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Schotter aus Sarns
BRIXEN: Sowohl die Grünen als auch die Südtiroler Volkspartei sind gegen die Ausstellung einer Konzession für eine neue Schottergrube in Sarns. Die Politik tut sich offenbar schwer mit der Genehmigung solcher Strukturen. Dabei sind sie unabdingbar für das Baugewerbe.
„In der Gemeinde Brixen wird viel gebaut“, sagt Markus Obexer, „aber niemand macht sich darüber Gedanken, woher der für jede Baustelle notwendige Schotter kommt und wo das ebenfalls mit der Baustelle zusammenhängende Aushubmaterial deponiert werden soll.“ Obexer ist Eigentümer des Brixner Tiefbauunternehmens „OM“; er kennt also die Problematik aus eigener jahrelanger Erfahrung. „In ganz Brixen gibt es keine Deponie für Aushubmaterial“, sagt er, „also müssen die Baufirmen das gesamte Material aus den Brixner Baustellen nach Raas, Viums oder Vahrn bringen.“ Das verursache nicht nur zusätzliche Kosten, sondern auch viel Verkehr – mit allen bekannten Nachteilen für die Umwelt.
Also begab sich Obexer auf die Suche nach geeigneten Standorten für die Eröffnung einer Schottergrube. „Das ist im engen Eisacktal aber nicht einfach“, sagt Obexer, „denn erstens braucht es einen Ort, an dem es die entsprechenden geologischen Rahmenbedingungen gibt. Zweitens muss
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Foto: Oskar Zingerle
das Areal auch als Deponie geeignet sein.“ Und drittens, sagt er, müsse natürlich auch der Grundeigentümer einverstanden sein. Südlich von Sarns wurde Obexer fündig, organisierte in Absprache mit dem Grundeigentümer einige Probebohrungen, die positive Ergebnisse hervorbrachten, investierte einiges an Geld in für das Ansuchen notwendige Gutachten und suchte anschließend beim Land um die entsprechende Konzession an. Schottergruben sind nämlich Landeskompetenz – die entsprechende Gemeinde „darf“ lediglich eine Stellungnahme abgeben.
Südlich von Sarns
Konkret geht es um die zwei Grundparzellen 287/1 und 289 der KG Sarns. Das Areal befindet sich südlich von Sarns direkt angrenzend an die Landesstraße und wird derzeit landwirtschaftlich genutzt, und zwar zu etwa zwei Drittel als Ackerflächen für Gemüseanbau und zu einem Drittel als Apfelplantage. Das Projekt sieht zwei Baulose auf einer Fläche von insgesamt 14.640 Quadratmetern vor. Das Abbauvolumen beträgt insgesamt 155.000 Kubikmeter; eingesetzt würde lediglich ein Bagger. Das Aushubmaterial würde mit einem Kipp-Laster zur weiteren Aufbereitung zum nur einen Kilometer entfernte Gelände der Firma Beton Lana transportiert; das heißt, dass das Dorf Sarns eigentlich von diesem Verkehr verschont bliebe; die Fahrt des LKW ginge in Richtung Süden an Albeins vorbei und über die Brücke zum Industriegebiet, wo Beton Lana im Bereich der Progress ein Beton- und Schotterwerk betreibt.
Nach fünf Jahren könnte das Areal wieder als Acker und Obstplantage genutzt werden
Das beim Abbau entstehende etwa 14 Meter tiefe Loch würde sukzessive wieder mit Aushubmaterial von Baustellen aufgefüllt. Nach Abschluss der Abbauarbeiten wird das Gelände gänzlich aufgefüllt sein; die Oberfläche käme wieder in den Ursprungszustand, um wiederum landwirtschaftlich nutzbar zu sein. Der gesamte Prozess
dauert fünf Jahre; das heißt, dass nach diesen fünf Jahren der Spuk ein Ende hätte.
Ein paar Fragezeichen ...
