Morgenland Festival Osnabrück 2008

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19. September bis 5. Oktober 2008


Das Morgenland Festival Osnabrück wird gefördert durch folgende Stiftungen, Institutionen und Sponsoren:

V E R A N S TA LT U N G S O R T E > Cinema-Arthouse Erich Maria Remarque-Ring 16, Osnabrück, Tel. 0541 600650 > Evangelische Kirche An der Holter Kirche 3, Bissendorf-Holte > Forum am Dom Große Domsfreiheit 14, Osnabrück > Haus der Jugend Große Gildewart 6-9, Osnabrück > Lagerhalle Rolandsmauer 26, Osnabrück, Tel. 0541 338740 > Marktplatz Markt, Osnabrück > OsnabrückHalle Schlosswall 1-9, Osnabrück, Tel. 0541 349024 > Rathaus Markt, Osnabrück > St. Marien Markt, Osnabrück > St. Petrus Dom zu Osnabrück Hasestraße 40 A, Osnabrück

I M P R E SS U M Veranstalter: Stadt Osnabrück, Fachbereich Kultur, Marienstraße 5-6, 49074 Osnabrück Lagerhalle e. V., Rolandsmauer 26, 49074 Osnabrück Kooperationspartner: Damascus – Arab Capital of Culture 2008 · Barenboim-Said-Music-School Nazareth Institut für Musik der Fachhochschule Osnabrück · Musik- und Kunstschule Osnabrück FOKUS e.V. · Osnabrücker Friedensgespräche · Fachhochschule Osnabrück, Abt. Lingen Osnabrück – Marketing und Tourismus GmbH · Pieter van Huystee-Film Amsterdam Haus der Jugend Osnabrück · Konsession Bigband Konzeption & Künstlerische Leitung: Michael Dreyer Produktionsleitung: Martin Schmeing Festivalteam: Britt Bartel, Norbert Hanesch, Stefanie Heipcke, Claudia Kastner, Jens Meier Festivalbüro: Friedrichstraße 11, 49076 Osnabrück, info@morgenland-festival.com Internet: www.morgenland-festival.com Redaktion: Nadja Kayali Pressearbeit: Presseamt der Stadt Osnabrück, Michael Dreyer, Stefanie Heipcke Marketing/PR: Sven Christian Finke, Osnabrück – Marketing und Tourismus GmbH Gestaltung: bvw werbeagentur Unser besonderer Dank gilt: Amir Hossein Ahooie, Norbert Hanesch, Pegah Vil Medienpartner:

Internationaler Kulturpartner:

Bildnachweise: S. 16: Ulla Kimmig; S. 17: Georg Schreiber (Frank Cramer), Monika Rittershaus (Saleem Abboud Ashkar); S. 19, 21, 23, 24: PR Damascus Kulturhauptstadt; S. 20: Claudio Lind; sowie Fotos von Philippe Frese und Michael Dreyer. Bei Nachweis berichtigter Ansprüche werden diese vom Morgenland Festival Osnabrück abgegolten. Textnachweise: Die Beiträge von Jörg Christian Schillmöller und Shahram Ahadi sind Originalbeiträge für dieses Heft, ebenso der Text von Jumana Al Yasiri, der von Angelika Gokesch und Nadja Kayali ins Deutsche übersetzt und bearbeitet wurde. Der Text von Cécile Boëx wurde von Angelika Gokesch übersetzt. Seite 18: Shahram Ahadi; Seite 22: Nadine Giese, Seite 26: Claudia Ott Alle übrigen Beiträge von Nadja Kayali


Programm

Ensemble Wogoh

Gold auf Lapislazuli

Traditionelle arabische Musik Mittwoch, 24. September 2008 20.00 Uhr Lagerhalle Osnabrück

Arabische Liebeslyrik mit Claudia Ott und Bassem Hawar Mittwoch, 1. Oktober 2008 20.00 Uhr Lagerhalle Osnabrück

