SPEZIAL „Ish bin ein ...“
Vor 50 Jahren: Kennedys Rede in Schöneberg SEITEN 8–9
Zeitzeuge
Egon Bahr: Die Stunden mit JFK in Berlin
JFK
SEITEN 2–3
Präsident zu Gast
Was Berlin erwartet vom Obama-Besuch
Fotos: Otto, DHM, BLZ
SEITEN 14–15
Der Herz-Berliner
Am 26. Juni 1963 kam John F. Kennedy als erster US-Präsident in die geteilte Stadt Berlin. Im KURIER-Spezial erinnern sich Zeitzeugen, analysieren Experten den Besuch.
Mr President, are you a Berliner, too? ❚
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2 50 JAHRE JFK
BERLINER KURIER MONTAG, 17. JUNI 2013
KURIER-Interview mit SPD-Politiker Egon Bahr über den Besuch von Kennedy in Berlin
KURIER: Herr Bahr, Sie rauchen noch … Egon Bahr: Ja, natürlich. Haben Sie etwas dagegen? Es lohnt sich doch nicht mehr aufzuhören.
„Kennedy suchte erst einmal die sanitären Anlagen des Regierenden auf. “ Egon Bahr
Hat Kennedy damals bei seinem Berlin-Besuch geraucht? Nein, den habe ich nie rauchen sehen. Das wäre mir aufgefallen. Dann hätte Willy Brandt auch gleich in Kennedys Anwesenheit angefangen zu rauchen. Ich ebenso. (Lacht.) Der 26. Juni 1963, der Tag, an dem JFK die Worte „Ich bin ein Berliner“ sprach – wie haben Sie ihn erlebt? Ich habe noch nie so viele Menschen auf dem Platz vor dem Schöneberger Rathaus gesehen.
Vorher und nachher auch nicht mehr. Es war unglaublich. Kennedy hat ja vorher in Willy Brandts Büro seine berühmten Worte geübt. Haben Sie davon etwas mitbekommen? Das konnte man nicht hören. Wir hatten keine Ahnung, was er da macht. Kanzler Adenauer saß in Brandts Stuhl und las im „Neuen Deutschland“ (Zentralorgan der SED, Anm. d. Red.). Kennedy suchte erst einmal die sanitären Anlagen des Regierenden auf. Danach ging er leise vor sich hin murmelnd mit seinem Dolmetscher durch den Raum. Wir haben ihn in Ruhe gelassen. Den berühmten Satz haben wir erst draußen gehört. Spannung pur, oder? Ja, wir wussten ja nicht, was kommt. Wir hatten auch keine geringste Ahnung davon gehabt, dass das bereits der vierte Besuch von Kennedy war. Er war als junger Student in Deutschland gewesen, sein Vater hatte ihn auf eine Bildungsreise nach Europa geschickt. Damals traf er nur auf begeisterte Nazi-Anhänger. 1945, als er dann wiederkam, hat er keinen Nazi mehr gefunden. Er kann das ja nicht vergessen haben, als er 1963 herkam. Er muss sich überlegt haben, was sind denn das nun für Menschen? Sind sie verlässlich oder unberechenbar? Ich bin fest davon überzeugt, dass der größte Gewinn und Triumph dieses Tages war, dass Kennedy zu der Überzeugung kam: Man kann sich auf diese Deutschen verlassen. Er hat später auch die berühmten Worte geschrieben, wenn es euch mal schlecht geht, dann fahrt nach Berlin. Das ist eines der großen Ergebnisse der Reise. Und natürlich, dass es
Fotos: Otto (3), Ullstein
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rchitekt der deutschen Ostpolitik, jahrzehntelang an Willy Brandts Seite: Egon Bahr (91) erlebte den Besuch von Kennedy 1963 hautnah mit. Er war damals der engste Berater des Regierenden Bürgermeisters Brandt. KURIERReporterin Anne-Kattrin Palmer traf das SPD-Urgestein.
Als Kennedy übte,
nach seiner Rede keine Krise Hoffnungen der Berliner entmehr um Berlin und um sprach. Adenauer freute sich damals, denn die Worte bedeuteten Deutschland gegeben hat. Kalter Krieg. Und während alle Ahnten Sie, dass in dem Mo- fröhlich waren, wurde Brandt ment Geschichte geschrieben säuerlich ernst. Das löste sich am Nachmittag, als Kennedy in eiwird? Nein, natürlich nicht. Ich habe ner zweiten Rede seine Linie natürlich realisiert, als Kennedy fortgesetzte – nämlich die Poliden berühmten Satz sprach, das tik einer Kooperation mit der Sodieser den Erwartungen und wjetunion, um Frieden und Sta-
bilität in Europa zu erreichen. Da versteinerte sich das Gesicht des Alten (Adenauer, Anm. d. Red.) und Brandt freute sich.
Das Verhältnis zwischen Adenauer und Brandt stand ja nicht gerade zum Besten ... Das ist eine Geschichte, die auf den Bau der Mauer zurückgeht. Gerade als die Mauer gebaut
Das asisi Panorama zum geteilten Berlin Am Checkpoint Charlie
2 6.
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en g en l o s e
50 JAHRE JFK 3
Berlin, 26. Juni 63: Kennedy mit Willy Brandt (zweiter von links) und Egon Bahr (links) am Checkpoint Charly
schlag aus der damaligen Bun- Und wie war er so? deshauptstadt Bonn zu hören. Sehr freundlich, aufgeschlossen. Und er imponierte, weil er Alles das kam zusammen. richtig diskutieren konnte und Brandt hat 1961 unmittelbar dabei den Kern eines Problems nach dem Bau der Mauer den sofort erkannte und darauf reaUS-Präsidenten angeschrie- gierte. Er war hochintelligent, ben und um sein Einschreiten schlagfertig sowieso. gebeten. Nicht gerade der diNoch einmal zurück zu Kenneplomatische Weg, oder? Kennedy war zunächst, wie dys Rede – sie war der Anfang wir gehört haben, unangenehm von der Entspannungspolitik berührt, dass der kleine Bürger- zwischen Ost und West, oder? Der politische Raum war geöffmeister einer nicht-souveränen Halbstadt in diesem Ton mit net. Die Entspannungspolitik dem mächtigsten Mann der Welt folgte erst später durch Abkomredet. Aber er hat reagiert und ei- men mit der DDR und Gespräche ne Kampftruppe von 1500 Mann mit der Sowjetunion. Doch wir nach Berlin in Marsch gesetzt. wussten nicht, wohin es führt, denn es hat nie einen Versuch Er hat Brandt geantwortet ... gegeben, die Lage in der Stadt zu Das war eine Lehrstunde von verändern. Wir waren der AufRealpolitik. Denn Kennedy hat fassung, dass es sehr, sehr lange ganz offen geschrieben, diese dauern wird, bis die Mauer fällt. Lage sei nur durch Krieg rück- An die Zahl 1989 haben wir nicht gängig zu machen. Und Krieg gedacht. Ich habe immer an die wollte niemand. Auf der anderen Deutsche Einheit geglaubt, war Seite hat er hinzugefügt, dass es mir aber etwa 1985 sicher, ich sich noch als Niederlage heraus- werde sie nicht mehr erleben. stellen würde, wenn ein System Als dann die Mauer fiel, waren seine Menschen einmauern wir nicht vorbereitet. muss. Das haben wir als Beruhigungspille empfunden. Und Wo waren Sie, als die Mauer haben später gesehen, dass er da- fiel? mit auch recht hatte. Zuhause, vorm Fernseher. Dann rief mich Brandt an und Wie haben Sie John F. Kenne- sagte: Weißt du, was los ist? Ja,
las Adenauer das ND te. Woran lag das? Das war eine jüngere Generation. Das war eine Art von Verwandtschaft. Und Kennedy hat es dankbar anerkannt, dass Willy Brandt nicht jeden Tag und Monat ein Bekenntnis von den Amerikanern haben wollte, dass sie uns noch lieben. Zudem hatte es Während die Chemie zwi- Kennedy satt, kritisiert zu werschen JFK und Brandt stimm- den, aber keinen eigenen Vor-
wurde, führte Adenauer seinen Wahlkampf. Mit der Beschuldigung, das ganze sei zum Vorteil von Brandt alias Frahm. Das war eine dreifache Beleidigung, die Brandt tief getroffen hat. Das ist eine Verletzung gewesen, die vernarbt aber nicht verheilt ist.
