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Die Wege des Rundholzes im Wandel der Zeit
Im Laufe der Zeit haben sich die Wege des Rundholzes, aber auch der Bedarf an Rundholz und vor allem der Wert des Rundholzes stark verändert. Dies trifft für alle Talschaften in Graubünden zu. Dieser Artikel beschränkt sich jedoch auf das Unterengadin.
C. D. Janett
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In den vergangenen Jahrhunderten und bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden grosse Holzmengen aus dem Unterengadin ins benachbarte Österreich für den Betrieb der Salzbergwerke in Hall i. T. auf dem Wasserweg getriftet. Hier ein kleiner Auszug aus der Dissertation «Zur Geschichte der Waldnutzung im Gebiet des heutigen Schweizerischen Nationalparks» von J. D. Parolini: Die meisten Holzlieferungen an die Saline Hall und an weitere Holzkonsumenten im Tirol kamen aus den waldreichen Gemeinden Tschlin und Zernez, gefolgt von Ramosch und Sent. Aber auch aus den Gemeinden
Rundholzpolter bereit für den Export.
(Bild: Cla Duri Janett)
Rundholzplatz Troger Holz.
(Bild: Troger Holz)
Scuol, Ardez, Lavin und Susch wurde mehrmals Holz ins Tirol getriftet. Auch aus Tarasp wurde zeitweise Holz ins Tirol exportiert. Es hatte aber eine Sonderstellung, da es bis 1803 österreichisch war (…). Erst nach 1835 wurden erste Massnahmen zur Eindämmung der Kahlschlagwirtschaft seitens des Kantons Graubünden wirksam. Nach der Einschränkung der Trift und dem Aufbau geregelter Waldnutzungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Holzschläge zusehends ab. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde nur noch vereinzelt Rundholz ins Tirol getriftet. Im 20. Jahrhundert wurde das Rundholz vor allem in den verschiedenen in der Region entstandenen Sägereien eingeschnitten und regional verwendet. Mit dem Bau der RhB (Rhätische Bahn) – Linien Samedan–Scuol und Samedan–Tirano – wurde allerdings ermöglicht, Rundholz aus dem Engadin ins Veltlin zu exportieren. Dies geschieht auch heute noch nebst dem Rundholzexport per LKW über den Bernina- oder Malojapass nach Oberitalien. Der Export von Rundholz ins benachbarte Tirol und Südtirol wurde lange Zeit eher vernachlässigt, obwohl es von der geografischen Lage her eigentlich prädestiniert gewesen wäre, wie bereits zur Zeit der grossen Kahlschläge für die Salzbergwerke in Hall. Prädestiniert deshalb, weil der Transport ins Tirol dem Lauf des Inntals folgt und im Gegensatz zum Transport über den Berninapass mit 2300 m ü. M. keine topografischen Hindernisse zu überwinden hat. Erst mit dem Bau und Betrieb der Grosssägewerke (und heutigen Holzindustrien) Pfeifer in Kundl und
Binderholz in Fügen sowie Troger Holz in Vomp und weitere – gegen Ende des 20. Jahrhunderts – wurde der Export von Rundholz aus dem Engadin, vor allem aus dem Unterengadin ins benachbarte Tirol, wieder interessant. Aktuell werden die Rundholzexporte ins Veltlin und nach Oberitalien entweder mit der RhB oder per LKW durch italienische Transporteure ausgeführt. Die Rundholzexporte ins benachbarte Tirol und Südtirol werden aber mehrheitlich durch einheimische Forstunternehmer und Transporteure ausgeführt, was natürlich auch die Wertschöpfung des exportierten Rundholzes erhöht. Es wird vor allem Fichten und Föhrenrundholz exportiert. Das Lärchen und Arvenrundholz wird mehrheitlich in den Sägereien im Engadin eingeschnitten. Ein kurzer Blick über die Grenze zeigt die Unterschiede in der Bedeutung der Holzwirtschaft in Tirol oder allgemein in Österreich gegenüber Graubünden beziehungsweise der Schweiz: Die drei bereits erwähnten Holzindustrien (Pfeifer, Binder, Troger) im benachbarten Tirol hatten 2019 gemeinsam einen Jahreseinschnitt von über 2 Millionen fm. Im Vergleich dazu war der gesamte Rundholzeinschnitt in der gesamten Schweiz 2019 laut BFS knapp 1,9 Millionen fm (Gesamteinschnitt Österreich 2020 ca. 15,7 Millionen fm). In Südtirol beträgt der Jahreseinschnitt rund 600 000 fm, gegenüber einem Jahreseinschnitt von rund 50 000 fm im ganzen Kanton Graubünden. In naher Zukunft wird sich an diesen Verhältnissen nichts Wesentliches ändern, auch wenn es natürlich wünschenswert wäre, wenn mehr Rundholz in der Region weiterverarbeitet würde. Auch im Engadin steigt der Bedarf an Holzprodukten und Halbfabrikaten aus Holz für den boomenden Holzbau und dem allgemeinen positiven Trend zu Holzprodukten. Dabei fällt auf, dass die dazu benötigten Schnittwaren und Halbfabrikate dann wiederum mehrheitlich aus dem benachbarten Tirol importiert werden. Somit schliesst sich der Kreis des Rundholzweges zumindest zu einem Teil wieder. Wenn man in einer Grenzregion wie dem Unterengadin wirtschaftlich erfolgreich sein will, muss man mit den Nachteilen einer solchen geografischen Lage umzugehen wissen und gleichzeitig aber sich auch nicht scheuen, die Vorteile einer Grenzregion zu nutzen.
Bereit für den Export im Dreiländereck.
(Bild: Cla Duri Janett)