Déjà vu – Ein Theaterdialogprojekt Ulla Kimmig: Iran. Stillstand oder Aufbruch Fotoausstellung 19. September bis 5. Oktober 2008 16.00 Uhr Lagerhalle Osnabrück

Eröffnungskonzert Salar Aghili (Gesang) Saleem Abboud-Ashkar (Klavier) Kinan Adnawi (Oud) Münchner Rundfunkorchester Leitung: Frank Cramer Freitag, 19. September 2008 20.00 Uhr OsnabrückHalle

Rockmusik in Iran Vortrag und Diskussion über iranische Rockmusik mit Shahram Ahadi Samstag, 20. September 2008 16.00 Uhr Lagerhalle Osnabrück

Kiosk & Dash Samstag, 20. September 2008 20.30 Uhr Lagerhalle Osnabrück

Syrian Big Band Open Air Leitung: Hannibal Saad Sonntag, 21. September 2008 19.30 Uhr Marktplatz Osnabrück

Komponistenportrait Nouri Iskandar Dienstag, 23. September 2008 20.00 Uhr St. Marien Osnabrück

Donnerstag, 25. September 2008 20.00 Uhr Haus der Jugend Osnabrück

Schülerkonzert Schüleraustausch der BarenboimSaid-Music-School und der Musik&Kunstschule Osnabrück Freitag, 26. September 2008 19.00 Uhr Evangelische Kirche Bissendorf-Holte

Syrische Filmreihe Samstag, 27. September 2008 15.00, 17.30 und 22.30 Uhr Cinema-Arthouse, Osnabrück

Under the Sky of Damascus Syrischer Stummfilm aus den 30er Jahren mit Live-Musik Sonntag, 28. September 2008 20.00 Uhr Lagerhalle Osnabrück

Isolation oder Wandel durch Annäherung? Podiumsdiskussion mit Henryk M. Broder, Christiane Hoffmann und Martin Ebbing Moderation: Rainer Burchardt Dienstag, 30. September 2008 20.00 Uhr Lagerhalle Osnabrück Damaskus, die Kulturhauptstadt der Arabischen Welt 2008, ist offizieller Kooperationspartner des diesjährigen Morgendland Festivals Osnabrück.

Dokumentarfilme Über die Zusammenarbeit des Teheraner und des Osnabrücker Sinfonieorchesters Donnerstag, 2. Oktober 2008 20.00 Uhr Lagerhalle Osnabrück

Musikprogramm des Morgenland Festivals zu den Osnabrücker Friedensgesprächen Freitag, 3. Oktober 2008 10.00 Uhr Friedenssaal Rathaus Osnabrück

Klavierabend mit S ¸ evki Karayel (Klavier) Freitag, 3. Oktober 2008 18.00 Uhr Friedenssaal Rathaus Osnabrück

Orientation Samstag, 4. Oktober 2008 20.30 Uhr Lagerhalle Osnabrück

Musik im Islam Vortrag von Vladimir Ivanoff Sonntag, 5. Oktober 2008 11.30 Uhr Forum am Dom Osnabrück

J. S. Bach: Johannespassion Osnabrück-Teheran-Kammerorchester, Osnabrücker Jugendchor, Solisten Leitung: Johannes Rahe Sonntag, 5. Oktober 2008 14.30 und 20.30 Uhr St. Petrus Dom zu Osnabrück


GRUßWORT DES BUNDESMINISTERS DES AUSWÄRTIGEN, DR. FRANK-WALTER STEINMEIER, SCHIRMHERR DES „MORGENLAND FESTIVALS OSNABRÜCK 2008“

