Neujahrskonzert | 1.1.2025

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1. Jänner 2025 17:00 Uhr, Großer Saal

Neujahrskonzert

Das besondere Konzert IV Saison 24–25

Weitere Highlights 24–25

Karten und Infos: +43 (0) 732 77 52 30 brucknerhaus.at

Mo, 13. Jän 2025, 19:30

Großer Saal

Florian Boesch & Musicbanda Franui

Die schöne Müllerin

Florian Boesch und das Tiroler Ensemble Franui präsentieren Franz Schuberts Die schöne Müllerin in einer völlig neuen Fassung.

Do, 23. Jän 2025, 19:30

Mittlerer Saal

Jean Rondeau

Jean Rondeau zählt zu den Weltstars des Cembalos.

Mit Bachs zugleich intimen und monumentalen ›Goldberg-Variationen‹ wagt er sich an eines der populärsten und dabei herausforderndsten Werke für sein Instrument.

Mo, 17. Feb 2025, 19:30

Großer Saal

Berglund, Chen & Orchestra della Svizzera italiana

Das Orchestra della Svizzera italiana, Tabita Berglund und Shootingstar Ray Chen präsentieren Werke von Beethoven, Dvořák und Tschaikowski.

Tabita Berglund

alla breve

Das Programm auf einen Blick

»Wenn er die Hand zum Einsatz erhebt, sieht es so aus, als würde er die Hand auf den Rücken einer Raubkatze legen, von der elektrische Funken sprühen.« So beschreibt eine russische Musikzeitung im Jahr 1867 ein Konzert von Johann Strauss (Sohn) in Pawlowsk. Als Dirigent und Vorgeiger muss er eine magnetische Wirkung auf sein Publikum ausgeübt haben, als Komponist dominierte er gemeinsam mit seinen Brüdern Josef und Eduard das Geschäft mit der Unterhaltungsmusik in der Metropole Wien, die zeitgleich einen regelrechten Boom erlebte. Zum 200. Mal jährt sich heuer die Geburt des ›Walzerkönigs‹ – eine gute Gelegenheit, um das anbrechende Jubiläumsjahr mit Klassikern und Raritäten aus dem reichen Fundus der Tanz­ und Unterhaltungsmusik des Wiener Ausnahmekomponisten feierlich einzuläuten.

Besetzung

Bruckner Orchester Linz

Markus Poschner | Dirigent

Programm

Johann Strauss (Sohn) 1825–1899

Ouvertüre zur Operette Die Fledermaus // 1873–74

Lob der Frauen. Polka­Mazur op. 315 // 1867

Seid umschlungen, Millionen. Walzer op. 443 // 1892–93

Lucifer-Polka op. 266 // 1862

Intermezzo aus der Operette Tausend und eine Nacht // 1871, 1906 [Bearbeitung der Operette Indigo und die 40 Räuber von Ernst Reiterer]

