Das Schweizer Magazin für Mode, Schönheit und Kultur SEPTEMBER 2013 CHF 8.50 € 6.– www.boleromagazin.ch
— 66 SEITEN DESIGNER-LOOKS AUS LONDON MAILAND & PARIS — Schuhe für die Ewigkeit
GROSSES PRADA-SPEZIAL Miuccia Prada im Porträt. Wir zeigen die schönsten Outfits. Mit Cameron Diaz an die Formel 1 OMAN – mit dem Offroader durch das Sultanat T. C. Boyles neuer Roman Powerfrau des britischen Designs: Bethan Laura Wood FASHION SESSION #1 Catwalk Night mit Iro im Club Aura 09 9 771420 394000
À la Parisienne FOTOS: SVEN BÄNZIGER STYLING: JUNE NAKAMOTO/SHOTVIEW HAIR: OLIVIER SCHAWALDER MAKE UP: DEEDEE/CALLISTE
MODEL: MASHA NOVOSELOVA/IMG DIGITAL OPERATOR: RUGGIERO CAFAGNA
Kleid aus Wollfilz mit vorne gekreuzten Ärmeln. Silberne Halskette mit schwarzer Kugel. Silberne Halskette. Silbernes Armband mit schwarzer Kugel. Overknees aus Lammleder. Alles Céline. Silberarmreif, Hermès.
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STYLINGASSISTENZ: NAOKO SOEYA
STIL
Animalisch
Das Nonplusultra in Sachen Herbstschuhe liefert uns Tom Ford. Erstens liegen Animalprints im Trend, und zweitens sehen der neuartige konische 105-mm-Absatz und der breite Fesselriemen super-sophisticated aus. Erotischer Eyecatcher: die vergoldete Verschlussnadel, die per Hand angen채ht wird. Wo zu kaufen Seite 159. FOTO: ARMIN ZOGBAUM/RENEHAUSER.COM STYLING: ULRIKE MIEBACH/NINAKLEIN.COM
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STIL neuigkeiten
Charity-Initiative «Chime for Change»
Gucci fördert Rechte von Frauen und Mädchen «Chime for Change» ist eine von Gucci initiierte Kampagne, die eine Verbesserung der Lebensbedingungen von Mädchen und Frauen anstrebt, insbesondere in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Gerechtigkeit. Im Juni fand der erste globale Konzertevent «The Sound of Change» unter der künstlerischen Leitung von «Chime for Change» im Twickenham Stadion in London statt. Namhafte Stars wie Madonna, Rita Oro, Jay Z oder Florence Welch engagierten sich bei einem Konzert für das Projekt. Haupt-Act war Sängerin Beyoncé Knowles-Carter, die neben Gucci Creative Director Frida Giannini und Schauspielerin Salma Hayek Pinault Mitbegründerin und Artistic Director der Kampagne ist. Alleine aus Ticketverkäufen konnten mehr als vier Millionen Schweizer Franken generiert werden. Der volle Umfang des Erlöses kommt 200 Projekten in 70 Ländern zugute. Dank des Gucci-FundraisingPartners Catapult konnten Konzertbesucher erstmals den Wert ihres Tickets einer Non-Profit-Organisation ihrer Wahl spenden. Ebenfalls launchte Gucci eine Storytelling-Plattform. Kurzfilme erzählen dort Geschichten von mutigen Frauen und Mädchen. | ALB www.gucci.com, www.chimeforchange.org
Max-Mara-Atelier
EIN MANTEL FÜR ALLE FÄLLE Bereits zum vierten Mal präsentiert Max Mara die «Max Mara Atelier Capsule Kollektion», bestehend aus zwölf luxuriösen Mänteln. Klassisch geschnitten, besticht jedes Modell mit ultramoderner und zugleich funktionaler Passform. Von der Cabanjacke über den Parka bis hin zum Smoking-Modell – der Mix aus hochwertigen Materialien wie Kamelhaar, Mufflonwolle oder Fell sorgt für einen urbanen Touch für den Businesslook. | ALB www.maxmara.com
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— Annette Görtz in Bildern — Die FH Bielefeld veröffentlicht im Rahmen eines Illustrationsprojektes einen Bildband mit Skizzen der Kollektionen von Annette Görtz. «IL LUST RATIO N» lautet der Titel des Buches, das auf mehr als 300 Seiten nebst Zeichnungen der Designerin Arbeiten von Absolventen präsentiert, die auf ihre Weise die AnnetteGörtz- Herbst-/Winterkollektion 2013–14 interpretierten. Annette Görtz studierte einst selbst an der FH Bielefeld und unterstützte das Projekt mit 20 000 Euro. | ALB Für ca. CHF 50.– im Buchhandel erhältlich.