dy als Menschen empfunden? Als ich ihn das erste Mal im Weißen Haus besucht habe, wunderte ich mich über seine Jugendlichkeit. Er wirkte viel jünger, als man erwartet hatte. Als ich ihn 1963 das letzte Mal sah, 920 Tage später, sah er älter aus, als er war. Die Last und die Verantwortung des Amtes waren im Gesicht erkennbar.
„Wir waren damals der Auffassung, dass es sehr lange dauern wird, bis die Mauer fällt.“ Egon Bahr
über eigene Gefühle. Er war sehr sachlich, notierte sich, als wir am kommenden Tag nach Berlin flogen, seine Rede auf Karten. Dabei ist auch der Satz „Nun wächst zusammen, was zusammen gehört“ entstanden. Man konnte Brandt nicht nahe kommen, wenn man ihm zu nahe kommen wollte. Er bestimmte das. Ich habe aber nie gebohrt. Morgen besucht Obama Berlin. Er wird häufig mit Kennedy verglichen. Was erwarten Sie? Ich habe Obama in seiner ersten Amtszeit so verstanden, dass er sich um eine Wiederwahl bemüht. Also hat er Rücksichten genommen. Das muss er jetzt nicht mehr machen, denn er kann nicht mehr wiedergewählt werden. Er kann jetzt mutig sein. In diesem Zusammenhang bin ich natürlich gespannt, ob er nach seinem notwendigen, wichtigen Zusammentreffen mit seinem chinesischen Präsidentenkollegen, jetzt auch in Berlin ein Zeichen setzt. Ähnlich wie damals Kennedy.
antwortete ich. Da staunst du, was, hättest du nicht geglaubt! Und ich sagte: Nein. Dann habe ich es bedauert, dass mein Vater das nicht mehr erlebt hat. Ich war aber froh, dass Willy Brandt das noch erlebt hat. Es war der Und das wäre? Dass er jetzt die Notwendigkeit Traum seines Lebens. der Kooperation mit Russland betont. Darauf warte ich, Putin War er damals euphorisch? Nein. Er sprach sehr ungern sicher auch. (Lacht.)
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4 50 JAHRE JFK
John F. Kennedy, Willy Brandt und Konrad Adenauer auf der Jubel-Tour. JFK legte insgesamt 50 Kilometer durch West-Berlin zurück.
BERLINER KURIER MONTAG, 17. JUNI 2013
Warum die Tour durch Berlin so wichtig war Historiker Andreas Etges analysiert die Stunden Kennedys in der geteilten Stadt – und warum er von seiner Rede abwich
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in Staatsbesuch ist eine eierlegende Wollmilchsau. Die Deutschlandreise des US-Präsidenten John F. Kennedy 1963 zeigt das beispielhaft. Es war keine Lustreise, bei der Kennedy ein paar freundliche Worte mit Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) und dem Regierenden Bürgermeister Willy Brandt (SPD) wechseln wollte, sondern ein penibel vorbereiteter politischer Feldzug mit mehreren Zielen. Der Historiker Andreas Etges von der Ludwig-Maximilians-Universität München hat die Deutschlandreise des USPräsidenten analysiert, die in den siebeneinhalb Stunden Kennedys in Berlin und der legendären Rede am Rathaus Schöneberg gipfelte. Warum kam Kennedy, warum nahm er die deutsche Einladung an? Zunächst wegen der amerikanischen Innenpolitik. Da war der Präsident auf dem absteigenden Ast, was seine Zustimmung anging. Da konnten Jubelbilder aus Deutschland helfen.
USA waren mit Entwicklung in Europa unglücklich Wichtiger aber war die Außenpolitik. Denn die USA waren mit Entwicklungen in Europa unglücklich. Im Januar 1963 hatte Deutschland mit Frankreich den „Élysée-Vertrag“ geschlossen, der die „Erbfeindschaft“ beenden, die deutschfranzösische Freundschaft begründen sollte. Der Schulterschluss Adenauers mit Präsident Charles de Gaulle, der mit der Großmacht jenseits des Atlantiks nichts am Hut hatte, passte nicht ins Konzept der „Atlantischen Gemeinschaft“. Die Bedeutung der Verbindung Bonn-Washington sollte mit dem Besuch unterstrichen und verstärkt werden. Im Kalten Krieg gegen den Kommunismus hielt Washington die Bundesrepublik für einen unverzichtbaren Partner.
