5 minute read
Die gemeindeeigene Sägerei in S-chanf
A. Schorta, R. Denoth
Eckpunkte
Advertisement
Die gemeindeeigene Sägerei in S-chanf beschäftigt heute im Ganzen fünf Vollzeitangestellte und zwei Saisoniers. Die Sägerei wird von Riet Denoth (angehender Förster HF) und Adrian Schorta (Förster HF/Betriebsleiter Forst und Sägerei) geleitet. Zwischen der Sägerei und dem Forstamt entstehen viele Synergien, die man im Arbeitsalltag sehr gut nutzen kann. Der jährliche Rundholzeinschnitt der Sägerei liegt im Durchschnitt bei 5000 m³ Rundholz pro Jahr. Die Sägerei hat sich auf Nischenprodukte aus Lärchen- und Arvenholz spezialisiert. Mit der eingebauten Blockbandsäge können die speziellsten Wünsche der Kunden erfüllt werden. Wir können Stämme mit einer Länge von 1,5 bis 8 m und einer maximalen Dicke von 85 cm einschneiden. Somit sind wir für Spezialaufträge bestens eingerichtet.
Geschichte
Die Geschichte der gemeindeeigenen Sägerei in S-chanf hat im Jahr 1880 in der Fraktion Chapella begonnen. Die Sägerei liegt schon seit dem Jahr der Gründung in der Hand der Gemeinde S-chanf. In den Anfangsjahren arbeiteten ein Säger und zwei Angestellte bei der Sägerei in Chapella. In den ersten Jahren wurde die Sägerei noch mit Wasser betrieben. Im Jahr 1962 wurde die Sägerei umgebaut und das einzelne Sägeblatt durch einem Vollgatter ersetzt. In diesen Jahren wurde auch die Forstgruppe gegründet und die Leitung der Sägerei dem jungen Revierförster Gian Paul Caratsch übergeben. Im Jahr 2010 hat man die neue Sägerei in S-chanf (Bos-chetta) gebaut. Dies war ein grosser Schritt in der Geschichte der Sägerei. Schon bald kaufte man fast das ganze Lärchen- und Arvenholz der Engadiner Forstbetriebe. Durch die gute Zusammenarbeit und mit dem Willen der Engadiner Revierförster, das Holz in der Region zu einem sehr geschätzten Produkt verarbeiten zu können, war es für die Sägerei möglich, das benötigte Holz in der Region einzukaufen. Dieses Denken wird vom Schreiner bis zum Endkunden des Möbelstücks sehr geschätzt. Dies zeigt einmal mehr das regionale Denken der Revierförster/Betriebsleiter in der Region.
Neue Sägerei Bos-chetta, S-chanf. Betrieb
Die gefragtesten Produkte sind Klotz- und Parallelbretter in allen verschiedenen Dimensionen. Für den Einschnitt des Holzes ist Andri Thom (Säger)
Sägerei Chapella.
(alle Bilder: Sägerei S-chanf)
Erste Mitarbeiter der Sägerei Chapella, 1930.
verantwortlich. Er arbeitet schon seit über 20 Jahren bei der gemeindeeigenen Sägerei in S-chanf und meint: «Seit dem Jahr 2019 verfügen wir über eine Rundholz-Kalibriermaschine. Damit stellen wir verschiedene Sortimente von Rundholz-Pfosten und Halblatten aus regionalem Holz her. Jeder einzelne Stamm wird zu 100% verwertet und verkauft, und zwar von den Klotzbrettern bis hin zum Sägemehl. Für die Trocknung des eingeschnittenen Holzes verfügen wir über einen eigenen Trocknungsofen.» Die betrieblichen Einrichtungen des Revierforstamts wurden in die Sägerei integriert. Somit entstehen automatisch immer wieder Synergien zwischen dem Forstamt und der Sägerei. Diese können optimal genutzt werden. Bei Schlechtwetter kann die Forstgruppe in der Sägerei mithelfen oder kleinere Bestellungen, wie Bänke, Brunnen und Engadiner-Zaunpfosten herstellen. Das vom Forstamt geschlagene Holz wird zum grössten Teil in der gemeindeeigenen Sägerei weiterverarbeitet.
