17. Februar 2025
19:30 Uhr, Großer Saal
17. Februar 2025
19:30 Uhr, Großer Saal
Das Große Abonnement VI Saison 24–25
Karten und Infos:
+43 (0) 732 77 52 30 brucknerhaus.at
Mi, 5. Mär 2025, 19:30
Großer Saal
Robertson, Shaham & Deutsches
Symphonie-Orchester Berlin
Unter David Robertson erweckt das Deutsche SymphonieOrchester Berlin gemeinsam mit dem herausragenden
Geiger Gil Shaham musikalische Erzählungen von Korngold und Rimski-Korsakow zum Leben.
Di, 25. Mär 2025, 19:30
Mittlerer Saal
Paul Lewis
Der Pianist Paul Lewis verbindet Werke von Beethoven und Brahms mit der Österreichischen Erstaufführung einer neuen Klaviersonate aus der Feder von Thomas Larcher
So, 6. Apr 2025, 11:00
Großer Saal
Maisky & dogma chamber orchestra
Der gefeierte Cellist Mischa Maisky präsentiert mit dem dogma chamber orchestra und Werken von Bruch und Tschaikowski alle Facetten seines Könnens.
Das Programm auf einen Blick
Auf unterschiedliche Art und Weise umkreisen alle drei Werke des Konzertabends das Thema Freiheit.
Ludwig van Beethovens Ouvertüre zeichnet musikalisch das Schicksal des Grafen Egmont aus Johann Wolfgang von Goethes gleichnamigem Trauerspiel nach, der darin bis in den Tod geht, um sein Volk von der spanischen Herrschaft zu befreien. Pjotr Iljitsch Tschaikowskis Violinkonzert entstand wiederum in einer Zeit, in der der Komponist einen Schritt in Richtung innerer Befreiung gegangen war: Nach seiner gescheiterten Scheinehe, mit der er Gerüchte über seine Homosexualität zerstreuen wollte, komponierte er das Solokonzert während eines Aufenthalts am Genfersee mit seinem Liebhaber, dem Geiger Iosif Kotek, dem er die hochvirtuose Komposition auf den Leib schrieb.
Die 7. Symphonie von Antonín Dvořák ist wiederum ein Produkt künstlerischer Selbstbefreiung: Nach einer Schaffenskrise gelang Dvořák mit ihr der internationale Durchbruch.
Ray Chen | Violine
Orchestra della Svizzera italiana
Tabita Berglund | Dirigentin
Ludwig van Beethoven 1770–1827
Ouvertüre fMoll zum Trauerspiel Egmont von Johann Wolfgang von Goethe op. 84 // 1809–10
Pjotr Iljitsch Tschaikowski 1840–1893
Konzert für Violine und Orchester DDur op. 35 // 1878
I Allegro moderato – Moderato assai
II Canzonetta. Andante –
III Finale. Allegro vivacissimo
// Pause //
Antonín Dvořák 1841–1904
Symphonie Nr. 7 dMoll op. 70 // 1884–85
I Allegro maestoso
II Poco adagio
III Scherzo. Vivace
IV Finale. Allegro
Konzertende ca. 21:30 Uhr
Brucknerhaus-Debüt
Ludwig van Beethoven // ›Egmont-Ouvertüre‹
Brüssel, 1567: Belgien und Holland sind fest in der Hand der spanischen Krone, die Bevölkerung wird unterdrückt, Gegner:innen des Regimes und Protestant:innen werden verfolgt. In der niederländischen Bevölkerung beginnt sich allerdings Widerstand zu regen, angeführt von Graf Lamoral von Egmont, Herr der Provinzen Artois und Flandern. Egmont ist bei seinem Volk beliebt und grundsätzlich auch den spanischen Herrscher:innen gegenüber loyal, setzt sich aber zugleich für Bürger:innenrechte wie die Religionsfreiheit ein. Damit gerät er ins Visier des spanischen Herzogs von Alba, der mit grausamer Härte gegen die politischen Unruhen in den Provinzen vorgehen will. Egmont unterschätzt die Gefahr, die vom Herzog ausgeht und wird schließlich von ihm festgenommen und wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. In der Nacht vor seiner Hinrichtung erscheint ihm die personifizierte Freiheit in Gestalt seiner Geliebten Klärchen im Traum und setzt ihm einen Lorbeerkranz auf. Egmont geht daraufhin – fest überzeugt, sich für die Befreiung des niederländischen Volkes zu opfern – erhobenen Hauptes in den Tod.
