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WGLi Wohnungsgenossenschaft Lichtenberg eG Landsberger Allee 180 B 10369 Berlin www.wgli.de
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Wohnen zwischen Tierpark und Fennpfuhlpark
Zu Hause in Berlin-Lichtenberg
Modernes Wohnen in Berlins größter Wohnungsgenossenschaft ca. 10.000 Wohnungen in den Stadtteilen Fennpfuhl und Friedrichsfelde 11 verschiedene Bautypen, 1- bis 5-Zimmer-Wohnungen, 30 m2 bis 154 m2 soziale Sicherheit durch stabile Mieten; bei Neueinzug keine Erhöhung der Nettokaltmiete bis Ende 2018 lebenslanges Wohnrecht Wohnbedürfnisse aller Altersgruppen finden Berücksichtigung großzügig gestaltete Höfe mit Ruhezonen, Sport- und Spielanlagen Ansprechpartner im Wohngebiet: Ihr WGLi-Hausmeister
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WOHNUNGSGENOSSENSCHAFT LICHTENBERG eG
WOHNEN IST LEBEN
775 Jahre Berlin
Östlichste Stadt Amerikas
Liebe Leserinnen, liebe Leser, 775 Jahre Berlin. Das sind 775 Jahre rasanter Entwicklung. Keine Stadt in Deutschland verändert sich so schnell, so wild, so interessant wie Berlin. Zu allen Zeiten war die Stadt geprägt von Aufbrüchen und Umbrüchen. Grund für Ihre Berliner Zeitung, zurückzuschauen und die Geschichten Berlins zu erzählen. Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen.
Es gibt kaum etwas Berlinisches in der Architektur Berlins. Das eigentlich Typische ist der Drang zu immer Neuem, der in allen Epochen zu erkennen ist.
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Brigitte Fehrle, Chefredakteurin
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Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche um 1920
V ON N IKOLAUS B ERNAU
erlin wurde aus dem Kahn geschaffen. Wenigstens, als noch traditionelle Bauwirtschaft herrschte. Auf der Spree kamen Millionen und Abermillionen Ziegel, Kacheln und Fliesen aus dem lehmigen Brandenburger Umland, Holz für Decken, Fußböden, Dächer, Fenster und Türen. Doch gibt es eine auch speziell berlinische Architektursprache, die aus diesen Materialien zusammengefügt wurde? Die Frage ist nicht neu. Spätestens, als mit der Industrialisierung nach 1860 Berlin erst zur deutschen, ab etwa 1900 auch zu einer internationalen Metropole wuchs, stellte sie sich immer wieder. Die Einwanderer suchten nach einem Grund, auf ihre neue Heimat auch kulturell stolz sein zu können. Die alten Eliten, die Kaufleute, die Beamten und Handwerker, wollten mit der Berufung auf eine große (Kunst-)Geschichte ihre Macht darstellen und bewahren. So, wie es ja auch in anderen Städten gelungen war, in Köln, Hamburg, München, aber auch in London, Paris oder Wien. Nicht zufällig erhielt die Nikolaikirche also im späten 19. Jahrhundert zwei hohe Türme, die an die Dome und Kirchen in ehrwürdigen Hansestädten wie Bremen oder Lübeck erinnern. In Berlin scheiterte die Strategie, über die Beschwörung alter Architektur soziale Macht zu bewahren, auf ganzer Linie. Die Stadt wurde wohl zu einem Treffpunkt für Menschen, wie Heinrich Heine lästerte, aber sie prägte diese nicht. Die Menschen prägten stattdessen Berlin. Und zwar immer neu. Auch das macht diese Stadt so besonders in Europa – und machte sie, wie man im späten 19. Jahrhundert sowohl avantgardistisch feierte, wie kulturpessimistisch lästerte, zur östlichsten Stadt Amerikas. Zuerst einmal: Vor etwa 1700 gibt es sicherlich kaum etwas speziell Berlinisches in Berlin. Berlin und seine Schwesterstadt Cölln waren im Mittelalter und in der frühen Neuzeit zwar schon von einer gewissen regionalen Bedeutung. Darauf deuten die neuesten Ausgrabungen hin, die überraschend viele Funde sogar vom verloren geglaubten mittelalterlichen Rathaus hervorgebracht haben. Doch zeigen diese Funde auch: Mit Brandenburg/ Havel, Prenzlau, oder gar mit Lübeck, Breslau, Köln oder Wien war die Doppelstadt in keiner Weise zu vergleichen. Einige Steinhäuser an der heutigen Rathausstraße gab es wohl, meist aber lebten die Menschen in Fachwerkbauten, die spätestens im 17. Jahrhundert der Schönheit und des Feuerschutzes wegen verputzt wurden. Die Kirchen hatten gute Proportionen und Details. Aber für Schmuckgiebel wie an St. Katharinen in Brandenburg/Havel oder am Rathaus in Prenzlau war in Berlin-Cölln kein Geld, vielleicht auch nicht der Geist vorhanden. Höhere Kultur nämlich kam hier immer von außen, wie der von Böhmen inspirierte, raffinierte Hallenumgangschor der St. Nikolaikirche zeigt. Die Straße Unter den Linden wurde 1647 nach dem Vorbild der Lange Voorhout in Den Haag angelegt, einer angenehmen Adels-Promenade. Für Friedrich III., der sich 1701 zum König in Preußen selbst krönte, waren Paris und Versailles das Ideal: Auf sie bezog sich der gewaltige Block des von Andreas Schlüter entworfenen Berliner Schlosses und die langgestreckte Anlage von Schloss Charlottenburg.
