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Baumwipfelpfad «Senda dil Dragun» Laax

In Laax entsteht mit einer Länge von 1,56 km der längste Baumwipfelpfad in Europa. Über zwei Einstiegstürme führt der Steg in luftiger Höhe durch den Wald und verbindet die beiden Dorfteile Murschetg und Laax-Dimplaun miteinander. Der Baumwipfelpfad fügt sich optisch harmonisch in die Landschaft ein und wird den Besuchern neue Perspektiven und Einblicke im Wald und in der Landschaft bieten.

M. Cavigelli

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Projektidee

Unter den Namen «Fascinaziun Laax» hat der Gemeindevorstand von Laax im 2017 mehrere Projekte, Ideen und Visionen zusammengestellt, welche die Attraktivität von Laax steigern sollen. Dabei ist auch die Idee für die Realisierung eines Baumwipfelpfads in Siedlungsnähe entstanden. Mit dem Baumwipfelpfad will die Gemeinde ein einzigartiges Angebot schaffen, das Natur und Landschaft Besuchern und Einheimischen auf eine

Visualisierung Ein-/Ausstiegsturm in Murschetg.

(Foto und Visualisierung Hoffmann + Durisch AG)

spezielle Weise näherbringt. Durch die Linienführung von Murschetg nach Laax Dorf können zudem die bestehenden touristischen Angebote der Destination miteinander verbunden und Synergien genutzt werden. Im Dezember 2018 bewilligte die Gemeindeversammlung von Laax einen Baukredit von 7,5 Millionen dafür und ermöglichte so die Realisierung des Baumwipfelpfads.

Mitwirkung Forst

Als Betriebsleiter des Forstreviers Sagogn-Laax wurde ich schon sehr früh bei den ersten Abklärungen und Begehungen im Gelände in das Projekt involviert. Später wurde eine Projektgruppe bestehend aus den verschiedenen Interessensvertretern von Gemeindevorstand, Bauamt, Tourismus, Weisse Arena AG, Forst usw. gebildet. Als Fachspezialisten wurde das Ingenieurbüro CLAR-PLAN GmbH aus Vella und das Architekturbüro Hoffmann und Durisch AG aus Flims beigezogen. In meiner Funktion als zuständiger Revierförster durfte ich zusammen mit dem Bauamt Laax die Koordination und Leitung der Projektgruppe übernehmen. Durch die frühe Integration im Projekt konnte ich die forstlichen Interessen von Anfang an gut einbringen, sodass diese bei der Projektausarbeitung mitberücksichtigt werden konnten. Eines der Hauptanliegen war natürlich für den Bau so viel Holz wie möglich aus unseren eigenen Wäldern zu verwenden. Insgesamt konnten wir rund 1000 m³ Holz aus den Waldungen von Laax und Sagogn dafür liefern.

Konstruktion

Die Herausforderung bei der Planung der Konstruktion war einerseits natürlich die Länge des Pfads und andererseits die stark kupierte Waldtopografie. Dies auch aus dem Grund, weil das Längsgefälle nicht mehr als 6 Prozent betragen durfte, damit der Pfad behindertengerecht begehbar ist. Für den Ein- und Ausstieg zum Pfad sind je ein Turm in Murschetg und Dimplaun Laax Dorf vorgesehen. Die Konstruktion der Türme besteht inwendig aus einen Betonkern mit Liftaufzug. Aussenrum wurde eine filigrane Holzkonstruktion gewählt mit integrierter Aufstiegstreppe. Zur Steigerung der Attraktivität wird im Turm Murschetg eine spiralförmige Rutsche von circa 70 m Länge eingebaut. Der Steg selber besteht aus 130 Brückenelementen mit einer Länge in der Achse von jeweils 12 m. Jedes Element ist auf vier schräggestellten Stützen aus entrindeten Baumstämmen mit einem Durchmesser von circa 20 bis 40 cm abgestellt. Die Stützen sind einzeln auf gebohrten Mikropfahlfundamenten abgestützt. Diese Fundation erlaubte auch eine sehr bodenschonende Ausführung der Bohrarbeiten ohne grössere Erdarbeiten. Die Bohrungen wurden mit einer kleinen auf Rädern mobilen Bohrlafette ausgeführt, welche auch für Lawinenverbauungen eingesetzt wird. Oberflächlich sind nur die Verbindungsprofile aus Rundstahl sichtbar. Der Pfad hat eine Gesamtbreite von 2 m und ist mit einem maximalen Längsgefälle von 6 % behindertengerecht erstellt. Die Höhe ab Terrain variiert vom tiefsten Punkt mit 2 m ab Boden bis zum höchsten

Montierte und fixierte Stützenböcke. (Bild: M. Cavigelli)

Montage der ersten Brückenelemente.

