Leben mit Behinderung

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EINE VERLAGSBEILAGE DES BERLINER KURIER

Erkrankte Psyche. Wenn nichts mehr geht.

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Job trotz Behinderung. Eine Erfolgsgeschichte.


2 I LEBEN MIT BEHINDERUNG

MONTAG, 25. MÄRZ 2013 I VERLAGSBEILAGE

„Inflationärer Gebrauch psychischer Symptome“ Zwei Psychiater warnen vor überstürzten Diagnosen und sprechen über Heilungschancen

S

amuel Elstner (43), leitender Arzt im Behandlungszentrum für psychisch kranke Menschen mit geistiger Behinderung im Evangelischen Krankenhaus Herzberge, und Christoph Schade (41), leitender Oberarzt im Zentrum für Allgemeinpsychiatrie und Suchtmedizin, räumen mit so manchem Missverständnis über psychische Erkrankungen auf. Herr Elstner, Herr Schade, wann spricht man von einer Erkrankung? Elstner: Bis vor zehn Jahren hat man von Krankheiten gesprochen, jetzt spricht man von Störungen. Das hat folgenden Sinn: Der Mensch ist in seiner Psyche ja so vielfältig. Von vorneherein kann man nicht sagen, wenn einer so und so denkt, dann ist er gleich krank. Wir handeln dann, wenn er sich durch sich selbst gestört fühlt oder wenn sich die Umwelt durch ihn gestört fühlt. Danke für die Aufklärung. Dann sagen Sie mir, wann Sie eine Störung feststellen würden? Schade: Das ist natürlich schwieriger als bei einem Chirurgen. Ein Beinbruch lässt sich leichter diagnostizieren als eine Depression. Man muss viel mit dem arbeiten, was Patienten berichten. Letztendlich ist die Psychiatrie aber doch eine recht genaue Wissenschaft. Aus der Beobachtung, der Krankheitsgeschichte, dem Alter oder bestimmten biochemischen Prozessen lässt sich schon recht genau eine Diagnose stellen. Das braucht allerdings Zeit, oder nicht? Schade: Wenn jemand in die Notaufnahme geht und sehr aufgebracht davon berichtet, dass in kurzer Zeit fremde Wesen zu ihm sprechen, die ihm Gedanken eingeben, ist natürlich noch nicht klar, dass es sich um eine Schizophrenie handelt. Es könnte auch etwas Drogenassoziiertes sein. Aber es liegt zumindest nahe, dass etwas Psychosenahes vorliegt.

komme und mich in dieser Rolle nicht mehr wohlfühle. Dann ist es eher eine Anpassungsstörung. Gerade beim Burn-out stellt sich die Frage, ob wirklich eine Zunahme von teils neuen Störungen diagnostiziert wird oder ob die Kriterien bisheriger bekannter Störungen etwas lockerer interpretiert werden.

GERD ENGELSMANN

Die Psychiater Samuel Elstner (l.) und Christoph Schade sind im Evangelischen Krankenhaus Herzberge die Anlaufstation für psychisch Kranke in Lichtenberg-Hohenschönhausen.

Es gibt ja auch den Begriff der psychischen Behinderung … Elstner: Wenn man an einer psychiatrischen Störung leidet, kann es je nach Heilungsverlauf zu einer Behinderung in der weiteren Lebensfähigkeit kommen. Wenn man eine Schizophrenie zum Beispiel nicht behandelt, dann ist die Gefahr groß, dass sie einen chronischen Verlauf nimmt und dass zunehmende Fähigkeitseinbußen durch diese Krankheit eintreten. Dann ist der Betroffene dauerhaft auf Unterstützung angewiesen. Prinzipiell ist jemand so behindert, wie er sich fühlt. Um einen chronischen Verlauf zu minimieren, ist eine frühzeitige Behandlung aber unbedingt erforderlich ... Elstner: Wir würden immer anraten, eine Schizophrenie zu behandeln, wenn sich jemand selbst oder andere gefährden würde. Die Schizophrenie ist die psychische Erkrankung, die die größte Bedeutung im Leben eines Menschen hat, weil dadurch der Lebensplan deutlich durcheinanderkommen kann. In einigen Prozent der Fälle

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können die Ziele nicht mehr erreicht werden. Viele Menschen sagen, dass sie zum Beispiel an Höhenangst leiden. Nur wenige würden aber sagen, eine schwere Krankheit zu haben… Schade: Es kommt darauf an, wie stark jemand in seinem Leben beeinträchtigt ist und wo man mit seiner Symptomatik leben muss. Natürlich ist eine Höhenangst für einen Dachdecker beeinträchtigender als für einen Lehrer. Es gibt auch Ängste, die nicht an Situationen gebunden sind, Panik zum Beispiel. Diese haben ganz gravierende Auswirkungen auf das Leben und können dahin gehen, dass Menschen damit gar nicht mehr leben wollen. Ab wann sollte man sich als Freund oder Verwandter Sorgen machen? Schade: Es hängt dann ganz davon ab, wie groß der Leidensdruck durch bestimmte psychische Symptome ist. Und ganz wichtig: Gibt es eine Form von Eigen- oder Fremdgefährdung? Wenn auffällig wird, dass Menschen nicht mehr essen oder trinken, dass sie sich

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vollständig zurückziehen, sich vielleicht auch verletzen oder davon sprechen, dass das Leben keinen Sinn mehr macht, sind das Hinweise. Wie geht die Gesellschaft mit Menschen um, die an einer psychischen Störung leiden? Schade: Es hat sich einiges getan in den vergangenen Jahren. Ein Beispiel sind die depressiven Fußballer, die das öffentlich gemacht haben. Es gibt aber auch einige Störungen, bei denen die Diagnosestellung nicht ganz so unproblematisch ist. Aus unserer Sicht werden die teilweise auch missbraucht. Zum Beispiel, was jetzt unter posttraumatische Belastungsstörung oder als Burn-out diskutiert wird. Da gibt es einen inflationären Gebrauch von psychischen Symptomen, die häufig keinen Krankheitswert erreichen. Der Mensch heute leidet psychisch also nicht mehr als früher? Elstner: Beispiel Burn-out. Das ist ein Begriff, der einen Gefühlszustand beschreibt und gilt nicht als eine eigenständige Krankheit. Dahinter kann sehr viel stecken, im schlimmsten Falle eine Depression. Es kann auch sein, dass ich mit den Kollegen nicht zurecht-

