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Aus der Luft gegriffen
Wer öfter barfuß geht, übt seine Fußsohlen, so fällt das Gehen immer leichter. Schon verblüffend, wie schnell sich unser Körper an die Natur gewöhnt.
Lehnen Sie sich ruhig einmal an einen schönen, alten Baum. Umarmen Sie ihn, fest auf seinen Wurzelausläufern stehend: ein starkes Gefühl von Standfestigkeit, langem Leben und ursprünglicher Kraft. Unterwegs im Wald versuchen Sie einmal, seine unterschiedlichen Aromen wahrzunehmen. Ein Buchenwald duftet anders als ein Lärchen- oder Zirbenwald. Ein alter Naturwald ist stärker mit Pilzaromen versetzt, ein regennasser Wald riecht anders als eine sonnenbeschienene Waldlichtung.
Wenn es das Wetter erlaubt, suchen Sie sich doch einmal einen weichen Platz auf einem Moosflecken oder auf trockenem Laub und ruhen (oder schlafen) Sie eine Weile dort. Dabei erwacht rundum das Leben, neugierige Waldtiere tauchen auf, die man sonst nie oder nur selten zu sehen bekommt. Ein tiefes, ganz besonderes Erleben, beruhigend und entspannend.
Sollten Sie nach einem Waldbesuch das Gefühl haben, „Bäume ausreißen“ zu können, machen Sie bitte das Gegenteil und pflanzen Sie einen. Geben Sie ihm einen Namen und sorgen Sie dafür, dass er Sie überlebt. So kann er folgenden Generationen von Ihnen erzählen.
Olympiasieger im Skispringen, Sportexperte und Unternehmer (www.innauerfacts.at) – Toni Innauer aus dem Bregenzerwald
Wie riecht Vorarlberg?
Unlängst wurde diese Frage in einer ORFDoku abgehandelt und auch von Bregenzerwälder*innen beantwortet. Dem Sendungsmuster folgend, fielen die Antworten sehr subjektiv, launig und klischeehaft aus. Im besten Wortsinn unbeschreiblich vielschichtiger und differenzierter duftet und riecht es in unserer Talschaft.
Die Luft als „Geschmacksträger“ kann ihre Wirkung bei sommerlichen Temperaturen viel intensiver entfalten als bei winterlicher Kälte. Das Leben in seinen wundersamen Wirkungszusammenhängen nützt Wärme und Düfte, um mit aller Kraft zu kommunizieren und zu wachsen. Olfaktorische Botenstoffe unterschiedlichster Nuancen und Intensität werden ausgetauscht. Einen bescheiden kleinen Teil davon können wir Menschen auch wahrnehmen und je nach Prägung und Befindlichkeit attraktiv, köstlich oder abstoßend finden, also die Nase rümpfen. Es macht einen Unterschied, ob man Käsknöpfle und angeröstete „Zibola“ (Zwiebeln) nach einer Bergtour, mit einem Bärenhunger, oder mit vollem Bauch nach dem siebten Gang eines Gourmetabends in die Nase bekommt.
Gerüche sind Orientierungshilfen, lösen Erinnerungen und Emotionen aus. Da finden die Kräuter von der Niedere in Mamas dampfendem Teekessel neben der brachialen Mischung aus frisch gesägtem Ahorn, Motorsägenbenzin, -öl und -abgasen einen Fixplatz in meinem persönlichen Best-of. Ebenso wie Enzianschnaps, angerösteter Riebel, Regentropfen im pulvertrockenen Heu, der Geruch einer Kuh beim Vormelken, mit der Stirn an der Flanke des riesigen warmen Tieres lehnend.
Unser jüngstes Familienmitglied ist ein Beagle, nach dem Lockdown adoptiert. Mit unbändigem Bewegungsdrang hatte er seine Vorbesitzer im Alltag überfordert. Außer sich vor lauter Neugier, schnaubend und mit der Nase tief am Boden, taucht er täglich in eine uns verborgene Wunderwelt ein. Wild und heulend an der Leine zerrend, filtert er animalische Bestätigungen, Überraschungen und Provokationen aus jedem Quadratzentimeter Bregenzerwald. Wie wohl Theos Antwort auf die anfängliche Frage ausfiele?