Capsule Kollektion
OH BOY! Bally präsentiert mit «Borrowed from the boys» Männer-Styles für Sie. Klassische Herrenmodelle wie Oxford Brogues, Ankle Boots, Double Monk Slippers oder Mokassins wurden dazu mit femininen Details wie Absatz oder Quasten versehen. Die coolen BoyfriendBoots von Bally sind ab September in den Stores erhältlich. | ALB www.bally.com
BEAUTY
CHRISTIAN DIOR Make-up-Artistin Pat McGrath setzte Raf Simons futuristische Sicht auf die DiorFrau mit silbernem Eyeliner um, ergänzt mit Lidschatten «Mono Fusion Etoile 021». Dazu ein kleiner Mund mit Lippenstift «Darling 775», die Konturen sind mit «Nude Concealer 001» aufgehellt.
GLANZ, GRUNGE & GARÇONNE Die grossen Mode- und Kosmetikhäuser schickten an ihren Herbstund Winter-Modenschauen Beauty-Looks über den Laufsteg, die zwischen retro-futuristischer Eleganz und «die Nacht durchgemacht» oszillieren. Die Make-ups erzeugen eine schöne Spannung der Stile. REDAKTION: MARIANNE ESCHBACH
WO ZU KAUFEN SEITE 159
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Foto: Alessandro Lucioni
GIORGIO ARMANI Make-up-Artistin Linda Cantello interpretierte die Garçonne mit matt-rauchigtransparenten Tönen. Taupe und dunkles Grau für die Augen aus den Paletten «Eyes to Kill 1» und «4». Für die Lippen hat sie eigens die neue Farbe «Rouge Extasy 100 Androgino» gemischt.
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SAINT LAURENT Das Modehaus hat unter dem neuen Designer den Vornamen des Gründers weggelassen, die Kosmetik-Lizenz führt ihn nach wie vor. Zum luxuriösen Grunge-Stil der Kollektion von Hedi Slimane gibts einen Look in Braun und Schwarz, der cool und etwas übernächtigt aussieht.
KULTUR
Betreten auf eigene Gefahr – Wenn Küchenreiben Angst einflössen, hat Mona Hatoum ihre Finger im Spiel. Nun zu sehen in St. Gallen. TEXT: LEONI JESSICA HOF
Ein in Formaldehyd eingelegter Haifisch machte Mona Hatoum den renommiertesten aller Kunstpreise streitig. 1995 für den «Turner Prize» nominiert, hatte die Künstlerin das Nachsehen – Damien Hirst bekam den Preis. Hatoum aber wird umschwärmt, die Preise für ihre Werke steigen, zu sehen ist sie im MoMA und in der Tate. Als erstes Schweizer Museum zeigt nun das Kunstmuseum St. Gallen eine Einzelausstellung. Den Werken Hatoums wohnt eine Dringlichkeit inne, es ist ihre Lebensgeschichte, die in ihrer Kunst verwoben ist. Sie ist im Libanon geboren, wohin ihre Eltern als palästinensische Flüchtlinge aus Israel geflohen sind. Mit 23 macht sie Urlaub in London, als im Libanon der Bürgerkrieg ausbricht. Sie muss bleiben, ergattert einen Platz an der Kunsthochschule. Später macht sie mit eindringlichen Aktionen auf sich aufmerksam, flicht Frauenhaar zu Palästinensertüchern und reist mit uns durch ihren Körper. Steht man vor einer ihrer mannshohen Reiben, ist das faszinierend vertraut – und Angst einflössend. In St. Gallen werden auch neue Arbeiten präsentiert, wie Textilarbeiten, die mit Jakob Schlaepfer realisiert wurden.