Die Handlung von Johann Wolfgang von Goethes zwischen 1775 und 1787 entstandenem Trauerspiel Egmont basiert auf wahren Begebenheiten. Nur wenige Änderungen an den historischen Fakten waren nötig, um aus dem Stoff ein tragisches Sturm-und-Drang-Drama entstehen zu lassen, in dem ein mutiger Held für seine Überzeugungen in den Tod geht. Die Figur des Grafen Egmont wird so als Idealfigur eines tapferen, freiheitlich denkenden und dem Volk gegenüber fairen Machthabers skizziert. Der Herzog von Alba repräsentiert im Gegensatz dazu die brutale, absolutistische Staatsgewalt. Musik besitzt in Goethes Trauerspiel eine zentrale dramatische Funktion: Als Egmonts Geliebte Klärchen erkennt, dass seine Rettung aussichtslos ist, bringt sie sich um. Ihr Suizid wird allerdings nicht gezeigt. Stattdessen soll auf der leeren Bühne, zunächst
noch durch eine aufflackernde Lampe beleuchtet, lediglich eine »Musik, Klärchens Tod bezeichnend« erklingen. Das Drama endet außerdem nach Egmonts Hinrichtung mit einer triumphalen »Siegessymphonie« und auch eine Ouvertüre sowie Entr‘actes schwebten Goethe bereits beim Verfassen des Dramas vor. Einen entsprechenden Kompositionsauftrag erteilte er noch vor Drucklegung an Philipp Christoph Kayser, dessen Bühnenmusik zu Egmont gilt allerdings als verschollen.
Die Schauspielmusik zu Egmont, die Ludwig van Beethoven zwischen 1809 und 1810 komponierte, entstand erst mehr als 20 Jahre nachdem Goethe sein Drama vollendet hatte. Es handelte sich um eine Auftragsarbeit des Industriellen Joseph Hartl, dem damaligen Direktor des Hofburgtheaters. Er bat Beethoven um eine vollständige Schauspielmusik anlässlich einer Aufführung des Trauerspiels, die am 24. Mai 1810 in Wien Premiere feiern sollte. Ebenso wie Goethe fiel es auch Beethoven leicht, sich mit der Figur Egmont und ihrer tapferen Beharrlichkeit in
Ludwig van Beethoven // ›Egmont-Ouvertüre‹
einer politisch scheinbar ausweglosen Situation zu identifizieren. Das Thema Freiheit besaß auch im Jahr 1810 tagespolitische Brisanz: Noch 1809 hatten die Napoleonischen Kriege im französisch besetzten Wien getobt. Beethoven verzichtete für die Komposition der Schauspielmusik sogar auf ein Gehalt, so sehr lag ihm das Projekt am Herzen. Rechtzeitig zur Premiere wurde seine Komposition allerdings nicht fertig, erst bei der dritten Vorstellung am 15. Juni 1810 konnte sie uraufgeführt werden. Die Aufführungen davor fanden ohne Musik statt.
Bereits die berühmten Anfangstakte der Ouvertüre in f-Moll strotzen nur so vor dramatischer Entschlossenheit und Pathos: Auf ein schicksalhaftes Unisono-F, das mit Fermate ausgehalten wird, folgen rhythmisch akzentuiert die Akkorde f-Moll, Es-Dur und As-Dur. Die Ausgangstonart f-Moll moduliert im Verlauf dieser kurzen Akkordfolge nach AsDur; ein »per aspera ad astra« im Miniaturformat, das sich auch als symbolische Parallele zu Egmonts Schicksal deuten lässt. In der folgenden Ouver türe wird diese Entwicklung von Dunkel nach Hell auch im Großen nochmals vollzogen: Ein treibendes Allegro in f-Moll führt – unterbrochen durch mehrere ruhige, pastorale Passagen – in ein triumphales Finale in FDur, das die »Siegessymphonie« vom Schluss des Dramas vorwegnimmt.
