Vom Salon in den Konzertsaal
Das Lied ist eine intime Kunstform und war ursprünglich nicht für den Konzertsaal gedacht. Lieder wurden im häuslich-familiären Rahmen gesungen oder bei geselligen Zusammenkünften vorgetragen. Die meisten Lieder Franz Schuberts, der aus dem einfachen Strophenlied ein kunstvoll durchkomponiertes Gebilde gemacht und damit diese Gattung völlig neu erfunden hat, sind im Rahmen solch geselliger Zusammenkünfte, den berühmt gewordenen „Schubertiaden“, erstmals erklungen. Die Geschichte des Genres Lied ist denn auch eng mit jener des bürgerlichen Salons verbunden, in dem künstlerische Darbietungen, sei es literarischer oder musikalischer Art, oftmals im Mittelpunkt standen. Nachdem das Bürgertum die Geschlechterrollen neu definiert hatte – der Mann war für den Erwerb zuständig und repräsentierte als „Oberhaupt“ die Familie nach außen, der Frau oblagen der Haushalt und die Fürsorge um die Kinder – bot die Institution des Salons zumindest wohlhabenden bürgerlichen Frauen die Möglichkeit einer gewissen persönlichen Entfaltung. Wenn auch nicht selbst kreativ tätig, so förderten sie zumindest junge Talente, deren Auftritte in solchen Salons oft als Sprungbrett für ihre Karriere dienten. Manche Salons wurden allerdings auch von Künstlerinnen geführt. In Wien betrieb Alma Mahler-Schindler einen solchen, als besonders glanzvoll wird jener der Komponistin Emilie Mayer in Berlin gerühmt.
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Liederabend
Vom Salon in den Konzertsaal
Gustav Walter, undatiertes
Die große Popularität, die das Kunstlied im 19. Jahrhundert erlangte, führte dazu, dass dieses Genre nicht länger auf den häuslichen Rahmen oder den halböffentlichen bürgerlichen Salon beschränkt blieb, sondern ein eigenes Konzertformat, der Liederabend, entstand. Einer der ersten namhaften Sänger*innen, die in Liederabenden auftraten, war der Tenor Gustav Walter, der drei Jahrzehnte lang dem Ensemble der Wiener Hofoper angehörte. Mit Brahms befreundet, brachte er auch mehrere von dessen Liedern zur Uraufführung.
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Porträt von Josef Székely
Anders als eine lockere, gesellige Zusammenkunft verlangt ein Liederabend einen mehr oder weniger strukturierten Programmablauf. Auf eine abwechslungsreiche Abfolge der einzelnen Lieder wird dabei stets großer Wert gelegt. Doch bieten sich darüber hinaus noch zusätzliche Möglichkeiten an, einen Liederabend zu gestalten. Der junge Bariton Benjamin Appl ist nicht zuletzt auch dafür berühmt, dass er seinen Programmen dramaturgische Konzepte von großer Stringenz zugrunde legt. Das ermöglicht es ihm, auch Werke abseits des Standardrepertoires in seine Programme einzubauen und dabei so manches unbekannte Juwel zu heben.
KURZE HINWEISE ZU DEN KOMPONISTINNEN DES ABENDS
Ein solches Programm liegt auch dem heutigen Liederabend zugrunde, der Werke bekannter, aber auch weniger bekannter Frauen umfasst. Außerdem erklingen Lieder, die Männer komponiert haben, die jedoch allesamt auf literarischen Vorlagen von Frauen basieren. Einige der weniger bekannten Komponistinnen seien hier kurz vorgestellt.
Wer in der Biographie Johann Wolfgang von Goethes bewandert ist, dem ist wohl auch Corona Schröter (1751–1802) ein Begriff. Die vom Dichter hochgeschätzte Sängerin und Schauspielerin wurde auf seinen Vorschlag hin nach Weimar engagiert, wo sie unter anderem in der Uraufführung von Goethes Iphigenie auf Tauris die Titelrolle verkörperte. Ihr Interesse als Komponistin galt vor allem dem Lied. Lang vor Schubert hat sie Goethes Erlkönig in Musik gesetzt und auch das Lied „Für Männer uns zu plagen“ basiert auf einem seiner Texte.
Annette von Droste-Hülshoff (1797–1848) ist heute vor allem als Schriftstellerin bekannt. Immer noch wird ihre Lyrik sowie ihre Novelle Die Judenbuche gelesen. Weit weniger bekannt ist hingegen, dass sie auch eine hochbegabte Musikerin war. Im Alter von zwölf Jahren erhielt sie Klavier- und Orgelunterricht, mit 15 legte sie erste Kompositionen vor. Später erhielt sie auch noch Gesangsunterricht. Annette von Droste-Hülshoff hat vor allem Lieder komponiert, ihre eigenen Werke aber niemals öffentlich vorgetragen, so dass die Komponistin über der Dichterin schließlich in Vergessenheit geriet.
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Kurze Hinweise zu den Komponistinnen des Abends
Im Schaffen der britischen Komponistin Judith Weir (* 1954) nehmen Vokal- und Bühnenwerke einen besonderen Stellenwert ein. 2011 wurde bei den Bregenzer Festspielen ihre Oper Achterbahn uraufgeführt, zu den Trauerfeierlichkeiten für die 2022 verstorbene Queen Elisabeth steuert sie die Vertonung des 43. Psalms bei. Im heutigen Konzert gelangt ihr Lied Ständchen zur Aufführung, das 1997, anlässlich des 200. Geburtstags von Franz Schubert, entstanden ist. Judith Weirs Lied basiert auf demselben Gedicht von Ludwig Rellstab, das schon Schubert vertonte, dessen Ständchen im Zyklus Schwanengesang enthalten ist.