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Der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. richtete seinen Blick nach 1713 erneut in die zivilisierten Niederlande – das Holländische Viertel in Potsdam zeugt noch davon. Und er sah auch nach Rom: Der Dreistrahl der Straßen in der Friedrichstadt ist eine Paraphrase des Dreistahls von der Piazza del Popolo. Doch was dort ein barockes Stadttheater mit Licht und Schatten, Enge und Weite ist, blieb in Berlin eine sture Städtebaulinie, militärisch gerade und sauber. Immer wieder wird die Ordnung Berlins im 18. Jahrhundert gerühmt – aber ohne wirkliche Kunst. Auch unter seinen Nachfolgern Friedrich II. und Friedrich Wilhelm II. blieb das bürgerliche Bauen Berlins klar und schlicht, mit einigem Dekor hier und dort, oft reizvoll farbig, aber letztlich bescheiden. Man vergleiche nur die Stadtbilder aus Berlin und Potsdam mit jenen von Wien, Paris, London, Rom oder gar St. Petersburg. Es brauchte ein vom üppigen Überschwang des wilhelminischen Historismus erschöpftes, patriotisch bewegtes Bürgertum, um diese Nüchternheit nach 1890 zu einem neuen Ideal zu verklären, zum Stil „Um 1800“. Dabei zeigte sich um 1800 zum ersten Mal jenes Phänomen, das das eigentlich Berlinische werden sollte: Der Drang zum immer Neuen. Jede Generation von Einwanderern konstruiert sich seitdem ihr eigenes Berlin. Keine andere europäische Stadt hat sich deswegen in den vergangenen 200 Jahren derart oft radikal gehäutet. Triumphe des Siedlungsbaus mit Flachdächern Um 1890 war das frühneuzeitliche Berlin verschwunden, beherrschten Neu-Renaissance, -Barock- und -RomanikFassaden das Straßenbild. 1910 waren selbst die Bauten Schinkels fast alle abgerissen oder stark verändert. In den 1920ern begann man, das gerade trocken gewohnte kaiserzeitliche Berlin wieder zu beseitigen. Avantgardisten wie moderate Reformer feierten Triumphe, ihr Kampf um Flach- oder Satteldach in den Siedlungen Zehlendorfs und Neuköllns wurde zur Legende der Moderne. Hitler wagte nicht, Wien, die alte Hauptstadt der deutsch-römischen Kaiser, abzureißen. Anstelle von Berlin aber sollte das kolossale Germania entstehen. Auch die Abrissorgien der Nachkriegszeit bestätigten in Ost- und West-Berlin das lokale Selbstbewusstsein: Nur wir sind wichtig, nur heute ist wichtig. In Berlin entstand mit der Stalin-Allee seit 1952 eines der größten Monumente der sozialistischen Moderne, mit dem Hansaviertel 1957 eines der wichtigsten des International Style. Hier wurde um 1975 mit der Rettung der Altstadtviertel begonnen, indem die kurz davor entstandenen, teilweise noch gar nicht fertigen Quartiere wie das Märkische Viertel als Nicht-Stadt diffamiert wurden. Und hier wurde mit den nur schein-historischen Anlagen des Nikolaiviertels und der West-Berliner Internationalen Bauausstellung IBA 1987 die alte Stadt als Bild für neue Quartiere wieder entdeckt. Es war charakteristisch für Berlin, dass es Senatsbaudirektor Hans Stimmann nach der Wiedervereinigung 1990 zwar gelang, aus seiner ganz persönlichen Vorstellung vom speziell Berlinischen in der Architektur eine bürokratisch geregelte, kommerzielle Baukultur aus Fassadenrastern mit Putz- und Natursteinbelag zu etablieren. Doch in dem Moment, als er den Berliner Bürgern die Hand frei ließ, entstand das wilde Stilmischmasch am Friedrichwerder. Berlinisch bauen, heißt eben ständig nach dem eigentlichen Berlin zu suchen, um es niemals finden zu wollen. Denn dann wäre Berlin ja ganz normal.
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775 Jahre Berlin
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In Mitte entsteht das Schloss wieder, in der City-West gibt es neue Hochhäuser, und Ministerien vergrößern sich. V ON U LRICH P AUL
ie Fassade zieren Blattgehänge, Widderköpfe und Adler aus Sandstein – das neue Berlin sieht ganz aus wie das alte. Jedenfalls auf dem Schlossplatz in Mitte. Dort soll bis zum Jahr 2019 ein Neubau entstehen, den an drei Seiten die Barockfassaden des einstigen Berliner Schlosses schmücken. Am Rande des Schlossplatzes steht seit Sommer dieses Jahres eine Musterfassade, die zeigt, wie das Schloss einmal aussehen soll. Zurzeit laufen vorbereitende Arbeiten auf dem Baugrundstück. Die Grundsteinlegung ist im nächsten Jahr geplant. Kaum ein Bauprojekt in den vergangenen 20 Jahren war so umstritten wie das Schloss. Gegner kritisieren die Rekonstruktion der Barockfassaden als rückwärtsgewandt. Aus Sicht der Befürworter wird dagegen endlich eine städtebauliche Wunde in der Mitte Berlins geheilt. Leidenschaftlich gestritten wurde auch über den Bau von Hochhäusern. Nachdem mit dem Bahn-Tower und dem Kollhoff-Turm die ersten markanten Hochhäuser seit der Wiedervereinigung am Potsdamer Platz entstanden sind, ragt nun am Breitscheidplatz das erste neue Hochhaus in der City-West empor. Das Zoofenster, in dem noch in diesem Herbst Deutschlands erstes Waldorf-Astoria Hotel eröffnen will, ist so gut wie fertig. 118 Meter reckt sich derTurm mit der hellen Fassade, der auf dem Grundstück zwischen Kant,Hardenberg- und Joachimstaler Straße steht, in die Höhe. Auf der anderen Seite der Kantstraße soll ein zweites Hochhaus in gleicher Größe gebaut werden. Der Investor sucht derzeit nach Mietern. Am Alexanderplatz, wo nach einer Planung aus dem Jahr 1993 eigentlich zehn Hochhäuser gebaut werden sollten, ist dagegen noch kein einziger Turm errichtet worden. Der Grund: bislang fehlte es an Nutzern. Ein höheres Haus hat der französische Mineralölkonzern Total soeben am Hauptbahnhof fertiggestellt. Der Büroturm ist 69 Meter hoch und wird die Deutschlandzentrale des Unternehmens beherbergen. Das Gebäude steht noch im Niemandsland, umgeben von Brachflächen und Baustellen. Weil bislang außer dem Total-Turm lediglich einige Billighotels in der Nähe des Hauptbahnhofs errichtet wurden, wirkte sich dies sogar schon auf die Grundstückspreise aus: Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte korrigierte den Bodenrichtwert von 5 000 auf 4 000 Euro pro Quadratmeter nach unten. Begründung: Die Erwartungen an das Gebiet hätten sich nicht erfüllt. Platz für die Beamten aus Bonn Nicht weit vom Hauptbahnhof entfernt entstehen am Rande des Parlamentsviertels derweil zwei größere Regierungsbauten. Das Innenministerium erhält gegenüber dem Kanzleramt ein neues Domizil und das Ministerium für Bildung und Forschung bekommt einen Neubau auf dem Areal, auf dem sich bis vor einem Jahr noch der Bundespressestrand befand. Besonderheit der beiden Häuser: sie werden mit so vielen Büros ausgestattet, das dort auch jene Mitarbeiter untergebracht werden können, die derzeit noch am Dienstsitz in Bonn residieren. Ein Indiz dafür, dass die Aufteilung der Ministerien auf Bonn und Berlin nicht auf Dauer sein wird. In die Nähe der Regierung zieht es noch eine andere Einrichtung: den Bundesnachrichtendienst (BND). Für den BND wird derzeit auf dem zehn Hektar großen Areal des früheren Stadions der Weltjugend an der Chausseestraße in Mitte eine neue Zentrale errichtet. Etwa 4 000 BND-Leute sollen dort einmal arbeiten und die Regierung mit Informationen beliefern. Der Entwurf für die BNDZentrale stammt vom Berliner Architekten Jan Kleihues. Er hat den Komplex in mehrere Gebäuderiegel gegliedert, um ihn aufzulockern. Gleichwohl erscheint das Bauwerk mit der bronzefarbenen Aluminiumfassade recht massiv. Anfang 2014 werden erste Teile der BND-Zentrale bezogen, der Hauptumzug wird Ende 2015 starten, der Gesamtumzug soll im Jahr 2016 abgeschlossen werden. Etwa zwei Kilometer Luftlinie vom BND entfernt entsteht am Leipziger Platz zurzeit der größte private innerstädtische Neubau. Dort, wo einst das Kaufhaus Wertheim stand, errichtet der Berliner Unternehmer Harald G. Huth (Gropiuspassagen, das Einkaufszentrum Das Schloss) ein neues Stadtquartier mit Shoppingcenter, Hotel, Restaurants, Wohnungen und Büros. Das Stadtviertel schließt die größte Lücke am Leipziger Platz, der in seiner historischen Figur als Achteck wieder aufgebaut wird. Bis zum Jahr 2014 will Huth fertig sein. Parallel zur Bebauung in der City-West, der City-Ost sowie im Regierungsviertel entwickelte sich das Ufer der Spree zwischen Jannowitzbrücke und Elsenbrücke zur gefragten Adresse. Dort entstand die Mediaspree, ein neues Stadtviertel mit Unternehmen aus der Medien- und Kommunikationsbranche. Zugunsten der Mediaspree verlässt sogar Mercedes-Benz den Potsdamer Platz. Die neue Vertriebszentrale von Mercedes soll im nächsten Jahr fertig sein. Vorteil der Mediaspree: sie liegt sehr viel näher am neuen Hauptstadtflughafen in Schönefeld als Potsdamer Platz, City-West, City-Ost und Hauptbahnhof. Mit der Verlängerung der Autobahn 100, die 2020 fertig sein soll, erhält die Mediaspree sogar einen Autobahnanschluss zum Airport. Der dürfte bis dahin dann auch eröffnet haben.
Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD)
DPA
Berlin baut weiter
„Berlin ist einfach großartig – mehr groß als artig, aber so wunderbar lebendig und vielfältig. Es macht einfach Spaß, in dieser Stadt zu leben und sie zu genießen.“
Das neue Schloss, die Zentrale des Bundesnachrichtendienstes und das Zoofenster (von oben)
Mediawerbung auf den Punkt. Wir sind Berlin. BFB BestMedia4Berlin GmbH wird als mifelständisches Familienunternehmen in vierter Generagon geführt. Mit gegenwärgg rund 90 Mitarbeitern und Mediaberatern sind wir einer der führenden deutschen Anbieter von Branchenverzeichnissen. Und wir bieten noch viel mehr: Neben der kongnuierlichen Weiterentwicklung von Gelbe Seiten Berlin – als Buch, im Web, als App, stehen das Stadfeil-Branchenmagazin »kompakt«, QIEZ – das neue Berliner Onlineportal auf Bezirks- und Kiezebene sowie diverse Online-Services im Mifelpunkt unserer täglichen Aufgaben. Mit unserer jahrzehntelangen Erfahrung, egal ob Print, Online oder Mobile, kommen wir einfach schneller auf den Punkt.
1925
erscheint das erste Branchen-Fernsprechbuch [BFB] für Groß-Berlin und Brandenburg
1951
die BFB Branchen-Fernsprechbuch GmbH wird gegründet, Ausgabe des 1. Gesamtberliner Branchenbuchs
1975
das Buch zum 1.Mal mit der Signalfarbe Rot, Geburtsstunde des Roten Punktes
1991
1. Buchausgabe im wiedervereinigten Berlin
1995
Gelbe Seiten erscheint erstmals als CD-ROM – BFB stellt als erster Verlag Gelbe Seiten ins Internet
2006
Startausgabe des Stadfeil-Branchenmagazins »kompakt«
2008
Umfirmierung der BFB Branchen-Fernsprechbuch GmbH in BFB BestMedia4Berlin GmbH
2010
Start der Gelbe Seiten App für iPhone und Android
2011
BFB begeht 60-jähriges Firmenjubiläum und gewinnt den silbernen Preis beim VDAV
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In Kooperagon mit dem Verlag Der Tagesspiegel GmbH geht das neue Berliner Stadtteilportal www.qiez.de online.
Susanne Engel und Jürgen Pranschke, Geschähsführer – BFB BestMedia4Berlin GmbH
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775 Jahre Berlin
Im Wandel
DAS FESTPROGRAMM Am 28. Oktober 1237 bezeugte Symeon, Priester an der St.-Petri-Kirche in Berlins Schwesterstadt Cölln, ein Grundstücksgeschäft. Die Urkunde ist die bisher älteste Erwähnung eines Teils der Doppelstadt. Genau 775 Jahre später wird das Ereignis wieder gefeiert. Mit einem großen Fest in der einstigen Altstadt. Hier das Programm: Die Ausgrabungen: Am Sonnabend, 27. Oktober, Führungen durch die Reste mittelalterlicher Wohnhäuser am Jüdenhof. Stündlich zwischen 13 und 17 Uhr. Tickets am Infopoint vor der Marienkirche. 5 Euro Eintritt. Treffpunkt am Ausstellungsturm Jüden-/Ecke Grunerstraße. Mittelaltermarkt: Am Sonnabend und Sonntag im Nikolaiviertel. Gewürzkuchen, Met, Flammenspeier, wallende Gewänder, Pfeil und Bogen, Geschenke.
Berlin um 1688
Ausstellungen: „Spuren des Mittelalters“ berichten in acht knallroten Ausstellungstürmen an der Gruner- und Gertraudenstraße bis hin zum Petriplatz über das mittelalterliche Berlin. Die „Stadt der Vielfalt“ auf dem Schlossplatz zeigt mit Stecknadeln Berlins Multikulti. Und an der Marienkirche ist „Party, Pomp und Propaganda“ zu sehen – die Erinnerung an die Jubiläumsfeiern 1937 und 1987. Berlin feiert nicht zum ersten Mal Geburtstag. Schon in den 1920er-Jahren wurde angeregt, 1237 als Stichdatum zu nehmen, die erste Erwähnung der Schwesterstadt Cölln in einer Urkunde. Die Nazis nahmen die Idee auf, 1937 fand die erste Feier statt, noch rein kommunal, mit Festmarsch. 1987 stand das nächste Jubiläum an, die DDR und West-Berlin sowie die Bundesrepublik konkurrierten heftig miteinander, wer denn nun das richtige Berlin-Bild habe. Es brauchte den Niederländer Krijn Thijs, um diese spannende Geschichte spannend aufzuschreiben – ein Buch, das jeder, der Berlin nicht nur unkritisch lieben will, auf dem Tisch haben sollte.
Dorotheenstadt
Berlin
altes markgräfliches Schloss
Berlin um 1240
Franziskanerkloster Berlinisches Rathaus
n Unter den Linde
Nikolaikirche
Friedrichwerder
Kurfürstliches/königliches Schloss Dominikanerkloster Petrikirche
Stralauer Tor
Cölln
Cöllnisches Rathaus
Teltower-/ Gertraudentor
Köpenicker Tor
Neu Cölln
0,5 km
Cölln um 1200 Befestigung um 1658
Berliner Zoll- und Akzisemauer um 1860 zwei Wassersperren die 18 Zolltore Grenze zwischen den eingemeindeten RosenVorstadtteilen und den thaler alten Stadtteilen OranienHamburger Tor burger Tor Neues Tor Tor
Schönhauser Tor Prenzlauer Tor
Erweiterung
Spandauer Vorstadt 1699 FriedrichUnterbaum WilhelmStadt 1830 DorotheenErweit. stadt 1734 1673 Brandenburger Tor
Tiergarten
Friedrichstadt 1688
Potsdamer Tor Anhalter Tor
1 km
Königsstadt 1690
Nach dem 30-jährigen Krieg war Berlin devastiert, die Einwohnerzahl war 1648 auf kaum 6 000 gesunken. Um wieder auf die Beine zu kommen, brauchte es viel: Die Arbeitskraft der Bürger und niedrige Löhne. Die Vision des Kurfürsten Friedrich Wilhelm, zu Recht der „Große“ genannt, war es, dass Preußen-Brandenburg eine Macht werden könne, Berlin eine wichtige Stadt. Dafür sollten mehrere Faktoren sorgen: Seine aktive Einwanderungs- und Toleranzpolitik, das Kapital der rheinischen und ostpreußischen Provinzen, eine Politik, die Berlin zur Spinne im Netz des mitteleuropäischen Kanal- und Chausseesystems werden ließ, schließlich seine Frau Luise Henriette, die aus den Niederlanden moderne Ideen mitbrachte. Das Resultat waren die Begründung des Friedrichwerder und der Straße Unter den Linden sowie der Dorotheenstadt, 1710 war die Einwohnerzahl auf 55 000 gestiegen, um 1800 war Berlin die zweitgrößte Stadt im deutschsprachigen Europa.