»per aspera ad astra« »Durch Mühsal kommt man zu den Sternen« (Seneca); bezeichnet in der Musik einen dramaturgischen Bogen vom ›Dunklen‹ ins ›Helle‹.
Obwohl Beethoven Goethe verehrte, stand er während der Komposition der Schauspielmusik zu Egmont nicht mit dem Schriftsteller in Kontakt. Erst im Juli 1812 begegneten die beiden einander im böhmischen Bad Teplitz, während Napoleon mit seiner Armee gerade in Richtung Moskau vorrückte. Über dieses Treffen schrieb Goethe am 19. August an seine Partnerin Christiane Vulpius: »Zusammengefaßter, energischer, inniger habe ich noch keinen Künstler gesehen. Ich begreife recht gut, wie er gegen die Welt wunderlich stehn muß.« Gegenüber seinem Freund Carl Friedrich Zelter war er noch offener: »Sein Talent hat mich in Erstaunen gesetzt; allein er ist leider eine ganz ungebändigte Persönlichkeit, die zwar gar nicht Unrecht hat, wenn sie die Welt detestabel findet, aber sie freylich dadurch weder für sich noch für andere genußreicher macht. Sehr zu entschuldigen ist er hingegen und sehr zu bedauern, da ihn sein Gehör verläßt, das vielleicht dem musicalischen Theil seines Wesens weniger
Pjotr Iljitsch Tschaikowski // Konzert für Violine und Orchester D-Dur
»sie Werden Nächstens Die Musik zu Egmont von Leipzig
Durch Breitkopf und Hertel erhalten, diesen Herrlichen Egmont, den ich, indem ich ihn eben so warm als ich ihn gelesen, wieder durch sie gedacht, gefühlt, und in Musick gegeben habe – ich wünsche sehr ihr Urtheil darüber zu wißen, auch der Tadel wird nur für mich und meine Kunst ersprießlich seyn, und so gern wie das gröste Lob aufgenommen werden.«
Ludwig van Beethoven an Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 12. April 1811
Pjotr Iljitsch Tschaikowski //
als dem geselligen schadet. Er, der ohnehin laconischer Natur ist, wird es nun doppelt durch diesen Mangel.« Beethoven schickte Goethe 1811 die Partitur seiner Schauspielmusik zu Egmont zu. Die Musik wurde allerdings erst drei Jahre später während einer Egmont-Vorstellung in Weimar aufgeführt. Goethe wusste die Musik offenbar zu schätzen: »Beethoven ist mit bewundernswertem Genie in meine Intention eingegangen«, bemerkte er gegenüber seinem Freund und Dichterkollegen Friedrich Christoph Förster im Jahr 1821.
Konzert für Violine und Orchester D-Dur
Im Frühjahr 1878 verschlug es Pjotr Iljitsch Tschaikowski für einige Wochen ins schweizerische Clarens am Genfersee. Hier schöpfte der Komponist nach einem schweren Nervenzusammenbruch neue Kraft. Er hatte ein schweres Jahr hinter sich: Anfang 1877 traf er erstmals die reiche Industriellenwitwe Nadeschda von Meck, die seine wichtigste Mäzenin werden sollte. Mit einem ihrer Privatmusiker, dem Violinisten Iosif Kotek, begann Tschaikowski bald eine romantische Affäre. Seine Homosexualität verstand Tschaikowski als naturgegeben. Er lebte sie aus, litt aber zugleich unter der gesellschaftlichen Isolation und der Moskauer Gerüchteküche. Um ein ungewolltes Outing und die damit zwangsläufig einhergehende soziale Ächtung zu vermeiden, ging er auf die Avancen der acht Jahre jüngeren Antonina Iwanowna Miljukowa ein. Aus Mitleid, aber auch auf Drängen seines Vaters ließ sich Tschaikowski schließlich sogar zu einer Hochzeit mit Miljukowa hinreißen – ein Entschluss, den er nur kurze Zeit später bitter bereute. Zwar war im Vorfeld ausgemacht worden, dass
es sich um eine rein platonische Ehe handeln sollte, aber auch für diese Art des geschwisterlichen Zusammenlebens fehlten den frischgebackenen Eheleuten die Gemeinsamkeiten. Schon nach drei Wochen scheiterte die Beziehung und Tschaikowski ergriff die Flucht: Zuerst verschlug es ihn auf das ukrainische Anwesen seiner Schwester, dann nach St. Petersburg, in die Schweiz und nach Italien.