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om Geheimtipp zur Tradition: Musik- und Kulturbegeisterte aus aller Welt freuen sich darauf, dass das „Morgenland Festival Osnabrück“ endlich wieder seine Pforten öffnet. Die Veranstalter und die Stadt Osnabrück führen ihre gute Tradition fort und laden Sie mittlerweile zum vierten Mal herzlich ein, sich mit der in Deutschland noch immer weitgehend unbekannten Musikkultur des Nahen und Mittleren Ostens vertraut zu machen. Wer bei uns kennt den iranischen Komponisten Nader Mashayekhi, wer hat schon einmal die Syrian Big Band, die einzige Bigband in der arabischen Welt, erlebt? Sicherlich die wenigsten von uns. Das ist doppelt schade. Denn es ist Kulturgenuss auf höchstem Niveau. Und die Künstlerinnen und Künstler sind uns ganz nah. Sie kommen aus unserer Nachbarschaft. Aus einer Region allerdings, von der wir leider noch immer viel zu wenig kennen. Oder wussten Sie, dass Damaskus, der offizielle Kooperationspartner des diesjährigen Festivals, nicht nur als eine der ältesten besiedelten Städte der Welt gilt, sondern 2008 auch „Kulturhauptstadt der Arabischen Welt“ ist? Kultur macht neugierig auf Anderes und auf den Anderen. Das Morgenland Festival ist damit eines der Beispiele für den so wichtigen interkulturellen Dialog. Wir legen mit ihr schon heute den

ch freue mich darüber, dass das Morgenland Festival nun schon zum 4. Mal in der Friedensstadt Osnabrück stattfindet. In dieser kurzen Zeit hat sich dieses Festival in ganz Deutschland ein vorzügliches Renommee erarbeitet und einen festen Platz im Osnabrücker Kulturleben erobert. Und so gehören die Konzerte der ‚MorgenlandMusiker’ zu den Höhepunkten des Osnabrücker Kulturkalenders, die ein interessiertes Publikum aus nah und fern anlocken.

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Grundstein für eine sichere und friedliche Zukunft. Denn Isolation war noch nie Garant für Fortschritt. Aus diesem Grunde ist die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik eine wesentliche Säule unserer Außenpolitik. Kultur ist der Schlüssel zu gegenseitigem Verständnis, zu Toleranz und Achtung voreinander. Heute, in einer zusammenwachsenden und vielfach nüchternen Welt, kommt ihr mehr denn je eine überragende Rolle zu. Vor allem dann, wenn es darum geht, Brücken über Grenzen hinweg zu schlagen. Künstlerinnen und Künstler waren dazu schon immer in der Lage. Egal, woher sie kommen, welche Sprache sie sprechen oder welche Staatsangehörigkeit sie haben. Das alles ist Humus für einen intensiven politischen Dialog, der auch schwierige Themen nicht ausspart. Allen, die zum Gelingen des Morgenland Festivals beigetragen haben, sind wir von Herzen dankbar für ihr großes Engagement. Wir erleben hier aufs Neue, dass es die Zivilgesellschaft ist, die für die internationale Verständigung immer wichtiger wird. Daher habe ich sehr gerne die Schirmherrschaft für das Morgenland Festival übernommen. Auch dieses Jahr erwarten Sie viele kulturelle Höhepunkte. Spüren Sie erneut die Begeisterung und die Faszination, die von diesem Ereignis ausgehen!

Dr. Frank-Walter Steinmeier Bundesminister des Auswärtigen

Eigentlich hat das diesjährige Morgenland Festival bereits im August begonnen, als nämlich in Teheran Osnabrücker und Iraner Musiker gemeinsam während der „Tehran Summer Academy“ die bachsche Johannespassion gespielt haben. Dieses Konzert war eine Premiere im Iran und hat ein großartiges Echo hervorgerufen. Es verdeutlicht das Interesse der Iraner an der Kultur des Abendlandes. Umgekehrt belegt das Morgenland Festival in Osnabrück das Interesse der


