Logistik – Leidbranche der Globalisierung
iz3w t informationszentrum 3. welt
Außerdem t Fracking in Südafrika t Graphic Novels im Nahen Osten t Grüner Kapitalismus in Mexiko
Juli /Aug. 2015 Ausgabe q 349 Einzelheft 6 5,30 Abo 6 31,80
In dies er Aus gabe
Foto: Equipe Integrada
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Schwerpunkt: Logistik 20 Editorial 21
3 Editorial
Politik und Ökonomie 4
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Südafrika: Mit Vollgas in die Sackgasse? Fracking bedeutet für Südafrika viele Risiken von Sören Scholvin, David Fig und Stefan Andreasson
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Freie Fahrt für Schiffsbetreiber Containerschiffe sind günstig – auf Kosten anderer von Christoph Spehr
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Made in China? Warenströme in der globalen Elektronikindustrie von Peter Pawlicki
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»Wir haben uns lautlos organisiert« Gewerkschaftsgründungen bei DHL im post diktatorischen Chile von Olaf Berg und Helen Schwenken
Mexiko: Gute grüne Geschäfte Projekte erneuerbarer Energien führen zu sozialen Konflikten von Rosa Lehmann
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Erinnerungspolitik: Zeigefinger in Richtung Türkei Deutsche und französische Vergangenheitspolitiken zum Armeniengenozid von Anna Laiß
Grenzzonen im Containerhafen Der Hafen Freetown/Sierra Leone im neuen Logistikregime von Julian Stenmanns
Algerien: Aufruhr nur im Hinterland Islamistische Strömungen haben einen schweren Stand von Bernard Schmid
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China: Überstunden für die Staatssicherheit Ein neues Gesetz soll nun auch ausländische NGOs gängeln von Dirk Reetlandt
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Arterien des Kapitalismus Der Fluss von Gütern schafft Konkurrenz statt Ausgleich von Winfried Rust
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Reibungslos bewegt Pipelines sind das Adernsystem der fossilen Moderne von Benjamin Steininger
Rassismus: Zeitgemäß rückwärts gewandt PEGIDAs Rassismus ohne »Rassen« von Martin Bodenstein
Kultur und Debatte
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Musik: »Sie nennen mich La Queen« Sexismus und Feminismus in der HipHop-Familie Dakars von Sarah Böger
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Design I: Making Africa Eine ambitionierte Ausstellung über afrikanisches Design von Paul Sutter und Felix Hoerz
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Design II: Schaut auf diese Städte Die Architektur der Unabhängigkeit in afrikanischen Ländern von Katja Behrens
47 Rezensionen
Comic: »Laufen, rennen, klettern«
Impressum
Graphic Novels aus Ägypten, dem Libanon und dem Iran von Vanessa Guinan-Bank
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Film: Stumm werden Der kamerunische Spielfilm Ninah’s Dowry über häusliche Gewalt von Martina Backes
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50 Szene / Tagungen
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Foto: Christian-Ditsch.de
Rassismus
Der Rechtspopulismus von PEGIDA bedient sich eines »neuen Rassismus«, der seine Inhalte über ideologische Codes transportiert. Er artikuliert sich über neue Begriffe, ohne die alten rassistischen Bedeutungen aufzugeben. Gleichzeitig halten antisemitische Vorstellungen Einzug in die PEGIDA-Ideologie.
Wortgefechte
Zeitgemäß rückwärtsgewandt PEGIDAs Rassismus ohne »Rassen« von Martin Bodenstein Das Rassenkonzept, dessen Kern aus der Einteilung der MenschEine weit verbreitete These geht davon aus, dass der neue Rassismus heit in biologisch unterscheidbare und hierarchisch gegliederte seinen Prototyp in Form des modernen Antisemitismus aufweist. Gruppen besteht, wurde durch seine Kulmination in der nationalBeide Ideologien seien demnach auf keinen biologisch fundierten sozialistischen Säuberungs- und Vernichtungspolitik grundlegend Rassenbegriff angewiesen, sondern unterstellen in einer differendiskreditiert. In breiten Teilen der Gesellschaft wurde daraufhin die tialistischen Logik einen nicht assimilierbaren kulturellen Unterschied. Halt- und Anwendbarkeit des biologischen Rassenbegriffs verworDer kulturelle Rassismus wird dabei als eine verallgemeinerte Form fen. Rassismen änderten in diesem Kontext ihre Erscheinungsformen, des Antisemitismus begriffen, aus dessen argumentativem Repertoire wenngleich der Biologismus nicht aus ihren inhaltlichen Repertoires er sich bedient haben soll. Die These der inhaltlichen Kongruenz verschwunden ist. Der kulturell begründete Rassiszwischen modernem Antisemitismus und kulmus wurde zur hegemonialen Form, um die alten turellem Rassismus nimmt an, dass der AntiDer Kulturalismus semitismus seine gesellschaftliche Relevanz Inhalte auf neue Weise auszudrücken. zugunsten des kulturellen (vor allem antimusDas Ergebnis dieser Transformation wird unterkann politisch nicht klar schiedlich als Neo-Rassismus, Rassismus ohne »Raslimischen) Rassismus aufgegeben habe. eingegrenzt werden sen«, differentialistischer Rassismus oder auch kulDie Annahme einer strukturellen Identität turalistischer Rassismus/Kulturrassismus bezeichnet. zwischen modernem Antisemitismus und kulDie unterschiedlichen Begriffe reflektieren die Debatten über Form, turellem Rassismus ist allerdings problematisch, da sie qualitative Inhalt und Funktion des neuen Rassismus. Dieser transportiert Unterschiede zwischen beiden Ideologien verkennt und die gegenseine Inhalte nicht mehr auf der Grundlage von Natur und Biologie, wärtige Bedeutung antisemitischer Ressentiments herunterspielt. sondern auf der Ebene von Kulturen. Er behauptet nicht länger Während Rassismen von einer kulturellen Inferiorität der »Anderen« eine rassische Ungleichheit, sondern steht für die Bewahrung kulausgehen, fürchtet sich der Antisemitismus vor der verschwöreritureller Differenzen. Der kulturalistische Rassismus, der seit den schen Macht der Juden, die als existentielle Bedrohung, als »Ge1970er Jahren durch die »Neue Rechte« propagiert wurde, ist genrasse« gefasst werden. Die Verallgemeinerungsthese des Antiseitdem im gesellschaftlichen Diskurs tief verankert. semitismus übersieht außerdem, dass sich antisemitische tt
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Rassismus Stereotypen nach 1945 gewandelt haben und sich vermehrt über antizionistische Kritik und sekundären Antisemitismus artikulieren. So sollten gegenwärtige Formen von Antisemitismus und Rassismus in ihrer gesellschaftlichen Virulenz ernst genommen und auseinander gehalten werden.
