Bolero_E-paper_Winter

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culture clash Fremde Kulturen und deren Kleiderstile sind für Designer und Stylisten unerschöpflicher Quell der Inspiration. Satte Farben und feurige Musterexperimente sowie ethnisch inspirierter Schmuck und Accessoires sind die Zutaten für eine folkloristische Mode.

FOTOS: GIANLUCA FONTANA STYLING: MARTINA RIEBECK MODEL: GIA/TOMORROWMODELS MAKE-UP: ADALBERTO PEZZAIOLI/FREELANCER HAIR: NICHOLAS JAMES/GREENAPPLE SETDESIGN: MARCO RONCHI

Pelzgilet, Altuzarra. Karobluse mit Nieten, Iro. Baumwollrock, Stella Jean. Schuhe, Jimmy Choo. Gürtel und Ohrringe, A.O.C. Halsreife, Sharra Pagano. Wolldecke, gesehen bei Don Quijote. AUF ALLEN SEITEN: Feine Goldarmbänder und -ketten, Cosaduci (nur auf Bestellung unter cosaduci@yahoo.it).

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Brauner Strickpulli mit schwarz-weissen Applikationen, Zadig & Voltaire. Bedruckter Stretchmini, Iro. Lammfellgilet, Stella Jean. Overkneestiefel, Gianvito Rossi. Armreife, A.O.C. G端rtel und Perutuch, beides gesehen bei Don Quijote. Kette, Sharra Pagano.

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STIL

Kunststück Es soll ja Fashionistas geben, die Schuhe wie Kunstobjekte im Regal ausstellen. Diese Sandale von Sergio Rossi aus der aktuellen Cruise-Collection könnte definitiv dazu gehören. Inspiriert von den Skulpturen und Designs der Italienerin Gabriella Crespi, vereint sie alles, was sich Schuhliebhaberinnen von ihren Preziosen wünschen: Eleganz, Klasse, Raffinement und Sexyness. Wo zu kaufen Seite 128. FOTO: ARMIN ZOGBAUM/RENEHAUSER.COM STYLING: ULRIKE MIEBACH RETUSCHE: OLIVIER YOSHITOMI

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STIL neuigkeiten

Mode

The Big 2014: Dorothée Vogels Salon Privé Einkaufen wie bei den grossen Couturiers, in einem intimen Rahmen und im direkten Gespräch mit der Designerin selbst? Bei der Schweizer Designerin Dorothée Vogel ist das kein leeres Marketingversprechen, sondern eine mit Liebe und Leidenschaft gepflegte Tradition. Mit ihrem Konzept des Salon Privé wendet sie sich direkt an ihre Kundinnen, die die Kollektionsteile während eines begrenzten Zeitraums in ihrem Zürcher Atelier probieren und sofort kaufen können, oder bei bestimmten Farbwünschen, Stoffvorlieben und Änderungen noch vor Weihnachten geliefert bekommen. So auch ihre neue Kollektion «The Big 2014», die mit innovativen Geweben, die fest im Griff, aber dennoch leicht und kühl sind, und Volumen spielt. Die Prints, welche zu ihren Markenzeichen zählen, sind von Netzgeweben inspiriert, von glitzerndem Wasser, das zwischen den Pinien auf Capri glitzert. Milchige Pastelle, Navyblau und Camel unterstreichen Vogels zeitlose Haltung der Mode gegenüber genauso wie ihren Sinn für Modernität. | SAL Verkauf der Kollektion bis 20. Dezember im Atelier Dorothée Vogel, Doldertal 17, 8032 Zürich. Anmeldung und weitere Infos unter T. 079 402 01 07 oder salonprive@dorotheevogel.com, www.dorotheevogel.com

Dessous

SEXY AGENTIN

— Louboutins nackte Füsse —

Schmuck

ROCK AND STONES

Die oberscharfen Dessous von Agent Provocateur gibt es jetzt als erschwingliche Variante. «L’Agent by Agent Provocateur», so der Name der neuen Linie, geizt nicht mit den Reizen und besitzt alle begehrlichen Codes des britischen Dessouslabels. Wie wäre es mit dem Modell «Rosalyn» für die Festtage? Preis für den Komplettlook: CHF 247.–. | ALB