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Anblick der Mauer hatte Kennedy stark beeinflusst Dieser Stopp – wie der zuvor an der Mauer vor dem Brandenburger Tor, das DDRGrenzer zugehängt hatten – brachte die ganze BesuchsChoreographie ins Wanken. Der Anblick der Mauer hatte den Präsidenten offenbar derartig beeindruckt, dass er bei der „Ish bin ein Bearleener“Rede vor dem Rathaus Schöneberg stark von seinem ursprünglich vorgesehen Redemanuskript abwich. Historiker Etges: „Er widersprach sich selbst.“ Zwei Wochen vorher hatte er noch bei einer anderen Rede für Entspannung und dafür plädiert, die Mechanismen des Kalten Kriegs zwischen Ost und West aufzubrechen. Jetzt, nachdem er die Mauer gesehen hatte, hörte sich das ganz anders an: „Es gibt Leute, die sagen, dem Kommunismus gehöre die Zukunft. Sie sollen nach Berlin kommen. Und es gibt wieder andere ... die behaupten, man könne mit den Kommunisten zusammenarbeiten. Auch sie sollen nach Berlin kommen.“ An der Freien Universität, wo ihm die Ehrenbürgerwürde Berlins verliehen wurde, hielt Kennedy eine weitere Rede. Etges: „Er wollte explizit zu den Studenten sprechen, zu jungen Leuten.“ An einem Ort, der wieder viel Symbolik in sich trug: Die USA hatten
die 1948 gegründete Uni von Anfang an unterstützt, damit sie die vielen Studenten aufnehmen konnten, die der ideologisierten, SED-dominierten und unfreien Humboldt-Uni den Rücken kehrten. Vor dem Abflug in Tegel stellte JFK in Aussicht, wiederzukommen – Berlin sei ein Mutmacher. Es wurde nichts daraus: Am 22. November 1963 wurde er in Dallas erschossen. In dem Auto, in dem er seine Triumph-Fahrt durch Berlin genossen hatte. GL
Andreas Etges lehrt am Amerika-Institut der Ludwig-MaximiliansUniversität München, schrieb eine viel beachtete KennedyBiografie. Fotos: Imago, AP
Der Besuch sollte den Deutschen klarmachen: Ohne uns kein freies West-Berlin, ohne uns keine freie Bundesrepublik! Vollends vertrackt war die Frage eines AtomteststoppVertrages. Den wollten die Amerikaner, Adenauer war dagegen. Er fürchtete: Wenn ihn die Bundesrepublik unterschreibt, unterschreibt die DDR schließlich auch – und das wäre eine indirekte Anerkennung der Mauerbau-Republik. Die große Kennedy-Show wurde überaus akribisch vorbereitet. Das Ziel: mehr Leute an den Straßenrand zu bewegen als beim Deutschlandbesuch de Gaulles 1962 und dem Berlinbesuch von Vizepräsident Lyndon B. Johnson nach dem Mauerbau 1961. Das war auch ganz im Sinne Adenauers und Brandts: Allein in Berlin am 26. Juni 1963 standen an die zwei Millionen Menschen am Straßenrand – das nutzte auch ihnen, selbst wenn sie nur Randfiguren waren. Für die große Kulisse fuhr Kennedy 50 Kilometer weit im offenen Auto durch West-Berlin, ließ halten, wo ihn viele Menschen sehen konnten und wo er die Stärke der USA demonstrieren konnte. Deshalb hielt der Konvoi gegen den Wunsch Brandts, der mit Adenauer und Kennedy im Wagen saß, auch am Checkpoint Charlie.
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6 50 JAHRE JFK
BERLINER KURIER MONTAG, 17. JUNI 2013
Das Lieblingsbild des Fotografen Ulrich Mack. „In Frankfurt kam eine Frau auf Kennedy zu, hielt ihm den belehrenden Zeigefinger energisch direkt unter die Nase.“ Was sie wohl gesagt haben mag?
Auf Tuchfühlung mit dem Präsidenten Fotograf Ulrich Mack begleitete Kennedy auf der Deutschland-Reise
Ganz am Anfang seiner Karriere, zu Beginn der 1960er-Jahre, arbeitete der Fotograf Ulrich Mack für die Zeitschrift „Quick“, die damals eine Millionenauflage hatte. Später gewann er den World Press Photo Award. Heute ist er Dozent für Fotografie in Hamburg.
Fotos: aus „Kennedy in Berlin“ (Hirmer Verlag), Ullstein (1)
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ur zwei Meter entfernt stand er vor dem mächtigsten Mann der Welt – und hielt drauf, immer wieder: Fotograf Ulrich Mack (78). Für ihn war der Deutschland-Besuch von John F. Kennedy 1963 einer der aufregendsten Einsätze in seinem Reporterleben. Vier Tage im Juni beobachtete der junge deutsche Fotograf den amerikanischen Politiker in Köln, Bonn, Frankfurt, Berlin. „Während der Reise wurde Kennedy sichtbar lockerer und glücklicher“, erinnert sich Ulrich Mack. Vorbei an den entsetzten Sicherheitsleuten, ohne jede Angst und Zurückhaltung stieg der US-Präsident auf den Fahrten einfach aus dem Auto. „Er suchte das Bad in der Menge, ging auf die jubelnden Menschen zu, schüttelte Hände, strahlte.“ Von der Landung auf dem Kölner Flughafen bis zum Abflug
vom Flughafen Berlin-Tegel hielt Mack Politiker, Uniformierte, Zuschauer, die Berliner Mauer fest. „Mit meinen sechs Kameras stand ich ganz vorn auf dem Lastwagen, der direkt vor dem Präsidenten-Auto fuhr.“ Die Erregung steigerte sich von Tag zu Tag. „Der Berlin-Besuch am Ende war der Höhepunkt in Kennedys Leben. Das sah man ihm an. So etwas an Begeisterung hatte er – und ich – nie zuvor erlebt.“ Neben dem lachenden Kennedy zeigt Mack auch Kanzler Adenauer mit schmalem Lächeln. Mack: „Je glücklicher Kennedy wurde, desto trauriger wurde Adenauer. Da stahl ihm einer die Show.“ In einer Stadt, die Adenauer nicht mochte und deren Bewohner ihn nicht mochten. Der Anblick der 450 000 jubelnden Menschen vor dem Rathaus Schöneberg ließen den Repräsentanten der größten
Schutzmacht Deutschlands gänzlich dahinschmelzen. „Die Deutschen und er haben sich gegenseitig zur Ekstase getrieben. An diesem Tag vor dem Rathaus Schöneberg. “ Ulrich Mack hat das dokumentiert. Mit besonderem Sinn für Details hielt er fest: die in Ohnmacht gefallene Frau, die von der Begeisterung erschöpften Kinder, am Wegesrand sitzend, die erwartungsvollen Zuschauer, selbst mit der Kamera in der Hand. Macks Bilder waren kürzlich zu sehen in einer viel besuchten Ausstellung im Willy-BrandtHaus in Berlin und sind jetzt zu betrachten im Bildband „Kennedy in Berlin“ (Hirmer; 29,90 Euro). Sein Lieblingsbild von dieser Reise auch: „Die Frau in Frankfurt. Sie bohrt ihren belehrenden Zeigefinger fast in Kennedys Nase. Das ist das deutsche Selbstbewusstsein.“ DÜBB
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8 50 JAHRE JFK
Wie Kennedy die Herzen der Berliner eroberte
das Versagen des kommunistischen Systems. Die ganze Welt sieht dieses Eingeständnis des Versagens. Wir sind darüber keineswegs glücklich; denn, wie Ihr Regierender Bürgermeister gesagt hat, die Mauer schlägt nicht nur der Geschichte ins Gesicht, sie schlägt der Menschlichkeit ins Gesicht. Durch die Mauer werden Familien getrennt, der Mann von der Frau, der Bruder von der Schwester, und Menschen werden mit Gewalt auseinandergehalten, die zusammen leben wollen. Was von Berlin gilt, gilt von Deutschland: Ein echter Friede in Europa kann nicht gewährleistet werden, solange jedem vierten Deutschen das Grundrecht einer freien Wahl vorenthalten wird. In 18 Jahren Frieden und der erprobten Verlässlichkeit hat diese Generation der Deutschen sich das Recht verdient, frei zu sein, einschließlich des Rechtes, die
Die berühmte Rede des US-Präsidenten vor dem Schöneberger Rathaus
Familien und die Nation in dauerhaftem Frieden wiedervereinigt zu sehen, in gutem Willen gegen jedermann. Sie leben auf einer verteidigten Insel der Freiheit. Aber Ihr Leben ist mit dem des Festlandes verbunden, und deshalb fordere ich Sie zum Schluss auf, den Blick über die Gefahren des Heute hinweg auf die Hoffnung des Morgen zu richten, über die Freiheit dieser Stadt Berlin und über die Freiheit Ihres Landes hinweg auf den Vormarsch der Freiheit überall in der Welt, über die Mauer hinweg auf den Tag des Friedens mit Gerechtigkeit. Die Freiheit ist unteilbar, und wenn auch nur einer versklavt ist, dann sind nicht alle frei. Aber wenn der Tag gekommen sein wird, an dem alle die Freiheit haben und Ihre Stadt und Ihr Land wieder vereint sind, wenn Europa geeint ist und Bestandteil eines friedvollen und zu höchsten Hoffnungen berechtigten Erdteiles, dann, wenn dieser Tag gekommen sein wird, können Sie mit Befriedigung von sich sagen, dass die Berliner und diese Stadt Berlin 20 Jahre die Front gehalten haben. Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger dieser Stadt West-Berlin, und deshalb bin ich als freier Mann stolz darauf, sagen zu können: Ich bin ein Berliner.