Kulturprogramm
Die rassistischen Inhalte des Neo-Rassismus werden codiert formuliert und durch die vorgebliche Befürwortung kultureller Vielfalt verdeckt. Er versteht sich selbst als humanistischer AntiRassismus, dem es nicht um die Abwertung des Anderen, sondern um den Schutz kultureller Identität geht. So vertritt etwa der neurechte Ideologe Alain de Benoist einen »differentialistischen Antirassismus« und eine aktuelle rechtsextreme Strömung organisiert sich als »Identitärer Block«. In funktionaler Hinsicht unterscheidet sich der kulturelle Rassismus aber kaum von seinem biologistischen Vorgänger. Er dient zur Legitimation und Absicherung von gesellschaftlichen Macht- und Herrschaftsverhältnissen, indem er bestimmte Gruppen vom Zugang zu materiellen und symbolischen Ressourcen ausschließt. Als soziale Konstruktion ist »Rasse« Produkt und nicht Voraussetzung des Rassismus. Sie kann deshalb durch Kultur, Nation oder Ethnie ersetzt werden. Diese Gemeinschaftsideologeme werden zum funktionalen Äquivalent von »Rasse«, wenn sie in eine zweite … gegen die da unten ... Natur transformiert werden, die das Denken und Handeln determiniert. Kultur wird in diesem Zusammenhang nicht als umkämpftt PEGIDA stellt sich als eine Bewegung von aufgeklärten Bürgeter Schauplatz von gesellschaftlichen Interessen gesehen, sondern rInnen dar, die sich für mehr Freiheit, Demokratie und Mitbestimals homogenes Gebilde von unverrückbaren Normen. In dieser mung engagiert. Dieses Image soll ihren autoritären, repressiven Verkehrung von Subjekt und Objekt ist es nicht der Mensch, der und rassistischen Charakter kaschieren. Einerseits unterstreicht die Kultur hervorbringt, gestaltet, kritisiert und verändert. Im Gegenteil Organisation in ihrem Positionspapier das Recht auf Asyl von »echwird das Individuum zum willenlosen ten Flüchtlingen« (mit »legitimen« Fluchtgründen Träger einer kulturellen Totalität. wie Krieg, politischer oder religiöser Verfolgung). PEGIDA stellt sich als eine Dieser Kulturalismus, der Kultur zum Andererseits verurteilt sie den vermeintlichen Asylbasalen Erklärungsmuster des Sozialen missbrauch von »Wirtschafts- und ScheinflüchtlinBewegung von aufgeklärten erhebt, ist Bestandteil des gesellschaftgen«. In einer zynischen Logik fordert PEGIDA eine BürgerInnen dar lichen Mainstreams. Er geht von der rigorose Umsetzung und Verschärfung der EinwanExistenz unterschiedlicher Kulturen aus, derungsgesetze, um die »legitimen« Flüchtlinge die als homogene, statische und geschlossene Einheiten gesehen schützen und gegen die »illegitimen« EinwanderInnen vorgehen werden. Der Kulturalismus kann politisch nicht klar eingegrenzt zu können. werden, sondern bildet einen gemeinsamen Nenner zwischen PEGIDA-Frontmann Lutz Bachmann lässt keinen Zweifel auflinken (Multikulturalismus) und rechten Positionen (Ethnopluraliskommen, wer in Deutschland das Sagen haben sollte: »Wir sind mus). Der Aufstieg dieses Kulturbegriffs zur hegemonialen Analyhier der Gastgeber und wir bestimmen die Tischregeln«. Die Ansekategorie geht mit der Marginalisierung von anderen ökonomierkennung von Asyl wird in dieser Perspektive zu einem paternaschen, politischen und sozialen Erklärungsfaktoren einher. Der listischen Gnadenakt. PEGIDA fordert die Aufnahme der IntegratiKulturalismus deutet gesellschaftliche Widersprüche nicht als Ausonspflicht ins Grundgesetz, damit sich MigrantInnen auch wirklich an die »deutsche Leitkultur« anpassen. Den Devianten wird mit druck von materiellen Verhältnissen, sondern als Ergebnis kultureleiner Null-Toleranz Politik, einer Aufstockung der Mittel für die ler Differenzen. Polizei und der Einrichtung einer Sondereinheit zur Bekämpfung der Kriminalität von Asylsuchenden gedroht. PatriotInnen für Deutschland … Die rassistischen Ressentiments richten sich aber nicht nur gegen tt Ausgestattet mit diesem ideologischen Rüstzeug veranstaltet AsylwerberInnen, die den deutschen Sozialstaat ausnutzen sollen, seit dem 20. Oktober 2014 die Organisation »Patriotische Europäsondern auch gegen die »schleichende Islamisierung des Abendlands«. Das paranoide Gesellschaftsbild von PEGIDA meint in er gegen die Islamisierung des Abendlands« (PEGIDA) in Dresden wöchentliche Kundgebungen gegen vorgebliche Missstände in »Parallelgesellschaften«, religiösem Radikalismus, Moscheen und Politik und Gesellschaft. Am 12. Januar 2015 erreichten diese ProKopftüchern Anzeichen einer drohenden Machtübernahme durch teste mit über 15.000 DemonstrantInnen ihren Höhepunkt, die den Islam zu erkennen. Die WutbürgerInnen, die auf eine UnterMontagsmärsche halten mit sinkenden TeilnehmerInnenzahlen bis scheidung zwischen Islam und Islamismus verzichten, entwerfen heute an. In vielen anderen deutschen Städten wurden ebenfalls über die Abwertung der als rückständig betrachteten MuslimInnen ein fortschrittliches Selbstbild. Der antimuslimische Rassismus PEGIDA-Ableger gegründet (siehe iz3w 347). tt
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PEGIDA vertritt – der Eigenbezeichnung nach – einen europäischen Patriotismus, der sich gegen die »Islamisierung des Abendlandes« richtet. In dem am 10. Dezember 2014 veröffentlichten Positionspapier kommt der Begriff der Islamisierung aber kein einziges Mal vor, dafür wird die staatliche Einwanderungs-, Asyl- und Integrationspolitik unter heftigen Beschuss genommen. Die Bewegung mobilisiert ihre AnhängerInnen auf der Grundlage von diffusen Ressentiments, die sich in der Wut auf das imaginierte Establishment und vor allem auf MigrantInnen, AusländerInnen und AsylwerberInnen entladen. In Abgrenzung dazu wird die PEGIDA-Gefolgschaft vor allem durch ihr gemeinsames Bekenntnis zur deutschen Nation zusammengehalten. PEGIDA versteht sich als Handlanger und Vollstrecker des »Volkswillens«, der nicht länger die Zumutungen von Politik und Wirtschaft hinnehmen will. Die DemonstrantInnen skandieren »Wir sind das Volk«, um der verhassten Elite zu zeigen, wer in Deutschland das Sagen haben sollte. Die patriotischen WutbürgerInnen haben die Nase voll, nicht mehr »Herr im eigenen Land« zu sein oder sich für ihre nationale Gesinnung schämen zu müssen. Die Märsche wirken für die TeilnehmerInnen als ein Akt der kollektiven Befreiung von der tyrannischen Political Correctness, um endlich offen über die Ursachen der gesellschaftlichen Krise zu sprechen: »Integrationsunwillige MigrantInnen« und »abgehobene Bonzen«.