Was wir bisher aus der Make-up-Branche kannten, macht sich Christian Louboutin für seine Schuhe zu Eigen. Mit seiner «Nude»-Kollektion lanciert der Schuhdesigner Highheels in fünf unterschiedlichen Hauttönen, was nicht für makellose Haut, aber eine magische Beinverlängerung sorgt. Den perfekten Farbton wählt man am besten via App «Louboutin Shades» mit Hilfe eines Fotos des nackten Fusses. Zu kaufen gibt es die Kollektion in den Christian-Louboutin-Boutiquen in Zürich und Genf und online. Preis ab CHF 445.–. | KSS

Zart, aber zutiefst Rock ’n’ roll: So präsentiert sich die neue Schmucklinie «Diamond» von Saint Laurent par Hedi Slimane. Die minimalistischen Armreife und Ringe sind mit Diamanten besetzt und in Gelb- oder Weissgold erhältlich. Und obendrein noch unisex. Das Allerbeste aber: Die Linie ist Teil der permanenten Kollektion. Preise ab ca. CHF 2250.–. | SAL

www.lagentbyap.com

www.christianlouboutin.com

www.ysl.com

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BEAUTY

DIE FRISUREN 2014 Wie tragen wir demnächst die Haare? Drei Schweizer Topstylisten aus Bern, Genf und Zürich in der Rolle als Trendspotter an vorderster Stylingfront für Bolero. Im Frühling und Sommer zelebrieren Charakterköpfe eine wunderbare Ungezähmtheit. REDAKTION: MARIANNE ESCHBACH

FOTOS: ALESSANDRO LUCIONI

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STRONG BOB. Schönheit trifft Kunst bei der Chanel Modenschau. Jung und unerschrocken ist der Look aus mutig buntem Augen-Make-up und dem wild entschlossenen «Zausel»-Bob.

SOFT BOB. Die Schmeichelvariante des neuen Bob mit ultrakurzen Fransen und gebleichten Spitzen gab es bei Marc Jacobs. Out-of-the-Shower-Glamour zeigte u. a. Hervé Leger.

HAARKUNST IM NACKEN. Chignons verlangen jetzt nach Haarschmuck. Locker, mit nicht ganz gebändigten Haarsträhnen bei Dolce & Gabbana, glatt bei Valentino.

PINO ZINNA, BERN MEISTENS STYLT DER ITALOBERNER MIT EINEM TEAM DIE LOOKS FÜR DIE MODENSCHAUEN IN PARIS UND MAILAND. DIESES MAL WAR ER ALS EDUCATOR FÜR BUMBLE AND BUMBLE UNTERWEGS UND ARBEITETE AN KUNSTPROJEKTEN. Lieblingslook: Als Coiffeur und Künstler für Fotografie, Worte und Installationen, der er im Zweitberuf ist, gefällt Pino Zinna der ungeordnete «geschnipselte» Bob bei Chanel besonders. Kein Wunder, war Chanels Modenschau doch als gigantische, humorvolle Gute-Laune-Kunstvernissage inszeniert. Vision für die neue Saison: Ganz klar der wilde Bob, den auch Marc Jacobs mit gebleichten Spitzen gezeigt hat. Dann der locker nach hinten gekämmte Wetlook, wie ihn diverse Designer passend zu ihren Kollektionen wollten. Zinna: «Das macht frisch und sexy, wie nach einer Outdoor-Dusche!» Und nicht zu vergessen die in der Mitte gescheitelten und locker im Nacken geflochtenen Chignons bei Dolce & Gabbana und Valentino, «die aus jeder Frau eine Prinzessin machen». Salon: «Coiff your Success» (Marktgasse 35) und «Coiff your Success 2» (Ryffligässchen 13) gehören seit mehr als 20 Jahren zu den festen Trendinstitutionen in Sachen Haare in der Bundesstadt. www.coiffyoursuccess.ch

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KULTUR

News vom Grossmeister — In Winterthur imponieren die Farben von Gerhard Richter. TEXT: JÖRG SCHWERZMANN

