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Verbände: Blutwurz, Gin und Bourbon – Destillateurmeistertreffen

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Blutwurz, Gin und Bourbon: Destillateurmeistertreffen in der neuen Penninger-Brennerei

Die Jahrestagung der Vereinigung der Destillateurmeister (VD) mit Hauptversammlung war ein gelungener Neustart. Pandemiebedingt zweimal verschoben, hatten alle Destillateurmeisterinnen, Destillateurmeister sowie ihre Begleiter und Gäste der Versammlung Mitte Mai entgegengefiebert, die Fachtagung und Alumnitreffen vereint.

Links: Destillateurmeister und Gäste vor dem Brennereineubau der Alten Hausbrennerei Penninger

Rechts: Die Vorgänger – Reinhard Penninger (l.) und Heinz-Detlef Fritz hatten das Destillateurmeistertreffen 2007 gemeinsam ausgerichtet (WiK) Rund 60 Fachteilnehmer und etwa 20 Begleiterinnen trafen sich im niederbayerischen Waldkirchen bei Passau. Dort hat Inhaber und Geschäftsführer Stefan Penninger mit dem neuen Produktionsstandort ein Kleinod geschaffen, das Whiskybrennerei, Likörfabrik und Besucherzentrum ideal miteinander verbindet. Der Freitag startete mit der Besichtigung des Saft- und Konzentratherstellers Bayernwald. Dieser schloss sich die Besichtigung der Hausbrennerei Penninger an. Dort klang auch der Abend mit Besuch des Bürgermeisters Heinz Pollak bei Penningerspezialitäten, Büffet und Plaudereien aus.

Neubau der Brennerei Penninger

Die Betriebsführung ging an den Brenngeräten vorbei auf die Besucher-Empore. Von dort schaut man hinab auf die Holstein-Anlagen und die Mühle. „Die Empore ermöglicht den Besuchern einen Einblick in alle Produktionsprozesse. Mit ausreichend Abstand können die Mitarbeiter trotzdem in Ruhe arbeiten“, erklärte Stefan Penninger. Mit Rum und Whisky ist Penninger gestartet, bevor er die dafür notwendige Verschlussbrennerei besaß. Aktuell ist der „Graphit Rum“ ein Blend von Rums aus der Karibik. „Künftig wird dieser durch meinen selbstgebrannten Rum ersetzt“, sagte Penninger. Ähnlich verhält es sich beim Whisky. Aktuell baut Penninger Bourbon aus den USA in Holzfässern aus, der künftig durch selbstgebrannten ersetzt wird. „Dieser wird anders schmecken. Wir wollen einen echten Bourbon, daher haben wir diesen Weg gewählt – erst der Import des Destillats und während des Abverkaufs des daraus entstandenen Whiskys hat der eigene Zeit, um zu reifen“, erklärte der Destillateurmeister. „Es gibt schon so viele Malt Whiskys, da wollte ich mich mit dem Bourbon-Style absetzen.“ Die traditionellen Produkte Bärwurz und Blutwurz sind natürlich weiter im Programm, ebenso wie der moderne Granit-Gin. „Gin ist tgegenwärtig im Absatz unser zweitbestes Produkt.“ Die Führung endete im Besucherzentrum mit Café, Ausstellung und Verkauf. Am Samstag im Bürgerhaus Waldkirchen ging Stefan Penninger in seinem Vortrag Von der grünen Wiese zum Schluck im Glas auch auf Dinge ein, die er künftig anders machen würde. 4,5 Jahre dauerte die konkrete Planung, 1,5 Jahre die Grundstückssuche. Er riet dazu, sowohl die politische Großwetterlage als auch die lokalpolitische Situation beachten. Nach 111 Jahren in Hauzenberg war es dort unmöglich, ein Grundstück für den Neubau zu bekommen. „Wir haben dann in Waldkirchen das Grundstück gefunden und mit Unterstützung der Honoratioren auch erhalten“, erzählte Stefan Penninger. Mit der Schaubrennerei wurde der Neubau ein Tourismusmagnet. In der strukturschwachen Region erhielt man Höchstförderung. Der Besuchersteg und das Besucherzentrum sind gleich mit der Produktion mitgeplant und gebaut worden. Man sollte früh die Experten mit ins Boot holen, aber deren Vorschläge abwägen und selbstständig entscheiden. Nachhaltigkeit und Sicherheit standen

für Penninger stets im Zentrum der Planung. Ein unabhängigher Technologe sei sehr wichtig. „Wir hatten einen Brauereiingenieur. Brauer sind stark beim Würzeweg und bei der Energieeffizienz“, sagte der Geschäftsführer. Für den ExplosionsSchutz wählten wir ein kleines Ingenieurbüro mit Praxisnähe.“ Schließlich ging der Referent auf globale Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz ein. „Wir müssen heute etwas tun. Wir müssen klimanegativ werden, wasserneutral. Wenn es kein Getreide gibt, wird beim Korn gespart, nicht beim Müsli“, warnte Stefan Penninger.