Schinkels Berlin
Erweiterung Landsberger Tor 1690
Stralauer Vorstadt 1690
Luisenstadt 1695 Luisenstadt Erweiterung 1840
Wassertor Cottbusser Tor
Hallesches Tor
Friedrichs Berlin
Königstor
Frankfurter Tor
Friedrichstadt Erweiterung 1734
Berlin und Cölln entwickelten sich von der kurbrandenburgischen Residenz zur Weltstadt
Stralauer Tor
Oberbaum Schlesisches SchlesischesTor Tor
Hauptstadt der deutschen Aufklärung, der Romantik und des Klassizismus: das Berlin Schinkels, Schadows, Hegels und der Gebrüder Humboldt. Die Stadt wuchs im frühen 19. Jahrhundert zur mitteleuropäischen Metropole, konkurrierte nur noch mit Wien, Leipzig und Warschau, selbst Breslau und Prag wurden überholt. Eine neue Zollmauer umgab die Stadt, friedete königliche Vorstädte wie die Friedrich- und die Luisenstadt sowie die bürgerlicher geprägten Gebiete Köpenick und die Sophien-Vorstadt mit ein. Die Stadt galt als die sauberste Europas, und doch wuchsen in den Hinterhöfen schon die ersten Fabriken, die einfachen Häuser wurden zu Mietskasernen aus- und umgebaut.
Köpenicker Tor
1862 in Kraft getretener Bebauungsplan der Umgebungen Berlins, Hobrechtplan Straßenraster Plätze Bahnhöfe
Gürtelstraße des Hobrechtplans
Friedrichshain. hain
Tau ent zien str.
Tiergarten
Bülo wstr.
sogenannter Generalszug
Hobrechts Berlin Die wunderbaren Boulevards von Paris waren das ästhetische Modell für die europäische Stadt des 19. Jahrhunderts. London aber hatte die bessere Stadttechnik, die bessere Kanalisation. James Hobrechts Ausbauplan für Berlin von 1862 verband beides, um die wachsende Bevölkerung – 1897 überschritt sie 1,7 Millionen – vergleichsweise gesund unterzubringen. Um die Kosten aufzubringen, diese mussten auch damals von den Anliegern getragen werden, entwarf Hobrecht sehr tiefe Blöcke. Die Grundlage für den tausendfachen Bau der Mietskasernen war damit gelegt – aber auch die für ein Berlin, das bald vier Millionen Einwohner fassen sollte. Wie hätte man sie anders behausen sollen? Hobrecht wurde viel geschmäht. Eigentlich aber hat er das moderne Berlin begründet.
Schloss Charlottenburg
Gneis enau str.
2,5 km
Die Erweiterung Berlins durch das Groß-Berlin-Gesetz von 1920
Grenzen von Groß-Berlin Mauer von 1961 bis 1989 um West-Berlin Sektorengrenzen 1945 bis 1990
Hohenschön Weißen- hausen see
Französischer Sektor Spandau
Wedding
Gebietsaustausch 1945/1952
Krijn Thijs, Party, Pomp und Propaganda. Die Berliner Stadtjubiläen 1937 und 1987, Nicolai Verlag, Berlin 2012, 128 S., 14,95 Euro.
Tiergarten Charlottenburg
Britischer Sektor Wilmersdorf
Zehlendorf
Stadtbezirksgrenzen bis zur Bezirksreform 2001
Pankow
Reinickendorf
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IMPRESSUM Berliner Verlag GmbH Anzeigenleitung: Mathias Forkel Redaktion: Peter Brock (verantwortlich), Angelika Giorgis Anzeigenverkauf: Karla Semmelmann, Tel. 030 23 27 53 24, sonderprojekte@berliner-verlag.de Art Direction: Jane Dulfaqar, Annette Tiedge Layout: Daniel Kiefer
Marienkirche Oderberger-/ Georgentor
Offizielles: Am Sonntag beginnt um 10.30 Uhr der Festgottesdienst in der Marienkirche. Um 17.30 Uhr folgt der Festakt in der Nikolaikirche, der Gründungskirche Berlins. Party: Beginnt am Sonntag um 19 Uhr zwischen Schlossplatz, Nikolaiviertel und Fernsehturm mit Feuerzauber der Compagnie Carabosse. Am Neptunbrunnen inszeniert die Gruppe Titanick ihr bewegtes Theaterspektakel.
Spandauer Tor Lustgarten
Schöneberg
Steglitz
Prenzlauer Berg Mitte Friedrichshain
Marzahn Lichtenberg
Kreuzberg
Sowjetischer Sektor
Tempelhof
Amerikanischer Sektor
Hellersdorf
Treptow Neukölln Köpenick
5 km BERLINER ZEITUNG/RITA BÖTTCHER
Unser Berlin 1920 kam der Paukenschlag: Berlin und sein Umland wurden zur drittgrößten Stadt der Welt nach New York und London vereinigt. In den 1920ern wurde die Stadt zum Symbol der Moderne, seit 1933 zu dem des Hasses. 1945 war sie der größte Trümmerhaufen der Welt. 1948 widerstand West-Berlin im Blockadewinter dem Druck der SED und der Sowjetunion. 1953 erhoben sich die Arbeiter in OstBerlin. Sie zeigten der Welt, auch diese Deutschen wollen Freiheit und Demokratie. Acht Jahre später mauerte die SED die DDR ein – für fast genau 28 Jahre. Und seitdem befindet sich Berlin mal wieder auf der Suche nach seiner Rolle in der Welt. Alle Ängste vor neupreußischer Zentralisierung jedenfalls haben sich zerschlagen: Heute arbeiten in der neuen alten deutschen Hauptstadt weniger Beamte und Angestellte für den Bund als vor dem Mauerfall. Der Föderalismus fordert auch von Berlin Opfer.