Welche Rolle spielt dabei die heutige Leistungsgesellschaft? Schade: Wenn Sie mit jemandem aus dem Mittelalter reden würden, der sagt Ihnen, dass Sie im Paradies leben, weil das Leben damals ganz existenzbedrohend und schlimm für denjenigen war. Man fragt sich, was die Härten der heutigen Gesellschaft ausmachen, wenn eigentlich jeder zu essen, zu trinken und eine warme Hütte hat. Nach welcher Zeit gilt man denn als geheilt? Schade: Grob kann man sagen: Wenn man mit einer Depression auf Station kommt, sollte man von vier bis sechs Wochen ausgehen. Die Medikamente brauchen so zwei bis drei Wochen, bis sie ihre Wirkung entfalten. Auch die anderen Therapien, wie die Psychotherapie, brauchen Zeit, bis die Wirkung eintritt. Das heißt nicht, dass die Leute vollstationär die ganze Zeit behandelt werden müssen. Elstner: Die Medikamente brauchen dann auch einige Zeit, bis man sie absetzen kann. Wenn ich das erste Mal eine Depression habe, dann sollte ich das Medikament Minimum ein halbes Jahr bis ein Jahr weiternehmen, auch wenn man sich wieder gut fühlt. Danach bin ich aber wieder voll belastbar? Schade: Es ist leider so, dass junge Menschen mit Schizophrenie eine Restsymptomatik behalten, was ein Integrieren auf dem ersten Arbeitsmarkt schwierig macht. Das ist bei Patienten mit Angsterkrankungen oder mit Depressionen häufig anders. Die Annahme, einmal in dieser Psychoecke und nie wieder in die Arbeit zurück, die stimmt auf keinen Fall. Interview: Benedikt Paetzholdt

IMPRESSUM Berliner Verlag GmbH Anzeigenleitung: Mathias Forkel Redaktion: Peter Brock (verantwortlich), Angelika Giorgis Anzeigenverkauf: Mareen Beu,Tel. 030 23 27 51 18, gesundheit@berliner-verlag.de Art Direction: Jane Dulfaqar, Annette Tiedge


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Angst in großem Ausmaß

Psychische Erkrankungen können sich zu einer Behinderung entwickeln. Betroffene haben dann Anspruch auf besondere Hilfen

B

ei psychischen Erkrankungen wie einer Depression oder einer Schizophrenie kann ab einer bestimmten Dauer von mehr als sechs Monaten vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) beziehungsweise Grad der Schädigungsfolgen (GdS) festgestellt werden. Bei dieser Bewertung richtet sich die Behörde nach den sogenannten versorgungsmedizinischen Grundsätzen. Hier sind Anhaltswerte festgelegt, mit der sich GdB und GdS ermitteln lassen. Verschiedene Ausprägungen

In dieser Skala sind vier Abstufungen verzeichnet. In der geringsten Stufe liegen GdB und GdS innerhalb eines Spektrums der Werte eins bis zwanzig. Das ist der Fall, wenn leichtere psychovegetative oder psychische Störungen wie zum Beispiel wiederkehrende Schweißausbrüche oder anhaltende Schlaflosigkeit identifiziert werden.

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In der nächsten Abstufung findet sich die Gruppe der stärker behindernden Störungen. Diese gehen einher mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Das kann zum Beispiel in Form einer ausge-

prägten Hypochondrie auftreten, eine von Angst geprägte Beziehung zum eigenen Körper. Auch eine Phobie, also die ausgeprägte Angst vor Anlässen oder Gegenständen, kann ein Ausmaß entwickeln, dass ein Behinderungsgrad

von 30 bis 40 ermittelt wird, der dieser Einstufung zugeordnet ist. Ab einem Gdb von 50 tritt eine Schwerbehinderung ein. Im Bereich der Persönlichkeitsstörungen und den Folgen psychischer Traumen, wozu auch Depressionen

zählen, geht diese Diagnose mit einer sogenannten schweren Zwangskrankheit einher. Eine mittelgradige (50 bis 70) beziehungsweise eine schwere (80 bis 100) soziale Anpassungsschwierigkeit liegt in diesem Fall vor. Bei der Beurteilung geht es weniger um einzelne Symptome, sondern es liegt ein umfassender Kriterienkatalog zugrunde. In jedem Fall ist abzuwägen, ob die Anerkennung als Schwerbehinderter möglicherweise eine Stigmatisierung oder Belastung für den oder die Betroffene darstellt, die zusätzliche Probleme hervorruft. In vielen Fällen ist die Anerkennung allerdings hilfreich. Dadurch können Leistungen in Anspruch genommen werden, die im Sozialgesetzbuch geregelt sind. Darunter fallen unter anderem die Gleichstellung, um einen Arbeitsplatz zu erhalten, ergänzende Leistungen zur Reha oder die kostenlose Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs. (pae.)

