iz3w Magazin # 342

Page 1

Befreiend – Protestbewegung in der Türkei

iz3w t informationszentrum 3. welt

Außerdem: t Honduras nach dem Putsch t Ghana ohne Gleichheit t LGBTIs im Senegal  t Sansal und der Islam …

E 3477

Mai /Juni 2014 Ausgabe q 342 Einzelheft 6 5,30 Abo 6 31,80


I n d ieser A u sga b e

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

Schwerpunkt: Türkei Titelmotiv: S. Newman

21 Editorial 22

3 Editorial

Politik und Ökonomie 4

24

28

Ghana II: Röhrenfernseher für Afrika 30

31

Honduras: Vom Putsch zur »grünen« Diktatur

34

Hispaniola: Achtzig Jahre auf Durchreise Die Dominikanische Republik entzieht Staatsbürgerschaften von Tobias Schwarz

Vom Aufstand zur Palastrevolution

»Ich entschuldige mich« Interview mit Levent Sensever und Gonca Sahin über den Genozid an den ArmenierInnen und die Gezi-Proteste

Indigene wehren sich gegen den Ausverkauf des Landes von Kirstin Büttner und Daniela Dreißig

18

»Hier bin ich, Darling«

Der Machtkampf zwischen AKP-Regierung und Gülen-Netzwerk von Errol Babacan

Südsudan: »Dahinter steht der Tribalismus« Ethnische Politik im Südsudan von Ulrike Schultz

15

»Das F-Wort wurde verflucht«

Interview mit I˙nci Özkan Keresteciog˘lu über türkischen Feminismus und die Gezi-Proteste Die LGBT-Szene vertritt ihre Ziele als Teil der Protestbewegung von Canset Icpinar

Burkina Faso: »Landwirtschaft gilt als aussichtslose Arbeit« Interview mit Inoussa Maiga über die Herausforderungen kleinbäuerlicher Landwirtschaft

12

»Leiste Widerstand mit Hartnäckigkeit« Feministische Slogans prägten den Widerstand von Tug˘çe Ellialtı

Europas Elektroschrott wird oft illegal entsorgt von Ines Zanella

10

26

Ghana I: »Halb arm, halb reich« Erfolgreich, aber die Armut besteht fort von Maria Tekülve

8

Einen Tee für alle bitte Warum die Gezi-Protestbewegung überfällig war von Gül Keetman

Senegal: Einfach ist das nicht AktivistInnen kämpfen gegen die verbreitete Homophobie von Martina Backes

6

Das Rad ist im Rollen Die Gezi-Bewegung hat die Türkei nachhaltig verändert von Jan Keetman

36

Und die Gewerkschaften? Widerstand gegen Islamismus und Neoliberalismus von Axel Gehring

38

»Jetzt diskutiere ich« Die Kulturschaffenden sind wichtiger Teil der Protestbewegung von Sabine Küper-Busch

Kultur und Debatte 40

45 Rezensionen

Debatte: Zusammenarbeit mit Gotteskriegern? Replik auf René Wildangels Verteidigung der NGO-Arbeit in Palästina von Remko Leemhuis

42

Islamdebatte: Die Schatten verscheuchen Boualem Sansal ruft zu einer neuen Debatte über Islam und Islamismus auf von Matthias Küntzel

44

Nachruf: Wider den autoritären Populismus Mit Stuart Hall verliert die antirassistische Linke einen bedeutenden Intellektuellen von Kolja Lindner

iz3w • Mai / Juni 2014 q 342

49 Szene / Tagungen

Impressum


Edi t o r ia l

»Nicht über uns ohne uns!« Im Themenschwerpunkt der iz3w 331 über die »Restitu­tion geraubter Gebeine« hatten wir über die historische Schädel­ sammlung der Freiburger Albert-Ludwigs-Universität be­ richtet. Dort lagerten bis vor kurzem auch Gebeine von Menschen aus der ehemaligen Kolonie »Deutsch-Südwest­ afrika«, dem heutigen Namibia. Zu Beginn des 20. Jahr­ hunderts ließ sich die Universität zu Forschungszwecken mit solchen Schädeln aus den Kolonien beliefern. Manche der Toten waren möglicherweise Opfer des Völkermordes, in den die Unterdrückung des antikolonialen Widerstandes gemündet war. Andere Gebeine wurden durch Grabraub erworben – etwa durch den Freiburger Anthropologen Eugen Fischer. Mit dem »schönen Hottentottenmaterial« sollte die angebliche Überlegenheit der Deutschen ‚wis­ senschaftlich’ belegt werden. Am 4. März gab die Universität Freiburg im Rahmen einer feierlichen Übergabezeremonie 14 Schädel an eine namibische Delegation unter der Leitung des Kulturminis­ ters Jerry Ekandjo zurück. Tags darauf reiste die Delega­tion zur Berliner Charité weiter, wo eine zweite Übergabe von Schädeln stattfand. Anschließend flog die Delegation zurück nach Namibia. Dort hatte die von der ehemaligen Befreiungsorganisation SWAPO gebildete Regierung einen Empfang vorbereitet, um den missbrauchten Gebeinen eine ehrenvolle Rückführung zu bereiten – auch kolonial­ geschichtlich eine wichtige Geste.

A

m Beginn der Delegationsreise stand die Rückgabe­ zeremonie der Uni Freiburg. Rektor Hans-Jochen Schiewer sagte bei diesem Anlass: »Der unrechtmäßige Erwerb menschlicher Überreste gehört zu den dunklen Kapiteln in der Geschichte der europäischen Wissenschaft und auch unserer Universität.« Und er entschuldigte sich dafür: »Als Rektor dieser Universität bedauere ich zutiefst, was unter dem Deckmantel der Wissenschaft getan wurde.« Die Hochschule verweist auf ihre aufwändige Provenienzfor­ schung, aufgrund derer die 14 Schädel ermittelt wurden, sowie auf ein dreijähriges Folge-Forschungsprojekt. Am Ende der Reise stand ein Empfang der namibischen Delegation im Windhoeker Parlamentsgarten. Dort e­ rinnerte Staatspräsident Hifikepunye Pohamba an den g ­ rausigen Kontext des deutschen Kolonialismus: an den »Völkermord der Deutschen im brutalen Kolonialkrieg« von 1903 bis 1908. Die Reise der namibischen Delegation hätte ein Mei­ lenstein in der Aufarbeitung der deutschen Kolonialge­ schichte werden können, die Zeichen dafür standen nicht schlecht. Doch sie wurde zu einer verkorksten Mission. In

Freiburg fand die Rückgabezeremonie in einem nichtöf­ fentlichen »geschlossenen Rahmen« statt, wie das Projekt freiburg-postkolonial bedauerte. Der namibische Kulturmi­ nister Ekandjo sah sich in Freiburg (man muss leider sagen: wie gewohnt) keinem gleichrangigen deutschen Regie­ rungsvertreter gegenüber. Dies ist eine protokollarische Missachtung internationaler Gepflogenheiten – als ob der Minister für einen Schwarzwaldurlaub angereist wäre! In Berlin war die dortige Zeremonie mit noch schärferer Kritik konfrontiert. Der »Zentralrat der Afrikanischen Ge­ meinde« und das Bündnis »Völkermord verjährt nicht!« wandten sich energisch gegen den vorgesehenen Ausschluss betroffener afrikanischer Menschen und ihrer Vertretungen bei der Zeremonie. Erst nach Vorort-Protesten wurden alle Interessierten kurzfristig doch noch eingelassen. Gründlich misslungen war auch die Ankunftsfeierlichkeit in Windhoek. Die meisten traditionellen Autoritäten der betroffenen Volksgruppen und VertreterInnen von Opfer­ verbänden boykottierten das Ereignis. Sie mobilisierten zu einer Alternativfeier in Swakopmund, weil sie sich von der eilig angesetzten Rückholungsaktion der namibischen Regierung völlig überfahren sahen. Einer der Slogans in Swakopmund lautete daher: »Not about us without us!« Alles in allem ist der Grund für die verkorksten Ereig­ nisse in Freiburg, Berlin und Windhoek im Umgang Deutsch­ lands mit dem von Präsident Pohamba angesprochenen »brutalen Kolonialkrieg« der Deutschen zu finden. Bis heute weigert sich die Bundesregierung, für den damit verbundenen Genozid angemessen Verantwortung zu übernehmen – also eine ausdrückliche Entschuldigung auszusprechen und konkrete Schritte zur symbolischen und materiellen Entschädigung anzubieten.