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775 Jahre Berlin
Berlin entwickelte sich erst ganz langsam, dann aber recht schnell zu Metropole und Regierungssitz
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V ON M ARTIN K LESMANN
erlin ist spät geworden, was es heute ist, nämlich die Hauptstadt Deutschlands. Das liegt daran, dass sich die deutsche Nation im Vergleich zu westeuropäischen Nachbarn wie Frankreich oder Spanien erst Jahrhunderte später als eigener Staat etablierte. Im Mittelalter war zunächst Brandenburg/Havel über Jahrhunderte als Bischofssitz die regional bedeutendste Stadt, von dort bekam Berlin überhaupt erst seine Stadtrechte verliehen. Erst ein heute weithin unbekannter Hohenzollern-Kurfürst namens Johann Cicero erklärte im Jahr 1486 Berlin zur Hauptresidenzstadt der brandenburgischen Markgrafen und Kurfürsten, weilte meist im burgähnlichen Schloss auf der Spreeinsel. Die Hohenzollern waren auch fortan mit dem Aufstieg Berlins zur deutschen Metropole verknüpft. Nach und nach entstand eine hauptstädtische Gesellschaft aus Adligen, Juristen und auch Glaubensflüchtlingen. Erst 1701 wurde Berlin Hauptstadt eines Königreiches: Damals ließ sich der preußische Kurfürst Friedrich III. zum König Friedrich I. in Preußen krönen. Acht Jahre später verfügte er in dem Edikt zur Bildung der Königlichen Residenz Berlin, dass die bisher eigenständigen Städte Berlin, Cölln, Dorotheenstadt und Friedrichstadt zusammengelegt werden. In der Folgezeit wurde das Militärische in Berlin besonders betont, es entstanden unter dem Soldatenkönig zahlreiche Exerzierplätze. Die Regierungszeit Friedrich des Großen (1740 bis 1786) machte Berlin zum geistigen, politischen und wirtschaftlichen Zentrum Preußens, auch wenn der König bevorzugt in Potsdam weilte. Der frankophile Monarch gründete die Akademie der Wissenschaften neu. Wirtschaftlich subventionierte der Staat die Textilindustrie. Die kriegerischen Feldzüge des Alten Fritz brachten Berlin an den Rand des Ruins. Anfang des 19. Jahrhundert besetzten napoleonischen Truppen Berlin. Aus demWiderstand gegen die Franzosen entstand so etwas wie ein gesamtdeutsches Nationalbewusstsein. 1848 revoltierten die Berliner gegen ihren Preußenkönig. Der Aufstand wurde niedergeschlagen. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte stieg Berlin blitzartig zu einer der bedeutendsten europäischen Metropolen auf. Bereits 1868 wurde die alte Zollmauer abgerissen: Die Rosenthaler Vorstadt, Wedding, Moabit, Teile von Schöneberg und Tempelhof kamen zu Berlin. Die rasante Industrialisierung, all die Fabriken von Borsig & Co. sorgten dafür, dass immer mehr Menschen in die Stadt zogen. Nach dem Krieg gegen Frankreich 1870/71 kam es zur Einheit Deutschlands. Berlin wurde zur Hauptstadt des Deutschen Reiches, eines Kaiserreiches. Ein wirtschaftlicher Aufschwung und eine rege Bautätigkeit – der sogenannte Gründerboom – folgten. Gleichzeitig spitzte sich die soziale Frage zu. In lichtarmen Hinterhofwohnungen lebten Familien in äußerst beengten Verhältnissen. Eine Arbeiterbewegung entstand. Dagegen ging Reichskanzler Otto von Bismarck mit dem Gesetz „gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ vor. Berlin
Friedrich der Große
wurde zur größten Industriestadt Europas. Deutschland strebte mit nationalem Pathos nach einem „Platz an der Sonne“, wie Kaiser Wilhelm II. es nannte. Man steckte viel Geld in die Kriegsflotte, verschaffte sich Kolonien in Afrika. Das 1894 fertiggestellte Reichstagsgebäude zeugt vom übergroßen nationalen Selbstbewusstsein. Mit Begeisterung zogen auch Berliner schließlich 1914 in den Ersten Weltkrieg. Am Ende kehrten viele Männer verstört oder versehrt zurück, die Stimmung richtete sich gegen den Kaiser, Wilhelm II. dankte ab. Der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann rief von einem Balkon des Reichstages die Republik aus. Gleichzeitig aber rief auch Karl Liebknecht am Berliner Schloss eine „freie sozialistische Republik“ aus. Der Aufstand des kommunistischen Spartakusbundes wurde Anfang 1919 niedergeschlagen, Liebknecht und Rosa Luxemburg wurden erschossen. Die Weimarer Republik kam auch in den Folgejahren nicht zur Ruhe. Inflation, Wirtschaftskrise, Aufstände und schließlich der Aufstieg der Nationalsozialisten sorgten dafür, dass immer weniger von einem republikanischen Deutschland überzeugt waren. Bereits 1920 war GroßBerlin entstanden, Charlottenburg, Zehlendorf und Köpenick gehörten fortan zu Berlin.
Der Berliner ist so wenig mit den Deutschen zu verwechseln wie der Pariser mit den Franzosen. Otto von Bismarck
Völker der Welt, erkennt, dass ihr diese Stadt nicht preisgeben dürft.
Mittelpunkt im Kalten Krieg 1933 kamen Adolf Hitlers Nationalsozialisten in freien Wahlen an die Macht, die sie nicht mehr losließen. Politische Gegner wurden gnadenlos verfolgt, jüdische Bürger ins Exil getrieben, später systematisch ermordet. Der von Hitler ausgelöste Zweite Weltkrieg brachte Berlin Zerstörung durch alliierte Bomber und schließlich die Teilung in den sowjetischen Sektor, aus dem die „Hauptstadt der DDR“ wurde, und West-Berlin, das in den amerikanischen, britischen und französischen Sektor aufgeteilt war. Berlin wurde Mittelpunkt im Kalten Krieg der Supermächte USA und UdSSR. Die Sowjets versuchten 1948, West-Berlin mit einer Blockade in die Knie zu zwingen, Amerikaner und Briten versorgten die Stadt aus der Luft. Der Mauerbau 1961 manifestierte schließlich die Spaltung der Stadt. Ost-Berlin versuchte mit Prestigebauten wie dem Palast der Republik, wo auch die DDR-Volkskammer ihren Sitz hatte, Eindruck zu machen. West-Berlin wurde mit viel Geld subventioniert, präsentierte sich als „Schaufenster des Westens“. Der Regierende Bürgermeister wurde zum Diplomaten zwischen den Weltmächten, denn für die Sowjets gehörte West-Berlin nicht zur Bundesrepublik, war eigenständig. US-Präsident John F. Kennedy rief an der Seite des damaligen Regierenden Bürgermeisters Willy Brandt aus: „Ich bin ein Berliner.“ Erst der Mauerfall im November 1989 brachte den desolaten Zustand der DDR für alle sichtbar zutage. Es folgten die deutsche Einheit und in einer Kampfabstimmung im Bundestag setzte sich Berlin gegen Bonn mit einer Mehrheit von 18 Stimmen durch. Berlin ist nun eines von 16 Bundesländern, der Regierende Bürgermeister sitzt wieder im Roten Rathaus, unweit der Keimzelle der Stadt. 1999 zogen Bundesregierung und Bundestag, später auch der Bundesrat an die Spree, zahlreiche Regierungsneubauten entstanden und entstehen. Und nun sieht es so aus, als wäre Berlin auf dem Weg, eine ganz normale Hauptstadt eines europäischen Staates zu werden.
Ernst Reuter, später Regierender Bürgermeister von West-Berlin, während der Berlin-Blockade 1948
Teilung kann nur durch Teilen überwunden werden. Angela Merkel, spätere Bundeskanzlerin, sprach sich damit 1991 in der Bonn-Berlin-Debatte für Berlin aus
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Die späte Hauptstadt
Eine Regierung muss sparsam sein, weil das Geld, das sie erhält, aus dem Blut und Schweiße ihres Volkes stammt
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775 Jahre Berlin
„Die Aufholjagd hat auf niedrigem Niveau begonnen. Die Dynamik stimmt positiv. Berlin hat eine gute Geschichte zu erzählen.“
BLZ/ENGELSMANN
BLZ/WÄCHTER
Cornelia Yzer, Wirtschaftssenatorin, CDU
Aufbau zur Fashion Week – dass Mode in Berlin eine immer größere Rolle spielt, ist symptomatisch. Es sind die Kreativen, die sich von der Stadt angezogen fühlen. Und sie schaffen auch Arbeitsplätze.