Bei Franz Liszt in Weimar hat die in St. Petersburg geborene Ingeborg von Bronsart (1840–1913) Klavier studiert. Ihre Konzerttätigkeit stellte sie aber ein, nachdem ihr Gatte, der Liszt-Schüler Hans Bronsart von Schellendorf, zum Generaldirektor der königlichen Theater in Hannover berufen wurde. Von da an wandte sie sich dem Komponieren zu und war sogar mit Opern erfolgreich. Ihr Lied Die Lorely basiert auf jenem berühmten Gedicht von Heinrich Heine, das auch Clara Schumann und Franz Liszt vertont haben.
Ein hochbegabtes musikalisches Wunderkind war die Amerikanerin Amy Beach (1867–1944), die bereits im Alter von zwei Jahren zu einer gegebenen Melodie eine zweite Stimme hinzu improvisieren konnte. Doch konnte sie in ihrer Ehe mit einem wesentlich älteren Arzt aus Boston ihr musikalisches Talent nur sehr eingeschränkt entfalten. Er gestattete ihr pro Jahr nur einen Auftritt als Pianistin, die Gage musste sie obendrein für wohltätige Zwecke spenden. Und mit dem von ihm diktierten Pseudonym „Mrs. H. H. A. Beach“ das auch seine Initialen enthielt, eignete er sich auch noch einen Teil ihrer Kreativität an. Erst nach seinem Tod konnte Amy Beach eine rege Konzerttätigkeit aufnehmen, die sie auch nach Europa führte. Sie ist die erste amerikanische Frau, die eine Sinfonie komponierte, bezeichnend auch, dass sie als Amerikanerin Goethes Gedicht Nähe des Geliebten auf Deutsch vertonte.
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Kurze Hinweise zu den Komponistinnen des Abends
Mit der britischen Komponistin Ethel Smyth (1858–1944) ist eine selbstbewusste und mutige Frau im Programm vertreten, die in ihrem Kampf für Frauenrechte sogar einen Gefängnisaufenthalt in Kauf nahm. Dort besuchte sie der Dirigent Thomas Beecham und berichtet in seinen Memoiren von einer denkwürdigen Aufführung des March of the Women hinter Schloss und Riegel: „Ich kam im Gefängnishof an und fand die edle Gesellschaft der Märtyrerinnen vor, wie sie auf und ab marschierten und mit Herzenslust ihr Kriegslied ‚March of the Women‘ sangen, während die Komponistin wohlwollend aus einem höher gelegenen Fenster zusah und dazu mit nahezu bacchantischer Energie den Takt mit der Zahnbürste schlug.“
The Last Letter ist ein kurzer Zyklus von fünf Liedern aus dem Jahr 2015, den der erfolgreiche amerikanische Komponist Nico Muhly (* 1981) für Benjamin Appl geschrieben hat. Die ersten vier Lieder basieren auf echten Briefen, das fünfte auf einer Übersetzung des Schiller’schen Gedichts Die Götter Griechenlands, das bereits Schubert vertont hat. Nico Muhly schreibt: „Das erste Lied taucht mit einer trägen, ängstlichen Abfolge von Tönen des Klaviers in eine neblige Landschaft ein. Über eine choralartige Begleitung wiederholt die Stimme den Text ‚Bitte sag mir deinen Namen, denn ich habe ihn vergessen‘. Das zweite ist ein atemloses Liebeslied: obsessiv, repetitiv und fast außer Kontrolle. Das dritte Lied, in dem eine Frau ihren Mann um einen ehelichen Besuch bittet, übernimmt die Klavierfiguration des ersten Satzes und macht sie schnell, überladen und hungrig ekstatisch. Das vierte Lied ist ein herzzerreißender Brief einer Frau, die sich von ihrem Mann scheiden lässt und ihre Kinder in ein Waisenhaus bringt.“ Im letzten, bereits erwähnten Lied auf einen Text von Schiller wird eine verlassene Landschaft beschrieben. Am Ende verweist ein Zitat auf den Beginn des Zyklus, wodurch sich dieser zum Ganzen rundet.
Ilse Weber (1903–1944) war eine deutschsprachige tschechische Schriftstellerin, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft vom NS-Regime zunächst in Theresienstadt inhaftiert war und danach nach Auschwitz deportiert wurde, wo sie gemeinsam mit ihrem Sohn Tomáš und anderen Kindern, die sie im Lager gepflegt hatte, ermordet
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Kurze Hinweise zu den Komponistinnen des Abends
wurde. Für ihren Sohn Hanuš, den sie noch vor Ausbruch des Kriegs in einen Zug gesetzt hatte, um ihn in Sicherheit zu bringen, schrieb sie das Schlaflied Wiegala. Hanuš hat den Krieg überlebt, ebenso Ilse Webers Mann, der ihre Manuskripte posthum veröffentlichte.
