Wirtschaft Berlin - Energie

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Wirtschaft ENERGIE Der Runde Tisch Experten und Entscheider aus der Energie- und Versorgungsbranche diskutieren die Energiewende

SPEZIAL

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Techniker gefordert Ökostrom erzeugen ist leicht, ihn transportieren und speichern hingegen schwierig

Intelligent vernetzt für eine saubere Zukunft Berlin schafft die Energiewende: Ehrgeizige Ziele, gute Ideen, aufgeschlossene Menschen und ein lebendiger Markt – Was hier gelingt, kann Modell für das ganze Land werden Anzeigen-Sonderveröffentlichung Nr. 9 | 03. Juni 2014


Wirtschaft

Anzeigen-Sonderveröffentlichung | 03. Juni 2014

Eine einzigartige Stromautobahn Die Energiewende: Berlin und Ostdeutschland sind ganz vorn mit dabei – Unternehmen sehen große Chancen und wollen investieren as Land soll umgebaut werden, und zwar nachhaltig und ressourcenschonend ‒ das ist die Energiewende. Mit tiefgreifenden Umwälzungen und ihrer erfolgreichen Bewältigung haben die Menschen in Ostdeutschland und in der Hauptstadt Berlin Erfahrung. In den kommenden Jahrzehnten wird die Energiewende politisch, gesellschaftlich, wirtschaftlich und ökologisch großen Einfluss auf die Bundesrepublik und den Alltag der Deutschen nehmen. Das Ziel: Eine Fülle von kleinen und großen Kraftwerken erzeugt Strom und Wärme. Energie kann auch über weite Strecken ohne große Verluste transportiert werden. Produkte werden ressourcenschonend entwickelt und gefertigt, und intelligente Technik vereinfacht das Leben und hilft den Bürgern. WEITSICHT BEWIESEN. Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg. Strom aus grünen Quellen ist immer noch teuer und steht nicht dann und dort zur Verfügung, wenn und wo er gebraucht wird. Zu bewältigen ist der Umbruch mit neuen Technologien. Gerade in der ostdeutschen Region wollen Unternehmen vestieren: Einer Umfrage von Siemens zufolge sehen investieren: die meisten Unternehmer die Energiewende als große Chance. Eine Schlüsselrolle wird dabei der Stromspeicher-Technologie zukommen ‒ und den Energienetzen. Die Berliner 380-Kilovolt-Diagonale gilt bereits jetzt als Vorbild für Metropolen weltweilt. Sie ist eine einzigartige Stromautobahn, die auf einer Strecke von 28 Kilometern tief unter dem Boden der Hauptstadt verläuft, und zwar vom Umspannwerk Teufelsbruch

INTELLIGENTE MOBILITÄT Neue Antriebe für saubere, energiesparende Fahrzeuge sind das eine, eine intelligente Verkehrssteuerung das andere. Moderne Mobilität ‒ das ist die Vernetzung der unterschiedlichen Verkehrsträger unter Einbeziehung aller relevanten Daten über die Verkehrslage. In und um Berlin hat sich ein herausragendes Kompetenznetz entwickelt. Zahlreiche Hochschulen und Institute befassen sich wissenschaftlich mit allen Fragen rund um den Verkehr und seine Lenkung, Hersteller entwickeln und produzieren innovative Produkte für Automotive, Luftfahrt und Schienenverkehr, und die relativ junge Disziplin „Verkehrstelematik“, also die Bereitstellung von Echtzeit-Informationen und Entscheidungsvorschlägen an alle Verkehrsteilnehmer, ist hier stark vertreten. Außerdem ist Berlin-Brandenburg „Schaufenster“ für Elektromobilität.

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in Nordwesten bis zum Umspannwerk Marzahn im Osten. „Das ist der effizienteste Weg für die Stromversorgung ‒ und auch ein extrem sicherer: Über die Diagonale kann Berlin von zwei Seiten aus mit Energie beliefert werden, denn die Stadt ist sowohl im Westen als auch im Osten angeschlossen. Das macht sie zum festen Bestandteil eines leistungsfähigen und stabilen Übertragungsnetzes, das in anderen Teilen Deutschlands erst noch ausgebaut werden muss. Über die Diagonale kann bereits heute Offshore-Windenergie aus der Ostsee bis in die Stadtmitte gelangen. Mit ihrem Bau haben die Berliner also viel Weitsicht bewiesen“, sagt Dr. Frank Büchner, Regionalchef Ost bei Siemens. Neben Berlin hat auch Leipzig schon mit dem Umbau der Energienetze begonnen. Beide Städte liegen im Vergleich zu anderen europäischen Großstadt in einer Spitzengruppe, was die Modernisierung der Energiesysteme angeht. Das zeigt die Umwelstudie „German Green City Index“.

Die 380-Kilovolt-Stromtrasse verläuft meist als Erdkabel, streckenweise auch als Freileitung. Sechs Umspannwerke (blau) gibt es auf ihrem Weg quer durch Berlin.

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INFRASTRUKTUR Die Energiewende ist nach Meinung von Fachleuten an einem technisch kritischen Punkt angekommen: Während die Erzeugung von „grünem“ Strom aus Solar- oder Windkraftanlagen kein Problem mehr darstellt und in der Bevölkerung auch weithin akzeptiert wird, hält die Entwicklung von Ökostrom-tauglichen Netzen und Speichertechnologien nicht Schritt. Hier muss viel passieren, damit Wind und Sonne wirklich in Zukunft die klimafeindlichen fossilen Brennstoffe ablösen können, ohne dass die Versorgungssicherheit im Industrieland Deutschland leidet.

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DER RUNDE TISCH Entscheider aus der Energie- und Versorgungsbranche diskutierten auf Einladung des Berliner Verlags am „Runden Tisch“ in der Schankhalle PfefferPfefferberg über die Energiewende. Einig waren sie sich darin, dass Berlin hier eine Vorreiterrolle für das ganze Land übernehmen kann. Unterschiedliche Ansichten gibt es über den Weg dorthin. Eine große Rolle spielte auch das Vergabeverfahren für die Netzkonzessionen. Für das Gasnetz endete der bestehende Vertrag bereits Ende 2013. Das Verfahren befindet sich in der Endphase, bis zum 7. April mussten die Bewerber ihr finales Angebot abgeben. Nach dem Rückzug von Alliander kurz vor dem Stich-

BILDER: THINKSTOCK.COM, MDSCREATIVE

tag sind jetzt nur noch die Gasag und die landeseigene Gesellschaft Berlin Energie im Rennen. Für das Stromnetz endet die Konzession Ende 2014. Es bewerben sich Vattenfall, die Thüga, die Genossenschaft Bürger-Energie Berlin sowie die ohnehin landeseigene Berlin Energie. Alliander hat seinen erwarteten Rückzug noch nicht bekannt gegeben.


Energie

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WOHNEN

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GRÜN WIRTSCHAFTEN Energieverbrauch reduzieren, Emissionen drosseln, Prozesse, Firmengebäude und Verwaltungsabläufe optimieren ‒ Energiesparen im Betrieb hat viele Aspekte. Während deutsche Unternehmen vielfach Weltmarktführer in Umweltschutztechnologien sind, hapert es mit der Umsetzung. Doch immer wieder fallen auch Firmen jeder Branche und Größe mit ausgefallenen Ideen auf, ihren Beitrag zum sauberen Wirtschaften zu leisten. Dass in Berlin aus Sonne Eis gemacht wird, ist vielen bekannt. Dass die vielen Berliner Clubs viel Strom verbrauchen, ist ebenfalls einleuchtend. Aber wie Feiern mit Energiesparen zusammenkommt, dazu braucht es etwas Überzeugungsarbeit und Einfallsreichtum.

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Die privaten Haushalte und Gewerbeimmobilien mit ihrem Bedarf an Energie für Heizung und warmes Wasser sind nach der Stromindustrie die größten Energieverbraucher und Emittenden von Kohlendioxid ‒ noch vor dem Verkehr. Aufgrund verschärfter Anforderungen an den energetischen Standard und verbesserter Technik hat sich die Bilanz hier deutlich verbessert. Neubau und Sanierung bieten viele Möglichkeiten, klimafreundlich zu wohnen. Wohnungswirtschaft und Betreiber von Gewerbeimmobilien greifen immer öfter auf Komplettangebote von Contracting-Anbietern zurück.

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„Ostdeutschland ist ein Motor des Wandels“ Siemens-Manager Frank Büchner zu den Chancen der Energiewende 1 Welche Weichenstellungen braucht Deutschland für eine Energiewende?

Dr. Frank Büchner

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PERSON

Dr. Frank Büchner (58) leitet bei Siemens Deutschland seit 2008 den Sektor Energy. Zusätzlich verantwortet der gebürtige Sachse im Konzern seit 2004 die Region Ost, die die neuen Bundesländer und Berlin umfasst. Der promovierte Elektro-Ingenieur arbeitet seit 1991 für Siemens.

DR. FRANK BÜCHNER: Deutschland kann mit dem Thema zum Vorbild in der Welt werden. Die Energiewende ist mit vielen Subventionen erfolgreich eingeleitet worden. Jetzt wird es Zeit für mehr Marktwirtschaft, damit das Ganze nachhaltig wird.

und Ostdeutschland gestartet. Wichtig sind technologische Automatisierungen für Netzwerke und Kraftwerke. In Chemnitz und Leipzig entwickelt und produziert Siemens solche Technik.

Unternehmen Siemens und Vattenfall bis 2037 der Gesamtenergiebedarf der Berliner Häuser um 45 bis 50 Prozent senken. Aber auch die Abnahme von Strom muss sich künftig stärker am Angebot ausrichten, weil erneuerbare Energien wie Solar- und Windkraft vom Wetter abhängen.

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Welche Chancen stecken für Ostdeutschland in der Energiewende?

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Aber Strom wird sofort verbraucht?

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Woran machen Sie das fest?

BÜCHNER: Nehmen Sie die Problematik der Stromspeicherung. Wind und Sonne richten sich nicht nach einem Plan. Wenn mehr Energie erzeugt als verbraucht wird, muss der Strom in einer Art großen Batterie gespeichert werden. Doch in solche Speicher investiert derzeit niemand, weil die Betreiber solcher Anlagen zwar die Umlage für erneuerbare Energie zahlen müssen, aber für das Einspeisen der gespeicherter Energie keine EEG-Vergütung erhalten. Also entsteht ein Verlust. Bislang wird nur die direkte Erzeugung gefördert, wie der Strom zum Kunden kommt, spielt keine Rolle.

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Was muss in Angriff genommen werden?

BÜCHNER: Zuallererst benötigen wir neue Stromautobahnen, Trassen, über die die Windenergie aus dem Norden nach Süden und die Sonnenenergie aus dem Süden nach Norden gelangen. Auch dafür produziert Siemens in Berlin Schlüsselkomponenten – etwa Hochspannungsschaltanlagen und Komponenten für eine effiziente Übertragungstechnik. In China transportiert eine Leitung von Siemens seit 2011 große Mengen Strom höchst effizient von einem gigantischen Wasserkraftwerk im Landesinneren über mehr als 2.000 Kilometer nach Shanghai an der Küste. Wichtig sind aber auch moderne und gut funktionierende Stromverteilungsnetze in Städten und Landkreisen. Das Strom-Angebot von erneuerbaren Energien im Netz schwankt täglich, darauf sind unsere Technologien bislang nur unzureichend ausgelegt. Die vorhandenen Kraftwerke müssen flexibler werden, um Engpässe besser ausgleichen zu können. Wir müssen dezentrale Lösungen finden und kleinere Einheiten zu virtuellen Kraftwerken bündeln.

BÜCHNER: Ostdeutschland ist ein Motor des Wandels, und ich sehe dafür zwei wesentliche Gründe: Erstens haben die Menschen in der Region bereits einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Transformationsprozess gemeistert, und sie stellen sich auch den Herausforderungen der Zukunft mit großem Engagement. Zweitens gibt es gerade auch in Ostdeutschland zahlreiche hochinnovative Unternehmen, die gemeinsam mit Forschungseinrichtungen und Universitäten mit Hochdruck an den Technologien von morgen arbeiten. In Sachsen und Brandenburg ist eine Herausforderung, die neueren Braunkohle-Kraftwerke mit den erneuerbaren Energien zusammenzuschalten. In der Ostsee gibt es den ersten kommerziellen Windpark „Baltic 1“. Der zweite könnte noch dieses Jahr ans Netz gehen. Dazu hat übrigens Siemens die Windturbinen gebaut. Schon jetzt kann dieser Windstrom auch direkt in Berlin verbraucht werden. Das ist ein Modell für Deutschland.

BÜCHNER: Die Abnahme von Strom können wir intelligent steuern und auch zwischenspeichern – beispielsweise als Wärme. Wenn also Verbraucher so ausgerichtet werden, dass sie vor allem dann Strom abnehmen, wenn viel davon im Netz angeboten wird, dann ist das effizient – der Weg in die Zukunft. Dazu kommt ein marktwirtschaftlicher Anreiz: In den Zeiten hoher Stromerzeugung wird der Preis niedriger sein.

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Welche Rolle spielt die Energiewende für Siemens in Berlin?

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Welche Rolle spielt das Stichwort Energieeffizienz?

BÜCHNER: Eine zentrale Rolle. In Berlin können wir ja schließlich keine Windparks bauen, aber den Energieverbrauch senken und intelligenter steuern. Gebäude verbrauchen rund 40 Prozent der Energie weltweit. Saniert man Büro- und Wohnhäuser konsequent nach dem heutigen energetischen Stand der Technik, lässt sich laut einer Studie der Technischen Universität Berlin und der

BÜCHNER: Berlin ist als Keimzelle und Gründungsort der Siemens AG nach wie vor der weltweit größte Fertigungsstandort mit mehr als 90 Prozent Exportanteil. Ob das nun beispielsweise das Gasturbinenwerk in Moabit oder das Hochspannungstechnikwerk in Siemensstadt ist. In den vergangenen beiden Jahren haben wir in Berlin 60 Millionen Euro in zwei neue Fertigungshallen für Hochspannungsschaltanlagen investiert. Die dort gefertigten Anlagen werden gebraucht, um das Stromnetz funktionstüchtig zu halten. In Ludwigsfelde haben wir begonnen, ein Forschungs- und Logistikzentrum für Brennertechnik zu errichten, von dem das Gasturbinenwerk in Moabit profitieren soll. Im Herbst soll es in Betrieb gehen. Die Energiewende ist auch für uns eine positive Herausforderung für Innovationen und moderne Geschäftsfelder. Salopp formuliert: Elektro-Technik ist sexy – auch dank der Energiewende.

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Was bedeutet das?