Kennedys Notizen zu seiner Rede: „Ish bin ein Bearleener“ und „kiwis Romanus sum“ (lat.: Ich bin ein Bürger Roms) sowie „Lusd z nach Bearleen comen“.
Fotos: DHM Berlin
M
eine Berliner und Berlinerinnen, ich bin stolz, heute in Ihre Stadt zu kommen als Gast Ihres hervorragenden Regierenden Bürgermeisters, der in allen Teilen der Welt als Symbol für den Kampf- und Widerstandsgeist West-Berlins gilt. Ich bin stolz, auf dieser Reise die Bundesrepublik Deutschland zusammen mit ihrem hervorragenden Herrn Bundeskanzler besucht zu haben, der während so langer Jahre die Politik der Bundesregierung bestimmt hat nach den Richtlinien der Demokratie, der Freiheit und des Fortschritts. Ich bin stolz darauf, heute in Ihre Stadt in der Gesellschaft eines amerikanischen Mitbürgers gekommen zu sein, General Clays, der hier in der Zeit der schwersten Krise tätig war, durch die diese Stadt gegangen ist, und der wieder nach Berlin kommen wird, wenn es notwendig werden sollte. Vor zweitausend Jahren war der stolzeste Satz, den ein Mensch sagen konnte, der: Ich bin ein Bürger Roms. Heute ist der stolzeste Satz, den jemand in der freien Welt sagen kann: Ich bin ein Berliner. Ich bin dem Dolmetscher dankbar, dass er mein Deutsch noch besser übersetzt hat. Wenn es in der Welt Menschen geben sollte, die nicht verstehen oder nicht zu verstehen vorgeben, worum es heute in der Auseinandersetzung zwischen der freien Welt und dem Kommunismus geht, dann können wir ihnen nur sagen, sie sollen nach Berlin kommen. Es gibt Leute, die sagen, dem Kommunismus gehöre die Zukunft. Sie sollen nach Berlin kommen. Und es gibt wieder andere in Europa und in anderen Teilen der Welt, die behaupten, man könne mit dem Kommunismus zusammenarbeiten. Auch sie sollen nach Berlin kommen. Und es gibt auch einige wenige, die sagen, es treffe zwar zu, dass der Kommunismus ein böses und ein schlechtes System sei, aber er gestatte es ihnen, wirtschaftlichen Fortschritt zu erreichen. Aber lasst auch sie nach Berlin kommen. Ein Leben in Freiheit ist nicht leicht, und die Demokratie ist nicht vollkommen. Aber wir hatten es nie nötig, eine Mauer aufzubauen, um unsere Leute bei uns zu halten und sie daran zu hindern, woanders hinzugehen. Ich möchte Ihnen im Namen der Bevölkerung der Vereinigten Staaten, die viele tausend Kilometer von Ihnen entfernt lebt, auf der anderen Seite des Atlantiks, sagen, dass meine amerikanischen Mitbürger stolz, sehr stolz darauf sind, mit Ihnen zusammen selbst aus der Entfernung die Geschichte der letzten 18 Jahre teilen zu können. Denn ich weiß nicht, dass jemals eine Stadt 18 Jahre lang belagert wurde und dennoch lebt in ungebrochener Vitalität, mit unerschütterlicher Hoffnung, mit der gleichen Stärke und mit der gleichen Entschlossenheit wie heute West-Berlin. Die Mauer ist die abscheulichste und stärkste Demonstration für
BERLINER KURIER MONTAG, 17. JUNI 2013
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John F. Kennedy hält seine Rede am 26. Juni 1963 aus Anlass des 15. Jahrestages der Berliner Luftbrücke.
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das Versagen des kommunistischen Systems. Die ganze Welt sieht dieses Eingeständnis des Versagens. Wir sind darüber keineswegs glücklich; denn, wie Ihr Regierender Bürgermeister gesagt hat, die Mauer schlägt nicht nur der Geschichte ins Gesicht, sie schlägt der Menschlichkeit ins Gesicht. Durch die Mauer werden Familien getrennt, der Mann von der Frau, der Bruder von der Schwester, und Menschen werden mit Gewalt auseinandergehalten, die zusammen leben wollen. Was von Berlin gilt, gilt von Deutschland: Ein echter Friede in Europa kann nicht gewährleistet werden, solange jedem vierten Deutschen das Grundrecht einer freien Wahl vorenthalten wird. In 18 Jahren Frieden und der erprobten Verlässlichkeit hat diese Generation der Deutschen sich das Recht verdient, frei zu sein, einschließlich des Rechtes, die
Die berühmte Rede des US-Präsidenten vor dem Schöneberger Rathaus
Familien und die Nation in dauerhaftem Frieden wiedervereinigt zu sehen, in gutem Willen gegen jedermann. Sie leben auf einer verteidigten Insel der Freiheit. Aber Ihr Leben ist mit dem des Festlandes verbunden, und deshalb fordere ich Sie zum Schluss auf, den Blick über die Gefahren des Heute hinweg auf die Hoffnung des Morgen zu richten, über die Freiheit dieser Stadt Berlin und über die Freiheit Ihres Landes hinweg auf den Vormarsch der Freiheit überall in der Welt, über die Mauer hinweg auf den Tag des Friedens mit Gerechtigkeit. Die Freiheit ist unteilbar, und wenn auch nur einer versklavt ist, dann sind nicht alle frei. Aber wenn der Tag gekommen sein wird, an dem alle die Freiheit haben und Ihre Stadt und Ihr Land wieder vereint sind, wenn Europa geeint ist und Bestandteil eines friedvollen und zu höchsten Hoffnungen berechtigten Erdteiles, dann, wenn dieser Tag gekommen sein wird, können Sie mit Befriedigung von sich sagen, dass die Berliner und diese Stadt Berlin 20 Jahre die Front gehalten haben. Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger dieser Stadt West-Berlin, und deshalb bin ich als freier Mann stolz darauf, sagen zu können: Ich bin ein Berliner.
