APRIL 2014 CHF 8.50 € 6.– www.boleromagazin.ch Bolero – DAS SCHWEIZER MAGAZIN FÜR MODE, SCHÖNHEIT UND KULTUR
Alles, was schön macht: Heilpflanzen für die Haut Die Küche Vietnams Nägel in Pastell Spas im Test Make-up-Insider Bolero Beauty Night – Feiern Sie mit uns!
AccessoiresGuide Frauenschwarm
Vincent Cassel als «Biest»
Sag Ja! Moderne Braut — Träume in Weiss Die CelebrityHochzeitsplanerin Schmuck für immer & ewig Vorpremiere
Yves Saint Laurent im Kino Burma Ein Land im Wandel
STIL
Terra Exotica Das ist der Schuh, nach dem wir uns schon immer gesehnt haben, ohne es gewusst zu haben. Mit Cut-outs, Schnürung und elegantem 105-mm-Absatz hat Edgardo Osorio für Aquazzura die perfekte Inkarnation von Amazonen-Sexappeal geschaffen. Wie passend, dass er sich «Amazon» nennt. Wo zu kaufen Seite 138. FOTO: ARMIN ZOGBAUM/RENEHAUSER.COM STYLING: ULRIKE MIEBACH RETUSCHE: OLIVIER YOSHITOMI
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STIL neuigkeiten
Die Designs von Lanvin erinnern mit romantischen Details auch heute noch an die frühen Entwürfe von Jeanne Lanvin.
Modegeburtstag
Von Jeanne zu Alber – Lanvin feiert 125-Jahre-Jubiläum Als Jeanne Lanvin mit nur 22 Jahren ihre eigene Schneiderei eröffnete und nach der Geburt ihrer Tochter Marguerite anfing, Kinderkleider zu entwerfen, führte dies nicht nur zu einer Sensation bei den Damen der feinen Gesellschaft, sondern legte den Grundstein für das älteste noch existierende französische Couture-Haus. Diese Entwürfe waren nämlich nicht die üblichen Kopien der aktuellen Damenmode, sondern kindgerechte Hängerchen aus bunten Stoffen. Mit dem Heranwachsen von Marguerite entwickelte sich auch der Stil Lanvins weiter. Ihre betont femininen und romantischen Designs, mit engen Oberteilen und weiten Röcken, waren das Gegenstück zum damals modernen Garçonne-Stil. Bis heute zählen romantische Details, Plissées und Volants zu den Markenzeichen des Labels, das unter Kreativdirektor Alber Elbaz zu seinem alten Glanz zurückgefunden hat. Er interpretiert mit feiner Ironie die Codes des Hauses und spielt gekonnt mit den Codes der heutigen Kids. Wir erinnern uns an seine Zusammenarbeit mit H&M. Mit Posts auf Social Media ist auch die 125-Jahr-Feier der Marke auf die junge Generation zugeschnitten. | KSS www.lanvin.com, www.facebook.com/lanvinofficial, www.instagram.com/lanvinofficial
Sammlerstück
KUNST AM TUCH
— New Wave —
Starschnitt
TO TOMMY, FROM ZOOEY
Beinahe wähnt man sich in einem psychedelischen Traum. Das vom Künstler Kenny Scharf entworfene pop-surrealistische Universum hat alle Zutaten, um zum sommerlichen Bestseller zu werden. Wären da nicht die Muster des Chilenen INTI und des Pariser Künstlers André Saraiva. Die «Foulards d’Artistes» sind ab CHF 685.– erhältlich. | KSS
Eine echte Fashionista weiss, dass Sportsneakers längst nicht mehr nur ins Fitnessstudio gehören. Seine Sammlung erweitern kann man jetzt mit dem «Adidas Originals ZX Flux», dem Nachfolger des Neunziger-Jahre-Modells «ZX 8000». Die essenziellen Merkmale des Kultsneakers wurden beibehalten. Im April kommt der «ZX Flux» mit verschiedenen coolen fotorealistischen All-over-Prints auf den Markt. Erhältlich im Online Store und im Adidas Originals Store in Zürich. Preis: CHF 150.– | KSS
«Ich bin Modefanatikerin», sagt Schauspielerin Zooey Deschanel. Ihr Gespür für Mode beweist sie nun bei ihrer Kooperation mit Tommy Hilfiger. Colorblocking und ein Sechziger-Jahre-Look prägen die 16 Teile der «To Tommy, From Zooey»-Kollektion. Ab 21. April ist die Kollektion im Online Store erhältlich. Ab ca. CHF 90.– | KSS
www.louisvuitton.com
www.adidas.ch
www.tommy.com
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BEAUTY
Delikat!