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Zurück ins Berufsleben trotz psychischer Behinderung? Das Berufsförderungswerk Berlin-Brandenburg e. V. unterstützt erwachsene nach psychischer erkrankung bei der Rückkehr auf den Arbeitsmarkt

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eter Kiwit (Name geändert) erzählt: „Obwohl es mir oft nicht gut ging, habe ich einige Jahre in meinem Job ausgehalten.“ Der 41-Jährige ist ein sportlicher Typ und war als Trainer in einem Fitness-Studio tätig „Die Arbeit mit den Leuten und die Bewegung haben mir immer großen Spaß gemacht. Trotzdem wurde der Stress für mich zunehmend größer, der Umgang mit den Kollegen und mit Kunden fiel mir schwerer und schwerer“, beschreibt Kiwit seine damalige Situation. Er hatte immer weniger Geduld, zog sich von den Kunden zurück und kämpfte mit Panikattacken. Als ihm alles über den Kopf wuchs, ließ er sich krankschreiben. Psychische Erkrankungen, wie sie auch Peter Kiwit erlebt hat, gehören zu den häufigsten und die Lebens-

» Selbstvertrauen

entwickeln und Belastbarkeit steigern. «

qualität der Betroffenen am stärksten einschränkenden Krankheiten unsererZeit.LautStatistiksindinzwischen doppelt so viele Erwerbslose wie vor zehn Jahren wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig. Häufig haben Menschen, die unter den Folgen einer solchen Erkrankung leiden, mit mangelndem Antrieb, mit eingeschränkter Wahrnehmungsund Konzentrationsfähigkeit sowie geringem Selbstvertrauen zu kämpfen. Um dem beruflichen Alltag wie-

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der gewachsen zu sein, benötigen sie deshalb stabilisierende Angebote, in denen sie ihre fachlichen Kompetenzenwiederentdecken,Selbstvertrauen entwickeln und ihre Belastbarkeit steigern, gegebenenfalls sogar eine neue berufliche Orientierung entwickeln können.

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eine nachfolgende Qualifizierung vorbereiten. Die Teilnehmer werden dabei psychologisch und fachärztlich begleitet.

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Peter Kiwit konnte in einer beruflichen Trainingsmaßnahme des Berufsförderungswerkes wieder SiTrainingsmaßnahmen cherheit und Selbstvertrauen entwiDas Berufsförderungswerk Berlin- ckeln. Er hat sich im Verlauf für eine Brandenburg e. V. unterstützt Be- anschließende einjährige kaufmäntroffene bei der Stabilisierung und nische Qualifizierung entschieden, Wiedereingliederung in das Berufs- um im Sport- und Fitnessbereich leben. So dient eine „Erweiterte Be- mehr im Hintergrund arbeiten zu rufsfindung und Arbeitserprobung“ können und den Umgang mit Kun(EBA) der individuellen Abklärung den auf ein für ihn passendes Maß zu von Eignung und Belastbarkeit so- reduzieren. Dabei konnte er immer wie der beruflichen Orientierung. auf psychologische Unterstützung Darüber hinaus kann man sich mit zurückgreifen, wenn wieder ÄngsHilfe von Trainingsmaßnahmen auf te auftauchten. „Nach meinem Abeine Rückkehr in Arbeit oder auch auf schluss im Berufsförderungswerk

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habe ich eine Stelle im Büro eines Fitness-Studios gefunden“, berichtet Kiwit nicht ohne Stolz, „und wenn Kollegen ausfallen, kann ich auch mal an den Geräten einspringen.“

 WichTige TelefonnUmmeRn Berufsförderungswerk Berlin-Brandenburg e. V. Standort Berlin Epiphanienweg 1, 14059 Berlin 030 30399-0 info@bfw-berlin.de Standort mühlenbeck Kastanienallee 25, 16567 Mühlenbeck 033056 86-0 info@bfw-brandenburg.de BTZ Berlin Elsenstraße 87-96, 12435 Berlin Tel. 030 30399-701, btz@bfw-berlin.de  bfw-berlin-brandenburg.de

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MONTAG, 25. MÄRZ 2013 I VERLAGSBEILAGE

So normal wie möglich

„Etwas Positives zu erleben, das ist wichtig“

In einer Kreuzberger Wohngemeinschaft leben sechs junge Erwachsene mit geistigem Handicap zusammen

K

urz nach 15 Uhr wird es wuselig in der hellen Wohnküche im Erdgeschoss. Nach und nach trudeln die WG-Bewohner ein und beginnen ihr Wochenende. Benjamin Hilbert und Benedict Kunze machen es sich als Erste auf der großen roten Ledercouch gemütlich. Die Anstrengung der letzten fünf Tage ist beiden anzusehen. Viele Steckdosen mussten sie in der Werkstatt zusammenschrauben. Gut, dass Mitbewohnerin Anne Exner gemeinsam mit einer Betreuerin, die ihr hilft, sich im Supermarkt zurechtzufinden, eingekauft hat. Ihr Trolley ist bis zum Rand voll mit Bananen, Aufschnitt und anderen Leckereien. Sechs Personen, die seit Geburt ein unterschiedlich stark ausgeprägtes geistiges Handicap haben, wohnen in der WG an der Görlitzer Straße zusammen, zwei Frauen, vier Männer. Sie sind zwischen 21 und 30 Jahren alt. Jeder hat seinen eigenen Rückzugsort. Benjamin ist ein großer Formel-1Fan. Mehrere Helme, die aussehen wie die von Rennfahrern wie Michael Schumacher oder Mika Häkkinen, sind das Schmuckstück seines Zimmers – neben einer E-Gitarre, mit der er seinen Hausgenossen gelegentlich mal auf die Nerven geht. „Meistens klingt es ja ganz gut, aber irgendwann muss man auch mal schlafen“, sagt Benedict, der eine Etage höher wohnt. Sein Hobby ist das Surfen im Internet, auf Facebook Kontakte knüpfen. Gerne verbringt er deshalb Zeit an seinem Computer.

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Nachmittags ist viel los in der WG. Dann wird gescherzt, gegessen und der Hausarbeit nachgegangen.

