spezial
TRAUMSTORY
DER K INOFILM „DER HOCHZEITS SCHNEIDER VON ATHEN“ IST EINE HOMM AGE A N DIE SCHNEIDERKUNST. WIR BATEN REGIS SEURIN SONI A LIZ A K ENTERM A N UND KOST ÜMDESIGNERIN JULIE LEBRUN ZUM INTERVIE W
AB JETZT IM KINO Nikos ist Schneider der alten Schule, stets korrekt und stilvoll. Doch als die Kunden weniger werden und der Bankrott droht, muss ein neues Konzept her. Mit viel Fantasie baut er sich einen mobilen Stand und beginnt mit dem einträglichen Geschäft, Brautkleider aus Tüll, Pailletten, Spitze & Co. zu nähen. Nicht zuletzt mit der Hilfe seiner bezaubernden Nachbarin Olga, die leider verheiratet ist – und Nikos so vor das nächste Problem stellt … 20
burda style
Was fasziniert Sie so an der Schneiderei, dass Sie ihr einen ganzen Film widmen? Sonia Liza Kenterman: Die Schneiderei ist eine Welt, in der sich alles um Details und Zeit dreht. Es ist eine Welt der Geduld und strengen Regeln, eine Kunstform, bei der die Perfektion von jedem Stich abhängt. Jeder – der Schneider selbst, der Kunde und auch der Stoffhändler – ist stolz auf sein Werk. Sie können einen Anzug in 30 Minuten kaufen, aber es dauert Wochen, ihn maßzuschneidern. Bei diesem Handwerk geht es nicht darum, schnell zu sein, sondern etwas Einzigartiges zu schaffen. Auch die Hauptfigur des Films, ein Schneider, der sich auf den Dachboden des Familiengeschäfts, das er zu verlieren droht, zurückgezogen hat, handelt nach diesen Werten und Ritualen. In seinem starren Mikrokosmos existiert er wie ein Schatten in einer langsam verblassenden
10/2021
Welt, die sein Vater geschaffen hat. Nähen ist das Einzige, das ihn bei Laune hält. Der Versuch, sein Handwerk am Leben zu erhalten, gibt ihm Kraft, sich neu zu erfinden und weiter kreativ zu sein. Anders als viele andere Modefilme spielt Ihr Film nicht in einer der typischen Metropolen. Wieso? SLK: „Der Hochzeitsschneider von Athen“ spielt im Athen kurz nach der Finanzkrise. Ich bin in dieser Stadt aufgewachsen und kenne sie deshalb sehr gut. Für mich war es wichtig, neben der Geschichte an sich auch die Geschichte der Stadt zu erzählen. Der Schneiderladen, um den es im Film geht, ist im Zentrum, in einer gutbürgerlichen Straße, in der in der Vergangenheit viele erfolgreiche Stoffläden und Schneidereien waren. Während unser Held durch die etwas vernachlässigten, aber trotzdem sehr lebendigen Stadtviertel zieht, lernen wir die unterschiedlichsten sozialen und wirtschaftlichen Klassen kennen – die moderne Welt, an die sich unser Schneider anpassen muss. Da seine neue Kundschaft überwiegend aus armen Leuten besteht, muss er flexibel sein: Aus bil-