VON OBEN: «Paravent», 2008. Die Künstlerin Mona Hatoum. Fotos: Holger Niehaus/ Galerie Max Hetzler, Berlin und White Cube (1), Jochen Littkemann, Berlin/ White Cube (1).
«Mona Hatoum», Kunstmuseum St. Gallen, 7. September bis 26. Januar 2014.
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KULTUR bücher Bolero BLICKPUNKT
Das sollten Sie auch noch lesen
LEONI JESSICA HOF Kulturredaktorin
Arturo Pérez-Reverte Gutiérrez ist einer der meistübersetzten Autoren Spaniens. Als Journalist berichtete er von den Kriegsschauplätzen dieser Welt – sein neues Buch «Dreimal im Leben» ist dabei einer dieser Romane, die man ohne Übertreibung elegant nennt. Es ist das Jahr 1928, Max ist Eintänzer in der ersten Klasse eines Ozeandampfers. Hier begegnet er Mecha, der schönen Frau eines weltberühmten Komponisten. In Buenos Aires führt er das Paar durch die Tango-Spelunken seiner Geburtsstadt und die Dinge geraten ausser Kontrolle... Eine bittersüsse Geschichte über Liebe, Verrat, Intrigen und eine Zeit, deren Glamour uns noch immer fasziniert. Eine Debütautorin ist zu entdecken: Katharina Hartwell erzählt in «Das Fremde Meer» die Geschichte von Marie und Jan immer wieder neu. Sie führt uns dabei in die Pariser Salpêtrière, in den Winterwald und die Wechselstadt, in der ganze Häuser als «Mobilien» durch die Stadt wandern. Hartwells Sprache ist reduziert, ihre Fantasie überbordend. Ein im wahrsten Sinne des Wortes fantastischer Erstling! Sibylle Berg liebt man oder nicht, auf jeden Fall klärt sie im «Spiegel» Fragen des Lebens, wie «Ist es eigentlich noch cool, in die Provence zu reisen?» oder «Kann ich mit 46 Jahren die Haare noch lang und offen tragen?». Diese Texte finden sich nun in der Bergschen Benimm- und Überlebensfibel, die man sich als geneigter Leser zu Gemüte führen sollte. Bissig und doch zauberhaft, diesen Mix schaffen wenige.
Foto: Jamieson Fry (1)
Arturo Pérez-Reverte Gutiérrez «Dreimal im Leben» Insel Verlag, CHF 32.90 Katharina Hartwell «Das fremde Meer» Berlin Verlag, CHF 32.90 Sibylle Berg «Wie halte ich das nur alles aus?» Hanser Verlag, CHF 21.90
T. C. Boyles neuer Roman wird sicher nicht sein letzter sein.
Drei Frauen, eine Insel – T. C. Boyles neuer Roman entführt uns auf ein Eiland. TEXT: LEONI JESSICA HOF
Dieser Mann ist eine Textmaschine, man meint, dass gerade erst ein Roman von T. C. Boyle erschienen ist, schon steht ein neuer Titel in den Regalen der Buchhandlungen. Sein Roman «San Miguel» sei innerhalb eines Jahres entstanden, monatelang habe er vorher recherchiert. «Ich wagte für meine Verhältnisse etwas vollkommen Neues und Experimentelles: den geradlinig erzählten Historienroman bar jeder Ironie», so der Autor in einem Interview. Wie sein Vorgänger spielt der Roman auf einem Eiland – San Miguel ist Teil einer Inselgruppe vor der Küste der kalifornischen Stadt Santa Barbara. Sturmumtost ist sie, Schiffe zerschellen mit stoischer Regelmässigkeit an ihren Felsen. Hier leben bellende Robben und Schafe und schliesslich auch Will Waters, der 1888 für sich und seine Familie eine neue Heimat, ein neues Glück sucht. Seine Frau Marantha ist schwindsüchtig, die gute Luft soll ihr Genesung bringen. Was als Paradies gedacht war, wird für sie jedoch zur Hölle. Es regnet und stürmt tagelang, die Sandkörner dringen in jede Ritze des Hauses, das nach Schafen stinkt und nie richtig sauber wird. Adoptivtochter Edith