S

olange die postkoloniale Erinnerungspolitik gegen­ über Namibia von dieser Ignoranz bestimmt wird, ist es müßig, nach weiteren Gründen für das permanente Miss­ lingen der damit verbundenen Einzelereignisse zu suchen. Noch so gründliche und gut gemeinte Forschungsprojek­ te in Deutschland zu den geraubten Schädeln aus Kolo­nien (von denen es noch weitere gibt) können dieses politische Missverhältnis nicht korrigieren. Warum ist die Beziehung Deutschlands zur namibischen Kolonialgeschichte so ignorant? An einem geringen Ausmaß historischer Schuld kann es nicht liegen. Sind es wirklich nur die Euros, die eine postkoloniale Entschädigungspoli­ tik kosten könnte? Oder handelt es sich um eine Schuld­ abwehr, wie sie auch bei anderen im Namen des deutschen Staates begangenen Verbrechen gegen die Menschheit wohlbekannt ist? Das fragt sich die redaktion

iz3w • Mai / Juni 2014 q 342

3


In Wa (Nordghana), Foto: M. Tekülve

»Halb arm, halb reich« Ghana: Erfolgreich, aber die Armut besteht fort Das westafrikanische Ghana steht politisch, wirtschaftlich und auch hinsichtlich der Armutsbekämpfung relativ gut da. Seit wenigen Jahren erfüllt es den Status eines »Landes mit mittlerem Einkommen im unteren Bereich«. Die Einkommensspreizung ist geringer als in den USA. Gleichzeitig leben viele Menschen unter äußerst prekären Bedingungen. von Maria Tekülve

6

Die letzten ghanaischen Parlamentswahlen fügung hatten. Ghana und die internationale 2012 wurden international als frei und fair Gemeinschaft gehen insgesamt von einem eingestuft. Im Ibrahim Index 2013 zu Regie­ weiteren Rückgang der Armut aus, wobei rungsführung in Afrika belegt das Land den Disparitäten zwischen Nord und Süd, Land guten siebten Rang von 52 Staaten. Die zuletzt und Stadt sowie innerstädtischen Differenzie­ zweistelligen Wachstumsraten werden für die rungen bestehen bleiben bzw. sich vergrößern kommenden Jahre mit etwa sieben Prozent werden. prognostiziert. »No Longer Poor«, titelt eine Auch die Mittelschicht wächst. Je nach Studie des Center for Global Development Definition umfasst sie laut Afrikanischer Ent­ bereits. Tatsächlich stieg das wicklungsbank 20 bis 47 durchschnittliche Pro-KopfProzent der Bevölkerung. Im Die Geschäftigkeit in Einkommen nach Angaben Alltag ist dies erkennbar am den Metropolen ist der Weltbank von knapp 400 zunehmenden Auto- und US-Dollar in den 1980er Jah­ Motorradverkehr, dem allge­ nicht zu übersehen ren auf heute knapp 2.000 genwärtigen Bauboom oder Dollar. Die Lebenserwartung der wachsenden Verbreitung liegt nun bei 65 Jahren. Lebte 1992 noch die von Telefonen, Kühlschränken und Fernsehern. Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgren­ Die Geschäftigkeit in den Metropolen, insbe­ ze, so waren es 2006 »nur« noch 28 Prozent, sondere im reicheren Süden mit Greater Accra die weniger als 1,25 Dollar pro Tag zur Ver­ und der boomenden Zwillingsstadt Sekondiiz3w • Mai / Juni 2014 q 342

Takoradi, ist nicht zu übersehen. Aber auch Städte im ärmeren Norden, darunter Wa und Tamale, strotzen vor Lebendigkeit.

Wo bleibt die Entwicklung? tt Dennoch fragen sich viele GhanaerInnen: »Wo bleibt die Entwicklung?« Denn, so der Autor einer Zeitungskolumne im Daily Gra­ phic: Trotz Wachstum – egal, wohin im Land er schaue, er sehe Armut und Unterentwick­ lung. Selbstkritisch konstatierte Präsident John Dramani Mahama 2013 in der Parlamentsre­ de zum aktuellen Haushaltsjahr: »Wir können als Nation nicht Erfolg haben, wenn wir halb arm und halb reich sind.« Ghana steht mit diesem Phänomen, der Gleichzeitigkeit von Wachstum und persistenter Armut, nicht al­ leine da. Das Land belegt nach UN-Angaben heute auf der Rangliste der »menschlichen Entwicklung« nur Rang 135 von 186. Um sich von der weiter verbreiteten Armut in Ghana zu überzeugen, reicht bereits ein Gang durch die dicht besiedelten Viertel ­Accras mit stinkenden Abwasserkanälen; oder durch die unzähligen maroden Fischerdörfer an ver­ unreinigten Stränden; oder ein Blick auf die vernachlässigten Dörfer an kaum passierbaren Sandwegen. An Accras Kreuzungen drängen


Ghana sich BettlerInnen und StraßenverkäuferInnen, darunter Frauen mit Babys auf den Rücken und schweren Lasten auf dem Kopf, die den Tag über in brütender Hitze bei beißenden Abga­ sen schuften. Kinder und Jugendliche schlach­ ten in den Randvierteln, in Rauchschwaden verbrennenden Plastiks gehüllt, den Elektro­ schrott der reichen Länder aus (vgl. den fol­ genden Artikel). In einem als »Sodom und Gomorra« bezeichneten Slumviertel leben Menschen, oft Zugewanderte, buchstäblich auf Kloaken. Die Wirtschaftsstruktur bleibt notorisch fehlentwickelt. Der Landwirtschaftssektor düm­ pelt mit alten Methoden und vernachlässigter Infrastruktur vor sich hin. Die Abhängigkeit von den Weltrohstoffmärkten und ihren schwankenden Preisen für die Hauptexport­ produkte Gold und Kakao ist unvermindert groß. Zwar ist der Anteil der Industrie am Bruttosozialprodukt seit 1987 von 16 Prozent um ein gutes Drittel auf 27 Prozent gestiegen. Aber der Anteil der verarbeitenden Industrie sank von zehn auf heute sieben Prozent. Im gleichen Zeitraum nahm die Landwirtschaft von 51 auf 23 Prozent ab, während Dienst­ leistungen von 33 auf 50 Prozent stiegen. Produkte wie Kakao oder Obst werden unver­ arbeitet in die Welt verschifft, die Wertschöp­ fung erfolgt in Übersee. Importe aus aller Welt dominieren selbst in kleinen Läden. Tomaten­ mark, das jeder Haushalt täglich verzehrt, kommt aus Italien und China, obwohl Toma­ ten überall in Ghana wachsen. Hähnchen aus Europa sind billiger und ansehnlicher verpackt als das lokale Geflügel. Saft von Orangen und Mangos stammt aus Südafrika und Österreich, obwohl sie lokal im Überfluss vorhanden sind. Auch die Korruption wirft Schatten auf Gha­ nas Wirtschaft und Gesellschaft. Laut Transpa­ rency International liegt Ghana im Korrupti­ onswahrnehmungsindex auf Rang 61 von 178 Ländern (zum Vergleich: Italien 69). Es spricht für die Regierung, die Rechnungshöfe und die Pressefreiheit, dass Fälle der so genannten »gro­ ßen Korruption« (etwa der »Wyome-Case« 2012) Gegenstand heftiger öffentlicher und parlamentarischer Debatten sind. Für die Be­ völkerung präsenter ist indes die »kleine Kor­ ruption«. Ohne die so genannten »fees« für öffentliche Dienste läuft nichts. Geschichten, wo eine Frau erst nach Zahlung von »tips« Hilfe bei der Entbindung bekommt, oder Poli­ zisten am Straßenrand ein kleines »gift« als Weihnachtsbeitrag fordern, sind alltäglich.