BÜCHNER: Viele kleine Kraftwerke können genauso viel erzeugen wie ein großes Kraftwerk, müssen aber technisch ganz anders gesteuert werden. RWE und Vattenfall haben dazu Pilotprojekte in Nordrhein-Westfalen


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Reform des Herzstücks Beschneidung der Privilegien im Erneuerbare-Energien-Gesetz hat Begrenzung der steigenden Kosten zum Ziel

s war das international beachtete Prestigeprojekt der Bundesregierung: die Energiewende. Doch die hohen Kosten der grünen Revolution drohen zu explodieren. Die Bundesregierung muss auf die Kostenbremse treten ‒ und darf dennoch das größte wirtschaftspolitische Projekt nach der Wende nicht zum Stillstand bringen. Immerhin: Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) verkündet, dass durch den Zubau neuer Anlagen sowie günstige Witterungsverhältnisse der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung in Deutschland höher ist als jemals zuvor. Die BDEW-Hochrechnung belegt, dass der Anteil der regenerativen Energien am Bruttoinlandsstromverbrauch im ersten Quartal 2014 auf 27 Prozent kletterte. EILIGES VERFAHREN. Die Bundesregierung hat im Januar 2014 die von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) initiierten „Eckpunkte für die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)“ beschlossen ‒ den Kernpunkt der Energiewende. Man möchte zwar am EEG festhalten, die Privilegien jedoch kürzen. Dem Entwurf steht nun die parlamentarische Beratung bevor. „Zudem liegt seit Anfang Mai ein ergänzender Gesetzentwurf vor, der sich mit der Zukunft der Privilegierung stromintensiver Unternehmen befasst“, erklärt Rechtsexperte Boris Strauch, Sozius in der globalen Wirtschaftskanzlei Dentons. Es ist beabsichtigt, die EEGNovelle noch vor der Sommerpause im Bundestag zu verabschieden, damit sie zum 1. August in Kraft treten kann. Der Bundesrat muss auch noch zustimmen. VORTEILE GEKAPPT. „Die Politik ist angetreten, die Privilegien für ‚energieintensiveʻ Unternehmen zurückzufahren, wobei die wirtschaftlichen Auswirkungen der Entscheidung umstritten sind“, so

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Strauch. In der Konsequenz müssten EEG-umlagebefreite Unternehmen wohl mit Mehrkosten rechnen. Auch AnlagenBetreibern drohen Konsequenzen, denn Eigenstromerzeuger sollen in Zukunft grundsätzlich anteilig an der EEG-Umlage beteiligt werden, soweit die vorgesehenen Übergangsregelungen nicht eingreifen. Durch eine Mindestumlage zur Grundfinanzierung soll es zu einer Begrenzung der Höhe der Umlage für

Anteil „grünen“ Stroms im ersten Quartal 2014 bei 27 Prozent die Verbraucher kommen. Betreiber von Ökostromanlagen müssten sich auf die Abschaffung von Vorteilen und auf sinkende Einspeisevergütungen und Marktprämien einstellen, betont Strauch. VETRAUENSSCHUTZ FÜR BESTEHENDE ANLAGEN. Insbesondere dem Solarstrom steht eine Förder-Drosselung bevor. „Der Vertrauensschutz schont die Betreiber von Bestandsanlagen vor wesentlichen Än-

derungen“, so Strauch. Ähnliches trifft auf die Windenergieanlagen zu. Es soll erreicht werden, dass sich der tatsächliche Ausbau auf dem vorgesehenen Pfad bewegt und diesen nicht dauerhaft über- oder unterschreitet. Eine weitere „Entprivilegierung“ ist die Abschaffung des Repowering-Bonus der Windenergieanlagen an Land. Geschont werden nur Offshore-Anlagen. „Bleibt es bei dem Entwurf, erhalten diese Anlagen nach wie vor eine wesentlich höhere Einspeisevergütung“, erklärt Strauch. Auch für Biomasse ist eine deutliche Verschlankung geplant. Lediglich der Endverbraucher soll entlastet werden ‒ allerdings bleibt er durch den Erhalt der EEG-Umlage an den Kosten der Energiewende beteiligt. „Ziel der Novelle ist eine Kostendämpfung, was nicht gleichbedeutend ist mit einer Senkung ‒ daher wird es fallende Endverbraucherpreise vorerst nicht geben“, erklärt Strauch. Das Öko-Institut und das Fachinstitut Agora Energiewende haben errechnet, dass die ÖkostromUmlage 2015 und 2016 geringer ausfallen könnte ‒ allerdings nur aufgrund eines einmaligen Überschusses auf dem Umlage-Konto. Der Effekt für einen Haushalt mit 3.500 kWh Jahresverbrauch würTanja Unger de bei 14 Euro liegen.

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BILDER: THINKSTOCK.COM

Die Energiewende ist teuer – jetzt soll die Kostensteigerung für die Endverbraucher gedämpft werden

Deutschland habe beim Ausbau der erneuerbaren Energie den kritischen Punkt erreicht, ab dem nur noch zugebaut werden könne, wo bereits Netze vorhanden sind. Mit einem Ampelsystem präsentiert die Deutsche Energie-Agentur (dena) einen Überblick: „Auf allen Ebenen besteht akuter Handlungsbedarf. Besonders dringend sind die Senkung der Energienachfrage und die Koordination des Netzausbaus.“ www.dena.de

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Energie vor Ort: Effizient, intelligent, dezentral Heizkraftwerk Berlin-Buch wird mit neuer Gas- und Dampfturbinenanlage zum Wegbereiter für erneuerbare Energien Matthias Matt hias Köhne (kl. Bild rechts), Bürgermeister von Berlin-Pankow, und Gunther Müller, Vorstand der VE Wärme AG, starten die neue Gas- und Dampfturbinenanlage Dampfturbinenanlage in Berlin-Buch

in „Leuchtturm für Technologien zur nachhaltigen Wärmeerzeugung“, so nennt Gunther Müller, Vorstand der Vattenfall Europe Wärme AG, das Heizkraftwerk Berlin-Buch anlässlich des Starts der neuen Gas- und Dampfturbinenanlage Anfang Mai. Die dezentrale Energieerzeugung im Norden der Stadt hat Vattenfall für zehn Millionen Euro optimiert und ausgebaut. Das Heizkraftwerk Buch erzeugte schon bisher Strom und Wärme nach dem umweltschonenden Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung. Nun erhielt es zusätzlich eine Gasturbine mit nachgeschaltetem Abhitzekessel. Die neue Technik wertet das Heizkraftwerk zu einer hocheffizienten Gas- und Dampfturbinenanlage (GuD-Anlage) auf. Das Besondere: Gaskraftwerke wie das Heizkraftwerk Buch übernehmen im Zuge der Energiewende eine wichtige Aufgabe. GuDAnlagen sind im Gegensatz zu anderen fossilen Kraftwerksarten besonders flexibel und können schnell hoch- und heruntergefahren werden. Sie helfen bei der Integration der erneuerbaren

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Energien, denn sie sind in der Lage, die schwankenden Energiemengen aus regenerativen Energien auszugleichen. Die neue Technik erreicht einen höheren Wirkungsgrad bei der Stromerzeugung: Künftig fließt deutlich mehr Strom aus dem Heizkraftwerk Buch zu den Kunden ‒ bei hundertprozentiger Nutzung der Abwärme für die Fernwärmeversorgung. Diese effizienzsteigernden Maßnahmen reduzieren den CO₂-Ausstoß um mehr als 20.000 Tonnen pro Jahr.

Wärmespeicher. „Wir setzen auf intelligente, energieeffiziente Technik vor Ort. Bucher Fernwärme ist besonders effizient und wird CO₂-arm erzeugt. Und wir haben hier noch viel vor“, kündigt Müller an. Zum Beispiel die Umsetzung des Konzepts „Power to Heat“: Die Idee ist, überschüssigen Strom aus regenerativen Energien in speicherbare Wärme umzuwandeln. Gunther Müller erläutert: „Auf Ihrem Weg über das Gelände werden Sie zwei zwölf Meter hohe Behälter sehen. Beide waren

mal Ölspeicher. Einen davon haben wir schon zum Wärmespeicher umgebaut. Der Umbau des zweiten ist ein nächstes Projekt an diesem Standort im Jahr 2015. Wird weniger Heizenergie benötigt, als das Kraftwerk bei der Stromerzeugung produziert, speichert ein Fernwärmespeicher mit 2.000 Kubikmeter Fassungsvermögen 95 Grad warmes Heizwasser. Wenn mehr Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt als benötigt wird, dann wird daraus Wärme erzeugt. Damit helfen wir auch, Schwankungen im Stromnetz auszugleichen.“

HEIZKRAFTWERK BUCH Funktionsweise Ein GuD-Kraftwerk ist eine Kombination aus einem Gasturbinen- und einem Dampfkraftwerk. Das steigert die Effizienz, denn die eingesetzte Energie wird mehrfach verwendet. Für den Betrieb der Gasturbine wird Erdgas eingesetzt, um einen Generator anzutreiben. Mit dem heißen Abgas wird Dampf erzeugt, der die Dampfturbine mit einem weiteren Generator antreibt. Der Abdampf wird wiederum zur Fernwärmeversorgung verwendet.

Hohe Flexibilität.

Leben im und am Heizkraftwerk: Imker und Bienen fühlen sich wohl, der Bildhauer Rudolf Kaltenbach (rechts) hat sich im alten E-Werk ein Atelier eingerichtet

Forschung und Technik. Auch Matthias Köhne, Bürgermeister von BerlinPankow, freut sich über das VattenfallEngagement. Und betont: „Die neue Anlage hat mit dem Pankower Stadtteil Buch einen zukunftsweisenden Standort gefunden, entwickelt sich dieser Ortsteil doch zum Technik- und Spitzenforschungsstandort.“ Und Passanten an der Schwanebecker Chaussee erfreuen sich an einer schöneren Außenfassade des Kraftwerks, die ein künstlerisch interpretiertes Turbinenmotiv ziert.

Zahlen und Fakten

Helios Kliniken, Campus Buch, 10.000 Wohnungen

1905 erstes Heizkraftwerk in Buch 2005 neue Kraft-Wärme-Kopplungsanlage 2014 Optimierung zur GuD-Anlage 13 Megawatt elektrische Leistung 130 Megawatt thermische Leistung 25 km Länge des Wärmenetzes Wichtigste Wärmenutzer:

VE Wärme AG Puschkinallee 52 | 12435 Berlin | info@vattenfall.de | 8 http.//corporate.vattenfall.de


Energie

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„Viel zu zögerlich“ Sie sind Verfechterin der Energiewende und haben stets die Chancen betont. Weil in deren Zuge ja nicht nur ein Ausstieg aus der Atomenergie, sondern auch aus der Kohleenergie angestrebt wird, kommt Gaskraftwerken eine besondere Rolle zu. Gibt es nun aufgrund der Konfrontation mit Russland neue Voraussetzungen?

7 FRAGEN AN Prof. Claudia Kemfert, Energieexpertin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin

des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland werden mit Öl, Kohle und Erdgas bestritten

Drei Viertel

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Sind Fracking und unterirdische Kohleverbrennung realistische Optionen?

KEMFERT: Nein. Zum einen: In der Tat werden durch die Energiewende flexible Gaskraftwerke benötigt. Es gibt jedoch ausreichend Gas auf den internationalen Märkten, auch ohne Russland. Zum anderen: Die Energiewende hat ja zum Ziel, vor allem effizienter mit Energie umzugehen und den Energieverbrauch deutlich zu senken. Dies bedeutet vor allem, dass man im Bereich der energetischen Gebäudesanierung mehr tun muss, um Gas einzusparen. Denn Gas wird zum größten Teil zum Heizen genutzt. Außerdem werden wir in Zukunft bei hohen Mengen von überschüssigem Strom aus erneuerbaren Energien Gas selbst herstellen können, über Wasserstoff und die Methanisierung. Das ist zwar noch Zukunftsmusik, wird aber die Energieversorgung in Deutschland verändern.

KEMFERT: Weniger in Europa, wohl eher weiterhin in den USA und zukünftig vielleicht auch in China und Asien, wo es sehr viel größere Mengen unkonventionelles Gas gibt, welches mittels Fracking erschlossen werden kann. In Europa sind die Potenziale deutlich geringer, die Umweltauflagen und die Siedlungsdichte viel höher und die Eigentumsrechte anders ausgestaltet. Somit wird es eher unwahrscheinlich sein, dass wir in Europa größere Mengen Erdgas mittels Fracking werden erschließen können. Da es ja ausreichende Gasmengen auf den internationalen Weltmärkten gibt, ist auch die unterirdische Kohleverbrennung keine realistische Option.

staltet wurde und nun auch noch auf freiwilliger Basis ausgelegt sein soll. Wir benötigen vor allem Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien und der Verbesserung der Energieeffizienz. Ein alleiniges Emissionsminderungsziel wird kaum erreichen, dass der Anteil erneuerbarer Energien weiter steigt und die Energieeffizienz spürbar verbessert wird. All dies sollte die EU-Kommission in der Zielformulierung berücksichtigen, Deutschland sollte sich in Brüssel verstärkt dafür einsetzen.

35 Prozent des gesamten Energieverbrauchs

Erdöl allein deckt

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Welche Forschungsansätze zur Energiegewinnung finden Sie besonders vielversprechend?

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Finden Sie, dass die Bundesregierung die Energiewende entschlossen genug vorantreibt?

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Woher könnte das benötigte Gas kommen, wenn nicht aus Russland?

KEMFERT: Aus anderen Lieferländern wie Norwegen, Katar, Algerien, aus der kaspischen Region oder zu geringen Mengen auch aus den Niederlanden. Die USA produzieren derzeit große Mengen Gas selbst und decken so weite Teile ihres eigenen Bedarfs. Damit fallen sie als Nachfrager auf den Weltmärkten weitestgehend weg, sodass ein Überschussangebot besteht. Zukünftig werden auch Australien und vielleicht sogar die USA selbst Gas verkaufen.

KEMFERT: Nein, denn sie konzentriert sich derzeit fast ausschließlich auf das Thema Strompreis. Die Energiewende ist aber deutlich mehr als Strom, sondern bedarf ebenso einer Mobilitäts- und Wärmewende. Nur so kann sie gelingen. Nur leider passiert in diesem Bereichen viel zu wenig. Außerdem ist die Konzentration auf Kosten kontraproduktiv, man sollte vor allem den Nutzen in den Vordergrund rücken.

KEMFERT: In der Zukunft werden immer mehr erneuerbare Energien im Einsatz sein, die Volatilitäten nehmen zu. Um so wichtiger ist es, dass man Energie zukünftig großflächig wird speichern können, zum Beispiel über „Power to Gas“, indem aus erneuerbaren Energien Wasserstoff und Methan hergestellt werden. Weiterhin sind alle Forschungsansätze wichtig, die Wirksamkeit und Versorgungssicherheit der erneuerbaren Energien erhöhen.

Zehn Millionen deutsche Haushalte heizen mit Öl

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Wird denn genug zur Energieeinsparung unternommen?

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Sie haben die Zögerlichkeit der EU-Kommission bei der Formulierung von Klimaschutzzielen kritisiert – was würden Sie sich aus Brüssel wünschen?

