WIRTSCHAFTSSTANDORT SÜDTIROL. EIN LEITFADEN FÜR UNTERNEHMER.

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Dieses Symbol weist auf eine Information oder Regelung hin, die von gesamtstaatlichen Bestimmungen abweicht, die also nur in Südtirol gilt.

Dieses Symbol weist auf eine gesetzliche Änderung oder eine neue Bestimmung hin.

Begriffe, die nur in Südtirol und Italien gebräuchlich sind, sowie italienische oder Südtiroler Ämter und Institutionen werden im Glossar ab S. 66 näher erklärt und beschrieben.


INHALT VORWORT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT Wirtschafts­standort Südtirol .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Auf einen Blick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Südtirol in Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Zukunft Südtirol: Trends und Visionen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Innovation: viel mehr als eine Idee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG Gründung von Unternehmen in Südtirol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Gründung von Unternehmen in Italien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Direkte und indirekte Steuern .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN Unternehmensförderung in Südtirol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS Grundlagen der Finanzierung in Italien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Fremdfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Wissenswertes über Finanzierungen und Kredite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT Der Arbeitsmarkt in Südtirol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Arbeitskräfte in Südtirol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Personalregelungen und Vertragsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 IMMOBILIEN Die beste Lage für Ihr Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 So finden Sie Ihren neuen Standort .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 GLOSSAR. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

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VORWORT Die niedrigsten Steuern Italiens und eine gesunde Wirtschaft. Ein mehr­ sprachiges, unternehmerfreundliches Umfeld mit zielgerichteter Wirtschafts­ förderung, Spitzenleistungen und Innovationskraft. Und die einzigartige geografische Lage zwischen Nord und Süd. All das macht Südtirol zu Italiens Wirtschaftsstandort Nummer 1 und zum idealen Standort für den Einstieg in den italienischen Markt. Mit diesem Leitfaden möchte Ihnen die Business Location Südtirol · Alto Adige (BLS) einen klaren, praktischen Überblick über das Wirtschafts- und Steuer­system Südtirols und Italiens geben, um Sie auf Ihrem Expansionsweg zu unterstützen. Für jegliche Fragen stehen wir gerne zur Verfügung. Das Team der BLS

Kontakt: Business Development T +39 0471 066635 service@bls.info www.bls.info

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01 SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT


01 Wirtschaftsstandort Südtirol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Auf einen Blick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Südtirol in Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Zukunft Südtirol: Trends und Visionen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Innovation: viel mehr als eine Idee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14


01 SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT IMMOBILIEN

WIRTSCHAFTSSTANDORT SÜDTIROL Südtirol ist Italiens nördlichste Provinz und an der Grenze zu Österreich und zur Schweiz gelegen. Es ist Bindeglied zwischen Nord und Süd, Urlaubsland und aufstrebender Wirtschaftsstandort mit einer wechselvollen Geschichte. Südtirol wurde nach dem Ersten Welt­ krieg 1919 Italien zugesprochen und ist seither eine italienische Provinz. Die Selbstverwaltung und Gleichberechti­ gung dieser deutschen Sprachminderheit in Italien wurde zur internationalen Streitfrage vor den Vereinten Nationen und mündete 1972 in ein Autonomie­ statut, das Südtirol weitgehende Gesetz­gebungsbefugnisse sichert. Das Autonomie­statut gilt heute als Vorzeige­ modell und lockt Minderheiten-Delegati­ onen aus der ganzen Welt an. Heute prägt ein stabiles und mehr­ sprachiges Umfeld das Land, das auch Autonome Provinz Bozen genannt wird und gemeinsam mit der südli­ chen N ­ achbarprovinz Trient die Region ­Trentino-Südtirol bildet. Neben den beiden gleichwertigen Amtssprachen ­Italienisch und Deutsch gibt es die

rätoromanische Minderheitensprache ­Ladinisch in den Dolomitentälern. Die Besiedelung Südtirols konzentriert sich vor allem in den Haupttälern an den ­Flüssen Etsch, Rienz und Eisack. ­Süd­tirol hat rund 500.000 Einwohner; davon leben etwa 100.000 in der Landes­ hauptstadt Bozen, die den Mittelpunkt des Landes bildet. Südtirol ist nicht nur ein beliebtes Urlaubsziel, sondern ein interessanter Wirtschaftsstandort in Mitteleuropa. Es hat durch seine Nähe zu den wichtigs­ ten Märkten Europas (Italien, Deutsch­ land, Österreich und Schweiz) ein großes Marktpotenzial. Seine ausgewogene Wirtschaftsstruktur basiert auf den Säulen Dienstleistungen, Handwerk, Industrie und Landwirtschaft, sowie auf vorwiegend kleinen und mittel­ ständischen Unternehmen.

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AUF EINEN BLICK Von der Berglandwirtschaft bis zur nachhaltigen Energie: Die fünf Branchen, in denen Südtirol weltweit zu den Vorreitern gehört, bauen auf den natürlichen Stärken des Landes auf.

SCHWEIZ

5 VINSCHGAU

MERAN SCHLANDERS

GREEN ECONOMY Eine ausgeprägte ökologische Sensibilität in Wirtschaft, Mobilität und Tourismus macht Südtirol zur Green Region, die im Bereich der erneuerbaren Energien und der Energie­effizienz führend ist – und die Unternehmen aus der Branche besonders interessante Möglich­ keiten bietet.

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6 ETSCHTAL

ORTLER

LEBENSMITTELKNOW-HOW Von der Produktion bis zur Vermarktung ist Südtirols Lebensmittelindustrie von funktionierenden Wirtschaftskreisläufen geprägt. Das laufend perfektionierte und modernisierte landwirtschaftliche Wissen des Landes erzeugt hohe Produktqualität und innovatives, weltweit gefragtes Know-how.

BOZEN

2 SALURNER KLAUSE

ITALIEN


ALPINE SPITZENLEISTUNGEN Dank Kreativität und Innovationsgeist haben frühere Generationen in entlegenen Alpentälern überlebt. Aus dieser „alpinen DNA“ heraus haben sich Marktführer und innovative Nischenanbieter für alpine Technologien entwickelt, vom Seilbahnbau bis zur alpinen Notfallmedizin.

ÖS TERREI CH

KULTUR UND KREATIVITÄT

1 BRENNER

7 PUSTERTAL

STERZING

In Südtirol, wo sich seit jeher verschiedene Kulturen begegnen, besteht auch die Branche der Kultur- und Kreativwirtschaft aus Kontrasten: So ergänzen sich alpine Handwerkstradition, internationales Design und Architektur neben einer aufstrebenden Film- und Fernsehbranche.

BRUNECK BRIXEN

4 DOLOMITEN

Geografischer Knotenpunkt

AUTOMATISIERUNG Die rasante Entwicklung von Südtiroler Know-how in industrieller Automatisierung und Smart Systems ist unter anderem dem Engagement von Studienabgängern der Fächer Ingenieurwesen und Informatik an der Universität Bozen sowie junger Start-upUnternehmen zu verdanken.

Geografisch ist Südtirol – das dank seiner Lage zwischen dem Brennerpass (1) im Norden und der Salurner Klause (2) im Süden schon immer ein wichtiger Knotenpunkt an der Achse zwischen Nord und Süd war – vor allem von den Alpen g­ eprägt. Der Ortler (3) im Westen des Landes ist mit 3.905 Metern der höchste Berg Südtirols. Im Osten befinden sich die berühmten Bergmassive der D ­ olomiten (4), die seit dem Jahr 2009 zum UNESCO-Weltnaturerbe gehören, eine Auszeichnung für die „Serie einzigartiger Gebirgs­landschaften von außergewöhn­ licher ­Schönheit“ – so das UNESCO-Komitee. Die Landschaft dieses Berg­landes ist reich an Kontrasten: einmal schroff und karg, dann wieder von satter Lebendigkeit und mildem Klima, in dem Wein und Obst gut gedeihen. Im Westen Südtirols erstreckt sich bis zur Schweizer Grenze der Vinschgau (5), ab Meran öffnet sich Richtung Süden das weite Etschtal (6) und im Osten des Landes reicht das Pustertal (7) bis zur Grenze nach Osttirol.


SÜDTIROL IN ZAHLEN STAAT ITALIEN

7.400 km2

LANDESHAUPTSTADT BOZEN

REGION TRENTINO-SÜDTIROL

STATUS SEIT 1972 AUTONOME PROVINZ BOZEN – SÜDTIROL

www.provinz.bz.it

GEMEINDEN > 15.000 EINWOHNER

106.000

116

MERAN BRIXEN BRUNECK LEIFERS

EINWOHNER

GEMEINDEN GESAMT

BEVÖLKERUNG Quelle: Landesinstitut für Statistik ASTAT (Stand 31.12.2014)

EINWOHNER GESAMT

SPRACHGRUPPEN

518.518

70 % DEUTSCH

BEVÖLKERUNGSDICHTE

70 EINWOHNER/KM

AUSLÄNDERANTEIL

2

8,9 %

RADWEGE

ERREICHBARKEIT

600 km

ENTFERNUNG VON BOZEN

25 % ITALIENISCH

INNSBRUCK 120 KM VERONA 150 KM MÜNCHEN 280 KM

8

MAILAND

280 KM

ZÜRICH

300 KM

5 % LADINISCH


UNTERNEHMEN NACH BRANCHEN Anzahl eingetragener Unternehmen (Stand März 2015)

18.000 16.000 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0

LA

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UNTERNEHMEN GESAMT

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EN

57.830 WARENEXPORTE TOP 3

EXPORTDATEN SÜDTIROLS 1 DEUTSCHLAND 1.340.980

7 UK

2 ÖSTERREICH 403.976

8 NIEDERLANDE

71.637

3 FRANKREICH 224.207

9 BELGIEN

42.414

4 SCHWEIZ

216.559

10 CHINA

26.384

5 USA

152.588

6 SPANIEN

144.239

ANDERE LÄNDER

120.519

2

1

3

NAHRUNGSMITTEL UND GETRÄNKE

1.117.077

EXPORTE GESAMT

3.860.582

698.364

Jahreswert 2013 (in Tausenden €)

2

1

3

639.602 MASCHINEN UND ANLAGEN

IMPORTDATEN SÜDTIROLS 1 DEUTSCHLAND 1.706.847

7 SPANIEN

2 ÖSTERREICH 1.042.431

8 UK

3 NIEDERLANDE 238.343

9 USA

4 FRANKREICH

10 SCHWEIZ

161.606

5 CHINA

89.688

6 BELGIEN

50.222

ANDERE LÄNDER

48.220 41.741 39.202 36.611 565.036

2

1

3

614.456 LANDWIRTSCHAFTL. PRODUKTE

IMPORTE GESAMT

4.019.946

Jahreswert 2013 (in Tausenden €)

Jahreswert 2013 (in Tausenden €) Quelle: WiFO (Handelskammer Bozen)

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TOP 25 BIP-ERGEBNIS IN EUROPA Südtirol hat das höchste Bruttoinlandsprodukt, die niedrigste Arbeitslosenquote und die höchste Beschäftigungsrate Italiens und ist zudem eine der wohlhabendsten Regionen Europas. Das Brutto­ inlandsprodukt pro Kopf beträgt 37.700 Euro (gemäß Eurostat 2014), während es in Italien bei 26.003 Euro liegt. Damit liegt Südtirol auf Platz 1 in Italien und in den Top 25 der europäischen Regionen.

90 % ALLER STEUERN

fließen vom Staat an Südtirol zurück

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BRUTTOINLANDSPRODUKT GEMÄSS EUROSTAT 2014

37.700,– EURO PRO KOPF

Für das überdurchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen und die florierende Wirtschaft im Land sorgen nicht nur die ausge­ wogene Wirtschaftsstruktur, das solide Bildungssystem und die gelebte Mehrsprachigkeit, sondern auch die gute finan­ zielle Ausstattung der Autonomie: 90 Prozent aller Steuern, die vom italienischen Fiskus in Südtirol eingetrieben werden, fließen vom Staat an das Land zurück. Die Autonome Provinz Bozen hat eine Reihe von Gesetzgebungsbefugnissen, die normaler­weise dem Staat vorbehalten sind, zum Beispiel in den Bereichen Kultur, Schule und Berufsbildung, Wirtschaft, Raum­ ordnung, Sozial- und Transportwesen. Dank der weitreichenden Autonomie und einer durchdachten Wirtschafts­förderung kann Südtirol eine vergleichsweise nied­ rige Steuerlast a­ ufweisen. Die Autonomie in Südtirol bedeutet auch weniger Bürokratie und eine effiziente, zweisprachige öffentliche Verwaltung. Für Unternehmen besonders wichtig ist der eigenständige wirtschaftspolitische Entscheidungs­rahmen. Dieser erlaubt es der öffentlichen Verwaltung, gezielt in die Rahmenbedingungen einzugreifen und in die Förderung der Wirtschaft zu investieren.


01 SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT IMMOBILIEN

ZUKUNFT SÜDTIROL: TRENDS UND VISIONEN Südtirol hat aufgrund seines gesunden Wirtschaftsumfeldes viele Unternehmen, die dank ihres Know-hows und ihrer Erfahrung oft zu Marktführern in ihrer Branche werden. Effiziente Infrastrukturen, eine gut funktionierende öffentliche Verwaltung sowie Förderungen für Forschung und Innovation tragen maßgeblich dazu bei.

Aber auch exzellente Schulen, kulturelle Vielfalt und bezaubernde Landschaften mit viel Natur machen Südtirol zum idealen Habitat zum Leben und Arbeiten sowie zu einem attraktiven Standort für Unternehmen. Die Kreativität und der Innovationsgeist, mit denen einst frühere Generationen ihr Überleben und Fortkommen in den alpinen Tälern Südtirols sicher­ ten, sind nicht verlorengegangen. Im Gegenteil – heute haben sich aus dieser „alpinen DNA“ heraus Markt­ führer und innovative Nischenanbieter in den unter­schiedlichsten Bereichen der alpinen T ­ echnologien entwi­ ckelt: von der ­Wintersporttechnologie zur Outdoor- und Sportausrüstung, von ­Spezialmaschinen für die alpine Land- und Forstwirtschaft bis hin zu Lösungen im Bereich a­ lpine S­ icherheit, vom ­Zivilschutz bis zu M ­ obilität und ­nach­haltigem Bauen.

Auch dank der idealen geografischen ­Bedingungen – 60 Prozent der Landes­ fläche liegen über 1.600 Metern ­Meereshöhe – sind viele innovative Unternehmen im Bereich Berg und Out­ door entstanden, sodass fast ein Viertel des Südtiroler BIP direkt oder indirekt von der „Winterbranche“ generiert wird. Neben Hightech-Produkten entstehen im Zusammenspiel aus Weltmarkt­führern, Nischenanbietern und Start-ups auch innovative Lösungen im Bereich Aus­ stattung und Dienstleistungen. Eine uni­ versitäre Ausbildungs- und Forschungs­ stätte, Unternehmensnetzwerke, aber auch Messen und Veranstaltungen, die führende Köpfe der jeweiligen Branchen zusammenbringen, fördern die Rolle des Standorts Südtirol als Impulsgeber im Bereich Berg und Outdoorsport.

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500

Firmen arbeiten im „grünen Bereich“

Tendenz steigend

bis 2020

75 % Deckung des  Stromund Wärme­bedarfs durch regenerative Quellen

bis 2018

30

Ladestationen für Elektrofahrzeuge

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Südtirol ist zudem Italiens „Green Region“, das Land gilt als italienische Vorzeigeprovinz im Bereich der erneuer­baren Energien und strebt die Energieautarkie an. Bereits heute deckt Südtirol mehr als die Hälfte des Energie­ verbrauchs durch erneuerbare Energien ab, bis 2020 will man drei Viertel des Strom- und Wärmebedarfs durch r­ egenerative Quellen decken. Das Land Süd­tirol ist dabei engagierter Antreiber und finanzieller Förderer, schon jetzt arbeiten rund 500 Südtiroler Firmen und viele Forschungsinstitutionen im „grünen Bereich“ – Tendenz steigend. Die Südtiroler KlimaHausAgentur setzt beispielsweise italienweit Standards bei energie­ effizienten Bauten. Kein Wunder also, dass zunehmend auch ausländische Unternehmen das Grenzland als Sprungbrett in den italienischen Energiemarkt nutzen. Eine „grüne Region“ zu sein bedeutet für Südtirol auch, Stan­ dards in der nachhaltigen alpinen Mobilität zu setzen. Die Provinz hat eines der weitläufigsten Radwegenetze in Europa, eine Flotte von Elektroautos für das Car sharing, eine langsam aber konstant steigende Zahl an neu angemeldeten Elektro­ fahrzeugen und einen modernen, effizienten öffentlichen Personennahverkehr, in dem auch Wasserstoffbusse eingesetzt werden. Innerhalb 2018 werden in Südtirol 30 Schnelllade­ stationen für Elektrofahrzeuge entstehen und bis 2020 sollen im Land 1.000 Elektroautos verkehren. Um die nachhaltige Mobilität – eine der tragenden Säulen eines modernen, attraktiven Standorts – zu verstärken, hat die Abteilung Mobilität des Landes das Projekt „Green Mobility“ ins Leben gerufen. Das von der BLS koordinierte Projekt um­ fasst alle Formen der nachhaltigen Mobilität vom Fahrrad bis zum Elektroauto, vernetzt sie miteinander, bereitet den Boden für Innovationen und lanciert neue Initiativen.


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SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT IMMOBILIEN

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Neben den Unternehmen sorgt ein ständig wachsendes Netzwerk an wissenschaftlichen Einrichtungen und einschlägi­ gen Veranstaltungen für Südtirols weltweit führende Rolle in Bereichen wie Lebensmittel- und alpinen Technologien oder erneuerbaren Energien: von der Freien Universität Bozen über die Europäische Akademie EURAC, das Land- und forstwirt­ schaftliche Versuchszentrum Laimburg und das Institut ­Fraunhofer Italia bis hin zum ­Innovations- und Gründer­zentrum TIS innovation park. Der Zusammenschluss von lokalen Unter­ nehmern und Forschern in Clustern schafft Synergien, die ­erfolgreiche Innovationen hervorgebracht haben, und fördert S Südtirol als Impulsgeber in den ver­ NACHHALTIGE die Rolle des Standorts DENKEN schiedenen Bereichen.