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fungiert als effizienter Mobilisierungsfaktor der sich »überfremdet« fühlenden Deutschen, die nicht kampflos zur »Minderheit im eigenen Land« werden wollen. PEGIDA argumentiert nicht auf der Ebene biologischer Faktoren, sondern kulturalistisch über Nationalität (AusländerInnen), Status (AsylwerberInnen) oder Religion (MuslimInnen), die als Grundlage für negative Zuschreibungen fungieren. Die Dämonisierung dieser Gruppen dient vor dem Hintergrund von Einwanderungs- und Integrationsdebatten zur Legitimation von staatlicher Diskriminierung und sozialem Ausschluss. Die Positionen von PEGIDA fördern, stärken und unterstützen unterschiedliche rassistische Praktiken: die Abschottung der europäischen Grenzregime, die Verschärfung von Asylgesetzen, die politische und ökonomische Exklusion von Flüchtlingen sowie die Verstärkung von Alltagsrassismen und Übergriffe auf MigrantInnen. Die Zahl der rassistisch motivierten Angriffe auf MigrantInnen und Flüchtlinge ist in Deutschland seit den PEGIDADemonstrationen sprunghaft angestiegen.
Das Bedrohungs- und Verschwörungsszenario von PEGIDA ist keine reine Imagination, sondern gründet auf gesellschaftlich real existierenden Konflikten. Die Durchsetzung prekärer Arbeitsverhältnisse, verschärfter Konkurrenzdruck, der Abbau des Sozialstaats und die Aushöhlung demokratischer Mitbestimmung schüren Ängste. PEGIDA analysiert diese Entwicklungen allerdings nicht in Verbindung mit kapitalistischen Zwangsverhältnissen, sondern führt sie auf eine Bevorzugung der AusländerInnen und Eliten und eine Benachteiligung der »Volksdeutschen« zurück. Die Attraktivität dieses Gesellschaftsbildes besteht darin, einfache Antworten auf komplexe Fragen zu geben. Die PEGIDA-Bewegung kann als ein Extremismus der Mitte definiert werden, der Verlust- und Abstiegsängste in der Ausgrenzung von sozialen Gruppen kanalisiert. Während sich der öffentli-
… und die da oben Der Antisemitismus ist in der PEGIDA-Bewegung nicht vom antimuslimischen Rassismus ersetzt worden, sondern beide Ideologien existieren parallel in ihr. PEGIDA wird durch einen diffusen Zorn gegen die ökonomischen und politischen MachthaberInnen angetrieben, die für die gesellschaftliche Krise (mit)verantwortlich sein sollen. Die Mächtigen agieren demnach nicht im Dienste ihres Volks, sondern lediglich ihre eigenen egoistischen Interessen verfolgen. Diese personifizierende und moralisierende Systemkritik, die verschwörungstheoretisch fundiert ist, weist strukturelle Ähnlichkeiten zum Antisemitismus auf und kann leicht antisemitisch aufgeladen werden. Dies zeigt sich am Beispiel Wortgefechte II des Begriffs »Lügenpresse«, mit dem PEGIDA die Medienlandschaft charakterisiert. Dieser erfreut(e) sich während des Nationalsozialismus und in rechten Kreisen großer Beliebtheit. Er unterstellt, dass die Presse von mächtigen AkteurInnen gesteuert wird, die bewusst durch falsche oder verzerrte Informationen die Bevölkerung manipulieren wollen. Die UrheberInnen dieser (Medien-)Verschwörung bleiben meistens im Dunkeln. Nicht so im Rahmen einer Demonstration des PEGIDA-Ablegers in Leipzig, bei der einige DemonstrantInnen die Parole »Judenpresse« anstelle von »Lügenpresse« bevorzugten. Das antisemitisch aufgeladene Zerrbild der Gesellschaft schlummert in vielen PEGIDA-AktivistInnen, die sich im Schutz der Masse trauen, die vermeintlichen UrheberInnen der Krise zu benennen. So vertritt ein Demonstrationsteilnehmer die Auffassung, dass Deutschland kein souveränes Land mehr sei, sondern die Befehle aus Tel Aviv und Washington kämen und die USA von einer jüdischen Lobby regiert würde. Der sekundäre Antisemitismus, der aus der Abwehr von Schuld und Erinnerung an den Nationalsozialismus und dem Wunsch nach nationaler Identifikation resultiert, ist ebenfalls ein Motiv vieler PEGIDA-AnhängerInnen. Sie wollen einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen und sich nicht mehr alles gefallen lassen müssen, nur weil ihre Vorfahren für den Holocaust verantwortlich gemacht werden. tt
Foto: Christian-Ditsch.de
che PEGIDA-Diskurs von rechtsextremen Positionen zu distanzieren versucht, werden diese in anonymen Internetforen und auf Demonstrationen teilweise offen zur Schau gestellt. Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus bilden den ideologischen Kitt, der bürgerliche, konservative und rechte Positionen zusammenschweißt. Die inhaltlichen und personellen Überschneidungen zwischen PEGIDA und dem rechtsextremen Milieu sind daher kein Zufall. Die Selbstdarstellung von PEGIDA als eine aufgeklärte und demokratische Bewegung erfordert eine Kritik, die sich auf die gesellschaftspolitische Funktion von Ideologien der Ungleichheit bezieht. Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus fassen über den Ausschluss der Anderen hierarchisch organisierte Gesellschaften zu einer (Volks-)Gemeinschaft von Gleichen zusammen. Diese Kulturalisierung des Sozialen blendet nicht nur die kapitalistischen Gesamtzusammenhänge aus, sondern legitimiert auch eine autoritäre und repressive Politik gegenüber den imaginierten FeindInnen der Nation.
Martin Bodenstein hat Internationale Entwicklung in Wien studiert und referiert über das Phänomen des kulturellen Rassismus. tt
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Stückgutterminal im Hafen von Freetown
Foto: J. Stenmanns
Grenzzonen im Containerhafen Der Hafen Freetown/Sierra Leone im neuen Logistikregime Die Häfen in Westafrika stehen unter Veränderungsdruck. Die Wirtschaft wächst, die Produktion internationalisiert sich und die globalen Zollregimes befinden sich im Umbruch. Ein L ogistikkonzern und die US-Grenzpolitik mischen im Containerhafen Freetown kräftig mit.
24 von Julian Stenmanns
Richard Sawyer steht vor seinem Büro und deutet in die Richtung des Containerterminals. »Dort drüben beginnt nun Europa«, sagt der Hafenmeister des Tiefwasserhafens in Freetown. Folgt man seinen Worten, dann hat sich der Haupthafen Sierra Leones in den letzten Jahren grundlegend verändert. Ein Steinwurf von seinem Büro entfernt, dort, wo die internationalen Bergbaukonsortien ihre Container löschen lassen, sei »Hamburg, Rotterdam, Antwerpen – jedenfalls nicht Freetown«, erzählt er. 2011 verpachtete die sierra-leonische Regierung das Containerterminal für eine Laufzeit von tt
vorerst 20 Jahren an Bolloré, eine französische Unternehmensgruppe mit einem Logistikzweig. Der Hafen, Queen Elizabeth II Quay, der bei seiner Eröffnung Anfang der 1960er Jahre integraler Bestandteil der Stadt war, ist seitdem nach dem Vorbild europäischer Terminals umstrukturiert worden. Entsprechend den global zirkulierenden Modellen des Supply Chain Management hat der private Terminalbetreiber Bolloré das Containerterminal übernommen und eine von der Stadt und den übrigen Ankerplätzen abgesonderte Zone eingerichtet. In Zonen wie diesen stellt sich wie kaum woanders die Frage, wie die zunehmende globale Verteilung und Zergliederung von Wertschöpfung die politischen Geographien von und zwischen Staaten rekonfiguriert.