Während seines Aufenthalts am Genfersee, bei dem ihm sein Liebhaber Iosif Kotek Gesellschaft leistete, kam Tschaikowski wieder zu Kräften. Gemeinsam mit Kotek spielte er sich durch das zeitgenössische Geigenrepertoire, darunter auch die Symphonie espagnole des französischen Komponisten Édouard Lalo, die Tschaikowski schließlich zur Komposition seines ersten und einzigen Violinkonzerts inspirierte. Mit Unterstützung von Kotek vollendete er die Komposition in einer intensiven Schaffensperiode von nur drei Wochen. In Briefen an seine Mäzenin Nadeschda von Meck betonte Tschaikowski immer wieder, wie leicht ihm die kompositorische Arbeit diesmal von der Hand ging –von Schaffenskrise keine Spur. Beim ersten gemeinsamen Musizieren der neuen Komposition mit Kotek war Tschaikowski allerdings unzu-
Iosif Kotek und Pjotr Iljitsch Tschaikowski, 1877
»Ich bin so verliebt, wie ich es lange nicht war… ich kenne ihn schon seit sechs Jahren. Ich habe ihn immer gemocht und war einige Male dabei, mich zu verlieben. […] Jetzt habe ich den Sprung gemacht und mich unwiderruflich ergeben. Wenn ich stundenlang seine Hand halte und mich quäle, ihm nicht zu Füßen zu fallen […] ergreift mich die Leidenschaft mit übermächtiger Wucht, meine Stimme zittert wie die eines Jünglings und ich rede nur noch Unsinn.«
Pjotr Iljitsch Tschaikowski an seinen Bruder Modest, Brief vom 31. Januar 1877
Pjotr Iljitsch Tschaikowski // Konzert für Violine und Orchester D-Dur
frieden mit dem langsamen zweiten Satz und beschloss, ihn durch eine neukomponierte Canzonetta zu ersetzen, die seiner Meinung nach besser in das Gesamtgefüge des Konzerts passte. Die erste Fassung des zweiten Satzes benannte er um in Méditation und ergänzte sie um zwei weitere Kompositionen für Violine zum Zyklus Souvenir d'un lieu cher (Erinnerung an einen lieben Ort). Ohne Zweifel setzte Tschaikowski mit diesen Kompositionen der trauten Zweisamkeit in Clarens ein musikalisches Denkmal – und schuf zugleich ein modernes Solokonzert, das höchste technische Anforderungen an den:die Solist:in stellt.
Sonatenhauptsatzform dreiteiliger Aufbau (Exposition – Durchführung – Reprise) eines ersten oder letzten Satzes einer Sonate, einer Symphonie oder eines Solokonzerts
Wie schon in Tschaikowskis 1. Klavierkonzert beginnt die Komposition mit einer eingängigen Melodie, die im weiteren Verlauf des Werks nicht wieder auftaucht. Nach einer ersten, sich aus dem Pianissimo aufbauenden Steigerung im Orchester, in der bereits das Sechzehntelmotiv aus dem eigentlichen Hauptthema vorweggenommen wird, setzt bald im Moderato assai die Solovioline mit dem Thema des Kopfsatzes in warmem D-Dur ein. Im Verlauf des ersten Satzes erscheint dieses Hauptthema in unterschiedlichster Instrumentierung und verschiedenen Abwandelungen: im triumphalen Orchestertutti, in Doppelgriffen der Solovioline, in hoher oder tiefer Lage. Der erste Satz ist in Sonatenhauptsatzform konzipiert, Tschaikowski geht allerdings sehr frei mit der Form um. Bereits auf die Durchführung folgt eine fulminante Kadenz der Sologeige, in der alle klanglichen Register gezogen werden und sich jedes thematische Relikt in Zweiunddreißigstelläufe, chromatische Abwärtsbewegungen in Doppelgriffen und rhythmische Umspielungen auflöst. Ein Flötensolo läutet nach diesen virtuosen Höhenflügen die Reprise ein. Der erste Satz endet mit einer rasanten Schlussgruppe in DDur. Zu den Eskapaden des ersten Satzes bildet die Canzonetta einen Gegenpol. Der intime Walzer in g-Moll wird von der Sologeige durchgehend mit Dämpfer gespielt. »Wie viel Poesie und welche Sehnsucht in diesen Sons voilés, den geheimnisvollen Tönen«, schrieb Tschaikowski über diesen Satz an Nadeschda von Meck. Ein Dialog aus Holzbläsern und Geige entspinnt sich in einem permanenten Geben und Nehmen, zerfasert und verliert sich im Nichts. Hier schließt sich nahtlos der dritte und letzte Satz an, ein feuriges Rondo, in dem rasant-virtuose und melancholische Passagen Hand in Hand gehen.