Weiss ist modisch und stark. Diesen Frühling tragen wir die Farbe in all ihren Varianten. Von Schnee bis Pastell – und das bis in die Fingerspitzen. Luxuriös? Ja. Unschuldig? Nein! FOTOS: DIANA SCHEUNEMANN MANIKÜRE: FABIENNE PAULI MIT LACKEN VON ESSIE MAKE-UP: MILY SEREBRENIK HAIR: CHRISTOPHE DURAND/LE BAL DES CREATEURS STYLING: WOO LEE/STUDIO WOO LEE
BISQUITPORZELLAN Nägel ganz in Weiss. Was gibt es Luxuriöseres? Nagellack «Essie Fiji No 14». Jumpsuit und Gürtel, beides Viktor & Rolf. Filigrane Blütenbracelets, Amber & Luise. Weissgold- & Diamantringe, Roségold- & Diamantbracelets, alles Van Cleef & Arpels.
MODELS: TARA JEAN & MARINE DELZENNE/MAJOR
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LAVENDELLIKÖR Zuckrig, frisch und kühl. Nagellack «Essie Lilacism No 37». Top und Krinolinenrock, beides Francesco Scognamiglio. Pumps, Santoni. Perlencollier «Fibonacci», Bliss Lau. Weissgoldring «L'Envol» mit Diamanten und Saphiren, Morphée Joaillerie.
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KULTUR
Der Mythenmacher – Matthew Barney präsentiert sein neues Mammutprojekt. TEXT: LEONI JESSICA HOF
Etwas Erstaunliches war im vergangenen Oktober auf dem East River zu sehen. Da schipperte ein ganzes Haus auf einem Schlepper dahin. Ein Haus, das bis auf den letzten Ziegel jenem des Schriftstellers Norman Mailer glich. Geistiger Kapitän des Ganzen ist der Künstler Matthew Barney, die Performance Teil seines neuen Gesamtkunstwerks «River of Fundament», das nun in München Weltpremiere feiert. Inspiriert ist es von Mailers Roman «Frühe Nächte», in dem es um den Totenkult der alten Ägypter geht. Sieben Jahre machte sich Barney Gedanken um Tod und Reinkarnation, um das, was bleibt. Entstanden ist eine fünfstündige Filmoper, die in der Bayrischen Staatsoper gezeigt wird. Im Haus der Kunst sind Skulpturen, Fotografien und Storyboards zu sehen. Barney ist ein Mythenmacher, der Schöpfer fesselnder und seltsamer Bilder, von einem stepptanzenden Satyrn etwa und Höhlenwelten aus Vaseline. Neu arbeitet er mit Metallen. In «River of Fundament» arbeiten darum Experten aus der Eisenverhüttung mit Schauspielern wie Maggie Gyllenhaal. Entstanden ist eine spektakuläre Allegorie auf Tod und Wiedergeburt.
OBEN: Matthew Barney und Jonathan Bepler, «River of Fundament», 2014. Foto: Courtesy Gladstone Gallery, New York & Brussels. UNTEN: Der New Yorker Künstler Matthew Barney. Foto: Samantha Marble for Pitchfork.
«Matthew Barney: River of Fundament», Haus der Kunst und Staatsoper München, 17. März bis 17. August.
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KULTUR bücher Bolero BLICKPUNKT
Was Sie sonst LEONI JESSICA HOF noch lesen sollten Kulturredaktorin Renata Adler arbeitete in den Siebzigern beim «New Yorker», ihr Debüt «Rennboot» wird nun neu aufgelegt. Die Sammlung kurzer Stücke wird zusammengehalten durch die Erzählerin, Reporterin Jen Fain. Sie sinniert etwa über den Unterschied zwischen «wahrem Gefühl und gemeinsamem Erfahrungsmüll» und über New Yorker Partys: «‹Gehen wir zu dir oder zu Elaine’s?› fragte der junge Mann. Es war drei Uhr morgens. Er war frisch geschieden. Die gleiche Frage wurde vermutlich gerade in sämtlichen Taxis New Yorks gestellt.»