Nadia Boulanger (1887–1979) ist heute vor allem als hochgeschätzte Kompositionslehrerin ein Begriff. Das, wie sie meinte, viel größere Talent ihrer früh verstorbenen Schwester Lilli bewundernd, gab sie ihr eigenes Komponieren relativ früh wieder auf. Ihr Lied „O schwöre nicht und küsse nur“ auf einen Text von Heinrich Heine stammt aus dem Jahr 1908.
Einer Sängerfamilie entstammte Pauline Viardot-García (1821–1910). Ihre Schwester war die berühmte, aber früh verstorbene Maria Malibran, doch auch Pauline Viardot-García machte als Mezzosopran Furore. Darüber hinaus war sie Franz Liszts Klavierschülerin und trat später als Pianistin sogar im Duo mit ihrer Freundin Clara Schumann auf. Eine andere Freundin, die großen Einfluss auf ihr Selbstverständnis als Künstlerin hatte, war die französische Schriftstellerin George Sand. Im Alter von 42 Jahren zog sich Pauline Viardot-García weitgehend von der Bühne zurück, nur fallweise kehrte sie dorthin zurück. Mit ihrem Mann Louis Viardot lebte sie ab 1863 in Baden-Baden, wo das Ehepaar wesentlich dazu beitrug, aus dem Kurort eine Stadt der Kultur zu machen. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg war das Ehepaar Viardot allerdings gezwungen, nach Paris zurückzukehren. Als Komponistin wurde Pauline Viardot-García lange Zeit nicht ernst genommen, allmählich aber beginnt man sich für diese Seite ihres Schaffens mehr und mehr zu interessieren.
Auch das Schaffen der britischen Komponistin Rebecca Clarke (1886–1979) wurde erst Jahrzehnte nach ihrem Tod wiederentdeckt. Es ist ein verhältnismäßig schmales Œuvre, dass sie hinterlassen hat: Es umfasst Lieder, Kammermusik und Chöre. Da sie selbst auch als Bratschistin auftrat, nimmt Musik für dieses Instrument in ihrem Werkkatalog einen besonderen Platz ein. Als Jugendliche hatte sie unter ihrem gewalttätigen Vater zu leiden, der sie aus
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Kurze Hinweise zu den Komponistinnen des Abends
dem Haus warf, bevor sie ihr Musikstudium zu Ende bringen konnte. Um sich finanziell über Wasser zu halten, trat sie als Bratschistin auf. 1916 übersiedelte sie erstmals in die USA, wo sie sich mit der bekannten Mäzenin Elizabeth Sprague Coolidge anfreundete. Nach dem Tod des Vaters kehrte sie nach England zurück, wo sie häufig als Solistin und als Mitglied von Kammermusikensembles auftrat. Schon in dieser Zeit nahm ihre Produktivität als Komponistin deutlich ab, nach ihrer endgültigen Übersiedlung in die USA kam diese kurz darauf gänzlich zum Erliegen. Neben Ethel Smyth gilt sie als eine der bedeutendsten Komponistinnen Englands zu Beginn des 20. Jahrhunderts, anders als diese trat sie allerdings nie aktiv als Kämpferin für Frauenrechte in Erscheinung.
Die gebürtige Londonerin Liza Lehmann (1862–1918) war zunächst eine gefeierte Konzertsängerin, bevor sie sich dem Komponieren zuwandte. Sie hat vor allem Lieder, aber auch Bühnenwerke verfasst, darunter die Operette The Vicar of Wakefield. In späteren Jahren trat sie als Pianistin auf, um Sänger*innen zu begleiten, wenn diese ihre Lieder vortrugen.
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Kurze Hinweise zu den Komponistinnen des Abends
Gesangstexte
Hildegard von Bingen
„O magne pater“
O magne Pater, in magna necessitate sumus. Nunc igitur obsecramus, obsecramus te per Verbum tuum, per quod nos constituisti plenos quibus indigemus.
Nunc placeat tibi, Pater, quia te decet, ut aspicias in nos per adiutorium tuum, ut non deficiamus, et ne nomen tuum in nobis obscuretur, et per ipsum nomen tuum dignare nos adiuvare.
Corona Schröter
„Für Männer uns zu plagen“
Text: Johann Wolfgang von Goethe
Für Männer uns zu plagen, Uns zu plagen sind leider, leider wir bestimmt.
Wir lassen sie gewähren, Wir folgen ihrem Willen: Und wären sie nur dankbar, So wär noch alles gut.
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Großer Vater, wir sind in großer Not: Daher flehen wir dich jetzt an, flehen dich an durch dein Wort, durch das du uns angefüllt hast mit dem, was uns mangelt –nun gefalle es dir, Vater, denn es geziemt sich für dich, dass du auf uns schauest mit deinem Beistand, sodass wir nicht versagen und dein Name nicht in uns dunkler wird; und um deines Namens selbst willen gewähre uns deine Hilfe.
15 Übersetzung
Und rühret sich im Herzen Der Unmut zuweilen: Stille! heißt es, Stille! liebes Herz! Aber ich will auch nicht länger Allen ihren Grillen folgen, Alles mir gefallen lassen Will nach meinem Kopfe tun!
Joseph Haydn
The Mermaid’s Song
Now the dancing sunbeams play On the green and glassy sea, Come, and I will lead the way Where the pearly treasures be.
Come with me, and we will go Where the rocks of coral grow. Follow, follow, follow me.