träumt sich in eine Figur aus «Sturmhöhe», erfindet sich als Prinzessin der Insel, später wird jedoch auch sie nichts anderes wollen, als diesem Flecken Erde zu entfliehen. Ihm und dem tyrannischen Vater, der seinen Traum von einer neuen Existenz nicht aufgeben will. Jahrzehnte später ziehen die Lesters auf die Insel, ein Paar, das hier zunächst sein Glück findet. Zur Zeit der Weltwirtschaftskrise werden sie von den Zeitungen als Pioniere in Sachen alternative Lebensform gefeiert. Boyle versteht es wie immer meisterhaft, seine Charaktere und deren Leben zu beschreiben, der Roman treibt auch uns den Sand in die Augen und den Geruch der Schafe in die Nase. Seiner amerikanischen Insel-Saga folgt ein Band mit Erzählungen. Er ist ein Besessener, aber einer, der sein Handwerk versteht. < T. Coraghessan Boyle, «San Miguel», Hanser Verlag, CHF 32.90
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ANGESAGT Manifest der Muster An Designdiva Bethan Laura Wood kommt man zurzeit nicht vorbei. Bolero traf die Powerfrau des britischen Designs. TEXT: LEONI JESSICA HOF FOTO: ANTHONY LYCETT
Ins kreative Powerzentrum der Schweiz kommt nicht jeder hinein. Die Eingangspforten der Ecal bleiben dem verschlossen, der keine Chipkarte hat. Danach wird es einfach, denn ich bin mit Bethan Laura Wood verabredet und obwohl wir uns nie zuvor getroffen haben, bin ich mir sicher, sie auf den ersten Blick zu erkennen. Tatsächlich ist sie nicht zu übersehen. Die Designerin trägt eine rosa Rüschenhose zum Blumenkleid mit Häkelausschnitt. Ihre Schuhe sind so bunt wie die hervorschauenden Strümpfe. Geradezu sophisticated wirkt dagegen das silberweisstürkise Haar – wäre da nicht die grosse Schleife um den Kopf. Die Engländerin ist ein bunter Hund, auf den Alabasterwangen prangen rosa Kleckse, die Brauen sind blau und grün. Im Vergleich zu ihr sehen die um sie herum Stehenden aus wie Buchhalter. Mit den britischen Kollegen Tomás Alonso und Alex Taylor ist Wood in die Schweiz gekommen, um angehende Designer der Ecal vor ihrem Examen zu briefen. Wood legt den Kopf schief, hört zu, als einer sein Projekt vorstellt, zieht die Stirn kraus. Später im Interview sagt sie: «Die Ecal ist für ihre Projekte mit bekannten Unternehmen und spezialisierten Herstellern bekannt. Wir drei sollen die Studenten darin schulen, ihre Projekte vorzustellen, von verschiedenen Seiten zu betrachten und eine eigene Sprache zu entwickeln. Mir ist es wichtig, dass die Studenten eine starke Vision von dem bekommen, was sie wirklich machen wollen.» Wir setzen uns in den Innenhof des Gebäudes, wo Wood zum Mittag Pommes und eine Frikadelle isst. Kulinarisch hatte das vergangene Jahr sicher mehr zu bieten, sie reiste viel, etwa nach Kopenhagen, arbeitete mit Handwerkern in Italien und flog zum ersten Mal nach Mexiko. «Es gibt diese Plätze, von denen wir meinen, viel darüber zu wissen. In Mexiko waren >
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ANGESAGT