TEXT: LEONI JESSICA HOF
Schweine, in denen menschliche Nieren, Herzen und Ohren gezüchtet werden: Längst grunzen sie durch unsere Nachrichten. Bei der Booker-Preisträgerin Margaret Atwood wird ihnen Hirnmaterial eingepflanzt, was sie zu cleveren Bestien macht. Als sie vor zehn Jahren Organschweine Jagd auf Menschen machen liess, klang das abgefahren. Mit dem dritten Buch ihrer Trilogie schliesst Atwood nun den Kreis einer Saga, die in einer nahen Zukunft spielt. Nach zahlreichen Umweltkatastrophen wurden die Menschen durch eine Pandemie dezimiert, der übrig gebliebene Rest trotzt den Gefahren einer anarchischen Welt. Unter ihnen die toughe Toby und Draufgänger Zeb, ist dies doch auch ein Roman über starke Frauen und eine das Weltenende überstehende Liebe. So öde das Land, so reich der Kosmos an Wesen, Atwood sagt, dass es im Roman keine Technologien oder Biowesen gibt, die nicht existieren oder theoretisch möglich wären. Eine Art bessere Menschen sind die Craker. Ihnen wurde per Biotechnik ausgetrieben, was zum Untergang der Menschen beitrug, sie kennen keine Gier, brauchen kein tierisches Protein, paaren sich saisonal. «Die Geschichte von Zeb» spinnt das Endzeitszenario weiter: «Spekulationen über den Zustand der Welt bildeten (...) eine heikle Form der Massenunterhaltung. Das jedoch konnten die Menschen nur bis zu einem gewissen Grad ertragen, zumindest wenn man nach der Quote ging, die erst Hammer war und dann in den Keller ging, als die Zuschauer vom dräuenden Weltuntergang zu Echtzeitwettbewerben im Hotdogessen schalteten.» Atwood selbst sagt, ihre Bücher seien Strassenschilder, die vor einem Abgrund warnen, sie machen nachdenklich, aber ob ihres schillernden Einfallsreichtums nie schlechte Laune. Margaret Atwood, «Die Geschichte von Zeb», Berlin Verlag, CHF 33.90.
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«Ich hatte Dad versprochen, immer aufzuschreiben, wo ich war – den ganzen Sommer lang.» Louise Erdrich erhielt für «Haus des Windes» den «National Book Award», die Autorin entführt uns nach North Dakota ins Jahr 1988. Es ist die Geschichte von Joe. Als dessen Mutter brutal vergewaltigt wird und daran zu zerbrechen droht, macht sich der Junge auf, das Verbrechen aufzuklären und zu rächen. Was das mit katholischen Pfadfinderinnen und den Brüsten von Tante Sonja zu tun hat, lesen Sie am besten selbst. Renata Adler «Rennboot» Suhrkamp, CHF 29.90 Lionel Shriver «Grosser Bruder» Piper, CHF 33.90 Louise Erdrich «Haus des Windes» Aufbau Verlag, CHF 29.90
Fotos: Jean Malek (1)
Apocalypse now ! Margaret Atwood beschliesst ihre kühne Endzeittrilogie mit «Die Geschichte von Zeb».
Lionel Shriver eröffnet ihr neues Buch «Grosser Bruder» mit einem Paukenschlag. Als Pandora ihren Bruder Edison vom Flughafen abholt, erkennt sie ihn nicht wieder: Der von ihr bewunderte Pianist hat sich über 150 Kilo angefressen. Pandora beschliesst, Edison einer Nulldiät zu unterziehen – und begreift spät, dass sie nur eines retten kann: ihre Ehe oder ihren Bruder.
ANGESAGT
Das Tier in mir Bolero traf Schauspieler Vincent Cassel in seiner Heimatstadt Paris. Er spielt die Hauptrolle in der Neuverfilmung von «La Belle et la Bête». TEXT: LEONI JESSICA HOF FOTO: DANIEL RIERA/JED ROOT
Natürlich spielt er das Biest. Wir sind in Paris, gestern wurde im Kino nah der Champs-Élysées «La Belle et la Bête» gezeigt. «Als sie mit dieser Rolle auf mich zukamen, sagte ich zu. Natürlich spiele ich das Biest, wer sollte das sonst tun?» Vincent Cassel schlägt die Beine übereinander. Bei anderen Männern wirkt das schnell affektiert, bei Cassel denkt man an die sieben Jahre, in denen er täglich Ballett tanzte, an Körperspannung und enge Tanzanzüge. In seinen Filmen wirkt der 47-Jährige oftmals grimmig, heute Nachmittag lacht er ein >
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ANGESAGT
LINKS: «La Belle et la Bête» entführt in eine prachtvolle Märchenwelt. RECHTS: Cassel als Edelmann.
