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Luigi Frigerio – das Gesicht der Bündner Forstbranche

Luigi Frigerio – das Gesicht der Bündner Forstbranche

Luigi Frigerio arbeitet seit 20 Jahren beim Forstbetrieb Celerina als Vorarbeiter. Seit diesem Jahr hat er seinen Posten als Vorarbeiter geräumt, damit ein jüngerer Kollege die Chance erhält, sich beruflich weiterzuentwickeln. Seit 39 Jahren ist Luigi beim WVS als Instruktor oder Kursleiter tätig. Die meisten Forstwarte im Kanton kennen und schätzen ihn sehr. Er ist das Gesicht der Bündner Forstbranche.

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Interview mit Mario Lucchinetti

Würdest du nochmals denselben Berufsweg einschlagen, wenn du heute vor der Berufswahl stündest?

Auf jedenfalls würde ich denselben Berufsweg nochmals einschlagen. Der Forstwartberuf ist meiner Meinung nach der schönste Beruf über - haupt.

Du bist seit jeher im Forst tätig, während deiner beruflichen Laufbahn hat sich einiges bei der Waldarbeit verändert. Was zeichnet unsere Branche aus? Was macht die Tätigkeit im Wald besonders attraktiv, was schreckt hingegen junge Leute ab, diesen Beruf zu erlernen?

Seit meiner Anfangszeit 1976 hat sich einiges verändert, bestimmt nicht nur zum Nachteil, auch zum Vorteil. Unsere Branche ist für die Erfüllung von vielen gesellschaftlichen Ansprüchen des Waldes von hoher Bedeutung. Durch den Einsatz des Forstdienstes im Wald wird das Ökosystem gepfegt, es wird ein Rohstoff geerntet und man sorgt dafür, dass sämtliche gesellschaftlichen Interessen am Wald gewahrt werden. Es ist eine abwechslungsreiche Tätigkeit für Allrounder, die eine hohe Selbstständigkeit verlangt, viel Eigeninitiative und Improvisationstalent benötigt, für Leute eben, die gerne in der Natur arbeiten. Diese Punkte machen den Forstwartberuf besonders attraktiv. Abschreckend ist sicherlich die körperlich äusserst anstrengende Arbeit, wo man das ganze Jahr jeder Wetterlage ausgesetzt ist und am Abend halt dreckig von der Arbeit nach Hause geht.

Wenn du dich an deine Anfangszeit im Wald erinnerst, was lief früher anders im Wald und was ist heute besser?

Früher war die Arbeit im Wald körperlich viel anstrengender, viele Arbeitsschritte mussten in Handarbeit erledigt werden. Der Mechanisierungsgrad hat sich deutlich gesteigert. Heute sind die meisten Betriebe mit guten Maschinen ausgestattet und verfügen über einen gut eingerichteten Werkhof. Dadurch hat sich für den Forstwart die Arbeitssicherheit und die Ergonomie deutlich erhöht.

Als langjähriger Instruktor hast du stets Kontakt zu unseren Lernenden. Inwiefern haben sich die Ausbildung und die Bedürfnisse der Lernenden im Laufe der Jahre verändert?

Die Tätigkeit als Kursinstruktor und die Arbeit mit angehenden Berufsleuten ist für Luigi mehr Berufung

als Beruf. (Bild: zVg)

Die früheren Generationen an Lernenden brachten schon gewisse Handfertigkeiten in die Lehre mit, da sie oft zu Hause mithalfen. Die heutigen Lernenden brauchen eben für diese Handfertigkeit mehr Betreuung, damit sie lernen, die Werkzeuge korrekt zu nutzen und sich bei der Arbeit ergonomisch richtig zu verhalten. Das Ausbildungswesen wurde stark digitalisiert, anstatt handwerkliche Fähigkeiten zu fördern, hat man den Schwerpunkt vermehrt auf die theoretische Ausbildung gesetzt.

Wie sollte sich unsere Branche entwickeln, damit diese für unseren Nachwuchs attraktiv bleibt? Was müssen wir als Forst - branche dafür unternehmen, damit wir die Lehrabgänger motivieren können, wei - terhin im Wald tätig zu sein?