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SÜDTIROL

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TECHNISCHES 13


INNOVATION: VIEL MEHR ALS EINE IDEE War Innovation in Südtirol einst eine Strategie, um im alpinen Gelände zu überleben, so ist sie heute das Ziel vieler Unternehmen und der Südtiroler Forschungseinrichtungen, tatkräftig unterstützt durch die öffentliche Verwaltung. Einen Innovationsschub wird Südtirols Wirtschaft durch den NOI Techpark Südtirol / Alto Adige im Bozner Gewerbegebiet erhalten, auf dem die Universität, öffentliche und private For­ schungseinrichtungen sowie die Denk­ werkstätten innovativer Unternehmen das Know-how in Schlüsselbereichen (wie Erneuerbare Energie und Energie­ effizienz, Alpine Technologien, Lebens­ mitteltechnologie sowie Automation als Querschnitts­disziplin) vorantreiben sollen. Damit ermöglicht der Park einen intensiven Erfahrungs- und Wissensaus­ tausch sowie die Nutzung von Synergien zwischen allen Playern. Die Business Location Südtirol – Alto Adige (BLS) entwickelt und baut den Techpark und ist Ansprechpartnerin für Unterneh­ men, die sich für die Aufnahme oder die Ansiedlung interessieren. Betreiber und Service-Provider des NOI Techpark ist der TIS innovation park, der darin auch ein Gründerzentrum führen wird.

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Fläche

12 ha Im NOI Techpark Südtirol / Alto Adige treffen ­Forschungseinrichtungen und ­innovative Südtiroler Unternehmen aufeinander. Der 60 Meter hohe Wasserturm der ehemaligen Aluminiumwerke ist sein weithin sichtbares Wahrzeichen.


02 UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG


02 Gründung von Unternehmen in Südtirol. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Einzelunternehmen oder Gesellschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Einzel- und Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Gesellschaften .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Einfache Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Offene Handelsgesellschaft (OHG) .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Kommanditgesellschaft (KG) .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Die vereinfachte GmbH. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Aktiengesellschaft (AG) und Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Genossenschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Innovative Start-ups . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Gründung von Unternehmen in Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Gründung einer Tochtergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Ohne Mehrwertsteuernummer geht gar nichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28


02 SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT IMMOBILIEN

GRÜNDUNG VON UNTERNEHMEN IN SÜDTIROL Ein Unternehmen zu gründen ist immer ein Abenteuer. Ein Unternehmen zu gründen, wenn man unerfahrener Jungunternehmer ist – oder wenn man sich trotz unter­ nehmerischer Erfahrung in ein anderes Land mit neuen Marktregeln und Gesetzen wagt – kann durchaus zu einer Odyssee werden. Deshalb ist es wichtig, möglichst alle Formen und Chancen zu kennen, welche die Unternehmenslandschaft in Italien und spezifisch in Südtirol zu bieten hat, um gleich von Beginn an die richtigen ­Entscheidungen zu treffen. In Südtirol gibt es ein engmaschiges Netzwerk an Agenturen, Institutionen und ­qualifizierten Dienstleistern, die Hilfestellung bei der Unternehmensgründung und -betreuung bieten.

EINZELUNTERNEHMEN ODER GESELLSCHAFT? Die Wahl der Rechtsform ist eine grundlegende Entscheidung zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit und will gut überlegt sein, da sie unter­ schiedliche personelle, steuerliche, wirtschaftliche und rechtliche Auswirkungen hat. Personen, die in Italien ansässig sind, können grund­ sätzlich als Einzelunter­nehmer oder – zusammen mit anderen – in Form einer Gesellschaft (Personen­ gesellschaft oder Kapitalgesellschaft) unternehme­ risch tätig werden.

EINZELUNTERNEHMEN

GESELLSCHAFT

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EINZEL- UND FAMILIENUNTERNEHMEN Das Einzelunternehmen ist die einfachste und häufigste Unternehmens­ form: Es gibt nur einen Inhaber, der alleine alle unternehmerischen Ent­ scheidungen trifft und dafür die Verantwortung übernimmt. Zu beachten gilt, dass Einzelunternehmer für die Verbindlichkeiten des Unternehmens unbeschränkt mit ihrem gegenwärtigen und zukünftigen Privatvermögen haften und für die eingegangenen Verpflichtungen v­ erantwortlich sind. Dadurch steht ihnen aber auch der gesamte Gewinn zu. Bei der Wahl dieser Rechtsform ist kein Mindestkapital vorgesehen. Es können sowohl Arbeitnehmer als auch Familien­mitglieder beschäftigt werden. Das Familienunternehmen ist eine besondere Form des Einzelunternehmens, in dem nur Familienmitglieder (Ehegatten, Verwandte bis zum dritten Grad und ­Verschwägerte bis zum zweiten Grad) mitarbeiten. Die Familienmitglieder, die fortwährend im Betrieb mitarbeiten, haben folgende Rechte: > Recht auf Unterhalt im Verhältnis zum Familienvermögen > Beteiligung am Gewinn (aber nicht am Verlust) des Familienbetriebes und an den damit erworbenen Gütern > Anrecht auf den Betriebszuwachs (Wertsteigerung im Laufe der Zeit) > Vorkaufsrecht bei Veräußerung des Betriebes Bei der Gründung eines Einzelunternehmens sollten das Geschäftsfeld und das Ausmaß der Tätigkeit gut überlegt und die Geschäftsrisiken abgewogen werden.

VORTEILE > niedrige Gründungskosten > geeignet für kleine und mittlere Unternehmen > kein Mindestkapital vorgesehen > vereinfachte Buchhaltung möglich

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GRÜNDUNG > Eintragung ins Handelsregister mittels „vereinheitlichter Meldung“ (comunicazione unica) durch einen Steuerberater, Wirtschaftsverband oder im Falle eines Familien­ betriebs durch einen Notar. Die Handels­kammer leitet diese Daten an die Agentur der Einnahmen, das ­Nationale Institut für Soziale Für­sorge (NISF) und das gesamtstaatliche Versicherungsinstitut für Arbeits­unfälle (INAIL) weiter.

KOSTEN > Gründungsspesen: 100–150 € > Sekretariatsgebühren der ­Handelskammer: 18 € > jährliche Handelskammergebühr: 57 €


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GESELLSCHAFTEN Ein Unternehmen kann auch von mehreren Personen gemeinsam in Form einer Gesellschaft geführt werden. Auch Einzelunternehmen können jeder­ zeit in eine Gesellschaft eingebracht werden. Gesellschaften unterscheiden sich von Einzelunternehmen grundsätzlich in folgenden Punkten: > Das Gesellschaftskapital wird von mehreren Personen gezeichnet und eingebracht. > Jeder Gesellschafter trägt – sei es in Form von Gütern, Dienstleistungen oder Kapital – zur Erreichung des Gesellschaftszweckes bei. > Das Unternehmerrisiko wird auf mehrere Gesellschafter aufgeteilt. > Die Verantwortung für die Führung und Verwaltung der Gesellschaft wird in der Regel auf mehrere Personen aufgeteilt.

Der Gesellschaftsvertrag, auf dessen Grundlage das Unternehmen ge­ gründet wird, muss schriftlich verfasst werden; eine mündliche Absprache ist nur bei der sogenannten einfachen Gesellschaft möglich. Der Vertrag regelt etwa die interne Organisation der Gesellschaft, die Rechte und Pflichten der Gesellschafter, die Höhe des Kapitals beziehungsweise der Arbeitsleistung, die jeder Gesellschafter einbringt, oder in welchem Aus­ maß Gewinn und Verlust aufgeteilt werden.

PERSONENGESELLSCHAFTEN Personengesellschaften haben folgende Merkmale: > kein Mindestkapital vorgesehen > unbegrenzte Haftung der Gesellschafter für die Verpflichtungen der Gesellschaft > Verwaltungs- und Entscheidungsbefugnisse werden auf mehrere Gesellschafter aufgeteilt > Übertragung der Gesellschafteranteile (und der diesbezüglichen Rechte und Pflichten) an Dritte in der Regel nur mit Zustimmung aller Gesellschafter möglich

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EINFACHE GESELLSCHAFT Die einfache Gesellschaft, in Italien als Società semplice bekannt, ist die Grundform der Personengesellschaft. Sie darf jedoch keine H ­ andelstätig­keit ausüben, daher ist diese Gesellschaftsform für die Unternehmens­tätigkeit nicht geeignet, sondern kommt vor allem in der Landwirtschaft zur ­Anwendung. Gewinne und Verluste werden proportional unter den Gesell­ schaftern aufgeteilt.

OFFENE HANDELSGESELLSCHAFT (OHG) Die OHG, in Italien Società in nome collettivo oder kurz Snc genannt, ist die häufigste Form der Personengesellschaft, da sie auch für die ­Ausübung von Handel­stätigkeiten geeignet ist. Eine OHG kann von zwei oder mehreren Gesellschaftern gegründet werden und zeichnet sich dadurch aus, dass alle Gesellschafter unbeschränkt und gesamtschuldnerisch für die Verbindlich­ keiten der Gesellschaft haften, auch mit ihrem gegenwärtigen und zukünf­ tigen Privatvermögen. Die Gründung einer OHG erfolgt bei einem Notar in Form einer schriftlichen Urkunde. Es ist kein Mindestkapital vorgesehen. Zu den wichtigen Merkmalen einer OHG gehören die Zusammenarbeit und das Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschaftern. Sofern nicht anders vereinbart, stehen jedem einzelnen Gesellschafter die Geschäftsführung und die Vertretung der Gesellschaft gegenüber Dritten zu. Nachdem das Gesellschaftsvermögen allen Gesellschaftern gehört, wird auch das Unter­ nehmerrisiko auf alle aufgeteilt. Der Gewinn wird in der Regel gemäß den Anteilen an der Gesellschaft verteilt.

VORTEILE > niedrige Gründungs-, Führungsund ­Verwaltungskosten > geeignet für kleine und mittlere Unternehmen > kein Mindestkapital vorgesehen > Gesellschaftsorgane (Verwaltungs­rat oder ­Kontrollorgan) nicht notwendig > Veröffentlichung der Bilanz nicht notwendig > höhere Kreditwürdigkeit durch die gesamtschuldnerische Haftung aller Gesellschafter

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GRÜNDUNG > Gesellschaftsvertrag beim Notar > Eintragung ins Handelsregister mittels „vereinheitlichter ­Meldung“ (comunicazione unica) durch einen Notar, Steuerberater oder Wirtschaftsverband. Die Handels­kammer leitet diese Daten an die Agentur der Einnahmen, das ­Nationale Institut für Soziale Fürsorge (NISF) und das gesamtstaatliche Versicherungsinstitut für Arbeitsunfälle (INAIL) weiter.

KOSTEN > Gründungsspesen Notar/ Steuerberater: ca. 2.500 € > jährliche Handelskammergebühr (abhängig vom Umsatz und den Betriebsstätten): mindestens 130 €


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KOMMANDITGESELLSCHAFT (KG) Die Kommanditgesellschaft, in Italien Società in accomandita semplice oder kurz Sas genannt, kommt im Unterschied zur OHG immer dann zur Anwendung, wenn zwei unterschiedliche Arten von Gesellschaftern vorgesehen werden sollen:

1 KOMPLEMENTÄRE (Vollhafter)

Gesellschafter der KG

Diese haften mit ihrem gesamten gegen­wärtigen und zukünftigen Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Ihnen stehen die Verwaltung und die Geschäfts­führung der Gesellschaft zu.

2 KOMMANDITISTEN (Teilhafter)

Diese haften beschränkt mit ihrer Kapital­einlage und dürfen nicht in der Verwaltung der Gesellschaft tätig werden, ansonsten verlieren sie den Vorteil der beschränkten Haftung und werden zu Komplementären.

Bei der Gründung fallen dieselben Formalitäten an wie bei der OHG. Beide unter­ liegen außerdem den Regelungen des Konkursgesetzes. Falls durch das Ausscheiden eines Gesellschafters (oder mehrerer) nur mehr ein Gesellschafter übrig bleibt, muss dieser die Mehrheit der Gesellschafter innerhalb der gesetzlichen Frist wieder­ herstellen, andernfalls muss die Gesellschaft liquidiert, aufgelöst oder in eine Gesell­ schaftsform mit einem einzigen Gesellschafter umgewandelt werden.

VORTEILE > niedrige Gründungs-, Führungsund Verwaltungskosten > geeignet für kleine und mittlere Unternehmen > kein Mindestkapital vorgesehen > Gesellschaftsorgane (Verwaltungsrat oder ­Kontrollorgan) nicht notwendig

GRÜNDUNG > Gesellschaftsvertrag beim Notar > Eintragung ins Handelsregister mittels „vereinheitlichter M ­ eldung“ (comunicazione unica) durch einen Notar, ­Steuerberater oder Wirtschaftsverband. Die Handelskammer leitet diese Daten an die A ­ gentur der Einnahmen, das ­Nationale ­Institut für Soziale Fürsorge (NISF) und das gesamtstaatliche Versicherungsinstitut für Arbeits­unfälle (INAIL) weiter.

KOSTEN > Gründungsspesen Notar/ Steuerberater: ca. 2.500 € > jährliche Handelskammergebühr (abhängig vom Umsatz und Betriebsstätten): mindestens 130 €

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KAPITALGESELLSCHAFTEN Im Unterschied zu den Personengesellschaften haben die Kapital­gesellschaften eine eigene Rechtspersönlichkeit und werden sowohl steuer- als auch zivilrechtlich getrennt von der Rechtspersönlichkeit der Gesellschafter betrachtet. Die Gesellschaft trägt alle Rechte und Pflichten und verfügt über eigene Organe (Vollversammlung, Verwaltungsrat und gegebenenfalls ein Kontrollorgan).

Kapitalgesellschaften haben folgende Merkmale: > beschränkte Haftung der Gesellschafter bis zur Höhe des gezeichneten Kapitals > die Verwaltungstätigkeit und die Geschäftsführung sind von der Gesellschafterrolle getrennt, die Gesellschafter haben ein Stimmrecht bei der Bestellung des Verwaltungsorgans > die Gesellschafteranteile sind frei übertragbar, die Gesellschaftssatzungen können Einschränkungen vorsehen

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NEU

Die Rechtsform der Kapital­gesellschaft ­eignet sich vor allem für mittlere und große Unternehmen.

Seit 2013 ist es in Italien auch möglich, eine Kapitalgesellschaft zwischen Freiberuflern, auf Italienisch Società tra professionisti oder kurz Stp genannt, zu gründen. Bei dieser Gesellschaftsform können sich neben Freiberuflern auch Dritte, etwa Investoren, als Gesellschafter oder Aktionäre mit bis zum einem Drittel des Kapitals beteiligen.

Man unterscheidet zwischen: > Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) > Aktiengesellschaft (AG) > Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA)


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GESELLSCHAFT MIT BESCHRÄNKTER HAFTUNG (GMBH) Die GmbH, in Italien Società a responsabilità limitata oder kurz Srl genannt, ist die meistgewählte Form bei Kapitalgesellschaften. Die Gesellschafter von Kapital­ gesellschaften haften gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft grundsätzlich i­mmer nur mit ihrer Kapitaleinlage. Bei einer GmbH haben die einzelnen Gesellschafter – im Vergleich zu einer AG – ein ­größeres Gewicht. Diese Form eignet sich auch für Ehe­ partner oder Familienangehörige, die gemeinsam in Form einer Gesellschaft arbeiten wollen, das Risiko jedoch auf die Kapitaleinlage (ohne persönliche H ­ aftung) beschrän­ ken möchten. Das Mindestkapital einer GmbH beträgt 10.000 Euro; bei der G ­ ründung müssen mindestens 25 % des gezeichneten Kapitals e­ inbezahlt werden. Neben einer Geldeinlage können auch andere Güter oder Arbeits­ leistungen eingebracht werden. Die Gründungsurkunde samt den Gesellschafts­satzungen muss bei einem Notar abgefasst werden; anschließend muss die G ­ esellschaft innerhalb von 20 Tagen im Handelsregister ein­getragen werden. Die Geschäftsführung können einer oder mehrere Gesellschafter oder auch eine dritte Person übernehmen.

10.000,– EURO MINDESTKAPITAL davon mindestens 25 % bei der Gründung einbezahlt

1 GESELLSCHAFTERVERSAMMLUNG assemblea dei soci

2 VERWALTUNGSRAT / ALLEINVERWALTER consiglio d’amministrazione / amministratore unico

Organe der GmbH

3 KONTROLLORGAN organo di controllo

Das Kontrollorgan besteht aus einer E­ inzelperson oder einem Überwachungsrat bzw. einem Abschluss­­ prüfer. Eine GmbH ist in folgenden Fällen verpflichtet, ein Kontrollorgan zu ernennen: > die GmbH ist zur Erstellung eines konsolidierten Jahresabschlusses verpflichtet; > die GmbH beherrscht eine Gesellschaft, die der Abschlussprüfung unterliegt; > in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren werden zwei von den drei folgenden Schwellwerten überschritten: Bilanzsumme von 4,4 Millionen Euro, Umsatzerlöse von 8,8 Millionen Euro oder im Durchschnitt mehr als 50 Beschäftigte.

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Führung von

Gesellschaftsbüchern ist verpflichtend

Die GmbH hat verschiedene Gesellschaftsbücher zu führen, wie etwa das Buch mit den Protokollen der Gesellschafterversammlung, des ­Verwaltungsorgans und des Kontrollorgans. Das Verwaltungsorgan erstellt jedes Jahr den Jahresabschluss, bestehend aus der Vermögenssituation, der Gewinn- und Verlustrechnung und dem Bilanzanhang, und legt diesen der Gesellschafterversammlung zur Ge­ nehmigung vor. Die Gesellschaft muss ihren Jahresabschluss e­ lektronisch beim Handelsregister hinterlegen. Eventuelle Verluste ­müssen durch Zuzahlungen der Gesellschafter abgedeckt werden, andernfalls muss die Gesellschaft eine Reduzierung des Kapitals beschließen oder in eine Personen­gesellschaft umgewandelt werden. Wenn keine von den genann­ ten Maßnahmen getroffen wird, muss die Gesellschaft aufgelöst werden. Die Ein-Personen-GmbH, in Italien Srl a socio unico genannt, ist eine GmbH, die nur einen Gesellschafter hat, jedoch nach den Vorschriften einer „ordentlichen“ GmbH geführt wird. Eine „ordentliche“ GmbH kann nach der Gründung jederzeit in eine Ein-Personen-GmbH umgewandelt werden. Bei der Gründung einer Ein-Personen-GmbH muss das g­ esamte gezeich­ nete Kapital des alleinigen Gesellschafters einbezahlt werden, während bei Umwandlung von einer „ordentlichen“ GmbH in eine E­ in-Personen-GmbH das Restkapital innerhalb von 90 Tagen einzu­bringen ist. Wichtig ist, dass in der Unternehmensbezeichnung der Zusatz an­gebracht wird, dass es sich um eine GmbH mit nur einem Gesell­schafter handelt.