Fruchtverarbeitung und Gesetze

Die Betriebsbesichtigung in Hengersberg ergänzte Helmut Falter, Bayerwald, mit dem Vortrag Einsatz von Fruchtsaftkonzentraten in der Spirituosenindustrie. Der Trend gehe immer mehr zu tropischen Früchten. Püree und Fruchtsaftkonzentrate haben den Vorteil, dass sie frei von Stielen, Blättern und anderen Fremdkörpern sind. Die Aufkonzentration reduziert Logistik- und Lagerkosten. Beide sind länger haltbar als frische Früchte. Pürees werden aseptisch abgefüllt und können dadurch bei Raumtemperatur gelagert werden. „Zum Brennen und für die Geistherstellung kann Püree 1:1 wie Frischfrucht verwendet werden“, sagte Falter. Mittelfristig geht es bei Wildfrüchten nicht um Preise, sondern ob sie lieferbar sind. Fehlende Pflücker seien seit Covid ein großes Problem. Die Branche stehe erst am Anfang dieser Rohstoffknappheit. „Sie werden Pufferlager brauchen, um lieferfähig zu bleiben“, mahnte er. Auch Bayernwald habe Lagerhallen erweitert und baut Lagerkapazitäten weiter aus.

Neueste Erkenntnisse aus der Spirituosenwelt präsentierte Angelika Wiesgen-Pick, Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Spirituosenindustrie und -importeure, Bonn. Sie benannte die aktuellen Herausforderungen wie Lieferketten, Glasmangel, Corona, Krieg und Inflation. Wenigstens der Deutsche Hotel und Gaststättenverband vermeldet Positives: Das Gastro-Geschäft läuft wieder an. Für Spirituosenhersteller bietet das Premiumsegment sehr gute Chancen(S. 24 f.) Im Rahmen der Berufs- und Nachwuchsförderung pflegt der BSI Kooperationen mit der Hochschule Geisenheim. Ein großes Thema ist Klima und Energie. Im Bereich Verpackung wird Ungemach erwartet. Eine Änderung des Verpackungsgesetzes stehe bevor. Die Glasrecyclingquote in der Spirituosenbranche liegt bei 84%. „Aber nun müssen 90% erfüllt werden – wenn das nicht erreicht wird, kommt es zur Pfandpflicht“, führte Wiesgen-Pick aus. Weiterhin könnte die Einführung von Leichtglasflaschen gefordert werden. Eine gute Nachricht zum Schluss lautete: „Seit 1982 gab es keine Erhöhung der Alkoholsteuer.“

Werner Albrecht vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung informierte über aktuelle Fragen des europäischen und nationalen Spirituosenrechts. Dabei stellte er u.a. das Online-Verzeichnis „eAmbrosia“für geographische Angaben vor. Dort sind alle geographischen Angaben hinterlegt, weltweit, immer auf dem neuesten Stand. Er empfahl, die Leitlinien zur Spirituosen-Kennzeichnung zu studieren. „Es sind nur Empfehlungen, aber es macht sehr viel Sinn, diesen zu folgen.“ Bei der Bezeichnung für alkoholfreie Destillate warnte Albrecht: „Lassen Sie die Finger von dem Begriff,alkoholfreie Spirituose‘!“ Verboten sind auch Fantasienamen, die z.B. auf Gin abspielen. Die Bezeichnung „alkoholfreies Destillat“ sollte in Ordnung sein.

Mitgliederversammlung

Am Samstagnachmittag schloss sich die Hauptversammlung der Vereinigung der Destillateurmeister (VD) an. Der Vorstand informierte u.a. über die Einrichtung einer Praktikumsbörse auf der VD-Website. „Tauscht Eure Lehrlinge bzw. Mitarbeiter aus!“ lautet die Anregung des Vorsitzenden Gregor Thormann. Der Auschusssvorsitzende der Gesellenprüfung Martin Erdmann berichtete in Vertretung von Sabine Droste über die Entwicklungen am Fritz-Henßler-Berufskolleg der Stadt Dortmund. Alle drei Jahrgänge sind stark mit bis zu 24 Auszubildenden. Auch das Programm für die Begleiterinnen ließ keine Wünsche offen. Der Samstagabend mit der traditionellen Spirituosenbar mit Produkten aller Teilnehmer im Michel Hotels Karoli in Waldkirchen bot einen würdigen Abschluss der Veranstaltung.

Das Destillateurmeistertreffen 2023 ist für 15. bis 18. Juni in Berchtesgaden geplant, mit Besichtigung der Enzianbrennerei Grassl Stefan Penninger (M.) präsentiert das 2000-LBrenngerät mit 6 Verstärkerböden sowie die 450-L-Geistblase mit 3 Böden und Katalysator

4 der 13 erfolgreichen Destillateurmeisterinnen und -meister 2020 im Kreise der IfGB-Koordinatorin und ihrer Dozenten

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