Wenn Gerhard Richter, der unbestrittene Primus der europäischen Kunstszene, mit 81 Jahren im Interview über seine Abkehr von der Malerei sinniert, sind wir so skeptisch wie er produktiv. Hinterglasmalereien, grossformatige Glasskulpturen und kompliziert entstandene, computergenerierte Streifenbilder verlassen sein Atelier: von Altersmüdigkeit keine Spur. Vor allem die Strip-Bilder, im digital gesteuerten Inkjetverfahren in Grossformaten ausgedruckt, überwältigen durch ihre zugleich rauschhafte wie kontrollierte Farbenpracht. Das ist, über zehn Meter Bildbreite hinweg, reine Schönheit und coole Hightechkunst in einem, und vielleicht auch ein Abschied von der Malerei, der sich in Richters Werk seit Jahren zunehmend angekündigt hat. Nebst diesen neueren Produktionen zeigt das Winterthurer Museum Arbeiten auf Papier aus seiner grossartigen Sammlung von Richters Werk aus den sechziger Jahren bis 1999, darunter den Grafikzyklus «Elbe», ein Jugendwerk des Künstlers von 1957.

OBEN: «Strip 927-8», 2012. Gerhard Richter. UNTEN: Porträt des 81-jährigen Künstlers Gerhard Richter. Foto: Hubert Becker.

«Gerhard Richter: Streifen und Glas», Kunstmuseum Winterthur, 18. Januar bis 21. April 2014.

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KULTUR bücher Bolero BLICKPUNKT

Was Sie sonst LEONI JESSICA HOF noch lesen sollten Kulturredaktorin James Meek hat einen neuen Roman geschrieben, für seine vorherigen wurde er zwei Mal für den «Booker Prize» nominiert. Nun schreibt er preisverdächtig über Moral und Familienbande. Es geht um die Geschwister Bec und Ritchie. Sie ist Forscherin, die mit allen Mitteln die Malaria besiegen will, er ein schwerreicher TV-Produzent, der seine Ehefrau mit einer Minderjährigen betrügt. Als ein Journalist, pikanterweise Becs Exfreund, davon Wind bekommt, droht er Ritchie, seine Affäre öffentlich zu machen, wenn dieser nicht seine Schwester an den Pranger stellt. Was tut man alles, um seine eigene Haut zu retten? Karen Russel hat ein Gespür für irrwitzige Lebensgeschichten, ihre Erzählungen kommen wie Überraschungstüten daher. Es sind feine Vignetten, die Russel hier zeichnet, voller Witz und skurriler Einfälle, wie die Geschichte über einen Vampir, der im Zitronenhain lebt und sich mit Eheproblemen herumschlägt. Nach seinem Bestseller «Die Einsamkeit der Primzahlen» legt Paolo Giordano nun einen eindringlichen zweiten Roman vor. Im Buch gehen einige junge Soldaten nach Afghanistan und erleben dort den Alltag in extremen Verhältnissen. Sie erfahren den Reiz der Gefahr, das Heimweh nach der Freundin und kehren zurück in die so fremd gewordene Welt. Was macht das mit der Liebe? Und wann hört ein Soldat auf, ein Soldat zu sein?

Fotos: Dominique Nabokov (1)

James Meek «Liebe und andere Parasiten» DVA CHF 34.90 Karen Russell «Vampire im Zitronenhain» Kein & Aber CHF 28.90 Paolo Giordano «Der menschliche Körper» Rowohlt Verlag CHF 29.90

Zadie Smith schreibt über den Ort ihrer Kindheit.

Eine Art von Magie Der neue Roman von Zadie Smith erzählt von einem London jenseits der Touristenströme. TEXT: LEONI JESSICA HOF