West-Europäer an der Kultur des Morgenlandes. Ich freue mich daher insbesondere auch darüber, dass dieses deutschiranische Ensemble die Johannes-Passion auch in Osnabrück aufführt. Die Musik ist ein wunderbares Medium, weil es den Dialog zwischen den Kulturen ermöglicht, fördert und bereichert. Diese Möglichkeit nutzen auch in diesem Jahr wieder Musikschüler aus Nazareth und Osnabrück, die gemeinsam während des Morgenlandfestivals proben und konzertieren. Gespannt dürfen die Osnabrücker auch auf Jazzmusiker aus Syrien sein, die auf dem Marktplatz spielen. Außerdem erarbeiten Theaterstudenten aus Lingen und Teheran ein gemeinsames Werk. Ich danke allen Förderern, Sponsoren und Kooperations-

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ebruar 2008: ich habe einige Tage in Dubai und Oman verbracht, in der Hoffnung, sowohl Künstler als auch finanzielle Mittel für das diesjährige Festival finden zu können. Dubai: die neue Mega-Metropole, in der es eigentlich nur im Januar und Februar erträglich ist, weil danach die Hitze alles Leben zu ersticken droht – hypermodern, Skipisten in den Shopping Malls, Skyscraper, die an New York und Singapur erinnern. Gewachsene Kultur ist kaum zu finden. Wenn ich einen je Kulturschock erlitten habe irgendwo zwischen dem Libanon und Kaschmir, dann war es in Dubai. Abends fliege ich von hier nach Damaskus und ein unbeschreibliches Gefühl der Erleichterung überkommt mich bei der Ankunft. Jeder Winkel in dieser Stadt atmet dreitausendjährige Geschichte und Kultur. Größere Gegensätze als Dubai und Damaskus kann es nicht geben. Vielleicht ist „Kulturschock“ gar nicht das passende Wort, vielleicht müsste es „Un-Kulturschock“ heißen? Es ist eine quasi-körperliche Erfahrung, die aber auch wohltuend ist, da sie den essenziellen Wert von Kultur wieder in Erinnerung ruft. Damaskus ist die Kulturhauptstadt der Arabischen Welt 2008, und ich freue mich sehr, dass wir in diesem Jahr einen ganzen Programmblock „Damaskus in Osnabrück“ präsentie-

partnern des 4. Morgenland Festivals. Ohne ihre Unterstützung hätte diese Konzertreihe in der Friedensstadt Osnabrück nicht stattfinden können. Dass Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des Auswärtigen, erfreulicherweise wieder die Schirmherrschaft übernommen hat, unterstreicht die Bedeutung und Strahlkraft des Festivals, dessen Schwerpunkt in diesem Jahr Damaskus, die Kulturhauptstadt der Arabischen Welt ist. Mein besonderer Dank gilt dem künstlerischen Leiter Michael Dreyer, der mit seiner Kreativität und seinem diplomatischen Geschick das aufregende Programm dieses mitreißenden Festivals ermöglicht hat.

Boris Pistorius Oberbürgermeister

ren können; von traditioneller Musik mit dem Ensemble Wogoh bis zur Syrian Big Band, einem der derzeit spannendsten und erfolgreichsten syrischen Musikereignisse. Besonders glücklich bin ich darüber, dass aus den Projekten der letzten Jahre feste Brücken gewachsen sind. Selbst ohne das Morgenland Festival Osnabrück wäre sicherlich der Kontakt zwischen den Musikern der Osnabrücker und Teheraner Sinfonieorchester nicht mehr wegzudenken. Gleiches gilt für den Austausch zwischen den Musikschulen in Nazareth und Osnabrück. Das Festival war hier nur Impulsgeber. Das möchte das Morgenland Festival bleiben: ein Katalysator für den Austausch zwischen der östlichen und der westlichen Welt, die immer als größte Gegensätze dargestellt werden, sich aber bedeutend näher liegen als uns oft glauben gemacht wird. Ich wünsche Ihnen spannende und beglückende Momente der Orientierung, denn „sich orientieren“ heißt im eigentlichen Wortsinn „nach Osten schauen“. Herzlich

Michael Dreyer Künstlerischer Leiter


Der Klang des Morgenlandes – unterwegs in Teheran und Damaskus VON JÖRG-CHRISTIAN SCHILLMÖLLER