Strukturanpassung per Pacht Bis zum Ausbruch der bis heute weltweit schlimmsten EbolaEpidemie im Jahr 2014 galt Sierra Leone als eine der am schnellsten wachsende Volkswirtschaften auf dem afrikanischen Kontinent. Ein tt
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Logistik Jahrzehnt nach Ende des verheerenden Bürgerkriegs 2002 wurde Mit Blick auf die vielfältigen Projekte Bollorés zeigt sich, dass das das arme, aber rohstoffreiche Land in den Papieren von Analysten Kontrollbestreben des Unternehmens weit über die eigentlichen als vielversprechender Wachstumsmarkt verhandelt. Allerdings Hafenanlagen hinausreicht. Im vergangenen Jahrzehnt hat Bolloré waren die Tiefwasserhäfen der Region auf ein solches Wachstum den afrikanischen Kontinent an vielen Punkten mittels strategischer kaum vorbereitet. Die Nadelöhre für den seeseitigen Transport Infrastrukturprojekte korridorartig durchdrungen. So kontrolliert galten als dringend sanierungsbedürftig. Bereits in den Strukturandas Unternehmen in Sierra Leone und vielen anderen Ländern der passungsprogrammen der 1980er Jahre waren die als mangelhaft Region nicht nur seeseitig den Schiffsverkehr. Landseitig verfügt das Unternehmen über eigens angelegte Straßen, spezialisierte bewerteten Seehäfen Westafrikas den Analysten der Weltbank ein Fahrzeugflotten, exklusive Logistikverträge mit Bergbaukonzernen Dorn im Auge. Sie sollten daher im Rahmen von Transportsektorund bisweilen auch über ganze Palmölplantagen. Diese infrastrukprojekten entsprechend des von der Weltbank favorisierten langfristigen Pachtmodells (»Landlord Model«) umstrukturiert werden. turellen Durchdringungen bilden geographisch betrachtet neue Bei diesem Modell übernimmt ein privater Akteur das operative räumliche Ordnungen, die in geringer werdendem Maße mit den Geschäft im Hafen mit eigenem Gerät und eigener Belegschaft. geopolitischen Formen territorialer Volkswirtschaften korresponGleichzeitig soll die staatliche Hafenverwaltung als dieren. Denn mit seinen Projekten zielt Eigentümerin lediglich den Grundbesitz verwalten Bolloré vor allem auf eins: den Ausbau Bolloré zielt auf den und die verschiedenen privaten Akteure im Hafen grenzüberschreitender logistischer koordinieren. Gegen diese Pläne wehrten sich die Ausbau grenzüberschreitender Netzwerke, die rohstoffreiche Gebiete, jeweiligen Regierungen allerdings lange Zeit enerOrte der Produktion und urbane Zenlogistischer Netzwerke gisch, da der Verlust der Kontrolle über die Häfen tren verbinden sollen. auch einen Kontrollverlust über den wichtigen Diese Entwicklungen wurden mit groSeehandel bedeuten würde. So dauerte es bis in die frühen 2000er ßer Aufmerksamkeit in den USA, insbesondere vor dem Hintergrund Jahre, bis tatsächlich die ersten Häfen entsprechend des Weltbankder Sicherheit von Transportwegen, begleitet. Aus US-SicherheitsModells umstrukturiert wurden und einzelne Terminals durch prikreisen hieß es hierzu, dass solche Logistiknetzwerke nicht nur neue Formen globaler Verbundenheit ermöglichten, sondern auch anvate Betreibergesellschaften übernommen werden konnten. fällig für Infiltrationen aller Art seien. Bereits Ende 2010 warnte der In den Gebotsrunden um Konzessionen für afrikanische Häfen erwies sich der französische Mischkonzern Bolloré als besonders Atlantic Council, ein US-amerikanischer Think Tank, dass ungenüerfolgreich. Die weltweit operierende Unternehmensgruppe, deren gende Sicherheitsvorkehrungen in westafrikanischen Häfen und Wurzeln bis weit in die französische Kolonialgeschichte in WestafGewässern direkte Auswirkungen auf die Sicherheit in US-Häfen haben könnten. Im Bericht des Council heißt es: »Westafrikanische rika reichen, hat im vergangenen Jahrzehnt ihre Präsenz auf dem Häfen, Hafenanlagen und Schifffahrtslinien sind wichtige Kompoafrikanischen Kontinent drastisch ausgebaut. In nunmehr 45 afrinenten des hochintegrierten globalen maritimen Transportwesens, kanischen Ländern ist der Konzern mit gegenwärtig etwa 25.000 MitarbeiterInnen vertreten. In Freetown hat das Unternehmen den das mit den Vereinigten Staaten, alliierten Häfen und VerkehrsströHafen vorerst bis ins Jahr 2031 gepachtet. Gleich nach Inkrafttreten men verflochten ist. Während die Gewässer der Region zentrale der Vereinbarung begann das Unternehmen, neue Containerkräne Transitrouten für den internationalen Handel darstellen, werden zu installieren und das Terminal flächenmäßig zu erweitern sowie sie gleichermaßen von einer Reihe krimineller Akteure frequentiert, die in unterschiedlichste Aktivitäten verstrickt sind«. umfassend zu sanieren. Nicht nur SchmugglerInnen könnten sich diese neuen Transitkorridore zu eigen machen, auch TerroristInnen würden dies planen, Von der Grenze zur Zone so der Council. Vor allem die Angst vor »schmutzigen« Bomben, tt Insbesondere für die Belegschaft auf dem Terminal änderte sich versteckt in einem der über 44 Millionen Frachtcontainer, die im Zuge dessen Vieles. Allein durch die Einführung einer neuen jährlich die US-Grenzen passieren, machte dabei die Runde. Jedoch Terminalsoftware und der damit ermöglichten digitalen Echtzeitwaren sich die Beteiligten auch schnell darin einig, dass strengere Grenzkontrollen nur wenig Abhilfe schaffen könnten. Nicht zuletzt lokalisierung aller Containerbewegungen wurden etliche Arbeitsnach den Anschlägen auf das World Trade Center und den darauf plätze wegrationalisiert. Die Verbliebenen mussten sich auf neue Kontrollformen einlassen und sich der firmeneigenen »Sicherheitsfolgenden temporären Schließungen von US-Grenzübergängen kultur« anpassen. Unter anderem ist nun das Tragen von Schutzwar deutlich geworden, dass territorialer Grenzschutz und der freie ausrüstung verpflichtend und wird beim Eintritt ins Terminal akribisch Warenverkehr zwei zueinander in Konflikt stehende Projekte sein kontrolliert. »Arbeitsschutz ist zentral. Denn Unfälle kosten Zeit und können. Zuviel Kontrolle lähme die eigene Volkswirtschaft, zu bringen den Ablauf durcheinander«, erklärt ein französischer Terwenig mindere nicht die Angst vor weiteren Anschlägen, diesmal auf die »kritischen Infrastrukturen« des Außenhandels. Als Lösungsminalmanager mit Blick auf den Arbeitsschutz im Hafen. »Verspäansatz für dieses »Problem der Zirkulation« galt die räumliche tungen beim Löschen können wir uns nicht erlauben, wir müssen die Fahrpläne der Schiffe einhalten.