KEMFERT: Wir benötigen nicht nur ein Treibhausgasminderungsziel, welches im Übrigen auch viel zu niedrig ausge-

KEMFERT: Eindeutig nein. Schauen wir in die USA, das Land geht unglaublich verschwenderisch mit Energie um. Dabei ist das Energiesparen volkswirtschaftlich lohnend: Durch die Investitionen werden neue Arbeitsplätze geschaffen und Energiekosten gespart. Es ist unverständlich, warum nicht viel mehr getan wird. Das sollte rasch geändert werden.

des Stroms wird mit Erdgas produziert, das erheblich weniger CO₂ verursacht als feste Brennstoffe

10,5 Prozent

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130 JAHRE ENERGIE Berlin als Wiege der öffentlichen Energieversorgung Am 8. Mai 1884 werden in Berlin die „Städtischen Elektricitäts-Werke“, die spätere Bewag, gegründet. Bereits anderthalb Jahre früher, am 2. Dezember 1882, gingen in der Wilhelmstraße die ersten elektrischen Straßenlampen an. Am 15. August 1885 geht das erste Kraftwerk Deutschlands zur öffentlichen Stromversorgung am Gendarmenmarkt in Betrieb. Um die Jahrhundertwende entstehen weitere, so die Kraftwerke Charlottenburg und Moabit. 1912 ist das Rathaus Charlottenburg zusammen mit 33 Wohn- und Gewerbeanlagen der erste Fernwärmekunde Berlins. Die Hauptstadt wird zum Zentrum der Elektroindustrie. 1896 fahren die ersten elektrischen Straßenbahnen, 1914 rollen auf den Straßen 208 Elektromobile und 500 Elektrodroschken. Am 1. Oktober 1915 übernimmt der Berliner Magistrat die gesamten Anlagen der Berliner Elektrizitätswerke: sechs Kraftwerke, 7.740 Kilometer Kabelnetz, 1.044 Kilometer Telefon- und Prüfdrahtnetz zur Versorgung von 52.347 Abnehmern.

Elektrofahrzeug 1911

Sonne und Wind auf Vorrat Das Problem ist längst nicht mehr die Erzeugung von „grünem“ Strom, sondern die Speicherung von Überschuss für Zeiten der Unterversorgung – Bisherige Lösungen sind entweder unausgereift oder ineffizient

1929 entsteht in Berlin-Steglitz die Siedlung „Ohne Feuer und Rauch“, die erste in Deutschland, die über Zentralheizung sowie fließend warmes Wasser verfügt. 1930 nimmt das Kraftwerk West in Spandau seinen Betrieb auf. Heizwärme kommt inzwischen aus den Kraftwerken Rummelsburg, Klingenberg, Charlottenburg und Steglitz. Im Zweiten Weltkrieg kann die Stromversorgung notdürftig aufrechterhalten werden, danach verschärft die Berlin Blockade die Lage im Westteil. Über die Luftbrücke wird das Kraftwerk West wieder aufgebaut und mit Kohle versorgt. Am 8. März 1952 werden die letzten Verbindungen des Stromnetzes zwischen Ost und West getrennt. Nach dem Mauerfall geht schrittweise das Inseldasein des Westteils der Stadt zu Ende. Seit 1998 verbindet ein sechs Kilometer langer Tunnel beide Stromnetze der Stadt.

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ie Ziele im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind ehrgeizig: Schon für 2020 strebt die Bundesregierung einen Anteil der erneuerbaren Energie von 35 Prozent am gesamten Stromverbrauch an. 2050 sollen es gar 80 Prozent sein. Saubere Energie soll nicht nur die riskante Atomkraft ablösen, sondern auch die klimaschädliche Verbrennung der fossilen, begrenzt vorhandenen Energieträger. Gleichzeitig soll sie Deutschland unabhängiger von Importen und politischen Unwägbarkeiten machen. Die Frage ist nur: Gelingt das tatsächlich schon in naher oder erst in ferner, gar unbestimmter Zukunft? Fest steht: Ohne Milliardeninvestitionen und die Entwicklung neuer SpeicherTechnologien wird das nicht zu schaffen sein.

bei der Windenergie. Die Entwicklung effizienter neuer Speichertechnologien macht Fortschritte, ein Durchbruch ist aber noch nicht gelungen. Nach Berechnungen des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Systemtechnik (IWES) müssten etwa 30 Terawattstunden Strom sozusagen angespart werden können, um Schwankungen bei Wind und Sonne auszugleichen, sollen 2050 tatsächlich 80 Prozent des Stroms aus „grünen“ Quellen kommen. Momentan liegen die Kapazitäten deutlich unter einer Terawattstunde. Um Strom zu speichern, muss man ihn in andere Energieformen umwandeln. Das geschieht auch bereits. LÖSUNG FÜR DIE BERGE. In Pumpspeicherkraftwerken etwa ‒ es gibt derzeit 30 in Deutschland ‒ kann mit Hilfe von Wasserkraft wechselnder Strombedarf ausgeglichen werden; allerdings nur stundenweise und auch nicht in großen Mengen. Diese Kraftwerke funktionieren recht simpel: Mit dem überschüssigen Strom in einen Stausee bergauf gepumptes Wasser wird, sobald Energie benötigt wird, durch Fallrohre in einen unteren Wasserspeicher abgelassen. Dabei treibt das Wasser Turbinen an, die die mechanische wieder in elektrische Energie verwandeln. Und das sogar mit einem recht hohem Wirkungsgrad: Etwa 75 Prozent der eingespeisten Energie kommen auch wieder heraus, aber rund ein Viertel geht verloren. Diese Kraftwerke sind jedoch nicht nur teuer, sie benötigen viel Platz und vor allem Gefälle. Im Flachland ist diese Technik daher nicht anwendbar. Überschüssige Energie, vor allem aus Windkraft,

entsteht aber gerade im flachen Norden. Eine weitere Methode ist die Druckluftspeicherung. Elektrische Energie wird hier genutzt, um Luft zusammenzupressen. Wird wieder Strom benötigt, kann die gepresste Luft die Turbine antreiben; allerdings auch nur für Stunden oder Tage. Gefragt sind in Zukunft aber Speichertechniken, die über Monate die zeitweise zuviel erzeugte Energie bereitstellen können. Eine andere Technik stellte das Solar-Institut im rheinischen Jülich jüngst vor: In solarthermischen Kraftwerken wird zunächst Luft auf bis zu 900 Grad erhitzt. Die Wärme wird auf Quarzsand übertragen, der gespeichert und bei Bedarf zur Erzeugung von Dampf eingesetzt werden kann. Damit wiederum wird eine Turbine angetrieben, die Strom erzeugt. WIND- UND SOLARGAS. Breit diskutiert wird zudem das „Power-to-Gas-Konzept“: Energie aus Wind und Sonne wird in Ökogas umgewandelt. Das Prinzip: Überschüssiger Öko-Strom kann per Elektrolyse in Wasserstoff oder Methan umgewandelt werden. Das so erzeugte Gas wird auch als EE-Gas oder ‒ je nach Art der eingesetzten Energiequelle ‒ als Windgas oder Solargas bezeichnet. Regenerativ erzeugte Energie wird also in chemische umgewandelt und könnte so tatsächlich als Ökogas im ohnehin vorhandenen Erdgasnetz gespeichert werden. ERDGASNETZ ALS SPEICHERORT. Denn anders als im jetzt schon oft kollabierenden Stromnetz ist im Erdgasnetz noch reichlich Platz vorhanden: 450.000 Kilometer Gasleitungen verlaufen durch Deutschland, zudem existieren bereits 47 große Erdgasspeicher mit einem Fassungsvermögen von 23,5 Milliarden Kubikmeter. Bis 2025 kommen durch Erweiterungen und Neubauten noch einmal neun Milliarden Kubikmeter dazu. Das reicht, um den derzeit erzeugten Ökostrom auch für einige Monate auf Vorrat zu halten. Sollte der Anteil tatsächlich auf 80 Prozent steigen, müsse allerdings noch mehr Speicherplatz her, schätzen Experten. Noch kranke die Technik an mangelnder Effizienz, beklagen Sie. Zwei Drittel der ursprünglichen Energie gingen bei der aufwendigen Umwandlung und anschließenden Rückverstromung verloren. Der Preis für dieses Ökogas wäre am Ende dreimal so hoch wie der für konventionelles Gas. Ein großer Vorteil der Umwandlung von Ökostrom in Ökogas und der Speicherung im Erdgasnetz: Ein Teil der immensen Investitionen in den Ausbau der Strom-Autobahnen könnte so gespart werden. Und es gäbe vermutlich einige aufgebrachte Bürger weniger. Susanne Küppers

UMSTRITTENE STROM-AUTOBAHNEN. Die Folge schon jetzt: die Energiepreise steigen. Durch die EEG-Umlage werden alle Bürger an den Kosten auf dem Weg in eine saubere Energie-Welt beteiligt. Alleine für den ‒ vor allem in Bayern ‒ umstrittenen Ausbau der Stromleitungs-Netze ist die Rede von bis zu 37 Milliarden Euro Kosten. Sie sollen den im Norden erzeugten Windstrom in den eher windstillen Süden der Republik transportieren. 2.800 Kilometer neue Strom-Autobahnen mit Masten bis zu 75 Meter Höhe quer durchs ganze Land sind dafür geplant. Doch bevor gebaut werden kann, müssen erst unzählige Verfahren und Enteignungen abgewickelt werden. Nicht wenige Bürger beklagen die „Verschandlung der Landschaft“. Die Deutsche Energie-Agentur aber mahnt: „Man kann nicht für Photovoltaik sowie Windenergie sein und gleichzeitig nicht die nötige Infrastruktur akzeptieren.“ LEERLAUF BEI STURM. Hinzu kommt: Der hoch subventionierte, grüne Strom ist eine flüchtige Ware. Wind weht nicht kontinuierlich, und die Sonne scheint, wann sie will. Phasenweise produzieren die knapp 25.000 Windräder und 1,4 Millionen PhotovoltaikAnlagen in Deutschland zu viel Strom für den aktuellen Bedarf. So einiges verpufft ungenutzt. Windparkbetreiber mussten schon bei stürmischem Wetter ihre Anlagen in den Leerlauf schalten, damit die Stromnetze nicht zusammenbrachen. Kommen noch die geplanten, leistungsstärkeren Offshore-Windräder hinzu, wird das Problem nur noch größer. Wind- und Sonnenenergie für wolkenverhangene Flaute-Zeiten zu speichern, das ist die große Herausforderung, soll die Energiewende gelingen. Einer Studie der Deutschen EnergieAgentur zufolge gibt es schon jetzt „zwei bis vier Gigawatt nicht übertragbare elektrische Leistung“

BILDER: VATTENFALL

i N ICHTS GEHT OHNE

Elektrofahrzeug 2014

K OHLE

1997 wird das erste neue Heizkraftwerk im wiedervereinten Berlin, das Heizkraftwerk Mitte, in Betrieb genommen. Berlin verkauft seine Anteile an der Bewag. 2003 übernimmt das schwedische Staatsunternehmen Vattenfall die Bewag.

Am 15. Mai 2014 fand die Grundsteinlegung für ein modernes Gas-und-Dampfturbinen-Heizkraftwerk statt.

Schon jetzt liefern Sonne, Wind und Biomasse so viel Energie wie nie zuvor. Laut Bundesverband der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft waren es 2013 bereits 23,4 Prozent (2012: 22,8 Prozent). Windenergie lieferte 2013 knapp acht Prozent, die Biomasse kam auf rund sieben, die Photovoltaik auf 4,5 und die Wasserkraft lag bei 3,4 Prozent. Dennoch stieg der Anteil des Stroms aus Kohlekraftwerken im selben Zeitraum von 44 auf 45 Prozent.

Impressum Berliner Verlag GmbH Geschäftsführer: Michael Braun, Stefan Hilscher BVZ BM Vermarktung GmbH (Berlin Medien) Geschäftsführer: Jens Kauerauf Projektverantwortung: Renate Werk Verlag: Postadresse 10178 Berlin Anzeigen: Postfach 02 12 84, 10124 Berlin Druck: BVZ Berliner Zeitungsdruck GmbH, Am Wasserwerk 11, 10365 Berlin Redaktion und Konzeption: mdsCreative GmbH, Amsterdamer Str. 192, 50735 Köln Klaus Bartels (verantw.), Frauke Wolf Layout: Claudia Streich, Natascha Emons Titelbild: Thinkstock.com

Wie aus Wind- und Sonnenenergie Gas wird Überschüssiger Solarstrom Überschüssiger Windstrom Wasser Sauerstoff Wasserstoff Methan Gasnetz

Gas

Elektrolyseur

Gasspeicher

Gaskunde

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Energie

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Stromnetzen fehlt die Intelligenz Um Ökostrom aus kleinen, dezentralen Erzeugungen ins Stromnetz einfließen zu lassen, gibt es weder technische Voraussetzungen noch praktische Konzepte – Neuland für Unternehmen und Gesetzgeber er Ausbau intelligenter Stromnetze in Deutschland, in Europa und weltweit ist die größte Herausforderung der Energiewende. „Eumena ist kein geheimnisvolles Zukunftsland, sondern die Abkürzung aus Europa, Middle East und North Africa. Es beschreibt ein visionäres Gebiet, in dem der Strom aus erneuerbaren Quellen niemals ausgeht ‒ zu erreichen bis zum Jahr 2050“, erklärt der Diplom-Physiker und Wissenschaftspublizist Jan Oliver Löfken. Die Energie ist da ‒ die Netze fehlen. Eben intelligente Leitungssysteme, die mit der Herausforderung kleinteilig und dezentral erzeugter Energie umgehen können. „Netze sind die größte Baustelle bei der Integration des dezentralen Stroms“, erklärt Stephan Kohler, Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena). WEITE DISTANZEN. Damit weist der Experte auf ein ungelöstes Problem hin, denn Strom wird in Zukunft immer mehr auch an Orten erzeugt, wo keine große Nachfrage ist, zum Beispiel mit Windkraft an den Meeresküsten. Gebraucht wird ein internationales „Super Smart Grid“, um die bereits heute produzierten Strommengen über weite Strecken zu transportieren. Elektrizität über deutlich größere Strecken ohne große Verluste zu transportieren, ermöglicht die „Hochspannungs-Gleichstromübertragung“ (HGÜ): In China transportiert eine solche Leitung von Siemens seit 2011 große Mengen Strom von einem gigantischen Wasserkraftwerk im Landesinneren über mehr als 2.000 Kilometer nach Schanghai. Insbesondere die stark schwankende Erzeugung von Strom aus Photovoltaikanlagen und Windrädern belastet die Netze, denn Zeitpunkt und Umfang der Erzeugung hängen davon ab, wie der Wind weht und die Sonne scheint. Die unabhängig vom Bedarf eingespeisten Mengen setzen die Stromnetze unter Stress. „Der wirkliche Boom dezentral erzeugter, erneuerbarer Energien wird erst noch kommen. Die Netze sind darauf aber noch überhaupt nicht vor-

WISSENSWERT Strompreis schwankt in Echtzeit mit dem Angebot

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bereitet. Es fehlt an der Intelligenz, Stromerzeugung und -verbrauch lokal zu synchronisieren. Die Politik und die alte Stromindustrie setzen immer noch auf ungezügelten Netzausbau statt auf Netzintelligenz. Im Grunde kämpft die alte Welt der Großkraftwerksbetreiber gegen die neue Welt der smarten Energie“, sagt Ralf Kampwirth, Bereichsleiter Unternehmenskommunikation der Lichtblick SE. „Smart Grid ist ein Modebegriff der Energiewende. Bisher existieren intelligente und smarte Verteilnetze eher in Theorie und Planspielen. Die praktische Erprobung der intelligenten Erzeugungs- und Laststeuerung auf der untersten Netzebene steckt in den Kinderschuhen.“

KOSTENFRAGE. „Bei intelligenten Netzen handelt es sich nicht um die Wiederholung eines erprobten Projektes. Wir alle bewegen uns auf Neuland“, sagt Uwe Krengel vom Fraunhofer Institut IWES in Kassel. Lediglich durch die Erprobung kleinerer Szenarien können die Netze der Zukunft gebaut werden, denn das bestehende Stromnetz kann nicht „mal eben“ ersetzt werden. Zum Nulltarif wird sich das nicht realisieren lassen. Aber: „Im Gegenzug für einige Cent Strompreiserhöhung könnten die Stromkunden ihren Bedarf reduzieren, sobald sich mit intelligenten Netzen die klassischen Stromfresser besser kontrollieren lasTanja Unger sen“, meint Löfken.