Die Verwendung des Konjunktivs ist hier notwendig, denn ob diese Schottergrube jemals eröffnet werden wird, steht in den Sternen. Das Gutachten der Gemeinde Brixen vom 26. November 2021 ist jedenfalls negativ: Nach eingehender Diskussion in der SVP-Ratsfraktion hat sich der Brixner Stadtrat einstimmig gegen die Genehmigung ausgesprochen. „Vor allem die Nähe zu den Wohngebäuden und Wohnsiedlungen des geförderten Wohnbaus, verbunden mit einer erhöhten Staub- und Lärmbelästigung, wird als sehr problematisch eingestuft“, steht in der Stellungnahme. „Das ist doch gar nicht wahr“, sagt Markus Obexer dazu, „die Häuser liegen in einer Entfernung von mindestens 100 Meter zum Rand des Grubenareals. In Lana zum Beispiel sind die Häuser viel näher an der Grube – und da gibt es auch keine Probleme.“
Und der Lärm? Obexer hat dazu eigens den Lärmtechniker Stefan Gasser beauftragt, der eine genaue Studie zur eventuellen Lärmbelastung erstellt hat. „Die zu erwartende atmosphärische Belastung (Luft- und Lärmbelastung) ist im Vergleich zum Ist-Zustand hoch“, schreibt Gasser, „da aktuell keine nennenswerten Immissionen auf die nächstgelegenen Wohnhäuser einwirken. Aus diesem Grund sind entsprechende Schutzmaßnahmen vorzusehen.“ Obexer hat darauf reagiert und will zur Verbesserung der Lärmsituation im Norden und Osten des Areals einen vier Meter hohen Schutzwall und an dessen oberer Kante eine zwei Meter hohe Bretterwand errichten, die nicht nur als Schallschutzbarriere dienen würde, sondern auch als Sicht- und Staubschutz. Außerdem würde Obexer im Areal die Fahrtwege befeuchten, eine Besprenkelungsanlage für die Abbauprozesse und Ladetätigkeit sowie eine Reifenwaschanlage installieren. Der Damm würde dann mit Kletterpflanzen bepflanzt, die den Effekt noch weiter verstärken würden. „Der Lärm des Baggers ist sowieso relativ“, sagt Obexer, „denn je tiefer der Bagger gräbt, desto weniger hört man ihn.“ p Auf diesen zwei
Grundparzellen (in roter Farbe) südlich von Sarns würde Markus
Obexer die Schottergrube eröffnen
Auch das Gutachten der Gemeindekommission für Raum und Landschaft ist jedoch negativ: „Es handelt sich um eine landschaftliche Bannzone und um archäologisches Schutzgebiet“, schreibt Stadtrat Andreas Jungmann. Bürgermeister Peter Brunner erklärt dazu dem „Brixner“, dass dies kein absoluter Grund für die Ablehnung bedeute: „Vor eventuellen Baumaßnahmen muss aber eine archäologische Vorerhebung gemacht werden.“
Ist der Zug abgefahren?
Zwei negative Gutachten der Gemeindeverwaltung – ist der Zug damit abgefahren? „Nein“, sagt Markus Obexer, „denn die Entscheidung trifft die Landesregierung, und die Stellungnahmen sind nicht bindend.“ Die Politik tut
Markus Obexer
sich aber offensichtlich schwer mit solchen Projekten, weil die Bevölkerung meist gegen solche Strukturen ist. Andererseits sind diese Schottergruben aber unbedingt notwendig: Allein in der Gemeinde Brixen gibt es jedes Jahr den Bedarf an mindestens 250.000 Kubikmeter Schotter, der für die Produktion von Beton, Asphalt und Straßenbelag verwendet wird. Zum Vergleich: Die Abbaumenge dieser recht kleinen Schottergrube in Sarns würde in fünf Jahren 155.000 Kubikmeter betragen, also nicht einmal die Bedarfsmenge Brixens für ein Jahr.
Gibt es in der Gemeinde keine Schottergrube, wird trotzdem gebaut – mit entsprechend langen Transportwegen. „Und dann regen wir uns alle darüber auf, dass auf den Straßen viel Verkehr ist“, sagt Obexer. Die Entscheidung trifft nun also die Landesregierung: „Ich bin sehr zuversichtlich“, sagt er, „dass das Land die Problematik versteht.“ willy.vontavon@brixner.info