Identität mit gegenseitiger Toleranz der ver­ sank deren relativer Anteil am Gesamthaushalt schiedenen Ethnien und Religionen. in den letzten Jahren auf unter fünf Prozent. Zugleich ist die Gesellschaft aber deutlich Kommerzielle Kredite und zinsgünstige Dar­ lehen gewinnen im Vergleich zu Zuschüssen nach sozialen Schichten stratifiziert. Die Ober­ an Bedeutung. schicht, darunter Geschäftsleute, hohe Beam­ te und einige höhere traditionelle Chiefs, Zudem erweitert Ghana seine bereits guten residiert in ausladenden Villen in den rasant Beziehungen zu den »neuen« globalen Mäch­ zunehmenden »gated communities«. Ihre ten, allen voran China, das Kredite in Milliar­ denhöhe bereithält, aber auch zu Südkorea, Kinder studieren in den USA oder Großbri­ Indien, Brasilien oder der Türkei, mit denen tannien. Die Mittelschicht lebt in Häusern am günstigeren Stadtrand. Die Unterschicht ist rege Handelsbeziehungen bestehen. Das in sich noch einmal deutlich stratifiziert: Von ­Verhältnis zu Deutschland ist ebenfalls aktiv. Regelmäßig finden gegen­ Menschen, die als selbststän­ dige Bäuerinnen und Bau­ seitige Besuche auf hoher Nur Wenige sind durch ern, Handwerker, Kioskbe­ politischer Ebene statt, jähr­ sitzer oder als angestellte lich werden Handelsmessen das staatliche RentenFriseur­Innen und Torwächter in Accra abgehalten und system versichert das Niveau an Entwick­ ein bescheidenes Leben lungszusammenarbeit ist knapp über dem Existenz­ minimum führen, bis zu den unzähligen Stra­ mit über 50 Millionen Euro pro Jahr an zins­ ßenverkäuferInnen in maroden Behausungen. vergünstigten Darlehen und Zuschüssen hoch. Ihre Kinder besuchen weitgehend kostenfreie Ghanas Wachstumsprognosen sind insge­ öffentliche Schulen – wo sie aber kaum das samt positiv, die Armutsraten sinken. Aber die Einmaleins erlernen. Am untersten Ende der Hochglanzstatistiken führen im Inland und Skala stehen die Schrottsammler, Träger, Pro­ Ausland zu übertriebenen, kontraproduktiven stituierten und TagelöhnerInnen, einige von Erwartungen. Ghana ist, wie der Entwicklungs­ ihnen MigrantInnen aus Togo und der Elfen­ ökonom Robert Kappel dies für eine Reihe beinküste, die der Willkür ihrer jeweiligen afrikanischer Länder beobachtete, »weder Herrschaften ausgeliefert sind. hoffnungsloser Fall noch Aufstiegswunder«. Angesichts dieser Bedingungen sind dem Strukturell bleiben eine Reihe von Unwägbar­ Lohndumping kaum Grenzen gesetzt. Die keiten und Herausforderungen. Der Weg zum Regierung hat 2012 die untere Lohngrenze »Full Middle Income Country« ist kein Selbst­ auf umgerechnet 2,30 Euro pro Tag festge­ läufer, ebenso wenig eine breite Armutsredu­ setzt. Sie wird jedoch häufig unterschritten. zierung. Ein differenzierter, armutsorientierter So warb die internationale Firma Sunset Beach Ansatz wird erforderlich sein, um prioritär die Armut und unsicheren Lebensverhältnisse zu Resort im »Ghana Business & Finance« unver­ reduzieren. blümt mit der Schlagzeile »Investieren Sie in einen Badeort – mit Tageslöhnen von nur einem Dollar« um InvestorInnen. Literatur Die Arbeitslosigkeit in der rasch wachsen­ –– African Development Bank Group (2011): The Midd­ den jungen Bevölkerung ist hoch und der le of the Pyramid: Dynamics of the Middle Class in Africa. AfDB Market Brief, www.afdb.org weitaus größte Teil der arbeitsfähigen Bevöl­ kerung ist im informellen Sektor beschäftigt. –– Robert Kappel (2013): Afrika: weder hoffnungsloser Fall noch Aufstiegswunder. Giga-Fokus Nr.9. www. Entsprechend ist nur ein Bruchteil durch das giga-hamburg.de/giga-focus holprig – aber immerhin – im Aufbau befind­ –– Carola Lentz/ Godwin Kornes (2011): Staatsinszenie­ liche staatliche Rentensystem SSNIT versichert. rung, Erinnerungsmarathon und Volksfest: Afrika Die Mehrheit muss sich auf sich selbst und feiert 50 Jahre Unabhängigkeit. Frankfurt die Familie verlassen – die auch in Ghana nicht – – Henning Melber (2013): Nicht Neues aus Afrika. Der perfekt funktioniert. Krankheit führt schnell Zusammenhang von Rohstoffreichtum und Armut. zu Beschäftigungs- und Einkommensverlust. In: iz3w 336, S. D12-D13 Übliche Mietvorauszahlungen von einem Jahr –– Todd Moss/ Stephanie Majerowicz (2012): No longer führen zu Verschuldung mit hohen Zinsen. Poor: Ghana’s New Income Status and Implications Alleinerziehende Mütter warten vergeblich of Graduation from IDA. Center for Global Develop­ auf Alimente der Väter. Die prekären Verhält­ ment. ww.cgdev.org nisse stellen sich in vielen Schattierungen dar. –– Ministry of Finance and Economic Development: www.mofep.gov.gh

Am unteren Ende

Übertriebene Erwartungen

tt Statistisch bewegt sich die sozioökonomi­ sche Ungleichverteilung in Ghana laut dem World Fact Book mit einem Gini-Koeffizienten von rund 40 im globalen Mittelfeld. Die Ge­ sellschaft ist somit egalitärer als etwa in Süd­ afrika oder den USA. Im Alltag zeigen die GhanaerInnen – unabhängig von der Schicht­ zugehörigkeit – eine ausgeprägte nationale

tt

Nachdem der Status »Lower Middle In­ come Country« statistisch erreicht ist, strebt die Regierung in der kommenden Dekade den Status eines »Full Middle Income Country« an. Damit einher geht das explizite Ziel, die derzeit absolut noch beachtliche Entwick­ lungshilfe zu reduzieren. Dank zunehmender Eigeneinnahmen durch Exporte und Steuern