Intelligente Netze können den Verbraucher dazu animieren, die Betriebszeiten bestimmter Haushaltsgeräte an den im Tagesverlauf schwankenden Strompreis anzupassen. Dazu bekommt der Haushalt einen neuen „schlauen“ Stromzähler, der den Verbrauch exakt zum jeweils gültigen Preis abrechnet und sogar für einzelne Geräte genau vorrechnet. Große Verbrauchsgeräte ‒ Waschmaschinen und Stromspeicherheizungen, Ladestationen für Elektroautos oder -fahrräder ‒ können nachts aktiviert werden und günstigen Strom nutzen. Für die Kraftwerks- und Netzbetreiber hätte dies den Vorteil, dass der Verbrauch berechenbarer und gleichmäßiger wird und sie weniger Reservestrom für unerwartete Spitzenzeiten vorhalten müssen.

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Zweijähriger Praxistest Der Netzbetreiber Stromnetz Hamburg und der Energieanbieter LichtBlick haben in einem der bislang umfangreichsten Smart-Grid-Praxistests in Deutschland den Einsatz von intelligent gesteuerten Blockheizkraftwerken im Stromnetz erprobt. Ergebnis des zweijährigen Projektes: Der gezielte Einsatz flexibler Kraftwerke kann das lokale Stromnetz entlasten und künftig Netz-Investitionen verringern. www.warum-smartgrid.de

Die heutigen Stromnetze sind auf wenige große Einspeiser ausgelegt

, „OB S DA UNTEN EKLIG IST? MIR SCHNUPPE, HAUPTSACHE , HIER OBEN BLEIBT S SCHÖN.“ OHNE UNS LÄUFT NIX.

www.ohneunslaeuftnix.de Mario Saß, Kanalarbeiter bei den Berliner Wasserbetrieben


Wirtschaft

Anzeigen-Sonderveröffentlichung | 03. Juni 2014

Mehr als eine Stromwende Am „Runden Tisch“ diskutieren Experten darüber, wie Berlin zum Vorreiter eines neuen Umgangs mit Ressourcen werden kann Sebastian Wolff

E

in zentrales Problem der deutschen Energiewende ist das offene Fenster. Nicht gekippt, nicht angelehnt, es steht sperrangelweit offen. Wie an diesem ersten echten Sommerabend in Berlin. Die Stühle, Bänke und Tische im schönen Innenhof des Pfefferbergs füllen sich langsam. Die Autos auf der Schönhauser Allee sind kaum zu hören. Von der Schankhalle fällt der Blick auf das Frühjahrsgrün der Bäume im Hof. Die warme Luft dringt durch das offene Fenster herein. Die Klimaanlage unter der Decke brummt immer verärgerter gegen die Hitze. Das ist unsinnig, verschwenderisch, alles andere als energieeffizient. Natürlich hängt die Energiewende nicht an diesem einen Fenster. Aber es ist ein schönes Beispiel dafür, wie wenig achtsam wir mit Energie umgehen. BEDEUTENDE ROLLE. Darüber waren sich die Teilnehmer des Runden Tisches Energie, zu dem der Berliner Verlag bereits zum zweiten Mal eingeladen hat, schnell einig. Es sind die Experten, die Entscheider, die Verantwortlichen in der Stadt, wenn es um Strom, Wasser, Gas und Wärme geht. Niemand kennt sich in der Branche besser aus als sie. Und auch auf einen zweiten Punkt konnten sich die Diskutanten schnell einigen. Berlin kann eine bedeutende Rolle in der Energiewende übernehmen. Nirgendwo sind die Voraussetzungen so gut. 3,4 Millionen Einwohner leben hier, die versorgt werden wollen. Ein gewaltiger Markt. Was hier gelingt, kann Vorbild sein für andere. Und Berlin hat sich auch noch ehrgeizige Ziele gesteckt: Bis 2020 soll die Hauptstadt rund zehn Prozent weniger Energie verbrauchen als im Jahr 1990. Der Ausstoß des klimarelevanten Gases Kohlendioxid soll bis dahin um die Hälfte reduziert werden. Im Jahr 2050 will die Stadt sogar vollständig klimaneutral sein. Doch an dieser Stelle ist dann weitgehend Schluss mit der Einigkeit. Wie erreicht man die Ziele? Mit wem? Wer muss führen? Öffentlich oder privat?

DIE NETZE. Berlin will in diesem Jahr sein gesamtes Ener- sachlichen Fragen geprüft. Am Ende wird der Beste gien-Netz völlig neu organisieren. Die Konzessionen gewinnen.“ Sollte Vattenfall daraufhin das Stromnetz für das Gas- wie auch für das Stromnetz müssen neu verlieren, werde der Konzern, der in Berlin immerhin vergeben werden. Was den Bürgen vorschwebt, wur- mehr als 5.000 Mitarbeiter beschäftigt, sich trotzdem de anlässlich des Volksentscheids im vergangenen Jahr nicht von Berliner Markt zurückziehen, verspricht Jung: ziemlich deutlich. Am 3. November ging es um die Fra- „Wir haben in Berlin viel Geld investiert, und wer invesge, ob das Land die Stromversorgung wieder rekom- tiert, der bleibt auch.“ Erst vor Kurzem hat Vattenfall den munalisieren soll. Das markierte eine Wende. In den Grundstein für ein 500 Millionen Euro teures Gaskraft1990er-Jahren war die Privatisierung von öffentlichen werk in Berlin gelegt. Versorgungsbetrieben en vogue. Bei manchem Politiker aus ideologischer Überzeugung, in Berlin verlangte FRAGE DER ZUVERLÄSSIGKEIT. „Die Energiewende betrifft alle“, es die leere Haushaltskasse. Doch nun votierten 83 Pro- sagt Anke Tuschek, Mitglied der Hauptgeschäftsführung zent der Teilnehmer des Volksentscheids für den Rück- des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft. „Entscheidend ist, dass kauf des Netzes. Die Abstimdiejenigen, die den Zuschlag mung verfehlte jedoch knapp für die Netze erhalten, diese das notwendige Quorum von auch sicher und zuverlässig 25 Prozent Ja-Stimmen aller Die Kompetenz der betreiben können. Gerade die Wahlberechtigten. Der Berliner Verteilnetze müssen fit geSenat hatte die Ablehnung des Bewerber wird anhand macht werden für die AnforVolksentscheides empfohlen, sachlicher Fragen geprüft derungen der Energiewende.“ mit der Begründung, er sei Gasag-Chef Stefan Grützmaüberflüssig. Schließlich habe Alexander Jung, Vattenfall cher, der mit seinem Konzern Berlin bereits einen Netzbenatürlich das Gasnetz behalten trieb gegründet ‒ den Landesmöchte, verspricht: „Wir wollen betrieb Berlin Energie. Der hat die Energiewende in die Stadt sich nun um die Konzession des Berliner Stromnetzes beworben. Er tritt damit ge- bringen.“ Deshalb habe man dem Land ein Angebot gen den mächtigen Konzern Vattenfall an und konkur- gemacht, mit dem Berlin in Sachen Energiewende, Kosteneffizienz und Versorgungssicherheit Maßstäbe setzen riert ebenso mit der Initiative Bürgerenergie Berlin. könne. Anders als für Vattenfall beim Stromnetz wäre ein ENTSCHEIDUNG MIT KONSEQUENZEN. Die Bewerbungsfrist für Verlust des Gasnetzes für die Gasag aus Sicht ihres Chefs das Gasnetz ist bereits abgelaufen, die fürs Stromnetz allerdings folgenreich: „Ohne das Gasnetz müssten wir endet im Sommer. Der schwedische Vattenfall-Konzern unsere Strategie in der Hauptstadt neu definieren“, warnt nimmt die Herausforderung der Konkurrenten sport- Grützmacher. „Wir wären dann auf eine ganz andere wirtlich: „Die Tatsache, dass es so zahlreiche Bewerber für schaftliche Basis gestellt.“ das Stromnetz gibt, zeigt, dass das Problembewusstsein enorm gestiegen ist“, sagt Alexander Jung, Gene- GENOSSENSCHAFT GIBT SICH SELBSTBEWUSST. Um das Stromnetz ralbevollmächtigter von Vattenfall Berlin am Runden bewirbt sich unter anderem auch die Genossenschaft Tisch. „Die Kompetenz der Bewerber wird anhand von Bürgerenergie Berlin, ein freier, parteiübergreifender

Zusammenschluss von Bürgerinnen und Bürgern, die das Netz gemeinsam mit dem Land Berlin betreiben will. Die Genossenschaft ist seit 2012 aktiv und hat inzwischen rund 2.000 Mitglieder in Berlin gewonnen. Auf dem Konto für den Erwerb des Gasnetzes liegen etwa zehn Millionen Euro Genossenschaftsgeld. Bürgerenergie-Vorstandsmitglied Arwen Colell zeigte für die Position der Energie-Platzhirsche Verständnis: „Natürlich ist das Netz enorm wichtig für die ökonomische Basis des Unternehmens, von dem es betrieben wird.“ Bedenken, ihre Initiative habe gar nicht die notwendige Kompetenz, um das Stromnetz zu betreiben, tritt Colell zuversichtlich entgegen. Sollte Bürgerenergie Berlin den Zuschlag bekommen, werde man das Personal des alten Netzbetreibers Vattenfall übernehmen. Zusätzlich habe die Genossenschaft bereits ein erfahrenes Team aufgestellt, das das Netzgeschäft steuern kann. „Entscheidend ist, wem das Netz gehört: Einem renditeorientierten Energiekonzern oder den Bürgerinnen und Bürgern“, sagt die 27-jährige Politologin. Sie führt jetzt die Kampagne und geht natürlich davon aus, dass Bürgerenergie Berlin gewinnt. BEEINDRUCKENDE ZAHLEN. Um welch gigantische Herausforderung es beim Betrieb des Berliner Stromnetzes geht, lässt sich anhand einiger Zahlen verdeutlichen: Es umfasst über 35.000 Kilometer Leitungen, 81 Umspannwerke, 7.700 Netzstationen, 8.500 Transformatoren und mehr als zwei Millionen Zähler in den privaten Haushalten. Bis 2003 gehörte es der landeseigenen Bewag. Seitdem wird es von Vattenfall betrieben. Und was es kostet? Da gibt es unterschiedliche Berechnungen, die von 400 Millionen bis zur drei Milliarden reichen. Colell geht von einem Preis zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro aus. DIE ENERGIEWENDE UMSETZEN. Dass etwas auf dem Berliner Energiemarkt geschehen muss, darüber waren sich die Expertinnen und Experten schnell einig. Jörg Simon ist

D IE T EILNEHMER

DES RUNDEN

T ISCHES

Die operative Umsetzung der Energiewende in Berlin muss besser koordiniert werden JÖRG SIMON, VORSTANDSVORSITZENDER BERLINER WASSERBETRIEBE

Wir müssen diejenigen für die Energiewende gewinnen, die noch nicht von deren positiven Auswirkungen überzeugt sind MICHAEL GEISSLER, GESCHÄFTSFÜHRER BERLINER ENERGIEAGENTUR GMBH

Die Energiewende muss bezahlbar bleiben. Sonst geht die Akzeptanz für dieses gewaltige Projekt verloren ANKE TUSCHEK, GESCHÄFTSFÜHRUNG BUNDESVERBAND DER ENERGIEUND WASSERWIRTSCHAFT E.V.

Wir können in Berlin das Schaufenster für die Energiewende werden

ALEXANDER JUNG, GENERALBEVOLLMÄCHTIGTER BERLIN VATTENFALL EUROPE AG


Energie

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Bilder: Benjamin Pritzkuleit

Die Teilnehmer des „Runden Tisches Energie“ und ihre Gastgeber vom Berliner Verlag

Chef der Berliner Wasserbetriebe, ein Unternehmen, das zunächst 1999 privatisiert wurde und seit dem vergangenem Jahr wieder der öffentlichen Hand gehört. Er beklagt, dass ein Instrument fehle, mit dem die Energiewende im Land Berlin konsequent umgesetzt werden könne. „Das Land Berlin muss mehr direkten Einfluss nehmen können auf die operative Umsetzung der Energiewende. Dies ist zum Beispiel mit dem neuen Stadtwerk möglich“, meint Simon. Wolfgang Neldner, Chef der im März 2012 gegründeten landeseigenen Firma Berlin Energie, die sich stellvertretend für das Land um das Gas- und Stromnetz bewirbt, zeigt sich ebenfalls unzufrieden über die bisherige Umsetzung der Energiewende seitens der Netzbetreiber in der Hauptstadt: „Alle Städte außer Hamburg und Berlin zeigen, wie es geht“, sagt Neldner und formulierte sein Ziel: „Wir wollen bei der Energiewende die Dinge zusammenbringen, die zusammengehören. Wir wollen etwas Neues effizient gestalten und nicht einfach andere Städte kopieren. Und vor allem wollen wir die Bürger dabei mitnehmen.“ Beim Übergang auf erneuerbare Energieträger sei eine energetische Gesamtbetrachtung zwingend erforderlich, sagt Neldner. Deshalb dürfe die Energiewende nicht auf eine reine Stromwende reduziert werden. Es müssten mindestens Gas und Fernwärme in den Transformationsprozess einbezogen werden. Und das Interesse der Menschen dürfe nicht zu kurz kommen. BETEILIGUNG DER BÜRGER. Bürgerenergie-Vorstandsmitglied Colell sagte, dass die Bürgerbeteiligungsansätze der großen Konzerne, aber auch jene der öffentlichen Hand bei der Energiewende oft nur ein Feigenblatt seien. „Das ist vielfach nicht wirklich ernst gemeint“, kritisierte sie. Ihre Organisation ist angetreten, das zu ändern: „Die Bürger wollen beim Thema Energie eine größere Rolle spielen.“ Es gehe ihr dabei gar nicht darum, alles schlecht zu reden, was in der Vergangenheit getan

wurde: „Wir wollen, dass die Dinge, die gut laufen, noch besser werden. Darüber hinaus möchten wir neue Impulse geben“, kündigt sie an. Und Gasag-Chef Grützmacher fügt hinzu: „Bei der Energiewende muss es auch darum gehen, die kleinen Dinge besser zu machen, statt immer alles wieder neu zu erfinden.“

zung der Energiewende in der Hauptstadt brauche es mehr Ideen und mehr Initiative, mahnt er.