« Ein Hafenarbeiter spricht Vorverlagerung der eigentlichen Grenzkontrolle. Nicht mehr die später missmutig davon, dass er für die Anschaffungskosten seiner territoriale US-Grenze sollte dabei der Ort der Kontrolle sein, sondern Schutzausrüstung selbst aufkommen müsse. Und außerdem, erklärt der Ausgangspunkt von Warensendungen (siehe Kasten auf S.26). er, sei ihm eine angemessene Bezahlung wichtiger als ein SchutzVor dem Hintergrund dieser Umdeutung von Grenzarbeit wurhelm, der ihn vor umfallenden Containern schützen soll. Trotz allem de eine Vielzahl von Programmen auf den Weg gebracht. Sie zielen ist die Stimmung innerhalb der verbliebenen Belegschaft ambivadarauf ab, das konfliktträchtige Verhältnis von Freihandel und lent. Denn in einem sind sich viele einig: Unter der Ägide der Grenzschutz neu aufeinander abzustimmen. Solche Sicherheitsprostaatlichen Hafenbehörde waren die Arbeitsbedingungen nicht gramme, die mittlerweile weltweit Anwendung finden, basieren zwangsläufig besser. allerdings meist auf sehr abstrakt formulierten Vertragswerken, die iz3w • Juli / August 2015 q 349
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Logistik prinzipiell an jede einzelne Örtlichkeit angepasst werden müssen. Für den Fall Westafrikas bemängelte beispielsweise der erwähnte Atlantic Council, dass, vor dem Hintergrund des steigenden Warenumschlags, die Umsetzung vieler Programme noch in den Kinderschuhen stecke. Um Anpassungen anzuregen und zu prüfen sind daher beispielsweise inzwischen BeamtInnen der US-Küstenwache in Häfen fernab der eigentlichen US-Küste anzutreffen. Im Rahmen des »International Port Security Program« stattet die US-Küstenwache ausgewählten Häfen vierteljährlich Besuche ab. Ihre Aufgabe ist es, die Umsetzung der Maßnahmen zu prüfen und Änderungen anzuleiten. Dabei ist die Übersetzung der jeweiligen Vertragswerke in konkrete Grenzarbeit am Schiff und im Hafen sowohl alltäglicher als auch technisch-komplexer Natur. Was der Containerscanner im Großen leisten soll, übersetzt sich im Kleinen in akribische Taschenkontrollen von HafenarbeiterInnen. Ankerschächte und Container werden zu temporären Territorien jenseits klassischer Geopolitik, die einen Grenzübertritt abseits der Grenze erlauben. Ein Grenzübertritt von Sierra Leone in die USA findet teils schon hier statt. Die Besuche der US-Küstenwache zielen dabei in den Häfen Westafrikas vor allem darauf ab, ein Bewusstsein für die im US-Programm für Lieferkettensicherheit angelegten Unsicherheitsszenarien zu schaffen. Damit haben sie bisweilen nur mäßig Erfolg. Ein Mitarbeiter von Bolloré in Freetown merkte hierzu schmunzelnd an, er habe keine Containerschiffe in die Türme in New York fliegen sehen.
Grenzzonen des Warenverkehrs Vor dem Hintergrund dieser Transformationen ist die eingangs zitierte Aussage des Hafenmeisters über das beginnende Europa zweifach von Interesse. Einerseits zeigt sich am Beispiel des Hafens von Freetown und den Praktiken des Logistikunternehmens Bolloré, wie die Umstrukturierungen von Häfen und Transportkorridoren mit Veränderungen für staatliche Hoheitsansprüche einhergehen. Im verpachteten Hafen organisiert nun ein privater Akteur den grenzüberschreitenden Warenverkehr. Europa oder der Verweis auf die großen europäischen Containerhäfen stehen dabei sinnbildhaft tt
für das neue Supply Chain Management, welches wenig für die territorialen Verregelungsmechanismen des sierra-leonischen Staates übrig hat. Die infrastrukturelle Durchdringung und die logistische Kopplung der verschiedenen Lieferketten und Handelsknoten folgen eben nicht der Logik nationaler Grenzen. Denn die Logik der territorialen Grenze ist die der Unterbrechung. Und die räumliche, zeitliche und organisatorische Unterbrechung von Warenzirkulation ist im Zeitalter transnational aufgestellter Lieferketten ein Problem für die Fahrpläne der Reedereien und die Just-in-Time-Produktionszyklen in Fertigungswerken. Am Beispiel der US-Sicherheits- und Außenpolitik, die sich ganz konkret in Häfen wie in Freetown materialisiert, wird andererseits deutlich, dass sich der US-Staatsapparat vergleichsweise flexibel zeigt und auf die neuen Herausforderungen reagiert. Die verschiedenen Programme des US-Grenzschutzes zielen vor allem auf eine Flexibilisierung der räumlichen Form des Staates zugunsten einer global organisierten Logistik ab. Diese Flexibilität ist gewiss nicht neu und erinnert an die lange Historie der Freihandelszonen und -häfen. Im Fall der Lieferketten wird jedoch deutlich, dass staatliches Territorium in zunehmendem Maße dezentriert und global wird. Ausgehend von den netzwerkförmig organisierten Ausprägungen nationaler Sicherheit kann die traditionelle territoriale Grenze selbst zum Problem werden. Der Grenzzaun und der Schlagbaum als Außenposten staatlicher Souveränität korrespondieren nicht mit den Akkumulationsmustern des gegenwärtigen Kapitalismus. Komplexe Grenzzonen wie etwa im Containerterminal in Freetown eröffnen daher den Blick auf neue räumliche Dynamiken, die sozusagen das Fließband der Fabrik global verteilt und zergliedert haben. Für Akteure wie den Hafenmeister Richard Sawyer bedeutet dies, dass sie nun damit beauftragt sind, als Teil dieses global zergliederten Organisationsprozesses die Sicherheitsbedürfnisse des globalen Nordens zu befriedigen, ohne dabei die transnational aufgestellten Lieferketten zu verlangsamen.