Come, behold what treasures lie Far below the rolling waves, Riches, hid from human eye, Dimly shine in ocean‘s caves. Ebbing tides bear no delay, Stormy winds are far away.
Come with me, and we will go Where the rocks of coral grow. Follow, follow, follow me.
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Gesangstext
Jetzt spielen die tanzenden Sonnenstrahlen
Auf dem grünen, glatten Meer
Komm, und ich werde dich dorthin führen
Wo die Perlmuttschätze sind.
Komm mit mir, und wir werden dorthin gehen
Wo die Korallenfelsen wachsen
Folge, folge, folge mir.
Komm, schau, welche Schätze liegen
Tief unter den rollenden Wellen
Reichtümer, verborgen vorm menschlichen Auge
Strahlen matt in Ozeanhöhlen
Ebben verzögern sich nicht
Stürmische Winde sind weit weg.
Komm mit mir, und wir werden dorthin gehen
Wo die Korallenfelsen wachsen
Folge, folge, folge mir.
17 Übersetzung
The Spirit’s Song
Hark! Hark, what I tell to thee, Nor sorrow o‘er the tomb; My spirit wanders free, And waits till thine shall come.
All pensive and alone, I see thee sit and weep, Thy head upon the stone Where my cold ashes sleep.
I watch thy speaking eyes, And mark each falling tear; I catch thy passing sighs, Ere they are lost in air.
Hark! Hark, what I tell to thee, Nor sorrow o‘er the tomb; My spirit wanders free, And waits till thine shall come.
Annette von Droste-Hülshoff
„Wer nie sein Brod mit Thränen aß“
Text: Johann Wolfgang von Goethe
Wer nie sein Brod mit Thränen aß, Wer nie die kummervollen Nächte Auf seinem Bette weinend saß, Der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte!
Ihr führt ins Leben uns hinein, Ihr laßt den Armen schuldig werden, Dann überlaßt ihr ihn der Pein: Denn alle Schuld rächt sich auf Erden.
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Gesangstext
Horch! Horch, was ich sag zu dir: Lass Trauer, die nicht frommt. Mein Geist verweilet hier und harrt, bis deiner kommt.
Gedankenvoll allein was starrst du gramverzehrt, das Haupt gelehnt am Stein, der meine Gruft beschwert.
Ich spüre deinen Blick, spür jeder Träne Fall, ich fang den Seufzer auf, bevor er stirbt im All.
Horch! Horch, was ich sag zu dir: Lass Trauer, die nicht frommt. Mein Geist verweilet hier und harrt, bis deiner kommt.
Übersetzung: Pietro Lignola
19 Übersetzung
Judith Weir
Ständchen
Text: Ludwig Rellstab
Leise flehen meine Lieder
Durch die Nacht zu Dir; In den stillen Hein hernieder, Liebchen, komm’zu mir!
Flüsternd schlanke Wipfel rauschen
In des Mondes Licht; Des Verräters feindlich Lauschen
Fürchte, Holde, nicht.
Hörst die Nachtigallen schlagen ?
Ach! Sie flehen Dich, Mit der Töne süssen Klagen
Flehen sie für mich
Sie verstehn des Busens Sehnen Kennen Liebesschmerz, Rühren mit den Silbertönen
Jedes weiche Herz.
Lass auch Dir das Herz bewegen, Liebchen, höre mich !
Bebend harr’ich Dir entgegen! Komm’, beglücke mich !
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Gesangstext
Franz Schubert (1797–1828)
Romanze aus der Bühnenmusik zu Rosamunde, Fürstin von Cypern
Text: Wilhelmine Christiane von Chézy
Der Vollmond strahlt auf Bergeshöhn, Wie hab’ ich dich vermisst!
Du süßes Herz, es ist so schön, Wenn treu die Treue küsst.
Was frommt des Maien holde Zier?
Du warst mein Frühlingsstrahl.
Licht meiner Nacht, o lächle mir Im Tode noch einmal.
Sie trat hinein, beim Vollmondschein, Sie blickte himmelwärts:
“Im Leben fern, im Tode dein,” Und sanft brach Herz an Herz.
Suleika I („Was bedeutet die Bewegung?“)
Text: Marianne von Willemer
Ostwind
Was bedeutet die Bewegung?
Bringt der Ost mir frohe Kunde?
Seiner Schwingen frische Regung
Kühlt des Herzens tiefe Wunde.
Kosend spielt er mit dem Staube, Jagt ihn auf in leichten Wölkchen, Treibt zur sichern Rebenlaube
Der Insecten frohes Völkchen.
21 Gesangstext
Lindert sanft der Sonne Glühen, Kühlt auch mir die heißen Wangen, Küsst die Reben noch im Fliehen, Die auf Feld und Hügel prangen.
Und mir bringt sein leises Flüstern Von dem Freunde tausend Grüße; Eh noch diese Hügel düstern, Grüßen mich wohl tausend Küsse.
Und so kannst du weiter ziehen, Diene Freunden und Betrübten. Dort wo hohe Mauern glühen, Find ich bald den Vielgeliebten.
Ach! die wahre Herzenskunde, Liebeshauch, erfrischtes Leben, Wird mir nur aus seinem Munde, Kann mir nur sein Atem geben.