es kleine Dinge, die mir auffielen. Etwa diese Lollipops auf den Strassenmärkten. Wie flache bunte Zungen. Oder die Blumengestecke in Form von Hunden.» Die Reise war Teil des «W Hotels Designer of the Future-Awards» mit dem sie an der «Design Miami/Basel» ausgezeichnet wurde. Wood ist auf der Überholspur, schon 2008 listete sie der «Observer» unter die «Future 500 Top Ten for Fashion and Retail». Mittlerweile stand sie auf so einigen Shortlists für Design-Awards und konnte verschiedene Auszeichnungen einheimsen. Galerien, Sammler und Kuratoren umschwirren die Engländerin wie Bienen etwas Süsses. Für Wood scheint dieser Erfolg kein grosses Ding, vielleicht ist sie aber auch nicht der Typ für Lobhudelei. Sie schiebt sich drei aufgegabelte Fritten mit Mayonnaise in den Mund, schon in ihrer Familie habe man immer gebastelt und Dinge hergestellt. «Als Kind wollte ich Künstlerin werden. Ich bastelte und malte, stellte Dinge aus Pappmaché her, ich war immer damit beschäftigt, etwas zu gestalten! Samstags ging ich in einen Kidsclub, mit sieben in einen Töpferkurs, mit 16 gab ich selbst Stunden.» Woods Vater ist Architekt, die Mutter Ergotherapeutin, die sich ihre Kleider und die ihrer zwei Töchter selbst nähte. Rührt Woods ausgefallener Kleidungsstil daher? «Seitdem ich 16 bin, trage ich keine Jeans mehr. Meinen Stil entwickelte ich mit 12, 14, Stück für Stück. In der Schule wurde sowieso jeder gehänselt und so hatten sie bei mir wenigstens einen Grund. Und ich hatte meinen Spass.» Im Moment liebt sie es, mehrere Schichten zu tragen. Und Schals, aus denen sie Kopfschmuck knotet.
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Die 29-Jährige machte ihren Bachelor in 3-D-Design an der Universität in Brighton, bevor sie nach London ging, wo sie heute noch lebt – in der Stadt ihrer Träume: «1991 sah ich auf BBC eine Serie übers Royal College of Art. Jede Woche wurde ein anderer Kurs vorgestellt. Ich sass vorm Fernseher und wollte Skulpturen machen, Mode machen, 3-D machen! Ich komme aus einer Kleinstadt. Für mich war London der Ort, wo ich alles bekam, was ich wollte. Ich spürte, dass ich dorthin gehen musste, um als Person zu wachsen.» In London arbeitete sie ein Jahr lang für einen Glaser. Zwei Tage die Woche, als Lohn durfte sie jeweils einen Tag seine Werkstatt nutzen. Hier entstand eine von ihr entworfene Teetassen-Kollektion. Nach diesem Jahr studierte sie am renommierten Royal Collage of Art Produktdesign. Ihre Lehrer dort waren Jurgen Bey und Martino Gamper. Es folgte eine Schmuckkollektion und sie gründete ihr Label Wood, designte und produzierte Schmuck, Keramik, Textilien und Möbel. Man sieht ihre Arbeiten am «Salone» in Mailand, aber auch hierzulande, an der Zürcher «Blickfang» wird Wood ausgezeichnet. Vertreten wird sie mittlerweile von der Mailänder Galerie Nilufar. Heute lebt Wood im Osten Londons, in einer Wohnung in Clapton. Ihr Zuhause ist ihre Basis und scheinbar eine Wunderkammer: «Ich bin eine eifrige Sammlerin von Objekten und Stoffen oder Keramik; seitdem ich in meinen Arbeiten mehr Muster einsetze, sammle ich Muster. Meine Sammelwut ist direkt verbunden mit dem Entwerfen. Im Moment stehe ich auf Ohrclips. Ich liebe den Kunststoff, den sie früher benutzten.» Fündig wird sie etwa
an einem ihrer Lieblingsplätze in London, dem Spitalfields Markt. «Man bekommt dort alles von Kostümen zu Geschirr, von Textilen zu Töpfen. Ich könnte Tage dort verbringen.» Auf ihren Wanderungen durch die Stadt entdeckt sie vieles, was sich später in ihren Arbeiten wiederfindet, die Stadt inspiriert sie: «Ich interessiere mich für Orte, an denen verschiedene Einflüsse zusammenkommen. Für das Umfeld, in dem wir leben, für die Objekte, die uns umgeben. Von Beginn an sammelten die Leute schimmernde Objekte, sie machten Kunstwerke daraus