Die Forstwartlehre sollte meiner Meinung nach auf vier Jahre verlängert werden. Die Ansprüche auf das Berufsbild sind wesentlich gestiegen. Teilweise bildet man die Lernenden am Markt vorbei aus. Beispielsweise wurde die Steigerung der Mechanisierung in der Ausbildung kaum berücksichtigt. Die zusätzliche Ausbildungszeit könnte vor allem dafür genutzt werden, dass die Lernenden sämtliche Arbeitsverfahren kennenlernen oder sogar lernen, einige Fahrzeuge zu bedienen. Aber auch die Ansprüche der Gesellschaft haben deutlich zugenommen. Es braucht heute mehr ökologische Grundkenntnisse, um die Aufgaben im Arbeitsbereich der Biodiversität zu erfüllen. Wichtig wäre eben der Austausch von Lernenden zwischen den Betrieben. Hierfür müssten zwingend auch die Forstunternehmer mit einbezogen werden, da diese mit einem viel höheren Mechanisierungsgrad arbeiten als die öffentlichen Forstbetriebe. Auch das Qualifkationsverfahren müsste zwingend an den heutigen Stand der Technik angepasst werden. Dadurch könnte man die Grundausbildung wesentlich verbessern und mehr Perspektiven für die jungen Berufsleute schaffen.

Wald, Holz und Natur, dort fühlt sich Luigi wohl.

(Bild: zVg)

Ein nationaler Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für die Forstbranche wurde vorerst auf Eis gelegt. Eventuell wird man versuchen, eine Bündner Lösung voranzutreiben, wie stehst du dazu?

Ich war sehr traurig, als ich erfuhr, dass die GAV-Verhandlungen auf Schweizer Ebene auf Eis gelegt wurden. Ich bin davon überzeugt, dass wir einen GAV brauchen, um die jungen Berufsleute in der Branche zu halten. Daher würde es mich freuen, wenn die Bündner versuchen, eine eigene Lösung zu entwickeln.

Du bist von Beginn an Mitglied bei Graubünden Wald. Weshalb bist du dem Verein beigetreten, was waren deine Erwartungen?

Das stimmt. Als ich nach Graubünden kam, bin ich dem Verein sofort beigetreten. Vorher war ich Mitglied beim Zürcher Forstpersonalverband. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Branche nur durch gemeinsames Handeln stark bleibt.

Hat sich deiner Ansicht nach der Verein Graubünden Wald bewährt? Welche Anliegen vertritt der Verein gut und wo wünschst du dir einen grösseren Einsatz des Verbands?

Graubünden Wald hat sich auf jeden Fall bewährt. Dank des Vereins wird eine gute Zeitschrift mit vielen interessanten Beiträgen ermöglicht. Wichtig wäre aber, dass im «Bündner Wald» viel mehr die Stimmen, Ansichten und Erfahrungen von verschiedenen Akteure veröffentlicht werden. Der Verein sollte meiner Meinung nach den Erfahrungsaustausch zwischen den Forstleuten fördern. Auch im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit braucht es meiner Meinung nach grösseren Einsatz, damit die Öffentlichkeit auch versteht, was alles durch die Forstbranche geleistet wird. Die Ansprüche von verschiedener Seite an den Wald haben zugenommen. Hierfür brauchen wir einen starken Verband, damit die Ansprüche des Forstpersonals nicht auf der Strecke bleiben.

Was muss Graubünden Wald unternehmen, um die Anliegen der Waldarbeiter und Forstwarte angemessen zu vertreten?

Die Erarbeitung eines Bündner GAV muss vorangetrieben werden. Das wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Auch im Bereich der Aus- und Weiterbildung ist der Einsatz des Verbands zwingend nötig. Ich würde mir eine Feierabendveranstaltung in jeder Region wünschen, wo man sich treffen und Erfahrungen zwischen den Berufsleuten bei Cervelat und Bier austauschen kann.

Das forstliche Handwerk ist für Luigi nicht nur Arbeit, sondern schon fast eine Passion. (Bild: zVg)

Warum sollte ein junger Forstwart dem Verein beitreten? Welchen Mehrwert kann eine Mitgliedschaft bringen?

Er kann nur davon proftieren. Der Gedankenaustausch zwischen den Betrieben ist besonders wichtig und öffnet den Horizont. Der Verein unterstützt uns bei berufichen Fragestellungen und Problemen. Der Verein vertritt öffentlich die Wahrnehmung der Branche und setzt sich für unsere Interessen und die des Waldes aktiv ein. Das Schweizer Forstorgan ist im Ausland hoch angesehen, damit dies auch in Zukunft so bleibt, braucht es Berufsverbände, die sich für eine Weiterentwicklung der Branche einsetzen.

Herzlichen Dank für das Gespräch. Wir wünschen dir unfallfreie Arbeit und viel Zufriedenheit.

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