Felix Mendelssohn Bartholdy
Suleika
Text: Marianne von Willemer
Ach, um deine feuchten Schwingen, West, wie sehr ich dich beneide: Denn du kannst ihm Kunde bringen Was ich in der Trennung leide!
Die Bewegung deiner Flügel Weckt im Busen stilles Sehnen; Blumen, Auen, Wald und Hügel Stehn bei deinem Hauch in Thränen.
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Gesangstext
Doch dein mildes sanftes Wehen Kühlt die wunden Augenlieder; Ach, für Leid müßt‘ ich vergehen, Hofft‘ ich nicht zu sehn ihn wieder.
Eile denn zu meinem Lieben, Spreche sanft zu seinem Herzen; Doch vermeid‘ ihn zu betrüben Und verbirg ihm meine Schmerzen.
Sag ihm, aber sag‘s bescheiden: Seine Liebe sey mein Leben, Freudiges Gefühl von beiden Wird mir seine Nähe geben.
Robert Schumann
Lied der Suleika
Text: Marianne von Willemer
Wie mit innigstem Behagen, Lied, empfind‘ ich deinen Sinn, Liebevoll du scheinst zu sagen, Daß ich ihm zur Seite bin;
Daß er ewig mein gedenket, Seiner Liebe Seligkeit, Immerdar der Fernen schenket, Die ein Leben ihm geweiht.
Ja, mein Herz es ist der Spiegel, Freund, worin du dich erblickt, Diese Brust, wo deine Siegel Kuß auf Kuß hereingedrückt.
23 Übersetzung
Süßes Dichten, lautre Wahrheit, Fesselt mich in Sympathie, Rein verkörpert Liebesklarheit
Im Gewand der Poesie!
Die Flüchtlinge
Text: Julius Seybt
Der Hagel klirrt nieder, Es leuchten die Wogen, Die Blitze sprühen, Der Schaum kommt geflogen— Fort, fort, fort!
Der Donner laut kracht, Die Wälder stöhnen, Der Sturmwind braust, Die Glocken ertönen! Fort, fort, fort!
Die Erd’, gleich dem Meere Wankt trümmerbedeckt, Thier und Mensch sind entfloh’n, Von dem Sturm erschreckt— Fort, fort, fort!
Er: „Der Steuermann erbleicht, Nur ein Segel hat’s Boot, Wer zu folgen wagte, Wär’ ein kühner Pilot!“
Sie: „Greif’ kühn zum Ruder, Stoss vom Gestad!“
Und Hagel und Kugeln Bestreu’n den Pfad Über’s Meer.
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Gesangstext
Die Leuchtfeuer glüh’n Von Klippen und Thurm, Das Geschütz stumm blitzt, Erstickt von dem Sturm Von seewärts her!
Er: „Und siehst Du und hörst Du? Und banget Dein Sinn? Und jagen wir frei nicht Das Meer dahin, Ich und Du?“
Ein Schiffsmantel deckt Die Liebenden beide; Ihr Herz schlägt vereint In stolzer Freude, Sie flüstern sich zu.
In dem Schlosshof, neben Der Pförtnerin, gleich Geschlagenem Bluthund, Steht der Bräutigam, bleich Vor Scham.
Ein todtkündend Gespenst
Steht auf oberstem Thurm
Ein Greis, und vor seiner Stimme scheint der Sturm Zahm.
Auf die Letzte und die Schönste Seines Stammes zur Stunde
Einen Fluch er ruft, Wie aus eines Vaters Munde Nie er kam.
25 Gesangstext
Amy Beach
Nähe des Geliebten
Text: Johann Wolfgang von Goethe
Ich denke dein, wenn mir der Sonne Schimmer
Vom Meere strahlt;
Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer
In Quellen mahlt.
Ich sehe dich, wenn auf dem fernen Wege Der Staub sich hebt;
In tiefer Nacht, wenn auf dem schmalen Stege
Der Wandrer bebt.
Ich höre dich, wenn dort mit dumpfem Rauschen
Die Welle steigt.
Im stillen Haine geh‘ ich oft zu lauschen, Wenn alles schweigt.
Ich bin bei dir, du seyst auch noch so ferne, Du bist mir nah!
Die Sonne sinkt, bald leuchten mir die Sterne. O wärst du da!
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Gesangstext
Ingeborg von Bronsart
Die Loreley
Text: Heinrich Heine
Ich weiß nicht, was soll‘s bedeuten, Daß ich so traurig bin; Ein Märchen aus alten Zeiten, Das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl und es dunkelt, Und ruhig fließt der Rhein; Der Gipfel des Berges funkelt Im Abendsonnenschein.
Die schönste Jungfrau sitzet Dort oben wunderbar, Ihr goldnes Geschmeide blitzet Sie kämmt ihr goldnes Haar.
Sie kämmt es mit goldnem Kamme Und singt ein Lied dabei; Das hat eine wundersame, Gewalt‘ge Melodei.
Den Schiffer im kleinen Schiffe Ergreift es mit wildem Weh; Er schaut nicht die Felsenriffe, Er [schaut nur hinauf] in die Höh‘.
Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende Schiffer und Kahn; Und das hat mit ihrem Singen Die Lorelei gethan.
27 Gesangstext
Ethel Smyth
The March of the Women
Text: Cicely Hamilton
Shout, shout, up with your song!
Cry with the wind, for the dawn is breaking; March, march, swing you along, Wide blows our banner, and hope is waking. Song with its story, dreams with their glory Lo! they call, and glad is their word!