Antonín Dvořák // Symphonie Nr. 7 d-Moll
Kurz vor Entstehung der 7. Symphonie befand sich Antonín Dvořák im Jahr 1884 an einem Wendepunkt seiner Karriere. Der Sohn eines böhmischen Metzgers hatte sich in Prag bereits mit Vokalmusik in tschechischer Sprache einen Namen gemacht und mit seinen Slawischen Tänzen auch im Ausland erste Erfolge gefeiert. Zu Beginn der 1880erJahre erhielt er daher aus Dresden und Wien lukrative Angebote für die Komposition einer deutschsprachigen Oper, die ihn allerdings in ein Dilemma stürzten: Einerseits strebte Dvořák nach internationaler Anerkennung, andererseits sah er sich zugleich seiner Heimat und der tschechischen Nationalbewegung verpflichtet. Böhmen wurde im 19. Jahrhundert als Teil des österreichischen Kaiserreichs von Wien aus regiert, die tschechische Sprache unterdrückt. Erst eine Sprachverordnung aus dem Jahr 1880 bestimmte auch das Tschechische zur Amtssprache. Dvořák widerstrebte es deshalb, die deutsche Sprache zu vertonen. Zugleich litt seine Rezeption im deutschsprachigen Raum unter dem klaren Bekenntnis zu seiner Herkunft. So kam die geplante Uraufführung seiner 6. Symphonie im Dezember 1880 in Wien nicht zustande, da dort die Meinung vorherrschte, es gehöre sich in diesem angespannten politischen Klima nicht, zu viele Werke eines Tschechen aufs Programm zu setzen.
In dieser Umbruchszeit unternahm Dvořák, begleitet von heftigen Selbstzweifeln, mehrere Reisen nach London und Worcester. England wurde für ihn zu einem Zufluchtsort, an dem er – weit weg von allen politischen Querelen des Kontinents – auch mit tschechischen Sujets reüssieren konnte. Im Jahr 1884 erhielt er gleich zwei Kompositionsaufträge aus England: Für das Birmingham Festival sollte er eine weltliche Kantate komponieren; die Londoner Philharmonic Society nahm Dvořák als Ehrenmitglied auf und beauftragte ihn im selben Zug mit der Komposition einer neuen Symphonie. Den nötigen Funken Inspiration lieferte allerdings das Werk eines guten Freundes: Die 3. Symphonie von Johannes Brahms, die 1883 in Wien uraufgeführt worden war, hatte auf Dvořák großen Eindruck gemacht, vor allem ihr dramatischer Ernst hatte es ihm angetan. Die beiden Komponisten verband eine enge Freundschaft, seitdem Brahms 1877 begonnen hatte, sich als Förderer für Dvořák einzusetzen.
Im Dezember 1884 begann Dvořák schließlich mit der Kompositionsarbeit an der 7. Symphonie. Seinem Freund, dem tschechischen Richter und enthusiastischen Amateurmusiker Antonín Rus, schrieb er: »Ich beschäftige mich zur Zeit mit einer neuen Symphonie (für London), und überall denke ich an nichts anderes als mein neues Werk, das die Kraft haben muss, die ganze Welt zu bewegen, und Gott gebe, dass es so wird!«
Dvořáks Erwartungen an sein neues Werk waren folglich hoch. Das spie
Antonín Dvořák // Symphonie Nr. 7 d-Moll
gelt sich auch in den Skizzen der Komposition wider: Insgesamt dreimal nahm Dvořák Anlauf, um den Anfang der Symphonie zu schreiben. Offensichtlich hatte er keinen vorgefertigten Plan im Kopf, als er mit dem Komponieren begann. Vielmehr arbeitete er nach dem Prinzip »Trial and Error«. Hatte es ihn in eine kompositorische Sackgasse verschlagen, ging er einen Schritt zurück und versuchte sich erneut an der Passage. Bei künstlerischen Richtungsentscheidungen verließ er sich so einerseits auf seinen musikalischen Instinkt, andererseits auf sein kritisches Auge.