Heutiger Stand der gemeindeeigenen Sägerei
Die Auslastung der Sägerei ist auf einem sehr guten Niveau. Es werden jeden Tag Bestellungen eingesägt und bereitgestellt. Der stetige Fortschritt der Digitalisierung macht auch vor einer «kleineren» und regionalen Sägerei nicht halt. Die Optimierung der Arbeitsabläufe ist ein stetiges Ziel, das wir Tag für Tag anstreben. Die Bereitschaft der Mitarbeiter und die Rückmeldungen unserer Kunden lassen uns positiv in die Zukunft blicken.
Mondholzbretter, Auslege für Kunden.
Produkte
Die Sägerei verkauft alle Standardprodukte einer Sägerei: Klotzbretter, Parallelbretter in verschiedenen Breiten, Standardprodukte wie Dachlatten oder auch Zaunmaterial. Ein Spezialprodukt der Sägerei ist das Mondholz. Dieses kann nur an rund 90 Tagen im Jahr geschlagen werden. Die Grundlage dafür ist der Mondkalender in der Zeitschrift Wald und Holz. Das Mondholz hat im Engadin einen sehr grossen Stellenwert, nicht nur für die Bauherren, sondern auch für die Forstämter – da der Verkauf an uns preislich sehr interessant ist. Auch einige Architekten haben sich in der Baubranche auf Mondholz spezialisiert und sind mit unserem Produkt sehr zufrieden. Es gibt sehr verschiedene Meinungen und Studien zum Mondholz, doch bereits bei uns in der Urproduktion ist ein Unterschied bemerkbar. Das Holz enthält viel weniger Wasser als das übliche im Winter geschlagene Holz, was sicher einen Einfluss auf den Schwund des Holzes hat.
Fazit
Aus Sicht von Adrian Schorta, Betriebsleiter des Forstamts und zugleich Leiter der Sägerei, ist für ihn eine regionale Verarbeitung des Rundholzes schon fast ein Muss. «Was gibt es Schöneres, als wenn man in seiner Stube oder im Schlafzimmer ein schönes Möbelstück aus einheimischem Holz wertschätzen kann? Ich denke kaum, dass wir ein nachhaltigeres Produkt wie die regionale Verarbeitung der natürlichen Ressourcen finden. Das regionale Denken fängt beim Revierförster an und endet beim Endkonsumenten. Dieser Aufwand wird geschätzt und auch in Zukunft seinen Stellenwert in der Gesellschaft haben.»
Holz einmessen, Sägerei S-chanf.
Zum Nachdenken
«Was bewegt mich persönlich zum Kauf eines Möbelstücks bei der Schreinerei im eigenen Tal? Wieso kaufe ich das Möbelstück nicht in einem Laden einer grossen Verkaufskette?» Für Adrian Schorta ist diese Frage ziemlich einfach zu beantworten: «Es hat schon fast etwas Nostalgisches an sich. Wenn ich einen Holzschlag in meinem Revier anzeichnen gehe, weiss ich, dass das geschlagene Holz in der eigenen Sägerei weiterverarbeitet wird. Wenn man dann vor einem alten, reifen Baum steht und dieser seinen Zenit erreicht hat, denke ich jedes Mal, dass wir das Erbe unserer Vorgänger nach Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten ernten können. Dass wir das Holz zudem noch regional einsägen und verkaufen können, erfüllt mich mit Freude und ist meiner Ansicht nach ein Privileg, das wir geniessen und wertschätzen müssen. Wenn man somit ein Bett oder ein anderes Möbelstück im eigenen Haus oder in der Wohnung betrachten kann und an die Geschichte des Holzes denkt, erfüllt dies einen doch mit Freude? Wenn die Gemeinde S-chanf keine gemeindeeigene Sägerei hätte, würden oder müssten wir wahrscheinlich einen grossen Teil des geschlagenen Rundholzes ausserhalb des Tals, eventuell sogar im Ausland verkaufen. Dies würde nicht nur einen Verlust von Arbeitsplätzen oder der regionalen Wertschöpfung bedeuten, es wäre meiner Ansicht nach ein kulturelles Gut, das wir aufgeben würden.»