In ihrem neuen Roman geht Zadie Smith dorthin, wo Rastafaris auf junge Mütter treffen, wo von Balkonen geplärrt wird und man viele Sprachen spricht. Es ist der Ort ihrer Kindheit, ein Arbeiterstadtteil Londons, hier wuchs die Autorin auf – multikulturell und in einem Haus voller Bücher. Heute schreibt Smith selbst hochgelobte Werke, mit denen sie es bereits auf die Shortlist des «ManBooker-Prize» brachte. Ihr neuer Roman führt den Leser in den Nordwesten der Stadt, Smiths Mutter kam in den Sechzigern aus Jamaika her, der Vater ist ein englischer Fotograf. Und wie Fotografien in einem Fotoalbum, wie Momentaufnahmen erscheinen auch die Kapitel ihres neuen Buches. Smiths «London NW» wirft einen Blick in das Leben von Leah, Natalie, Felix und Nathan. Dabei gibt sie jeder der Figuren eine eigene Sprache – der rothaarigen Leah, die in ihre Gedanken versunken ist: Will sie das eigentlich, ein Kind mit ihrem hübschen Mann Michel? Oder soll doch lieber alles so weitergehen wie bisher? Dies ist aber auch die Geschichte einer Freundschaft, die eigentlich keine mehr ist. Zwischen Leah und Natalie, die eigentlich Keisha heisst, mit neuem Namen zielstrebig Karriere machte, Anwältin und Mutter ist. Ihre Erlebnisse nummeriert die Autorin in Form einer Liste durch. Smith fasst aufgeschnappte Gesprächsfetzen und unvollständige Gedanken in Worte, die ihre Figuren lebendig werden lassen. «Ich mag Texte, die dich Stimmen hören lassen. Das ist wirklich eine Art von Magie», sagt die Autorin. Die Stärke des tragikomischen Romans, den die «New York Times» unter die zehn wichtigsten des Jahres 2012 wählte, sind denn auch die Dialoge. «London NW» ist ein moderner Roman, der mit seiner Handlung direkt im Leben steht, den Schicksalen seiner Figuren kann man sich nur schwer entziehen. Zadie Smith, «London NW», Kiepenheuer & Witsch, CHF 33.90.

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ANGESAGT

Übernehmen Sie, Mr Burberry! Burberrys Kreativdirektor Christopher Bailey wird nächstes Jahr auch zum CEO der englischen Traditionsmarke ernannt. Ein Novum in der Modeindustrie – und ein Experiment, auf das man gespannt sein darf. TEXT: TINA BREMER

Es ist ein ungewöhnlicher Spitzname, den Christopher Bailey trägt. Ungewöhnlich in einer Branche, die berüchtigt ist für Diven mit XXL-Egos und Ellbogenmentalität. Der Kreativdirektor der englischen Traditionsmarke Burberry gilt als «Mr Nice Guy der Mode». Als Darling, dem die Allüren eines Karl Lagerfeld genauso fremd sind wie es ihm unangenehm ist, sein Gesicht in einem Magazin zu sehen. Der jeden Angestellten im Londoner Hauptsitz mit Namen kennt – inklusive den der Kinder und Hunde. Vielleicht war das Echo deshalb so gross, als vor kurzem bekannt gegeben wurde, dass Bailey ab Mitte kommenden Jahres zusätzlich zu seiner Aufgabe als Kreativdirektor auch CEO von Burberry werden wird. Ausgerechnet Bailey, der für seine warme, zuvorkommende Art bekannt ist und auch mit 42 Jahren noch ein Lausbubengesicht hat, als knallharter Geschäftsmann? Der auf dem Zeichenbrett nicht mehr nur Silhouetten, sondern auch Statistiken skizzieren soll? Es ist das erste Mal, dass eine führende Modemarke seinem Designer nicht nur die Verantwortung für die Mantellänge, sondern auch für die zu produzierende Stückzahl überträgt. >

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ANGESAGT

Cara Delevingne in einem Outfit der Burberry Prorsum SS-Kollektion 2014. Bailey backstage nach der Show.

einfachen Verhältnissen auf, in Halifax, in West Yorkshire. Einer Landschaft, in welcher der Himmel ebenso weit wie hoch ist und die geprägt ist von Hügeln, Weiden und Schafen. Noch heute sei das Moor eine seiner grössten Inspirationsquellen, sagt Bailey. Und so hat auch der Raumduft «Burberry Hearth», der in allen Filialen durch die Luft wabert, eine erdige Kopfnote, die Bailey an seine Heimat erinnert. Seinen ersten Burberry-Trenchcoat kaufte er sich auf dem örtlichen Flohmarkt – wo auch sein Interesse für Mode geweckt wurde. Nach dem Abschluss am Royal College of Art arbeitete er für Donna Karan und unter Tom Ford als Senior Designer für die Damenkollektion von Gucci. Bis er 2001 zu Burberry wechselte. «Es war damals eine muffige, staubige Firma. Jeden Morgen fand ich Mäusekot auf meinen Skizzen. Aber ich spürte, dass in dem Unternehmen noch ein Herz schlug», erinnert sich Bailey. Innerhalb kurzer Zeit erhöhte er die Pulsfrequenz und brachte das kränkelnde Herz wieder kräftig zum Klopfen. Indem er gemeinsam mit Ahrendts, die er noch von seiner Zeit bei Donna Karan kannte, Lizenzen zurückkaufte und das angestaubte Image von Burberry aufpolierte. Mit neuen Farben und Materialien und teureren Linien wie Prorsum machte er Burberry wieder begehrlich und zu Grossbritanniens grösster Luxusmarke.