Linien leider kein Klischee. Hunderttausende Menschen fahren in Teheran Taxi: es gibt weiße, gelbe, schwarze, grüne, alte, neue, kleine, große und – ganz wichtig – billige und teure. Der Smog ist so dicht, dass die Augen spätestens am Nachmittag zu brennen beginnen. Nein, schön ist Teheran, anders als Isfahan oder Shiraz, gewiss nicht. Die Arbeit in Iran läuft gut. Die eigenen Vorurteile halten

Der erste Moment, der im Gedächtnis bleibt: Kurz vor

nicht lange, etwa dieses: „In einem streng islamischen Land

der Landung in Teheran verschwinden die Haare der Frauen.

ist Musik ein Problem, wie soll es da glückliche Musiker ge-

Allenthalben werden Kopftücher aus Handtaschen genommen

ben?“. In Wirklichkeit hat Teheran ein enormes musikalisches

und umgebunden. Der Flughafen könnte überall in der Welt

Potenzial – trotz der engen roten Linien, die der Staat zieht.

stehen: Ein glitzerndes Terminal, viel Glas und Licht. „Sehr

Rock, Pop, Rap, Heavy Metal, Traditionsmusik, Klassik,

westlich“, denke ich, denn ich hatte – ganz stereotyp – etwas

Fusion, alles da. Die Rockband DASH, die in Osnabrück beim

„Älteres“, „Orientalischeres“ erwartet. Eine lange Fahrt über

Festival auftritt, treffe ich im Keller, mehr Untergrund geht nicht.

breite, leere Autobahnen, dann sind wir plötzlich mitten im

Ein winziger Probenraum tief unter der Straße, drei gut gelaun-

abendlichen Teheran. Hier geht es immer bergauf. Die Millio-

te Musiker. Oder der Gitarrist FARZAD GOLPAYEGANI: Er emp-

nenstadt zieht sich kilometerlang an den Hängen des Alborz-

fängt uns in seinem 15 Quadratmeter großen Reich, wo er mit

Gebirges empor, das Teheran vom Kaspischen Meer trennt.

sechs Musikern „Iranian Progressive Metal“ spielt – auf Zim-

Wir schlafen im Deutschen Archäologischen Institut, einer ein-

merlautstärke.

gezäunten Oase im Stil der Siebziger Jahre auf dem Gelände der deutschen Botschaftsresidenz. Eine Bibliothek, eine Terrasse, eine große Küche und rundherum Bäume. Es ist Mitternacht, und ich bin für den Deutschlandfunk nach Iran gereist; unsere Medienpartnerschaft mit dem Osnabrücker MORGENLAND FESTIVAL wird lebendig. Sechs Wochen hat es gedauert, bis ich das Pressevisum bekam – sechs Wochen, die Geduld, Nerven und Diplomatie erforderten. Die offizielle Pressekarte vom „Ministerium für Kultur und islamische Führung“ muss ich später kein einziges Mal vorzeigen. Aber ich bearbeite ja auch nicht das Übliche wie „Uran-Anreicherung“ oder „Opposition“. Mein Thema ist die Musik. Interviews in Teheran: Wie viele schafft man an einem Tag? Realistisch sind zwei Gespräche, denn die meiste Zeit beansprucht das Taxifahren von A nach B. Die berüchtigten Staus sind angesichts von gerade einmal zwei U-Bahn> Jörg Schillmöller im musikalischen Interview mit Salar Aghili


Anders SALAR AGHILI, der Traditions-Sänger, der entgegen

Schauspiel-Studenten des dritten Jahres bei einer Probe von

den Gepflogenheiten konsequent Krawatte trägt: Er hat sogar

Gogols „Revisor“. Es geht um Korruption, den jungen Leuten

ein winziges Studio mit Blick über Teheran. Auch er wird zu Gast

macht die Arbeit großen Spaß. Was ist mit der Zensur, frage ich?