Niko-Polka op. 228 // 1859

Künstler-Quadrille (nach Motiven berühmter Meister) op. 201 // 1858

// Pause //

Kaiser Franz Joseph I. Rettungs-Jubel-Marsch op. 126 // 1853

Traumbild 1. Fantasie für Orchester // 1899

Éljen a Magyar! Schnellpolka op. 332 // 1869

Bauern-Polka op. 276 // 1863

Electro-magnetische Polka op. 110 // 1852

Perpetuum mobile. Musikalischer Scherz op. 257 // 1861

Künstlerleben. Walzer op. 316 // 1867

Furioso-Polka. Quasi Galopp op. 260 // 1861

Konzertende ca. 19:00 Uhr

»Ja, das Leben ist ein Tanz!«

Am 25. Oktober 1825 erblickt in St. Ulrich bei Wien Johann Baptist Strauss das Licht der Welt: ältester Sohn des gleichnamigen Komponisten und seiner Frau Anna, geborene Streim. Während seiner Kindheit erlebt Johann Strauss (Sohn) den Aufstieg seines Vaters zu einem der führenden Unterhaltungsmusiker Wiens und zu einem international gefeierten Komponisten und Dirigenten, ohne zu wissen, dass er selbst einmal in seine Fußstapfen treten wird. Er erhält zwar während seiner Schulzeit Klavier­ und Geigenunterricht und singt als Chorknabe in St. Leopold, nimmt aber zunächst ein durchaus erfolgreiches Studium an der kommerziellen Abteilung des k. k. Polytechnischen Instituts in Wien (heute: Technische Universität) auf. Dann ergibt sich für ihn aber die Chance auf eine lukrative Musikerlaufbahn, die er prompt am Schopfe packt: Am 14. April 1843 – Johann ist gerade einmal 19 Jahre alt – stirbt unerwartet der Komponist Joseph Lanner, neben seinem Vater einer der wichtigsten Walzerkomponisten seiner Zeit. Strauss (Sohn) will sich nun beim Wiener Publikum als Lanners Nachfolger empfehlen. Er nimmt Unterricht in Generalbass und Violine und beginnt nur wenige Monate später mit einer ersten Sammlung von Tanzmusikmelodien nach dem Vorbild seines Vaters. Ein Jahr darauf gibt er beim Wiener Magistrat den Berufswunsch »Musikdirektor« zu Protokoll. Am selben Tag reicht seine Mutter Anna die Scheidung ein – zu dieser Zeit ein echtes Wagnis. Johann Strauss (Vater) ist ein notorischer Ehebrecher, die Familienverhältnisse sind zerrüttet. Strauss (Sohn) bleibt daher nicht genügend Zeit für eine fundierte Ausbildung: Er muss seiner Mutter und seiner Familie finanziell beispringen. Obwohl er bei seinem Vater um Verständnis für seine Berufsentscheidung wirbt, setzt dieser alles daran, eine Auftrittserlaubnis des zu diesem Zeitpunkt noch minderjährigen Sohnes zu verhindern. Aber vergeblich: Am 15. Oktober 1844 debütiert Johann Strauss (Sohn) in Dommayers Casino mit überwältigendem Erfolg: »Gute Nacht Lanner! Guten Abend Strauß Vater! Guten Morgen Strauß Sohn!« lautet der euphorische letzte Satz der Rezension im Kurier durch das Wiener Tag- und Nacht-Leben

Strauß

Nach neuesten Forschungserkenntnissen wird der Name der Familiendynastie historisch korrekt nicht mit »ß«, sondern mit »ss« geschrieben.

Johann Strauss (Sohn) auf dem Titelblatt der Humoristischen Blätter, Karikatur von Karel Klíč, 1877

Nach dem frühen Tod des Vaters am 25. September 1849 übernimmt Johann, der bereits einige Jahre zuvor ein eigenes Orchester gegründet hat, die Leitung der inzwischen berühmten Strauss­Kapelle, die er bald mit seinem Ensemble vereint. Als sich jedoch im Spätherbst 1852 zeigt, dass er den zahlreichen arbeitsintensiven Verpflichtungen als Dirigent und Komponist körperlich nicht länger gewachsen ist, tritt auch sein Bruder Josef, der bereits ein Studium absolviert und erfolgreich als Ingenieur und Techniker gearbeitet hat, in die Fußstapfen seines

»Ja, das Leben ist ein Tanz!«

Vaters. Ab 1853 leitet er das Orchester gemeinsam mit seinem Bruder Johann, der auf Einladung der russischen Eisenbahngesellschaft von 1856 bis 1865 und 1869 jeden Sommer Konzerte im russischen Pawlowsk bei St. Petersburg dirigiert. Ab 1861 tritt auch der jüngste Bruder Eduard fallweise als Dirigent des Ensembles in Erscheinung, der die Familientradition nach dem plötzlichen Tod Josefs am 22. Juli 1870 und dem Rückzug Johanns, der 1871 sein Amt als k. k. Hofball­Musikdirektor an seinen Bruder abtritt, um sich ganz der Komposition von Operetten zu widmen, federführend fortsetzt. Nach mehr als 30 Jahren, in denen er sich und seinem Orchester mit zahlreichen Europa­ und Amerikatourneen zu internationaler Bekanntheit verhilft, löst Eduard die Strauss­Kapelle am 13. Februar 1901, dem Tag nach seinem letzten Konzert bei einem Ball an der Metropolitan Opera in New York, auf und tritt in den Ruhestand.

Einen ersten Abgesang auf den Wiener Walzer hat der Dichter Eduard von Bauernfeld bereits am 27. September 1849 anlässlich des Begräbnisses von Johann Strauss (Vater) und unter dem Eindruck der Nachwirkungen der gescheiterten bürgerlichen Revolution von 1848/49 formuliert:

»Ja, das Leben ist ein Tanz!