(Bild: M. Cavigelli)

Punkt mit 28 m ab Boden. Wobei über weiten Strecken eine Höhe von 8 bis 10 m erreicht wird. Das Geländer besteht aus einer leichten Stahlkonstruktion mit einem Gitternetz als Absturzsicherung und einem Handlauf aus Holz. Entlang des Pfads wurden vier Plattformen von circa 40 bis 50 m² mit verschiedenen Sitzgelegenheiten angelegt. Auf diesen Plattformen erhalten die Besucher verschiedene Informationen über Landschaft und Natur.

Bauausführung

Mit den Bauarbeiten konnte im Frühsommer 2020 begonnen werden. Dabei wurden in einem ersten Schritt die Fundamente und der Betonkern für die Türme erstellt. Gleichzeitig erfolgten die Rodungsarbeiten für die Schneise für den Pfad. Bei der Planung wurde sehr viel Wert daraufgelegt, die erforderlichen Rodungen möglichst gering zu halten. Sehr herausfordernd und intensiv war die Einmessung für die Bohrungen der Stützenfundamente. Die mussten sehr genau erfolgen, dienten doch diese Koordinaten später auch für die Berechnung der genauen Stützenlänge. Aufgrund der Vielzahl von Bohrungen wurde diese mit zwei Gruppen parallel ausgeführt. Die Bohrungen haben circa eine Tiefe von rund 3,0 m. Im Bohrloch wird eine Eisenstange, welche rund 40 cm aus dem Boden ragt, eingegossen. Darauf werden dann die Stützen mit einem Verbindungsprofil aus Rundstahl abgestützt. Parallel zu diesen Arbeiten wurden die Brücken- und die Stützenelemente vorgefertigt. Die Elemente sind standardisiert auf 12 m lang und 2 m breit und sind alle gleich zusammengebaut. Einzig die Gehrung für die Verbindung zum nächsten Element musste bei jeder Richtungsänderung für jedes Element nach Mass angefertigt werden. Die

Rohbau Betonkern Turm Murschetg. (Bild: M. Cavigelli)

Stützen mussten einzeln auf die genaue Länge zugeschnitten werden und beidseitig für die Verbindungsstücke aus Metall gebohrt werden. Die Bohrungen der Stützen erfolgte mit einem Spezialgerät, das eine genau zentrierte Bohrung in der Stammachse ermöglichte. Danach wurden die zusammengehörenden Stützen zu zweibeinigen Stützenböcken vormontiert. Alle vorgefertigten Elemente und Stützenböcke wurden für die Montage auf Wiesen in der Nähe des Bauwerks zwischengelagert. Die Montage der Teile erfolgte mehrheitlich mit dem Helikopter. Einige konnten auch von der Waldstrasse aus mit einem grossen mobilen Autokran montiert werden. Logistisch und organisatorisch war die Montage mit dem Helikopter sehr anspruchsvoll. Damit die Montagegruppen genügend Zeit hatten, die Stützenböcke mit Abspanngurten zu fixieren, wurde jeweils während der Flüge mit drei Montagegruppen gearbeitet. So konnte der Heli abwechselnd die drei verschiedenen Montageorten anfliegen. Dabei galt es zu achten, dass der richtige Stützenbock auch am richtigen Ort ankam. In mehreren Etappen wurden zuerst die Stützenböcke montiert und danach die Brückenelemente. Bis im Herbst 2020 konnte so der ganze Pfad im Rohbau erstellt werden. In diesem Frühjahr werden noch die Holzkonstruktionen der Türme erstellt, die Geländer fertigmontiert, die ganzen technischen Installationen installiert und verschiedene Umgebungsarbeiten fertiggestellt, sodass der Baumwipfelpfad voraussichtlich im Frühsommer eröffnet werden kann.

Betrieb und Unterhalt

Für den Betrieb des Baumwipfelpfads konnte mit der Weissen Arena AG (WAG) ein starker und erfahrener Partner gewonnen werden. Die WAG übernimmt den ganzen Betrieb der Anlage. Dazu gehören der Betrieb der Kassaautomaten und Zugangssysteme, die Überwachung und Kontrolle während der Betriebszeiten unter Berücksichtigung des Sicherheitskonzepts sowie der allgemeine Unterhalt und die Schneeräumung des Pfads. Der Unterhalt der Konstruktion übernimmt das Revier forestal SagognLaax im Auftrag der Gemeinde Laax. Dazu gehören die regelmässigen Kontrollen und Wartungen der verschiedenen Bestandteile sowie die Festlegung und Reparatur von Mängeln und Schäden. Ebenso gehören die gesamtheitliche Überprüfung der Statik, Kontrolle der Geländer und Sicherheitsnetze sowie die ganzen sicherheitstechnischen Überprüfungen dazu. Im Weiteren ist das Revier forestal SagognLaax auch verantwortlich für die Umgebungssicherheit inkl. Sicherheitsbeurteilung und Pflege des Baumbestands entlang des Pfads.

Maurus Cavigelli, Betriebsleiter des Forstreviers SagognLaax.

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