sein in Osnabrück und dort zur Eröffnung des Festivals am

Schließlich gilt Syrien nach wie vor als autoritäres Regime. Das

19. September eine Sinfonie des Komponisten NADER MASHA-

mit der Zensur sei ein Problem, erfahre ich, aber ebenso schwer

uraufführen: SALAR AGHILI bringt persisches Erbe und

wiege eine Art wirtschaftliche Zensur: Die Theater im Land

Gegenwart zusammen. Überhaupt ist der Besuch bei ihm einer

leiden unter dem Sog des Fernsehens. Dort gibt es mehr Geld

der schönsten Momente der Reise: AGHILI singt vom Meer, spielt

und mehr Publicity. Das klingt bekannt. Doch HANNAN KASSAB

YEKHI

dazu auf der Setar – einer Langhals-Laute –, während seine Frau

HASSAN, die Generalsekretärin des Kulturhauptstadt-Projektes,

HARIR die Daf, eine große Schellentrommel – durch die Luft

ist optimistisch: „Wir haben ein enormes Potenzial“, sagt sie,

fliegen lässt. Für solche Momente hat sich der Kampf um das

„die Welt muss es nur erfahren“. Aber genau das geschieht ja in

Visum bereits gelohnt.

Osnabrück.

Dann sitze ich wieder im Flugzeug und freue mich auf die

Die Altstadt von Damaskus: Hier atmet jeder Winkel 3000

„Arabische Kulturhauptstadt 2008“. Schon der Prophet

Jahre Geschichte, und in den Souks wird man als Tourist noch

Mohammed soll Damaskus schließlich als irdisches Paradies

in Ruhe gelassen. Es lässt mich nicht los, das Gewimmel von

bezeichnet haben. Als er einst die Vororte erreichte, sagte er der

Gassen und Läden rund um die riesige Ummayaden-Moschee.

Legende nach: „Ich will nur einmal ins Paradies!“ Er entschied

Immer wieder kehre ich zurück, spaziere umher, kaufe Seife aus

sich für das Jenseitige und machte kehrt. Ich bin weniger

Aleppo, frische Gewürze und warme Teigschiffchen mit Käse-

willensstark und fahre vom Flughafen in die Stadt.

füllung, direkt aus dem Fenster der Backstube. Herrlich. Ich

Die syrische Musik ist nicht leicht zu finden. Hier in Damas-

erlebe ABU SHADI, den vielleicht letzten Geschichtenerzähler der

kus, sagt der CD-Händler VAEL im Viertel Bahsa, hört eben je-

Stadt, und lasse mir vom Architekten OMAR MADANI auf

der FAIRUZ. Die Sängerin ist eine Ikone in der arabischen Welt,

Deutsch die Geheimnisse der alten Familienhäuser mit ihren

stammt aber aus dem Libanon. Für das „Kulturhauptstadt“-

großen Innenhöfen erklären. Das Aufnahmegerät läuft pausen-

Projekt hat sie zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder in

los. Dann stehe ich in der Abenddämmerung auf dem Qassioun-

Damaskus gesungen. Das war angesichts der komplizierten Be-

Berg und habe endlich einen Überblick. Es ist die perfekte Aus-

ziehungen zwischen Syrien und Libanon lange Zeit ein Tabu.

sicht auf Damaskus. Der Traum ist erst vorbei, als ich wieder

Oder AMR DIAB: auch der Ägypter ist in Damaskus sehr popu-

ins Flugzeug steige. „Grüß Gott und willkommen bei Austrian

lär. Von westlichen Namen wie BEYONCÉ, RIHANNA oder den

Airlines“, sagt eine blonde Stewardess in einer roten Uniform,

PUSSY CAT DOLLS ganz zu schweigen. Doch VAEL enttäuscht uns

und ich bin zurück in Europa. Wir heben ab, und ich denke

nicht: NOURA RAHAL, sagt er triumphierend und zieht eine CD

plötzlich an RAFIK SCHAMI, den Autor und Exil-Syrer. Er schrieb

hervor. „Und ASALA! Die sind original syrisch!“.