–– World Bank (2011): Republic of Ghana. Tackling Poverty in Northern Ghana

Maria Tekülve ist Mitarbeiterin des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zu­ sammenarbeit und Entwicklung. Sie lebte in Sambia, Südafrika und zuletzt in Ghana. Der Artikel gibt ihre persönliche Meinung wieder. tt

iz3w • Mai / Juni 2014 q 342

7


iz3w-Backlist 342: Türkei 341: Asyl & Politik 340: Eigentor Brasilien 339: Faschimus international 338: Fairer Handel 337: Arabische Frauenbewegungen 336: Armut 335: Wissenschaft global 334: Antiziganismus 333: Krise & Kapitalismus 332: Stadt für alle 331: Restitution geraubter Gebeine 330: Arabischer Frühling 2.0 329: Globales Lernen 328: Drogen 327: Grüner Kapitalismus 326: LGBTI gegen Homophobie 325: Chinas roter Kapitalismus 324: Revolte in der arabischen Welt 323: Islamdebatte 322: Verteilungskämpfe 321: FrauenKörper 320: Was bewegt Zentralamerika?

319: Afrika postkolonial 318: Alte und neue Grenzregimes 317: US-Außenpolitik 316: Südafrika abseits der WM 315: Digitale Welten 314: Zentralasien post-sowjetisch 313: Gender & Krieg 312: Nazi-Kollaboration 311: Iran 310: Politik des Hungers 309: Arbeit macht das Leben schwer 308: Literatur in der Türkei 307: 60 Jahre Menschenrechte 306: Panafrikanismus oder Nationalstaat 305: Die Misere der Klimapolitik 304: Kriege in Afrika 303: Die Politik der Indigenität 302: Internationaler Dokumentarfilm 301: Kunst, Politik & Subversion 300: Namibia / Jubiläumsausgabe 299: G8 – Die Macht der Acht 298: Konfliktherd Energie 297: Planspiel Bevölkerungspolitik

Einzelheft: € 5,30 Heft 310 bis 321: € 4,– / ältere Hefte: € 3,–

ratte: banksy

direkt bestellen beim iz3w Postfach 5328 · 79020 Freiburg · Tel. 0761-74003 · Fax -70 98 66 info@iz3w.org · www.iz3w.org

www.iz3w.org


Editor ial

Der Spirit von Gezi »Der Gezi-Widerstand ist außerordentlich wichtig, er ist ein historisches Ereignis. Seine Auswirkungen werden nicht nur einige Jahre andauern, er ist eine Zäsur.« Diese Ein­ schätzung des Journalisten und Filmemachers Metin Yegin vom März 2014 trifft eine Stimmung, die auch ein Drei­ vierteljahr nach der Räumung des Istanbuler Gezi-Parks weit verbreitet ist. Geteilt wird sie von fast allen AktivistIn­ nen der Protestbewegung, die im Juni 2013 zu einer viel beachteten Akteurin der türkischen Politik avancierte. Istanbul erlangte damals innerhalb weniger Tage welt­ weite Berühmtheit als »City of Resistance«. Es setzte ein regelrechter Protesttourismus ein, etwa durch globalisie­ rungskritische AktivistInnen oder ‚teilnehmende Journa­ listInnen’, wie beispielsweise taz-Redakteur Deniz Yücel. Selbst die Feuilletons bürgerlicher Zeitungen schwärmten vom ganz besonderen revolutionären »Spirit« und von der solidarischen Aufbruchsstimmung, die in Gezi herrschten. Die Fixierung der medialen Aufmerksamkeit auf Istanbul, den Gezi-Park und den Taksim-Platz führt freilich bis heute zur Ausblendung der Tatsache, dass die Protestbewegung auch andere Hochburgen hat, etwa die Hauptstadt Anka­ ra oder die traditionell säkulare Hafenstadt Izmir. Gezi war die Initialzündung, doch die daraus hervorgegangene Bewegung war landesweit, und sie erfasste erhebliche Teile der jungen Generation. Özgün Kizilay, ein studentischer Aktivist aus Ankara, sagt dazu: »Der Geist von Gezi wird meine Generation, vielleicht unser Leben lang, begleiten, und wie er sich auf die Ge­ sellschaft auswirkt, werden wir erst in vielen Jahren sehen. Nur dieser besondere Moment von Gezi, der wird nicht wiederkommen.« (zit. nach Yücels Buch »Taksim ist überall«) Ein ebenfalls von Yücel porträtierter junger Gezi-Demons­ trant resümiert: »Meine Generation hat ihre Lethargie abgelegt. Zuvor haben wir uns nur über Fußball oder Partys unterhalten, jetzt sprechen wir über Politik.« Die massenhaften Proteste nach dem Tod des 15-jährigen Demonstranten Berkin Elvan am 11. März bestätigen diese Einschätzung.

D

er Gezi-Protest und die mit ihm entstandene Bewe­ gung wurden vielfach mit dem Arabischen Frühling oder dem Aufbruch der 68er-Bewegung verglichen. Vieles an diesen Vergleichen hinkt, manches ist durchaus stimmig.

Anders als in Tunesien und Ägypten erfolgte in der Türkei keine Revolution im engeren Sinne, keine Aneignung der Staatsmacht. Es handelt sich mehr um eine Bewusstseins­ revolution, bei der Wahlen, Parteien, Verfassungen und andere Ausdrucksformen institutionalisierter Politik keine allzu große Rolle spielen. Der »antiautoritäre Impetus der Bewegung«, den Udo Wolter schon kurz nach den Gezi-Protesten konstatierte (in iz3w 338) und der bis heute besteht, richtet sich im Übri­ gen nicht nur gegen den Machtapparat von Ministerprä­ sident Erdogan und den im Namen des Islams verübten Tugendterror. Das Aufbegehren gegen verkrustete Struk­ turen gilt auch den kemalistischen NationalistInnen, den dogmatischen Mao- und Stalinfans der radikalen Linken und den säkularen Neoliberalen. Ist die Gezi-Bewegung gescheitert? Auf der realpoliti­ schen Ebene vorerst ja. Erdogan und die AKP sind weiter an der Regierung. Bei der Kommunalwahl Ende März konn­ te die AKP ihre Position in der Wählerschaft sogar festigen; darüber können auch die Wahlmanipulationen nicht hin­ wegtäuschen. Erdogan und seine Klientel verbreiten mittels ihrer Staatsgewalt weiterhin massiv Repression, Zensur und Propaganda. Doch die daraus resultierenden schmerz­haften Niederlagen der Bewegung sind nur ein Teil der Geschich­ te, die in der Türkei derzeit gemacht wird. Als Bewusst­ seinsrevolution ist der Gezi-Protest anhaltend erfolgreich – nicht von ungefähr lassen sich selbst internationalistische Zeitschriften aus Deutschland davon inspirieren und widmen ihr ganze Themenschwerpunkte…

L

assen wir zum Ausklang die 41-jährige Schriftstellerin Sema Kaygusuz zu Wort kommen, die den »Spirit von Gezi« im Sommer 2013 so beschrieb: »Ich fühlte mich immer in der Minderheit, als Alevitin, als Frau, als Feministin, als Umweltschützerin. Als Familie mussten wir unsere Identität als Aleviten verheimlichen, ich wurde im sunnitischen und kemalistischen System erzogen. Auch dass meine Mutter eine griechische Jüdin ist, musste immer geheim bleiben. Jetzt fühle ich mich erstmals mit anderen verbunden – mit der Gezi-Bewegung. Ich bin ein Teil davon.« Und sie ergänzt: »Deshalb bin ich zum ersten Mal in meinem Leben optimistisch.« die redaktion