Loud and louder it swells, Thunder of freedom, the voice of the Lord!
Long, long — we in the past Cowered in dread from the light of heaven, Strong, strong — stand we at last, Fearless in faith and with sight new given. Strength with its beauty, Life with its duty, (Hear the voice, oh hear and obey!) These, these — beckon us on! Open your eyes to the blaze of day.
Comrades — ye who have dared First in the battle to strive and sorrow! Scorned, spurned — nought have ye cared, Raising your eyes to a wider morrow, Ways that are weary, days that are dreary, Toil and pain by faith ye have borne; Hail, hail — victors ye stand, Wearing the wreath that the brave have worn!
Life, strife — those two are one, Naught can ye win but by faith and daring. On, on —that ye have done But for the work of today preparing. Firm in reliance, laugh a defiance,
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Gesangstext
(Laugh in hope, for sure is the end) March, march — many as one, Shoulder to shoulder and friend to friend.
Wolfgang Amadé Mozart
Als Luise die Briefe ihres ungetreuen Liebhabers verbrannte Text: Gabriele von Baumberg
Erzeugt von heißer Phantasie, In einer schwärmerischen Stunde Zur Welt gebrachte, geht zu Grunde, Ihr Kinder der Melancholie!
Ihr danket Flammen euer Sein, Ich geb‘ euch nun den Flammen wieder, Und all‘ die schwärmerischen Lieder, Denn ach! er sang nicht mir allein.
Ihr brennet nun, und bald, ihr Lieben, Ist keine Spur von euch mehr hier. Doch ach! der Mann, der euch geschrieben, Brennt lange noch vielleicht in mir.
29 Gesangstext
Nico Muhly The Last Letter
One
Dear Molly,
A happy Christmas. I am sending this to my aunt to forward to you as I do not know the address. Please tell me your name as I have forgotten it.
Two Jack — my own — my only love — how I look for your next letter — how much longer shall I have to wait? Dearhearty, I want you — my life — Jack — how changed it is when you are by my side — what different air I seem to breathe into my lungs! Jack — Jack — oh! Hasten the day, the moment when I shall be by his side again — Jack, my Jack — my same, same heartmate, Goodnight my love — God bless you my own. How you would have smiled if you could have met me up the road today — Yes! you would then — to have seen me pushing David in his pram to Brayfield all on my own — Jack, if only — but then how can I say, how can I express all that is in my heart? My love, my own, at such moments, Jack, when my love has looked, has seen into the very depths of my soul — My Jack — My, ‘Our” sacred love — when my very soul has been revealed to him — Jack — you know — How it grows and grows — My heart — surely it will burst — Jack — Jack — I want you — Oh! Let me feel you crushing my very life into yours — Jack — Jack — I live for you — always, always my own.
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Dick to Molly, in My Diary of the Great War to Nov 1916, Pat McCormick, Imperial War Museum, entnommen aus: Love Letters of the Great War, hrsg. von Mandy Kirkby
Gesangstext
Amy Handley to Private John George Clifton, July/August 1918, Private Papers (S0330), Liddle Collection, entnommen aus: Love Letters of the Great War, hrsg. von Mandy Kirkby
Eins
Liebe Molly, Frohe Weihnachten! Ich schicke diesen Brief an meine Tante, damit sie ihn an Dich weiterleitet, denn ich kenne die Adresse nicht. Schreib mir bitte Deinen Namen, denn ich habe ihn vergessen ...
Zwei
Jack – Du bist mein – meine einzige Liebe – wie sehr ich mich nach Deinem nächsten Brief sehne – wie lange noch muss ich warten? Mein liebstes Herz, ich will Dich – mein Leben – Jack –wie anders ist es, wenn Du bei mir bist – wie anders die Luft dann ist, die ich atme! Jack – Jack – oh! Wenn doch nur schnell der Tag kommt, die Stunde, an der ich wieder an seiner Seite sein kann –Jack, mein Jack – Du bist wie ich, mir herzensverwandt, gute Nacht mein Liebster – Gott segne Dich, Du mein Jack. Wie hättest Du gelächelt, wenn Du mich heute auf der Straße getroffen hättest –Ja! Das hättest Du – mich ganz allein David im Kinderwagen nach Brayfield hättest schieben sehen – Jack, ach wäre es nur – aber wie kann ich all das ausdrücken, sagen, was in meinem Herzen ist? Du mein Liebster, meiner, in solchen Augenblicken, Jack, wenn meine Liebe ins tiefste Innere meiner Seele geschaut, geblickt hat –mein Jack – meine, ›unsere‹ heilige Liebe – wenn das Innerste meiner Seele ihm offenbart worden ist – Jack – weißt Du – wie es wächst und wächst – mein Herz – sicher wird es platzen – Jack –Jack – ich will Dich – oh! Lass mich Dich fühlen, fühlen wie ich mein ureigenes Leben in Deines hinein presse – Jack – Jack – Ich lebe für Dich – für immer, immer meiner.
31 Übersetzung
Three Dear Leader of the Company!