Trotzdem stehen die Chancen gut, dass Bailey die Analysten eines Besseren belehren wird. Der Sohn eines Tischlers und einer Schaufensterdekorateurin wuchs in

Es ist auch Baileys Verdienst, dass Burberry heute als «the most connected brand in luxury» gilt. Bailey twittert mit den Kunden, besitzt vier iPads und sagt von sich selbst,

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Denn auch wenn Ahrendts bislang für das Geschäftliche zuständig war – Bailey ist stets in sämtliche Entscheidungen involviert gewesen. Nicht nur bei den Schauen, bei denen er jedes Detail inszeniert, von der Musik über den Regen auf dem Laufsteg bis zum Make-up (die Ausweitung der eigenen Beauty-Linie steht als nächstes auf Baileys Plan, um die Verkaufszahlen wieder anzukurbeln). «Ich habe jede Menge Interviews miterlebt, in welchen er nach dem Aktienkurs oder der Geschäftsstrategie gefragt wurde. Und er konnte alle Fragen selbst beantworten», erzählt der ehemalige Vizepräsident Justin Cooke. Keine Selbstverständlichkeit, können doch die meisten Kreativdirektoren keine Ertragsrechnung lesen. Bailey aber hat sich schon immer für das grosse Ganze interessiert und dafür, Grenzen auszuloten, neue Wege zu beschreiten – und diese Qualitäten sind es jetzt, die das Experiment «Kreativdirektor und CEO» zu einem Erfolg führen könnten. Mr Nice Guy hin oder her. <

Fotos: Alessandro Lucioni (1)

Bailey folgt auf Angela Ahrendts, die ihren Trenchcoat genommen hat und zu Apple wechseln wird. Seit ihrem Amtsantritt vor sieben Jahren hat Ahrendts den Umsatz von Burberry verdoppelt und den Börsenkurs verdreifacht, verdient als erste Frau mehr als ihre männlichen Kollegen an der Spitze eines Unternehmens, das im britischen Aktienindex FTSE 100 notiert ist. Am Tag nach der Bekanntgabe ihres baldigen Wechsels brach der Aktienkurs von Burberry um fast acht Prozent ein. «Ahrendts verlässt das Unternehmen an einem Scheideweg, an dem keine klare Entwicklungsstrategie erkennbar ist», kritisiert Mario Ortelli, Analyst bei Sanford C. Bernstein. Die Verkaufszahlen stagnieren und Burberry muss sich entscheiden, ob die Marke sich langfristig im Luxussegment positionieren oder einen breiten Markt bedienen will. «Wir glauben, dass es in einem so komplexen Unternehmen wie Burberry selbst für so eine talentierte Person wie Mr Bailey schwer sein wird, genug Zeit zu haben, beide Rollen auszufüllen.» Schliesslich gilt es für Bailey zukünftig, mit einem jährlichen Verkaufserlös von zwei Milliarden Pfund und mehr als 50 Kollektionen zu jonglieren. Die Aufgabe des Chefdesigners hat er bereits an Luc Goidadin übertragen, der künftig unter seiner Führung für die Kollektionen verantwortlich zeichnen wird.

dass er ein sehr loyaler Apple-Kunde sei – was angesichts von Ahrendts Wechsel zu der Technologiefirma eine gewisse Ironie birgt. In den Läden von Burberry werden die Kunden von Angestellten mit iPads bedient, auf welchen sämtliche Einkäufe gespeichert sind; die Spiegel in der Umkleidekabine im Londoner Hauptgeschäft in der Regent Street sind mit einem Computerchip versehen, so dass die Kunden sehen können, wie das Teil, das sie gerade anprobieren, auf dem Laufsteg aussah. Burberry war auch die erste Modemarke, bei der die Kunden die Stücke direkt vom Laufsteg online ordern konnten. Die Frühjahrskollektion 2014 wurde per Livestream auf einem Screen auf dem Times Square gezeigt. Mehr als 16 Millionen Facebook-Nutzer folgen Burberry im Internet. «Technologie ist eine Chance und keine Bedrohung», sagt Bailey.