Und ein Waffentanz mitunter, Und ein Todtentanz bisweilen –Ein Charaktertanz gar selten.

Altes Wien, dir war’s ein Walzer, Der zuletzt im tollen Rasen Bis zum Veitstanz umgeschlagen –Und jetzt liegst du da, ermattet!

Aber frischen Muth und sammle

Deine Kräfte! Mit dem Hopsen Ist es freilich jetzt vorüber –Neuen Kunsttanz mußt du lernen.«

Allerdings irrte sich der Dichter – die große Zeit des Walzers in Gestalt der Werke der Strauss­Brüder Johann, Josef und Eduard stand ja gerade erst bevor!

Die Werke

Ouvertüre zur Operette Die Fledermaus // 1873–74

Johann Strauss’ Operette Die Fledermaus gehört zu seinen populärsten Bühnenwerken. Dank ihres kompositorischen Einfallsreichtums, der szenischen Schlagkraft und der Eleganz der Musik zählt sie heutzutage noch immer zu seinen meistaufgeführten Werken und ist vor allem zu Silvester und Neujahr nicht aus den Theaterspielplänen wegzudenken. Basierend auf der französischen Komödie Le Réveillon von Henri Meilhac und Ludovic Halévy gelang Strauss eine Gesellschaftssatire, die das zeitgenössische Bürgertum und seine Konventionen aufs Korn nimmt, ohne es dabei der Lächerlichkeit preiszugeben. »Kein anderes Stück von Strauss ist so zynisch, so realistisch und gleichzeitig so wunderschön, denn seine Musik hebt die Ironie liebevoll auf, nimmt die Sehnsucht nach Verwandlung und Glück im Augenblick ernst […]. Die Musik von Strauss ist das eigentliche ewige Fest als Ziel der menschlichen Suche nach Glück« (Karin Bohnert).

Lob der Frauen. Polka-Mazur op. 315 // 1867

Die Polka­Mazur Lob der Frauen wurde im Fasching 1867 im Wiener Volksgarten uraufgeführt. Eine Polka­Mazur ist eine Variante der Mazurka, die als Gesellschaftstanz im 19. Jahrhundert europaweit verbreitet war. Kurze Zeit später erlebte Strauss seinen internationalen Durchbruch als Dirigent und Komponist im Rahmen zweier Konzertreisen, bei denen auch Lob der Frauen auf dem Programm stand: Bei der Weltausstellung in Paris fand die Polka zwar keinen großen Anklang, war dafür aber in London, wo Strauss in Covent Garden eine Reihe von 60 Konzerten dirigierte, umso beliebter. Die Komposition war – wie der Titel schon sagt – von Strauss als Huldigung an die Frauen gedacht.

Seid umschlungen, Millionen. Walzer op. 443 // 1892–93

Den Walzer Seid umschlungen, Millionen widmete Strauss seinem Freund und Musikerkollegen Johannes Brahms. Dieser war ein gern gesehener Gast in den Wiener und Bad Ischler Häusern von Strauss. Kennengelernt hatten sich die beiden Komponisten vermutlich bereits im November 1862 in Wien. In den 1880er­ und 1890er­Jahren entwickelte sich daraus eine enge Künstlerfreundschaft. Im Jahr 1891 schrieb Strauss an seinen Verleger: »Johannes Brahms muss mit einer Dedication, einem Walzer meiner Composition bedacht werden. Ich will diesen Walzer populär, aber dennoch gewürzt und gepfeffert halten.« Der Walzer, dessen Titel aus Friedrich Schillers Ode an die Freude stammt – ein augenzwinkernder Verweis auf das Finale von Beethovens 9. Symphonie, in der Schillers Gedicht ebenfalls vertont ist – war ursprünglich jedoch für einen Journalistenball

Johann Strauss (Sohn) und Johannes Brahms in Bad Ischl, Fotografie von Rudolf Krziwanek, 1894

in Berlin vorgesehen. Jedoch scheiterte die Berliner Uraufführung, da Strauss das Werk bereits der Fürstin Pauline von Metternich für die Internationale Ausstellung für Musik und Theater wesen versprochen hatte. Auch diese Premiere wurde allerdings nicht umgesetzt. Strauss war verärgert darüber, dass nicht sein eigenes Orchester die Uraufführung spielen sollte. Schließlich kam der Walzer am 27. März 1892 im Wiener Musikverein durch die Strauss­Kapelle unter der Leitung von Johanns jüngstem Bruder Eduard zur Uraufführung.