I have a request to make of you. Although my husband has only been in the field for four months, I would like to ask you to grant him a leave of absence, namely, because of our sexual relationship. I would like to have my husband just once for the satisfaction of my natural desires. I just can’t live like this any more. I can’t stand it. It is, of course, impossible for me to be satisfied in other ways, firstly, because of all the children and secondly, because I do not want to betray my husband. So I would like to ask you very kindly to grant my request. I will then be able to carry on until we are victorious. With all reverence, Frau S.
Frau S. to her husband‹s commanding officer, 2. Januar 1917: Collection In Flanders Fields Museum, Ieper, entnommen aus: Love Letters of the Great War, hrsg. von Mandy Kirkby
Four Dear Husband!
This is the last letter I am writingto you, because on the 24th I am going to marry another man. Then, I don’t have to work any longer. I have already been working for three years as long as you are away from home. All other men come home for leave, only you POWs never come. I will give the children to the orphanage. I don’t get a rat’s ass about a life like that! All wives whose husbands are POWs will do the same thing and they will all get rid of the children. Three years of work are too much for the women and 20 Marks for benefit and 10 marks per child are not enough. One cannot live on that. Everything is so expensive now. One pound of bacon costs 8 mark, a shirt 9 mark. Your wife...
A wife to her husband, a prisoner of war, April 1917 [Gleiwitz, Oberschlesien], in German Soldiers in the Great War: Letters and Eyewitness Accounts, Bernd Ulrich and Benjamin Ziemann, Pen and Sword Military, 2010, entnommen aus: Love Letters of the Great War, hrsg. von Mandy Kirkby;
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Gesangstext
Drei Werter Herr Kompanieführer! Erlauben Sie, dass ich mich mit einer Bitte an Sie wende. Mein Mann ist zwar erst den vierten Monat im Feld, doch bitte ich Sie ihn zu beurlauben, und zwar wegen unserer geschlechtlichen Beziehungen. Ich möchte meinen Mann einmal zur Befriedigung meiner Natur haben. Ich kann so nicht mehr weiterleben. Das halte ich nicht aus. Ich kann mich erstens nicht anderswo befriedigen lassen wegen all der Kinder und zweitens fürchte ich natürlich, meinem Mann untreu zu werden. Deshalb bitte ich Sie höflichst, mir meinen Wunsch zu gewähren. Ich will dann auch bis zum Sieg aushalten. Mit aller Hochachtung, Frau S.
Vier Lieber Gatte!
Das ist der letzte Brief, den ich Dir schreibe, denn am 24. heirate ich einen anderen Mann. Dann brauche ich nicht mehr zu arbeiten. Ich arbeite schon seit drei Jahren, seit Du nicht mehr da bist. All die anderen Männer kommen auf Fronturlaub heim, nur Ihr Kriegsgefangenen nie. Ich gebe die Kinder ins Waisenhaus. So ist das doch ein Hundeleben! Alle Frauen, deren Männer in Kriegsgefangenschaft sind, werden dasselbe tun und die Kinder weggeben. Drei Jahre Arbeit sind zu viel für die Frauen und die 20 Mark Beihilfe und die 10 Mark pro Kind reichen nicht aus. Davon kann man nicht leben. Es ist jetzt alles so teuer. Ein Pfund Speck kostet acht Mark, ein Hemd neun Mark.
Deine Frau ...
Übersetzung ins Deutsche von Gabriele Grunert
33 Übersetzung
Five
Fair world, where are you? Return again, Sweet springtime age of nature!
Alas, only in the magic land of song Does your fabled memory live on. The desolate fields mourn, No god reveals himself to me; Of that warm, living image Only a shadow has remained.
The Gods of Greece, Friedrich Schiller Übersetzung ins Englische von Richard Wigmore
Ilse Weber
„Ich wandre durch Theresienstadt“
Ich wandre durch Theresienstadt, das Herz so schwer wie Blei.
Bis jäh meine Weg ein Ende hat, dort knapp an der Bastei.
Dort bleib ich auf der Brücke stehn und schau ins Tal hinaus: ich möcht so gerne weiter gehn, ich möcht so gern nach Haus!
Nach Haus! -- du wunderbares Wort, du machst das Herz mir schwer. Man nahm mir mein Zuhause fort, nun hab ich keines mehr.
Ich wende mich betrübt und matt, so schwer wird mir dabei: Theresienstadt, Theresienstadt, wann wohl das Leid ein Ende hat, wann sind wir wieder frei?
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Gesangstext
Fünf
Schöne Welt, wo bist du? – Kehre wieder, Holdes Blütenalter der Natur!
Ach! nur in dem Feenland der Lieder Lebt noch deine goldne Spur. Ausgestorben trauert das Gefilde, Keine Gottheit zeigt sich meinem Blick, Ach! von jenem lebenwarmen Bilde Blieb nur das Gerippe mir zurück
Text: Friedrich Schiller
„Wiegala“
Wiegala, wiegala, weier, der Wind spielt auf der Leier. Er spielt so süß im grünen Ried, die Nachtigall, die singt ihr Lied. Wiegala, wiegala, weier, der Wind spielt auf der Leier.
Wiegala, wiegala, werne, der Mond ist die Laterne, er steht am dunklen Himmelszelt und schaut hernieder auf die Welt. Wiegala, wiegala, werne, der Mond ist die Laterne.
Wiegala, wiegala, wille, wie ist die Welt so stille! Es stört kein Laut die süße Ruh, schlaf, mein Kindchen, schlaf auch du. Wiegala, wiegala, wille, wie ist die Welt so stille!