Die Kreativen lassen hoffen
Die Wirtschaft in der Hauptstadt wächst derzeit stärker als in Deutschland insgesamt. Dazu tragen neben der traditionellen Industrie auch die vielen neuen Firmen aus der Internet-Szene bei
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V ON M ATTHIAS L OKE
uch wenn man es angesichts solcher Skandale und Pleiten wie bei der Bankgesellschaft Berlin und dem neuen Flughafen BER heutzutage manchmal nicht glauben mag: Berlin kann Wirtschaft, Berlin ist Gründer- und Erfinder-Metropole – und zwar in der Vergangenheit wie auch heute. So feierte beispielsweise dieser Tage eines der größten und wichtigsten deutschen Unternehmen ein kleines Jubiläum: Vor fast genau 165 Jahren wurde in Berlin die „Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske“ gegründet. Damals legten Werner von Siemens im Alter von 31 Jahren sowie der Universitätsmechaniker Johann Georg Halske den Grundstein für ein Unternehmen, das aus einer kleinen Hinterhofwerkstatt über Jahrzehnte hinweg zum heutigen Weltkonzern aufstieg. Als einen der ersten großen und wichtigen Aufträge vermerkt Siemens für 1848 den Bau der ersten Ferntelegraphenverbindung Europas. Von Berlin nach Frankfurt am Main führte sie über 500 Kilometer. Heute ist Siemens ein Global Player, der wie wenige andere deutsche Firmen auf eine dermaßen lange Erfolgsgeschichte zurückblicken kann. Und Siemens ist – trotz eines Konzentrationsprozesses in den vergangenen Jahren – immer noch der größte industrielle Arbeitgeber in Berlin. Mit München teilt sich Berlin den Siemens-Konzernsitz. Siemens hat – mit anderen Unternehmen wie AEG, Daimler und vielen anderen – die jüngere Wirtschaftsgeschichte der Stadt mitgeprägt. Hinzu stößt seit geraumer Zeit die kreative Szene, die mit Mode, Medien und Internet-Lösungen für Furore sorgt. Die Stadt ist Anziehungspunkt für Gründer, Anleger von Risikokapital, Ideengeber, Künstler, Musiker. Und für Prominenz: Auch HollywoodStar Ashton Kutcher investierte in hiesige Start-ups, beispielsweise in Amen. Auf dem Internet-Portal können die Nutzer alles Mögliche bewerten, seien es Bücher, Bars oder Filme. Zalando, Deutschlands größter Online-Shop
für Schuhe und Bekleidung, entstand in Berlin. Klar auf Expansion ausgerichtet, gab das Unternehmen erst kürzlich Pläne für den Bau eines 20 000 Quadratmeter umfassenden Bürogebäudes neben der Mehrzweckhalle am Ostbahnhof bekannt. Inkubatoren wie Rocket Internet befeuern die Szene mit ständig neuen Start-ups, die innerhalb kurzer Zeit professionell auf die Beine gestellt werden. Das Gründer-Netzwerk wächst dynamisch und aus sich selbst heraus. Zehntausende Arbeitsplätze dürften entstanden sein. Auch Siemens fing klein an. Damit wächst in Berlin ein erfrischender Mix von alten und neuen Branchen, von starken Dienstleistern, technologieorientierten Unternehmen und frischen, jungen Firmen aus der sogenannten Kreativbranche, die Hoffnung auf eine dynamische Entwicklung in den kommenden Jahren macht. Viele Wirtschaftsverbände zogen im Schlepptau der Bundesregierung nach Berlin, kein Unternehmen von Rang kommt in Berlin ohne eine Dependance oder eine Vertretung aus. Die Aufholjagd hat begonnen Die Deutsche Bahn lenkt aus der Zentrale vom Potsdamer Platz ihr Unternehmen. Mit der Transportsparte des kanadischen Konzerns Bombardier hat einer der weltweit führenden Bahntechnik-Hersteller seinen Sitz in Berlin. Der Gesundheitsbereich ist ebenfalls stark in Berlin vertreten. Mit Helios agiert einer der größten Anbieter von stationärer und ambulanter Patientenversorgung in Deutschland von der Hauptstadt aus. Berlin-Chemie als ein großes Unternehmen aus dem Ostteil der Stadt hat es nach der Vereinigung geschafft, seine Geschäfte auszubauen und sich erfolgreich am Markt zu behaupten. Einen Rückschlag musste der Standort allerdings bei der ehemaligen Schering AG hinnehmen. Mit der Übernahme von Schering durch den Bayer-Konzern verlor die Hauptstadt ihr einziges Unternehmen, das im Deutschen Aktienindex Dax, dem wichtigsten Börsenbarometer, notiert war. Keine geringe Rolle spielen in der Stadt Unternehmer mit türkischen Wurzeln und aus anderen EU-Staaten, die vielen Berlinern einen Arbeitsplatz geben. Nach dem Niedergang in den 90er-Jahren hat sich die Berliner Wirt-
schaft neu strukturiert und stabilisiert. Jetzt setzt sie zu einem vorerst noch bescheidenen Überflug an. In den Jahren von 2005 bis 2009 wuchs die Wirtschaftsleistung in der Hauptstadt schneller als im bundesdeutschen Durchschnitt, beziehungsweise fiel im Krisenjahr 2009 bei Weitem nicht so tief wie die im gesamten Deutschland. Wirtschaftsverbände, Industrie- und Handelskammer und die Senatsverwaltung für Wirtschaft verweisen mit gewissem Stolz darauf, dass seit 2005 das Wachstum in der Hauptstadt das aller anderen Bundesländer übertraf. In der Tat kam Berlin in diesem Zeitraum auf einen Zuwachs der Wirtschaftsleistung von mehr als 15 Prozent. Brandenburg lag allerdings mit acht Prozent unter dem Durchschnitt. Für Deutschland wurden in diesem Zeitraum insgesamt neun Prozent ausgewiesen. Nur: Allein mit diesen Zahlen ist Berlin längst noch nicht der wirtschaftliche Motor der Republik, denn an die Power von Baden-Württemberg und Bayern mit Automobilindustrie und mit HighTech in verschiedensten Branchen kommt die Hauptstadt voraussichtlich auch in etlichen Jahren noch nicht heran. Aber es hat eine Aufholjagd begonnen, die hoffentlich nicht in den Anfängen stecken bleibt. Denn das große Problem in Berlin ist und bleibt der Arbeitsmarkt. Zwar sind auch hier die Erfolge nicht zu übersehen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist seit 2005 nirgendwo so deutlich angestiegen wie in Berlin. Aber viele Stellen wurden auch von außen besetzt, von Pendlern aus dem näheren Umland oder von Zugezogenen. Das ist ein Teil der Erklärung, warum in der Hauptstadt zwar die Beschäftigung steigt, aber die Arbeitslosenquote längst nicht so stark sinkt. Zudem fehlen leider vielen Arbeitssuchenden in Berlin die nötigen Qualifikationen, jeder zehnte Schulabgänger in Berlin geht ohne Abschluss. Die Bundesagentur für Arbeit weist für Berlin schon seit Längerem die höchste Arbeitslosenquote aller Länder aus. Um das zu ändern, müsste das Wachstum der Berliner Wirtschaft eine Beschleunigung erfahren. Immerhin sollen im kommenden Jahr bis zu zwei Prozent Zuwachs drin sein. Das wäre glatt das Doppelte der Prognose für Deutschland. Keine schlechte Ausgangsbasis.