Julian Stenmanns ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Humangeographie der Goethe Universität Frankfurt. tt
Vom Grenzschutz zur Supply Chain Security Im Jahr 2012 verabschiedete US-Präsident Barack Obama die »National Strategy for Global Supply Chain Security«. Dieses Strategiepapier formalisierte ein politisches Programm, das in den Folgejahren der Terroranschläge am 11. September 2001 die Grundlage einer Neuausrichtung der US-amerikanischen Sicherheits-, Wirtschafts-, und Außenpolitik bildete. Nach den Anschlägen deutete die damalige US-Regierung eine mögliche Störung oder Unterbrechung von Lieferketten als Gefahr für die eigene nationale Sicherheit. Vor diesem Hintergrund begann das neu gegründete US-Department of Homeland Security bereits ein Jahr nach den Anschlägen damit, Frachtcontainer in ihren Herkunftshäfen zu kontrollieren. Im Rahmen der »Container Security Initiative« werden in weltweit 58 Häfen etwa 85 Prozent der für die USA bestimmten Frachtcontainer durch US-Grenzschutzbeamte kontrolliert. Durch diese Vorverlagerung von Grenzarbeit soll der eigentliche Grenzübertritt beschleunigt und gleichzeitig für mehr Sicherheit gesorgt werden. Als Alternative zu dieser direkten Präsenz von US-Beamten beschloss tt
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die Internationale Seeschifffahrtsorganisation auf Betreiben der USA den »Internationalen Code für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen« (ISPS Code), der im Jahr 2004 in Kraft trat. Dabei verpflichten sich die teilnehmenden Staaten, umfangreiche Maßnahmen zur sogenannten Gefahrenabwehr in ihren Häfen umzusetzen. Neben baulichen Maßnahmen wie der großflächigen Umzäunung von Hafenanlagen und der Einrichtung von Sperrgebieten zielt der Code vor allem auf eine durchgehende Zugangskontrolle und Überwachungsmaßnahmen ab. In vielen Fällen greift der Code tief in grundlegende ArbeitnehmerInnenrechte ein. So sind in den »Sicherheitszonen« verdachtsunabhängige Kontrollen zu jeder Zeit erlaubt. Darüber hinaus kam es in einigen Ländern zu gewaltsamen Auflösungen von Arbeitskämpfen. Mit Bezug auf einen solchen Fall im Jahr 2010 im Hafen von Tema in Ghana erklärte ein Mitarbeiter von Bolloré: »Sobald Arbeiter die Einfahrten zur Sicherheitszone blockieren, müssen wir die Polizei rufen. Das ist Bestandteil der neuen Richtlinien.« Julian Stenmanns
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Rezensionen ... »Frei, sich selbst zu erfinden« Achille Mbembe gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Philosophen des afrikanischen Kontinents. Kritik der schwarzen Vernunft ist das erste Werk des gebürtigen Kameruners, das in deutscher Sprache erscheint. Der im englisch- und französischsprachigen Ausland viel gefragte kosmopolitische Denker erfährt damit erstmals auch in der deutschen Medienlandschaft größere Aufmerksamkeit. »Kritik der schwarzen Vernunft« verspricht laut Klappentext, die parallele Entstehung von Rassismus und globalem Kapitalismus darzulegen – zwei Elemente, die sich gegenseitig bedingten. Wer jedoch eine systematische Analyse der Entwicklung des Kapitalismus und seiner rassistischen Grundlagen erwartet, wird enttäuscht. Mbembe nimmt dieses Thema zwar auf, im Kern dreht sich sein Buch jedoch um einen anderen Gegenstand: die Identität der Menschen afrikanischer Herkunft. Denn Mbembe will aufzeigen, wie die Figur des »Negers« kreiert wurde und welche realen Auswirkungen dies hatte. Er benutzt das Wort ohne Anführungszeichen und in einer solchen Frequenz, dass man vor dem Hintergrund der in Deutschland hoch sensibel geführten Debatte um das N-Wort zunächst nervös wird. Doch bald wird klar, »Neger« ist für Mbembe Produkt eines europäischen Diskurses des Phantasierens und Fabulierens: »Der Neger existiert nicht als solcher. Er wird beständig produziert. Den Neger produzieren heißt […] einen Ausbeutungskörper produzieren, […] der ganz dem Willen eines Herrn unterworfen ist und dem man ein Höchstmaß an Rentabilität abzupressen versucht.« Das Phantasma »Neger«, diese »Kruste aus Dummheiten«, ist für Mbembe eine historische Form des Menschseins. Ausführlich stellt er dar, wie dieses Konstrukt durch Wissenschaft, Kultur und Schulbildung erschaffen wurde und wie es von den Körpern Besitz nahm: »Ein Krebsgeschwür – eine schwärende Wunde, die an dem davon Befallenen nagt, ihn verschlingt und schließlich zerstört«. Mbembe scheut keine harten Worte. Nicht nur deshalb ist die Lektüre seiner »Kritik der schwarzen Vernunft« eine Herausforderung. Der Autor entwickelt seine Gedanken über so große Spannen, dass man sich beim Lesen oft verliert. Seine Aussagen sind mal direkt, mal kryptisch, oft zweideutig, so dass die Essenz des Buches mühsam zusammengesucht werden muss. Sein Schreiben ist gespickt von Metaphern, Dramaturgie und Technifizierung. Über die Erfassung der Realität schreibt Mbembe: »Die Begegnung mit dem Realen kann immer nur fragmentarisch, zerstückelt, vorübergehend sein […]. Außerdem gibt es kein Reales, […] das nicht zugleich Spektakel, Theater und Dra maturgie wäre«. Genau dies spiegelt sich auch in seinem Schreibstil wieder. Doch so schwer zugänglich er stellenweise ist, er ermöglicht die Entstehung von Bildern und Gefühlen. Mbembe lässt einen die Gewalt des Rassismus förmlich spüren und körperliche Abscheu dafür empfinden. Das große Verbrechen, das die Erfindung des »Negers« bedeutet, wird überaus deutlich. Dass diese Erfindung es ermöglichte, aus einem Mensch eine Ware zu machen, die bis zur Erschöpfung entwertet werden konnte und die in der Plantagenwirtschaft eine der »effitt