35 Übersetzung
„Ade, Kamerad!“
Ade, Kamerad, hier teilt sich der Pfad, denn morgen muss ich fort. Ich scheide von dir, man treibt mich von hier, ich geh mit dem Polentransport.
Du gabst mir oft Mut, treu warst du und gut, zum Helfen immer bereit. Ein Druck deiner Hand Hat die Sorgen gebannt, wir truce gemeinsam das Leid.
Ade, Kamerad, um dich ist es schad, der Abschied wird mir schwer. Verlier nicht den Mut, ich war dir so gut, jetzt sehn wir uns nimmermehr.
Nadia Boulanger
„O schwöre nicht und küsse nur“
Text: Heinrich Heine
O schwöre nicht und küsse nur, Ich glaube keinem Weiberschwur!
Dein Wort ist süß, doch süßer ist Der Kuß, den ich dir abgeküßt!
Den hab ich, und dran glaub ich auch, Das Wort ist eitel Dunst und Hauch.
36
Gesangstext
O schwöre, Liebchen, immerfort, Ich glaube dir aufs bloße Wort! An deinen Busen sink ich hin, Und glaube, daß ich selig bin; Ich glaube, Liebchen, ewiglich, Und noch viel länger, liebst du mich.
Pauline Viardot-García
„Das ist ein schlechtes Wetter“
Text: Heinrich Heine
Das ist ein schlechtes Wetter, Es regnet und stürmt und schneit; Ich sitze am Fenster und schaue Hinaus in die Dunkelheit.
Da schimmert ein einsames Lichtchen, Das wandelt langsam fort; Ein Mütterchen mit dem Laternchen Wankt über die Straße dort.
Ich glaube, Mehl und Eier Und Butter kaufte sie ein; Sie will einen Kuchen backen Für‘s große Töchterlein.
Die liegt zu Hause im Lehnstuhl Und blinzelt schläfrig ins Licht; Die goldenen Locken wallen Über das süße Gesicht.
37 Gesangstext
Rebecca Clarke
„Down by the salley gardens“
Text: William Butler Yeats
Down by the Salley Gardens my love and I did meet; She passed the Salley Gardens with little snow-white feet. She bid me take love easy, as the leaves grow on the tree; But I, being young and foolish, with her did not agree.
In a field by the river my love and I did stand, And on my leaning shoulder she laid her snow-white hand. She bid me take life easy, as the grass grows on the weirs; But I was young and foolish, and now am full of tears.
Liza Lehmann
„If I built a world for you“
Text: Herbert Fordwych of Aldwych
If I built a world for you, dear, If I built a world for you,I would make the land of pop-corn, And the sea of morning dew. I would make the breeze of whispers Of lovers as they woo,-
And the rose should live for ever In the world I built for you.
If I built a world for you, dear, Just a world for me and you,Then the stars should all be kisses, And the sky for ever blue. And ev’ry road and rutway
With roseleaves I would strew, And love should last for ever
If I built a world for you.
38
Gesangstext
Unten in den Salley-Gärten trafen sich meine Liebe und ich; Sie kam mit kleinen schneeweißen Füßen an den Salley-Gärten vorbei. Sie bat mich, die Liebe leicht zu nehmen, während die Blätter auf dem Baum wachsen; Aber ich, jung und dumm, stimmte ihr nicht zu.
Auf einem Feld am Fluss standen meine Liebe und ich, Und auf meine gebeugte Schulter legte sie ihre schneeweiße Hand. Sie bat mich, das Leben leicht zu nehmen, so wie das Gras an den Wehren wächst; Aber ich war jung und dumm und bin jetzt voller Tränen.
Wenn ich eine Welt für dich bauen würde, Liebes, Wenn ich eine Welt für dich bauen würde,-
Ich würde das Land des Popcorns erschaffen, Und das Meer aus Morgentau.
Ich würde die Brise des Flüsterns erzeugen Von Liebenden, wie sie umwerben,Und die Rose soll ewig leben
In der Welt, die ich für dich gebaut habe. Wenn ich eine Welt für dich bauen würde, Liebes, Nur eine Welt für mich und dich,-
Dann sollten die Sterne alle Küsse sein, Und der Himmel für immer blau.
Und jede Straße und Furche
Würde ich mit Rosenblättern bestreuen, Und die Liebe sollte ewig dauern
Wenn ich eine Welt für dich bauen würde
39 Übersetzung
Evensong
Text: Constance Morgan
Fold your white wings, dear Angels, Fold your white wings; Dew falls and nightingale softly now sings. Across the lawn lie shadows, so still, so deep, Dear loving Angels, pass not by, Hush me to sleep.
Night falls, and whisp‘ring goes the wind
Along the sea; Fold your white wings, dear Angels, Fold them, dear Angels, Fold them round me.
40
Gesangstext
Faltet eure weißen Flügel, liebe Engel, Faltet eure weißen Flügel;
Der Tau fällt und die Nachtigall singt jetzt leise.
Auf dem Rasen liegen Schatten, so still, so tief, Liebe liebende Engel, geht nicht vorbei, Bringt mich zum Schlafen.
Die Nacht bricht herein und der Wind flüstert Am Meer entlang; Faltet eure weißen Flügel, liebe Engel, Faltet sie, liebe Engel, Faltet sie um mich herum.
41 Übersetzung