DER DRUCK, RENDITE ERZIELEN ZU MÜSSEN. Auf die Frage, ob durch die erfolgte Rekommunalisierung seines Betriebes der massive Rendite-Druck für sein Unternehmen nun weg sei, sagt Wasserbetriebe-Chef MEHR ENERGIEEFFIZIENZ. Frank Büchner, der beim Siemens- Simon: „Die letzte Preissenkung um 15 Prozent ist Konzern die Region Ost verantwortet, aber den Ener- im Wesentlichen durch einen Ergebnisverzicht des giemarkt in ganz Deutschland im Blick hat, sagt zu den Landes Berlin zustande gekommen, so dass hier schon vielen Berliner Akteuren, die derzeit um Netz und Ener- ein deutliches Zeichen gesetzt wurde. Dennoch wird giegewinnung konkurrieren: „Es kommt nun mehr Wett- natürlich auch jetzt ein Ergebnis vom Unternehmen bewerb in den Markt, und das ist gut so.“ Bislang sei erwartet, was auch legitim ist.“ Er merkt an, dass die Energiewende noch viel zu „die Preispolitik vieler Verstark reguliert. Berlin habe eine sorger in der Vergangenheit große Chance, sich im Rahmen sehr unsensibel gewesen“ der Neuorientierung erfolgsei. Man habe im WesentliDie Preispolitik vieler reich zu positionieren. Und zwar chen darauf geachtet, dass bei dem Thema der Energie-efdie Kasse stimmt. Damit Versorger war in der fizienz: Wie verantwortungsvoll sei eine Menge Vertrauen Vergangenheit unsensibel gehen wir eigentlich mit Strom, zerstört worden. BürgerGas und Erdöl um? „Es ist die energie-Vorstandsmitglied Jörg Simon, Berliner Wasserbetriebe Energieeffizienz, die darüber Colell wirbt in diesem Zuentscheidet, ob die Energiewensammenhang wiederum für de im Ganzen gelingt. Ob es bürgereigene Unternehmen: ein Windrad mehr oder weni„So können Bürger selbst ger gibt, ist nicht so entscheidend.“ Berlin habe hier ein unmittelbar Verantwortung übernehmen“, sagt sie. unglaubliches Potenzial, das noch gar nicht richtig erkannt „Dadurch entsteht mehr Transparenz“ ‒ auch bei der worden sei. „Kein Flächenland in der Bundesrepublik Preisgestaltung. kann hier mit Berlin mithalten. Und das ist die Chance für Berlin“, sagt Büchner. Momentan gebe es die Tendenz, LEISTUNG DER STEUERZAHLER. Gasag-Chef Grützmacher hält die Lage schönzureden: „Wer heute sagt, in der Sum- allerdings dagegen: „Wenn das Land auf Rendite verme stimmt es bei der Energiewende, der lügt sich in die zichtet, dann ist das auch keine Lösung.“ Denn die Eineigene Tasche“, warnt der Siemens-Manager eindringlich. nahmeausfälle müssten am Ende die Steuerzahler auf„Das ist, als ob Sie ein Krankenzimmer nehmen, in dem bringen. „Das ist nichts als ein Umschaufeln von Geld vier Patienten liegen. Zwei haben 41 Grad Fieber und von der linken in die rechte Tasche.“ Vattenfall-Chef die anderen beiden leiden mit 35 Grad an Unterküh- Jung gibt indes zu bedenken, dass der Spielraum, um lung. Im Durchschnitt sind alle gesund“, bringt Büchner Rendite zu erzielen, in einem stark regulierten Geschäft seine Sicht auf den Punkt. Für eine erfolgreiche Umset- wie diesem, ohnehin begrenzt sei.

AUS DEN FEHLERN DER VERGANGENHEIT LERNEN. Energieagentur-Chef Michael Geißler plädiert dafür, die energetische Gebäudemodernisierung und die Steigerung der Energieeffizienz ins Zentrum der Energie- und Klimaschutzpolitik des Landes zu stellen. „Mit dem hier vorhandenen Know-how und den ansässigen Unternehmen haben wir gute Chancen, hier ganz vorne in Deutschland mitzuspielen.“ Seine Agentur ‒ die Eigentümer sind zu gleichen Teilen das Land Berlin, die KfWBankengruppe, Vattenfall und Gasag ‒ hat seit mehr als 20 Jahren die Aufgabe, Projekte zur Energieeinsparung und CO₂-Reduzierung zu initiieren. Sie betreibt selbst mehr als 60 kleine, eben dezentrale Blockheizkraftwerke, die Wohnanlagen, Dienstleistungsgebäude oder ganze Quartiere mit Strom, Wärme und Kälte versorgen. „Blockheizkraftwerke sind eine wichtige Technologie für eine erfolgreiche Energiewende in Berlin“, sagt Geißler. Nach dem von der Energie-Agentur erstellten Energiekonzept 2020 des Landes Berlin gebe es für den Ausbau der dezentralen Energieerzeugung ‒ insbesondere Blockheizkraftwerke und Photovoltaik, aber

i D ER RUNDE

T ISCH

Der „Runde Tisch“ der Berliner Zeitung bringt Spitzenvertreter wichtiger Wirtschaftszweige aus der Region zum informellen Austausch zusammen. Am „Runden Tisch Energie“ im Pfefferberg nahmen acht Vertreter der wichtigsten Unternehmen teil, um aktuelle und relevante Aspekte ihrer Branche zu diskutieren.

Berlin hat eine Riesenchance, so gut wie kein anderes Bundesland den Energieverbrauch an das neue Angebot anzupassen DR. FRANK BÜCHNER, LEITUNG REGION OST SIEMENS AG

Mein Traum ist es, dass Berlin großflächig Elektrobusse einsetzt – und irgendwann auch einmal Elektroschiffe DIPL.-ING. WOLFGANG NELDNER, GESCHÄFTSLEITUNG LANDESBETRIEB BERLIN ENERGIE

In Berlin sollten wir gemeinsam einen Weg entwickeln, wie Energiewende in Ballungsräumen bezahlbar möglich ist STEFAN GRÜTZMACHER, VORSTANDSVORSITZENDER GASAG

Ohne eine stärkere Einbeziehung der Bürger wird die Energiewende nicht gelingen ARWEN COLELL VORSTANDSMITGLIED BÜRGER ENERGIE BERLIN EG


Wirtschaft

Anzeigen-Sonderveröffentlichung | 03. Juni 2014

Bilder: Benjamin Pritzkuleit

Angeregte Diskussionen unter Konkurrenten und Branchenkollegen

(TWh) entspricht einer Milliarde Kilowattstunden (kWh)

Eine Terawattstunde

Ausbau der dezentralen Energieerzeugung ‒ insbesondere Blockheizkraftwerke und Photovoltaik, aber auch Solar- und Erdwärme ‒ noch ein großes, wirtschaftlich zu erschließendes Potenzial.

ge und mehr Geschäft beschert.“ Es sei wichtig, das Interesse der Bevölkerung an dem Thema noch zu steigern. ENERGIEVERBRAUCH SINNVOLL STEUERN. Die Bürger mit ins Boot zu holen ist auch deshalb entscheidend, weil die Energiewende trotz aller Anstrengungen von Politik und Versorgern nicht gelingen kann, wenn der Verbrauch insgesamt nicht signifikant reduziert wird. Darüber herrscht am Tisch Konsens. Doch wie das erreicht werden soll, darüber gehen die Meinungen auseinander. Gasag-Chef Grützmacher kündigte einen Paradigmenwechsel an: „Künftig wird das Angebot die Nachfrage steuern und nicht mehr wie bisher die Nachfrage das Angebot.“ Will heißen: Die Anbieter werden nicht mehr einfach ihre Produktion hochfahren, wenn zu bestimmten Tagen der Verbrauch steigt, sondern der Verbrauch wird sich am Angebot orientieren müssen. STROM WIRD IN KNAPPEN PHASEN MEHR KOSTEN. In die gleiche Richtung argumentiert Siemens-Regionalchef Büchner: „Es geht um ein sinnvolles Ausnutzen der vorhandenen Ressourcen.“ Wird jeder Verbraucher also künftig per

betrug der deutsche Bruttostromverbrauch im Jahr 2012

617 TWh

NICHT ALLES WIRD DEZENTRAL ORGANISIERT. Anke Tuschek vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft macht jedoch ihre Sicht deutlich: „Mit dezentralen Anbietern allein lässt sich die Versorgungssicherheit nicht gewährleisten.“ Die regionale und überregionale Netzinfrastruktur müsse ja trotz der dezentralen Anlagen vorgehalten werden, denn nicht alle Kunden würden dezentral versorgt. Man müsse deshalb auch in Zukunft für eine ausreichende Kraftwerksreserve sorgen. Und auch Siemens-Regionalchef Büchner glaubt nicht, dass dezentrale Anlagen weit führen und kam auf sein Hauptanliegen zurück: „Energieeffizienz ist mehr als Energiesparen. Es geht vielmehr darum, die vorhandene Energie sinnvoll auszunutzen.“ Berlin könne sich hier durch ein intelligentes Konzept von anderen Ländern abheben. „Wir brauchen eine Kombination der Energiebetreiber.“ DER HARTE WETTBEWERB IN BERLIN. Vattenfall-Chef Alexander Jung sagt, es gebe keinen Markt in Deutschland, der so wettbewerbsintensiv wie Berlin sei. So konkurrierten schon heute 350 Anbieter beim Strom und 200 beim Gas um Kunden unter den 2,1 Millionen Haushalten der Hauptstadt. „Aufgrund des harten Wettbewerbs sind die Margen so gering, dass jeder knapp kalkulieren muss.“ Künftig könnte noch ein weiterer Stromanbieter hinzukommen. Denn das Land Berlin hat als Reaktion auf die Bürgerbewegungen ein Stadtwerk gegründet. Angesiedelt wurde es bei den Wasserbetrieben. In vielleicht fünf bis sechs Wochen werde das Unternehmen richtig gegründet, sagte Simon. Allerdings hat die Politik dem Unternehmen den Start nicht leicht gemacht. Es darf nur Strom aus erneuerbaren Energien und aus eigener Herstellung anbieten. Öko-Strom kaufen und dann in Berlin anbieten darf es nicht. Überlegt werde, Windräder auf den Stadtgütern Berlins zu errichten. Die geben dann aber so wenig Strom ab, dass der nur allgemein ins Netz eingespeist wird. Direkte Verträge werden die Berliner Bürger mit ihrem Stadtwerk wohl vorerst nicht abschließen können. WAS DEN UNTERNEHMEN BLEIBT. Dass auf dem Berliner Strommarkt mit dem Verkauf von Strom gar nicht viel zu verdienen ist, erläutert Energieverbands-Geschäftsführerin Tuschek eindrucksvoll: „Der Strompreis in Deutschland besteht im Durchschnitt zu 50 Prozent aus staatlichen Abgaben und Steuern, rund 30 Prozent fallen für die Netzentgelte ab.“ Hinzu kämen noch die Kosten für Erzeugung, Beschaffung und Vertrieb. „Da können Sie sich ausrechnen, wie wenig Marge für die Anbieter noch übrig bleibt.“ Berlin-Energie-Chef Neldner will in dieses Lamento indes nicht einstimmen: „Am Ende bleibt trotzdem eine sehr ordentliche Rendite für die Anbieter übrig.“ Energieagentur-Chef Geißler gibt sich ebenfalls optimistisch: „Die Energiewende hat uns mehr Nachfra-

135 TWh

Krankenhäuser brauchen pro Bett so viel wie ein Dreifamilienhaus Frank Büchner, Siemens

kamen 2012 aus „grünen“ Quellen

tenzial. Umgelegt auf jedes Krankenhausbett verbraucht eine Klinik im Durchschnitt so viel Energie wie ein Dreifamilienhaus.“ Hier müsse angesetzt werden, wenn merklich reduziert werden solle. Vattenfall-Vertreter Jung sieht das ähnlich: „Wir können die Erzeugung und den Verbrauch besser zusammenbringen, um mehr Effizienz zu erreichen.“ Andere Städte seien hier deutlich weiter, sagt Berlin-Energie-Chef Neldner. Er regt an, in der Zukunft zum Beispiel nachts Elektrobusse einzusetzen, weil sie dann besonders effizient seien, denn Busse stünden nachts als Entladeeinheiten zur Verfügung. Gar nicht verstehen könne er, dass am neuen Flughafen voraussichtlich Dieselbusse fahren sollen. „Das ist doch völlig anachronistisch.“ Arwen Colell sagt, „wir müssen dahin kommen, dass wir für die Bereitstellung von Energieleistung bezahlen.“ Das ließe sich auch eindeutig bemessen und beziffern. Hier müssten aber auch die Verbraucher einen Beitrag leisten. Für großes Aufsehen hat der Ende Mai abgeschlossene Gasliefervertrag zwischen Russland und China gesorgt. Manche Beobachter befürchten schon, dass Lieferengpässe drohen, wenn der Hauptlieferant Russland, der ein gutes Drittel der in Deutschland verbrauchten Menge an Erdgas liefert, nun deutlich mehr Gas nach China exportiert. „Ja, das ist durchaus ein Thema“, bestätigt GasagChef Grützmacher. Doch dann beruhigt er gleich wieder: „Selbst in den härtesten Zeiten des kalten Krieges haben die Russen immer geliefert.“ Europa bleibe trotz des Vertrages mit China für Russland interessant. Deshalb habe Gazprom erst kürzlich seine Aktivitäten hier verstärkt. Im Übrigen sei Deutschland beim Öl viel stärker von Russland abhängig als beim Gas. WÜNSCHE FÜR DIE ENERGIEWENDE.Zum Schluss der Debatte, darf sich jeder Teilnehmer etwas für die Energiewende wünschen. Nach den Worten von Siemens-Manager Büchner ist die Energiegesetzgebung entscheidend. Einen großen Beitrag zur Energieeinsparung könnte laut Energieagenturchef Geißler die Auswechslung von 20.000 alten Heizkesseln in Berlin leisten. „Hier sind Effizienzgewinne von 25 Prozent möglich.“ Auch Gasag-Chef Grützmacher forderte eine Abwrackprämie für Heizkessel. „Die Energieeffizienz muss die wichtige Rolle bekommen, die ihr zusteht“, sagte BDEW-Vertreterin Tuschek. „Bund und Land müssen sich hier stärker abstimmen und sich endlich auf eine steuerliche Förderung für die energetische Gebäudesanierung einigen.“ „Wir brauchen eine Energiewende mit Augenmaß“, sagte Wasserbetriebe-Chef Simon. Es gehe um die Suche nach dem vernünftigsten Weg. VattenfallChef Jung sagte: „Die Energiewende ist ein Marathon, den wir nicht schon nach sechs Kilometern abbrechen dürfen.“ Neldner von Berlin Energie betonte, dass es entscheidend sei, Kinder und Jugendliche bei der Energiewende mitzunehmen. „Die Jugend muss und wird bei diesem Thema einen Enthusiasmus und noch viele Ideen entwickeln. Dann mache ich mir um das Gelingen keine Sorge.“ Und Arwen Colell forderte ganz in diesem Sinne eine Energiewende, die stark in der Hand der Bürger sei: „Wir haben da eine tolle Chance.“

Insgesamt im Jahr verbrauchen Geräte in Haushalt und Büro im Standby-Betrieb

20 TWh

Ein durchschnittlicher Vier-Personen-Haushalt verbraucht

Smartphone-App angezeigt bekommen, ob er gerade Wäsche waschen darf oder vielleicht doch nur bügeln oder Fernsehen? Anke Tuschek vom BDEW trat solchen Befürchtungen entgegen: „Jeder Berliner soll nach wie vor zu jeder Tageszeit so viel Energie verbrauchen dürfen, wie er will. Es ist ganz wichtig für die Akzeptanz in der Bevölkerung, dass Energiewende nicht Komfortverlust bedeutet.“ Alles sei eine Frage des Preises ‒ sprich: Wer bei einem geringen Angebot viel konsumiere, werde dafür künftig tiefer in die Tasche greifen müssen. BEA-Chef Geißler sagte: „Wir reden hier über die Energieeffizienz von einzelnen Großverbrauchern und ein intelligentes Lastmanagement. Nach unseren Erfahrungen aus der Beratung gibt es im Bereich von Gewerbe und Industrie noch sehr viele Möglichkeiten, Strom, Wärme, Prozesswärme oder Kälte effizienter zu nutzen. So kann man beispielsweise bei Stromlastspitzen in Gebäuden die Geschwindigkeit von Aufzügen geringfügig drosseln, ohne dass die Benutzer das wirklich merken, und somit Energieverbrauch vermeiden.“ Der einzelne Verbraucher werde weiterhin waschen können, wann er es wünsche. EINSPARPOTENZIALE AUSFINDIG MACHEN. Siemens-Regionalchef Büchner pflichtet bei, dass es beim Energiesparen künftig vor allem auf die großen Unternehmen und Dienstleister ankomme ‒ Beispiel: „Krankenhäuser zum Beispiel haben beim Energieverbrauch ein enormes Einsparpo-

4.140 kWh

im Jahr


Energie

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Unterirdischer Schwelbrand Untertagevergasung von Kohle: Gigantisches Energie-Reservoir ohne Klimabelastung?