Wenn das Zusammenleben so läuft wie in dieser WG, ist Kirsten Thamm-Kabteni froh. Sie koordiniert zehn von insgesamt 20 Wohngemeinschaften des Unionhilfswerks für Menschen mit Behinderung. „Es findet eigentlich ein ganz normales Leben statt. Mit dem kleinen Unterschied, dass wir die Bewohner bei der Organisation ihres Alltags unterstützen.“ Manche hier wohnen zum ersten Mal in einer Wohngemeinschaft, andere haben schon WG-Er-

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Leben mit Behinderung 03/13

Frühlingserwachen

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gesamt fünf Betreuer, die sich 2,6 Stellen teilen und abwechselnd die Gruppe begleiten. Sie kommen erst am frühen Nachmittag. Pierre Brandt, der sich noch um seine Wäsche kümmern muss und deshalb nur kurz in der Wohnküche vorbeischaut, ist meist als Erster auf den Beinen. Er arbeitet in einer Kantine in Steglitz. Manchmal muss er schon um vier Uhr aus den Federn. Die anderen haben es nicht ganz so weit und können es gemütlicher angehen. Nach dem

fahrung. Anne zum Beispiel, mit 30 die Älteste hier. Sie wohnte vorher in einer WG in Lichtenberg. Benedict, der zuvor bei seinen Eltern in Rudow gewohnt hat, ist froh über das neue Umfeld in Kreuzberg, wo „mehr Action“ ist. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum es ihn hierhergezogen hat. „Ich will frei sein, mich den Schwierigkeiten des Alltags stellen und mein Leben selbst in den Griff bekommen.“ Dazu gehört, rechtzeitig aufzustehen – ohne Weckdienst der ins-

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E I G E N T L I C H

Behinderung: Menschen gelten als behindert, wenn körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und die Teilhabe am Gesellschaftsleben beeinträchtigt ist. Ab 50 Prozent Behinderung tritt Schwerbehinderung ein.

Arbeitstag warten dann zu Hause verschiedene Dienste, wie in jeder WG . Einer muss sich um die Spülmaschine kümmern, einer um den Müll, wieder jemand anderes kauft für die ganze Truppe ein. So soll ein möglichst selbstständiges Leben geführt werden – mit der notwendigen Unterstützung der Betreuer. Bezahlt wird aus der Haushaltskasse. In diese zahlen alle einen Teil aus der ihnen zustehenden Grundsicherung ein. Auch die Miete wird durch die Sozialleistung abgedeckt. Rund 80 Euro Taschengeld bleiben jedem im Monat – auch durch die Arbeit in den Behindertenwerkstätten. Für Benedict könnte es ruhig ein bisschen mehr sein. „Es wird ja alles teurer.“ Trotz aller Selbstständigkeit, ohne Betreuer geht es in der WG nicht. Das zeigt sich vor allem jeden Donnerstag. Dann ist Teamrunde. Dabei wird besprochen, was zu tun ist, welche Probleme es zu lösen gilt. Die Teilnahme ist Pflicht. „Es ist wichtig, dass man sich hier austauschen kann. Manchmal gibt es heftige Diskussionen, weil jemand keine Lust oder eine Aufgabe einfach vergessen hat“, sagt Betreuerin Julia Halter. „Die meisten Auseinandersetzungen gibt es aber nicht untereinander, sondern mit uns. Wenn wir jemanden an seine Pflichten erinnern müssen.“ Zu denen gehört es, die anderen zu informieren, wenn einer abends noch ausgeht. Denn um 20 Uhr machen die Betreuer Feierabend, dann kehrt in der Wohnküche langsam Ruhe ein. Benedikt Paetzholdt

B E H I N D E R T ?

Hilfebedarf: Menschen mit Behinderungen haben häufig einen besonderen Hilfe- und Betreuungsbedarf. Wie hoch dieser letztlich ausfällt, wird mit Hilfe eines mehrschichtigen Verfahrens ermittelt. Hier geht es zum Beispiel darum, ob die Person Gefahren erkennen kann und wie gewöhnliche Alltagssituationen von ihr bewältigt werden können.

Grundsicherung: Es besteht ein Anspruch auf Grundsicherung, wenn das 18. Lebensjahr vollendet wurde und der Behinderte unabhängig von der Marktlage erwerbsgemindert ist. Die Leistungen werden nach Regelsätzen bemessen, die von den Landesregierungen festgelegt werden. Der monatliche Regelsatz in Berlin beträgt 374 Euro.

In Wedding singen Menschen, die eine Sprachbehinderung haben, gemeinsam in einem Chor

K

alter Wind pfeift durch die Straßen Berlins, in der Ourdenarder Straße in Wedding hasten die Menschen, um schnell ins Warme zu kommen. Aus einem der Räume der Gesundheitsakademie der Charité allerdings klingt es fröhlich: „Nun will der Lenz uns grüßen“. Eine illustre Truppe von rund 30 Männern und Frauen unterschiedlichen Alters sitzt im Kreis und singt sich den Frühling herbei. Die Menschen, die mit ihrem Gesang die Kälte zu vertreiben suchen, sind der Aphasie-Chor Wedding. Aphasie ist eine erworbene Sprachstörung durch eine Schädigung der linken Gehirnhälfte. Ursachen können Krankheiten, Schlaganfall oder Unfälle sein. In jedem Fall hat der Patient Probleme mit der Artikulation. Chor und Aphasie scheinen auf den ersten Blick zwei Dinge zu sein, die nicht zusammenpassen wollen. Der Chor in Wedding beweist das Gegenteil. Während Chorleiterin Julia Baumeister noch versucht,

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den Sängern den Text beizubringen, singen einige von ihnen schon munter los. „Das ist völlig in Ordnung“, betont sie. „Manchmal ist es ein Problem des Verständnisses, oftmals ist es aber dieses unbedingte Wollen.“ Bedenken, eine Gruppe von sprachgestörten Sängern zu betreuen, hatte die ge-

lernte Sängerin mit Lehrbefähigung nicht. „Ich habe mir schon ein paar Gedanken gemacht, wie ich den Sängern vor allem Stücke vermitteln kann, die sie noch nicht kennen.“ Lieder, die die Aphasiker schon vor dem Ereignis kannten, das der Auslöser war, sind noch vorhanden. Schwierig wird es mit

Liedern, die neu erlernt werden . Allerdings klappte das Lernen des Liedes vom Lenz schnell. Der Chor hat sich vor anderthalb Jahren gegründet. Damals waren Therapeutin Monika Samuel und Patientin Sevim Kilic in Würzburg zu den Aphasietagen. Sie lernten eine Gesangsgruppe kennen.