oder trugen sie in ihren Haaren.» Was aber nun interessant sei, wäre die Frage, wie wir den Widerspruch meistern zwischen dem Wunsch nach immer Neuem und den Limits, die wir alle deutlich sehen, etwa an der globalen Erwärmung. Lokalität, Massenproduktion und Handwerkskunst sind die Pole, um die sich Woods Werk dreht. «Ich arbeite gern mit Meistern ihres Fachs und verbinde Handarbeit mit Materialien, die man von der Massenproduktion kennt, wie Laminat. Es geht auch darum, zu zeigen, wie viel Design und Handwerk selbst in einfachsten Objekten stecken.» Auf ihre Arbeiten mit Laminat, wie bei «Hot Rock», kam sie bei einem ihrer Rundgänge durch ihr Viertel: «In Waschsalons, Cafés, überall findet sich Laminat. Wir sehen es als minderwertiges Produkt, aber ich wollte es feiern.» Den Arbeiten von Bethan Laura Wood liegt immer etwas Gutgelauntes inne, sie sind sinnlich auf eine unmittelbare Art. «Ich mag es, wenn meine Stücke etwas von mir in sich tragen und dann aber noch genug Raum bleibt für das, was die Leute darin sehen. Manche sehen in meinen Mustern verrückte bunte Tintenfische, andere Clowns oder sich drehende Ballerinas, ich sehe den Roboter von Metropolis. Ich mag Arbeiten, die ein starkes Manifest des Designers sind.» <
Fotos: Tommaso Riva (1)
Bethan Laura Woods «Hot Rock» feiert Laminat. Die Designerin und ihre Lampe «Crisscross».
ART DE VIVRE Kein Hochhaus nirgendwo Das Sultanat Oman ist der Gegenentwurf zu Dubai: Hier zeigt sich Arabien von seiner schönsten Seite. Bling Bling wird den anderen überlassen. Fortschritt und Tradition gehen in Oman Hand in Hand. TEXT UND FOTOS: TINA BREMER
Wir sind gestrandet – mitten in der Wüste. Keinen Mucks gibt der Jeep mehr von sich, vielleicht war die letzte Düne zu viel für ihn. Mit röhrendem Motor und zuckendem Lenkrad sind wir über die Hügel der Wahiba-Wüste gejagt, sind die Dünen raufgeschossen, bis der Wagen sich quergelegt hat und mit durchdrehenden Rädern ins nächste Tal gesaust ist. Wieder und wieder, Achterbahnfahren auf Arabisch. «Die Touristen lieben Dune-Bashing, ihr müsst es probieren!», hat Salah uns gesagt, bevor wir von der asphaltierten Strasse abgebogen sind. Mit fester Stimme, die jeden Widerspruch als lächerlich vorgeführt hätte. Und so haben wir unser Herz in die gebräunte Hand genommen, wo es die letzte halbe Stunde unruhig hin und her
gehüpft ist. Angetrieben vom Adrenalin, das durch unsere Adern pulsiert ist. Und jetzt sitzen wir hier, in der Mitte von Nirgendwo, Schiffbrüchige ohne Schiff. «Dass der Wagen liegen bleibt, ist mir seit acht Jahren nicht mehr passiert», sagt Salah und klappt die Motorhaube zu. Genug Öl hat der Wagen, Benzin auch, und die Reifen haben wir in einer Garage überprüfen lassen, bevor es in die Wüste ging. Routine für Salah, der Pitstop ist ihm in Fleisch und Blut übergegangen, genauso wie das Beten zu Allah. Fünf Mal am Tag, die Knie auf einem rotgemusterten Teppich, den Kopf in Richtung Mekka geneigt. «Zumindest, wenn ich zuhause bin, wenn ich unterwegs bin, sehe ich es nicht so eng», sagt >
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Wadis, Trockentäler, führen auch immer mal wieder Wasser.
Die historische Festungsanlage in Nizwa.
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Wir mögen den Sultan nicht, wir lieben ihn. Er sorgt dafür, dass der Schulbesuch und die medizinische Versorgung kostenlos sind.