Lachen, weich wie der Cashmere-Pulli, den er trägt. Oder dröhnend nach der ketzerischen Behauptung, dass der Schweizer Käse der beste der Welt sei. «Träum weiter!», ruft es von der Couch. Der französische Käse sei das, was er neben seinen Freunden am meisten an seiner Heimat vermisse. Seit einem Jahr besitzt Cassel ein Haus in Rio, dem «Ort meines Herzens». Geträumt hatte er davon schon seit seiner Kindheit. Mit 20 Jahren kam er das erste Mal her, um den brasilianischen Kampftanz Capoeira zu lernen, vor einem Jahr kaufte er ein Haus. «Ich wollte schon immer in Rio leben. Die Leute applaudieren, wenn die Sonne untergeht. Es ist ein sehr poetischer Ort, mit einer starken und rauen Realität. Rio ist wundervoll, hier gehen die Reichen und die Armen jeden Tag an denselben Strand.» Dort sei er ein anderer Mensch: «Es ist eine ruhigere Version von mir. Obwohl ich fast nicht schlafe. Ich gehe um drei ins Bett und wache um sieben wieder auf. Und das ganz ohne Drogen.» Trotzdem sei er Pariser durch und durch. Hier wuchs er im Stadtteil Montmartre auf. Und in diversen Internaten Frankreichs. Während Cassel senior in Filmen von Chabrol und Buñuel spielt und als französischer Fred Astaire bekannt wird, geht Sohn Vincent seinen Lehrern auf die Nerven. Er fliegt von der Schule, nicht nur ein Mal, bis er mit 17 an die Zirkusschule geht. Seinen Körper trainiert und seine Disziplin. Er will Schauspieler werden, gegen den Willen seiner Eltern. Rebellierte er gegen den Vater, indem er sich auf der
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Leinwand für den Bösewicht entschied und nicht für die steppende Frohnatur? «Ich habe selbst mehrere Jahre Stepptanz studiert. Aber auch früh gegen meinen Vater rebelliert. Schon als Kind verstand ich nicht, wieso er Rollen spielte, die ihm so ähnlich waren. Ich wollte ihn lieber als James Bond sehen. Und bin dann selbst in eine ganz andere Richtung gegangen.» Cassel spielt sich vom kahlgeschorenen Jugendlichen eines Pariser Banlieues über den Sohn eines russischen Mafioso zum kokainabhängigen Psychiater Otto Gross. Es sind die dunklen Figuren, die ihn interessieren: «Im Endeffekt sind wir doch selbst nichts weiter als Tiere. Soziale Tiere, weil wir es sein müssen. Wir haben aber sehr dunkle Seiten an uns, es gibt nur wenige wirklich gute Menschen. Für jeden geht es schlussendlich ums Überleben. Das ist nichts Schlechtes, es ist einfach so. Die Charaktere, die ich spiele, sind darum für mich näher an der Realität als Figuren, die moralisch einwandfrei sind. » Tatsächlich sind die von Cassel dargestellten Bösewichte nie nur ganz böse, es sind gespaltene Persönlichkeiten. Man muss sie nicht mögen, versteht aber, was sie antreibt. Die Facetten seiner Figuren schillern wie Benzin in einer Pfütze. Nach dem Tod seines Vaters, sei schliesslich auch der Kampf gegen ihn vorbei gewesen. «Je mehr du vor dem wegläufst, was du bist, desto näher kommst du ihm. Ab einem bestimmten Punkt realisierst du, dass du deinen Eltern immer ähnlicher wirst. Es ist gesund, dass man versucht, anders zu sein als sie, aber
spätestens wenn sie tot sind, beginnst du zu umarmen, was sie waren.» Dass das mit seinem Vater so lange gedauert hat, reut ihn nicht. «Jeder muss seine eigene Identität finden, besonders wenn du im selben Job bist wie deine Eltern. Das ist für mich als Schauspieler genauso wie für einen Bäcker.» Nun jedenfalls steckt Cassel im Fell eines verfluchten Edelmannes – im Märchenklassiker «La Belle et la Bête» von Regisseur Christophe Gans. Von Gans ist man blutrünstigere Unterhaltung gewöhnt, diesen Film kann man sich guten Gewissens mit seinen Kindern ansehen. Die Geschichte des Pleite gegangenen Geschäftsmanns mit der hübschen Lieblingstochter verfilmte einst bereits Jean Cocteau: Als der Kaufmann während einer Reise im verzauberten Schloss des ebenso verzauberten Prinzen Unterschlupf sucht und eine Rose für