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MONTAG, 25. MÄRZ 2013 I VERLAGSBEILAGE

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damit jeder dazu gehört

Gemeinsam mit dem Bundesverband Aphasiker und dem Aphasiezentrum wurde dann auch in Berlin ein Chor gegründet. „In der Aphasie-Therapie geht es viel um Teilhabe und um Aktivitäten im täglichen Leben, trotz der erworbenen Störung“, erklärt Monika Samuel. „Der Chor ist etwas Wunderbares, da geht es um Kommunikation und um Spaß. Die Patienten merken an so vielen Stellen, dass etwas nicht mehr geht, und hier spüren sie, dass etwas geht.“ Manche sind nicht in der Lage, ihren Beruf auszuüben, und hier sitzen sie und singen, und es geht alles so leicht. „Sie einfach mal an die Hand zu nehmen und mitzunehmen, das ist wichtig“, ergänzt Sevim Kilic. „Einfach da zu sein, einfach etwas Positives zu erleben, das ist wichtig.“ Siegurd Seifert Kontakt: Tel. 030/450 55 51 14 oder mona.samuel@charite.de


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Behinderung: Menschen gelten als behindert, wenn körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und die Teilhabe am Gesellschaftsleben beeinträchtigt ist. Ab 50 Prozent Behinderung tritt Schwerbehinderung ein.

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Grundsicherung: Es besteht ein Anspruch auf Grundsicherung, wenn das 18. Lebensjahr vollendet wurde und der Behinderte unabhängig von der Marktlage erwerbsgemindert ist. Die Leistungen werden nach Regelsätzen bemessen, die von den Landesregierungen festgelegt werden. Der monatliche Regelsatz in Berlin beträgt 374 Euro.

In Wedding singen Menschen, die eine Sprachbehinderung haben, gemeinsam in einem Chor

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den Sängern den Text beizubringen, singen einige von ihnen schon munter los. „Das ist völlig in Ordnung“, betont sie. „Manchmal ist es ein Problem des Verständnisses, oftmals ist es aber dieses unbedingte Wollen.“ Bedenken, eine Gruppe von sprachgestörten Sängern zu betreuen, hatte die ge-

lernte Sängerin mit Lehrbefähigung nicht. „Ich habe mir schon ein paar Gedanken gemacht, wie ich den Sängern vor allem Stücke vermitteln kann, die sie noch nicht kennen.“ Lieder, die die Aphasiker schon vor dem Ereignis kannten, das der Auslöser war, sind noch vorhanden. Schwierig wird es mit

Liedern, die neu erlernt werden . Allerdings klappte das Lernen des Liedes vom Lenz schnell. Der Chor hat sich vor anderthalb Jahren gegründet. Damals waren Therapeutin Monika Samuel und Patientin Sevim Kilic in Würzburg zu den Aphasietagen. Sie lernten eine Gesangsgruppe kennen.

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für Menschen mit Lernschwierigkeiten oder geistiger Behinderung barrierefrei in zentraler Lage  mit Einkaufsmöglichkeiten, Kunst und Kultur  unterstützt und betreut durch unser Fachpersonal in Zusammenarbeit mit Pflegediensten Lebenshilfe gGmbH Telefon 030. 82 99 98 -105 wohnberatung@lebenshilfe-berlin.de www.lebenshilfe-berlin.de

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damit jeder dazu gehört

Gemeinsam mit dem Bundesverband Aphasiker und dem Aphasiezentrum wurde dann auch in Berlin ein Chor gegründet. „In der Aphasie-Therapie geht es viel um Teilhabe und um Aktivitäten im täglichen Leben, trotz der erworbenen Störung“, erklärt Monika Samuel. „Der Chor ist etwas Wunderbares, da geht es um Kommunikation und um Spaß. Die Patienten merken an so vielen Stellen, dass etwas nicht mehr geht, und hier spüren sie, dass etwas geht.“ Manche sind nicht in der Lage, ihren Beruf auszuüben, und hier sitzen sie und singen, und es geht alles so leicht. „Sie einfach mal an die Hand zu nehmen und mitzunehmen, das ist wichtig“, ergänzt Sevim Kilic. „Einfach da zu sein, einfach etwas Positives zu erleben, das ist wichtig.“ Siegurd Seifert Kontakt: Tel. 030/450 55 51 14 oder mona.samuel@charite.de


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Gemeinsam in der Klasse Studie: Mehr behinderte Schüler besuchen reguläre Schulen. Die Anzahl von Förderschülern bleibt aber fast konstant

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mmer mehr behinderte Schüler besuchen reguläre Schulen. Wie die Bertelsmann-Stiftung mitteilte, geht inzwischen jeder vierte Schüler mit Behinderung auf eine Regelschule. Dennoch komme die schulische Inklusion, also die Einbindung von Kindern und Jugendlichen mit Handicaps, nicht schnell genug voran. Wie die Untersuchung auch zeigt, bleibt die Zahl der Förderschüler an speziellen Förderschulen nahezu konstant. Ursache dafür ist, dass die Zahl der Schüler mit Förderbedarf gestiegen ist. Der Anteil von Förderschülern an Regelschulen schwankt je nach Bundesland beträchtlich. In Bremen (55,5 Prozent) und SchleswigHolstein (54, 1 Prozent) besuchen

mehr als die Hälfte aller Förderschüler eine reguläre Schule. In Niedersachsen (elf Prozent) hingegen wird nur jeder neunte Förderschüler inklusiv unterrichtet. Berlin liegt im vorderen Bereich des Rankings. In der Hauptstadt werden 47,3 Prozent der behinderten Kinder in einer Regelschule unterrichtet. Behindertenverbände kritisieren, dass viele Bundesländer die Inklusion nicht genügend vorantrieben. In Nordrhein-Westfalen etwa beklagt die Landesarbeitsgemeinschaft „Gemeinsam Leben, Gemeinsam Lernen“, dass es keine Hinweise darauf gebe, „dass sich die Landesregierung konsequent von dem separierendem Schulsystem verabschieden“ wolle. (epd)