zientesten Formen der Akkumulation von Reichtum« war, ist Teil von Mbembes Analyse. Ebenso, dass nicht nur der globale Kapitalismus, sondern auch das moderne Demokratieverständnis parallel zum Rassendenken entstanden ist. Doch Mbembe zielt auf einen anderen Punkt. Ihm geht es darum, wie dieses »beschädigte Leben«, das »vom Brenneisen der Entfremdung gezeichnete Menschsein« zu einer neuen Identität gelangen kann. Wie kann die Frage »Wer bin ich?« neu beantwortet werden? Keine adäquate Antwort auf diese Frage haben laut Mbembe die Denker des Panafrikanismus und der Négritude gegeben. Diese Bewegungen hätten sich erfolgreich gegen die zugeschriebene Minderwertigkeit afrikanischer Menschen gewehrt und ermöglicht, dass deren Menschsein nicht mehr in Frage gestellt würde. Dennoch hätten sie die Ideologie der kulturellen Differenzen und damit das Prinzip der Rassen weitergetragen. Denn die Idee der Rasse wurde auch auf dem afrikanischen Kontinent konstituierendes Element der Idee der postkolonialen Nation und der staatsbürgerlichen Gemeinschaft. Während die europäische Produktion des »Neger« die eine Seite der »schwarzen Vernunft« darstellt, ist die Umkehrung dieses Bildes durch den Panafrikanismus und die Négritude ihre andere Seite. Beides ist für Mbembe kritikwürdig. Eine Lösung der Identitätsfrage ist für ihn nur in der Überwindung von Abschließungen und Hierarchisierungen zu finden, die so vehement das Rassendenken bestimmen, sowie in einer Kritik der auf »Unterschiede zielenden Ideologien«. Mit dem »Status des Opfers« müsse genauso Schluss gemacht werden wie mit der »Leugnung der Verantwortung« für die Geschichte. AfrikanerIn zu sein hieße dann ein freier Mensch zu sein, »frei, sich selbst zu erfinden«. Gelinge es nicht, eine Politik zu entwickeln, die sich durch eine »Sorge um das Offene«, das Gemeinsame kennzeichne, drohe ein »Schwarzwerden der Welt«: Die Figur des »Negers« breite sich bereits heute auf die gesamte subalterne Menschheit aus. Mbembes Kritik ist grundlegend und seine Thesen herausfordernd. Auf weitere Werke dieses Philosophen kann man gespannt sein. Patricia Reineck Achille Mbembe: Kritik der schwarzen Vernunft. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 2014. 332 Seiten, 28.- Euro. tt
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iz3w • Juli / August 2015 q 349
Geschäftsmodell Waisenhaus In Ghana werden knapp 150 private Waisenhäuser betrieben, in denen insgesamt 4.500 Kinder untergebracht sind. 90 Prozent von ihnen haben mindestens einen Elternteil, sind eingebunden in großfamiliäre Strukturen und können auf das soziale Netz ihrer Dorfgemeinschaften bauen. Dass viele dennoch in Waisenhäusern leben, ist nicht nur paradox, sondern auch eine Gefährdung des Kindeswohls: In Ghana führen vor allem die häufig wechselnden Bezugspersonen und die Distanz zum sozialen Geflecht zur gesellschaftlichen Exklusion: Wenn die ‚Waisen’ volljährig werden oder die Häuser geschlossen werden, stehen sie vor einer Lebensrealität, von der sie zuvor abgeschottet waren. Grundlegende soziale und praktische Fähigkeiten, wie Vertrauen aufzubauen, Landwirtschaft zu betreiben oder zu kochen, werden typischerweise innerhalb der eigenen Familie vermittelt. Warum existieren die Waisenhäuser dennoch und sind voll belegt? Alle Beteiligten haben ihre eigene Motivation, um die Inszenierung der Notwendigkeit dieser Institutionen aufrecht zu erhalten: Die Direktoren und Direktorinnen verdienen an ihrem Betrieb, ebenso die Vermittlungsorganisationen und ihre PartnerInnen im Süden. Die Kinder tauschen harte Feldarbeit gegen medizinische Versorgung, Geschenke von Freiwilligen und drei Mahlzeiten am Tag. Für viele Eltern ist dieses Angebot eine viel versprechende Alternative. Die in den Waisenhäusern arbeitenden Volunteers aus dem globalen Norden können ihren HelferInnenkomplex ausleben und den Lebenslauf mit ‚sozialem Engagement’ schmücken. Daniel Rössler reist in seinem Sachbuch Das Gegenteil von Gut… ist gut gemeint durch den Norden Ghanas und in die tt
Hauptstadt Accra, um dort zu ergründen, wieso es Institutionen gibt, die nicht nur unnötig, sondern sogar schlecht für Kinder sind. Er beschreibt, wie und wieso das ‚Geschäftsmodell Waisenhaus’ funktioniert, wer davon profitiert und wer darunter leidet. Er zeichnet nachvollziehbare Portraits der unterschiedlichen AkteurInnen. Sowohl naive Voluntourists als auch findige Geschäftemacher Innen und gefrustetes Sozialamtspersonal kommen zu Wort. Geschickt kontextualisiert Rössler sein kurzweiliges Werk mit Einblicken in die ghanaische Kultur, Ideen der Entwicklungszusammenarbeit und dem Vermächtnis des Kolonialismus. So entsteht eine kohärente Erklärung, die die Motivation und den Beitrag der einzelnen AkteurInnen zum absurd erscheinenden Phänomen ‚Waisenhaus’ veranschaulicht. Es wird früh klar, dass Rösslers Fazit die Forderung nach der Schließung der Waisenhäuser ist. Auch, dass er für eine moderne Sozialarbeit in den Dörfern – auf Augenhöhe mit den Familien und nach Maß – plädiert, überrascht nicht. Leider verzichtet er auf den Blick über den Tellerrand: Seine Kritik beschränkt sich auf die in stitutionalisierte Unterbringung der Kinder; weder dem Voluntourismus noch den altbackenen Paradigmen der Entwicklungszusammenarbeit bescheinigt er strukturelle Probleme. Paul Sutter Daniel Rössler: Das Gegenteil von Gut… ist gut gemeint. Seifert Verlag, Wien 2015. 260 Seiten, 22,95 Euro. tt
Nowhere Men sichtbar machen »In Europa leben mehr als sieben Millionen illegale Einwanderer. 500.000 weitere kommen jedes Jahr hinzu. [...] Der Verlauf ihrer Geschichten ist dabei aber immer weniger das Produkt ihrer eigenen Entscheidungen – denn ganz im Gegenteil: im Zeitalter globaler Wechselwirkungen werden ihre Leben von den turbulenten Waren-, Kapital- und Informationsströmen der Globalisierung mitgerissen, umspült und durchdrungen.« So äußert sich Christoph Miler auf seiner Homepage zu den Hintergründen seiner Publikation Nowhere Men über »Illegale Migranten im Strom der Globalisierung«. In diesem Bild- und Textband erzählt er sieben exemplarische Geschichten solcher so genannter Globalisierungsverlierer. Er wirft dabei einen differenzierten Blick auf die übergeordneten Machtstrukturen, die diese Biographien entscheidend bestimmen. Die zahlreichen Facetten dieser Machtverhältnisse werden in kausale Beziehungen gesetzt und Miler bringt so die unannehmbaren Verhältnisse der Gegenwart präzise in einen Zusammenhang. Menschen, die ihre Existenz in irakischen Ölfeldern, in einem Slum in Mumbai, in einem nigerianischen Örtchen oder in der Hauptstadt Georgiens bestreiten, sind direkt betroffen von den Interessen beispielsweise von Lebensmittelspekulanten, Entscheidungen der westlichen Politik oder den Hetzkampagnen rassistischer Parteien. Die semibiographischen Ich-Erzählungen sind das Ergebnis einer anderthalbjährigen Recherche Milers. Bevor die episodenhaft antt