Kraftstoff

Strom

Kunststoffherstellung Kunststoff herstellung

Pumpe

Luft oder Sauerstoff, vermischt mit Wasserdampf Kohlenmonoxid, Methan, Kohlendioxid, Wasserstoff

E

nergiewende hin oder her: Beinahe jede zweite Kilowattstunde Strom wird in Deutschland mit Braun- oder Steinkohle erzeugt, dem Energieträger mit den höchsten Treibhausgas-Emissionen. 162 Milliarden Kilowattstunden produzierten die Braunkohlekraftwerke im vergangenen Jahr ‒ der höchste Wert seit 1990. 124 Milliarden Kilowattstunden kam aus Steinkohlekraftwerken. Der Braunkohletagebau reißt gigantische Wunden in die Landschaft, ganze Dörfer verschwinden. Der Steinkohlebergbau ist gefährlich und sorgt für Spätschäden an Gebäuden und Straßen. Unmengen an Kohlendioxid werden bei der Stromerzeugung in die Atmosphäre geblasen, Staub legt sich über die betroffenen Landstriche. Kohle hat eigentlich nur einen einzigen Vorteil: Es gibt davon jede Menge und das vor Ort ohne Abhängigkeit von Importen. KOHLEFLÖZE ANGEZÜNDET. Doch um an den begehrten Brennstoff zu kommen, muss zunehmend aufwendiger und tiefer gegraben werden. Das macht den Bergbau gefährlich sowie teuer. Und: Mit herkömmlichen Methoden ist nur ein Bruchteil der weltweit vorhandenen Kohlevorkommen erschließbar. Damit gerät eine Technik ins Blickfeld, die zwar nicht neu ist, bisher aber wenig Aufmerksamkeit erhalten hat: Die unterirdische Kohlevergasung (Untertagevergasung ‒ UTV). Das Prinzip scheint einleuchtend: Statt die Kohle Stück für Stück aus der Erde zu holen, sie über viele Kilometer zu transportieren und dann im Kraftwerk zu verbrennen, werden die Kohleflöze gleich dort angezündet, wo sie sich befinden, und das so entstehende Gas abgezapft und verwertet. In Usbekistan ist ein solcher unterirdischer Riesenofen bereits seit 1960 in Betrieb, in Australien, China, den USA sowie Spanien, Belgien oder Ungarn laufen weitere Anlagen. RIESIGE RESERVEN. Experten wie Dr.Ing. Thomas Kempka vom Deutschen GeoForschungs-Zentrum GFZ in Potsdam sehen große Potenziale. Er rechnet vor, dass UTV den weltweiten PrimärenergieBedarf für die nächsten 230 Jahre ganz allein decken könnte ‒ und dies unter der konservativen Annahme, dass nur 30 Prozent der Kohlevorkommen sich für dieses Verfahren eignen. „Laut World Energy Council können die weltweiten Kohlereserven, also die wirtschaftlich erschließbare Kohlemenge, durch die UTV-Technologie um 70 Prozent erhöht werden“, sagt der Geowissenschaftler. Doch es geht nicht allein um mehr, sondern um bessere Energie. „STADTGAS“ AUS DER ERDE. Kempka sieht viele Vorteile. Doch vorher etwas Technik: Um die Kohle anzuzünden, muss zunächst ein Gemisch aus Luft oder Sauerstoff und Wasserdampf ins Flöz gepumpt werden. Der um die 1.000 Grad heiße Schwelbrand erzeugt einen Mix aus Methan und Wasserstoff sowie Kohlenmonoxid und -dioxid, der am anderen Ende des Flözes abgepumpt wird. Mit einem ähnlichen Gas-Mix, dem sogenannten Stadtgas, wurden bis in die 1990er-Jahre hinein die deutschen Haushalte versorgt, ehe auf Erdgas umgestellt wurde. Aus der Mischung könnte gleich

vor Ort Strom erzeugt, synthetisches Erdgas oder Treibstoff hergestellt werden. Kohlendioxid kann auf dem Weg nach oben herausgefiltert und zurück unter Tage gedrückt werden. Dr. Kempka: „So wird die Emission vermieden. Das CO₂ wird unter Tage in den ehemaligen UTV-Reaktoren gespeichert.“ Und: „UTV ist um

Sicherer Betrieb ist eine Frage der Standortwahl rund 30 Prozent energieeffizienter als der herkömmliche Bergbau.“ Auch weil Kohletransport und -aufbereitung entfallen. „Stattdessen wird das gewonnene Synthesegas entstaubt, getrocknet und entschwefelt ‒ wie im herkömmlichen Kohlekraftwerk bei der Rauchgasreinigung auch“, erläutert er. Kempka weist außerdem darauf hin, dass das Risiko von Arbeitsunfällen und verheerenden Unglücken wie jüngst in der Türkei erheblich geringer ist, weil niemand unter Tage arbeiten muss. Zudem gebe es keine bergbaubedingten Grundwasserabsenkungen oder -verunreinigungen, keine Setzungen, keine Tagebaurestlöcher oder Abraumhalden, keinen Lärm und keinen Staub.

Keine Setzungen, keine Tagebaurestlöcher, kein Staub UMWELTBEDENKEN. Zu schön um wahr zu sein? Kritiker weisen auf unbeherrschbare Kohlebrände hin, die natürlich oder durch illegalen Abbau entstanden sind, teilweise seit Jahrzehnten unterirdisch glühen und riesige Schäden anrichten. Diese Feuer „leben“ allerdings von einer ungeregelten Sauerstoffzufuhr, die in tieferen Lagen unter kontrollierten Bedingungen nicht gegeben ist. Zudem besteht die Sorge, dass bei der Verbrennung auch viele giftige Substanzen entstehen, die in die Umwelt und insbesondere ins Grundwasser entweichen. MINDESTTIEFE ERFORDERLICH. Kempka sind die Einwände geläufig: „Zur

Kontamination von oberflächennahen Grundwasserleitern kann es kommen, wenn grundlegende Betriebsvorgaben nicht eingehalten werden. Dazu gehört vor allem die stetige Kontrolle und Steuerung des UTV-Reaktordrucks. Umfangreiche Risikoanalysen können mithilfe numerischer Simulationen durchgeführt werden und tragen somit zu einem sicheren und zuverlässigen Betrieb bei. Darüber hinaus ist eine umfangreiche Standortüberwachung, auch mit GrundwasserMessstellen, notwendig, um einen dauerhaft sicheren Betrieb zu gewährleisten.“ Er weist darauf hin, dass es weltweit bereits 50 UTV-Pilot- und -Demonstrationsprojekte gibt. „Störungen sind nur in drei Fällen ‒ zwei in Wyoming, USA, und einer in Queensland, Australien ‒ dokumentiert.“ In allen Fällen lagen die Betriebsstätten nur bis zu 100 Meter unter der Erdoberfläche. Kempka: „Aktuelle wissenschaftliche Ergebnisse und Erfahrungen aus den bisherigen Projekten zeigen, dass eine Mindesttiefe von 200 bis 250 Meter unter der Erdoberfläche gegeben sein sollte, um negative Auswirkungen auf die Umwelt auszuschließen.“ Es gebe aber auch positive Erfahrungen in flacheren Lagerstätten: „Angren/Usbekistan ist seit 1960 ohne bekannte Störfälle in Betrieb, wobei die durchschnittliche Tiefe nur rund 110 Meter beträgt.“ Umweltauswirkungen würden heutzutage bei der Standort-Vorerkundung effektiv bewertet und flössen als Ausschlusskriterien für die Auswahl ein. BRÜCKENTECHNOLOGIE. Und der Preis? „Der Gaspreis wäre schon jetzt konkurrenzfähig auf dem europäischen Energiemarkt. Wir haben dazu unterschiedliche Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen durchgeführt“, sagt Kempka. Die Rede ist von sieben Cent pro Kilowattstunde Strom ‒ wie Erdgas. Kempka und seine Mitstreiter sehen die unterirdische Kohlevergasung „als potenzielle Brückentechnologie zu erneuerbaren Energien, also der Elektrizitätserzeugung aus UTV-Synthesegas, und als Lieferant von chemischen Ausgangsstoffen wie Methanol, synthetischem Erdgas und Treibstoffen wie Diesel und Kerosin. Außerdem fällt Stickstoff zur Herstellung von Pflanzendünger an ‒ dies ist von wesentlicher Bedeutung für Entwicklungs- und Schwellenländer.“ Frauke Wolf

Schadstoffe Schadstoffe wie Benzol, Schwefelwasserstoff, Toluol

Höhe: zwei bis fünf Meter

Kohleflöz

Länge: e

mehr als 1.000 Grad Celsius

in Kilom

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Anzeige Einbau eines Wärmetauschers in einen Abwasserkanal – damit wird ein Schwimmbad in Schöneberg beheizt

Wasser und Energie für Berlin S

Größte

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Berliner Wasserbetriebe bauen die neuen Stadtwerke auf ‒ Erfolgreiche Umsetzung neuer Ideen zur Energieeinsparung und Erzeugung von Ökostrom eit dem Frühjahr bauen die Berliner WasserbetrieWichtiger Baustein ist dabei die Nutzung von Wärbe die Berliner Stadtwerke GmbH auf. Im Oktober me aus Abwasser. Dusch-, Bade- und Spülwasser heizen das Abwasser in der Kanalisation auf durch2013 hatte das Abgeordnetenhauses den Aufbau eischnittlich 15 Grad auf. Ein Wärmetauscher entzieht nes Stadtwerks unter dem Dach der Wasserbetriebe dem Abwasser ein bis zwei Grad Wärme, woraus beschlossen. Die Berliner Stadtwerke werden sich auf eine Wärmepumpe wiederum eine Nutztemperatur Energiedienstleistungen für Unternehmen sowie Invon rund 50 Grad erzeugt. Auf dievestitionen in Ökostrom vor allem aus se Weise werden aus 1.000 Litern der Region konzentrieren. Als erster Abwasser zwei Kilowattstunden Schritt soll dafür die Errichtung von Wärme aus Abwasser Energie gewonnen. Die Berliner Windrädern auf den Rieselfeldern der hat viel Potenzial Wasserbetriebe sind das erste WasBerliner Stadtgüter geprüft werden. serversorgungsunternehmen in Hintergrund ist die große Erfahrung, Europa, das den Wärmeaustausch die die Berliner Wasserbetriebe als an Druckrohrleitungen technologisch beherrscht verantwortungsbewusster Versorger, aber auch als und im industriellen Stil einsetzen kann ‒ Beispiele Energieerzeuger haben. Weil die Förderung des guten sind das Ikea-Einrichtungshaus in Lichtenberg und Berliner Trinkwassers und die Behandlung des Abdie Schwimmhalle am Sachsendamm in Schönewassers ein energieintensives Geschäft ist, haben sie berg. Da in Berlin mehr als 1.150 Kilometer Abwasfrühzeitig Ideen entwickelt, effizienter mit Strom und serdruckrohre liegen, bestehen beste VoraussetzunWärme umzugehen. gen für ähnliche Projekte. Der Energieverbrauch der Berliner Wasserbetriebe entspricht dem einer Stadt mit 280.000 Einwohnern. Weithin sichtbar sind die drei Windräder im Klärwerk Als Klimaschutzpartner des Landes Berlin stehen sie Schönerlinde, das rechnerisch tageweise energieautark für das Ziel ein, den CO₂-Ausstoß der Hauptstadt bis arbeitet. Das heißt, die Energie, die für die Reinigung des 2020 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu senken Abwassers benötigt wird, wird selbst erzeugt ‒ ohne zu‒ indem sie ihren Energiebedarf reduzieren und Ökosätzliche CO₂-Belastung. Viele andere Projekte sind weEnergie selbst erzeugen. Damit ist es den Wasserbeniger auffällig: Neue Zentrifugen, die den Klärschlamm trieben allein 2012 gelungen, gegenüber dem Vorjahr gründlicher entwässern und bei dessen Verbrennung 60 44.640 Megawattstunden einzusparen und 23.500 Prozent Heizöl sparen. Oder bessere Antriebe in der WasTonnen CO₂-Emissionen zu vermeiden. serversorgung, die 200 Megawattstunden Strom sparen.

i F RACKING Höchst umstritten ist die Technik, mit deren Hilfe Öl- und Gasvorkommen auch in ungünstiger Lage ausgebeutet werden können. Durch ein bis zur mehrere tausend Meter tiefes Bohrloch werden Wasser, Quarzsand und Chemikalien ins Gestein gepresst, um Risse zu erzeugen, so dass der Energieträger besser zur eigentlichen Bohrung fließt. Die Technik ist seit den 1940er- Jahren im Einsatz, auch in Deutschland wurde – bis 2011 – ein Drittel der Erdgasförderung so erschlossen. Kritiker sehen erhebliche Umweltrisiken, insbesondere für das Grundwasser. In Deutschland soll Fracking nur für konventionelle Lagerstätten, also Sandstein-Vorkommen mit mehr als 2.500 Meter Tiefe, erlaubt sein und nicht, wie in den USA, für Schiefergestein.

