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1. VLB-Jahresauftakt: Das 49. Internationale Braugersten-Seminar feierte seine Online-Premiere

 1. VLB-JAHRESAUFTAKT 2021 ONLINE

Das 49. Internationale Braugersten-Seminar feierte seine Online-Premiere

Das 49. Braugersten-Seminar, das am 27. Januar 2021 im Rahmen des 1. VLB-Jahresauftakts auf dem Virtual Campus der VLB Berlin stattfand, war eine gelungene Online-Nachlese des ausgefallenen Präsenz-Seminars des vergangenen Jahres. Vier sehr unterschiedliche Vorträge behandelten aktuelle Themen rund um die Braugerste. Dabei ging es u.a. um Pflanzenschutz, maskierte Mykotoxine und das DBB-Malzmonitoring.

Das 49. Braugersten-Seminar in vollem Gange: Henrike Vorwerk, VLB-Forschungsinstitut für Rohstoffe (FIR), im Gespräch mit Mareike Eckmann, ADM Germany

Fotos: oh (2)

Peter Hefner, Syngenta (r.): „Innovation ist das Zauberwort“ (ew) Der zweite Tag des 1. Jahresauftakts auf dem Virtual Campus der VLB Berlin begann mit einer weiteren Premiere: Das 49. Braugersten-Seminar, das ursprünglich auf der entfallenen VLB-Oktobertagung 2020 hätte stattfinden sollen, ging erstmals online über die Bühne. Experten aus dem In- und Ausland folgten einem abwechslungsreichen Vortragsprogramm, das ökonomische wie technologische Aspekte des Braugetreides gleichermaßen abdeckte. Henrike Vorwerk vom VLBForschungsinstitut für Rohstoffe (FIR) eröffnete die Session um 13 Uhr und übergab nach einer Begrüßung und einer kurzen Einführung das Wort an Mareike Eckmann, ADM Germany GmbH, die in ihrem Vortrag auf Aktuelle Entwicklungen

des nationalen und internationalen Braugerstenmarktes nach der

Ernte 2020 einging. Die Pandemie habe Unsicherheit gebracht, allerdings zeige sich der Markt relativ ausgeglichen. Die Preise sind zwar aufgrund von COVID-19 gesunken. „Doch Malzexporte sind heute auf dem Vorjahresniveau“, sagte die Referentin. Die Situation in Deutschland ist verhältnismäßig gut. Der Anbau der Winterbraugerste wurde zugunsten der Sommerbraugerste reduziert. Deutschland hat ein Defizit von ca. 500 000 t Sommergerste, das aber durch die Exportländer theoretisch gut abgedeckt werden kann. Auch die üblichen Exportregionen Frankreich, UK und Skandinavien haben über Bedarf produziert. „Insgesamt verzeichnet die EU auf dem Papier einen Überschuss von 900 000 t Sommergerste“, betonte Eckmann. Damitliegemannurleichtunterden Erwartungen von knapp 1 Mio. t. EU-Ernteüberschüsse aus dem Jahr 2020 gingen jedoch zu weiten Teilen in den Export und/oder fanden als Futtergerste Verwendung. Die Nachfrage nach Futtergetreide hat deutlichzugenommen.Manchbraufähige Ware verschwindet – nicht zuletzt aufgrund niedriger Braugerstenprämien – in den Schwei-

neställen dieser Welt. Vor allem China hat einen großen Bedarf und importiert beträchtliche Mengen aus Frankreich, Kanada und Argentinien. „Die Nachfrage aus China wird hoch bleiben – sowohl an Brau- als auch an Futtergerste. Wir werden verstärkt auf China achten müssen“, gab Eckmann zu bedenken und fügte hinzu: „Damit sind die europäischen Märkte globaler geworden.“ Insgesamt hätten sich die Warenströme verschoben. „Argentinische Gerste geht nun nach China, was sie vorher nicht tat.“ Die australischen Rekordernteüberschüsse wiederum werden nicht mehr nach China exportiert. Die Australier weichen den chinesischen Importzöllen aus und liefern in neue Regionen Asiens, nach Saudi-Arabien, Mexiko und Südamerika, wo insbesondere Brasilien einen hohen Malzbedarf hat. Abgesehen von der Pandemie war der Brexit ein Unsicherheitsfaktor. Da die meisten Lieferungen bis Dezember erfolgt seien, habe der Austritt Großbritanniens aus der EU bis dato aber kaum Einfluss gehabt. Nun, da das Land zum 1. Januar den EU-Binnenmarkt und die Zollunion verlassen habe, müsse sich die Abwicklung der Importe erst einspielen. Wie sich der Markt 2021 generell entwickelt, lässt sich schwer vorhersagen. „Es herrscht große Unsicherheit. Nicht zuletzt aufgrund der Pandemie können sich die Gegebenheiten jeden Tag ändern“, schloss Eckmann ihren Vortrag. Peter Hefner, Syngenta Agro GmbH, hat in seinem Vortrag Quo vadis plant protection? an die Inno-