Wir danken der Rosa Luxemburg Stiftung für die Förderung dieses Themenschwerpunktes.

iz3w • Mai / Juni 2014 q 342

21


Schützt nicht vor Telekinese, aber vor Tränengas Foto: S. Newman

Das Rad ist im Rollen Die Gezi-Bewegung hat die Türkei nachhaltig verändert von Jan Keetman »Es war für jeden eine Überraschung, selbst für die AktivistInnen«, sagt Levent Sensever vom antirassistischen und antinationalistischen Verein Dur Der im Gespräch mit der iz3w (siehe S. 34). Niemand hatte vor dem Juni 2013 mit einem solchen Aufstand in Istanbul und später auch in weiten Teilen der Türkei gerechnet. Ein paar Bäume, einige Blumen­ beete, etwas Gras, zwei Teegärten, ein winziger Spielplatz, einige alte Mauern, etwas Trostlo­ sigkeit, ein Standesamt, Schatten, Bänke, ste­ hen gebliebene Zeit inmitten der rasenden Metropole, ein Ort, den man auch mit wenig Geld oder umsonst genießen konnte: Das war der Gezi-Park. Statt des Parks sollte ein großes Einkaufs­ zentrum gebaut werden, so wie nur ein paar Schritte von Gezi entfernt an Stelle des histo­ tt

22

rischen Emek-Kinos. Dies wurde nur zwei Wochen vor dem versuchten Baubeginn am Gezi-Park trotz aller Proteste abgerissen, um ebenfalls einem Einkaufszentrum zu weichen. Einkaufszentren sind in Istanbul nicht nur bei Investoren und Ministerpräsidenten Kult. Es gibt das Akmerkez, das Cevahir, das Kanyon, die Metro City und viele mehr, eines größer und gläserner als das andere und jedes für sich berühmt wie ein Popstar. Wehe demje­ nigen, der im Gespräch dabei ertappt wird, nicht so genau zu wissen, wo das Akmerkez eigentlich liegt oder es gar mit der Metro City verwechselt… Die Einkaufszentren sind die Treffpunkte des Mittelstandes. Für die Armen sind sie Orte der Sehnsucht. Nur die kleinen Händler mögen sie begreiflicherweise nicht, rebellieren aber auch nicht. Und dann steht

iz3w • Mai / Juni 2014 q 342

diese scheinbar unpolitische Masse plötzlich gegen den Bau eines neuen Einkaufszentrums auf und will lieber den zwar ruhigen, aber etwas aus der Zeit gekommenen Gezi-Park erhalten.

Ein Revival von »1968«? tt Wie kam es zu dieser, für viele Beteiligte überraschenden, Gezi-Revolte? Und was hat die Revolte in der Türkei verändert? Bei der Vorbereitung dieses Themenschwerpunktes stand eine Zeitlang ein Vergleich mit »1968« und dem damit verbundenen gesellschaftli­ chen Aufbruch im Blickpunkt. Das greift na­ türlich schon deshalb zu kurz, weil auch die Türkei ihre 68iger-Bewegung hatte und Gezi keine Wiederholung davon ist.


Tü r k e i In einer Hinsicht trifft der Vergleich aber doch Generation heranziehen. Der Umbau des ins Schwarze, weil er an eine politische Re­ Schulsystems in dieser Richtung war in vollem volte erinnert, die unabhängig von ihren Gange, angeblich unislamische Lebensweisen unmittelbaren politischen Zielen viele Gesell­ wurden immer mehr ausgegrenzt. Dann kam Gezi und danach die Spaltung schaften in sozio-kultureller Hinsicht nachhal­ tig verändert hat. Eine solche kulturrevoluti­ im konservativen Lager. Letzteres ist ein Kampf onäre Veränderung glauben wir nun erneut innerhalb des Machtblockes, von dem die in der Türkei zu beobachten. TrägerInnen der Gezi-Bewegung nichts zu Eine ganz offensichtliche Veränderung in erwarten haben, es sei denn, dass vielleicht dieser Hinsicht ist die neue Sichtbarkeit und letztlich die beiden reaktionären Blöcke ge­ das neue Selbstbewusstsein von Lesben, schwächt werden. Diese beiden Blöcke sind zum einen die AKP, zum anderen die islami­ Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen sche Gülen-Bewegung, benannt nach ihrem (LGBT). Sie konnten sich innerhalb der GeziOberhaupt Fetullah Gülen. Bewegung offen, wenn auch nicht immer ganz problemlos zeigen. In Istanbul waren Die Hintergründe dieser Spaltung, die sich sie von Anfang an ein fester Teil der Bewegung bereits vor zwei Jahren andeutete, liegen nach und haben mit ihrer Kreativität viel zum wie vor im Dunkeln. Der Wahrheit am nächs­ ten kommt wohl die An­ Charme des Aufstands beigetragen. Andere nahme, dass Erdoğan die sexuelle Orientierun­ Gülen-Leute nun nicht Gezi hat verschiedene gen zu akzeptieren, mehr brauche. Diese hat­ Strömungen der Zivilgesellwar in keinem politi­ ten ihm einst geholfen, schaft zusammengeführt schen Lager bisher eine durch das Lancieren du­ bioser Anklagen potenti­ Selbstverständlichkeit. Zu den kleinen Wun­ elle Gegner aus dem Ver­ dern von Gezi gehört etwa, dass selbst die kehr zu ziehen. Außerdem stellte sich heraus, kemalistisch geprägte Republikanische Volks­ dass Fethullah Gülen nicht bereit war, als partei (CHP), wohl eine der verstaubtesten bloßer Steigbügelhalter Erdoğans zu fungie­ ren. Die Gülen-Bewegung war dabei, sich als Parteien weltweit, nun einen transsexuellen Bürgermeisterkandidaten aufgestellt hat. Hät­ eigenständige politische Macht zu etablieren. te das vor zwei Jahren jemand dem Autor Doch Erdoğan war nicht bereit, die Macht mit dieser Zeilen prophezeit, so hätte er ihn si­ irgendjemandem zu teilen. cherlich aufgefordert, doch erst einmal mit Eine Zeit lang tasteten sich die Gegner kleineren Wundern anzufangen, etwa Wasser wohl ab. Gülen machte Versöhnungsgesten, zu Wein zu verwandeln oder einen Toten Erdoğan lud Gülen ein, doch in die Türkei aufzuerwecken. zurückzukommen. Vor fünfzehn Jahren hatte es Gülen vorgezogen, aus gesundheitlichen Zu den Auffälligkeiten des Protestes gehört auch, dass diesmal der kurdische Flügel un­ Gründen in die USA überzusiedeln. Damals terrepräsentiert war. Die Verhandlungen zwi­ hatten die Militärs in einer großen Untersu­ schen dem inhaftierten PKK-Führer Abdullah chung festgestellt, dass Gülens Leute den Öcalan und der Regierung Erdoğan um eine Staatsapparat unterwanderten. Ihm drohte Lösung der kurdischen Frage, die da irgend­ ein Prozess. Das Militär braucht Gülen nun wo in einem seltsamen Nebel vor sich hin nicht mehr zu fürchten, trotzdem zog er es vor, Erdoğans Einladung nicht zu folgen und stagnieren, sind sicher ein Grund hierfür, den in den sicheren USA zu bleiben, während die man nicht unterschätzen sollte. Aber ist es von ihm beeinflussten Staatsanwälte und Po­ auch der einzige Grund? Eine klare Organi­ lizisten heimlich Material über die Korrupti­ sation und Ausrichtung auf einen Führer ist ein Kennzeichen eines großen Teils der kur­ onsaffären der Regierung sammelten. Zum dischen Bewegung in der Türkei. In der Geziendgültigen Bruch kam es, als Erdoğan sich anschickte, die Nachhilfeschulen der GülenBewegung dürften sich daher Viele aus der Bewegung zu schließen. Damit war Erdoğan kurdischen Bewegung sehr fremd gefühlt praktisch in eine wichtige Provinz des infor­ haben. Einige Unterstützung gab es aber trotzdem von dieser Seite. mellen Gülen-Imperiums einmarschiert. Kurz darauf schlug Gülen mit dem gesammelten Material über die Korruptionsaffären zurück. Konservative Spaltung Dabei gingen Gülens Leute nach einem tt An so unerwarteten Vorkommnissen wie vorher gegen Erdoğans Gegner erprobten der Aufstellung eines transsexuellen Kandi­ Schema vor: Einerseits werden Staatsanwälte, daten durch die kemalistische CHP zeigt sich: Richter und Polizisten aktiv, andererseits wird Das von der Gezi-Revolte angestoßene Rad belastendes Material veröffentlicht, um die ist im Rollen. Erdoğan, der als der große Mo­ öffentliche Meinung von vorneherein gegen die Beschuldigten einzunehmen. dernisierer der Türkei angetreten ist und ganz ohne Zweifel auch einiges bewegt hat, scheint Doch diesmal rief Erdoğan laut »UNFAIR!!!« mit seiner konservativen Revolution zu schei­ und setzte seine ganze Staats- und Medien­ tern. Ganz offen hatte er angekündigt, er macht, seinen Kampfgeist und sein Charisma wolle eine an religiösen Werten orientierte dagegen. Den Widerstand in der Justiz und