Kennedys Notizen zu seiner Rede: „Ish bin ein Bearleener“ und „kiwis Romanus sum“ (lat.: Ich bin ein Bürger Roms) sowie „Lusd z nach Bearleen comen“.
Fotos: DHM Berlin
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eine Berliner und Berlinerinnen, ich bin stolz, heute in Ihre Stadt zu kommen als Gast Ihres hervorragenden Regierenden Bürgermeisters, der in allen Teilen der Welt als Symbol für den Kampf- und Widerstandsgeist West-Berlins gilt. Ich bin stolz, auf dieser Reise die Bundesrepublik Deutschland zusammen mit ihrem hervorragenden Herrn Bundeskanzler besucht zu haben, der während so langer Jahre die Politik der Bundesregierung bestimmt hat nach den Richtlinien der Demokratie, der Freiheit und des Fortschritts. Ich bin stolz darauf, heute in Ihre Stadt in der Gesellschaft eines amerikanischen Mitbürgers gekommen zu sein, General Clays, der hier in der Zeit der schwersten Krise tätig war, durch die diese Stadt gegangen ist, und der wieder nach Berlin kommen wird, wenn es notwendig werden sollte. Vor zweitausend Jahren war der stolzeste Satz, den ein Mensch sagen konnte, der: Ich bin ein Bürger Roms. Heute ist der stolzeste Satz, den jemand in der freien Welt sagen kann: Ich bin ein Berliner. Ich bin dem Dolmetscher dankbar, dass er mein Deutsch noch besser übersetzt hat. Wenn es in der Welt Menschen geben sollte, die nicht verstehen oder nicht zu verstehen vorgeben, worum es heute in der Auseinandersetzung zwischen der freien Welt und dem Kommunismus geht, dann können wir ihnen nur sagen, sie sollen nach Berlin kommen. Es gibt Leute, die sagen, dem Kommunismus gehöre die Zukunft. Sie sollen nach Berlin kommen. Und es gibt wieder andere in Europa und in anderen Teilen der Welt, die behaupten, man könne mit dem Kommunismus zusammenarbeiten. Auch sie sollen nach Berlin kommen. Und es gibt auch einige wenige, die sagen, es treffe zwar zu, dass der Kommunismus ein böses und ein schlechtes System sei, aber er gestatte es ihnen, wirtschaftlichen Fortschritt zu erreichen. Aber lasst auch sie nach Berlin kommen. Ein Leben in Freiheit ist nicht leicht, und die Demokratie ist nicht vollkommen. Aber wir hatten es nie nötig, eine Mauer aufzubauen, um unsere Leute bei uns zu halten und sie daran zu hindern, woanders hinzugehen. Ich möchte Ihnen im Namen der Bevölkerung der Vereinigten Staaten, die viele tausend Kilometer von Ihnen entfernt lebt, auf der anderen Seite des Atlantiks, sagen, dass meine amerikanischen Mitbürger stolz, sehr stolz darauf sind, mit Ihnen zusammen selbst aus der Entfernung die Geschichte der letzten 18 Jahre teilen zu können. Denn ich weiß nicht, dass jemals eine Stadt 18 Jahre lang belagert wurde und dennoch lebt in ungebrochener Vitalität, mit unerschütterlicher Hoffnung, mit der gleichen Stärke und mit der gleichen Entschlossenheit wie heute West-Berlin. Die Mauer ist die abscheulichste und stärkste Demonstration für
BERLINER KURIER MONTAG, 17. JUNI 2013
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Im Visier der Stasi S
cheinbar schwerelos gleitet der Lincoln Continental über die Scheidemannstraße. In dem Cabrio sitzen John F. Kennedy, Konrad Adenauer und Willy Brandt. Vor einigen Minuten hielt der US-Präsident in der Kongresshalle eine Ansprache vor Gewerkschaftsvertretern. Jetzt ist er auf dem Weg zum Brandenburger Tor. Und wird dabei, mal mehr, mal weniger auffällig, aufmerksamst beäugt. Der Lincoln biegt rechts ab auf die Ebertstraße. Zu seiner linken liegt die Mauer, die Berlin seit zwei Jahren trennt. Sie scheint zum Greifen nah. Am Brandenburger Tor, von DDR-Grenzern zugehängt, stoppt der Wagen. Kennedy steigt auf eine Aussichtsplattform. Von dort blickt er auf eine breite Tafel, die an die Konferenzen von Jalta und Potsdam erinnert, bei denen sich die USA, England und die Sowjetunion auf die Nachkriegsordnung einigten. Und er blickt in viele Augen, die ihn beobachten. Den Augen entgeht so gut wie nichts, drüben wie hüben. Zahlreiche Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) haben Kennedy im Visier. Heute ist ihnen besonders wichtig, Informationen aller Art zu sammeln – und Zwischenfälle jeglicher Art zu vermeiden. „Die Stasi war mindestens schon Anfang Mai über den Ablauf des Kennedy-Besuchs in Westberlin gut informiert“, ins-
besondere mit Hilfe von Informanten in den Parteien, sagt Fachjournalist Holger Kulick von der Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU). Ihn wundert nicht, dass Kennedy im Visier der Stasi war, „sogar Günther Guillaume hat ihn fotografiert“, der spätere MfS-Agent im Bundeskanzleramt. Aber ihn verblüfft, dass es dazu bislang keine intensiven Recherchen gab. Die meisten Originalakten hat die Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) des MfS zur Wende vernichtet. Aber viele, in anderen Akten verbliebene Kopien belegen, wie akribisch sich die Stasi Material beschaffte, um rechtzeitig über die Ziele des Kennedy-Besuchs und über Stimmungslagen in der eigenen Bevölkerung informiert zu sein. Auf einem Schreibtisch von Holger Kulick stapeln sich Aktenordner. Er bereitet einen Vortrag für die Gedenkstätte Berliner Mauer vor, er beginnt zu blättern. Da, die „Einzel-Information über den Besuch Kennedys in Westdeutschland und Westberlin“ mit dem Vermerk „Streng geheim!“. Der Verfasser warnt unter Berufung auf Spekulationen aus Kreisen der Westberliner Bereitschaftspolizei, „daß in der Zeit des Kennedy-Besuchs Provokationen in Form von Grenzdurchbrüchen nach Westberlin vorbereitet werden können. In einer Bera-
Fotos: ddp images/USIS/John Fitzgerald Kennedy, Thomas Lebie
Bestens informiert und hochkonzentriert verfolgt das MfS den Besuch von Kennedy