Lucifer-Polka op. 266 // 1862

Lucifer, der Lichtbringer aus der römischen Mythologie? Oder der biblische Luzifer, gefallener Engel und Synonym des Teufels? Nach welcher dieser beiden Figuren Strauss diese Schnellpolka benannt hat, ließ er offen. Das Werk wurde für den Faschingsball der Künstlervereinigung Hesperus geschrieben und am 22. Februar 1862 im Dianabad­Saal in Wien uraufgeführt.

Intermezzo aus der Operette

Tausend und eine Nacht // 1871, 1906

Mit Indigo und die 40 Räuber startete Johann Strauss 1871 im Operettengeschäft durch. Die Premiere am Theater an der Wien war zwar ein voller Erfolg, jedoch kam die Musik beim Publikum deutlich besser an als das als chaotisch empfundene Libretto. Im Jahr 1906 fertigte Ernst Reiterer daher eine Bearbeitung der Operette mit dem Titel Tausend und eine Nacht an, die er auch mit einem neuen Text versah. Das Intermezzo aus Tausend und eine Nacht basiert auf einem melodischen Motiv aus aufsteigenden Achtelnoten, das Strauss in Indigo für die Ballade der weiblichen Hauptpartie Fantasca aus dem Londoner-Saison-Walzer op. 112, Nr. 4a seines Vaters ableitete.

am

An der Wien,
10. Februar 1871, Karikatur von Karel Klíč

Niko-Polka op. 228 // 1859

Die Niko-Polka wurde im Juli 1859 in Pawlowsk uraufgeführt. Hier pflegte Johann Strauss mit einem eigenen Orchester den Sommer zu verbringen, während sein Bruder Josef in Wien die Stellung hielt. Dort wurde das Werk im November 1859 erstaufgeführt. Die Polka, die wohl zu den amüsantesten Strauss­Kompositionen im ›russischen Stil‹ zählt, zitiert ein russisches Volkslied und ist dem Fürsten Nikolaus Dadiani von Mingrelien gewidmet, der am Zarenhof ein und aus ging. Der Titel der Polka ist vom Vornamen des Widmungsträgers abgeleitet.

Künstler-Quadrille (nach Motiven berühmter Meister) op. 201 // 1858

Die Künstler-Quadrille wurde für den Künstlerball im Fasching des Jahres 1858 komponiert und im Februar desselben Jahres im Sofienbad-Saal in Wien zum ersten Mal aufgeführt. Strauss stellte in der Quadrille Musik aus den damaligen Opern­ und Konzertspielplänen in eigener Bearbeitung zusammen, darunter der Hochzeitsmarsch aus Mendelssohns Sommernachtstraum, Mozarts 40. Symphonie, Chopins Marche funèbre aus der 2. Klaviersonate oder der zweite Satz aus Beethovens ›Kreutzer-Sonate‹

Diese Zusammenstellung von »Motiven berühmter Meister« kam allerdings bei der Musikkritik sehr schlecht an: Das Experiment wurde als »künstlerische Blasphemie« und »untanzbar« abgekanzelt.

Franz Joseph I. Rettungs-Jubel-Marsch op. 126 // 1853

Über die blutige Revolution 1848 standen Strauss (Vater) und Strauss (Sohn) im Zwist: Der Jüngere war Angehöriger der bürgerlichen Nationalgarde, also aufseiten der Revolutionär:innen, der Ältere unterstützte die Monarchie. In den folgenden Jahren wurde die Karriere von Johann Strauss (Sohn) durch seine Sympathien für die Revolution deutlich ausgebremst. Erst 1863 wurde er mit dem Titel des k. k. Hofball­Musikdirektors ausgezeichnet. Zuvor setzte er alles daran, um die Beziehungen zum

Kaiser

Kaiser und zum kaiserlichen Hof wieder aufzubauen. Im Februar 1853 ergab sich schließlich eine erste Gelegenheit: »Ein schändliches Attentat ist auf die Allerhöchste Person Sr. k. k. Apostolischen Majestät verübt worden. Se. Majestät wurden heute (am 18.) um halb 1 Uhr während eines Spaziergangs auf der Bastei nächst dem Kärnthnerthore von einem Individuum meuchlerisch von rückwärts angefallen und mit einem Küchenmesser in der Gegend des Hinterhauptes verwundet.« – So berichtete die Wiener Zeitung am 19. Februar über einen Anschlag auf Kaiser Franz Joseph I., der glimpflich ausging. Strauss organisierte daraufhin eine Feier im Ballsaal des Café Sperl, bei der der Marsch uraufgeführt wurde. Um die patriotische Wirkung des Marschs noch zu unterstreichen, verwendete Strauss als zentrales Motiv den Refrain der Österreichischen Kaiserhymne, die auf das Kaiserlied von Joseph Haydn zurückgeht.

