habe ich dafür überhaupt genug Energie? Finde ich noch irgendwo einen Riegel? Was traue ich der halben Schinkensemmel in meinem Trailrucksack zu? Ich habe mich stattdessen auf einen Felsvorsprung gesetzt. Habe drei, vier Minuten ruhig ein und vor allem ausgeatmet. Und mich dann in die Wand gewagt. War letztendlich gar kein Problem. Bis heute bin ich nicht stolz auf diese Aktion.
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