tung (…) wurde beschlossen, alle provisorischen Schutzanlagen entlang der Staatsgrenze zum demokratischen Berlin stärker auszubauen.“ „Im Osten wurden die Sicherheitsmaßnahmen und Kontrollen erheblich verstärkt“, sagt Holger Kulick, „und Sonderausweise für MfS-Mitarbeiter ausgegeben.“ Nicht nur Grenzdurchbrüche fürchtet das MfS, auch Menschenaufläufe und SympathieBekundungen. Rund um die Uhr, kurz vor, während und kurz nach dem Kennedy-Besuch, machen Stasi-Mitarbeiter über jeden und alles Meldung, sei es über einen Mann, der in einem Café an der Schönhauser Allee zwei Grenzern 3000 D-Mark ge-
ben will, wenn sie ihn in den Westen schleusen, oder über eine „Hetzlosung gegen den Staatsratsvorsitzenden im Zusammenhang mit dem Besuch Kennedys“ in der Toilette eines Zuges im Bahnhof Lichtenberg. Kennedy ist noch am Brandenburger Tor, als ein MfS-Hauptmann meldet: „Unter den Linden Ecke Wilhelmstr. soll Menschenansammlung sein. Zahl und Charrakter (sic!) unbekannt (…) Meldung bestätigt, ca 50 Schaulustige. Sicht nach drüben nicht möglich, da Blenden angebracht sind. VP (Volkspolizei) zerstreut. Tiefensicherung wird durchgeführt.“ Kurz nach 12 Uhr werden weitere Aufläufe gemeldet: etwa 100 Personen im Ruinengelände hin-
ter dem Café Stadtmitte, 50 bis 100 Personen Ecke Friedrichstraße/Leipziger Straße – auch sie werden „zerstreut“. Kennedy ist zu diesem Zeitpunkt am Checkpoint Charlie. Näher wird er der Mauer nicht kommen. Wieder steigt er auf eine Plattform, wieder schweift sein Blick in den Osten. Unter ihm, hinter der Mauer, zwischen Stacheldraht und Panzersperren, stehen zwei Männer, die von ihm Aufnahmen machen. Als Kennedy am Nachmittag vor dem Rathaus Schöneberg die Worte „Ish bin ein Bearleener!“ spricht, ist der Westen begeistert, der Osten entsetzt. „Die Sowjetunion war überrascht, dass Kennedy so deutlich Stellung bezog“, sagt Holger Ku-
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50 JAHRE JFK 11
Die Kennedy-Route
lick. Nicht die DDR. „Die Stasi hatte das vorausgesehen, auf Kennedys Umarmung der Berliner hatte Brandt spekuliert.“ Die MfS-Mitarbeiter machen bis in den späten Abend Meldung. Einer der letzten Einträge berichtet von einem Stasi-Mitarbeiter, der einen Kollegen im Köpenicker Kupferwalzwerk KWO verpfeift: Der wolle „Transparente aufstellen, die sich gegen den Besuch des Gen. Chr. aussprechen“ – gegen den Genossen Chruschtschow. Der sowjetische Staatschef wird am 28. Juni in Ostberlin erwartet. Nicht nur nach seinem Abflug bleibt Kennedy im Visier des MfS. „Die Stasi hat zahlreiche Dokumente über die Ermordung Kennedys fünf Monate später
Holger Kulick erforscht das Verhältnis der Stasi zu JFK. Das große Foto zeigt Kennedy am Checkpoint Charlie; zwei Männer machen Aufnahmen von ihm. gesammelt und eigene Analysen gemacht“, sagt Holger Kulick. „Dabei favorisierte sie offenkundig eine Verschwörungstheorie: ein Komplott der CIA.“ Kennedys Tod verändert das Bild, das die DDR-Spitzen von ihm hatten. Holger Kulick: „Mit ihm starb auch die Chance auf Entspannung. Das, so stellt es auch die Stasi in ihren Analysen fest, bedauern viele Ostberliner.“ MIB
Bis zu zwei Millionen Menschen säumen die Straßen Westberlins, als John F. Kennedy am Morgen des 26. Juni 1963 seine Tour durch die Stadt beginnt. Viel Zeit hat er nicht: 7,5 Stunden. Es reicht, um Geschichte zu machen. Spätestens mit seinen berühmten Worten vor dem Rathaus Schöneberg ist klar, dass sein Besuch eine nachhaltige Wirkung haben wird. So eine Wirkung erhoffen sich auch die Genossen um den sowjetischen Staatschef Nikita Chruschtschow, der zwei Tage später Ostberlin besucht. Auch er wird bejubelt, auch er fährt in einem Cabrio, auch er hält eine Rede (am Roten Haus). Und doch ...
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John F. Kennedy, 1963, Abflug mit der Air Force One von Berlin-Tegel, Aufnahme © Ulrich Mack
EIN MUSS FÜR JEDEN BERLINER
12 50 JAHRE JFK
BERLINER KURIER MONTAG, 17. JUNI 2013
Dallas, 1 p.m. – das Ende aller Träume
Um 12.30 Uhr fallen drei Schüsse. Eine halbe Stunde später wird Kennedy für tot erklärt
D
rei Schüsse erschüttern am 22. November 1963 die Welt. John F. Kennedy greift sich an die Stirn und fällt in den Schoß seiner Frau Jackie. Der Lincoln Continental X100, in dem das Paar bei seiner Fahrt durch Dallas sitzt, fährt erst einmal weiter. Die Menschen stehen mit offenen Mündern am Straßenrand. Eben haben sie noch gejubelt, jetzt sind sie stumm, als Jackie schreit: „Was machen Sie mit dir? Ich liebe dich, Jack!“ Um 1 Uhr Ortszeit (1 p.m./post meridiem) wird der 35. Präsident der USA für tot erklärt. Eine knappe Stunde darauf nehmen Polizisten den bekennenden Marxisten-Leninisten
Lee Harvey Oswald (24) fest. Er wird zwei Tage später vom Nachtclubbesitzer und MafiaHandlanger Jack Ruby erschossen – es ist der Beginn wuchernder Verschwörungstheorien. Sogar die CIA gerät ins Visier. Gewissheit gibt es bis heute nicht. Mit JFK starb eine Ära. Kein anderer US-Präsident wurde je so verehrt. Kein anderer gab der Welt soviel Glamour – auch dank seiner schönen, mit ihren Kostümen und Hüten eine ganze Nation prägenden Gattin sowie seiner wilden Affären, unter anderen mit Marilyn Monroe. Und keiner weckte so sehr die Hoffnung auf Entspannung im Kalten Krieg und auf eine freie Welt. John Fitzgerald Kennedy wur-
de am 29. Mai 1917 als zweitältester Sohn von Joseph P. Kennedy und Rose Fitzgerald Kennedy in Massachusetts geboren. Sein Großvater mütterlicherseits ist der demokratische Politiker John F. Fitzgerald. Als Sohn reicher, aber nicht gerade liebevoller Eltern – er beklagte, von seiner Mutter nie umarmt worden zu sein – genoss er eine privilegierte Jugend. Er besuchte Privatschulen, feierte gerne, war aber eher schwächlich. Dafür war er ehrgeizig, auch um seinem strengen Vater zu gefallen. Der smarte, welterfahrene, gebildete Womanizer studierte, ging in die Politik – und am 20. Januar 1961 wurde er mit nur 43 Jahren Präsident.