VORTEILE > die GmbH hat eine eigene ­Rechts­persönlichkeit > geeignet für kleine und mittlere Unternehmen (geringes ­Mindestkapital) > die Gesellschafter haften beschränkt mit ihrer Kapitaleinlage > die Geschäftsführung kann einem oder mehreren Gesellschaftern oder Dritten übertragen werden > wahlweise kann die Transparenz­ besteuerung von Personengesellschaften angewandt werden

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GRÜNDUNG > Gesellschaftsvertrag (öffentlicher Gründungsakt) beim Notar > Eintragung ins Handelsregister mittels „vereinheitlichter Meldung“ (comunicazione unica) durch einen Notar, Steuerberater oder Wirtschaftsverband. Die Handelskammer leitet diese Daten an die Agentur der Einnahmen, das Nationale Institut für Soziale Fürsorge (NISF) und das gesamtstaatliche Versicherungsinstitut für Arbeitsunfälle (INAIL) weiter. > Mindestkapital: 10.000 € > 25 % des Gesellschaftskapitals müssen bei der Gründung einbezahlt bzw. dem Verwaltungsorgan über­geben werden, bei einer Ein-Personen-GmbH muss das gesamte gezeich­nete Kapital einbezahlt werden.

KOSTEN > Gründungsspesen Notar/ Steuerberater: ca. 4.000–5.000 € > jährliche Handelskammergebühr (abhängig vom Umsatz und den Betriebsstätten): mindestens 130 € > jährliche Konzessionsgebühr für die Beglaubigung der Geschäftsbücher: ab 309,87 €


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DIE „VEREINFACHTE“ GMBH

1

EURO

Mindestkapital (max. 9.999,99 Euro)

Die „vereinfachte“ GmbH, auf Italienisch Srl semplificata (Srls), wurde in Italien im Jahr 2012 eingeführt, um Jungunternehmern die Gründung einer GmbH zu erleich­ tern. Für die Gründung, die mittels standardisierten Gesellschaftssatzungen erfolgt, ist kein Notarhonorar geschuldet. Das Mindestkapital beträgt einen Euro und darf 9.999,99 Euro nicht überschreiten. Die vereinfachte GmbH muss den Zusatz semplificata – „vereinfacht“ – in der ­Unternehmensbezeichnung tragen und kann wie die Ein-Personen-GmbH auch nur einen einzelnen Gesellschafter haben; die Gesellschafter müssen physische Personen sein. Das Verwaltungsorgan kann wahlweise aus einem alleinigen Verwalter oder einem Verwaltungsrat ­bestehen. Die Verwalter müssen nicht zwingend Gesellschafter sein. Die Gesellschaftsquoten können frei an Gesellschafter oder Dritte veräußert werden. Die vereinfachte GmbH ist für kapital­intensive Tätigkeiten nicht geeignet: Aufgrund des geringen Gesellschaftskapitals greifen die Banken bei Finanzierungen auf die Sicherheiten der Gesellschafter zurück. Für alles andere gelten die Bestimmungen der „ordentlichen“ GmbH.

VORTEILE > die Gesellschafter haften beschränkt mit ihrer Kapitaleinlage > geringere Gründungskosten als für die „ordentliche“ GmbH > Mindestkapital von 1 € > die Transparenzbesteuerung von Personen­gesellschaften kann ­angewandt werden

GRÜNDUNG > Gesellschaftsvertrag (öffentlicher Gründungsakt) beim Notar > Eintragung ins Handelsregister mittels „vereinheitlichter Meldung“ (comunicazione unica) durch einen Notar, Steuerberater oder Wirtschaftsverband. Die Handelskammer leitet diese Daten an die Agentur der Einnahmen, das Nationale ­Institut für Soziale Fürsorge (NISF) und das gesamtstaatliche Versicherungsinstitut für Arbeitsunfälle (INAIL) weiter. > Das gezeichnete Gesellschafts­ kapital muss bei Gründung zur Gänze dem Verwaltungsorgan ­übergeben werden.

KOSTEN > kein Notarhonorar > Stempelmarken für Tätigkeitsbeginn: 48   €

> Sekretariatsgebühren: 25 € > jährliche Handelskammergebühr (abhängig vom Umsatz und eventuellen Betriebsstätten): mindestens 130 € > Registersteuer für die Registrierung des Gründungsaktes: 200 € > jährliche Konzessionsgebühr: 309,87 €

> Beratungskosten für Steuer- und Wirtschafts­berater, inkl. Abfassung der Meldungen (elektronische ­Datei) für Antrag auf Mehrwertsteuer­ nummer und Mitteilung Tätigkeitsbeginn etc.: 200–300 €

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AKTIENGESELLSCHAFT (AG) UND KOMMANDITGESELLSCHAFT AUF AKTIEN (KGAA) Unternehmensgründer wählen die Gesellschafts­ formen der AG (italienisch Società per Azioni, kurz SpA) und KGaA (italienisch Società in accomandita per Azioni, kurz SapA) selten, vor allem deswegen, weil das Mindestkapital für die Gründung einer AG bei 50.000 Euro liegt und die Gründungs- und Führungskosten höher sind. Sollte der Geschäfts­ verlauf die Gesellschaftsform einer AG oder KGaA verlangen, kann eine bestehende GmbH jederzeit in eine AG oder KGaA umgewandelt werden.

50.000,– EURO MINDESTKAPITAL

& HOHE GRÜNDUNGS- UND   FÜHRUNGSKOSTEN selten gewählte Gesellschaftsform

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GENOSSENSCHAFTEN Genossenschaften haben in Italien eine lange und erfolgreiche Tradition. Auch S­ üdtirol verzeichnet ein sehr reges Genossenschaftswesen: Nach italienischem Modell sind hier Betriebe aus unterschiedlichsten Branchen genossenschaftlich organisiert, vom Sozial­ wesen bis hin zu Banken und Dienstleistern. Grundsätzlich handelt es sich bei Genossenschaften um Gesellschaften, die auf Gegen­ seitigkeit ausgerichtet sind. Der Gegenseitigkeitscharakter (die Mitgliederförderung) ist dadurch gekennzeichnet, dass den Mitgliedern der Genossenschaft bessere Bedin­ gungen (wie Preise, Güter, Dienstleistungen oder Arbeitsentgelte) geboten werden als sie jedes Mitglied für sich allein auf dem Markt erzielen könnte. Die steuerlichen Vorteile kommen in erster Linie für Gesellschaften mit überwiegender Gegenseitigkeit zur Anwendung, also für Genossenschaften, die > ihre Tätigkeit vorwiegend zu Gunsten der Mitglieder ausüben,

3% GEWINN/JAHR

> sich bei der Ausübung ihrer Tätigkeit vorwiegend der Arbeitsleistung ihrer Mitglieder bedienen, > sich bei der Ausübung ihrer Tätigkeit vorwiegend der Einbringung von Gütern oder der Erbringung von Dienstleistungen durch die Mitglieder bedienen. Entsprechend dem ­genossenschaftlichen Gedanken müssen alle Genossenschaften 3 % ihres jährlichen Gewinnes an einen Fonds für die wechselseitige Unterstützung und Förderung des Genossenschaftswesens einzahlen.

VORTEILE > die Mitglieder haften beschränkt mit ihrer Kapitaleinlage > jedes Mitglied hat ein Stimmrecht, das nicht von der Höhe des Gesellschaftsanteiles abhängt > die Genossenschaft hat eine eigene Rechtspersönlichkeit > geeignet für kleine und mittlere Unternehmen, Unternehmensnachfolge oder Übernahme eines Unternehmens durch die Mitarbeiter > keine Notarspesen für die Aufnahme neuer Mitglieder > Mindestkapital des einzelnen ­Mitgliedes: 25 €

GRÜNDUNG > Gesellschaftsvertrag (öffentlicher Gründungsakt) beim Notar > Eintragung ins Handelsregister mittels „vereinheitlichter Meldung“ (comunicazione unica) durch einen Notar, Steuerberater oder Wirtschaftsverband. Die Handels­ kammer leitet diese Daten an die Agentur der Einnahmen und – sofern erforderlich – an das ­Nationale Institut für Soziale ­Fürsorge (NISF) und das gesamtstaatliche Versicherungsinstitut für Arbeitsunfälle (INAIL) weiter.

an Fonds für Förderung des Genossenschaftswesens

KOSTEN > Gründungsspesen Notar/ Steuerberater: ca. 2.000–3.000 € > jährliche Handelskammergebühr (abhängig von Umsatz und Betriebsstätten): mindestens 130 €

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INNOVATIVE START-UPS Um die Gründung und Ansiedlung von Unternehmen im Technologie­sektor zu fördern, wurden 2012 Maßnahmen beschlossen, die den Standort Italien attraktiver machen sollten. Kapitalgesellschaften, die folgende Voraussetzungen erfüllen, können eine Eintragung ins Handelsregister mit dem Namenszusatz start-up innovativa („innovatives Start-up“) beantragen: > Die Gesellschaft darf nicht älter als 48 Monate sein > Der Hauptgeschäftssitz muss sich in Italien befinden > Der Umsatz darf 5 Millionen Euro nicht überschreiten > Die Gesellschaft darf keine Gewinne ausschütten > Die Gesellschaft muss eine Tätigkeit mit spezifischen technologischen Inhalten oder Anwendungen ausüben > Die Gesellschaft darf nicht aus einer Fusion oder Spaltung anderer Gesellschaften hervorgegangen sein

Zusätzlich muss eine der folgenden Bedingungen erfüllt sein: > Die Kosten für Forschung und Entwicklung überschreiten 15 % der Produktionskosten oder des gesamten Produktionswerts > Mindestens ein Drittel der Mitarbeiter hat ein „Forschungsdoktorat“ (dottorato di ricerca), also einen Doktortitel oder PhD-Titel, erworben oder ist im Begriff, ein solches zu erwerben; alternativ dazu besitzen zwei Drittel des Personals einen Universitätsabschluss > Die Gesellschaft besitzt ein Patentrecht in einem Technologiesektor

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VORTEILE > Start-ups mit der Rechtsform einer GmbH können Mitarbeitern mit Anteilen (ähnlich stock options) Entschädigungen auszahlen, die für die Empfänger steuerfrei sind. Zu diesem Zweck können sie eigene Anteile halten; > GmbHs können Anteile ohne ­Stimmrechte vorsehen; > größerer Spielraum bei der ­Einstellung von Mitarbeitern auf bestimmte Zeit; > Möglichkeit des crowd investing/ crowdfunding; > Befreiung von der Entrichtung mehrerer Gebühren > Tax Credit (19 – 27 %) für Investoren


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GRÜNDUNG VON UNTERNEHMEN IN ITALIEN Auch Unternehmer, die nicht in Italien ansässig sind, können eine unternehmerische Tätigkeit ausüben. Gemäß dem italienischen Handelsrecht kann dies auf zweierlei Weise ­erfolgen: durch die Gründung eines Zweitsitzes (sede secondaria) oder durch das Eröffnen einer Betriebsstätte (unità locale). In der Praxis werden die beiden genannten Formen aus steuerlichen und verwaltungstechnischen Gründen nicht sehr häufig angewandt. Bei einer längerfristig geplanten Tätigkeit wird die Gründung einer Tochtergesellschaft bevorzugt.

IN SÜDTIROL GRÜNDUNG EINER TOCHTERGESELLSCHAFT

Die Satzung einer GmbH: in Südtirol auch auf Deutsch

Die Gründung einer Tochtergesellschaft ist immer dann empfehlenswert, sobald eine ständige Tätigkeit über eine dauerhafte Betriebsstätte oder einen abhängigen Mitarbeiter ausgeübt wird. Die Tochter­gesellschaft ist ein eigenständiges Unternehmen, d ­ essen Beteiligungen (mehrheitlich) von einer ­anderen Gesellschaft gehalten werden.

In Südtirol gibt es durch die gesetzliche Gleichstellung beider Landessprachen den großen Vorteil, dass Gesellschaften ihre Satzung, aber auch alle anderen Akten wahlweise in deutscher oder ­italienischer Sprache abfassen können.

AG ODER GMBH? Bei der Wahl der Gesellschaftsform sind die spezifischen Anforderungen und der Zweck der ausländischen Gesellschaft in Italien zu berücksichti­ gen. ­Große Konzerne bevorzugen die Gesellschaftsform einer AG (SpA), während mittlere und kleinere Unternehmen meist die Gesellschaftsform einer GmbH (Srl) wählen. Die GmbH ist deshalb das meistgewählte Geschäftsmodell, weil sie nach außen hin über die beschränkte Haftung einer AG verfügt, betriebs­ intern jedoch mehr Flexibilität zulässt.

Bestimmte Akten der Gesellschaft ­sollten jedoch in beiden Sprachen ver­ fasst und hinterlegt werden, besonders dann, wenn man eine Zusammenarbeit mit Unternehmen, Bankinstituten und Institutionen aus anderen Regionen Italiens anstrebt. Auch andere Sprachen können zusätzlich verwendet werden, in Südtirol muss jedoch immer eine der beiden Landessprachen (Deutsch oder Italienisch) vertreten sein.

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OHNE MEHRWERTSTEUERNUMMER GEHT GAR NICHTS Gemäß dem italienischen Steuerrecht muss der gesetzliche Vertreter einer ausländischen Gesellschaft sowohl für die Gründung eines Zweit­sitzes als auch für die Eröffnung einer Betriebsstätte in Italien eine italienische ­Steuernummer (codice fiscale) beantragen. Dieser Antrag auf Zuweisung einer Steuernummer kann auch mittels Voll­ macht eingereicht werden. Sollte in Italien kein Firmensitz b ­ estehen, kann dieser auch am Sitz eines anderen Unternehmens oder eines F­ reiberuflers (etwa bei einem Anwalt oder Steuerberater) gewählt ­werden. Die alleinige Zuweisung der italienischen Steuernummer bringt für den gesetzlichen Vertreter noch keine steuerlichen Verpflichtungen mit sich. Sie dient lediglich der eindeutigen Identifizierung der Person bei der Meldung des Zweitsitzes oder der Betriebsstätte. Für die Zuweisung der Mehrwertsteuernummer gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: entweder die Anmeldung über einen Fiskalvertre­ ter oder eine direkte Registrierung. Der Fiskalvertreter ist in der Regel ein Partnerunter­nehmen in Italien oder aber ein Steuerberater, der die gesamte Abwicklung der Mehrwertsteuer­pflichten übernimmt und auch gegenüber dem Kunden als steuerlicher Vertreter auftritt. Bei der direkten Registrierung hingegen beantragt das ausländische Unternehmen (in der Regel mit Hilfe eines i­talienischen Steuerberaters) „direkt“ eine italieni­ sche Mehrwertsteuer­nummer bei der Agentur der Einnahmen (Agenzia delle Entrate). Zu beachten gilt, dass eventuelle Pflichten für die Mitteilung der inner­ gemeinschaftlichen Umsätze (Intrastat) zur Gänze beim ausländischen Unternehmen liegen und dieses auch die italienische Mehrwertsteuer­ schuld berechnen muss. Das Unternehmen muss die Steuerschuld mittels elektronischer Einzahlung über den Zahlungsvordruck F24 von einem italienischen Bankkontokorrent an das italienische Steueramt überweisen.

F24 IN SÜDTIROL Das einheitliche Zahlungsformular F24 ist in Südtirol in beiden Sprachen (Italienisch und Deutsch) verfügbar.

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03 DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM


03 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Direkte und indirekte Steuern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Direkte Steuern .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Die Körperschaftssteuer IRES .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Transparenz- oder Durchgriffbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Transparenzbesteuerung zwischen Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . 31 Die Eigenkapitalförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Die regionale Wertschöpfungssteuer IRAP .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Besteuerung von Dividenden aus italienischen Gesellschaften . . . . . 33 Verrechnungspreise in Italien (Transfer Pricing) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Die Einkommenssteuer der natürlichen Personen IRPEF. . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Regionaler Zuschlag auf die Einkommenssteuer der natürlichen Personen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Kommunaler Zuschlag auf die Einkommenssteuer der natürlichen Personen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Indirekte Steuern .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Die Mehrwertsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Die Registersteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Die Hypothekarsteuer und die Katastersteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Die Stempelsteuer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Die Konzessionsgebühr für Geschäftsbücher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Die Handelskammergebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Die kommunale Immobiliensteuer (IMU) und die Steuer auf kommunale Dienstleistungen (TASI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 GIS statt IMU: Die Gemeindeimmobiliensteuer in Südtirol .. . . . . . . . . . 38


03 SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT IMMOBILIEN

ALLGEMEINES Transparenz und Bürokratieabbau: Italien unternimmt derzeit tiefgreifende Reformen, um Steuerrecht, Arbeitsrecht und Verwaltung zu modernisieren. In Südtirol gelten indes aufgrund der Autonomie einige steuerliche Sonderregelungen. Südtirol hat als autonome italienische Provinz eine Reihe von ­Gesetzgebungskompetenzen, die es dem Land erlauben, von einigen gesamt­staatlichen Bestimmungen abzu­weichen. Dies trifft auch auf bestimmte Steuern zu. Das Land Südtirol nutzt diesen Spielraum, um die Wirtschaftsleistung des Landes zu fördern. Die Autonome Provinz Bozen gehört dadurch zu den Provinzen mit der niedrigsten Steuerlast in Italien. Im Jahr 2014 hat die italienische Regierung mit der Umsetzung einer Steuerreform begonnen, um das Steuersystem trans­parenter zu ­gestalten und stärker den Bedürfnissen der Unternehmen anzupassen. Die Neuerungen betreffen unter anderem das Kataster­wesen, Maß­ nahmen zur Bekämpfung von Steuer­hinterziehung sowie ver­schiedene Ver­einfachungen wie beispielsweise bei der Steuer­erklärung für Privatpersonen.

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DIREKTE UND INDIREKTE STEUERN Grundsätzlich unterscheidet man in Italien zwischen direkten Steuern – also Steuern, die direkt das Einkommen treffen – und indirekten Steuern, die bei den Konsum­ausgaben anfallen.

DIREKTE STEUERN DIE KÖRPERSCHAFTSSTEUER IRES Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und nicht gewerb­liche Körperschaf­ ten unterliegen in Italien der Körperschaftssteuer IRES (Imposta sul reddito delle società).