Johann Strauss (Sohn) mit seiner Kapelle beim Hofball, Aquarell von Theodor Zasche, um 1890

Traumbild 1. Fantasie für Orchester // 1899

Als »Traumbilder« und »musikalische Verirrungen« bezeichnete Johann Strauss ein Kompositionsprojekt, das er vor seinem Tod nicht mehr fer tigstellen konnte. Mit dem Traumbild 1, einer symphonischen Fantasie, schuf er ein musikalisches Porträt seiner Ehefrau Adele Strauss, wie er in einem Brief an seinen Bruder Eduard berichtete. Das Werk folgt bewusst keiner vorgegebenen Form, sondern mäandert ganz frei und fast schon impressionistisch. Zunächst wurde die Komposition einige Monate nach Strauss’ Tod als Klavierauszug veröffentlicht, später ging dann auch eine Orchesterfassung in Druck. Die Uraufführung erfolgte im Jahr 1900 im Wiener Musikverein im Rahmen eines Erinnerungskonzerts an Johann Strauss (Sohn).

Éljen a Magyar! Schnellpolka op. 332 // 1869

»Es lebe der Ungar!« lautet die deutsche Übersetzung des ungarischen Titels der Schnellpolka, die Strauss im Jahr 1869 für einen Auftritt der Strauss­Kapelle im Budapester Redoutensaal komponierte. Der Auftritt in Budapest war vor dem Hintergrund des im Jahr zuvor erfolgten Österreichisch­Ungarischen Ausgleichs ein Politikum: Durch verfassungsrechtliche Vereinbarungen wurde das Kaisertum Österreich in die Doppelmonarchie Österreich­Ungarn umgewandelt. Bei der Budapester Konzertveranstaltung sollte der eigenständige Nationalcharakter Ungarns repräsentiert werden, was musikalisch durch den Rákóczi-Marsch unterstrichen wird, den Strauss in seine Komposition einfließen ließ. Nichtsdestotrotz erfreute sich die Polka auch beim österreichischen Kaiserhaus großer Beliebtheit.

Bauern-Polka op.

276 // 1863

Im Jahr 1863 musste Johann Strauss seine vielfältigen musikalischen Verpflichtungen aus gesundheitlichen Gründen stark reduzieren. Nach schwerer Krankheit konnte er allerdings im Sommer erneut mit seiner Frau Jetty Strauss die Reise nach Pawlowsk in Russland antreten. Dort

entstand unter anderem die Bauern-Polka, eine Polka française, die am 29. August desselben Jahres uraufgeführt wurde. In Russland löste die Komposition Begeisterung aus – die Musiker sangen die Melodien mit und stampften mit den Füßen den Takt. Selbst Zar Alexander II. besuchte eines der Konzerte. In Wien kam die Komposition allerdings nicht so gut an wie in Russland und geriet dadurch schnell in Vergessenheit – auch dadurch bedingt, dass es zu dieser Zeit bereits ein Überangebot von Strauss­Werken auf dem Unterhaltungsmusikmarkt gab. Die Werke stahlen sich so gegenseitig die Show.

Electro-magnetische Polka op. 110 // 1852

Bevor Johann Strauss selbst eine Musikerlaufbahn einschlug, absolvierte er ein technisches Studium. Auch sein Bruder Josef war ausgebildeter Techniker, der schließlich in den Musikbetrieb einstieg. Dieses technische Interesse spiegelt sich in einer Komposition wider, die Strauss für den Technikerball – eine Faschingsveranstaltung der Technik­ und Ingenieurstudent:innen der Wiener Universität – im Jahr 1852 komponierte. Strauss verarbeitete dazu ein Sujet aus dem Fach der Studierenden, das sich auch im Titel der Polka niederschlägt: Der Elektro­Magnetismus, 1820 vom dänischen Forscher Hans Christian Oersted entdeckt, gehörte in dieser Zeit zu den spannendsten Forschungsthemen.