Dvořák schuf auf diese Weise eine seiner emotional intensivsten und düstersten Symphonien, wie schon zu Beginn des ersten Satzes deutlich wird. Aus dem dunklen Timbre von Kontrabässen, Pauken und Hörnern schält sich im Pianissimo das Hauptthema heraus, das von Bratschen und Celli an die Klarinetten weitergegeben wird. Nach einer aufbrausenden ersten Steigerung des Orchesters ändert sich abrupt die Szenerie: Zwischen Horn und Oboe entspinnt sich jetzt ein pastoraler Dialog in B-Dur. Schon bald bricht allerdings erneut das Hauptthema im Orchestertutti über die Soloinstrumente herein. Dass Dvořák zu diesem stürmischen Thema von einer Dampflokomotive inspiriert wurde, wie er handschriftlich in der Partitur vermerkte, fällt nicht schwer zu glauben. In dieser Randnotiz versteckt sich allerdings auch eine politische Botschaft: Nicht irgendeine Lok hatte Dvořák inspiriert, sondern die Ankunft mehrerer Hundert Ungar:innen und ungarischer Tschech:innen per Dampflok am Prager Bahnhof 1884. Während des ungarischen Besuchs in Prag, der eher politischer als kultureller Natur war, fanden zugleich nationalistische Kundgebungen statt. Der Kopfsatz entwickelt sich so als ein Kräftemessen der Extreme: Ruhige, ländliche Szenen wechseln sich ab mit dramatisch aufbrausenden Passagen, die mal kämpferisch, mal fatalistisch anmuten. Das optimistische zweite Thema gerät dabei immer mehr in die Fänge des ersten Themas. Schließlich endet der erste Satz so, wie er begonnen hat: in einem düsteren Pianissimo.
Der zweite Satz bildet einen Gegenpol zum hochdramatischen Auf und Ab des Kopfsatzes, allerdings kaum als sorglose Klangidylle. Der innere Konflikt ist auch hier unterschwellig präsent. Nach der Uraufführung kürzte Dvořák den Satz um ganze 40 Takte. An seinen Verleger Fritz Simrock schrieb er daraufhin: »Ich bin jetzt davon überzeugt, dass es
Antonín Dvořák
keine einzige überflüssige Note in der gesamten Komposition mehr gibt.«
Tatsächlich besitzt die 7. Symphonie bei aller Ausdrucksstärke zugleich eine innere Geschlossenheit, die das Werk in die Nähe von Brahms’ und Beethovens Kompositionen rücken lässt. Slawische Melodien, mit denen
Dvořák zuvor berühmt geworden war, kommen nicht vor. Nichtsdestotrotz erinnert der dritte Satz an Dvořáks musikalische Herkunft. Das Scherzo ist in A–B–A-Form angelegt und kommt zunächst tänzerisch daher. Jegliche Leichtigkeit bleibt allerdings bald auf der Strecke, wie ein Teufelstanz bricht sich das Hauptthema Bahn. Erst im Trio kehrt Ruhe ein, aber die ist nicht von langer Dauer – bald schon kommt das markante Scherzothema zurück. Das Finale beginnt mit einem Thema in den Violoncelli, das sich mit einem Oktavsprung drohend aufbäumt. Die Spannung aus dem ersten Satz kommt hier zu ihrem Höhepunkt und schlägt schließlich ins Positive um. Mit einer triumphierenden Coda endet die Symphonie in selbstbewusster Entschlossenheit.