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Berliner Wasserbetriebe

Neue Jüdenstraße 1 10179 Berlin

) 0800/29 27 587 8 www.bwb.de

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Wirtschaft

Anzeigen-Sonderveröffentlichung | 03. Juni 2014

WISSENSWERT Mobilitätsprogramm 2016 für modernen Verkehr in Berlin

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Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat ein Programm aufgelegt, um die Stadt Berlin für die künftigen Herausforderungen im Bereich Verkehr zu rüsten. Das „Mobilitätsprogramm 2016“ verfolgt dabei zwei Ziele: Mobilität für alle Bürger sowie für die Wirtschaft zu gewährleisten, und den Verkehr umwelt- und stadtverträglich zu gestalten. Die Senatsverwaltung geht dabei davon aus, dass die Einwohnerzahl Berlins bis 2025 nur leicht ansteigen wird. Allerdings werden es mehr Ältere mit ihren eigenen Bedürfnissen sein. Das Verkehrsaufkommen ist bereits jetzt rückläufig. Nur etwa jeder zweite Berliner Haushalt verfügt über einen Pkw, aber 721 von 1.000 Berlinern besitzen ein Fahrrad. Aktuelle Untersuchungen zeigen außerdem, dass die Bewohner der Hauptstadt in ihrem Alltag zunehmend weniger an ein bestimmtes Verkehrsmittel gebunden sind. (mgr)

Die nachhaltige, lebenswerte Stadt

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Die optimale Verbindung „Verkehrstelematik“ als Schlüssel zur Vermeidung des Stillstands – Intelligente Mobilität vernetzt Verkehrsträger und aktuelle Daten

Das Ullsteinhaus – ein Baudenkmal des Backsteinexpressionismus

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Beispiel Ullsteinhaus: So gelingt die Energiewende im Gebäudebestand ‒ Gasag bietet überzeugende Gesamtkonzepte für Wohnungswirtschaft und Privatkunden ie Gasag zeigt am Ullsteinhaus, wie die EnerGewerbe, für Wohnungswirtschaft und Privatkunden giewende im Bestand gelingen kann. Schon ‒ entwickelt die Gasag ganzheitliche Lösungen. „Wir wollen Strom, Wärme, Kälte und die dazugehörigen bei Errichtung in den 1920er Jahren galt das heutige Energiekonzepte als Gesamtpaket anbieten. Uns geht Baudenkmal als innovativ: Hinter der Fassade dieser es darum, die Berliner Energiewende aktiv mitzugestalIndustriekathedrale verbirgt sich eine bautechnische Innovation. Das damalige „Druckhaus Tempelhof“ ist ten“, erläutert Vorstandschef Stefan Grützmacher. das erste gegossene Beton-Hochhaus Berlins und war damals der größte Stahlskelettbau Deutschlands. Jetzt Europacity Heidestraße, die Areale um die beiden wird das Wahrzeichen von Tempelhof zum VorzeigeStadtflughäfen oder Adlershof: Überall in Berlin entprojekt für die Energieversorgung stehen und wachsen neue Stadtteile. von morgen: Dezentral, kostengünsDies begreift die Gasag als eine große tig, klimaschonend und effizient Chance für die Stadt, denn hier kann Neubaugebiete und zugleich zeigt es Auswege aus dem demonstriert werden, wie nachhaltige gewachsene Quartiere mit „Fassadenstreit“ zwischen DenkQuartiere realisiert werden können ‒ zeitgemäßer, innovativer mal- und Klimaschützern. Denn hier nach aktuellsten Energiestandards, mit Energieversorgung gelingt Klimaschutz ohne jeden Eininnovativen Versorgungskonzepten griff in die geschützte Fassade. Durch und einem hohen Grad an Autarkie. modernste Technik wird der CO₂-Ausstoß um 2.850 Für die nächsten 20 Jahre beispielsweise versorgt die Tonnen pro Jahr reduziert ‒ so viel wie 750 EinfamiliGasag Contracting GmbH die Gebäude des EUREFenhäuser ausstoßen. Campus CO₂-neutral mit Wärme und Kälte. Auch bei der Sanierung von Bestandsgebäuden verfügt die Gasag über umfangreiche Erfahrungen und bietet KomNicht nur hier sieht sich die Gasag als Partner und Geplettangebote. Das Beispiel der degewo-Wohnsiedstalter der Berliner Energiewende: mit neuen Wärmedienstleistungen, innovativen Techniken und erneuerlung Mariengrün zeigt, wie die Gasag dazu beiträgt, die baren Energien. Seit fast 170 Jahren versorgt die Gasag städtische Energiewende sozialverträglich zu gestalten. Berlin zuverlässig mit Gas ‒ heute ist das Unternehmen Die 2.410 Wohnungen werden von zwei Gasag-Klimakregionaler Energiemanager mit hoher Innovationskraft raftwerken mit Wärme und Strom versorgt, eines dieser und einem breiten Produktangebot. So bietet die Gasag Blockheizkraftwerke arbeitet mit Bio-Erdgas. Dies und neben Erdgas, Bio-Erdgas und Energiedienstleistungen die energetische Sanierung führen zu einer deutlichen seit Ende 2013 auch umweltfreundlich produzierten Reduzierung des Energieverbrauchs. Entlastet werden Strom an. Für alle Kundengruppen ‒ für Industrie und dadurch die Umwelt ebenso wie die Mieter.

ie Zeit vergeht nicht nach der Uhr, soninformiert. So können Autos, Busse und Lastwagen gezielt und dynamisch gesteuert werden ‒ dern danach, was in ihr passiert. So flieund bei Bedarf verlagert. Staus und Leerfahrten gen die schönen Stunden des Lebens können so vermieden werden, und die Vorteile geradezu dahin, die Acht-Kilometer-Heimfahrt der einzelnen Verkehrsträger ‒ Schiene, Straße, von der Arbeit nach Hause im Berufsverkehr hinWasser, Luft ‒ werden zu einem Gesamtkonzept gegen offenbart einen kleinen Vorgeschmack verschmolzen. Das erhöht zudem die Verkehrsauf die Ewigkeit. 65 Stunden verbringen Autosicherheit, denn staubedingte Unfälle kommen fahrer in Deutschland durchschnittlich pro Jahr kaum mehr vor. Intelligente Systeme werden im Stau, hat eine Studie des ADAC ergeben. Wer bereits heute vielfach eingesetzt. Jeder, der sich in einer Großstadt lebt, darf noch einige Stunden schon einmal ein elektronisches U-Bahn-Ticket draufpacken. Staus kosten jedoch nicht nur Nerauf sein Smartphone bestellt hat, kennt sie, und ven sowie Freizeit und lassen Terminplanungen ebenfalls, wer steuerbare Verkehrsschilder auf kollabieren, sie fressen auch kostbare Energie. Inder Autobahn wahrgenommen hat. Sie helfen telligente Verkehrskonzepte kommen daher bedabei, den Verkehr zu lenken, zu steuern, zu reits seit einigen Jahren zum Einsatz. Im Zusamentzerren und letztlich menspiel mit modernen so flüssig wie möglich Informations- und Komlaufen zu lassen. Das munikationstechnolospart allen Beteiligten gien werden sie künftig Staus und Nadelöhre sind, Zeit und Nerven, der dafür sorgen, dass sich mathematisch gesehen, Wirtschaft spart es Geld, die Verkehrssituation der „Preis der Anarchie“ und gleichzeitig wird die trotz eines höheren AufUmwelt mit geringeren kommens zunehmend Emissionen belastet. entspannt.

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EIN FORSCHUNGSGEBIET. Experten aus Wirtschaft, Politik und Forschung greifen dafür auf die Verkehrstelematik zurück. „Verkehrstelematik ist ein Kunstbegriff aus Telekommunikation und Informatik“, erklärt Prof. Kai Nagel, Fachgebietsleiter für Verkehrssystemplanung und Verkehrstelematik der TU Berlin. Eine Ampel allein gehöre also nicht zu dieser Kategorie, zwei Ampeln, die miteinander kommunizieren und sich aufeinander abstimmen, aber sehr wohl. Ziel ist es, den Verkehrsfluss optimal zu steuern. „Wenn jeder versucht, auf dem schnellsten Wege ans Ziel zu kommen, ist das nicht unbedingt am besten für das Gesamtsystem“, sagt Nagel. Dem liegt das mathematische Prinzip „price of anarchy“, also der Preis der Anarchie, zugrunde. FLÜSSIGER HEISST SICHERER. Verkehrstelematische Steuerungs-Systeme helfen dabei, die vorhandene Infrastruktur optimal zu nutzen. Verkehrsteilnehmer werden umfassend und aktuell

INFORMIEREN UND NAVIGIEREN. Nun wird verstärkt daran gearbeitet, die einzelnen Bausteine der Mobilität enger miteinander zu verknüpfen. Denkbar sind beispielsweise Apps für das Smartphone, die jederzeit den bestmöglichen Weg zwischen A und B ermitteln können ‒ unter Berücksichtigung des Gesamtverkehrsaufkommens, von Unfällen und Baustellen. Losfahren mit dem Bus zur CarSharing-Station, weiter mit dem Auto zur S-BahnHaltestelle und schließlich mit dem City-Bike in die Innenstadt ‒ so könnte das in der Praxis aussehen. Die dazu erforderlichen Daten werden in einer Verkehrsinformationszentrale gesammelt. Wann ist wo der Verkehr am dichtesten, und welche Verkehrsmittel stehen zur Verfügung? Vielfach werden heute bereits Daten an Verkehrsinformationszentralen gesendet. Einige Navigationsgeräte übermitteln dabei bestimmte Informationen automatisch ‒ natürlich mit vorheriger Einwilligung des Eigentümers. Was fehlt, ist ein einheitlicher Standard. Matthias Grönniger

i „T ANKSTOPP “ AN DER

S TRASSENLATERNE len, Ende 2015 sollen es 1.800 sein. Dazu können Straßenlaternen umgebaut werden. Sie verfügen hier oft über einen zweiten Stromanschluss. Ein komplett leergefahrenes E-Mobil braucht sieben Stunden zum Laden, mit entsprechender Technik verkürzt sich der Vorgang.

GASAG – Berliner Gaswerke Aktiengesellschaft Henriette-Herz-Platz 4 10178 Berlin ) +030 7072 0000-0 * service@gasag.de 8 www.gasag.de

Berlin ist Vorreiter für Elektromobilität – und der Infrastruktur dafür. „Für Elektrofahrzeuge muss einfach die entsprechende Anbindung da sein, da ihre Reichweite auf maximal 150 Kilometer begrenzt ist“, sagt Thomas Meißner von der Berliner Agentur für Elektromobilität eMO. „Derzeit gibt es im Stadtgebiet etwa 200 Ladesäu-


Energie

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E-Fahrzeuge für den Alltag Im „Praxislabor“ Berlin-Brandenburg werden Konzepte für den wirtschaftlichen Einsatz alternativer Antriebe erprobt ie gemeinsame Bewerbung der Region BerlinBrandenburg auf einen von der Bundesregierung ausgeschriebenen Wettbewerb bekam im April 2012 als eine von vier Schaufensterregionen für Elektromobilität den Zuschlag. Als „Internationales Schaufenster Elektromobilität Berlin-Brandenburg“ verbindet die Hauptstadtregion die jeweiligen Standortvorteile beider Länder in einem einzigartigen Praxislabor. In dem von der Berliner Agentur für Elektromobilität eMO koordinierten Projekt werden Forschung, Entwicklung und Demonstration alternativer Antriebe gefördert und vorangetrieben. Einige Beispiele: EFAHRUNG. Die gemeinschaftliche Nutzung von Elektrofahrzeugen durch mehrere Firmen soll zur besseren Auslastung und damit zum wirtschaftlichen Betrieb führen. Das Urban Software Institute begleitet die Auswertung der teilnehmenden Betriebe, um daraus den Aufbau einer Software-Infrastruktur für flottenübergreifende Optimierung der Fahrzeugaus-

BILDER: BSR, TSB

3 FRAGEN AN Gernot Lobenberg, Leiter der Berliner Agentur für Elektromobilität eMO

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nutzung zu entwickeln und nicht zuletzt auch, um die Akzeptanz von Elektromobilität bei Flottenbetreibern zu steigern. PEDELEC-KORRIDOR. In einem definierten Projektgebiet im Berliner Südwesten werden Pendlern aus Brandenburg sogenannte Pedelecs (Elektrofahrräder) für ihren Arbeitsweg zur Verfügung gestellt. Diese können sie sicher an neuen Unterstellmöglichkeiten an S- und U-Bahnhöfen abstellen. NANU. Elektro-LKW werden in der Region so umgebaut, dass sie für den Mehrschichtbetrieb in Lieferbetrieben tauglich sind. Dadurch können Geschäfte auch zu Tagesrandzeiten ‒ spätabends oder frühmorgens ‒ beliefert werden, da die E-LKW deutlich leiser sind. Davon haben alle etwas: Das belieferte Unternehmen kann flexibler agieren, der Logistiker hat eine größere Auslastung und der Hersteller des LKW hat Aufträge. ELEKTRO -A BFALLENTSORGUNGSSYSTEME . Einsatz von drei E-Entsorgungsfahrzeugen bei den Berliner Stadt-

Die eMO ist die zentrale Anlaufstelle für Elektromobilität in der deutschen Hauptstadtregion. Was bedeutet das? Was läuft bei Ihnen zusammen? GERNOT LOBENBERG: Wir sind vom Berliner Senat damit beauftragt, das Thema Elektromobilität in der Hauptstadtregion nach vorn zu bringen. Das machen wir zusammen mit unseren Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft, die sich zu dieser Zukunftstechnologie bekennen. Denn Berlin-Brandenburg hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 international anerkanntes Vorbild der Elektromobilität zu sein. Wir vernetzen die Akteure in diesem Bereich, koordinieren das von der Bundesregierung und unseren beiden Ländern geförderte Internationale Schaufenster Elektromobilität Berlin-Brandenburg, initiieren neue Projekte und bemühen uns darum, Elektromobilität sicht- und erfahrbar zu machen, sprich: auf die Straße zu bringen.

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Konkret: Was für Projekte sind das? LOBENBERG: Neben den rund 30 Kernprojekten des Schaufensters laufen 50 weitere Projekte in der Region: Flottenprojekte, Vernetzung mit dem Energiesystem und im Güterverkehr. Herausheben möchte ich das von der eMO initiierte und koordinierte Projekt „InitiativE“ . Hier werden – mit Förderung des Bundesumweltministeriums – 45 Prozent der Mehrkosten von Elektroautos über einen Leasinggeber gefördert. Das Programm richtet sich an gewerbliche Flotten und soll so schnell wie möglich bis zu 500 Fahrzeuge auf die Straße bei uns bringen.

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Elektrofahrzeuge für das harte Tagesgeschäft

reinigungsbetrieben, der Abfallwirtschafts-Union Oberhavel und der Stadtentsorgung Potsdam: Unterschiedliche elektrische Tonnenentleerungssysteme, die auf

dreiachsigen Hybrid-Fahrgestellen montiert sind, werden in Städten und Randlagen erprobt. Ziel ist, die technische Eignung und Wirtschaftlichkeit nachzuweisen.

Was ist bereits geschafft? Wo steht Berlin-Brandenburg? LOBENBERG: Die Region ist Vorreiter. 1.500 Elektroautos sind unterwegs, es gibt mehr als 400 öffentlich zugängliche Ladepunkte und eine enorme Dichte an Forschungseinrichtungen. Natürlich könnte es – wie immer – gerne auch schneller gehen, aber wir sind überzeugt, dass Berlin-Brandenburg den richtigen Weg eingeschlagen hat und bei dem Thema auch in Zukunft international eine wichtige Rolle einnimmt.

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Wirtschaft

Anzeigen-Sonderveröffentlichung | 03. Juni 2014

Keine Frage des Brennstoffs Energieeffizientes Haus mit sorgfältiger Planung elche Technik für Heizung und Warmwasser am besten Umwelt und Geldbeutel gleichermaßen schont, ist eine reine Typfrage. „Wer ein Haus baut oder saniert, muss von den eigenen Bedürfnissen ausgehen und danach die jeweilige Technologie auswählen. Wichtig ist immer eine Beratung im Vorfeld, die diese Frage klärt“, betont Matthias Wagnitz, Referent für Energie- und Wärmetechnik beim Zentralverband Sanitär, Heizung und Klima (SHK). Jeder Verbrauchertyp, so der Experte, kann die für ihn optimal passende Technik finden. „Wer zum Beispiel gerne viel und lange warm duscht und dauerhaft höhere Raumtemperaturen haben möchte, ist mit der Beheizung über ein Be- und Entlüftungsystem eines klassischen Passivhauses nicht gut beraten. Entscheidend zu wissen ist, dass praktisch alle energetischen Standards mit allen Energieträgern erreichbar sind“, sagt Wagnitz. N IEMALS OHNE EINGEHENDE BERATUNG. Wärme und Warmwasser zu sparen und Haus oder Wohnung optimal zu dämmen ist heute ein komplexes Thema: „Eine Lösung nach Schema F für die Sanierung von Altbauten oder die Ausstattung von Neubauten gibt es nicht. Die angebotenen Techniken wirken je nach Baustruktur, Alter und Lage sowie der Nutzung des Gebäudes. Erste Anlaufstelle ist daher immer ein qualifizierter Energieberater oder der SHKFachmann“, so der Experte. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau verlangt zukünftig für ihre finanzielle Förderung, dass in den Planungsprozess ein Sachverständiger eingebunden ist, der sich für die KfW-Energieeffizienz-Expertenliste vorab hat qualifizieren lassen. Wer ein Haus baut, muss sich nach den neuen Regelungen der EnEV richten, deren Vorgaben eindeutig in Richtung Passiv- oder EnergiePlus-Haus weisen.