PAULUS PONIZAK

Jürgen Lindner an seinem Arbeitsplatz – er ist froh, trotz Behinderung wieder einen Job gefunden zu haben.

Glück in der Küche

Kontakt: WIB – Weißenseer Integrationsbetriebe GmbH Geschäftsstelle Tassostr. 17 13086 Berlin Telefon 030 - 47 99 11 0 Fax 030 - 47 99 11 32 info@wib-verbund.de www.wib-verbund.de

Vielfalt, Erfahrung, Veränderung Wir fördern die soziale und berufliche Integration behinderter und sozial benachteiligter Menschen durch Beratung, Betreuung, Beschäftigung und Arbeit im Verbund von Projekten und Firmen.

Angebote für Menschen mit Behinderungen Das UNIONHILFSWERK bietet in Berlin mit rund 2.500 Mitarbeitern zahlreiche Beratungsangebote, Beschäftigung und Betreuung für Menschen mit Behinderungen und psychischer Erkrankung sowie Angebote der beruflichen Rehabilitation. Mit unseren stadtweiten Angeboten unterstützen wir unsere Klienten nach ihren individuellen Bedürfnissen. • • • • •

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Erfolgreicher Weg zurück in die Arbeitswelt – für Behinderte nicht immer einfach

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eit zwei Jahren ist Jürgen Lindner sozusagen ein neuer Mensch. Das Selbstbewusstsein ist zurück, ebenso die Lebensqualität. Der Grund dafür findet sich in der Kantine des Ex-Rotaprint-Geländes in Wedding. Dort kann er das tun, was fast nicht mehr möglich schien: Endlich wieder normal arbeiten. Fünf Tage die Woche backt er jetzt Kuchen, schnibbelt Gemüse, hält die Küche in Schwung. Er sagt: „Ich gehe hier voll auf.“ Dass ihn die Arbeit in einer Küche, die täglich rund hundert Essen serviert, so erfüllt, hätte der inzwischen 61-Jährige nie für möglich gehalten. Er bezeichnet sich als Hobbykoch, denn seine Profession war eigentlich eine andere. 25 Jahre lang arbeitete er in der Möbelbranche, betätigte sich als Tischler und als Auslieferungsfahrer. Doch dann war plötzlich Schluss damit, weil der Körper das nicht mehr mitmachte. Lindner erlitt einen Bandscheibenvorfall nach dem nächsten. Bis heute sind es insgesamt vier. Die Schmerzen waren zwischenzeitlich derart unerträglich, dass es dem Familienvater sogar schwerfiel, sich um die kleinen Kinder zu kümmern, die er mit seiner 15 Jahre jüngeren Frau zusammen hat. „Das wünscht man selbst seinem ärgsten Feind nicht, so tierisch tat das weh“, sagt er. 2008 wurde er dann arbeitslos – ohne große Perspektiven. Dieses Empfinden schlug sich dann auf die Psyche nieder, auch wegen der Schmerzmittel, die er

INTEGRATION Die Integrationsfachdienste (IFD) sollen die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unterstützen. Ihre Arbeit ist im Sozialgesetzbuch geregelt. Sie sollen schnittstellen- und leistungsträgerübergreifend für die Bundesagentur für Arbeit , das Integrationsamt sowie für die Rehabilitationsträger tätig sein. Startschuss für die IFD waren die 1980er- und 1990er-Jahre − als Modellprojekt. Seit 2000 sind sie fest verankert. einnehmen musste. Zu den körperlichen Schmerzen gesellten sich depressive Stimmungen. „Man fühlt sich ja schon irgendwie nutzlos.“ Die Summe seiner Beschwerden führte schließlich dazu, dass er als behindert eingestuft wurde – zu 40 Prozent. Trotz anhaltender Schmerzen suchte er noch mal sein Glück auf dem ersten Arbeitsmarkt – allerdings ohne Erfolg. „Mit Dank abgelehnt, so hieß das immer. Das hätte ich mir eigentlich sparen können“, erinnert er sich. Drei Jahre war er quasi zum Nichtstun verdammt. Dass er dann aber doch noch zurück in die Arbeitswelt rutschte, verdankt er einem Zufall, mit für ihn weitreichenden Folgen. In der Kita seiner Kinder lernte er André Reut-

ter kennen, den Chef der Kantine. Ein Mann mit Lebenserfahrung, der unbedingt arbeiten will, passte gut in das Konzept des Unternehmers. „Jemand, der weiß, wie die Arbeitswelt aussieht, kannst du als Arbeitgeber gut gebrauchen. Umso besser, wenn er dann auch noch so motiviert bei der Sache ist“, sagt Reutter. Letztendlich wurde die Zusammenarbeit dann mit Hilfe des Integrationsfachdienstes (IFD) festgezurrt. Dessen wichtigste Aufgabe besteht darin, behinderten Menschen den Weg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. „Jürgen hat gesucht, ich habe gesucht“, sagt Reutter. „So haben wir uns gefunden.“ Dass die Rentenversicherung die Hälfte der Kosten für die neue Arbeitskraft übernahm, machte Reutter die Einstellung zusätzlich leichter. Die Behinderung habe ihn nicht abgeschreckt, so Reutter. „Irgendwie trägt ja jeder ein paar Probleme mit sich herum. Die ganze Arbeitswelt besteht letztlich ja aus Inklusion.“ Inzwischen sind die beiden gut aufeinander eingespielt. Den Ablauf stört es nicht, dass Jürgen Lindner seinen Körper nach wie vor schonen muss. Schwere Töpfe zu hieven, ist natürlich tabu. Auch muss er sich setzen, wenn er Brokkoli oder Rote Beete zubereitet. Umso mehr kann er sich mit Essensvorschlägen einbringen. Sind die Kunden zufrieden, freut sich der Küchenhelfer. Und ganz nebenbei ist das wohltuende Medizin für die Seele. Benedikt Paetzholdt