Grundsätzlich

27,5 % IRES-Steuersatz für Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und nicht gewerb­liche Körperschaften

Das italienische Steuerrecht unterscheidet zwischen einer u ­ nbeschränkten und einer beschränkten Steuerpflicht. In ­Italien ansässige Gesellschaften und Körperschaften sind ­unbeschränkt mit ihrem Welteinkommen in Italien steuer­pflichtig. Für nicht ansässige Gesellschaften und Körperschaften zählen nur die in Italien erzielten Erträge zum Unter­nehmensein­kommen. In Italien als ansässig gelten Gesellschaften oder Körperschaften, wenn sie dort für den vorwiegenden Teil der Steuerperiode ihren Rechts- oder ­Verwaltungssitz gemeldet haben oder wenn sie ihre Haupt­tätigkeit auf Staatsgebiet ausüben. Grundsätzlich beträgt der IRES-Steuersatz 27,5 %. Als Steuerbemessungs­ grundlage gilt der Gewinn auf Basis der handelsrechtlichen Gewinnund ­Verlustrechnung, wobei für bestimmte Einnahmen und Ausgaben noch steuerliche Korrekturen (die sogenannte Plus-Minus-Rechnung) ­vorzu­nehmen sind. Als Besteuerungszeitraum gilt im Regelfall das Kalenderjahr. Falls von gesetz­ lichen Vorschriften oder den Gesellschaftssatzungen vorgesehen, gilt das vom Kalenderjahr abweichende Geschäftsjahr; für ausländische Gesellschaf­ ten gilt aber zwingend das Kalenderjahr.

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WER UNTERLIEGT DER IRES? Aktiengesellschaften (AG – SpA)

Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA – Sapa)

Gesellschaften mit ­beschränkter ­Haftung (GmbH – Srl), auch Ein-Personen-GmbHs

Versicherungsgenossenschaften Genossenschaften

nicht ansässige Körperschaften und Gesellschaften

(Auch ausländische Personen­­gesellschaften unterliegen der Körperschaftssteuer; die Transparenz­ besteuerung für in Italien ansässige ­Personengesellschaften gilt für sie nicht.)

Öffentliche und private Körperschaften, die neben ihren institutionellen ­Auf­gaben ausschließlich oder vorwiegend eine Handelstätigkeit ausüben

Anreiz für gewinnstarke Unter­nehmen Transparenz- oder Durchgriffbesteuerung Die Gewinne einer GmbH unterliegen laut dieser Regelung nicht der Körper­ schaftssteuer IRES, sondern werden den einzelnen Gesellschaftern gemäß ihrer Beteiligung zugewiesen und den progressiven Einkommenssteuersätzen unterworfen. Vor allem bei niedrigen Einkommensklassen der Gesellschafter lässt sich dadurch eine Steuerersparnis erzielen. Damit eine Transparenzbesteuerung bei kleineren und mittleren GmbH angewandt werden kann, müssen alle Gesellschafter (natürliche Personen) in Italien ansässig sein und die Anzahl der Gesellschafter darf zehn (bei GmbHs) beziehungsweise 20 (bei Genossenschaf­ ten) nicht übersteigen. Zudem darf die Umsatzgrenze für die Anwendung der Branchenkennzahlen (derzeit 7,5 Millio­ nen Euro) nicht überschritten werden. Die Option für die Transparenzbesteue­ rung muss von der Gesellschaft und allen Gesellschaftern ausgesprochen werden und bleibt grundsätzlich für drei Jahre aufrecht.

Steuerersparnis für ­kleinere GmbHs

Transparenzbesteuerung zwischen ­Kapitalgesellschaften Voraussetzung für diese Besteuerungs­ form ist, dass alle beteiligten Gesell­ schaften ihren Sitz in Italien haben. Sollte der Sitz einer beteiligten Gesell­ schaft im EU-Ausland liegen, ist die Transparenzbesteuerung nur möglich, wenn keine Pflicht zur Anwendung von Steuerrückbehalten besteht. Bei Gesellschaften mit Sitz in Dritt­ staaten (nicht-EU) ist eine Transparenz­ besteuerung grundsätzlich nicht möglich. Jede der beteiligten Gesellschaften muss eine Beteiligung zwischen 10 und 50% aufweisen und gleichzeitig über einen entsprechenden Stimmenanteil in der Gesellschafterversammlung verfügen. Die Gewinne werden den beteiligten ­Gesellschaften zugesprochen, unabhän­ gig von der effektiven Auszahlung. Die Option für die Transparenzbe­ steuerung muss von allen beteiligten Gesellschaften ausgesprochen werden und bleibt grundsätzlich für drei Jahre aufrecht.

Die Eigenkapitalförderung Seit dem Jahr 2011 können Unterneh­ men für die Aufstockung des Reinver­ mögens eine fiktive Verzinsung auf das Eigenkapital von der Bemessungsgrund­ lage für die Körperschaftssteuer IRES abziehen – ein lukrativer Anreiz vor allem für gewinnstarke Unternehmen. Bei Kapitalgesellschaften wird dafür ­jährlich (mit Bezug auf das Reinver­ mögen zum 31.12.2010) die Steigerung des Reinvermögens berücksichtigt (zum Beispiel Kapitaleinlagen, Gewinn­ zuweisungen an Rücklagen oder der unwiderrufliche Verzicht auf Gesell­ schafterfinanzierungen), während Personengesellschaften und Einzelunter­ nehmen mit ordentlicher Buchführung das gesamte Reinvermögen zum 31.12. eines jeden Jahres in die Berechnung einfließen lassen können. Bei Gruppen- oder Transparenzbesteu­ erung können eventuelle Überschüsse übergeordneten Gesellschaften bezie­ hungsweise den Gesellschaftern zuge­ wiesen werden. Für die Jahre 2011–2013 war die Eigen­ kapitalverzinsung mit 3 % festgelegt. Für die Jahre 2014, 2015 und 2016 wurde die Verzinsung auf respektive 4 %, 4,5 % und 4,75 % angehoben. 31


DIE REGIONALE WERTSCHÖPFUNGS­STEUER IRAP Die regionale Wertschöpfungssteuer IRAP (Imposta ­regionale sulle attività produttive) muss für jede gewohnheitsmäßige Aus­ übung von eigenständig organisierten Tätigkeiten, die auf die Produktion oder den Austausch von Gütern oder Dienstleistun­ gen ausgerichtet ist, entrichtet werden. In der Praxis bedeutet dies, dass alle Gesellschaften und auch die meisten anderen Unternehmensformen der IRAP unterliegen. Die IRAP wird auf die Netto-Wertschöpfung eines Unterneh­ mens berechnet, also auf das erzielte Einkommen zuzüglich der Personalkosten für befristete Arbeitsverhältnisse und der Finanzaufwendungen. Von der Bemessungsgrundlage können Sozial- und Rentenbeiträge abgezogen werden, zudem sind Freibeträge und Pauschalabzüge vorgesehen.

IN SÜDTIROL IRAP-Satz 2,68 % Im Vergleich dazu liegt der gesamt-­ staatliche Regelsatz derzeit bei 3,9 %, wobei auch dieser in den nächsten Jahren sinken dürfte. Neu gegründete Unternehmen in Südtirol sind für die ersten fünf Jahre ihrer Tätigkeit von der IRAP befreit. Dies gilt – vorbehaltlich einer möglichen Verlängerung – nur für Unternehmen, die vor dem 31. Dezember 2015 gegründet werden.

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Die für befristete Arbeitsverhältnisse bezahlte IRAP kann von der Einkommenssteuer des Unternehmens (IRPEF oder IRES) abgezogen werden. Sind Personal- und/oder Zinsaufwendun­ gen vorhanden, kann zusätzlich ein Pauschalabzug von 10 % der IRAP von der Bemessungsgrundlage für die Einkommens­ steuern in Abzug gebracht werden.


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BESTEUERUNG VON DIVIDENDEN AUS ITALIENISCHEN GESELLSCHAFTEN

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1 INLÄNDISCHE GESELLSCHAFTEN

Der Körperschaftssteuer unterliegen 5 % des aus­geschütteten Betrages.

NATÜRLICHE PERSONEN

2 AUSLÄNDISCHE GESELLSCHAFTEN

Bei Ausschüttung wird eine Quellen­steuer von 27 % ­einbehalten, ­vorbehaltlich ­eines n ­ iedrigeren Satzes gemäß der Anwendung von Doppel­ besteuerungsabkommen. Bei ­Anwendbarkeit der EU-MutterTochter-Richtlinie gilt eine ­Quellensteuerbefreiung.

Bei nicht wesentlichen Beteiligungen wird eine Quellensteuer von 26 % einbehalten. Eine Beteiligung gilt dann als nicht wesentlich, wenn bei nicht börsennotierten Unter­nehmen die Stimmrechte weniger als 20 % oder die Beteiligung am Kapital weniger als 25 % betragen. Bei b ­ örsennotierten Gesellschaften gilt eine Beteiligung als nicht wesentlich, wenn die Stimmrechte 2 % oder die B ­ eteiligung am Kapital 5 % nicht überschreiten. Die Dividenden aus nicht wesentlichen Beteiligungen, die von natürlichen Personen gehalten werden, gelten als e­ ndgültig besteuert und müssen in der Steuererklärung nicht mehr angegeben werden. Bei einer wesentlichen Beteiligung (also bei Über­schreiten der zuvor genannten Grenzen) werden 60,46 % des ausgeschütteten Betrages für die Bemessungsgrundlage herangezogen. Dieser Teil muss gemäß den progressiven Einkommenssteuersätzen besteuert werden.

VERRECHNUNGSPREISE IN ITALIEN (TRANSFER PRICING) Italien hat im Jahr 2010 eine Anpassung an die internationalen Bestimmungen über die Verrechnungspreise (Transfer Pricing) multinationaler Konzerne beziehungsweise international ­verbundener Unternehmen vorgenommen. Grundsätzlich besteht keine Pflicht zur Erstellung einer Verrechnungspreis­ dokumentation, aber es ist möglich, das Vorhandensein dieser Dokumentation freiwillig mitzuteilen. Dies hat den Vorteil, dass im Falle einer Prüfung durch die Finanzverwaltung keine Verwaltungsstrafen zur Anwendung kommen, die bei der ­Ermittlung eines unabhängigen Marktpreises – und infolgedes­ sen eines zu niedrig erklärten Einkommens – anfallen würden.

Eine angemessene Verrechnungspreisdokumentation ­besteht in Italien aus zwei Teilen: dem „Masterfile“, das einen allge­ meinen Überblick über die Tätigkeiten und Eigenschaften des Konzerns und die Grundsätze des Verrechnungspreissystems beinhaltet, und dem „Countryfile“, das für die einzelnen Unter­ nehmen des Konzerns mit länderspezifischen Informationen erstellt werden muss. Beide „Files“ müssen in italienischer Sprache abgefasst werden, außer das „Masterfile“ wurde bereits von einer EU-Muttergesellschaft außerhalb von Italien erstellt. Die Verrechnungspreisdokumentation ist jährlich zu erstellen oder anzupassen.

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DIE EINKOMMENSSTEUER DER NATÜRLICHEN PERSONEN IRPEF In Italien ansässige natürliche Personen sind mit ­allen in- und ausländischen Einkünften ­unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig (Imposta sul reddito delle persone fisiche – IRPEF). Nicht ansässige Personen unterliegen der Einkommens­steuer beschränkt, also nur mit den in Italien erzielten Einkünften. In Italien ansässig gelten alle Personen, die mindes­ tens 183 Tage eines Jahres im Einwohnermelderegis­ ter eingetragen sind, im Staatsgebiet ihren beruf­ lichen Aufenthaltsort (domicilio) unterhalten oder ihren Hauptwohnsitz (residenza) gemeldet haben. Die Ansässigkeit wird vermutet, wenn auch nur eine dieser Voraussetzungen zutrifft. Zum steuerpflichtigen Gesamteinkommen zählen Einkünfte aus Grund- und Gebäudebesitz, unselbst­ ständiger Arbeit oder freiberuflicher ­Tätigkeit, Unter­ nehmenseinkünfte, Kapital­vermögen und sonstige Einkünfte. Verschiedene Sonderausgaben (etwa Sozial- und Rentenbeiträge oder freiwillige Einzah­ lungen in Pensionsfonds) können in Abzug gebracht werden.

PROGRESSIVE STEUERSÄTZE zu versteuerndes Einkommen in Euro

43 %

auf Differenzbetrag + 25.420 €

41 %

auf Differenzbetrag + 17.220 €

38 %

auf Differenzbetrag + 6.960 €

27 %

auf Differenzbetrag + 3.450 €

23 %

des Einkommens

55.000,00

28.000,00

15.000,00

0,00

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Bruttosteuern

75.000,00

Das zu versteuernde Einkommen unterliegt pro­ gressiv – also proportional je nach Einkommen – unterschiedlichen Steuersätzen (siehe Grafik). Von der Bruttosteuer können verschiedene Steuer­abzüge (zum Beispiel Arztspesen, zu Lasten lebende Familien­angehörige, Prämien für Lebens- und Unfallversicherungen, außerordentliche Instandhaltungs­arbeiten, Umbauarbeiten oder Arbeiten für Energieeinsparungen an Gebäuden) geltend gemacht werden.

Steuersatz


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REGIONALER ZUSCHLAG AUF DIE EINKOMMENS­STEUER DER ­ NATÜRLICHEN PERSONEN Die einzelnen Regionen Italiens können einen Zuschlag auf die Einkommenssteuer (­ Addizionale regionale all’IRPEF) einheben. In der Region Trentino-Südtirol wurde der ­Steuersatz mit 1,23 % festgelegt. Für steuerlich zu Lasten lebende Kinder kann ein Steuer­abzug von 252 Euro je Kind geltend gemacht werden, bis zu einem Gesamt­ einkommen von höchstens 70.000 Euro. Für alle Steuerpflichtigen in Südtirol wird ab 2014 – ­unabhängig von der Höhe des ­Einkommens – ein Betrag von 20.000 Euro von der Bemessungsgrund­lage abgezogen.

0,2 % AUF STEUERPFLICHTIGES EINKOMMEN darf erhöht werden, aber im Dreijahreszeitraum 0,5 % nicht überschreiten

€ 252 STEUERABZUG / KIND bis zu einem Gesamteinkommen von höchstens 70.000 Euro

KOMMUNALER ZUSCHLAG AUF DIE EINKOMMENSSTEUER DER ­NATÜRLICHEN ­PERSONEN Die einzelnen Gemeinden haben die Möglichkeit, auf das steuerpflichtige Einkommen einen Hebesatz von 0,2 % (Addizionale comunale all’IRPEF) im Jahr der Einführung anzuwenden. Dieser kann in den Folge­jahren erhöht werden, darf im Dreijahreszeitraum aber 0,5 % nicht überschreiten. In Südtirol haben bislang nur wenige Gemeinden diese Möglichkeit in Anspruch genommen.

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INDIREKTE STEUERN DIE MEHRWERTSTEUER Die Mehrwertsteuer (auf Italienisch IVA, kurz für Imposta sul valore aggiunto) ist die wichtigste aller indirekten Steuern. Steuerschuldner sind alle Unter­ nehmen und Freiberufler, öffentliche und private Körperschaften, sowie – in einigen A ­ usnahmefällen – auch Privatpersonen. Die Mehrwertsteuer ist für den Unternehmer grundsätzlich ein Durchlaufposten und somit steuerlich neutral: Sie kann auf die Einkäufe abgezogen werden, sofern sich diese auf die betriebliche Tätigkeit beziehen. Objektive Grenzen bezüglich der Abzugs­ fähigkeit betreffen beispielsweise den Ankauf und die Betriebskosten von PKWs oder Mobiltelefonen sowie Repräsentationsausgaben.

Seit 01.10.2013

22 % Ordentlicher Mehrwertsteuersatz

Der ordentliche Mehrwertsteuersatz ist seit 01.10.2013 mit 22 % festgelegt. Er wird grundsätzlich bei Warenverkäufen und der E­ rbringung von ­Dienstleistungen angewandt, wobei es zahlreiche Ausnahmen gibt: > Der reduzierte Mehrwertsteuersatz von 10 % gilt für Lebens­mittel ­(außer Grundnahrungsmittel), Haushaltsstrom, Trinkwasser, ­ Dienstleistungen im Fremdenverkehr (Hotels, Gastlokale und andere touristische Dienstleistungen) sowie Sanierungsarbeiten an Wohngebäuden. > Der Mehrwertsteuersatz von 4 % wird für Grundnahrungsmittel (etwa Brot, Reis, Milch, Speiseöl, Gemüse), Bücher und Zeitschriften, sowie bei Begünstigungen für den Erwerb oder den Ausbau einer ­Erstwohnung angewandt. Grundsätzlich wird die Mehrwertsteuer monatlich abgerechnet und muss innerhalb des 16. des Folgemonats über das elektronische Einzahlungsformu­ lar F24 entrichtet werden. Die Abrechnung kann – sofern die Umsatzgrenzen von 400.000 Euro für Dienstleister und 700.000 Euro für andere Unterneh­ men nicht überschritten worden sind – mit einem Zinsaufschlag von 1 % auch im Quartal erfolgen. Bei innergemeinschaftlichen Umsätzen ist eine vorherige Eintragung in das VIES-Verzeichnis erforderlich. Bei Neuanmeldung einer Mehrwertsteuer­ nummer ist der Antragsteller automatisch für ein Jahr in der VIES-Datenbank eingetragen. Sollte der Unternehmer innerhalb eines Jahres keine innerge­ meinschaftlichen An- oder Verkäufe (Intrastat-Meldungen) durchführen, wird er aus dieser Datenbank wieder gestrichen. Sollte der Unternehmer zu einem späteren Zeitpunkt einen innergemeinschaftlichen Ankauf oder Verkauf durchführen wollen, muss er den Antrag für die Aufnahme in das Verzeichnis neu einreichen.

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DIE REGISTERSTEUER Die Registersteuer (Imposta di registro) ist bei der Registrierung von Verträgen und Schriftstücken (meist mit vermögensrechtlichem Hintergrund) zu entrichten. Man unterscheidet zwischen registrierungspflichti­ gen Akten (z. B. Kaufverträge, ­Mietverträge, Schen­ kungsverträge) und einer Registrierung im Verwen­ dungsfall (Schriftstücke, die vor Gericht vorgelegt oder öffentlichen Urkunden beigelegt werden). Um Schriftstücken eine juristische Existenz beziehungs­ weise ein sicheres Datum zu verleihen, besteht auch die Möglichkeit der freiwilligen Registrierung. Die Registersteuer wird entweder als Fixbetrag (200 Euro bzw. 67 Euro), prozentuell mit eigenen Steuersätzen, oder als Tarif (für Fahrzeuge) ein­ gehoben.

DIE STEMPELSTEUER Die Stempelsteuer (Imposta di bollo) ist bei einigen Schriftstücken verpflichtend (z. B. bei notariellen Urkunden, Gesellschaftsbüchern, ­Zirkularschecks, Quittungen), bei einigen Dokumenten nur im ­Verwendungsfall. Die Stempel­steuer wird entweder als fixe oder als proportionale Steuer eingehoben.

