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Medical Fitness wird populärer werden

Die Wahl zeitgemäßer Trainingsgeräte ist laut Dr. Lutz Graumann im Bereich Medical Fitness ein essenzieller Faktor, um medizinisches Training mit einem Mehrwert für den Kunden anbieten zu können. Neben der Geräteauswahl ist es besonders wichtig, sich zu überlegen, welche Personengruppe man ansprechen möchte. Wann das medizinische Training von den Krankenkassen bezahlt wird und was ein gutes Medical-Fitness-Studio ausmacht, erklärt der aktuelle Präsident der International Association of Performance Medicine im Interview.

Interview mit Dr. Lutz Graumann, Betreiber der Praxis Sportmedizin Rosenheim

body LIFE: Wie definieren Sie den Begriff „Medical Fitness und welche Bedeutung kommt ihr zu? Dr. Lutz Graumann: Bei der Begriffsklärung muss man zwei Dinge beachten.

Das eine ist der geschützte Bereich der medizinischen Trainingstherapie.

Das ist etwas, was in der Gebührenordnung für Ärzte in der Abrechenbarkeit für die Krankenversicherer steht; dabei gibt es gesetzliche Auflagen.

Hier ist es zwingend notwendig, dass eine medizinische Indikation durch einen Arzt gestellt wird und die Durchführung durch den Arzt selbst erfolgt oder an einen Sportwissenschaftler,

Physiotherapeuten oder Gymnastiklehrer delegierbar ist. Diese speziellen

Vorgaben sind durch den Gesetzgeber festgelegt und die Kosten durch die

Krankenkassen erstattungsfähig. Das andere ist die Verzahnung zwischen den Gesundheitsmärkten und den Fitnessstudios, die einen immer größeren Bereich einnimmt, der nicht erstattungsfähig ist. Hier geht es darum, die Trainierenden abzuholen, die bestimmte Erkrankungen haben oder

Risikofaktoren mitbringen. Das ist leider eine rechtliche Grauzone, denn diese ist abhängig von der Infrastruktur und der Ausbildung der Trainer.

Der Endverbraucher sollte die bestmögliche Lösung für seine Probleme bekommen. Daher ist es meines Erachtens unerlässlich, dass man eine vernünftige Eingangsdiagnostik in den Studios durchführt, also gezielte

Check-ups für Personengruppen mit möglichen Risiken anbietet. Hier sollte man sich gezielt fortbilden und sowohl die Infrastruktur als auch die

Ausbildung der Trainer anpassen. body LIFE: Gibt es spezielle Ausbildungen, um sich im Bereich Medical Fitness weiterzubilden? Dr. Lutz Graumann: Das steckt noch in den Kinderschuhen. Bei den großen

Ausbildungsanbietern ist Functional

Training der erste Trend gewesen. Es ging erst einmal darum, sich zu überlegen, was überhaupt funktionelle Bewegungen sind und wie man den

Schritt weg von den geführten Bewegungen an den Geräten hin zu immer mehr Komplexitätsgraden in der Bewegung realisiert. Bei Medical Fitness geht es um den umgekehrten Trend. Ich muss entscheiden können, was ich einem Kunden zumuten kann und wie viel geführte

Bewegung derjenige am Anfang braucht, um durch das Training nicht überlastet zu werden. Außerdem geht es darum, wie viel Freiheitsgrad ich ihm ermöglichen kann, sodass er den besten Trainingseffekt bekommt. Langsam beginnt der Weg vom Trend des Functional Trainings über Faszi-

entraining, das eine Rolle spielte, hin zu einer großen Verbreitung des Denkens im Functional Movement Screen.

Das Ganze hat natürlich eine medizinische Grundlage. Man überlegt sich, welche Tests kann ich am Anfang machen, um das richtige Training für meinen Kunden herauszufinden – um dann im weiteren Verlauf auch die

Wirkung des erstellten Trainingsplans bewerten zu können. Das Ganze muss jetzt noch optimiert werden. body LIFE: Welche Voraussetzungen sind notwendig, um einen Medical-Fitness-Bereich im Fitnessstudio zu integrieren? Dr. Lutz Graumann: Man muss sich überlegen, welche Personengruppe man ansprechen möchte und welche Geräte sich für diese Personengruppe eignen. Es geht also darum, wie gut diese

Geräte geführt sind und wie gut die

Belastungssteuerung möglich ist. Dann gibt es Geräteklassen, bei denen über Exzentrik und Konzentrik philosophiert wird, sodass man schließlich unterschiedliche Belastungen für die

Exzentrik und Konzentrik hat. Auch

EMS-Training ist bei bestimmten Risikogruppen eine Möglichkeit. Man sollte sich ferner überlegen, welche

Ausbildungen die Trainer brauchen bzw. welche Qualifikationen sie schon mitbringen. sich also zum einen überlegen, welche

Trainer zur Verfügung stehen, und zum anderen, welche Patientengruppen bedient werden sollen? immer auch ein dünnes Eis, auf dem er sich bewegt, denn es muss ja sichergestellt werden, dass die Erkrankungen nicht verschlechtert werden.