Effizient aus einer Hand Contracting: Gesamtes Energie-Management für Wohn- und Geschäftsgebäude an Dienstleister übergeben ie perfekte Lösung, um Gebäude jeder Art effizient mit Energie, also mit Heizwärme, gegebenenfalls Kühlung und Heißwasser zu versorgen, erfordert viel Planung, Beratung und Fachwissen. Nicht jeder Wohnungseigentümer, nicht jeder Unternehmer kann dafür Zeit und Aufwand investieren. Contracting heißt die Lösung: Hier überträgt der Gebäudeeigentümer diese Aufgaben auf einen Dienstleister, den Contractor. Der entwickelt ein auf das Gebäude und dessen eventuell bereits vorhandene Technik zugeschnittenes Konzept zur Verbesserung der Energieeffizienz, oder baut gleich ganze Heizungsanlagen ein. Er realisiert Effizienzmaßnahmen, tätigt Investitionen, kümmert sich um Wartung sowie Instandhaltung und liefert die Energie. Dafür bekommt er eine monatliche Abschlagszahlung bestehend aus Grund- und Arbeitspreis, die Investitionskosten sind seine Vorleistung. WOHN- UND GEWERBEOBJEKTE. Die Deutsche EnergieAgentur dena hat seit 2002 Contracting-Projekte an 30 Liegenschaften des Bundes initiiert. Ergebnis: Eine Million Euro Entlastung für den Haushalt und 37 Prozent weniger CO₂-Ausstoß. Die dena wirbt daher ausdrücklich für diese Form des Energiemanagements. Immerhin verbrauchen Wohn- und Gewerbegebäude rund 40 Prozent der Energie weltweit. Saniert man Büro- und Wohnhäuser konsequent nach dem heutigen energetischen Stand der Technik, lässt sich laut einer Studie der Technischen Universität Berlin sowie der Unternehmen Siemens und Vattenfall bis 2037 der Gesamtenergiebedarf der Berliner Häuser um 45 bis 50 Prozent senken. Eine enorme Einsparung, die durch moderne Heizungen, Lüftungen, Klimatechnik, Gebäudeautomation, Dämmungen oder einen Ausbau der Fernwärmeversorgung möglich wird.

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damit die Investition über einen vertraglich festgelegten Zeitraum. Viele Berliner Liegenschaften wurden mit Hilfe dieses Modells bereits saniert“, berichtet Frank Büchner, Regionalleiter Ost bei Siemens.. GANZE QUARTIERE. Schon lange hat die Berliner Gasag Erfahrung mit dieser Art der Dienstleistung: Sie macht das Angebot seit 1995. Zu den Kunden der Gasag Contracting (GC) in Berlin zählen „schon seit langer Zeit die großen städtischen Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsgenossenschaften“. Ganze Quartiere, insgesamt 60.000 Haushalte, werden auf diese Weise rundum betreut. Während die GC zu 80 Prozent Wohnimmobilien versorgt, konzentriert sich die 2007 ins Unternehmen integrierte NGT in Essen auf Gewerbekunden, hauptsächlich Krankenhäuser.

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Kommunen können ihre Gebäude sanieren, ohne Geld für Investitionen in die Hand zu nehmen INTERESSE AUCH VON PRIVATLEUTEN. Die Gasag berichtet, dass auch immer mehr Kleinvermieter, also private Eigentümer von Mehrfamilienhäusern, ContractingDienstleistungen nachfragen. Auch für Eigenheimbesitzer bietet die Gasag ein entsprechendes Produkt. Hier übernimmt der Contractor wiederum die Erneuerung der Heizungsanlage, Finanzierung, Wartung und Reparatur. Zugesagt wird eine Senkung des Energieverbrauchs und weniger CO₂-Ausstoß. „In Berlin stellen wir seit Jahren deutlich steigende Nachfrage an Energiedienstleistungen fest. Immer mehr Immobilienbesitzer wollen zur Energiewende ihren Beitrag leisten“, heißt es bei der Gasag. Vattenfall wiederum bietet neuerdings auch den Einbau von Blockheizkraftwerken in Mehrfamilienhäusern auf dieser Geschäftsgrundlage an: Der Contractor ist Besitzer sowie Betreiber des Haus-Kraftwerks und verkauft Strom und Wärme an die Endverbraucher. IM „KULTURFORUM“ HALBIERT. SiemensManager Frank Büchner sieht im „EnergiesparContracting“ Vorteile nicht nur für Unternehmer und Wohnungswirtschaft, sondern auch für das ENERGIEKOSTEN

Gemeinwesen: „Auch eine angespannte Finanzsituation hindert die Kommune dann nicht daran, in Energiespartechnik zu investieren.“ Mit dem Ziel, rund 200 öffentliche Gebäude energetisch zu sanieren, entstand eine Partnerschaft der Stadt Berlin mit Siemens. Das Unternehmen ermittelte für Schulen, Kindergärten, Sporteinrichtungen, Justizgebäude und Universitäten die Energie- und Betriebskosteneinsparungen und übernahm die Modernisierung. Die Investitionskosten von insgesamt etwa 22 Millionen Euro finanziert die Stadt Berlin in Raten über die vertraglich garantierten Einsparungen ‒ also ohne selbst Geld in die Hand nehmen zu müssen. Insgesamt ergeben sich Energiekosteneinsparungen von jährlich etwa 4,7 Millionen Euro ‒ und 30.000 Tonnen weniger CO₂-Emissionen. Mit der Ersparnis werden über eine Laufzeit von zwölf Jahren die Investitionskosten getilgt. Mittlerweile sind etliche Gebäude, etwa die Universität der Künste, mit neuen Heizungssystemen, Lüftungs- und Klimaanlagen und zentraler Gebäudeleittechnik ausgestattet. Ein gutes Beispiel ist auch das „Kulturforum Potsdamer Platz“. Hier wurden in zwölf Monaten sieben Gebäude im laufenden Betrieb energetisch modernisiert und so Energiekosteneinsparungen von fast 50 Prozent erzielt. Die Vertragslaufzeit beträgt zehn Jahre. „Danach sind alle Investitionen über die garantierten Kosteneinsparungen refinanziert. Alle weiteren Einsparungen entlasten dann zu 100 Prozent den Haushalt des Auftraggebers, der Stiftung Preußischer KulturbeFrauke Wolf sitz“, sagt Büchner.

i D RUM PRÜFE ... Da Contracting-Verträge naturgemäß sehr langfristig angelegt sind, empfehlen die Verbraucherzentralen gründliche Prüfung nicht nur des Vertragspartners, sondern auch der Bedingungen. Ins Gerede kamen einige Anbieter vor allem wegen undurchsichtiger Preissteigerungs-Klauseln und überhöhter Rückkaufswerte für die Anlagen am Ende der Laufzeit.

MIT SMART GRID VERBUNDEN. Mit intelligenten Zählern oder durch Netzautomationssysteme können Gebäude auch mit einem Smart Grid verbunden werden. Je nach Stromangebot können so die Stromverbraucher wie zum Beispiel Klimaanlagen gesteuert werden. Fahrstühle können je nach Stromangebot langsamer oder schneller fahren ‒ ohne dass die Fahrgäste davon viel merken. Da viele Bauherren oder Eigentümer die Kosten scheuen oder nicht für sie aufkommen können, sind die Contracting-Modelle der Technologie- oder Versorgungsunternehmen eine praktische Lösung. „Dabei braucht der Kunde kein Geld für die Erstinvestitionen in die Hand zu nehmen ‒ er spart Energie und Kosten und finanziert

DÄMMUNG UND HEIZUNG AUS EINEM GUSS. Wichtig bei der Wahl der geeigneten Haustechnik ist vor allem, dass diese mit den Dämm-Maßnahmen Hand in Hand gehen. Wer zum Beispiel ein Gebäude nur dämmt, gleichzeitig aber die Heizung nicht anpasst, hat unnötige Verluste bei der Wärmeerzeugung ‒ und umgekehrt. Fußbodenheizungen finden viele Menschen höchst angenehm und komfortabel. Aber: „Durch die dicke Estrichschicht sind sie schwerer zu regulieren“, so Wagnitz. Für Gebäude, die hohen Energiespar-Standards entsprechen, kommen grundsätzlich eher Systeme mit Heizkörpern in Betracht. „Hier kann durchaus auch mit Öl geheizt werden“, so Wagnitz. Infrage kommen aber genauso auch die CO₂-neutralen Pelletheizungen, komfortable Erdgassysteme, moderne Wärmepumpen oder Solarsysteme. Öl und Pellets erfordern allerdings Platz für die Lagerung. Außerdem sollte bei Totalsanierungen oder Neubau wenigstens eine Abluftanlage installiert werden, damit der Luftaustausch in einem gut gedämmten Haus funktioniert. (TvU) 8 www.energiefoerderung.info

Solarzellen

Dach wird gedämmt und mit modernen Ziegeln gedeckt

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liefern Strom für Warmwasser und Heizungsbetrieb

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sind mindestens doppelt, besser dreifach verglast

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Dämmung

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hält die Wärme an den Außenmauern drinnen

+ Lüftung sorgt für gutes Klima im perfekt gedämmten Haus

Heizung

sollte gut auf individuelle Gewohnheiten angepasst sein


Energie

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70 Tonnen CO₂ bläst ein mittelgroßer Club Jahr für Jahr in die Atmosphäre – daran lässt sich etwas ändern

STROM VOM DACH FÜR MIETER. Die Energiewende 2.0 vollzieht aktuell auch die kommunale „Stadt und Land“-Wohnbauten-Gesellschaft mbH mit ihrem Projekt „ZuhauseStrom“. Das Unternehmen geht davon aus, dass auch Mieter von im eigenen Wohngebäude erzeugtem Ökostrom profitieren können. Im Gelben Viertel in Berlin-Hellersdorf wurde seit 2012 auf 50 Mietshäusern, in denen rund 3.000 Mietparteien leben, die größte Photovoltaikanlage auf deutschen Wohngebäuden installiert. Der produzierte Sonnenstrom wird vom Energieanbieter „LichtBlick“ mit zertifiziertem Ökostrom zu einem preisgünstigen ZuhauseStrom-Tarif gebündelt. ATTRAKTIVE NEUERUNGEN. Die Mieter zahlen dafür einen geringeren Preis als für herkömmliche Stromtarife, die Allgemeinheit wird entlastet, weil der Strom nicht ins Netz eingespeist wird. Damit entfällt die umlagefinanzierte Förderung. Ingo Malter, Geschäftsführer der „Stadt und Land“: „In der Wohnungswirtschaft wird seit Jahren über Mieterstrom diskutiert. Wir setzen diese Neuerung um. Für unsere Mieter ist es nicht nur finanziell attraktiv, den Solarstrom vom Dach zu beziehen. Auch die Attraktivität des Standorts steigt.“ Tanja Unger

Feiern für den Klimaschutz K limaschutz steht ganz oben auf der Agenda vieler Berliner Unternehmen. In diesem Jahr bewarben sich immerhin 27 Projekte um die begehrte Berliner Auszeichnung „KlimaSchutzPartner des Jahres 2014“: Nullemissionshäuser, ressourcensparende IT-Angebote, innovative Gebäudehüllen, effiziente Brennwerttechniken oder völlig energieautarke Systeme ‒ die Projekte demonstrieren, wie Klimaschutz im Kleinen und Großen funktioniert. EIS AUS SONNE. Zum wiederholten Mal gewann die Firma Florida Eis Manufaktur GmbH, die seit 1927 in Spandau Eis herstellt, mit ihrer neuen, ganzheitlich CO₂freien Produktionsstätte. Mit Photovoltaik

BILD: THINKSTOCK.COM

Mit ungewöhnlichen Ideen setzen Unternehmen ihre ganz eigene Energiewende um und Windkraft, Ökostrom sowie einem begrünten Dach nimmt die Firma ihren Slogan „Wir machen aus Sonne Eis“ wörtlich. Gewinner in der Kategorie „Erfolgversprechende innovative Planungen“ waren die Ziegert, Roswag und Seiler Architekten, die für das international agierende Berliner Unternehmen Flexim GmbH ein neues Firmengebäude in Berlin-Marzahn konzipiert haben. „Das Gebäude ist in wirtschaftlicher Hybridbauweise mit überdurchschnittlich gedämmten, raumabschließenden Bauteilen geplant. Es kommen möglichst CO₂-neutrale Baustoffe wie Holz und Cellulose zum Einsatz“, erklärt Architekt Eicke Roswag. CLUBSZENE SPART RESSOURCEN. Die Initiative Clubmob.Berlin erhielt einen Sonderpreis für die Übertragung des „Carrotmob“-Prinzips in die Berliner Clublandschaft. Beim „Carrotmob“ werden an ausgewählten Nächten die Gewinne in Energieeffizienzmaßnahmen investiert. Die deutsche Clubszene zählt aktuell mehr als 5.500 Veranstaltungsorte. Der CO₂-Ausstoß eines mittelgroßen Clubs beträgt 70 Tonnen pro Jahr. Schon durch kleine Veränderungen, wie der Reduktion des Strom- und Wasserverbrauchs, den Einsatz energieeffizienter Technik für Licht, Kühlung und Abfallentsorgung können enorme CO₂- und Kosteneinsparungen erzielt werden. Aber wie schafft man es einen Clubbetreiber für Energieeffizienz zu begeistern? „Man stellt ihm in Aussicht, an einem Abend schiere Massen an Feierwütigen in seinen Club zu locken. Im Gegenzug verpflichtet er sich dazu, einen Anteil des Gewinns von diesem Abend in ressourcensparende Maßnahmen zu investieren“, so die Initiative.

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B ETRIEBE

Bislang setzen nur 14 Prozent der deutschen Unternehmen auf ein betriebliches Energiemanagement, bemängelt die Deutsche Energie-Agentur. Sie zeichnet herausragende Energieeffizienz-Aktivitäten mit dem Label „Best Practice Energieeffizienz“ aus. Zudem gibt es den international ausgeschriebenen und mit 30.000 Euro dotierten Energy Efficiency Award. Dafür können sich Unternehmen bis 30. Juni 2014 bewerben – www.dena.de

Eine Legende kehrt zurück: Alte Braukunst, selbstgebrautes Bier, gutes Essen! Und aktuell: Großer Biergarten mit Public Viewing zur Fußball-WM! Schönhauser Allee 176 | U2 Senefelderplatz www.pfefferbraeu.de | reservierung@pfefferbraeu.de

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