Perpetuum mobile. Musikalischer Scherz op. 257 // 1861

Die Bezeichnung »Perpetuum mobile« verwendeten Komponisten wie Niccolò Paganini, Carl Maria von Weber oder Felix Mendelssohn Bartholdy für virtuose Instrumentalstücke mit hohem Schwierigkeitsgrad, die von Anfang bis Ende in kleinen Notenwerten und schneller Bewegung ausgeführt werden. Diese Gattungstradition machte sich Johann Strauss im Jahr 1861 für einen »Musikalischen Scherz« zunutze: Ein achttaktiges Thema im 2/4­Takt wird im Laufe der Komposition in verschiedenen Instrumentationen, Klangfarben und Dynamiken variiert – Strauss zeigt sich hier als Meister der Instrumentation. Nach dem immer leiser werdenden Diminuendo des Motivs in den Violoncelli und Kontrabässen

spricht der Dirigent die Worte »Und so weiter, und so weiter« ein. Bekannt wurde diese humorvoll­ironische Komposition durch Richard Strauss, der zwar nicht mit der Wiener Strauss­Dynastie verwandt war, aber nichtsdestrotrotz – wie auch sein Komponistenkollege Johannes Brahms – die Strauss’sche Unterhaltungsmusik hoch schätzte. Seinen berühmten Walzer aus dem Rosenkavalier leitete er von Josef Strauss’ Dynamiden op. 173 ab.

Künstlerleben. Walzer op. 316 // 1867

Im Jahr 1867 war die Stimmung in der Wiener Bevölkerung schlecht: Im Jahr zuvor war Österreich bei der entscheidenden Schlacht bei Königgrätz Preußen unterlegen und der Deutsche Krieg damit verloren. Mit dieser Niederlage ging die Absage zahlreicher Veranstaltungen, Bälle und Konzerte einher. Der Fasching 1867 sollte allerdings für bessere Laune sorgen: Insgesamt 25 Werke schufen die Brüder Strauss für diesen Anlass, darunter auch die weltberühmten Walzer An der schönen blauen Donau und Künstlerleben, die sich beide schnell zu beliebten Repertoirestücken entwickelten.

Furioso-Polka. Quasi Galopp op. 260 // 1861

Eine weitere Facette von Johann Strauss’ musikalischem Humor offenbart sich in der Furioso-Polka, die im Sommer 1861 in Russland entstand und dort auch uraufgeführt wurde. Das Werk changiert in rasender Geschwindigkeit zwischen Passagen in Dur und Moll. Die als musikalischer Scherz gedachte Polka spielt schelmisch mit den Hörerwar tungen des Publikums, die immer wieder gebrochen werden. Entsprechend irritiert fiel auch die Reaktion der Zuhörer:innen bei der Uraufführung in Wien am 17. November 1861 aus.

Bruckner Orchester Linz

Das Bruckner Orchester Linz (BOL) zählt zu den führenden Klangkörpern Mitteleuropas, blickt auf eine mehr als 200­jährige Geschichte zurück und trägt seit 1967 den Namen des Genius loci. Seit dem Amtsantritt von Markus Poschner als Chefdirigent vollzieht das BOL einen weithin beachteten Öffnungsprozess, der viele neue Formate generiert, unerwartete Orte aufsucht, in der Vermittlung überraschende Wege findet und vor allem für künstlerische Ereignisse in einer unnachahmlichen Dramaturgie sorgt, die bei Publikum und Presse auf unerhörte Resonanz stößt. Dabei ist es einer ureigenen Spielart der Musik seines Namensgebers Anton Bruckner auf der Spur und lässt diese in einem unverwechselbaren oberösterreichischen Klangdialekt hören, der sich in einer Gesamtaufnahme aller Symphonien in allen Fassungen im Brucknerjahr 2024 manifestierte. Das BOL ist nicht nur das Symphonieorchester des Landes Oberösterreich, sondern spielt die musikalischen Produktionen des Linzer Landes­