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Eine Anlaufstelle für alle Fragen

Die Lebenshilfe richtet eine zentrale Down-Syndrom-Beratungsstelle für Betroffene und Angehörige ein

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eit dem Welt-Down-Syndrom-Tag, der am 21. März stattfand, bietet die Lebenshilfe Berlin Betroffenen und Angehörigen Hilfe an einem Ort gebündelt an. In der Geschäftsstelle an der Heinrich-Heine-Straße 15 finden nun in der dritten Etage die Lebenshilfe Bildung gGmbH, der Psychologische Dienst, die Elternund Familienberatung und ein trägerübergreifendes Wohnangebot Platz. In Berlin gibt es nach Schätzungen der Lebenshilfe zwischen 1 500 und 2 500 Menschen mit Down-Syndrom. Für Julia Sutter, die Leiterin der neu geschaffenen Beratungsstelle, ist es wichtig, Beratung mit den Selbsthilfegedanken zu verbinden. Die Lebenshilfe ist ursprünglich einmal aus einer Gruppe betroffener Eltern entstanden. Obwohl die Organisation inzwischen einer der wichtigsten Träger für die Betreuung von Menschen mit Lernschwierigkeiten ist und zahlreiche Abteilungen

und Tochterunternehmen hat, ist und bleibt die direkte Beratung und gegenseitige Hilfe wesentlicher Bestandteil des Angebots. Seit 2009 gibt es als festen Bestandteil der Beratung ein Elterntelefon. Drei Ehepaare und vier einzelne Personen stehen Betroffenen und Eltern sieben Tage in der Woche mit Rat und Tat zur Seite. Anne-Christin Plate, selbst Mutter eines Kindes mit Down-Syndrom, weiß, wie unsicher ein Elternpaar ist, wenn es entweder vor der Geburt oder gleich danach erfährt, dass ihr Kind behindert sein wird oder ist. Ein Gespräch mit betroffenen Eltern kann da viel Hoffnung geben und Sicherheit zurückbringen. „Es hat mir gut getan, dass andere ihre Erfahrungen an mich weitergegeben haben“, sagt Plate. Sie hat deshalb das Elterntelefon mitgegründet. In den vergangenen Jahren beobachten die Mitarbeiter die Tendenz, dass Paare sich bereits vor der Entbindung informieren und nach den Erfah-

rungen anderer Eltern erkundigen. Das Beratungszentrum in der Heinrich-Heine-Straße erweitert diese Hilfe zur Selbsthilfe. Auch wenn Beratungen schon vorher angeboten wurden, die Konzentration an einem Ort macht die Beratung einfacher. Erweist sich ein Problem als vielschichtig, können alle relevanten Partner eingeladen werden. Die Beratungsstellen liegen Zimmer an Zimmer, so können schnell kompetente Mitarbeiter aus anderen Fachbereichen dazugeholt werden. Für Eltern gibt es nur noch eine Anlaufstelle. Damit sich die Eltern auf das Gespräch konzentrieren können, kümmern sich Mitarbeiter während des Beratungstermins in einem extra Spiel-Zimmer um die Kinder. Siegurd Seifert

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Das Elterntelefon ist werktags von 20 bis 22 Uhr und am Wochenende von 10 bis 12 Uhr unter der gebührenfreien Nummer 0800-741 74 10 zu erreichen.

Zurück in Arbeit trotz gesundheitlicher Einschränkungen www.bfw-berlin-brandenburg.de

Das Berufsförderungswerk Berlin-Brandenburg e. V. ist ein modernes und zukunftsorientiertes Kompetenzzentrum für berufliche Rehabilitation und Integration. Wir qualifizieren Erwachsene, die aus gesundheitlichen (körperlichen und /oder psychischen) Gründen ihren Beruf oder ihre bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben können. Schon längst garantiert rein fachliches Knowhow keinen Arbeitsplatz mehr. Deshalb arbeiten wir nach einem ganzheitlichen Ansatz, in dem Fachkompetenz, Schlüsselkompetenzen und Gesundheitskompetenz gleichwertige Bedeutung haben. Ziel dieser beruflichen Neuorientierung ist die dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Sie sind interessiert? Dann besuchen Sie unsere Offene Sprechstunde oder rufen Sie uns an!

chstunden r Offene Spre 3 b is 15 Uh : montags 1 in rl 12 Uhr e B is rt b o 0 d 1 Stan nstags ie d : ck e b n ühle Standort M bis 15 Uhr montags 13 : BTZ Berlin

Standort Berlin Berufsförderungswerk Berlin-Brandenburg e. V. Epiphanienweg 1 14059 Berlin-Charlottenburg Telefon 030 30399-0

Standort Mühlenbeck Berufsförderungswerk Berlin-Brandenburg e. V. Kastanienallee 25 16567 Mühlenbeck Telefon 033056 86-0

BTZ | Berufliches Trainingszentrum Berlin Berufsförderungswerk Berlin-Brandenburg e. V. Elsenstraße 87-96 12435 Berlin-Treptow Telefon 030 30399-701


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Schutz vor Kündigung und Freifahrt im Bus Die Unterstützung von Menschen mit schwerer Behinderung ist staatlich festgelegt

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Kraftfahrzeugsteuer: Schwerbehinderte können als Erleichterung im Personenverkehr auf Antrag Steuervergünstigungen für ihr Kraftfahrzeug bekommen. Möglich sind eine Halbierung der Steuer oder eine komplette Befreiung.

on der Arbeit, über das Auto bis hin zur Wohnung. In fast allen Lebensbereichen finden sich Erleichterungen für Menschen mit Behinderung. Eine Übersicht: Kündigungsschutz: Die Kündigung eines Schwerbehinderten bedarf in der Regel der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes.