Kennedy war 1036 Tage im Amt. In diese Zeit fielen einschneidende Ereignisse: die Verstärkung des US-Militär-Engagements in Vietnam, das Scheitern der Invasion Kubas, der Bau der Berliner Mauer, die Kubakrise, welche die Welt an den Rand des Atomkriegs brachte. Als JFK starb, hinterließ er Leere. Und scheinbar einen Fluch. Am 6. Juni 1968 wurde sein Bruder Robert ermordet. 1994 starb Ehefrau Jackie an Krebs, 1999 kam Sohn John bei einem Flugzeugabsturz um. Seine Mutter Rose, die vier ihrer Kinder zu Grabe trug, sagte stets: „Gott schickt uns keine Last, die wir nicht tragen können.“ AKP
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Fotos: dpa, AP
50 JAHRE JFK 13
Kurz vor dem Attentat in Dallas (großes Foto). Nach den Schüssen versucht Jacqueline, aus dem fahrenden Auto zu klettern (kleines Foto). Bei der Beerdigung salutiert John (3) am Sarg seines Vaters. Neben ihm seine Mutter und seine Schwester Caroline, hinter ihr Edward (links) und Robert Kennedy
Alles begann in Berlin
Seit über 20 Jahren ist Hines in Berlin und Deutschland tätig Als Gerald D. Hines, Gründer und Inhaber des ameri
Gebäude der DZ BANK am Pariser Platz sowie „die
Projekten wurden das Benrather Karree in Düsseldorf,
kanischen Unternehmens Hines, nach dem Fall der Mau
Mitte“ am Alexanderplatz sind fertiggestellt. Das Ber
das Uptown in München, die Hofstatt in München oder
er nach Berlin reiste, war er von der aufstrebenden und
liner Büro ist allerdings längst nicht mehr die einzige
das Postquartier in Stuttgart entwickelt. Hines hat in
sich wiedervereinenden Stadt sofort ergriffen. Er fasste
Niederlassung des Unternehmens außerhalb der USA.
Deutschland über 1.000.000 Quadratmeter Mietfläche
den Entschluss, in Berlin und vor allem am Alexan
Mit 104 Standorten in 18 Ländern ist Hines weltweit
entwickelt, akquiriert und im Management. Weltweit
derplatz zu bauen, gründete 1991 das Berliner Büro und
aktiv in den Bereichen Projektentwicklung und Real
verwaltet das Unternehmen Vermögenswerte in Höhe
damit die erste Niederlassung außerhalb der USA.
Estate Investment. Mehr als 1.208 Projekte mit 45
von etwa 23,8 Milliarden USDollar.
Millionen Quadratmetern wurden unter der Feder Das ist nun über 20 Jahre her und die Projekte Hofgar
führung des Unternehmens erworben, gemanagt und
ten und Rosmarin Karrée an der Friedrichstraße, das
entwickelt. In Deutschland arbeiten über 42 Immobili
Upper Eastside an der Straße Unter den Linden, das
enspezialisten an acht Standorten. Neben den Berliner
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14 50 JAHRE JFK
Obama und das Erbe seines Vorgängers
Das Grußwort Von Philip D. Murphy, US-Botschafter
Enormer Respekt vor diesem Land
P
Was verbindet und was unterscheidet die Besuche des 35. und des 44. US-Präsidenten in Berlin? Fotos: dpa (3), Markus Wächter
räsident Obama besucht Berlin. Und kurz darauf feiern wir den 50. Jahrestag des berühmten BerlinBesuchs von Präsident John F. Kennedy. Viele fragen, ob dieser Besuch so geplant wurde, damit er mit dem Jahrestag der „Ich-bin-ein-Berliner“-Rede zusammenfällt. Zweifelsohne ist Präsident Obama ein großer Bewunderer Kennedys. Für ihn war Kennedy ein „edler Staatsdiener, der etwas „Besuch wird bewegen wollte“, eine „Ikoetwas ganz ne, eine überBesonderes“ ragende Persönlichkeit, die einen glorreichen kurzen Augenblick auf der Erde weilte“. Der Zeitpunkt des Besuchs von Präsident Obama hängt vielmehr mit der Koordination seiner internationalen Termine zusammen. Dass sich Kennedys Besuch kurz darauf jährt, ist ebenso ein Zufall wie die Tatsache, dass Obama aus Irland anreist und Kennedys nächste Station im Juni 1963 Irland war. Abgesehen davon ist jeder Besuch eines US-Präsidenten in Berlin etwas Besonderes. Erinnern wir uns an den Besuch Trumans 1945, der sagte, die Vereinigten Staaten wollten „Frieden und Wohlstand für die ganze Welt“. Erinnern wir uns an Reagans Aufruf, die Mauer einzureißen, oder an Clintons Deutschland-Besuch nach der Wiedervereinigung, auf die sein Vorgänger Bush sen. so intensiv hingearbeitet hatte. Jeder dieser Präsidenten stand für das dauerhafte Engagement der Vereinigten Staaten für Deutschland. Der Besuch von Präsident Obama zeigt den enormen Respekt, den die Vereinigten Staaten vor diesem Land haben. Es ist ein wichtiger Akteur im Einsatz für den von Truman angestrebten weltweiten Frieden und Wohlstand. Deutschland ist nicht nur eine treibende Wirtschaftskraft, sondern auch ein Verfechter von Menschenrechten und gemeinsamen Werten. Die Möglichkeit, große Ideen und Träume haben zu können, beschreibt die Welt, die sich Präsident Kennedy vorgestellt hat, und sie ist auch Teil der großen Anziehungskraft von Präsident Obama. Dieser Besuch wird, wie andere zuvor auch, etwas ganz Besonderes sein, und ich für meinen Teil kann es kaum erwarten.