theaters im Musiktheater, einem der modernsten Theaterbauten Europas und Heimstätte des Orchesters. Konzerte beim Internationalen Brucknerfest Linz, Konzertzyklen im Brucknerhaus Linz und spektakuläre Programme im Rahmen des Ars Electronica Festivals gehören ebenso zum Spielplan wie die Aufgabe als Botschafter Oberösterreichs und seines Namensgebers auf nationalen und internationalen Konzertpodien. Seit 2012 hat das BOL einen eigenen Konzertzyklus im Wiener Musikverein und seit 2020 erstmals auch einen im Brucknerhaus Linz. Die Zusammenarbeit mit großen Solist:innen und Dirigent:innen unserer Zeit unterstreicht die Bedeutung des Orchesters, das beim Österreichischen Musiktheaterpreis 2020 als »Orchester des Jahres« ausgezeichnet wurde. 2024 erhielten das Bruckner Orchester Linz und Markus Poschner außerdem den renommierten ICMA Special Achievement Award für die Gesamteinspielung der Bruckner­Symphonien.

Markus Poschner

Dirigent

Seit 2017 ist Markus Poschner Chefdirigent des Bruckner Orchester Linz (BOL). Gemeinsam mit dem BOL begeistert er seither das Publikum und die internationale Presse. Seine Vision ist es, in der Bruckner­Interpretation eigene Wege zu gehen. Höhepunkte dabei waren die Auszeichnungen als »Orchester des Jahres« und »Dirigent des Jahres« beim Österreichischen Musiktheaterpreis 2020.

Zudem ist Markus Poschner seit 2015 Chefdirigent des Orchestra della Svizzera italiana und gewann mit diesem den begehrten International Classical Music Award (ICMA) 2018 für seinen Brahms­Symphonienzyklus. Gemeinsam mit dem Orchestre National de France wurde er für seine Produktion von Offenbachs Maître Péronilla mit dem Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik 2021 ausgezeichnet. 2024 erhielt er den Special Achievement Award des ICMA für seine Gesamtaufnahme der Bruckner­Symphonien mit dem Bruckner Orchester Linz und dem ORF Radio­Symphonieorchester Wien. Ab 2027/28 übernimmt Markus Poschner die Position als Chefdirigent des Utah Symphony, eines der führenden amerikanischen Orchester. Bereits zur Spielzeit 2025/26 wird er Chefdirigent des traditionsreichen Sinfonieorchester Basel.

Seit seiner Auszeichnung mit dem Deutschen Dirigentenpreis im Jahr 2004 gastiert Markus Poschner regelmäßig bei sämtlichen Spitzenorchestern und Opernhäusern der Klassikwelt, darunter die Staatskapelle Berlin, die Sächsische Staatskapelle Dresden, die Bamberger Symphoniker, die Dresdner Philharmonie, die Wiener Symphoniker, das Orchestre Philharmonique de Radio France, das NHK Symphony Orchestra, die Staatsopern Berlin und Hamburg, die Oper Frankfurt, die Wiener Staatsoper sowie die Oper Zürich. Das Bayreuther Festspielorchester dirigierte Markus Poschner erstmals bei einem Gastspiel in Abu­Dhabi 2019. Zuletzt eröffnete er mit Tristan und Isolde die Bayreuther Festspiele 2022 und kehrte im Sommer 2023 dorthin zurück.

Impressum

Herausgeberin

Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH, Brucknerhaus Linz, Untere Donaulände 7, 4010 Linz

Redaktion

Paula Schlüter, MA

Biografien & Lektorat

Romana Gillesberger

Gestaltung

Anett Lysann Kraml, Lukas Eckerstorfer

Abbildungen

G. Muenz/shutterstock (S. 1), N. Lund (S. 2), Wien Museum (S. 6, 9 & 10–11), gemeinfrei (S. 13), R. Winkler (S. 18–19), K. Kikkas (S. 21)

Programm­, Termin­ und Besetzungsänderungen vorbehalten

LIVA – Ein Mitglied der Unternehmensgruppe Stadt Linz

Wir danken für Ihren Besuch und wünschen Ihnen ein schönes Konzert!

Aurel Dawidiuk

Werke von Jörg Widmann und Franz Schubert

15. Jänner 2025 · 19:30 Uhr

VERANSTALTUNGSORT UND KARTEN

Brucknerhaus Linz · Untere Donaulände 7 · 4010 Linz +43 (0) 732 77 52 30 · kassa@liva.linz.at

C. Bechstein Centrum Linz / Klaviersalon Merta GmbH

Bethlehemstraße 24 · A-4020 Linz · +43 (0) 732 77 80 05 20

linz@bechstein.de · bechstein-linz.de

Foto: Iréne Zandel

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