DIE HYPOTHEKARSTEUER UND DIE K ­ ATASTERSTEUER Die Hypothekar- und die Katastersteuer (Imposta ­ipotecaria und Imposta catastale) kommen vor­ wiegend bei der Eintragung von registrierungs­ pflichtigen Akten, der Begründung von Hypo­theken oder anderen dinglichen Rechten zur Anwendung. Seit dem 01.01.2014 kommen im Regelfall die pauschalen Steuerbeträge von 50 oder 200 Euro zur Anwendung.

DIE KONZESSIONS­GEBÜHR FÜR ­GESCHÄFTSBÜCHER Die Konzessionsgebühr (Tassa di concessione governativa) wird vom Staat oder den Regionen eingehoben. Kapitalgesellschaften müssen anstelle der Beglaubigung der Gesellschaftsbücher (z. B. Buch der Gesellschafter, Buch der Hauptversamm­ lungen, Buch des Verwaltungsrates oder Buch des Aufsichtsrates) jährlich eine Pauschalgebühr entrichten. Die Gebühr richtet sich nach der Höhe des Stammkapitals zum 1. Januar eines jeden Jahres und beträgt 309,87 Euro für Gesellschaften mit einem Stammkapital bis zu 516.456,90 Euro und 516,46 Euro für Gesellschaften mit einem Stamm­ kapital über diesem Grenzwert. Jene Unternehmen, die von der Pauschalgebühr befreit sind (z. B. Personengesellschaften oder ­Konsortien), müssen für das Anlegen der Gesell­ schaftsbücher eine Gebühr von 67 Euro je 500 Buchseiten entrichten.

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DIE HANDELSKAMMER­GEBÜHR Die Handelskammergebühr ist jährlich innerhalb der Fristen für die Einzahlung der Einkommensteuern zu entrichten. Die in der ordentlichen Sektion des Handelsregisters eingetra­ genen Unternehmen (z. B. Personen- und Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und Konsortien) berechnen die Jahres­ gebühr anhand eines gestaffelten Tarifs, der auf den Umsatz­ erlösen des Vorjahres basiert. Einzelunternehmen, die in der ­ordentlichen Sektion eingetragen sind, zahlen nicht nach Um­ satz, sondern einen Fixbetrag von 130 Euro für den Firmensitz. Die in der Sondersektion des Handelsregisters eingetragenen Einzelunternehmen (Kleinunternehmer, Handwerksunterneh­ men, landwirtschaftliche Unternehmen) sind zur Zahlung einer festen Gebühr von 57 Euro verpflichtet. Für einfache landwirt­ schaftliche Gesellschaften beträgt die Jahresgebühr 65 Euro, für einfache nicht landwirtschaftliche Gesellschaften sowie Gesellschaften zwischen Freiberuflern 130 Euro. Wird die Unternehmenstätigkeit auch mittels Betriebseinheiten ausgeübt, muss für jede Betriebseinheit eine Gebühr entrichtet werden. Diese beträgt 20 % der Handelskammergebühr für den Hauptsitz (mit einer Obergrenze von 130 Euro) und muss an die gebietsmäßig zuständige Handelskammer entrichtet werden. Für die Betriebseinheiten von Unternehmen mit Hauptsitz im Ausland muss eine Fixgebühr von 71,50 Euro je Betriebsein­ heit entrichtet werden. Die Jahresgebühr wird elektronisch mittels Zahlungsvordruck F24 einbezahlt.

F24

DIE KOMMUNALE IMMOBILIENSTEUER (IMU) UND DIE STEUER AUF KOMMUNALE DIENSTLEISTUNGEN (TASI) In Italien gelten zwei Arten von kommunalen ­Steuern: Die Immobiliensteuer IMU (Imposta municipale unica) sowie die Steuer auf kommunale Dienstleistungen TASI (Tassa sui servizi indivisibili, wörtlich: „Steuer auf unteilbare Dienste“).

IN SÜDTIROL GIS statt IMU: Die Gemeindeimmobiliensteuer Die kommunalen Steuern IMU und TASI werden in Südtirol nicht angewandt: Die Autonome Provinz Bozen hat aufgrund ihrer Gesetz- gebungskompetenzen eigene Regelungen für die Immobiliensteuer geschaffen, die von den gesamtstaatlichen Bestimmungen abweichen. Im Jahr 2014 wurde per Landesgesetz die Gemeindeimmobiliensteuer (GIS) eingeführt. Die GIS müssen unter anderem Eigentümer von Gebäuden und Baugründen, Inhaber von Frucht- ­genuss- (also Nießbrauch-), Nutzungs-, Wohnoder Überbaurechten sowie Leasing­nehmer von geleasten Immobilien entrichten. Der ordentliche Steuersatz beträgt 0,76 % des aufgewerteten Katasterwerts. Die einzelnen ­Gemeinden können die verschiedenen Hebe- sätze innerhalb der gesetzlich festgelegten Rahmen­bedingungen erhöhen oder senken. Es sind für die verschiedenen Gebäudekategorien unterschiedliche Steuersätze vorgesehen. Für die Haupt­wohnung oder für kinderreiche Familien gibt es weitere Freibeträge.

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04 FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN


04 Unternehmensförderung in Südtirol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Förderungen für Forschung und Entwicklung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Förderungen für die Internationalisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Gefördertes Darlehen zur Beschaffung von Liquidität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44


04 SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT IMMOBILIEN

UNTERNEHMENSFÖRDERUNG IN SÜDTIROL Neben verschiedenen Steuerbegünstigungen auf staatlicher Ebene können U ­ nternehmen eine Reihe von Förderungen in Anspruch nehmen, die das Land Südtirol (die Autonome ­Provinz Bozen) bereitstellt. Der Schwerpunkt dieser Fördermaß­nahmen liegt zum einen auf Tätigkeiten, die auf Export und Internationalisierung gerichtet sind, zum anderen auf Innova­tions­ projekten in Forschung und Entwicklung. Alle in diesem Kapitel dargelegten Informationen zu den Fördermaßnahmen und die angegebenen Prozentsätze können von Fall zu Fall und je nach Größe des Unter­ nehmens variieren.

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FÖRDERUNGEN FÜR FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG

Unternehmen, die ordnungsgemäß im Handelsregister eingetragen sind und eine Tätigkeit in Südtirol aufweisen, können um die Förderungen für Forschungs- und Entwicklungsprojekte ansuchen. Außerdem können Unternehmen, die sich in der Provinz Bozen ansiedeln wollen, um ein Forschungs- oder Entwicklungsprojekt zu realisieren, für Förderungen von Forschungs- und Entwicklungsprojekten ansuchen. Voraussetzung ist, dass sie eine e­ ntsprechende Vereinbarung für die Ansiedelung von innovativen Unter­nehmen mit der Südtiroler Landesverwaltung abschließen.

EURO

EURO

EUR

O

40

Wichtig ist in beiden Fällen, dass es sich dabei um innovative Forschungsund Entwicklungsleistungen handelt (z. B. neuartige Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen im Vergleich zum jetzigen internationalen Stand der Technik).


04 SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT IMMOBILIEN

ZULÄSSIG FÜR EINE FÖRDERUNG SIND FOLGENDE AUSGABEN: (sofern sie mit dem Projekt im Bereich Forschung und Entwicklung zusammenhängen)

für Berater oder Institute, die Zertifizierungen vornehmen

die unmittelbar durch das Forschungs- vorhaben entstehen, als Pauschal­ förderung im Ausmaß von maximal 15 % der anerkannten Personalkosten

für Ankauf von Rohstoffen und Materialien, die für das Projekt notwendig sind

für unternehmensinternes Personal (Angestellte, Forscher, Inhaber, Gesellschafter und Geschäftsführer)

für Anerkennung von Patenten und anderen industriellen Urheberrechten

für Ankauf und Betrieb von Gerätschaften und Maschinen, die für das Projekt notwendig sind

für Nutzung von Gebäuden und Grundstücken

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Die in folgenden Tabelle angeführten Informationen sind abhängig von der Größe des jeweiligen Unternehmens.

FÖRDERUNGSFÄHIGE MASSNAHMEN

MAX. % DER FÖRDERUNG FÜR EINZELGESUCHE*

ZUR FÖRDERUNG ZUGELASSENE TÄTIGKEITEN UND AUSGABEN Gefördert werden experimentelle oder theoretische Studien, die in erster Linie dem Gewinn neuer Erkenntnisse über die Ursa­

GRUNDLAGENFORSCHUNG

100 %

chen von Phänomenen und beobachtbaren Tatsachen dienen, ohne dass besondere praktische Anwendungen oder Nutzungen vorgesehen sind. Gefördert wird die Gewinnung neuer Erkenntnisse mit dem Ziel,

INDUSTRIELLE FORSCHUNG

50 – 70 %

neue Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen zu entwickeln beziehungsweise erhebliche Verbesserungen bei bestehenden Produkten, Verfahren oder Dienstleistungen zu verwirklichen. Gefördert werden der Erwerb, die Kombination und die Verwen­

EXPERIMENTELLE ENTWICKLUNG

dung von bereits vorhandenem wissenschaftlichen, technolo­

25 – 45 %

gischen oder wirtschaftlichen Know-how mit dem Ziel, Pläne oder Konzepte für neue, veränderte oder verbesserte Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen zu entwickeln.

DURCHFÜHRBARKEITSSTUDIEN FÜR INNOVATION

50 – 65 %

GEWERBLICHE SCHUTZRECHTE

50 %

INNOVATIONSBERATUNGS­DIENSTE UND INNOVATIONSUNTER­ STÜTZENDE DIENSTLEISTUNGEN PROZESS- UND BETRIEBSINNOVATIONEN

HOCH QUALIFIZIERTES PERSONAL IMPLEMENTIERUNG VON MANAGEMENT­SYSTEMEN MIT NATIONAL ODER INTERNATIONAL ANERKANNTER ZERTIFIZIERUNG (ISO, EMAS, OHSAS ...)

60 – 65 %

Bewertung und Analyse des Potenzials eines Projektes. Gefördert werden die Kosten für die Anerkennung von Patenten und anderen industriellen Urheberrechten. Gefördert werden Beratungskosten für die Einführung oder Optimierung eines Innovationsprozesses, Analysen zum Unter­ nehmenspotenzial, Marktforschung etc. Gefördert werden Tätigkeiten, die der Einführung von Prozes­

50 %

sinnovationen oder Innovationen in der Betriebsorganisation dienen.

50 % unter Anwendung der De-minimisRegelung

15 – 35 % unter Anwendung der De-minimisRegelung

*n ach vorhergehendem Ansuchen und nur für tatsächlich zulässige Ausgaben

42

Gefördert werden die Kosten für Durchführbarkeitsstudien zur

Als hoch qualifiziertes Personal gelten Mitarbeiter mit einem Mastertitel in einer technisch-wissenschaftlichen Disziplin oder einem Doktorat (in- oder ausländisch) und mindestens fünfjäh­ riger Berufserfahrung in der Branche. Gefördert werden jene Vorhaben, die zu einer international anerkannten Zertifizierung führen. Es werden nur die Kosten für die erste Zertifizierung berücksichtigt; die Kosten für ihre Erneuerung werden nicht gefördert.


04 SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT IMMOBILIEN

FÖRDERUNGEN FÜR DIE INTERNATIONALISIERUNG Die in der folgenden Tabelle angeführten Informationen sind abhängig von der Größe des ­jeweiligen Unternehmens.

FÖRDERUNGSFÄHIGE MASSNAHMEN

TEILNAHME AN MESSEN UND VERANSTALTUNGEN

MAX. % DER FÖRDERUNG*

50 % freigestellte Förderung

ZUR FÖRDERUNG ZUGELASSENE TÄTIGKEITEN UND AUSGABEN Zur Förderung zugelassen sind die Grundkosten für die Teilnahme an ­Messen und Ausstellungen (z. B. Miete der Ausstellungsfläche, Standmiete, ­ Auf- und Abbau des Messestands etc.). Es besteht die Möglichkeit, einen Berater mit Studien, Forschungen und Beratungen zu beauftragen, um

MARKTANALYSEN (MARKTFORSCHUNG)

50 %

Informationen und Know-how für die ­Expansion in

freigestellte Förderung

neue Märkte außerhalb Südtirols zu erlangen, und eine Förderung für diese Kosten zu erhalten. Die höchste dafür zugelassene Investitionssumme beträgt 20.000 Euro. Im Laufe einer Expansion in neue Märkte können

MARKTERSCHLIESSUNGS­ VORHABEN UND ­ANPASSUNG VON PRODUKTEN

­Kosten für Beratungen durch Dritte gefördert werden,

50 % De-minimisFörderung

die für Markterschließungsvorhaben und für die Anpassung von Produkten an neue Zielmärkte (und deren spezifische Regeln und Bedingungen) notwendig sind. Maximale Investitionssumme: 40.000 € je Projekt; Zeitraum: maximal 12 Monate.

VERSICHERUNGSPOLIZZEN FÜR EXPORTKREDITE

50 % De-minimisFörderung

Gefördert werden die Kosten für den Abschluss einer Versicherungspolizze für Exportkredite für Geschäfte mit Unternehmen in Ländern außerhalb der EU und außerhalb der OECD.

* nach vorhergehendem Ansuchen und nur für tatsächlich zulässige Ausgaben

43


GEFÖRDERTES DARLEHEN ZUR BESCHAFFUNG VON LIQUIDITÄT Mit einem Darlehen aus dem Rotationsfonds des Landes Südtirol können Unternehmen einen einmaligen Beitrag zur Beschaffung von Liquidität erhalten. Dieser beträgt bis zu 50.000 Euro mit einer Tilgungszeit von 7 Jahren, inklusive 2 Jahren Vortilgungszeit. Um dieses Darlehen kann in folgenden Fällen angesucht werden:

bis zu

50.000 € Darlehen aus dem Rotationsfond

BETRIEBSANSIEDLUNG in Betriebsgründerzentren in Südtirol

BETRIEBSNACHFOLGE

P

OO K

NE UG RÜ N

DU N

G

44

NEN

TIO ERA

BETRIEBSÜBERNAHME


05 DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS


05 Grundlagen der Finanzierung in Italien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Fremdfinanzierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Kurzfristige Fremdfinanzierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Kundenkredit (Anzahlung, Teilzahlung, Vorauszahlung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Lieferantenkredit (Kauf auf Ziel). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Kontokorrentkredit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Bevorschussung von Bankquittungen (Ri.Ba), Rechnungen und Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Factoring .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Außenhandelsfinanzierung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Mittel- und langfristige Fremdfinanzierung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Darlehen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Projektfinanzierung/Bauträgerfinanzierung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Poolfinanzierung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Leasing .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Alternative Finanzierungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Bankgarantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Garantiegenossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Venture Capital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Minibonds. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Crowdfunding. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Wissenswertes über Finanzierungen und Kredite. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Beantragung eines Kredites. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Beantragung eines Kredites bei Investitionen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52


05 SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT IMMOBILIEN

GRUNDLAGEN DER FINANZIERUNG IN ITALIEN Der Erfolg eines Unternehmens hängt maßgeblich von einer ausgewogenen Finanzierung ab. Die Aufgaben einer Finanzierung sind die Kapitalbeschaffung und die Liquiditätssicherung. Wichtig ist eine möglichst genaue Planung des Kapitalbedarfs. Man unterscheidet nach der Herkunft der Mittel zwischen Außen- und In­ nenfinanzierung und aus Sicht der Eigentumsverhältnisse zwischen Eigenund Fremdkapitalfinanzierung:

EIGENKAPITAL

FREMDKAPITAL

AUSSENFINANZIERUNG

BETEILIGUNGSFINANZIERUNG

KREDITFINANZIERUNG

INNENFINANZIERUNG

SELBSTFINANZIERUNG

RÜCKSTELLUNGEN

Die Beteiligungsfinanzierung ist also sowohl Eigenkapital- wie auch ­Außenfinanzierung: Die Mittel dafür kommen von außerhalb des ­Unter­nehmens, beispielsweise durch die Aufnahme neuer Gesellschafter oder die Ausgabe weiterer Quoten oder Aktien. Im Gegensatz dazu kommt das Kapital für eine Selbstfinanzierung von innerhalb des Unternehmens, zum Beispiel aus Gewinnrücklagen.

45


Die Kapitalbeschaffung über einen Kredit ist die häufigste Finanzie­ rungsform für Unternehmen. Wichtig dabei ist: Die Einnahmen aus den Investitionen, die durch den Kredit finanziert werden, müssen die Tilgung und Zinsen übersteigen. Obwohl die Kreditfinanzierung eine Außenfinan­ zierung ist und die Finanzierung aus Rückstellungen von innen kommt, handelt es sich in beiden Fällen um eine Fremdkapitalfinanzierung. Auch Rückstellungen werden dem Fremdkapital zugerechnet: Man bildet sie für zukünftige, ungewisse Ausgaben, beispielsweise für Abfindungen von Mitarbeitern, latente Steuern oder laufende Prozesse. Den Unter­ nehmen steht das Kapital aus diesen Rückstellungen bis zum Eintreffen des Ereignisses (Kündigung des Mitarbeiters, Urteilsspruch etc.) frei zur Verfügung. In Italien sind Abfindungen für alle Arbeitnehmer (sogenannte Abfertigungen) gesetzlich vorgesehen, weshalb die Finanzierungen aus diesen Rückstellungen für Unternehmen sehr üblich sind.

Eigenkapital und Fremdkapital unterscheiden sich im Wesentlichen durch sechs Merkmale:

EIGENKAPITAL

46

FREMDKAPITAL

ERFOLGSBETEILIGUNG

1

KEINE ERFOLGSBETEILIGUNG

KEINE FESTEN AUSZAHLUNGS­ANSPRÜCHE

2

FESTER ANSPRUCH AUF ZINS- UND TILGUNGSZAHLUNGEN

QUOTENANTEIL

3

NOMINALANSPRUCH

UNBEFRISTETE ÜBERLASSUNG

4

BEFRISTETE ÜBERLASSUNG

HAFTUNG

5

KEINE HAFTUNG

MITWIRKUNGSRECHTE BEI DER UNTERNEHMENSLEITUNG

6

KEINE MITWIRKUNGSRECHTE BEI DER UNTERNEHMENSLEITUNG


05 SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT IMMOBILIEN

FREMDFINANZIERUNG Im Rahmen dieses Leitfadens soll die Außenfinanzierung durch Fremdkapital näher betrachtet werden. Sie befasst sich mit der Kapitalbeschaffung durch Kapitalgeber von außerhalb des Unternehmens.