Dvořák vollendete seine 7. Symphonie am 17. März 1885. Nur einen Monat später dirigierte er selbst die Uraufführung in der Londoner St. James’s Hall, während seines dritten Aufenthaltes in England. Das Werk wurde mit Enthusiasmus aufgenommen: Alle großen englischen Zeitungen druckten ausführliche Besprechungen ab, in denen sich die Rezensent:innen vor Lob überschlugen. Als »Löwe der heurigen Musiksaison« sei er gefeiert worden, schrieb Dvořák an seinen Freund Václav Juda Novotný. Auch in seiner tschechischen Heimat stieß die Symphonie auf Begeisterung –ihr kämpferischer Gestus wurde als ›Soundtrack‹ der tschechischen Nationalbewegung verstanden. Dvořák hatte so zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Seine Komposition resonierte sowohl innerhalb als auch außerhalb Tschechiens mit dem Publikum. Nur in Wien stieß die Symphonie zunächst auf keine allzu große Gegenliebe …
Paula Schlüter
Sa, 13. Sep 2025, 19:30
Daniele Gatti und die Sächsische Staatskapelle Dresden bringen Gustav Mahlers 5. Symphonie und Tōru Takemitsus Requiem für Streichorchester ins Brucknerhaus Linz.
Do, 18. Sep 2025, 19:30
Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien und Saxofonistin Asya Fateyeva präsentieren unter der Leitung von Mei-Ann Chen Werke von Erich Wolfgang Korngold, Péter Eötvös und John Williams.
So, 28. Sep 2025, 18:00
Ivor Bolton und das TonkünstlerOrchester Niederösterreich bringen eine vollendete Rekonstruktion von Bruckners 9. Symphonie in ihrer ganzen Farbenpracht zum Klingen.
So, 5. Okt 2025, 18:00
Das wohl berühmteste Streicherensemble der Welt interpretiert neben Anton Bruckners »Locus iste« Werke von Heitor Villa-Lobos, Gabriel Fauré und George Gershwin, Filmmusik und mitreißenden Tango. Die 12 Cellisten der
Violine
Ray Chen hat als Geiger das Bild des klassischen Musikers im 21. Jahrhundert neu definiert. Mit seiner starken medialen Präsenz inspiriert er verstärkt auch junges Publikum und erreicht Millionen von Zuhörer:innen und Follower:innen weltweit. Seit er 2008 den 1. Preis beim Yehudi-Menuhin-Wettbewerb und 2009 beim Concours Reine Elisabeth gewann, erlangte er internationale Anerkennung. Er spielt mit den weltweit führenden Orchestern, darunter das London Philharmonic Orchestra, die New York Philharmonic, das Gewandhausorchester Leipzig und das Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia in Rom. Dabei arbeitet er mit Dirigenten wie Riccardo Chailly, Daniele Gatti, Manfred Honeck und Kirill Petrenko zusammen.
2017 unterzeichnete Ray Chen einen Vertrag bei Decca Classics und nahm sein erstes Album mit dem London Philharmonic Orchestra auf. Dies setzte seinen Erfolg fort, nachdem er bereits drei Alben bei SONY veröffentlicht hatte, darunter Virtuoso, das mit einem Echo Klassik prämiert wurde. Seither tritt er bei großen Medienevents wie am französischen Nationalfeiertag, anlässlich der Nobelpreisverleihung in Stockholm und bei den BBC Proms auf.
Kürzlich gründete Ray Chen das Start-up Tonic, das darauf abzielt, Musiker:innen und Lernende weltweit zum gemeinsamen Üben zu motivieren. Mit seiner Serie selbstproduzierter Videos, die Comedy, Bildung und Musik miteinander verbinden, inspiriert er die jüngere Generation von Musikschüler:innen. Seine Online-Promotions führen regelmäßig zu ausverkauften Auftritten und ziehen eine völlig neue Zielgruppe in die Konzertsäle.
Ray Chen wurde in Taiwan geboren und ist in Australien aufgewachsen. Bereits im Alter von 15 Jahren wurde er am Curtis Institute of Music aufgenommen. Er spielt die Stradivari »Dolphin« von 1714, eine Leihgabe der Nippon Music Foundation. Dieses Instrument gehörte einst dem berühmten Geiger Jascha Heifetz.