» Kamele werden in Oman oft bei Kamelrennen eingesetzt.
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Salah, Reiseführer und gläubiger Moslem.
EVENT
Hommage an Fellinis gleichnamigen Film – «La Strada» von Chopard.
Filmproduzent Francesco Melzi d’Eril, Caroline Scheufele, Chopard.
Auf den Spuren Fellinis Eine Nacht der Superlative! Chopard feierte den internationalen Launch der «La Strada»-Kollektion in der Cinecittà, in Fellinis Studio, dem «Teatro 5». REDAKTION: SITHARA ATASOY
Als Caroline Scheufele die Idee für die Kollektion «La Strada» hatte, muss sie doppelt von der Muse geküsst worden sein. Die filmbegeisterte Co-Präsidentin und künstlerische Direktorin vom Haus Chopard hat sich für die Entwürfe von den Bildern eines Filmstreifens inspirieren lassen: «Ich sah diese typischen Pflastersteine in den alten Strassen Roms. So kam mir die Idee zum Design von <La Strada>». Anfang Juli traf sich die internationale Presse in Rom zur Kollektionspremiere. Am Nachmittag führte der Kunstkritiker und Kurator Ludovico Pratesi über die Pflastersteine der ältesten geraden Strasse Roms und als Exklusivtour durch den aus dem 16. Jahrhundert stammenden Privatpalast «Sacchetti», dessen Fresken, Kassettendecken, Plattenböden so gut erhalten sind, als würde der Palast noch immer bewohnt. Die Premiere fand dann in
der legendären Cinecittà im «Teatro 5» statt, wo Federico Fellini viele seiner Filme aufgenommen hatte. Auf der Leinwand flimmerten Szenen aus dem Film «La Strada» . Überall Erinnerungen an Fellini: Skizzen, Zeichnungen, die Kulisse einer Bar. Der Trompetenspieler Mauro Maur, der auch in Fellinis Filmen gespielt hatte, begleitete das grandiose Dinner. Meisterkoch Igles Corelli interpretierte Fellinis Lieblingsgerichte neu, etwa Lasagne oder Pollo. Sozusagen als zweite Nachspeise folgte die «La Scala»-Kollektion. Die Uhren- und Schmuckstücke in Weiss-, Rosé- und Gelbgold, teils mit Edelsteinen besetzt, sind eine Reverenz an Fellinis Filme und die Silhouetten des New-Looks der fünfziger Jahre. Übrigens: Die «La Strada» wurde 1994 als erste Formuhr im Haus Chopard lanciert. Jetzt ist sie neu überarbeitet worden. | september 13 | bolero |
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Let’s talk about sex Betony Vernon und François Berthoud in der Zürcher Galerie Katz Contemporary. REDAKTION: LEONI JESSICA HOF
FOTOS: JOZO PALKOVITS
Es war heiss an diesem Nachmittag, noch heisser wurde es dem einen oder anderen Besucher der Zürcher Galerie Katz Contemporary. Hier stellte Betony Vernon ihre «Boudoir Bible» vor. Im Schlepptau hatte sie ihren Bekannten, den Illustratoren François Berthoud, der den Sex-Guide für Leute von heute bebilderte. 1. Galeristin Frédérique Hutter, François Berthoud, Betony Vernon. 2. Auszug aus der «Boudoir Bible». 3. Christian Brändle, Direktor Museum für Gestaltung. 4. Ute Penz, Boutique Mon Amour. 5. Nava Sutter, Kuratorische Assistenz, Michele Sala, Creative Director. 6. Sammlerpaar van Geloven. 7. Künstler Luciano Castelli, Art Director Beda Achermann. 8. Autorin und Künstlerin Play Hunter. 9. Claudia Hofmann, Sambodhy Yoga Couture, CEO Jörg Schminke. 10. Fridtjof Flucke, Martti Wichmann, Aesop. 11. Silvie Seidlitz, tätig im Kunstgewerbe, Komponist Carl Hänggi mit Hund. 12. Philipp König, Tanja Schlager, beide Bel Epok, Anna Clivio, Sebastian Fischenich, Bel Epok.
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