1

Unterscheidung nach der Zeitdauer der Kreditleistung

Jahr KURZFRISTIGE Fremd­finanzierung

4

Jahre

1– 4

LANGFRISTIGE Fremd­finanzierung

Jahre MITTELFRISTIGE Fremd­finanzierung

KURZFRISTIGE FREMDFINANZIERUNG Unter kurzfristiger Fremdfinanzierung versteht man Finanzierungen mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr. Grundsätzlich sollte damit nur Umlaufvermögen finanziert werden, um kurzfristig die Liquidität zu sichern. Die wichtigsten Möglichkeiten für ein Unternehmen sind folgende:

KUNDENKREDIT

LIEFERANTENKREDIT

(Anzahlung, Teilzahlung, Vorauszahlung)

(Kauf auf Ziel)

Ein Unternehmen erhält von seinem Kunden den Kaufpreis oder einen Teil davon schon vor dem Abrechnungszeitpunkt, zum Beispiel bei Großprojekten oder ungenügender Kreditwür­ digkeit des Kunden.

Ein Unternehmen erhält Lieferungen oder Leistungen, ohne sie sofort zu bezahlen. Dies ist die häufigste Form der kurzfristigen Finanzierung und bis zur vereinbarten Fälligkeit der Rechnung mit keinen zusätzlichen Kosten verbunden. Im deutschspra­ chigen Raum werden als Anreiz für eine rasche Zahlung häufig Skonti bei sofortiger Zahlung angeboten. Die Ausnutzung dieser Lieferantenskonti ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht in der Regel sehr sinnvoll, wird in Italien jedoch kaum angewandt, da hier lange Zahlungsziele üblich sind.

47


KONTOKORRENTKREDIT

FACTORING

Der Kontokorrentkredit ist der klassische kurzfristige Kre­ dit. Seine Grundlage ist das Bankkonto­korrent, mit dem der tägliche Zahlungsverkehr eines Unternehmens abgewickelt wird. Ein Kontokorrentkredit ist in der Regel sehr flexibel und deswegen ein wichtiges Instrument, um die Zahlungsfähigkeit auch in Zeiten finanzieller Anspannung zu sichern. Dem Unter­ nehmen wird dabei ein Rahmen zugewiesen, innerhalb dessen Zahlungen durchgeführt werden können. Die Höhe richtet sich nach dem kurzfristigen Finanzbedarf des Unternehmens.

Ein Unternehmen kann seine Forderungen aus Warenlieferun­ gen oder Dienstleistungen auch an eine Factoring-Gesellschaft abtreten. Dadurch erhält das Unternehmen das Geld früher und muss sich nicht mehr um das Inkasso kümmern. Einen Teil der Forderung behält die Factoring-Gesellschaft für ihre Inkassotä­ tigkeit ein. Das Ausfallrisiko kann gegen Bezahlung eines Risi­ kozuschlages an die Factoring-Gesellschaft übertragen werden.

BEVORSCHUSSUNG VON BANKQUITTUNGEN (RI.BA), RECHNUNGEN UND VERTRÄGEN Bei der Bevorschussung von Bankquittungen (Ri.Ba, vom italie­ nischen ricevuta bancaria), Rechnungen und Verträgen geht es darum, noch nicht fällige Kundenforderungen vorzeitig zu kas­ sieren, indem sie bis zur Fälligkeit von der Bank vorfinanziert werden. Das Inkassorisiko bleibt beim Unternehmen. Diese Finanzierungsform ist in Italien sehr stark verbreitet.

48

AUSSENHANDELS­FINANZIERUNG Diese kurzfristige Finanzierung beschafft Kapital für Exportund Importgeschäfte. Im Außenhandel gibt es Besonderheiten rechtlicher und kultureller Natur; auch ist die gleichzeitige Übergabe von Ware und Geld aufgrund großer Entfernungen nicht möglich. Daher sind spezielle Formen der kurzfristigen Außenhandelsfinanzierung entstanden, die neben der Finanzie­ rung auch der Zahlungs- und Leistungssicherung dienen.


05 SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT IMMOBILIEN

MITTEL- UND LANGFRISTIGE FREMDFINANZIERUNG Mittel- und langfristige Finanzierungen haben eine Laufzeit von mehr als einem Jahr und sollten zur ­Finanzierung von Anlagevermögen verwendet werden. Dabei ist der folgende Grundsatz zu beachten: Die Laufzeit der Finanzierung sollte kürzer sein als die Nutzungsdauer des finanzierten Anlagegutes.

DARLEHEN

POOLFINANZIERUNG

Ein Darlehen ist eine lang­fristige ­Finanzierung mit p ­ eriodischen Zins- und Tilgungszahlungen. Je nach Art der Sicher­stellung unterscheidet man zwischen Chirografar- und Hypothekar­ darlehen.

Poolfinanzierungen werden bei größeren Investitionsvorhaben angewandt, um das Kreditrisiko auf mehrere Banken (Banken­ pool) aufzuteilen.

Einem Chirografardarlehen (Blankokredit) liegen keine be­ sonderen Sicherstellungen zugrunde. Es wird meist nur für mittel­fristige Finanzierungen verwendet, wie zum Beispiel für Maschinen oder andere bewegliche Güter. Die Finanzierungs­ kosten sind in der Regel höher, da ein größeres Ausfallrisiko besteht. Einem Hypothekardarlehen liegen reale Sicherstellungen wie eine eingetragene Hypothek zugrunde. Die Finanzierungen sind in der Regel langfristig gedacht und werden vor allem bei Gebäuden oder Produktionsstätten angewandt. Die Rückzahlung des Darlehens kann auf unterschiedliche ­Weise erfolgen: in regelmäßigen Annuitäten, in gleichbleiben­ den Raten, mit Tilgungssätzen oder mit einer Sonderzahlung am Ende der Laufzeit etc.

PROJEKTFINANZIERUNG/ BAUTRÄGERFINANZIERUNG

LEASING Das Leasing kommt als Finanzierungsform für Unternehmen aller Größenklassen infrage. Dabei werden Anlagegüter ange­ mietet und nach einer festgelegten Dauer zum Restkaufpreis übernommen. Normalerweise muss bei Vertragsunterzeich­ nung eine Anzahlung (ital. maxicanone, wörtlich „große Rate“) geleistet werden. Aufgrund von besonderen Möglichkeiten zur Sicherstellung (Eigentumsvorbehalte) besteht auch für Unter­ nehmen mit schlechterer Bonität die Chance auf eine Finanzie­ rung zu tragbaren Konditionen. Durch „Sale and lease back“-Operationen, auch Rückmietver­ käufe genannt, können kurzfristige Liquiditätsschwierigkeiten überwunden werden. Ein Unternehmen verkauft ein Anlagegut, beispielsweise eine Immobilie, an eine Leasinggesellschaft und mietet das verkaufte Objekt über einen vertraglich definier­ ten Zeitraum von dieser wieder „zurück“. Am Ende kann das Unternehmen durch den Restkaufpreis wieder Eigentümer der Immobilie werden.

Projekt- oder Bauträgerfinanzierungen sind Finanzierungs­ formen für große Investitionsvorhaben (Projekte). Die ­Rückzahlung der Finanzierungsmittel erfolgt mit den ­zukünftigen Erträgen (Cashflow).

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ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN Neben den herkömmlichen gibt es einige alternative Finanzierungsformen, die aufgrund der Finanz- und Bankenkrise für Unternehmen immer interessanter werden. Die zunehmenden Risiken und neuen ­gesetzlichen Auflagen für Kreditinstitute (z. B. Basel II und III) haben zu ungünstigeren Finanzierungs­bedingungen für Unternehmen geführt und die Notwendigkeit neuer Finanzierungsformen erhöht.

BANKGARANTIEN

VENTURE CAPITAL

Mit einer Bankgarantie verpflichtet sich ein Kredit­ institut, für den Ausfall einer vereinbarten Leistung des Kunden einzustehen. Der Gläubiger kann die Auszahlung eines bestimmten Geldbetrages von der Bank ­verlangen, wenn die Garantiebedingungen erfüllt sind. Die Bankgarantie ist vom zugrunde liegenden ­Geschäft oder Vertrag losgelöst. Die Bankgarantie ist eine Besicherung, aber kein Zah­ lungsinstrument.

Venture Capital (Wagniskapital) bezeichnet eine Investition, die unter Verlustrisiko zur Finanzierung eines meist jungen Unter­ nehmens (ohne Sicherstellungen) getätigt wird. Es stellt nicht einen Kredit im herkömmlichen Sinne dar, sondern ist mehr als eine Form der Entwicklungshilfe für eine Unternehmensidee zu sehen. Ein Venture Capitalist finanziert ein junges Unterneh­ men wohl wissend, dass es scheitern und er sein investiertes Geld verlieren könnte. Oft stellen Investoren nicht nur finanzi­ elle Mittel zur Verfügung, sondern auch logistische oder ideelle Unterstützung. Diese Art der Finanzierung ist in Italien noch kaum verbreitet.

Eine Bankgarantie kann zur Sicherstellung von An­ zahlungen, Lieferungen, Gewährleistungen etc. aus­ gestellt werden. Durch die Abgabe einer Bankgaran­ tie kann ein Unternehmen seine Liquidität erhöhen, da es keine Geldzahlungen für eine Besicherung einer vertraglichen Leistung entrichten muss.

GARANTIEGENOSSENSCHAFTEN In Südtirol gibt es zwei Garantiegenossenschaften, die Confidi und die Garfidi. Ihre Aufgabe ist die ­Gewährung von Bürgschaften, um Unternehmen den Zugang zur Kreditfinanzierung zu erleichtern. Die Bürgschaft einer Garantiegenossenschaft dient der Bank als zusätzliche Sicherheit und verhilft dem Unternehmen zu geringeren Sicherstellungen und/ oder besseren Konditionen.

50

MINIBONDS In den letzten zwei Jahren wurden auch in Italien die gesetzli­ chen Voraussetzungen geschaffen, um nicht-börsennotierten Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt zu ermöglichen. Kleine und mittlere Unternehmen (sogenannte KMU, laut Vor­ gaben der EU-Kommission sind dies Kapitalgesellschaften mit mehr als 10 Mitarbeitern, über 2 Mio. Euro Umsatz oder über 2 Mio. Euro Bilanzsumme) können Finanzinstrumente wie An­ leihen, Finanzwechsel oder Beteiligungsobligationen ausgeben.

CROWDFUNDING Crowdfunding ist eine relativ junge Finanzierungsform, die hauptsächlich für kleinere Unternehmen und Start-ups inter­ essant ist. Das Kapital, um Investitionen zu finanzieren, wird über Online-Plattformen durch eine große Zahl (engl. crowd) von Kleininvestoren – auch Privatpersonen – aufgebracht. Die Investoren können entweder Beteiligungen am Unternehmen erwerben oder als stille Teilhaber ohne Mitsprache­rechte auf­ treten. In Italien ist diese Möglichkeit der Finanzierung bisher kaum verbreitet: Es sind zwar einige Plattformen entstanden, doch die Finanzierungsform hat sich bisher kaum durchgesetzt.


05 SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT IMMOBILIEN

WISSENSWERTES ÜBER FINANZIERUNGEN UND KREDITE BEANTRAGUNG EINES KREDITES Folgende Unterlagen sind erforderlich, wenn ein Unternehmen einen Kredit beantragt:

Gründungsakt und Statut Handelskammerauszug h interlegte Bilanzen der letzten zwei Jahre samt Bilanzanhang und Lagebericht Bericht des Kontrollorganes, sofern vorhanden Zusatzinformationen bei hohen Lagerbeständen oder Baufortschritten Details zu immateriellen Anlagegütern Gesellschafterfinanzierungen – Nachrangigkeit und Rückzahlungsmodalitäten klären – Eventuelle Nebenvereinbarungen (patti parasociali) Zwischenbilanz, falls der Jahresabschluss länger als sechs Monate zurückliegt ei vereinfachter Buchhaltung eine Kopie der b Steuererklärung mit Versandbestätigung bei Zahlungsziel von mehr als 150 Tagen eine Kunden-/Lieferantenliste mit Einzeldaten und Fälligkeit Informationen zu Auftragssituation und Kundenmanagement (Inkassosystem) Bestätigung über Steuer- und Beitragsrückstände Übersicht der Bankkredite Grundbuchs-/Katasterauszüge ffizielle Immobilienschätzungen (bei hypothekarischer o Besicherung zwingend erforderlich) eschluss der Gesellschaftsorgane für die Kreditaufnahme B (gemäß der Befugnisse im Gesellschaftsstatut)

51


BEANTRAGUNG EINES KREDITES BEI INVESTITIONEN Bei Investitionen sind folgende Unterlagen zur Beantragung eines Kredits erforderlich:

Nachweis des Eigenmittelanteils Kostenschätzung / Kostenvoranschlag Kaufvorvertrag Finanzierungsplan Projektunterlagen (Pläne, technischer Bericht, Baukonzession) Businessplan der sämtliche betriebswirtschaftlichen und finanziellen Aspekte eines Vorhabens beleuchtet. Basierend auf einer Geschäftsidee müssen im Geschäftsplan die Strategie und die Ziele dargestellt werden, die mit der Produktion, dem Vertrieb und der Finanzierung eines Produktes oder einer Dienstleistung verbunden sind.

Grundsätzlich gibt es keine sicheren Zusagen bei Finanzierungen von Investitionsvorhaben durch Kreditinstitute. Die Banken prüfen von Fall zu Fall das jeweilige Investitionsvorhaben und die Möglichkeiten der ­Besicherung, die ein Unternehmen bieten kann.

52


06 ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT


06 Der Arbeitsmarkt in Südtirol. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Arbeitskräfte in Südtirol .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Personalregelungen und Vertragsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Einstellung von Mitarbeitern .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Lohnkosten .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Sozialabgaben für Unternehmer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Vertragsformen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Unbefristete, abhängige Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Befristeter Arbeitsvertrag .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Teilzeit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Job Sharing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Leiharbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Personalentsendung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Arbeit auf Abruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Gelegentliche freiberufliche Mitarbeit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Gelegentliche, geringfügige Arbeit mit Voucher-Bezahlung .. . . . . . . . . . 59 Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Auflösung des Arbeitsverhältnisses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62


06 SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT IMMOBILIEN

DER ARBEITSMARKT IN SÜDTIROL Südtirols Arbeitsmarkt ist von politischer Stabilität, hohen Beschäftigungsraten und einem sehr guten wissenschaftlichen und beruflichen Bildungsniveau geprägt. Dank einer ausgewogenen Wirtschaftsstruktur ist der Süd­ tiroler Arbeitsmarkt sehr stabil. Er besteht aus einer Mischung von Industrie, Handwerk, Landwirtschaft und Dienstleistungen, steht auf einer soliden Basis aus zumeist familiengeführten kleinen und mittleren Unternehmen und kann auf eine finanziell gut ausgestattete öffentliche Verwaltung zählen. Die Autonome Provinz Bozen zeichnet sich durch eine gut funktionierende Sozialpartnerschaft aus. Dieser ist es unter anderem zu verdanken, dass Südtirol trotz der rigiden Bestim­ mungen des nationalen Arbeitsrechts eine der niedrigsten Arbeitslosenzahlen und höchsten Erwerbsquoten in Europa aufweist. Südtirols Arbeitslosenquote von 4,4 % (2013, laut ­Eurostat) ist nicht nur die niedrigste aller Regionen in Italien – die natio­nale Arbeitslosenquote beträgt 12,2 % –, sondern sie ist auch deutlich niedriger als der EU-28-Durchschnitt (10,8 %) und niedriger als die ­Erwerbslosenquote in Deutschland (5,3 %) und Österreich (4,9 %).

4,4 % ARBEITSLOSE niedrigste Arbeitslosenquote aller Regionen in Italien

Auch die Jugendarbeitslosigkeit war in Südtirol 2013 mit ­einer Quote von 12,2 % deutlich niedriger als in I­ talien (40,0 %) und in der EU-28 (23,4 %) und nur halb so hoch wie jene der nächsthöheren italienischen Region.

53


ARBEITSKRÄFTE IN SÜDTIROL Dank seiner strategisch günstigen Lage war Südtirol schon immer Treffpunkt der Sprachen und ­Kulturen: Hier spricht man Deutsch und Italienisch und lebt ganz selbstverständlich mehrere Mentalitäten. Gerade im Business ist das ein unschlagbarer Vorteil. Südtiroler Arbeitskräfte bewegen sich auf unter­ schiedlichen Parketts sehr gut, ihre Mischung aus deutscher Verlässlichkeit und Präzision sowie medi­ terraner Kreativität und Flexibilität ist sehr gefragt. Die Südtiroler Arbeitnehmer verteilen sich relativ gleichmäßig auf die verschiedenen Branchen: 14,6 % der Arbeitskräfte sind etwa im produzieren­ den Gewerbe tätig, 14,5 % im Handels- und Dienst­ leistungssektor, 11,9 % im Hotel- und Gastgewerbe, 10,3 % im Gesundheits- und Sozialwesen, 9,5 % im Bildungswesen und 4,4 % in der Landwirtschaft. Nicht nur die jahrhundertealte Geschichte der (Berg-)Landwirtschaft, sondern auch eine lange und stolze Handwerkstradition zeichnet Südtirol aus, weshalb Handwerksbetriebe nach wie vor wichtige Arbeitgeber im Land sind. Im Technologiesektor haben sich in den letz­ ten Jahren anhand von starken Forschungs- und Entwicklungsleistungen einige Spitzenbranchen herausgebildet, die immer mehr motivierte und hochqualifizierte Arbeitskräfte anziehen: von der Lebensmittelbranche bis hin zur Green Energy und den Alpinen Technologien. Sehr attraktiv für kluge Köpfe aus dem In- und Ausland ist neben der hohen Lebensqualität auch Südtirols Netzwerk von ­Forschungseinrichtungen, zu denen etwa die ­Europäische Akademie EURAC, das Institut ­Fraunhofer Italia und das Land- und forstwirtschaft­ liche Versuchszentrum Laimburg zählen.