Das 1935 als Orchestra della Radio Svizzera Italiana gegründete Orchestra della Svizzera italiana (OSI) feiert in diesem Jahr sein 90-jähriges Bestehen und setzt seinen Erfolgsweg unter der Leitung von Markus Poschner –Chefdirigent seit 2015 – fort. Das Residenzorchester des LAC Lugano Arte e Cultura in Lugano wird von Publikum und Kritik auch auf den Konzertbühnen Europas begeistert gefeiert: vom Wiener Musikverein bis zur Philharmonie in Berlin, vom Großen Festspielhaus in Salzburg bis zur Kölner Philharmonie, von der Oper Frankfurt bis zum Prinzregententheater in München. Seit 2022 ist Krzysztof Urbański – als Nachfolger von Vladimir Ashkenazy – Hauptgastdirigent des OSI. Das Orchester arbeitet mit renommierten Dirigent:innen und Solist:innen zusammen. Dazu gehören die Pianistin Martha Argerich und die Cellistin Sol Gabetta. Für seine Einspielungen hat das OSI zwei ICMA Awards erhalten (2018 und 2025).
Dirigentin
Tabita Berglund ist eine der gefragtesten jungen Dirigent:innen unserer Zeit. In dieser Saison beginnt sie ihre Amtszeit als Erste Gastdirigentin des Detroit Symphony Orchestra und ab 2025/26 hat sie denselben Titel bei der Dresdner Philharmonie inne. Zu den Höhepunkten der Saison gehören unter anderem ihre Debüts beim Houston Symphony Orchestra, beim Gürzenich Orchester Köln, beim Tokyo Metropolitan Symphony Orchestra sowie bei den Salzburger Osterfestspielen zusammen mit dem Mozarteum Orchester Salzburg. Tabita Berglund studierte zunächst Cello und später Orchesterleitung an der norwegischen Musikakademie. Ihre Debüt-CD mit den Osloer Philharmonikern und der Geigerin Sonoko Miriam Welde wurde 2021 veröffentlicht und für den SpellemannPreis (»norwegischer Grammy«) nominiert. Zum Saisonsende 2023/24 beendete sie ihre Amtszeit als Erste Gastdirigentin des Kristiansand Symphony Orchestra.
Hol dir dein Ticket zum unschlagbaren Preis von nur Veranstaltungen im Großen Saal) bzw. im Mittleren Saal). Egal ob du Schüler:in, Lehrling, Student:in, Grundwehrdiener:in, Zivildiener (bis 27 Jahre) oder Ö1 intro-
Mitglied bist – dieses Angebot ist speziell für dich!
Und wenn du noch mehr Spaß haben möchtest, sichere dir das Junge Abo mit exklusiven Vorteilen.
Tauche ein in aufregende Klangwelten und lass dich von den beeindruckenden Darbietungen fesseln. Komm ins Brucknerhaus Linz und erlebe Konzerte, die dich begeistern werden!
** ausgenommen
Gastveranstaltungen, Kinder- und Jugendveranstaltungen, Kooperationen, Veranstaltungen mit Catering, Konzerte der Reihe ShowTime sowie von der Geschäftsführung ausgewählte Konzerte
Karten und Infos: +43 (0) 732 77 52 30 | brucknerhaus.at
Mit freundlicher Unterstützung der
Impressum
Herausgeberin
Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH, Brucknerhaus Linz, Untere Donaulände 7, 4010 Linz
Redaktion
Paula Schlüter, MA
Biografien & Lektorat
Romana Gillesberger
Gestaltung
Anett Lysann Kraml, Lukas Eckerstorfer
Abbildungen
K. Kikkas (S. 2), gemeinfrei (S. 6, 9 & 12), Decca Records 2024 (S. 17), Orchestra della Svizzera italiana/K. Kikkas (S. 18), N. Lund (S. 19)
Programm-, Termin- und Besetzungsänderungen vorbehalten
LIVA – Ein Mitglied der Unternehmensgruppe Stadt Linz
Wir danken für Ihren Besuch und wünschen Ihnen ein schönes Konzert!
Werke von Brahms, Debussy, Skrjabin und Wagner/Liszt
19.März 2025 · 19:30 Uhr
VERANSTALTUNGSORT UND KARTEN
Brucknerhaus Linz · Untere Donaulände 7 · 4010 Linz +43 (0) 732 77 52 30 · kassa@liva.linz.at
C.Bechstein Centrum Linz / Klaviersalon Merta GmbH
Bethlehemstraße 24 · A-4020 Linz · +43 (0) 732 77 80 05 20
linz@bechstein.de · bechstein-linz.de