Man sollte sich wirklich gut überlegen, ob man in der Lage ist, beurteilen zu können, wann das Limit für seine

Klienten erreicht ist. Man sollte auch schauen, welche Belastungen im Alltag beim Klienten auftreten. Die Stressoren summieren sich auf und können zu einem negativen

Gesamtwert führen. Ich muss mir Zeit nehmen, um Kunden tatsächlich betreuen zu können. Ich muss auch ein

Verständnis für ihre Alltagsbelastungssituation entwickeln. body LIFE: Wie können Studios Kooperationen mit Ärzten aufbauen? Was ist dafür aus Sicht der Ärzte notwendig? Dr. Lutz Graumann: Ich denke, die großen Fitnessstudios haben oftmals bereits bestehende Kooperationen und

Ärzte als Mitglieder in den Einrichtungen, sodass man Gespräche führen kann, wie man Fortbildungsangebote innerhalb des Studios anbieten kann.

Wir machen das zum Beispiel. Ich bin in einer Einrichtung, in der wir Mediziner, Fitnessstudio und Physiotherapie in einem Gebäude haben. Hier bieten wir sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Kunden Weiterbildungsangebote an, um alle abzuholen. medizinische Training von den Krankenkassen bezahlt? außen vor – das ist Sache der Physiotherapie. Die Studios und ihr Verband versuchen ja auch ständig, ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Hier gibt es jetzt schon Möglichkeiten, wie man Studiomitgliedschaften durch Arbeitgeber bezuschussen kann. Manchmal gibt es auch Bonusprogramme von den Krankenkassen. Zukünftig sind auch Präventionskurse nach § 20 denkbar. Im Moment gibt es leider nur semigute Lösungen. Medical-Fitness-Studio aus? elle Geräte mit einer Möglichkeit des Monitorings und der Analyse des Belastungsprofils zu haben, sodass ich dokumentiere, was bei diesem Training passiert ist. Bei vielen Ergometern steht einfach irgendeine Wattzahl drauf, aber wenn man das mit anderen

Geräten überprüft, dann sind das Fantasiezahlen. Es müssen Geräte sein, die einigermaßen genau Distanzen,

Belastungen und Herzfrequenzen anzeigen können. Es ist ein Gütekriterium, wie genau die Ergometer messen und wie sinnvoll Kraftgeräte für bestimmte Personengruppen geeignet sind. Auch hier ist es immens wichtig, wie gut das Gewicht eingestellt werden kann und ob es sogar die Möglichkeit gibt, Exzentrik und Konzentrik unterschiedlich zu belasten. body LIFE: Welche Chance hat das Thema „Medical Fitness“ in der Fitness-

„Medical Fitness wird populärer werden“

body LIFE: Ein Studiobetreiber sollte

Dr. Lutz Graumann: Genau, das ist aber

body LIFE: In welchen Fällen wird das Dr. Lutz Graumann: Hier sind die Studios

body LIFE: Was macht für Sie ein gutes

Dr. Lutz Graumann: Es geht darum, aktu-

branche und allgemein? Dr. Lutz Graumann: Es gibt immer mehr

Menschen mit Beschwerden. Medical

Fitness wird populärer werden. Es wird immer mehr Physiotherapie-Einrichtungen geben, die für sich erkennen, dass dieser Bereich der Trainingstherapie auch attraktiv für ein

Mitgliedermodell ist. Dort werden die

Praxisbetreiber auf die Idee kommen, auch im Rahmen der Kunden- und Patientenbindung dieses Training zukünftig anzubieten. body LIFE: Würde das dann für eine Verzahnung von Physiotherapie und Fitnessstudios sprechen? Oder würde es aus Ihrer Sicht eher zu einem Konkurrenzmodell führen? Dr. Lutz Graumann: Rechtlich gesehen, ist dieses Feld Physiotherapeuten vorbehalten. Auf der anderen Seite wird es zukünftig aber immer mehr Physiotherapeuten geben, die vielleicht auch auf die Idee kommen werden, Personal Trainer zu werden, sodass sie dann diese Dienstleistungen in guten, schon existierenden Fitnesseinrichtungen anbieten. body LIFE: Vielen Dank für das Gespräch!

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