ART DE VIVRE

Dem Himmel so nah Graubünden ist weit mehr als der Nobelskiort St. Moritz. In Davos werden wie anno dazumal Skischuhe hergestellt. In Zuoz befindet sich die höchstgelegene Kaffeerösterei Europas. Im Bergell entsteht aus Alpenkräutern eine besondere Hautpflege und in Scuol ein Haute-Couture-Salsiz. Wir haben eine Annäherung an den Kanton Graubünden gewagt und dazu sieben Menschen porträtiert. Ihnen gemein: ein in der Familie gewachsenes Handwerk, die Leidenschaft für die Natur und der Anspruch an höchste Qualität. Von ihnen stammen auch unsere Insidertipps – gehen Sie auf Entdeckungsreise! TEXT: SITHARA ATASOY

FOTOS: GIANCARLO CATTANEO

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DANIEL BADILATTI FÜHRT IN ZUOZ IN DRITTER GENERATION EUROPAS HÖCHSTEGELEGENE KAFFEERÖSTEREI MIT TERROIR-KAFFEES.

HELEN VON ALBERTINI HAT IN ARDEZ IHRE EIGENE HANDSCHUHMANUFAKTUR UNA ERÖFFNET. HANDBESTICKTE LIEBLINGSSTÜCKE.

Der Silsersee und die Farben der Landschaft – das sind die Bilder, die Daniel Badilatti, der sich beruflich oft in Indonesien und demnächst auch in Nicaragua aufhält, immer wieder in seine Heimat zurückziehen. «Wo sonst», fragt er, «finden Sie eine vergleichbare kulturelle Vielfalt auf so engem Raum?» Badilatti führt in der dritten Generation in Zuoz auf 1716 Metern Höhe eine Kaffeerösterei mit Terroir-Kaffees, die er in die ganze Welt exportiert. Badilatti-Kaffee steht heute für Nischenkaffees aus Indonesien, Hawaii, Puerto Rico. Immer wieder ergänzt Daniel Badilatti, der Enkel des Gründers, sein Sortiment mit Produkten aus speziellen Regionen und deckt mit seinem Angebot im hauseigenen «Caferama» die ganze Palette des Kaffees ab, von der Pflanze bis zur Tasse. Gegen Bezahlung einer «Royalty» hat er sich den Namen des nahe gelegenen Ferienortes St. Moritz gesichert, den er nun verwenden darf — ein idealer Türöffner, der ihm eine neue Kundschaft bringt. Badilatti hat in Zuoz 13 Arbeitsplätze geschaffen. Das war nicht immer so. Anfang des vergangenen Jahr-

Was für Farben! Was für eine Magie! Es gibt landschaftlich nichts Schöneres als das Unterengadin, ist Helen von Albertini überzeugt. In Ardez eröffnete sie 2009 eine Handschuhmanufaktur. Das Klima ist milder hier, zwischen den Kristallinmassen der Silvretta und den Unterengadiner Dolomiten, weil kein kühler Malojawind weht. Das Tal hat italienischen Charme und die Menschen leben ihren eigenen Rhythmus. Viele sind vor Jahren nach Italien ausgewandert – und wieder zurückgekehrt. Vor vierzehn Jahren hat Helen von Albertini in Ardez ein Engadinerhaus gekauft. Erst Ferienhaus der Familie, wurde es nach der Matur ihres Sohnes zum Wohn- und Arbeitsort für sie und ihre Tochter. Heute pendelt sie zwischen Ardez und Zürich, wo sie 1998 das eigene Label Una gegründet und einen Laden im Zürcher Niederdorf eröffnet hat. Sie liebt gutes Handwerk, «wenn jemand von A bis Z selber ein Produkt herstellt.» Von Albertini besuchte die Textilfachschule, danach die École des Beaux Arts in Paris. Sie entwarf bei der Seidenfirma Brauchbar in Zürich das Design für Haute