der Polizei konnte Erdoğan brechen und seine Popularität bei den Wählern nahm nur wenig ab, wie die Kommunalwahlen Ende März zeig­ ten. Wie die Dinge derzeit stehen, dürfte Erdoğan gegen Gülen gewonnen haben.

Erdog˘an wehrt Attacken ab tt Längst regiert Erdoğan nach der Devise: Alles kann sein und morgen das Gegenteil da­ von. Die Staatsanwälte und Polizisten, die eben noch als Helden gefeiert wurden, wurden über Nacht irgendwohin versetzt und sind nun selbst von Verfahren bedroht. Die von Erdoğans Re­ gierung selbst geschaffenen Sondergerichte wurden aufgelöst, angebliche Putschisten von einem Tag auf den anderen rehabilitiert, nach­ dem sie zuvor Jahre lang im Gefängnis waren. Twitter wurde verboten, aber der Staatspräsi­ dent twittert weiter und so tun es Minister und ein Stellvertreter Erdoğans. Angesichts dieser Nonchalance ist es für Erdoğan auch egal, dass das Verfassungsgericht das Twitter-Verbot wieder rückgängig gemacht hat. Gülens Attacken sind abgewehrt, eine neue Korruptionskampagne, wenn Gülen dazu tatsächlich noch das Material in der Schubla­ de hat, dürfte die Leute kaum mehr aufregen. Erdoğan setzt nur noch auf die blinde Ge­ folgschaft seiner AnhängerInnen, alle anderen in der Türkei und in der Welt sind ihm egal. Oder besser gesagt: Wenn sie gegen ihn sind, umso besser, das schweißt seine AnhängerIn­ nen nur noch mehr zusammen. Am besten man provoziert seine GegnerInnen noch ein wenig mehr. Wenn etwa der wetterwendige Journalist Yigit Bulut im Fernsehen sagt, die Aufgabe der Polizei am Taksim-Platz sei es, den DemonstrantInnen die Schädel einzu­ schlagen, wird er flugs zu Erdoğans Chefbe­ rater ernannt. Da stirbt ein 15-jähriger nach neun Monaten im Koma, aufgrund einer Kopf­ verletzung durch eine Tränengasgranate der Polizei, und Erdoğan erklärt den Jungen zum »Terroristen« und lässt seine Eltern ausbuhen. Die Wirklichkeit wird von Erdoğan einer ge­ radezu mythischen Konfrontation unterstellt. Das zeigt sich auch an einem in Europa wenig bekannten Detail über seine Partei AKP. In die kurze Vorbereitungsphase der Gründung der neuen Partei Ende der 1990er Jahre fiel Erdoğans viermonatige Gefängnisstrafe. In dieser Phase war der Einfluss des heutigen Staatspräsidenten Abdullah Gül groß. Gül hatte eine Doktorarbeit zum Thema »Islam und Entwicklung« verfasst und danach acht Jahre bei der Islamischen Entwicklungsbank in Saudi Arabien gearbeitet. Kein Wunder, dass die neu gegründete Partei dann »Partei für Gerechtigkeit und Entwick­ lung« (Adalet ve kalkınma partisi, AKP) hieß. Das gab dem Unternehmen nach dem Scheitern von Necmettin Erbakans religiösen Parteien einen weltlichen Anstrich. Das Licht, in der is­ lamischen Welt als Symbol des Glaubens und der Wahrheit nicht weniger verbreitet als in der christlichen Mystik, wurde durch das Symbol

iz3w • Mai / Juni 2014 q 342

23


Tü r k e i der Glühbirne mit technischem Fortschritt ver­ bunden. Nur einer mochte den Namen der Partei gar nicht, nämlich derjenige, für den sie ei­ gentlich gegründet worden war: Recep Tayy­ ip Erdoğan. Leute, die es ganz unbefangen wagten, den Namen der Partei als AKP aus­ zusprechen, herrschte Erdoğan grob an, dass es »Ak parti« (»Weiße Partei«) heißen müsse. Offenbar war ihm der offizielle Name seiner Partei zu nüchtern. Zur Farbe Weiß fällt Erdoğan einiges ein. Vor dreieinhalb Jahren hielt Erdoğan eine lan­ ge Rede über die Mission seiner Partei, in der er von den »weißen Hemden« der Partei sprach, die er mit Totenhemden verglich, mit denen man zur Hinrichtung geht. Alle Kritik an ihm ist in seinem Weltbild so etwas wie eine versuchte Hinrichtung, und um nichts anderes gehe es den dunklen Mächten, die ihn verfolgen und die die kleinen Leute und aufrichtigen Muslime schon immer verfolgt haben und auch die Türkei nicht hochkommen lassen wollen… Sein bereits erwähnter Chef­ berater Yigit Bulut hat dazu die Variante ver­

breitet, dass fremde Mächte versuchen wür­ den, Erdoğan mit Telekinese zu ermorden.