Steuervorteile: Behinderte oder ihre Eltern können steuerliche Vergünstigungen beim Finanzamt erreichen. Möglich sind zum Beispiel die Absetzung eines Pauschbetrags bis maximal 3 700 Euro erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten oder außergewöhnlicher Belastungen wie Pflege- oder KfzKosten.

Zusatzurlaub: Schwerbehinderte haben Anspruch auf zusätzlich fünf bezahlte Urlaubstage im Jahr. Bei mehr oder weniger als fünf Arbeitstagen in der Woche erhöht beziehungsweise vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend. Belastungserprobung: Diese dient der Feststellung der gesundheitlichen Belastbarkeit für eine spätere berufliche Bildungsmaßnahme oder Arbeitstätigkeit. Sie umfasst oft aber auch Analysen zu den intellektuellen Fähigkeiten des behinderten Menschen und zu möglichen Einsatzmöglichkeiten. Leistungsverpflichtet sind die Unfall- und Rentenversicherungsträger sowie Krankenkassen. Berufsfindung und Arbeitserprobung: Sie dienen dazu, den geeignetsten Weg der beruflichen Eingliederung zu finden. Dabei geht es um die Findung und Erprobung eines neuen beruflichen Umfelds. Die Maßnahmen werden meist in Berufsförderungs- und Berufsbildungswerken durchgeführt.

ermäßigten Beitrag. Befreiung und Ermäßigung müssen bei der GEZ beantragt werden.

Wohngeld: Das ist ein staatlicher Zuschuss zu den Kosten für Wohnraum. Dieser Zuschuss wird entweder als Mietzuschuss für Mieter einer Wohnung oder als Lastenzuschuss für Eigentümer eines Hauses oder einer Wohnung gewährt. Er ist abhängig von der Zahl der Familienmitglieder, deren Einkommen und der regional unterschiedlichen Höhe der zuschussfähigen Miete oder Belastung.

Öffentliche Verkehrsmittel: Behinderte können Verkehrsmittel des öffentlichen Nah- und auch des Fernverkehrs − das sind vor allem Busse, Bahnen und Züge − vergünstigt oder kostenlos benutzen. Für den Nahverkehr gibt es verschiedene Wertmarken. Eine notwendige Begleitperson fährt kostenlos mit.

Parkausweis: Den Parkausweis für Schwerbehinderte bekommen Personen, die selbst kein Fahrzeug führen können. Behinderte, die ihr Kraftfahrzeug nicht selbst fahren können, erhalten eine Ausnahmegenehmigung. Mit dieser kann der sie befördernde Kraftfahrzeugführer die geltenden Parkerleichterungen nutzen. (pae.)

Kräftemessen in Potsdam

Den Arzt verstehen

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Ausbildungsgeld: Damit fördert die Arbeitsagentur die berufliche Eingliederung von behinderten Menschen. Es dient dem Lebensunterhalt des Behinderten, der wegen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben keine beziehungsweise keine ganztägige Erwerbstätigkeit ausüben kann. Die Höhe beträgt maximal 397 Euro im Monat und ist abhängig von der Art der Ausbildung, von der Wohnsituation, vom Alter, vom Familienstand und vom Einkommen.

Teilnahmekosten: Darunter fallen Kosten, die anfallen, um sich auf eine Wiederaufnahme im Arbeitsmarkt vorzubereiten. Dazu zählen zum Beispiel Reisekosten, Ausgaben für Lehrmaterialien oder Aufwendungen für eine Übernachtung. Die Kostenübernahme muss im Vorfeld mit der Agentur für Arbeit geklärt werden. Rundfunkgebühr: Schwerbehinderte zahlen unter bestimmten Voraussetzungen keinen oder einen

3. Special Olympics im Juni

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ur dritten Ausgabe der Special Olympics der Leichtathletik im Land Brandenburg lädt der SC Potsdam am Freitag, 14. Juni, ein. Mehr als 250 Athleten mit geistiger oder mehrfacher Behinderung werden an den Wettkämpfen teilnehmen und sich im Stadion am Luftschiffhafen miteinander messen. Auch wird es einen großen Mitmachparcour geben. Dieser wird nicht nur die Geschicklichkeit von jedem Teilnehmer fordern, sondern auch das Bemühen, persönliche Grenzen zu überwinden. Special Olympics wurden 1968 von der Schwester John F. Kennedys ins Leben gerufen, um Menschen mit geistiger Behinderung die Teilnahme an sportlichen Wettbewerben zu ermöglichen.

App für Gehörlose

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it Hilfe einer neuen Anwendung für mobile Endgeräte können sich Gehörlose im Fall eines Krankenhausaufenthalts zukünftig verständlich machen. Die „iSignITApp“, entwickelt vom Peter-L.-Reichertz-Institut für Medizinische Informatik in Braunschweig, ermöglicht es, mit mehr als 800 medizinischen Phrasen eine Basiskommunikation zwischen gehörlosen Patienten und dem medizinischen Personal zu führen. Anhand von einfachen Fragen und Antworten kann sich auf diese Weise ein schwerhöriger oder gehörloser Patient mit Arzt oder Pflegekraft verständigen. Die ausgewählten Aussagen werden mittels Videos in Gebärdensprache übersetzt.


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