BERLINER KURIER MONTAG, 17. JUNI 2013
S
chlank, jung, leger – JFK und Barack Obama ähneln sich schon ein bisschen. Aber zwischen ihren präsidialen Berlin-Besuchen liegen 50 Jahre. Eine Zeit-
spanne, die Dr. Winfried Fluck (69) gut überblicken kann: Als Kennedy kam, war er Student an der FU und hörte die Reden des Präsidenten, heute ist er an seiner Heimat-Uni Professor für
50 Veranstaltungen an 19 Orten
Mit über 50 Veranstaltungen an 19 Orten gedenkt Berlin des JFK-Besuchs in der geteilten Stadt vor 50 Jahren. So zeigt der Verein Alliierte in Berlin die Besatzungs-Epoche der Sektorenstadt als Ausstellung im Hangar Tegel. Das Alliierten-Museum organisiert eine Videobus-Tour zu den Stationen des Besuchs. Am 26. Juni wird an verschiedenen Orten die siebenstündige SFB-Sondersendung von 1963 gezeigt, unter anderem im Zeughauskino des Deutsch-Historischen Museums, im AlliiertenMuseum, im Forum Willy Brandt. Die Projektinitiative BerlinPatrol wartet mit einer Militäroldtimer-Sternfahrt nach Gatow auf. An der FU Berlin, an der Kennedy zu Studenten sprach, sind Vorträge und ein Festakt geplant. Das Programm finden Sie unter www.berlin.de/ kennedy
Barack Hussein Obama II, 44. Präsident der USA
50 JAHRE JFK 15
amerikanische Kultur. Für ihn sind Kennedy und Obama tatsächlich vergleichbar: „Beide haben ein besonderes Charisma, das jeder mit seinem jeweiligen Wunschbild der USA in Verbindung bringen kann. Sie stehen für die guten US-Tugenden.“ Kennedy war mit seiner Haartolle, seinem jugendlichen Auftreten, seinen Bewegungsabläufen ein schieres Gegenbild zu seinem Gastgeber Bundeskanzler Konrad Adenauer, der mit Alter und Gebrechlichkeit für viele bundesdeutsche Politiker stand. Ein Typ wie Kennedy wurde in der
Politik einfach nicht erwartet. Fluck: „Als Kennedy nach Berlin kam, mischte sich seine Erscheinung mit der Lebenswelt der Berliner.“ Der Besuch, der etwas vom „Auftritt eines Königs in einer belagerten Stadt hatte“, sei deshalb ein so großer Erfolg geworden, weil man dem tatkräftig wirkenden Präsidenten abnahm, dass er die Sicherheitsgarantien der USA für WestBerlin ernst meinte. Den grauen Berufspolitikern, die sonst die Welt bevölkerten, hätten die Menschen in der Stadt der ungewissen Zukunft Versprechungen nicht geglaubt. Auch Obama scheint für viele Deutsche die besten US-Werte zu verkörpern. Aber hier fangen die Unterschiede an. Während bei Kennedy das JugendlichTatkräftige begeisterte, werde Obama eher mit dem multikulturellen Amerika assoziiert. Fluck: „Mit seinem Aufstieg außerhalb des Establishments, seiner Coolness und seiner saloppen Art vermittelt er den Eindruck, dass der Kampf um die multikulturelle Gesellschaft entschieden ist.“ Aber im Gegensatz zu Kennedy verkörpert er nicht mehr eine USA, die junge Deutsche
1963 im Kopf hatten. Fluck: „Wir amerikanisierten uns damals selbst. Die USA waren für uns ein Land, das mehr zu bieten schien als die verkümmerte Bundesrepublik. Sie hatten eine hohe kulturelle Attraktivität – Pop-Kultur, Musik, alle trugen Jeans. Im Gegensatz zur europäischen Statusgesellschaft glaubten wir, in den USA sei man von Regeln befreit.“ Heute würden die USA nicht mehr als Vorbild, sondern als normaler Staat gesehen. Professor Fluck verwendet das sperrige Wort „Veralltäglichung“. Zwar wolle wohl jeder junge Deutsche mal nach New York oder Kalifornien, die Weite des Landes, die Freundlichkeit der Menschen faszinierten bis heute. Gleichzeitig nehme man zur Kenntnis, dass es in den USA Befremdliches und Fehlentwicklungen gebe. Ein paar Stichworte: Umweltpolitik, Waffengesetze, wachsende soziale Ungleichheit, Gesundheitssystem. Fluck: „Es gibt nicht mehr die eine ablehnende oder identifikatorische Haltung gegenüber den USA. Beides kann selbst in einer Person nebeneinander stehen.“ In den letzten Monaten geriet Obamas Bild ins Wanken – Guantanamo ist bis heute nicht aufgelöst, der Drohnenkrieg gegen Terroristen fordert vermutlich immer wieder unbeteiligte Opfer, US-Sicherheitsbehörden saugen ungeheure Datenmengen aus sozialen Netzwerken im Namen der Terrorbekämpfung. Für Fluck eine ganz normale Entwicklung: „Es ist ein Problem der Realpolitik. Und Barack Obama ist ein effektiver Realpolitiker. Er hat genau im Auge, was der US-Mainstream will. Wenn er dessen Unterstützung in Sicherheitsfragen verliert, kann er seine anderen Vorhaben abschreiben.“ Seit 1945 hätten die Sicherheitsbehörden allen Präsidenten Entscheidungen vorge-
geben: „Wenn er ihnen nicht folgt und etwas passiert, wird ihm die Schuld gegeben.“ Obama sei von dieser Linie letztlich nicht abgewichen, er mache typische US-Realpolitik, auch wenn damit die „Entzauberung des Helden“ einhergehe. Die hätte auch Kennedy wohl nicht vermeiden können, denn er hätte sich im Falle Vietnams so verhalten wie sein Nachfolger Lyndon B. Johnson. Fluck: „Sein tragischer Tod hat die Entzauberung verhindert. Bei Obama ist sie mittlerweile auch in den USA in vollem Gange.“ GL
„Frage […], was du für dein Land tun kannst!“ –
John F. Kennedy, 35. Präsident der USA
ohn F. enned , 20. anuar 1961 –
Präsident Kennedy besuchte am 26. Juni 1963 mit Berlin eine—wie er es in seiner Rede ausdrückte—„verteidigte Insel der Freiheit.“ Freiheit war immer eine Grundkomponente des Lebens dieser Stadt, auch in den dunkelsten Kapiteln ihrer Geschichte. Ohne Freiheit gibt es kein selbstbestimmtes Leben; sie ist der Grundstoff der menschlichen Existenz.
Checkpoint Charlie Stiftung Berliner Volksbank BLZ 100 900 00 Kontonr. 884 805 1005 IBAN DE 90 1009 0000 8848 0510 05
In diesem freiheitlich-demokratischen Geist errichtete das Abgeordnetenhaus von Berlin anlässlich des Abzugs der amerikanischen Streitkräfte 1994 die Checkpoint Charlie Stiftung als gemeinnützige, überparteiliche Institution von Bürgern für Bürger zur Pflege der deutsch-amerikanischen Beziehungen der Stadt Berlin. Seitdem wurden mit rund 3 Mio. €uro über 600 deutsch-amerikanische Projekte in Berlin oder den USA gefördert und ermöglichten etwa 50.000 Bürgerinnen und Bürgern beidseitig des Atlantiks interkulturelle Begegnungen, die sich häufig zu tiefen Freundschaften entwickelten. Wer auf der Welt über 6.300 Kilometer voneinander getrennt lebt, muss nicht nur Entfernungen überwinden, sondern für ein gut funktionierendes, vertrauensvolles, innovatives Miteinander auch hart arbeiten und viel investieren – das geht langfristig nur mit Ihrer finanziellen Hilfe! Wenn Sie die deutsch-amerikanischen Beziehungen zwischen Berlin und den Vereinigten Staaten von Amerika auch in Zukunft gefestigt sehen und mit bürgerschaftlichem Engagement begleiten wollen, dann unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer jährlichen Spende oder einer größeren Zustiftung. Damit es auch weiter „sexy“ bleibt zu sagen: „Ich bin ein Berliner!“
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