Ernüchternde Wahlen Ein guter Teil der Gezi-Revolte ist mit Erdoğans persönlichem Verhalten zu erklären, durch seinen autokratischen Stil, seine Provo­ kationen, seinen konservativen Kulturkampf. Seit den Kommunalwahlen vom 30. März ist jedoch sicher, dass die Revolte in das islamischkonservative Milieu von Erdoğans Wählern kaum eingedrungen ist. Erdoğan ist nicht wie bei den letzten Parlamentswahlen auf 50 Pro­ zent gekommen und schon gar nicht auf die 57 Prozent, die er beim Verfassungsreferen­ dum am 12. September 2010 erreichen konn­ te. Aber 45 Prozent ist noch immer ein sehr respektables Ergebnis. In Istanbul, von wo die Gezi-Revolte ihren Ausgang nahm, blieb der Stimmenanteil der AKP über dem Landes­ durchschnitt. Mit Demonstrationen ist Erdoğan kaum beizukommen. Sie werden pauschal verboten, die Polizei schreitet ein und man kann sie als tt

reinen Krawall verkaufen. Und nur zu viele Leute sind bereit, sich die Sache so verkaufen zu lassen, jedenfalls so lange Erdoğan ökono­ mischen Fortschritt verspricht. Auch der Machtkampf mit Gülen ist an diesen Leuten weitgehend vorbeigegangen. Doch die Gezi-Revolte ist nicht nur eine Reaktion auf Erdoğan. Sie kam auch nicht so plötzlich, wie es selbst AktivistInnen gelegent­ lich vorkommt. Umweltbewegungen kämpfen seit Jahren in verschiedenen Regionen Anato­ liens gegen Staudämme, Atomkraft und an­ dere Projekte. Am 1. Mai sieht Istanbul schon seit vielen Jahren häufig so aus wie während der Gezi-Proteste. Übrigens endeten die ErsterMai-Demonstrationen, wenn sie durch die Polizeisperren kamen, traditionell beim GeziPark. Und als vor nunmehr sieben Jahren der armenische Journalist Hrant Dink in Istanbul von einem nationalistischen Jugendlichen erschossen wurde, demonstrierten bereits damals Zehntausende mit der Parole: »Wir sind alle Armenier!« Gezi hat die verschiedenen Strömungen der rebellischen und solidarischen Zivilgesell­

Einen Tee für alle bitte Warum die Gezi-Protestbewegung überfällig war von Gül Keetman

24

tt Seit dem Gezi-Widerstand sind nun viele Ich bin in Istanbul geboren und aufgewachsen. Monate vergangen. Aber die Wirkungen hal­ Natürlich ist Istanbul eine Stadt, die viel Zuzug ten noch immer an. Nach dem Tod des 15-jäh­ erfährt und sich rasch verändert. Aber ich rigen Berkin Elvan, der für neun Monate im habe mich noch nie so fremd in Istanbul ge­ fühlt wie in den letzten Jah­ Koma gelegen hatte, konnten die Plätze in den ren. Wir hatten es noch nicht Innenstädten auch im gesehen, dass unsere Vergan­ Den Gezi-Widerstand März 2014 die zornigen genheit und unsere Zukunft haben insbesondere die Massen kaum fassen. in so offener Weise im ganzen Frauen geprägt In den ersten Tagen Sinn des Wortes gestohlen des Gezi-Widerstandes – wurden. Niemals zuvor wur­ das heißt in den Tagen den um der Rendite Willen unmittelbar bevor der Volksaufstand begann die öffentlichen Räume in dieser Weise ge­ – war ich traurig und sagte mir, ohne dass ich plündert. Die ärmeren Viertel im Zentrum der recht wusste, was ich tat: »Die Leute müssen Stadt werden unter dem Label Gentrifizierung auf die Straße gehen, müssen ‚Halt!‘ sagen. schnell besetzt. Die Jugendlichen, die am Diesen Kampf kann man nicht mit zwei, drei Gezi-Widerstand teilnahmen, kommen zum UmweltschützerInnen ausfechten.« Den Gezigroßen Teil aus diesen Vierteln. Ihre Zufluchts­ Park zu zerstören und an seiner Stelle ein orte werden immer mehr eingeengt. Einkaufszentrum zu errichten, das war ein Gedanke, den ich nicht fassen konnte. Es war Auf den Barrikaden einer der letzten grünen Plätze von wenigen hundert Quadratmetern, die im Zentrum Is­ tt Den Gezi-Widerstand haben insbesondere tanbuls geblieben waren. Eine der letzten die Frauen geprägt, vor allem die jungen Frau­ freien Stellen, wo die Menschen ohne Geld en, die Anhängerinnen der LGBT-Bewegung, die Gymnasiastinnen, die Studentinnen. Das zu bezahlen im Schatten eines Baumes sitzen waren die Hauptopfer der religiös-nationalis­ konnten, ein Buch, eine Zeitung lesen oder tischen AKP-Regierung. Von den Fotos vom in einem bezahlbaren Teegarten sitzen und sich mit ihren Freunden treffen konnten. Widerstand haben mich zwei am meisten iz3w • Mai / Juni 2014 q 342

beeindruckt. Da ist die Frau im roten Kleid, der Pfeffergas ins Gesicht gesprüht wird, und die Gymnasiastin im Minirock, die eine vom Boden aufgehobene Gaspatrone zurückwirft. Beide sind Beispiele für junge moderne Frau­ en, die von der AKP-Regierung gehasst wer­ den. Die Eine ist eine Assistentin an der Uni­ versität, die Andere ist ein selbstbewusstes Mädchen, das gar nicht aussieht, als wäre sie mit konservativen Werten aufgewachsen. Der Tayyip Erdoğan, der auf einer Versamm­ lung zum Frauentag am 8. März gesagt hat: »Im Grunde glaube ich nicht an die Gleichheit von Frauen und Männern«, erwartet von den Frauen, dass sie früh heiraten, dass sie min­ destens drei Kinder bekommen, dass sie nicht nach Lohnarbeit suchen, dass sie sich ganz ihrem Ehemann und ihren Kindern weihen. Der Finanzminister hat ohnehin ganz unver­ blümt gesagt, dass die Arbeitslosenzahlen so hoch sind, weil auch Frauen Arbeit suchen. Das Verständnis von Freiheit für Frauen geht bei der AKP-Regierung nicht über die Freiheit hinaus, einen »Türban« aufzusetzen (jene spezielle Variante des Kopftuches, die nur den vorderen Teil des Gesichts freilässt und die unter der AKP-Regierung populär wurde). Das ist aber nicht das, was sich die Frauen, die in laizistischen Familien groß geworden sind,


schaft nur zusammengeführt und erweitert. Unter dem Druck der Repression haben sich neue Gruppen angeschlossen, alte Abgren­ zungen wurden belanglos. Es war ein großer Lernprozess, der nicht so einfach aus der po­ litischen Kultur in der Türkei verschwinden wird. Viele Forderungen der Bewegung dürf­ ten ihre Aktualität behalten – etwa im Um­ weltbereich, bei der Stadtplanung, bei den Rechten der ArbeitnehmerInnen oder bei der Überwindung rassistischer und frauenfeindli­ cher Diskurse. Ein wenig erinnert die Situation an Eisen­ steins berühmten Film »Oktober«. So wie darin das alte russische Regime versucht, durch das Hochziehen der Brücken die Revolution

zu verhindern, hat die türkische Regierung am 1. Mai 2013 ebenfalls eine Brücke am Goldenen Horn hochgezogen und gleichzei­ tig die Fährverbindungen über den Bosporus blockiert. Der physische Versuch, die Leute zu trennen, hat sein Äquivalent in der Zersplit­ terung durch Intoleranz – etwas, was in der türkischen Gesellschaft lange stark verankert war. Doch der große Spalter Erdoğan hat im letzten Sommer dazu beigetragen, dass genau das Gegenteil stattgefunden hat.