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775 Jahre Berlin
Zukunft statt Herkunft
Berlin ist gar keine Stadt, sondern Berlin gibt bloß den Ort dazu her, wo sich eine Menge Menschen versammeln, denen der Ort ganz gleichgültig ist.
chon dem Abt Trittenheim zu Spannheim fiel es auf, im Jahr 1505. Nicht nur alteingesessene Eingeborene lebten in dem Fischer- und Händlerstädtchen, das wegen seiner sumpfigen Umgebung Berlin hieß (Berl ist das slawische Ort für Sumpf ). Er sei dort auch auf „Einzöglinge aus Franken und Schwaben“ gestoßen, schrieb der Abt aus dem Hunsrück in seinem Reisebericht. Pikiert fügte er hinzu, dass diese noch „mehr dem Suff ergeben“ seien als die Landeseinwohner, die schon für sich genommen „rauh und ungelehrt“ seien. Sein Bericht ist eine von vielen Momentaufnahmen aus der internationalen Karriere, die Berlin fast von Anbeginn an hingelegt hat. Weniger als ein Ort romantischer Sehnsüchte, viel häufiger als struppiges rettendes Ufer, als letzte Chance und Fluchtpunkt für Bedrängte, die es anderswo nicht mehr aushielten. Auch für Menschen, die in ihrer Heimat kein Betätigungsfeld mehr für sich sahen, und die in den bedeutendsten Fällen von klugen Landesherren an die Spree gelockt wurden. Schon Mitte des 12. Jahrhunderts ging es los. Markgraf Albrecht der Bär suchte Siedler für seine leeren Landstriche. Es kamen Flamen, Rheinländer und vor allem niederländische Kolonisten, die sich besonders fleißig betätigten, „so dass man die Summe ihrer Wohnungen eine Stadt nennen konnte“, wie der Arzt und Autor Johann Ludwig Formey 1796 lobte. Kaum auszudenken, was aus dem kleinen Wendendorf geworden wäre, wenn nicht tüchtige Einwanderer das Gelände trockengelegt und die Landwirtschaft auf Vordermann gebracht hätten. Nicht viel. Boulette und Muckefuck So ging es weiter. Wenn die Wirtschaft mal wieder darnieder lag, folgte der nächste Ruf ins Ausland. Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst, lud Ende des 17. Jahrhunderts Protestanten aus ganz Europa dazu ein, vor Mord, Verfolgung und Diskriminierung nach Berlin zu kommen, das nach dem Dreißigjährigen Krieg in Asche lag und zusammen mit der ungeliebten Schwesterstadt Cölln nur noch rund 6 000 Einwohner hatte. Hugenotten aus Frankreich ließen diese Zahl auf das Doppelte steigen, sie gründeten Kirchengemeinden, ein Gymnasium, Manufakturen. Die Réfugiés bereicherten auch Berlins Wortschatz, zum Beispiel mit der Boulette (Kügelchen) und den Muckefuck, für „mocca faux“, falschen Kaffee aus Zichorien. „Nicht nur Frankreich schickte uns seine besten und klügsten, charaktervollsten Bürger,“ stellte der Landeskundler Gus-
tav Langenscheidt 1878 fest. „sondern auch die Schweiz, Italien (Waldenser), die südlichen Provinzen der Niederlande (Wallonen), die Pfalz, das Bistum Salzburg, Holland.“ Immer wieder kamen Juden, die es schnell zu Erfolg brachten, auch wenn sie als Bürger zweiter Klasse diskriminiert wurden. Im 18. Jahrhundert gründeten Böhmen, von König Friedrich Wilhelm I. eingeladen, im heutigen Neukölln Böhmisch-Rixdorf. Und so geht es weiter: Nach der russischen Revolution machten verfolgte Russen Charlottenburg zu Charlottengrad. Heinrich Zille aus Radeberg bei Dresden und Claire Waldoff aus Gelsenkirchen kamen groß heraus. Nach dem Zweiten Weltkrieg drückten die West-Alliierten ihren Sektoren den Stempel auf, mit Hamburgern beim Tag der offenen Tür in Tempelhof, Rock’n’Roll und später NewWave im Soldaten-Hörfunk. In den 1960er Jahren zogen Türken in das ummauerte, von vielen Einheimischen insgeheim schon aufgegebene West-Berlin, Vietnamesen und Angolaner kamen nach Ost-Berlin, wo die Fabriken ebenfalls Arbeitskräfte suchten. „Ein unaufhörlicher Zu- und Abfluss“ „Nun ist sich aber alle Welt darüber einig, dass in Berlin ein unaufhörlicher Zu- und Abfluss stattfindet“, notierte der französische Journalist Luc Gersal im Jahre 1892. So ist es, bis heute. Westdeutschen, die provinzeller Enge und dem Wehrdienst entfliehen wollten, gewährte West-Berlin Unterschlupf, Ostdeutsche fanden in den unkontrollierbaren Mietshausarchipeln von Prenzlauer Berg ihre Nischen. Heute strömen rezessionsgeplagte Spanier und Griechen herbei, kokssatte Easyjetsetter, noch mehr Studenten als bisher schon, Künstler, Schriftsteller, Musiker, längst auch viele Besserverdienende. Nicht immer geht es ohne Reibungen ab, und die vielen abgeschotteten Kulturen machen manchen Berlinern Angst, wie die heftige Debatte über das Buch des Neuköllner Bürgermeisters Heinz Buschkowsky zeigt. Ein Schmelztiegel ist Berlin nicht. Doch die Stadt nimmt sie alle auf und hat für jeden ein Eckchen. Die größten Qualitäten gewinnt Berlin durch das Fehlen bestimmter Strukturen, die anderswo Neulinge behindern. In Berlin muss man nicht mit einer alteingesessenen Familie gut Freund sein oder ihr gar entstammen, um etwas zu werden. Das prägt. „Berlin hat immer auf Zukünfte hin gelebt, hat sich um seine Herkünfte wenig gekümmert“, schreibt der Stadthistoriker Klaus Strohmeyer. Komm her, fang an zu arbeiten! Oder lege dich erst einmal auf die faule Haut. Wir lassen dich schon in Ruhe, es gibt hier sehr viele von deiner Sorte. Willkommen in Berlin!
Die „Stadt der Vielfalt“ – ein Stadtplan auf dem Schlossplatz mit riesigen Stecknadeln symbolisiert das multikulturelle Berlin.
Hugenotten Es war eine der größten Zuwanderungswellen vor dem Beginn des industriellen Zeitalters. Im 17. Jahrhundert zogen Tausende von protestantischen Glaubensflüchtlingen aus Frankreich nach Berlin. Mit dem Edikt von Potsdam hatte der Große Kurfürst am 29. Oktober 1685 die verfolgten Reformierten eingeladen, sich in Brandenburg-Preußen anzusiedeln. Sie bauten in Berlin eine Textilindustrie auf, ließen sich als Gastwirte, Bäcker, Konditoren, Goldschmiede und Uhrmacher nieder. Dadurch bescherten sie Berlin einen großen Aufschwung.
Böhmen Auch zwei Generationen nach dem Dreißigjährigen Krieg, der das Land entvölkert hatte, war Preußen dringend auf Zuwanderung angewiesen. König Friedrich Wilhelm I. hörte von der Not der evangelischen Böhmen, die 1737 aus dem katholischen Ostböhmen vertrieben worden waren. Er ließ Land erwerben und gestattete ihnen, Kolonien in der Berliner Friedrichstadt und in Rixdorf bei Berlin zu gründen. Ein Teil des böhmischen Dorfs blieb als ländliches Idyll inmitten des heutigen Neuköllns erhalten, in der Kirchgasse informiert ein Museum darüber.