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gelegten Beschreibungen der verschiedenen Migrations- und Lebenswege ins prosaisch Unterhaltsame übergehen und sie Gefahr laufen, von den LeserInnen bloß konsumiert zu werden, (ver-) stören jedoch Verweise auf Weltpolitik und Weltwirtschaft, deren Geschehnisse direkt oder indirekt mit den geschilderten Lebenswegen in Verbindung stehen. Die entsprechenden Dokumente der globalen Welt bestehen aus Bild- und Textfragmenten wie Zeitungsartikeln, Unternehmensberichten, Parlamentsprotokollen, Computerdaten, wissenschaftlichen Studien, Lebensmittelpreisen, Filmstills, Börsenkursen, Werbung oder Lexikon- und Blogeinträgen. Auf diese Weise bilden sich die verschiedenen Zusammenhänge und Abhängigkeiten der modernen globalisierten Welt selbst ab. Indem der Autor seinerseits auf der deskriptiven Ebene bleibt und sowohl die betroffenen ProtagonistInnen als auch die Fakten für sich sprechen lässt, gelingt es ihm, den Opfern der Globalisierung ohne falsche Empathie auf Augenhöhe zu begegnen. Zugleich macht Milers Schilderung der Anonymität und Gnadenlosigkeit globaler Prozesse die Ohnmacht der MigrantInnen begreifbar. Frederik Skorzinski Christoph Miler: Nowhere Men. Illegale Migranten im Strom der Globalisierung. Luftschacht Verlag, Wien 2015. 300 Seiten, 23,20 Euro. tt
iz3w • Mai / Juni 2015 q 348
...Rezensionen »…und knutschen kann man hier auch am Besten!« Gleich zu Beginn ihres Dokumentarfilmes Chronik einer Revolte Teil der çapulcu, dem »Gesindel«, wie Ministerpräsident Recep – ein Jahr Istanbul gestehen die jungen deutsch-türkischen FilmeTayyip Erdoğan die Protestierenden bezeichnete, geworden und macherinnen Ayla Gottschlich und Biene Pilavci, dass sie nicht somit Protagonistinnen und Regisseurinnen zugleich. Es zieht sie »ganz uneigennützig« im Juni 2013 von Berlin nach Istanbul gereist zurück in das Land ihrer Eltern, das nach den Toten und Verletzten sind, um die Gezi-Proteste zu filmen. Nebenbei möchten sie herder Proteste weitere Unruhen verzeichnet. Die Korruptionsvorwürfe und der kaltherzige Umgang Erdoğans mit dem Grubenunglück ausfinden, »ob nicht auch ein Leben für uns hier möglich ist. Da wo unsere türkischen Namen nicht weiter auffallen«. in Soma haben die Legitimation der AKP weiMit der Kamera im Anschlag finden sich die beiden ter geschwächt. Obwohl Erdoğan die Präsidentschaftswahlen 2014 gewinnt, hält einer inmitten eines Meeres aus Gasmasken, Wasserwerder fünf Hauptprotagonisten fest: »Sein Niefern und Barrikaden wieder. Es geht den Protestierenden längst nicht nur um dergang hat bereits begonnen«… den Gezi-Park, das grüne Fleckchen inmitten der »Chronik einer Revolte« ist keine langatmige Istanbuler Innenstadt, das einem weiteren Konsum Aneinanderreihung von Fakten und Daten, tempel weichen soll. Gezi wird zur Metapher des wie der Titel vermuten lässt. Der Film ist ein gelungenes Zeitdokument, das in bewusst Unmutes gegenüber Maßnahmen der GentrifizieGottschlich und Pilavci in Instanbul rung, der Unterdrückung von Minderheiten und subjektiver Weise ein Portrait einer mehrheitder geplanten dritten Bosporus-Brücke samt der damit verbundelich jungen Generation zeichnet und diese in einer auffällig erfrischenden und unbefangenen Sprache beschreibt. So wird dem nen Umweltzerstörung. Nicht zuletzt richtet sich der Zorn gegen den Machtausbau der islamisch-konservativen Regierungspartei von der AKP angestrebten Kussverbot im öffentlichen Raum etwa AKP. Ähnlich vielschichtig wie die Forderungen der Protestierenden die Bemerkung »das hier ist unser Platz und knutschen kann man sind auch die Gruppierungen, die daran beteiligt sind. hier auch am Besten« seitens der Regisseurinnen entgegengesetzt. Indem nicht nur die gewaltsamen Auseinandersetzungen rund Deutlich wird dies anhand der fünf Charaktere, die Gottschlich um Gezi, sondern auch intime Momente im Leben der Protagound Pilvaci in den Vordergrund rücken. Da ist zum Beispiel Melek aus Zentralanatolien, die ihre Karriere als Ingenieurin an den Nagel nistinnen gezeigt werden, entsteht eine tief greifende Anklage der hängt, weil sie die neoliberalen Auswüchse der Stadtplanung nicht erdrückenden Verhältnisse. länger unterstützen möchte. Sie räkelt sich stattdessen lieber etwas Fast genau zwei Jahre nach dem Ende der Gezi-Proteste bei ARTE ungelenk an der Poledance-Stange, die sie nicht nur als neue Erund ZDF Kultur gezeigt, dient der Film dem Verständnis der aktuwerbsquelle, sondern auch als Kampfansage gegen das konservaellen politischen und gesellschaftlichen Situation in der Türkei: Bei den Parlamentswahlen im Juni 2015 hat die AKP ihre absolute tive Frauenbild der AKP versteht. Der wortgewandte PhilosophieMehrheit verloren. Dafür hat es die neu gegründete linke prostudent Ahmed erzählt hingegen mit kurdischem Akzent, wie sein Vater wegen dessen PKK-Mitgliedschaft zehn Jahre in Haft verbrinkurdische HDP auf Anhieb ins Parlament geschafft. Sollte die AKP gen musste. jedoch eine Koalition mit der ultranationalistischen MHP (»Graue Die gewaltsame Räumung des Parks durch die Staatsmacht nach Wölfe«) eingehen, könnten viele Hoffnungen der Gezi-Protestie18 Tagen Besetzung, die in eindrucksvollen Bildern aus vorderster renden schwinden. Anna-Theresa Bachmann Reihe festgehalten werden, markiert jedoch nicht das Ende des Filmes, auch wenn die beiden Regisseurinnen zunächst in das tt Chronik der Revolte – ein Jahr Istanbul. 85 Minuten, Deutschland ironisch als »Wohlfühloase« bezeichnete Berlin zurückkehren. Dort 2015, ZDF/ ARTE. Der Film ist noch bis zum 2.Juli in der ARTE+7 Media lässt sie der Geist von Gezi nicht ruhen. Längst sind sie selbst zum thek zu sehen. tt
334: Antiziganismus 333: Krise & Kapitalismus 332: Stadt für alle 331: Restitution geraubter Gebeine 330: Arabischer Frühling 2.0 329: Globales Lernen 328: Drogen 327: Grüner Kapitalismus
348: Gesellschaftskritik im Spielfilm 347: Folter im 21. Jahrhundert 346: Ausbeutung der Meere 345: Barrieren & Behinderungen 344: Geschäfte mit Uran 343: Fotografie & Macht
342: Protest in der Türkei 341: Asyl & Politik 340: Eigentor Brasilien 339: Faschimus international 338: Fairer Handel 337: Arabische Frauenbewegungen 336: Armut 335: Wissenschaft global
Einzelheft: € 5,30 Heft 322 bis 333: € 4,– / ältere Hefte: € 3,–
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