Keine Ausgrenzung mehr In der politischen Kultur der Türkei hat es bisher zwei große Gleichheitsversprechen tt

gegeben. Atatürks nicht nur mit Tinte, sondern auch in Marmor, in Bronze und in Granit über­ all hingeschriebener Spruch »Wie glücklich, wer sagen kann: ‚Ich bin ein Türke!‘« und Erbakans und Erdoğans Gleichheit als (sunni­ tische) Muslime. Wobei Erdoğan nebenher durchaus auch die nationalistische GleichheitsKarte spielt, je nachdem wie sehr er die Kur­ dinnen und Kurden gerade braucht. Während die alten Gleichheitsversprechen indirekt, aber doch deutlich eine Ausgrenzung beinhalteten, beinhaltet das Gleichheitsver­ sprechen der Gezi-Bewegung keine Ausgren­ zung mehr. Ausgegrenzt wird von ihr nur einer: Recep Tayyip Erdoğan. Das einerseits so konservative und andererseits so quirlige Land am südöstlichen Rand Europas hat eine neue Seite in seiner politischen Kultur aufge­ schlagen. Einstweilen nicht mehr, aber auch nicht weniger.

tt Jan Keetman ist freier Journalist und hat lange Zeit in Istanbul als Korrespondent für die Türkei, Iran und andere Länder gearbeitet.

Foto: J. Pope

vom Leben erwarten. Deshalb sind sie auf den Barrikaden, ganz einfach. Während an der Ehrenparade der LGBTBewegung jedes Jahr 300 bis 500 Menschen teilnahmen, erhöhte sich diese Zahl nach dem Gezi-Widerstand auf 30.000. Die Leute haben nicht vergessen, dass die LGBTs mit ihnen gegen die Polizei Schulter an Schulter gestan­ den haben, also haben sie sie auch bei ihrer Ehrenparade nicht alleine gelassen. Sogar die Fans dreier großer Fußballvereine haben sie unterstützt. Ich bin mir sicher, dass es nach den nächsten Parlamentswahlen LGBT-Abge­ ordnete geben wird. Das gehört zu den Wun­ dern des Geistes von Gezi. Außer Feministinnen und LGBTs haben sich noch viele andere Menschen in den GeziProtesten erhoben: Die Jugendlichen, die GymnasiastInnen, die StudentInnen, die Ar­ beiterInnen, die Arbeitslosen, die Kurden und Kurdinnen, die AlewitInnen und Nichtmuslim­ Innen. Erhoben haben sich jene Jugendlichen, die man ins Gefängnis geworfen hat, weil sie kostenlose Ausbildung forderten oder weil sie gegen den Ministerpräsidenten protestierten; die von den Schulen geworfen wurden; die

Studenten, die jahrelang im Gefängnis waren; diejenigen, die erleben mussten, dass die Er­ gebnisse der Eingangsprüfung für die Univer­ sität, auf die sie sich jahrelang unter großen Opfern vorbereitet hatten, gestohlen wurden (vor drei Jahren schnellte bei der zentralen Zugangsprüfung zur Universität plötzlich die Zahl der hundertprozentig richtigen Lösungen in die Höhe; die meisten kamen von Nachhil­ feschulen der damals noch mit der Regierung verbündeten Gülen-Bewegung); die Jugend­ lichen, die ausgegrenzt wurden, weil sie Kur­ dInnen, AlewitInnen oder NichtmuslimInnen waren; diejenigen, die keine Chance auf eine geregelte Arbeit hatten oder die für drei Gro­ schen Lohn an unsicheren Arbeitsplätzen arbeiten; und all die Jugendlichen, die ohne Zukunft gelassen wurden.

Taksim ist überall Eines der interessanten Details des GeziAufstandes ist, dass die in der Türkei lebenden jugendlichen NichtmuslimInnen nun begin­ nen, ihre Stimme lauter zu erheben – insbe­ sondere die armenischen Jugendlichen. Der tt

eigentliche Wendepunkt war für sie zwar der Mord an dem armenischen Journalisten Hrant Dink im Januar 2007. Doch erst mit dem Gezi-Widerstand begannen sie dann, sich so­ wohl in den Printmedien als auch in den so­ zialen Medien verstärkt zu Wort zu melden. Der Gezi-Widerstand erfolgte zudem zu einer Zeit, als die ArmenierInnen bemerkten, dass sie sowohl von der AKP als auch von der Gülen-Gemeinschaft benutzt worden waren, um die Türkei gegenüber dem Westen etwas besser aussehen zu lassen. Diejenigen hohen Beamten und Polizisten, die in der einen oder anderen Weise in den Mord an Dink verwickelt waren, etwa indem sie ihn trotz ausreichender Informationen nicht verhindert hatten, wur­ den von der AKP zum Lohn befördert. Schließlich ist der Gezi-Aufstand zwar ein Ergebnis der besonderen Bedingungen der Türkei, aber andererseits nicht als unabhängig von globalen neoliberalen Strategien zu sehen. Dazu gehören die Resultate einer auf Rendite ausgerichteten Stadtentwicklung und der entsprechenden Umweltpolitik. Die Zukunft sieht überall auf der Welt insbesondere für Jugendliche, Minderheiten, ArbeiterInnen und Frauen nicht besonders glänzend aus. Eine gesicherte Arbeit, die ausreicht, um ein an­ ständiges Leben zu führen, wird für immer mehr Menschen zum bloßen Traum. Deshalb sage ich: »Überall ist Taksim, überall ist Wi­ derstand!« Es gibt wohl keinen anderen Weg.

tt

Gül Keetman ist Künstlerin und

Kunstlehrerin.

iz3w • Mai / Juni 2014 q 342

25


ISSN 1614-0095

Vier Mal im Jahr

Freiburg: 102.3 MHz Weltweit: 20.000 Beiträge online Tagesaktuell News & Berichte

t iz3w – informationszentrum 3. welt Postfach 5328 • D-79020 Freiburg www.iz3w.org

Die Monatszeitung für Selbstorganisation

starke Argumente Aktueller Schwerpunkt:

ww ww w..rrdl dl..dde e

Südostasien auf der Leinwand Film, Gesellschaft, Politik Demnächst: Medien- u. Meinungsfreiheit (März) Myanmar (Juli) Einzelheft: 8€, zzgl. Porto Jahresabo: 30€, incl. Porto Probeheft gratis vertrieb@asienhaus.de www.asienhaus.de/suedostasien

Schwerpunkt

Windenergiegenossenschaften

• Kampagnen gegen Satellitenschüsseln? • Wir sind die Energiewende • Geschäftsfeld Windenergie • Gemeinsam Wind ernten KONGRESS FORDERT: CARE REVOLUTION

Konferenz vom 14.-16.3. für ein solidarisches Leben. HALLE IM WANDEL

Visionen einer offenen Nachbarschaft. DRESDEN GEGEN NAZIAUFMÄRSCHE rdl.de/region/weltweit Hört ∙ Macht ∙ Unterstützt ∙ Freies Radio

Breites Bündnis hat Grabenkämpfe überwunden. GANDHIS UNBEKANNTES KONZEPT constructive program

für alternative Wege.

EIN SCHNUPPERABO 3 MONATE FREI HAUS GIBT ES FÜR NUR 5€! Endet automatisch und muss nicht gekündigt werden! Gegen Vorkasse: Schein / Briefmarken / Bankeinzung. Bestellungen im Internet oder über CONTRASTE e.V., PF 10 45 20, D - 69035 Heidelberg

Probelesen: WWW.CONTRASTE.ORG


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.