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hunderts war die wirtschaftliche Situation im Kanton Graubünden schwierig und Firmengründer Giuseppe Badilatti wanderte nach Rom aus, wo er bei einem Verwandten das Handwerk des Kaffeerösters erlernte. Als kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges Ausländer keine Arbeitsbewilligung mehr erhielten, kehrte Giuseppe in die Heimat zurück und eröffnete in Zuoz einen Lebensmittelladen, in dem er auch Kaffee anbot. 1947 übernahm sein Sohn Giacomo das Geschäft und richtete nebenan eine Rösterei ein. Heute konzentriert sich Daniel Badilatti ausschliesslich auf den Import von Rohkaffee und das sorgfältige Rösten der grünen Bohnen. Und so wird die Geschichte der höchstgelegenen Kaffeerösterei, die vor hundert Jahren ihren Anfang nahm, erfolgreich weitergeschrieben. www.cafe-badilatti.ch Tipp: Abendessen und Übernachten im Berghotel Muottas Muragl. Frühstück mit sensationeller Aussicht auf die Seenlandschaft.

Couture und Prêt-à-porterMode. Und während ihres anschliessenden Studiums an der Schaupielschule HB-Studio in New York entstand eine erste eigene Foulard-Kollektion. Vier Jahre ist es nun her, seit die Zürcherin mit Bündner Wurzeln – ihre Grossmutter war Engadinerin, aus Samedan – ihren Traum von der eigenen Handschuhmanufaktur in Ardez verwirklicht hat. Zusammen mit vier bis fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die teils aus Ungarnkommen, «weil es da die besten Handwerker gibt», produziert sie unter dem Label Una Handschuhe. «Keine Wegwerfware», betont sie. Das verwendete Leder stamme von Ziegen, Füchsen, Hirschen und nicht aus Massentierhaltung. Die Stickereien auf ihren Handschuhen führt sie selber aus. Und damit sie ihre Kreativität auch in Zukunft ausleben kann, stellt sie ausschliesslich kleine Serien Handschuhe her. www.una-fashion.ch Tipps: Eine Wanderung von Ardez über Sur En nach Lavin. Den Sonnenuntergang im Whirlpool auf dem Dach des 5-Sterne-Hotels Paradies in Ftan geniessen.


EVENT

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Kunst Zürich 13 – Bolero lud zum Kunstevent nach Zürich-Oerlikon. REDAKTION: LEONI JESSICA HOF FOTOS: REMY SCHNEIDER

An die Preview der Kunst Zürich 13 luden wir unsere Leserinnen und Leser. Die konnten sich in der Bolero-Lounge bei einem Apéro riche von Hiltl und Cocktails von Bombay Sapphire verwöhnen lassen, bevor es weiter zum Kunstgenuss ging.

1. Barbara Cortiello, Claudia Marson. 2. Sabine Parenti. 3. Barbara Kallenberg, Anton Schumann. 4. Maria und Roman Sopko. 5. Juliana Kara. 6. Filippo Castagna, Laurence Antiglio. 7. Claudia Ribler, Andri Gunnarsson. 8. Claudia Straub. 9. Raphael Hofstetter, Corinne Langner, Barbara Eberle, Charles Aellen. 10. Renato Sovilla, Edith Weibel, Dr. med. Myriam Wyss Fopp, Dr. Leopold Fopp. 11. Hiltl Catering. 12. Nadine Thommen, Florian Helmke-Becker. 13. Madeleine Eberle und Jörg Schwerzmann. 14. Simone Schürle, Frédérique Hutter. 15. Hasan Sivrikaya, Bombay Sapphire Blue Bar. 16. Daniel Strässle, Colette Mader. 17. André und Alexandra Bachmann. 18. Jon Adalsteinsson und Ellen Ragnars Sverisdóttir. 19. «St. Germain» Cocktails. 20. Michèle Bucher, Nathalie Wernli, Corinna Sarasin.

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