Türken Anfang des 20. Jahrhunderts gab es schon eine türkische Gemeinde in Berlin, heute bilden die Türken die größte ethnische Minderheit. 2010 waren 105 000 türkische Staatsangehörige und 70 000 Deutsche türkischer Abstammung gemeldet. Die erste große Zuwanderungswelle begann 1961 in West-Berlin, als in Berlin aufgrund des Mauerbaus plötzlich 50 000 Arbeitskräfte aus dem Osten fehlten. Inzwischen gibt es viele türkische Unternehmer – nicht nur in der Dönergastronomie, die angeblich in den 1970er-Jahren am Kottbusser Damm begann.
Osteuropäer Für Schriftsteller, Künstler, Unternehmer und andere Russen, die es daheim nicht mehr aushielten, wurde Berlin nach der Revolution zum Zufluchtsort. 1923 lebten 360 000 Russen in der Stadt, hier erschienen mehr russische Bücher als in Russland. Heute sind 42 000 Menschen aus der ehemaligen russischen Föderation in Berlin registriert, der Schriftsteller Wladimir Kaminer ist einer der bekanntesten. Noch höher ist die Zahl der Menschen aus Polen: Mehr als 90 000 von ihnen sind hier gemeldet, der Großteil hat die deutsche Staatsbürgerschaft.
Glasrecycling in Berlin spart jährlich 30.000 Tonnen CO₂. Danke. Trenntstadt Berlin ist eine Initiative der Berliner Stadtreinigung mit den Partnern ALBA, Berlin Recycling und der Stiftung Naturschutz Berlin.
Heinrich Heine
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V ON P ETER N EUMANN
BLZ/PAULUS PONIZAK; BLZ/BENJAMIN PRITZKULEIT; DPA/MAURIZIO GAMBARINI; CORBIS/STEFANO BIANCHETTI; BPK
Ohne Zuwanderung wäre Berlin nicht das geworden, was es heute ist
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775 Jahre Berlin
„Ein fruchtbares Gelände für sumpfige Typen, seit 750 Jahren.“
Um 1920: Revue-Girls des Damenballetts Ehed Karina.
Friede, Freude, Fuck Parade Viva Berlin! In keiner Stadt der Welt lässt es sich so ausgiebig, so basisdemokratisch und so günstig feiern
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V ON M ARCUS W EINGÄRTNER
Wolfgang Neuß (1923-89), deutscher Kabarettist und Schauspieler
BERLIN PICTURE GATE
Rund 80 Jahre später: die 13. Loveparade.
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Technotempel mit quasi-mystischem Ruf: das Berghain.
Coole Location: das Watergate an der Oberbaumbrücke.
er Mann steht auf der Tanzfläche des Clubs. Er windet sich zu den Technoklängen. Selbstvergessen. Selbstgenügsam. Die Musik ist so laut, dass die Bässe im Bauchraum vibrieren. Der Mann schwitzt, er ist vielleicht Mitte 50 und trägt ein grünes Kleid und viel Glitzer im Gesicht. Die Tanzenden um ihn herum könnten seine Kinder sein. Niemand beachtet ihn, niemand lacht oder grimassiert. Der Mann ist so exemplarisch für die Berliner Nacht, wie es nur irgendwie geht. Denn das Berliner Nachtleben ist ein basisdemokratisches, die Beschränkungen an den Türen der Clubs sind oft nur minimal. Wer nicht gerade voll ist wie die U-Bahn zu Feierabend oder in der Horde unterwegs, hat zumeist gute Chancen, den Eingang zu passieren. Das Berliner Nachtleben verfügt über eine wunderbare Eigenschaft, die dem Berliner Tagleben ab und an angekreidet wird: Seine Laissez-faire-Haltung ist kaum noch zu überbieten und grenzt zuweilen an Ignoranz.Wo eine Bierflasche geöffnet wird, da ist der Berliner nicht weit und wenn 250 Menschen zu einem kleinen Umzug zusammenkommen, tanzt ein paar Jahre später die ganze Nation auf der Straße des 17. Juni während der Love Parade und, auch das ist ganz Berlin, ihrer Gegenveranstaltung, der Fuck Parade. In Berlin wurde schon immer hart gefeiert. Von den Goldenen Zwanzigern mit seinen Vergnügungspalästen wie dem Moka Efti und dem Haus Vaterland, bis zu den Clubs und Kneipen der 80er wie dem SO36, dem Dschungel im Westen, oder dem Café Moskau im Osten der Stadt – Berlin ist und war die deutsche Feierhauptstadt. Mit der Wiedervereinigung wurde dann ganz Berlin zum Spielplatz für Techno, House und Jungle. Plötzlich feierte man
in Clubs wie dem Ostgut, dem Vorläufer des Berghain, der Maria am Ostbahnhof, oder auf ungezählten Brachen, in Kellerlöchern und heruntergekommenen Altbauten. Mittlerweile ist das Feiern in der Hauptstadt zu guten Teilen ein global angeglichenes – der gesamteuropäische Easyjetset besucht an jedem Wochenende Clubs wie das Kater Holzig, das Watergate oder das Berghain, das seinen Ruf als einer der besten Clubs der Welt zu nicht geringen Teilen seinen ausländischen Gästen von Barcelona bis Birmingham zu verdanken hat. Eine Stadt der Boheme ist Berlin trotzdem nicht, Bohemiens hingegen hat sie genug. Eine bessere Bezeichnung lautet Hipster, der wiederum ein integraler Teil des Nachtlebens ist und ganze Kieze quasi über Nacht zurück ins öffentliche Bewusstsein bringt, indem er in oft gewöhnungsbedürftigen Gewändern an zumeist sozial schwächeren Punkten Berlins gesehen wird. Aber gut, wer hätte vor zehn Jahren wirklich geglaubt, dass die Röhrenjeans zurückkommt und Neukölln besuchenswert sei? Metarmorphosen und Hipsterisierungen Zuletzt musste eben jener Staddteil eine Hipsterisierung über sich ergehen lassen und sah sich plötzlich mit dem Interesse internationaler Jugendkulturen konfrontiert. Mit einem Mal wurde Neukölln bevölkert von anorektischen, Schnäuzer tragenden Jünglingen in hautengen Jeans und übergroßen T-Shirts, und Mädchen mit Dutt. Dann kamen die Kneipen zwischen Weser- und Emser Straße mit lustigblöden Namen und dann kamen die Galeristen. Es folgten die internationalen Investoren und bald darauf war „Kreuzkölln“ nicht mehr hip, sondern teuer. Wie zuvor Friedrichshain, Prenzlauer Berg und Kreuzberg 36, die ähnliche Metamorphosen durchlaufen haben. Kritiker sehen darin eine globale Form innerstädtischer Gleichmachung, was sicher richtig ist. Doch Berlin wäre nicht Berlin, wenn es nicht in der Lage wäre, sich trotzdem seinen eigenen, oft rauen Charme zu bewahren. Wie auch immer – gehen wir doch feiern!
Sonntag
28.Oktober Die
2012
schönste Nacht des Jahres!
berlin feiert Geburtstag – Feiern Sie mit!
FeSt zum Jubiläum www.berlin.de/775
Zwischen Schlossplatz, Nikolaiviertel und Fernsehturm 19 bis 22 Uhr / Eintritt frei!