Belle, seine Jüngste, mitnimmt, verurteilt ihn das Biest zum Tod. Belle nimmt dieses Urteil auf sich und begibt sich ins Schloss – wo sie neben dem wahren Gesicht des launigzotteligen Hausherrns auch die wahre Liebe entdeckt. Für Cassel, der nach der Trennung von Monica Bellucci wohl wieder auf dem Liebesmarkt verfügbar ist, geht es vor allem darum, sich in seiner Verschiedenheit zu akzeptieren: «Es geht darum, ob du jemanden lieben kannst, der so ganz anders als du selbst bist, ohne Vorurteile.» Hat er denn als Kind selbst Märchen erzählt bekommen? «Märchen? Ich wuchs in Internaten auf – das einzige, was man mir dort erzählte, war, wie man an Mädchen rankommt.» Vincent Cassel in einem Familienfilm – wie bei einer brasilianischen Samba-Tänzerin im Schneeanzug weiss man genau, dass da unter der Oberfläche noch etwas ganz anderes liegt. Natürlich spielt er das Biest. < «La Belle et la Bête» startet am 15. Mai in den Kinos.
ART DE VIVRE Die alte Königsstadt Bagan.
Coca-Cola ist schon da Nach Jahren der Unterdrückung und des Stillstands bricht in Burma eine neue Zeitrechnung an. Das zerrüttete Land steht vor dem grössten Wandel in seiner Geschichte. TEXT & FOTOS: TINA BREMER
Das Rädchen unserer Armbanduhr hakt. Vielleicht wundert es sich ebenso wie wir. Mit gerunzelter Stirn drehen wir am Minutenzeiger. Und fragen sicherheitshalber noch einmal nach, ob wir Si Si auch richtig verstanden haben. Ja, ja, versichert uns unsere Fremdenführerin. Keine Stunde vor oder zurück sollen wir unsere Uhr stellen, sondern den grossen Zeiger lediglich um dreissig Minuten vorrücken. Und irgendwie ergibt es auch Sinn. Schliesslich scheint das Land zwischen Thailand, Indien und China, das jahrelang vom Rest der Welt isoliert war, wirklich wie aus der Zeit gefallen.
Burma ist einer der letzten weissen Flecken auf der touristischen Südostasienkarte. Zugegeben, vielleicht nicht mehr schneeweiss, aber zumindest cremefarben. Und genau das macht den Reiz des Landes aus. Seine Ursprünglichkeit, Unberührtheit – und die Herzlichkeit der Menschen, die sich über jeden Ausländer freuen, mit dem sie ins Gespräch kommen. In allen Dörfern, durch die wir fahren, werden wir von Einheimischen am Ärmel gestreift oder spontan in den Arm genommen – es soll den Menschen Glück bringen, einen Weissen zu berühren, >
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Die berühmte Shwedagon-Pagode.
verrät uns Si Si. Während Thailand jährlich von mehr als 20 Millionen Touristen überrannt wird, hat Burma vergangenes Jahr gerade einmal die Millionengrenze geknackt. Zwar hat sich die Zahl der Touristen seit 2010 mehr als verdoppelt, aber noch ist das Land vom Massentourismus so weit entfernt wie von einer wirklichen Demokratie. Soll man hinfahren oder nicht? Mit dieser Frage sollte sich jeder auseinandersetzen, der sich mit dem Gedanken trägt, Burma – das von den Diktatoren in Myanmar umbenannt wurde – zu bereisen. Mehr als zwanzig Jahre litten die Burmesen unter dem Würgegriff des Militärregimes, welches die ehemalige britische Kolonie heruntergewirtschaftet hat. Friedliche Demonstranten wurden gefoltert, ermordet oder verschwanden für Jahre im Gefängnis, das Wort Meinungsfreiheit existierte nicht, und sobald private Geschäfte florierten, wurden die Inhaber enteignet. Trotz des offiziellen Endes der Militärregierung vor drei Jahren gilt Burma noch immer als eines der ärmsten Länder Südostasiens und eines der korruptesten der Welt. Und doch: Auch wenn ein grosser Teil des ausländischen Geldes noch immer in die Taschen der Generäle wandert, die ihre Uniformen abgelegt haben, um die jetzige Reform zu lenken – die National League of Democracy,
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die Partei der Oppositionsführerin und Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, begrüsst den Zustrom an Touristen, den Burma verzeichnet. So lange diese politisch korrekt reisen.