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Auch die 1997 gegründete Freie Universität Bozen, eine dreisprachige Universität, in der die gesamte Lehr- und Forschungstätigkeit auf Deutsch, Italienisch und Englisch abgewickelt wird, bereitet neue Generationen auf die Herausforderungen des immer dynamischeren europäischen Arbeitsmarkts vor. An drei Standorten in Südtirol, in Bozen, Brixen und Bruneck sind knapp 3.000 Studierende inskri­ biert und 105 Dozenten und Forscher beschäftigt. Die Forschung an der Freien Universität Bozen ist eng mit der Wirtschaft verknüpft. Viele For­ schungsprojekte entstehen direkt aus dem Streben nach Innovation der heimischen Unternehmen. Ähnliches gilt für die universitäre Lehre. Die fünf ­Fakultäten bieten Bachelor- und Masterstudien­ gänge in Wirtschaftswissenschaften, Informatik, Bildungswissenschaften, Naturwissenschaften und Technik sowie Design und Künsten an. Dabei orientieren sich die Curricula stark an den Bedürf­ nissen der Unternehmen. Ein erklärtes Ziel der Uni Bozen ist es, den Dialog zwischen Universität und Wirtschaft zu fördern und die Studierenden noch während des Studiums mit der Arbeitswelt vertraut zu machen. Dies geschieht durch eine praxis­ orientierte Lehre und einen eigenen Jobservice. Mit 551 Unternehmen hat die Freie Universität Bozen außerdem ein Praktikumsabkommen abgeschlossen, sodass gute 80 Prozent der Bozner Universitäts­ abgänger noch während ihrer Studienzeit ein Unternehmenspraktikum absolvieren können. Die Beschäftigungsrate der Studienabgänger der Freien Universität Bozen liegt nach dem ersten Jahr bei über 80 Prozent und ist damit besonders hoch.


FREIE UNIVERSITÄT BOZEN ALLGEMEIN

FAKULTÄTEN

STANDORTE BOZEN BRIXEN BRUNECK

105

DOZENTEN & FORSCHER

3.000 STUDIERENDE INSKRIBIERT

WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN

DREISPRACHIGE LEHRUND FORSCHUNGSTÄTIGKEIT DEUTSCH ITALIENISCH ENGLISCH

INFORMATIK

STUDIUM & ARBEITSWELT PRAKTIKUMSABKOMMEN MIT

551 UNTERNEHMEN

80 %

80 %

BILDUNGSWISSENSCHAFTEN

DER ABSOLVENTEN

können noch während ihrer Studienzeit ein Unternehmens­ praktikum absolvieren

BESCHÄFTIGUNGSRATE der Studienabgänger der Freien Universität Bozen nach dem ersten Jahr

Dreisprachige, hoch qualifizierte junge Arbeitskräfte mit internationaler Erfahrung und einer guten Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt sind für Südtiroler und auch ausländische Unternehmen sehr attraktiv.

NATURWISSENSCHAFTEN & TECHNIK

DESIGN & KÜNSTE


PERSONALREGELUNGEN UND VERTRAGSFORMEN EINSTELLUNG VON MITARBEITERN Das italienische Arbeitsrecht wird von der Verfassung, dem Zivilgesetz­ buch, einfachen Gesetzen sowie den Kollektivverträgen (Tarifverträgen) geregelt, die nicht nur auf staatlicher, sondern auch auf lokaler und auf Unternehmensebene abgeschlossen werden. Bevor ein Mitarbeiter einge­ stellt werden kann, muss der Betrieb eine Reihe von gesetzlichen Vor­ schriften beachten. Dazu gehören je nach Branche und Tätigkeit verschie­ dene Kurse sowie Maßnahmen für die Arbeitssicherheit und Gesundheit.

Nachdem der italienische Arbeitsvertrag unterzeichnet ist, müssen ­verschiedene Eintragungen und Anmeldungen erfolgen: > Anmeldung des Unternehmens bei der Handelskammer mittels „vereinheitlichter Meldung“ (comunicazione unica) > Elektronische Anmeldung des Arbeitnehmers beim Amt für Arbeitsmarktbeobachtung einen Tag vor Arbeitsbeginn

F

24

56

Innerhalb des 16. des darauffolgenden Monats muss der Arbeitgeber das Einheitslohnbuch erstellen sowie die Sozialbeiträge und die Lohnsteuer mittels Zahlungsvordruck F24 entrichten.


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LOHNKOSTEN

A KOSTEN

& B STEUERN FÜR DAS UNTERNEHMEN

> Bruttogehalt gemäß Kollektivvertrag (verbindlich). Die Höhe des jeweiligen Grund-Mindestlohns ist dabei an verschiedene Einstufungsebenen der Mitarbeiter gekoppelt, die je nach Qualifikation und Verantwortung im Betrieb festgelegt sind. Das Bruttogehalt beinhaltet auch die Sozialabgaben und die Lohnsteuern, die nach den progressiven Steuersätzen (23 – 43 %) berechnet und vom Unternehmen monatlich für die Arbeitnehmer einbezahlt werden müssen. > Zusätzlich steht jedem Arbeitnehmer eine Abfertigung (trattamento di fine rapporto – TFR) zu, die am Ende des Arbeitsverhältnisses ausbezahlt werden muss. Der Bruttolohn dividiert durch circa 13,5 entspricht der Abfertigungsquote eines Jahres. Dazu kommt noch die jährliche Aufwertung, abzüglich der Steuern. >U nfallversicherung (INAIL): zwischen 0,4 und 10 % des Bruttolohns >A ltersvorsorge (NISF – Rentenfonds): circa 30 – 40 % des Bruttolohns

>R egionale Wertschöpfungssteuer (IRAP): Auf staatlicher Ebene beträgt der IRAP-Satz derzeit 3,90 %, in Südtirol 2,68 %. Ab 2015 muss auf unbefristete Arbeitsverhältnisse keine Wertschöpfungssteuer mehr bezahlt werden. Die auf befristete Arbeitsverhältnisse bezahlte IRAP kann in Höhe von 10 % von der Einkommenssteuer des Unternehmens in Abzug gebracht werden.

SOZIALABGABEN FÜR UNTERNEHMER Der italienische Gesetzgeber sieht für Unternehmer eine verpflichtende Sozialversicherung mit entsprechenden Beitragszahlungen vor. In Italien ist für die Kranken- und Rentenpflichtversicherung das Nationale Institut für soziale Fürsorge NISF (auf Italienisch Istituto Nazionale per la Previdenza Sociale, kurz INPS) zuständig. Für die verschiedenen Wirtschaftsbereiche und Rechtsformen gibt es unterschied­ liche Regelungen: > Industrie: Inhaber oder Teilhaber von Industrie­­ betrieben müssen sich nicht über das NISF versichern. >H andwerk: Firmeninhaber, Gesellschafter und Familienmitglieder (Ehepartner, Verwandte bis zum dritten Grad, Verschwägerte bis zum zweiten Grad), die hauptberuflich im Unternehmen tätig sind, müssen sich über das NISF versichern. Die Mitteilung

und Anmeldung beim NISF erfolgt mit einer vereinheitlichten Meldung (comunicazione unica) zeitgleich mit der Anmeldung der Tätigkeit bei der Handelskammer. >H andel, Dienstleistungen, Gastgewerbe: Firmeninhaber, Handelsvertreter, Gesellschafter und Familienmitglieder (Ehepartner, Verwandte und Verschwägerte bis zum dritten Grad), die hauptberuflich im Unternehmen tätig sind, müssen sich über das NISF versichern. Die Mitteilung und Anmeldung erfolgt auch hier mit einer vereinheitlichten Meldung. Die Zahlungen der Sozialbeiträge an das NISF erfolgen in vier fixen Raten am 16.05., 20.08. und 16.11. eines jeden Jahres und am 16.02. des Folgejahres. 57


VERTRAGSFORMEN Um den Bedürfnissen der Wirtschaft nach mehr Flexibilität nachzukommen, werden auch in Italien zunehmend neue Vertragsformen eingeführt. Das italienische Arbeitsrecht wurde 2003 stark reformiert und kennt nun über 40 verschiedene Vertragsarten für die Beschäftigung von Mitarbeitern, die sich in Dauer, Flexibilität und Kosten für den Arbeitgeber unterscheiden. Im Jahr 2014 hat die italienische Regierung unter dem Ministerpräsidenten Matteo Renzi begonnen, eine Arbeitsmarktreform mit dem Namen „Jobs Act“ umzusetzen, die eine noch größere Flexibilität bei Arbeitsverträgen vor­ sieht. Unternehmen sollen dadurch dazu animiert werden, neue Arbeitskräfte einzustellen und die Erwerbsquote zu steigern.

1

UNBEFRISTETE, ­ ABHÄNGIGE ARBEIT

Das abhängige Arbeitsverhältnis ist die gängigste Form der Beschäftigung und gesetzlich am genauesten geregelt. Der Großteil der Mitarbeiter wird auf unbefristete Zeit und in Vollzeit eingestellt. In Italien gilt üblicherweise die 40-Stunden-Woche, Ausnahmen gibt es für bestimmte Berufsgruppen. In einem unbefristeten Arbeitsvertrag (contratto a tempo ­indeterminato) kann schriftlich eine Probezeit von maximal sechs Monaten vereinbart werden, innerhalb derer das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten jederzeit aufgelöst werden kann. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses haben Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfertigung (trattamento di fine rapporto – TFR). Der Arbeitgeber muss in der Zeit der Beschäftigung für jedes Jahr eine Rückstellung von ungefähr dem Wert eines Monatsgehaltes bilden.

5

LEIHARBEIT

Arbeitskräfteüberlassung oder Leiharbeit (somministrazione di lavoro) bedeutet, dass nicht der Arbeitgeber derjenige ist, der die Arbeitsleistung in Anspruch nimmt. Eigens dazu ermächtigte Agenturen bieten die Möglichkeit an, Mitarbeiter auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zu „leihen“. Zwischen Agentur und Unternehmen wird ein Dienstleistungsvertrag abgeschlossen. Der Mitarbeiter wird von der Agentur entlohnt und verbleibt auch in deren Disziplinargewalt. Der Vorteil für das beschäftigende Unternehmen liegt darin, dass es keine Verpflichtungen arbeitsrechtlicher Natur eingehen muss, abgesehen von den Bestimmun­ gen zur Arbeitssicherheit und der gesamtschuldneri­ schen Haftung hinsichtlich der Entlohnung und der dafür anfallenden Sozialabgaben. 58

6

2

BEFRISTETER ­ ARBEITS­VERTRAG

Mitarbeiter können auch auf befristete Zeit eingestellt werden (contratto a tempo determinato). Nach Ablauf der vereinbarten Frist wird der Vertrag entweder aufgelöst oder in einen unbefristeten Vertrag umgewandelt. Bei befristeten ­Arbeitsverträgen sind höhere Sozialabgaben geschuldet, aber bei Umwandlung in ein unbefristetes Arbeits­ verhältnis wird für die gesamte Laufzeit der Differenz­betrag der Sozialabgaben rückerstattet. Seit März 2014 können Unter­nehmen ­Mitarbeiter auch ohne Angabe von Grün­ den für maximal 36 Monate befristet anstellen, also auch dann, wenn keine ­technischen, produktionsabhängigen oder organisatorischen Gründe vorliegen. Zuvor waren be­fristete Verträge ohne ­Angabe von Gründen auf 12 Monate begrenzt. Außerdem können befristete ­Arbeitsverträge seit dem Jahr 2014 bis zu fünf Mal – immer im Rahmen der Obergrenze von 36 Monaten – ­ver­längert werden.

PERSONAL­ENTSENDUNG

Eine Personalentsendung ­(distacco di personale) liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber vorübergehend einer anderen Rechtsperson zur Verfügung gestellt wird. Einer Entsendung muss ein konkretes wirtschaftliches Interesse zugrunde liegen. ­Diese Form der Beschäftigung kommt häufig zur Anwendung, wenn Mitarbeiter beispielsweise für Weiterbildungszwecke in andere Unternehmen oder für eine bessere Abstimmung in ein Partnerunternehmen entsandt werden. Die Entsendung kann auch in Teilzeit erfolgen. Der Entsender haftet weiterhin für die Entlohnung und die korrekte rechtliche Behandlung der ­entsandten Arbeitnehmer.


3

4

TEILZEIT

Mitarbeiter können auch mit einem reduzierten Stunden­plan eingestellt werden. Dabei verkürzen sich Gehalts- und Urlaubsansprüche anteilsmäßig. In Italien wird hinsichtlich Teilzeitarbeit wie folgt unterschieden: > „Horizontale Teilzeit“: Die tägliche Arbeitszeit wird reduziert > „Vertikale Teilzeit“: Die Arbeitszeit wird an bestimmten Tagen oder Zeitabschnitten in Vollzeit geleistet > „Gemischte Teilzeit“: Kombination aus horizontaler und vertikaler Teilzeit Durch eine flexible Vertragsgestaltung ist es möglich, die Einteilung und Dau­ er der Arbeitsleistung anzupassen. So kann zum Beispiel eine fixe Arbeitszeit auf einen anderen Zeitabschnitt verlegt oder die Arbeitszeit vorübergehend erhöht werden. Die genauen Vorgehensweisen und Bedingungen über die Einteilung der Arbeitszeit sind in den jeweiligen Kollektivverträgen zu finden.

7

ARBEIT AUF ABRUF

Unter bestimmten Voraus­setzungen ist es mög­ lich, Mitarbeiter auf Abruf zu beschäftigen (lavoro intermittente oder lavoro a chiamata). In diesem Fall wird der Mitarbeiter bei Bedarf gerufen, hat keinen bindenden Stundenplan und muss nur für die tatsächlich geleisteten Stunden entlohnt werden. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer keine ständige Arbeitstätigkeit und damit verbun­ dene Entlohnung garantieren. Zur Arbeit gerufene Mitarbeiter müssen vor der Erbringung der Arbeitsleistung dem Arbeitsamt gemeldet werden. Fehlzeiten – wie etwa bei Krankheit oder Unfall – müssen nur dann entlohnt werden, wenn der Mitarbeiter zur Arbeit gerufen worden ist oder gerufen worden wäre. Steuern und Abgaben werden nur auf der Grundlage der tatsächlichen Entlohnung berechnet.

8

JOB ­ SHARING

Im Rahmen eines Job-Sharing-Vertrages (lavoro ripartito) verpflichten sich zwei oder mehrere Arbeitnehmer dazu, gemeinsam eine einzige, identische Arbeitsleistung zu erfüllen. Die Aufteilung des Arbeitsumfanges und der Arbeitsstunden wird von den beteiligten Arbeits­ kräften selbst entschieden, ist sehr flexibel und kann jederzeit geändert werden. Die Entlohnung richtet sich nach der tatsächlich geleisteten Arbeit des einzelnen Arbeitnehmers.

GELEGENTLICHE FREIBERUFLICHE MITARBEIT

Eine gelegentliche freiberufliche Mitarbeit (lavoro autonomo occasionale) kann für alle Branchen und Arten von Arbeit in Anspruch genommen werden. Sie ist dann gegeben, wenn kein abhängiges oder weisungsgebundenes Arbeitsverhältnis vorliegt. Die Arbeit muss selbstständig und gelegentlich geleistet werden. Wenn die Vergütung den Betrag von 5.000 Euro im Jahr überschreitet, müssen Sozialabgaben für den gesamten Betrag bezahlt werden.

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GELEGENTLICHE, GERINGFÜGIGE ARBEIT MIT ­VOUCHER-BEZAHLUNG

Sporadische, kleinere (Hilfs-) Arbeiten (lavoro accessorio) können mit Wertgutscheinen, sogenann­ ten Vouchers, entlohnt werden, die der Empfänger gegen Bargeld bei einem Postamt, einer Bank oder einem Tabakwarengeschäft einlösen kann. Es wird also kein Lohnstreifen ausgehändigt. Vom Bruttobetrag werden 25 % für Steuern, Sozialabga­ ben und eine Verwaltungspauschale

abgezogen. Der Empfänger erhält den Nettobetrag ausbezahlt und un­ terliegt keinen weiteren steuerlichen Verpflichtungen. Das vom Unter­ nehmen an den Empfänger bezahlte Bruttoentgelt darf 2.690 Euro nicht übersteigen. Der Höchstbetrag für den Empfänger liegt unabhängig von der Anzahl der Auftraggeber bei 6.740 Euro brutto.

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LEHRE Südtirol setzt verstärkt auf eine duale Berufsausbildung, also auf die Ausbildung von Lehrlingen in Schule und Betrieb. Im restlichen Italien hat die betriebliche Berufs­ ausbildung kaum Tradition und stellt eher eine Ausnahme dar. Letzthin hat man auf staatlicher Ebene dieses Manko – vor allem im Hinblick auf die hohe Jugendarbeits­ losigkeit in (Süd-)Italien – erkannt und erste Schritte eingeleitet, um die italienische Berufsausbildung an das in Südtirol erfolgreich praktizierte duale System heranzuführen.

verstärkt duale Berufsausbildung

BETRIEB

SCHULE beugt Jugendarbeitslosigkeit vor

NEU Die Arbeitsmarktreform von 2014 hat die Reglemen­ tierung des Lehrlingsgesetzes auf staatlicher Ebene vereinfacht. Zum Beispiel entfällt für Unternehmen mit bis zu 50 Mit­arbeitern die Pflicht, 20 Prozent der Lehrlinge nach Ende der Lehrzeit fest einzustellen. Die verpflichtende öffentliche Schulbildung der Lehrlinge verbleibt im Kompetenzbereich der einzelnen Regionen oder – im Fall Südtirols – der Autonomen Provinz Bozen.

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Der Lehrvertrag bezeichnet ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zum Zwecke der Aus­ bildung und Beschäftigung von Jugendlichen. Da weniger die Arbeitsleistung, sondern vielmehr die Erlernung eines Berufes im Vordergrund steht, können Lehrlinge prozen­ tuell niedriger entlohnt werden. Außerdem müssen Sozialbeiträge nur im verminder­ ten Ausmaß einbezahlt werden. Das Südtiroler Lehrlingsgesetz sieht drei verschiedene Arten von Lehrver­trägen vor, die von den Bestimmungen des Kollektivvertrages ergänzt werden:

1

2

3

ehrvertrag zum Erreichen L einer beruflichen Qualifikation („traditionelle Lehre“)

ehrvertrag zur höheren L Berufsbildung und Forschung („Diplomlehre“)

Lehrvertrag zum Erreichen einer Berufsspezialisierung („berufsspezialisierende Lehre“)

Während der sogenannten dualen Ausbildung besucht der Lehrling, der zwischen 15 und 25 Jahren alt sein muss, berufsbegleitend eine Berufsschule. Am Ende steht eine Abschlussprüfung, etwa zur Erlangung des Gesellenbriefes. Die Ausbildung dauert je nach Beruf zwischen drei und vier Jahren. Die Berufsliste und der Ausbildungsrahmen werden von der öffentlichen Hand, zusammen mit den Sozialpartnern festgelegt.

Die dritte Form des Lehrvertrages bietet Personen im Alter von 18 bis 29 Jahren die Möglichkeit, neben der Arbeit in einem Unternehmen einen Abschluss an einer höheren Schule oder einer Universität zu erlangen. Diese Vertragsform kann auch für die Absolvierung von Be­ rufspraktika abgeschlossen werden, die für den Zugang zu geschützten Berufsgruppen erforderlich sind.