Foto: jb

vationsfreude appelliert. Die politische Diskussion um Klimawandel und Rückgang der Biodiversität verlagere sich in den gesellschaftlichen Bereich und werde zunehmend emotional geführt, so Hefner. Dringlichkeit sei insofern geboten, als dass die Menschen ein entschlossenes Handeln der politischen Akteure fordern. Zum Schutz der Umwelt hat die Politik bereits etliche Verordnungen und Regularien, die bei der Neuzulassung von Pflanzenschutzmitteln zu berücksichtigen sind, erlassen – bspw. gibt es einen Umweltaktionsplan, einen Rahmenplan für Forschung und Entwicklung, Trinkwasserdirektiven, um nur einige zu nennen. „Wir verlieren Optionen. Kulturpflanzen führen Rückzugsgefechte, auch die Braugerste. Denn Substanzen gegen Krankheiten sind nicht mehr zugelassen oder stehen zur Debatte“, erklärte Hefner. Der Registrierungsprozess für ein Pflanzenschutzmittel dauert rund zehn Jahre bis zur Marktreife. Um den Landwirten auch in Zukunft gute Produkte zur Verfügung stellen zu können, brauche man mehr Zeit, um – entsprechend der Rahmenbedingungen – neue Technologien zu entwickeln. „Innovation ist das Zauberwort“, betonte der Referent. „Im Bereich der Forschung muss die biologische Dimension verstärkt mit einbezogen werden. Wir schmieden Bioallianzen und fördern biologische Produkte, die bereits auf dem Markt sind.“ Perspektivisch suche Syngenta das Gespräch mit den Akteuren, um gemeinsame Lösungen zu finden. Mit dem Vortrag Maskierte Mykotoxine in Malz und Bier von Prof. Dr. Michael Rychlik, TU München, feierte die VLB eine weitere Premiere: Erstmals wurde ein Vortrag via Zoom live übertragen – was zur Erleichterung aller Beteiligten einwandfrei funktioniert hat. Zunächst, so die Einleitung des Referenten, müsse zwischen „alten“ und „neuen“ Mykotoxinen unterschieden werden. Und: Statt maskierte Mykotoxine müsse es eigentlich modifizierte Mykotoxine heißen. Die sog. alten Mykotoxine umfassen eine breite Vielfalt an Sekundärmetaboliten von Schimmelpilzen. Für relevante Vertreter sind in der EU bereits zulässige Höchstmengen in Lebensmitteln festgelegt. Bei neuen Mykotoxinen dagegen handelt es sich um neu auftretende oder modifizierte Verbindungen, die erst kürzlich identifiziert wurden. Die Folge: Analytische Methoden sind nur eingeschränkt verfügbar, es gibt noch kaum Daten zur Exposition und Toxizität. „Die Risikobewertung hinkt hier weit hinterher, da ist noch viel zu tun“, sagte Rychlik. Für Getreide sind v.a. Fusarienmykotoxine relevant. Sie bedrohen nicht nur die Gesundheit von Mensch und Tier. Sie führen auch zu Verlusten bei Die ZoomLiveschalte hat geklappt: Prof. Rychlik, TU München, referierte über Mykotoxine

Der 1. OnlineJahresauftakt der VLB wurde unterstützt von:

Henrike Vorwerk sprach über 10 Jahre DBB-Malzmonitoring als ein zuverlässiges Instrument, um die Bewertung von Kontaminanten zu gewährleisten Ertrag und Qualität. Die Anzahl an roten und schwarzen Körnern gibt dabei keinen sicheren Hinweis auf eine Belastung mit Fusariumpilzen oder Mykotoxinen. Das bedeutet in der Praxis, dass infizierte Körner unter Umständen mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen sind. Meist kann daher nur eine Laboranalyse Aufschluss über den Qualitätszustand einer Probe liefern. Da die Einzelkornbelastung stark schwanken kann, ist dabei auf Untersuchung eines repräsentativen Musters (mind. 200 g) zu achten. Wie sich der Mykotoxingehalt im Laufe des Brauprozesses entwickelt, ist Gegenstand eines laufenden Forschungsprojekts mit tschechischen Partnern. Hierfür wurde Gerste auf dem Feld mit Fusarien infiziert. Im Verlauf der Mälzung nahmen Pilz-DNA und der Gehalt an DON (Deoxynivalenol, ein Schimmelpilzgift) und DON-3-Glucosid teils deutlich zu. Beim Brauen blieb der DON-Gehalt konstant, während die modifizierte Form stark abnahm. Warum das so ist, konnte bisher nicht geklärt werden. „Wir vermuten, es bilden sich neue modifizierte Toxine“, erklärte der Wissenschaftler. In weiteren Versuchen wurde das Verhalten der Enniatine untersucht, die im Malz zum Teil in hohen Mengen auftreten können. „Wir haben verschiedene Gerstensorten untersucht und das Ergebnis ist relativ gleichlautend: Die Treber sind kontaminiert, im Bier finden sich kaum noch Enniatine.“ Aktuelle Bewertungen, bspw. der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit), zeigen, dass das Risiko einer Exposition der genannten Mykotoxine über das Bier für den Verbraucher im Allgemeinen überschaubar ist. Dennoch sei eine Grundbelastung für Verbraucher und Tiere gegeben. Entsprechend gelte es für die Zukunft, Analysemethoden zu entwickeln, denn man brauche verlässliche Referenzdaten. Wie wirken sich Umwelteinflüsse auf die Kontamination aus, können Fungizide helfen? „Hier sind noch viele Fragen offen“, lautete Rychliks Fazit. Henrike Vorwerk, VLB-Forschungsinstitut für Rohstoffe (FIR), blickt in ihrem Vortrag 10 Jahre DBB-

Malzmonitoring – eine Erfolgs-

geschichte auf ein Jahrzehnt der erfolgreichen Branchenlösung für die Rückstandsanalytik von Handelsmalzen zurück. Der Hauptgrund für die Etablierung des Monitoringprogramms lag und liegt in der Lebensmittelsicherheit. Das Ziel: Daten bündeln, um eine bessere Übersicht über den Malzmarkt zu erhalten und ein Frühwarnsystem zu etablieren, das ein Auftreten kritischer Substanzen frühzeitig erkennen lässt. Verteilt über die Jahre wurden bisher 772 Proben analysiert, was einer beprobten Malzmenge von knapp 500 000 t im Jahr entspricht.

Das Analysespektrum umfasst Pflanzenschutzmittelrückstände, Mykotoxine, Schwermetalle, Radioaktivität und Dioxine. Von 2011 bis 2020 standen bei den Mykotoxinen DON und das HT2-Toxin an oberster Stelle. Bei den Schwermetallen liegen Cadmium und Nickel vorne. „Cadmium kommt nahezu ubiquitär vor, fast alle Proben sind positiv, aber auf einem konstanten Level. Das dürfte an der Bodenbelastung liegen“, erklärte die Referentin und ergänzte: „Ein Großteil der Gehalte liegt jedoch bei unter 50 % der zulässigen Höchstmenge.“ Pflanzenschutzmittelrückstände sind mengenmäßig der größte Block – wobei das in der Öffentlichkeit meist diskutierte, nämlich Glyphosat, im Ranking zunehmend nach unten klettert. „Insgesamt sind die Gehalte äußerst gering und damit sehr weit entfernt von den bisher geltenden Höchstmengen“, betonte Vorwerk. Insofern lässt sich festhalten: Das DBB-Malzmonitoring ist ein Erfolg. Die erhobenen Daten bieten einen zuverlässigen Überblick über die Rückstandssituation in Handelsmalzen. Neue Kontaminanten werden frühzeitig erkannt, sodass schnell geeignete Maßnahmen zu deren Reduzierung ergriffen werden können. „Wie man am Beispiel Glyphosat sieht, zeigen die aktiven Bemühungen der Branche erste Erfolge. Das Malzmonitoring ist ein sehr zuverlässiges Instrument, um

die Bewertung von Rückständen und Kontaminanten zu gewährleisten.“ Es soll fortgeführt werden, und das in gleichbleiendem Umfang.

Mit dem Vortrag von Henrike Vorwerk ist das Braugerstenseminar zu Ende gegangen. Vorwerk bedankte sich bei allen Vortragenden und freute sich über die rege Beteiligung. Aus Zeitgründen konnten nicht alle Fragen beantwortet werden. Entsprechend forderte die Moderatorin die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf, in der nun folgenden Pause den Gesprächsfaden im Videochat oder an den Ausstellerständen der Plattform wiederaufzunehmen. Nach der Pause um 16.30 Uhr stand das VLB-Forschungskolloquium auf dem Programm.

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