Während Thailand jährlich von mehr als 20 Millionen Touristen überrannt wird, hat Burma vergangenes Jahr gerade einmal die Millionengrenze geknackt. Um den Aussichtsturm Nann Myint machen wir in der ehemaligen Königsstadt Bagan daher auch einen grossen Bogen. Das Ungetüm aus Stahl steht mitten zwischen den Jahrhunderte alten Pagoden, die zu tausenden die Landschaft zieren. Zipfelmützen aus Ziegelsteinen und Blattgold, die in der Abendsonne leuchten. Der Aussichtsturm gehört Tay Za, einem ehemaligen Waffenhändler, der den Generälen nahesteht. Cronys werden die Profiteure der ehemaligen Militärregierung genannt, nur mit einer Sondergenehmigung
durfte Tay Za seinen Turm samt Hotel eröffnen. Wir sparen uns den Eintritt und klettern stattdessen lieber die Stufen der Dhamayazaka-Pagode hinauf, um den Ausblick auf das Meer von Sakralbauten zu geniessen. Auch nicht legal, aber zum Glück ist niemand in Sicht. Nur vereinzelt kurven Touristen auf Fahrrädern durch die Tempelanlage oder lassen sich mit Pferdewagen von Pagode zu Pagode kutschieren. Auf dem Weg zum Mount Popa, einem erloschenen Vulkan, der als Wohnstätte der Nats gilt, der Schutzheiligen Burmas, machen wir Halt in einer Palmenhütte. Von dem geflochtenen Dach baumeln riesige Flaschenkürbisse, auf einem Tisch verkaufen die Besitzer der Gaststätte Plastikkanister mit Palmöl. «Es ist sehr gesund und hier viel billiger als in Rangun», sagt Si Si und fragt den Inhaber, ob er die Kanister auch verschicken würde. Wir setzen uns auf rosafarbene Plastikstühle, die so winzig sind, als seien sie für Kinder gemacht, und essen Teeblättersalat mit Sesam, Erdnüssen und gebratenen Buttererbsen. In Rangun hat gerade der erste Kentucky Fried Chicken eröffnet, auf dem Land sind amerikanische Fastfoodketten zum Glück noch Zukunftsmusik – deren Echo jedoch schon zu erahnen ist, ähnlich schmerzhaft wie der wummernde Bass von Technomusik.
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Piaget SIHH, Genf 11
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Die Uhrenbranche feiert – SIHH Genf & Bahnhofstrasse Zürich. REDAKTION: MARIANNE ESCHBACH
Der Monat Januar setzte Zeitzeichen. In Genf ging traditionsgemäss der Salon International de la Haute Horlogerie über die Bühne, das Showcase der Schweizer Luxusuhren. Die Zürcher Bahnhofstrasse hiess mit Audemars Piguet und Jaeger LeCoultre zwei weitere Neuzuzüger willkommen auf der Schweizer Luxusmeile. 1. Audemars-Piguet-Dinner im Kaufleuten. 2. Nicole Bernegger. 3. Dan Holdsworth, Künstler. 4. Anatole Taubman, Patricia Schmid. 5. Melissa Bon. 6. Zoé Torrinesi, Philippe Rochat. 7. Guido Zumbühl, CEO Bucherer, François-Henry Bennahmias, CEO Audemars Piguet. 8. Nicolas Kappenberger, AP, Tanja Fruithojf, Bucherer. 9. Olivier Audemars, AP. 10. Ribbon Cutting bei Jaeger LeCoultre mit u.a. Daniel Riedo, CEO, Carmen Chaplin, Patrick McDermott. 11. Hugh Jackman, Jérome Lambert, CEO Montblanc. 12. Phillipe Léopold-Metzger, CEO Piaget, Melody Gardot. 13. Bar Refaeli, Bianca Brandolini d'Adda. 14. Susan Sarandon, Kevin Spacey. 15. Moritz Bleibtreu. 16. Ronan Keating, Lewis Hamilton. 17. Georges Kern, CEO IWC, Karolina Kurkova. 18. John Helliwell, Supertramp. 19. Roger Hodgson, Supertramp. 20. Marc Forster, Ewan McGregor.
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