Diese Form der Ausbildung eignet sich besonders für Betriebe, die Mitar­ beiter mit tiefgreifenden Spezialisie­ rungen benötigen. Der Mitarbeiter muss dabei zwischen 18 und 29 Jahre alt sein. Der Ausbildungsplan des Mitarbeiters ist Bestandteil des Arbeitsvertrages und die Ausbildung erfolgt größtenteils im Betrieb oder in Fortbildungskursen. Der Betrieb kann die Ausbildung an seine Erfordernisse anpassen, er muss sich nur an den groben Rahmenbedingungen orien­ tieren, die von den Sozialpartnern vorgegeben sind.

NEU Seit dem Jahr 2014 sieht das Lehrlingsgesetz vor, dass Unternehmen Lehrlinge des Typs 1 auch für begrenzte Zeit aufnehmen können, zum Beispiel für Saisonarbeit, sofern die zuständige Region oder Autonome Provinz ein dementsprechend angepasstes Bildungs­angebot bereitstellt.

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AUFLÖSUNG DES ARBEITSVERHÄLTNISSES Bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis kann der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis jederzeit auflösen, allerdings sieht der jeweilige Kollektivvertrag verschiedene Kündigungsfristen vor. Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis nur auflösen, wenn ein „triftiger Grund“ (giusta causa – Kündigung aus Disziplinargründen, wenn der Arbeitnehmer sich nicht korrekt verhalten hat) oder ein „­ gerechtfertigter Grund“ (giustificato motivo – ­Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen, etwa bei Schließung ­eines Unter­nehmenszweiges oder Automatisierung eines ­Prozesses) vor­ liegt. Von diesen Einschränkungen ausgenommen sind Führungskräfte und einige wenige andere Arbeitnehmerkategorien. Bevor ein Unternehmen einem Mitarbeiter aus Disziplinar­gründen ­kündigen kann, muss es ihm eine schriftliche B ­ eanstandung zustellen. ­Daraufhin hat dieser in der Regel fünf Tage Zeit – außer der Kollektiv­ vertrag sieht eine andere Frist vor – um sein Verhalten zu rechtfertigen. Eine Kündigung ist nur dann gültig, wenn sie schriftlich in Form eines Einschreibebriefes mit Rückantwort erfolgt. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss dem Amt für Arbeitsmarkt­ beobachtung innerhalb von fünf Tagen auf elektronische Weise mitgeteilt ­werden. Bei einer Kündigung oder einer ein­vernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses muss diese zudem noch beglaubigt werden. Seit der Arbeitsmarktreform im Jahr 2015 sind ­unbefristete Arbeitsver­ träge wesentlich flexibler und der ehemals sehr strenge Kündigungsschutz wurde gelockert.

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07 IMMOBILIEN


07 Die beste Lage für Ihr Unternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  63 So finden Sie Ihren neuen Standort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  64


07 SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT IMMOBILIEN

DIE BESTE LAGE FÜR IHR UNTERNEHMEN Die größten Gewerbegebiete in Südtirol liegen vor allem an der wichtigen Nord-Süd-Achse entlang der Brennerautobahn: von Sterzing über Brixen und Bozen bis ins Südtiroler Unterland. Das mit Abstand größte Gewerbegebiet Südtirols befindet sich im Süden der Landes­ hauptstadt Bozen. Weitere bedeutende Wirtschaftszentren liegen im Raum Meran mit den Gewerbezonen Sinich und Lana – gut angebunden durch die Schnell­straße ­Meran – Bozen – sowie im Großraum ­Bruneck im Osten des Landes.

der größte Teil der Flächen liegt über 1.000 Metern Meereshöhe und ist teilweise Hochgebirge oder von Wald bedeckt. Um nicht unbegrenzt bestehende Kulturland­ schaften für Gewerbegebiete zu erschließen, hat die Südtiroler Landesregierung den Grund­ satz „braun vor grün“ ausgerufen, das heißt: Bestandsnutzung vor Neuausweisung.

Bau- und Gewerbegrund in Südtirol ist äußerst begehrt und aufgrund der geografischen Gegebenheiten des Landes sehr knapp. In dem gebirgigen Land sind weniger als 10 Prozent der Landesfläche überhaupt besiedelbar,

BRENNER

STERZING A22

BRUNECK

BRIXEN MERAN MeBo

BOZEN 63


SO FINDEN SIE IHREN NEUEN STANDORT Sie suchen eine Lager- oder Produktionshalle, ein Innenstadtbüro, eine Verkaufsfläche oder ein freies bebaubares Grundstück? Ein nützliches Instrument bei der Suche nach gewerblichen Immobilien ist das Liegenschafts­ portal der BLS. Die BLS-Datenbank für freie Gewerbeliegenschaften in ganz Südtirol unterstützt Unternehmen dabei, den idealen Standort für eine Betriebsansiedlung zu finden. Mittlerweile sind im Liegenschaftsportal der BLS über 500 Gewerbeimmobilien gelistet. Damit ist dieses Portal die mit Abstand größte Datenbank für gewerbliche Immobilien in Südtirol. Regionale Schwerpunkte der Liegenschaften in der Datenbank sind die Landeshauptstadt Bozen (knapp 33 %), der Bezirk Burggrafenamt rund um Meran (rund 21 %) und das Eisacktal mit Brixen und Vahrn (über 13 %).

In diesem Portal für gewerbliche Immobilien findet sich eine breite Palette unterschiedlicher ­Objekte: vom bebaubaren Grundstück über verfügbare Bestandsimmobilien (Büros, Lagerräume, kleine und großflächige Produktionshallen) bis zur Möglichkeit, einen Teil einer bestehenden Halle zu kaufen oder auch nur zu mieten. Für Unternehmen, die für einen begrenzten Zeitraum eine erste Anlaufstelle für ihre Tätigkeit suchen, bietet die BLS Informationen zu Co-Working-Spaces in bezugsfertigen Büro­räumen an unterschiedlichen Standorten im Gewerbegebiet Bozen Süd.

Standorte im Liegenschafts­portal MERAN und Umgebung (Teil des Burggrafenamtes)

21 % BRIXEN und Umgebung (Teil des Eisacktals)

13 %

33 %

BOZEN

33 % ANDERE 64


07 SÜDTIROL KURZ UND KOMPAKT UNTERNEHMENSGRÜNDUNG UND -FÜHRUNG DAS ITALIENISCHE STEUERSYSTEM FÖRDERUNGEN FÜR UNTERNEHMEN DIE FINANZIERUNG DES UNTERNEHMENS ARBEITSMARKT UND ARBEITSRECHT IMMOBILIEN

Die Datenbank enthält detaillierte Angaben zu den Liegenschaften, unter anderem: > Art des Objekts (gesamtes Betriebsobjekt, Produktions- oder Lagerhalle, Bürofläche, bebaubares Grundstück, Dienstwohnung) > Lage: Adresse, Entfernung zur Autobahn, genauer Standort in Google Maps > Standort: Art der Verwertung, Zweckwidmung, Besitz- und Tätigkeitsverhältnisse, Verfügbarkeit > Fläche und Nutzfläche, Raumhöhe der Halle/ Produktionsstätte, Stockwerke und Lifte

Dank einer engen Zusammenarbeit mit der Süd­ tiroler Maklervereinigung und der italienischen Maklervereinigung F.I.M.A.A. werden auch deren Angebote in der BLS-Liegenschaftsdatenbank berücksichtigt. Umgekehrt bietet die BLS jenen Unternehmen, die Liegenschaften zum Verkauf oder zum Vermieten anbieten möchten, über das Immobilienportal eine kostenlose Plattform, auf der sie ihre Immobilie entweder frei sichtbar oder verdeckt schalten kön­ nen, wobei die BLS im zweiten Fall die notwendige Diskretion zusichert.

> Fotos, Pläne, Schätzgutachten und andere Dokumente > Angaben zur Infrastruktur

Das Liegenschaftsportal finden Sie unter der ­Adresse: www.bls.info/liegenschaftsportal

Sollten Sie für Ihr Unternehmen eine Liegenschaft kaufen oder mieten wollen, können Sie die BLS tele­ fonisch, schriftlich oder persönlich kontaktieren und erhalten dann anhand der individuellen Anforde­ rungen eine Erstinformation über die jeweilige freie Immobilie. Für nähere Informationen oder für eine persönliche Beratung steht Ihnen als Ansprechpartner der BLS Armin Ragginer gerne zur Verfügung.

IHR ANSPRECHPARTNER Armin Ragginer Beratung Liegenschaften BLS – Business Location Südtirol T +39 0471 066 637 liegenschaften@bls.info

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GLOSSAR Agentur der Einnahmen: Die Agenzia delle Entrate ist die italienische Steuer­ behörde. Sie untersteht der Haupt­ abteilung für Finanzen (Dipartimento delle Finanze) des Wirtschafts- und Finanzministeriums. Betriebsnachfolge: Unternehmen, deren Eigentum und Führung innerhalb des dritten Verwandtschaftsgrades in gerader Linie übertragen werden. Der Übernehmer muss auf jeden Fall die restlichen Merkmale eines neu gegründeten Unternehmens (siehe unten) aufweisen. Die Übertragung darf nicht länger als sechs Monate vor Einreichdatum des Förderungsantrages zurückliegen. Betriebsübernahme: die Übertra­ gung eines Betriebes aufgrund eines Todesfalles oder eines Rechtsgeschäf­ tes. Der Übernehmer muss auf jeden Fall die restlichen Merkmale eines neu gegründeten Unternehmens (siehe unten) aufweisen. Die Übernahme darf nicht länger als sechs Monate vor Einreichdatum des Förderungsantrages zurückliegen. Chirografardarlehen: Dieser deutsch­ sprachige Begriff ist vor allem in Südti­ rol gebräuchlich, weil er direkt aus dem Italienischen übernommen wurde. Er bezeichnet einen ungesicherten Kredit oder Blankokredit, also ein Darlehen ohne Sicherstellungen, wie etwa Hy­ potheken. Im Italienischen wird diese Form des Darlehens als credito chirografario bezeichnet. Der Begriff kommt vom lateinischen Wort chirografum, das sich wiederum aus den griechischen Wörtern chiro (Hand) und grafo (Schrift, Schreiben) zusammensetzt. Er bezeich­ net also wortwörtlich ein Darlehen, das nur durch die verbriefte Unterschrift des Schuldners sichergestellt ist.

De-Minimis-Förderung: Unterneh­ men können wählen, ob sie Förderun­ gen unter der De-Minimis-Regelung oder als freigestellte Förderung erhalten wollen. Diese Wahl muss nicht bei der Antragstellung, aber vor Genehmigung der Förderung erfolgen. In der Regel werden Zuschläge nur auf De-Minimis-Förderungen gewährt. Für die De-Minimis-Förderung hat die EU einen Höchstbetrag von 200.000 Euro festgelegt, der einem Unterneh­ men im Dreijahreszeitraum gewährt werden kann. Die EU ist der Ansicht, dass eine Förderung in diesem Aus­ maß den Wettbewerb zwischen den Mitgliedsstaaten nicht beeinträchtigen kann und daher nicht als Beihilfe anzu­ sehen ist. Sie darf aber nicht mit ande­ ren Förderungen kumuliert werden. F24: Der Zahlungsvordruck F24 ist ein Formular, mit dem sämtliche Steuern und Abgaben eingezahlt werden kön­ nen (z. B. Mehrwertsteuer, Einkom­ menssteuer, regionale Wertschöpfungs­ steuer, Sozialversicherungsbeiträge, Gemeindeimmobiliensteuer, Handels­ kammergebühr etc.). Das Formular kann nur mehr in Ausnahmefällen in Papierform bei Bankinstituten abgege­ ben werden. Für Unternehmen ist der elektronische Versand verpflichtend. Viele Bankinstitute bieten Zahlungen über F24 über ihr Onlineportal an. Alternativ dazu können die Zahlungen mit einer Vollmacht auch über befä­ higte Vermittler (z. B. Steuerberater) erfolgen. In bestimmten Fällen, wenn Steuerzahlungen und Steuergutha­ ben über den Zahlungsvordruck F24 verrechnet werden können, ist nur der elektronische Kanal des befähigten Ver­ mittlers erlaubt, beziehungsweise der Steuerpflichtige müsste die Zahlungen über Fisconline, einer elektronischen Plattform der Agentur der Einnahmen (www.agenziaentrate.gov.it/) abwickeln.

Freigestellte Förderung: Für die frei­ gestellte Förderung hat die EU keinen Höchstbetrag festgelegt, dafür aber nach Unternehmensgröße, differenzier­ te Höchstprozentsätze. So zum Beispiel darf bei materiellen Investitionen die Förderung für ein kleines Unternehmen in der Regel nicht mehr als 20 % be­ tragen, die Förderung für ein mittleres Unternehmen nicht mehr als 10 % und ein Großunternehmen erhält gar keine freigestellten Förderungen. Handelskammer (eigentlich „Handels-, Industrie-, Handwerks- und Landwirt­ schaftskammer“): Die italienischen Handelskammern sind autonome Körperschaften öffentlichen Rechts und vertreten – ähnlich den Industrie- und Handelskammern in Deutschland oder der Wirtschaftskammer in Öster­ reich – jeweils auf Provinzebene die Interessen der Wirtschaft, betreiben Wirtschaftsforschung und erbringen Förderleistungen und Dienstleistungen für Unternehmen vor Ort. Dazu zählen Bereiche wie Weiterbildung, Unterneh­ mensgründung und -nachfolge, Absatz­ förderung, Innovationsservices und die Schiedsgerichte. Darüber hinaus haben die italienischen Handelskammern behördliche Kompetenzen wie die Führung des Handelsregisters, die Re­ gistrierung von Patenten und Marken oder die Ausstellung von Außenhan­ delsdokumenten. Für Südtirol ist die Handelskammer Bozen zuständig.


Katasterwert: Der Kataster- oder Steuerwert einer Immobilie ist die ­Bemessungsgrundlage für Erbschaftsund Schenkungssteuern sowie – nur beim Kauf von Wohnimmobilien und damit verbundenen Liegenschaf­ ten – von Register-, Hypothekar- und Katastersteuern. Die Berechnung des Katasterwerts ergibt sich aus der Anzahl und Größe der Katasterräume (m2) sowie aus der Schätzung des Werts der Immobilie je nach ihrer Zweckbestimmung und dem Gebiet, in dem sie sich befindet. Der Katasterwert kann auf der Website der staatlichen ­Katasteragentur ein­ gesehen werden, indem man ­folgende Informationen angibt: die Steuer­ nummer; die Provinz, in der sich die Immobilie befindet; Katasterdaten wie z. B. Abteilung, Grundbuchblatt und Parzelle der Immobilie im Grund- oder Gebäudekataster. Neugründung von Unternehmen (für IRAP-Befreiung): In den Kriterien zur Anwendung der IRAP-Begünstigung ist festgelegt, dass als „neu gegründe­ tes Unternehmen“ die Tätigkeit eines Steuerpflichtigen anzusehen ist, sofern dieser in der IRAP-Erklärung der fünf vorangegangenen Steuerperioden in der Übersichtstabelle IR keinen erwirt­ schafteten Produktionswert in Südtirol ausgewiesen hat. Außerdem wird in folgenden Fällen von einer neuen Tätigkeit ausgegangen: a) wenn das Unternehmen bisher in Südtirol noch keine Tätigkeit ausgeübt hat, b) wenn die neue Tätigkeit im Handelsregister durch einen neuen ATECO-Kodex (ATECO ist die italienische Variante der europäischen Systematik der Wirtschaftszweige NACE) ersichtlich wird, den das Unternehmen bisher nicht hatte,

c) wenn die neue Tätigkeit im Handelsregister durch eine neue Tätigkeitsbeschreibung ersichtlich wird, die das Unternehmen bisher nicht hatte. Neugründung von Unternehmen (für Innovationsförderung): Unter Neugründern versteht man Unter­ nehmen oder Konsortien zwischen Unternehmen, die in den letzten 24 Monaten vor Einreichdatum des Förderungsantrages ihre Tätigkeit aufgenommen haben. Diese Begren­ zung erhöht sich für Selbstständige auf 5 Jahre ab Aufnahme der Tätigkeit oder, falls günstiger, ab Eintragung in das vorgesehene Berufsverzeichnis des jeweiligen Freiberuflers. Nicht als neues Unternehmen eingestuft wird: a) e in Unternehmen, wenn der Un­ ternehmensinhaber, Freiberufler, Selbstständige oder (bei Kapitalge­ sellschaften) jene Gesellschafter, die insgesamt mehr als 25 % der Quoten besitzen, oder (bei einfachen Kom­ manditgesellschaften) mehr als ein Drittel der Komplementäre, oder (bei Personengesellschaften) mehr als ein Drittel der Gesellschafter in den fünf Jahren vor Beginn der neuen Tätigkeit bereits eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt haben. Diese Beschränkun­ gen gelten nicht für die Konsortien zwischen Unternehmen; b) d ie Übernahme eines bestehenden Unternehmens samt Übertragung des Eigentums, eine Betriebsnachfol­ ge samt Übertragung des Eigen­ tums oder die bloße Änderung der Betriebsbezeichnung;

c) e ine Betriebsauflösung und die dar­ auffolgende Gründung eines neuen Betriebes durch dieselbe Person oder durch die Mehrheit der Inhaber, beziehungsweise eine betriebliche Änderung (z. B. Austritt eines Gesell­ schafters aus einer Gesellschaft und gleichzeitige Gründung einer Einzel­ firma, Umänderung einer Einzelfirma in eine Gesellschaft u. ä.), wenn der entsprechende Förderantrag später als 24 Monate ab Tätigkeitsbeginn des vorhergehenden Unternehmens eingereicht wird. Prozessinnovation: Umsetzung einer neuen oder wesentlich verbesserten Produktions- oder Vertriebsmethode, einschließlich wesentlicher Änderungen in den Techniken, den Gerätschaften oder der Software. Nicht als Innovati­ onen gelten geringfügige Änderungen oder Verbesserungen, sowie eine Stei­ gerung der Produktions- oder Dienst­ leistungskapazitäten durch zusätzliche Produktions- oder Logistiksysteme, die den bereits verwendeten sehr ähnlich sind. Rotationsfonds: Der Rotationsfonds ist ein Finanzierungsinstrument, um Südtiroler Unternehmen zu fördern. Es handelt sich dabei um begünstigte Darlehen für Unternehmensinvestitio­ nen, die von bestimmten Bankinstituten gewährt werden können. Die privat-öf­ fentliche Mischfinanzierung des Fonds – das Land beteiligt sich mit bis zu 80 % am Kapital, während die Banken den Restbetrag stellen – verhilft dem Unter­ nehmer zu einer Zinsvergünstigung bei Leasing- oder Darlehensverträgen.


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