einmal voller Sehnsucht: „Es gibt auf der ganzen Welt keinen

Ein riesiger Kreisverkehr, daneben die große Oper und das „Hohe Institut für dramatische Kunst und Musik“. Lautes Vogelgezwitscher, aus den Fenstern der Klang von Klavier, Cello und Violine. Der Bassist KHALED rappt mir spontan ein selbst geschriebenes Lied ins Mikrofon, danach beobachte ich die

schöneren Ort als die Altstadt von Damaskus.“ Wie wahr. R JÖRG-CHRISTIAN SCHILLMÖLLER ist Mitarbeiter des Deutschlandfunk und begleitete den künstlerischen Leiter des Morgenland Festival Osnabrück, Michael Dreyer, zehn Tage in Teheran und Damaskus.


Anfänge der iranischen Undergroundmusik

musiker konnten ihre Lust nach westlicher Rockmusik dank Schmuggelaktionen (organisiert und durchgeführt durch Mitarbeiter der Fluggesellschaften und Flughafens) stillen. ARASH SOBHANI, der 37jährige Sänger der Kult-Band KIOSK erzählt von

SHAHRAM AHADI

seiner Traurigkeit, als einmal eine dieser Aktionen aufflog und Wie vieles andere hat auch die iranische Underground-

die gewünschte musikalische Ware nicht ihr Ziel erreichte.

musikszene klein angefangen. Es mag zwanzig Jahre her sein,

BABAK AKHOUNDI, Gitarrist einiger iranischen Rockbands und

als sich junge Rock-Orientierte Hobbymusiker in Garagen oder

der selben Generation zugehörig, spricht von seinem vorsichti-

Kellern trafen, um zusammen Coverversionen bekannter Rock-

gen Musikkonsum: „Da man damals keine laute Musik hören

stücke zu spielen und kleine Auftritte vor privatem Publikum zu

konnte und wir auch keine Kopfhörer hatten, stellte ich die An-

organisieren. Es war gegen Ende des

lage ganz leise, drückte ein Ohr ge-

Iran-Irak-Krieges. Der Staat hatte der

gen den Boxen und auf das andere

Musik einen Maulkorb verpasst. Er

Ohr ein Buch, damit ich die Musik

wurde zwar ab und an gelockert und

in all seinen Elementen hören und

vielleicht mal kurz abgenommen, ver-

speichern konnte.“

zichtet auf ihn haben die Machthaber

In den neunziger Jahren, insbe-

jedoch nie. Bis heute nicht, selbst wenn

sondere zu Zeiten des moderaten

man weiß, dass dank Satelliten und In-

Präsidenten KHATAMI, erlebte das

ternet alles zur Verfügung steht, was

kulturelle Leben des Landes einen

das Herz der Musikfans begehrt. Nach

neuen Aufschwung. Auch in Sachen

der islamischen Revolution (1979)

Musik machte Iran neue Erfahrun-

fand die traditionelle iranische Musik

gen. Man fing an der Popmusik

am schnellsten Zugang in die Gesell-

mehr Raum und Freiheit zu gewäh-

schaft. Mit der Zeit trauten sich wie-

ren. Um bekannten iranischen Pop-

der traditionelle Musiker mit ihren

stars im LA-Exil entgegenzuwirken,

Instrumenten auf die Straße. Selbstver-

ja mit ihnen sogar zu wetteifern,

ständlich ist hier die Rede vom Tragen

wurden immer mehr Sänger in Sze-

der Instrumente und nicht vom Spielen

ne gesetzt, deren Stimmen den Exil-

auf der Straße.

stars verblüffend ähnlich waren. Da

Während die traditionelle Musik des Landes sich dank der gewonnenen

> Arash Sobhani von KIOSK

Frauensologesang in Iran verboten ist, betraf diese Entwicklung nur die

Freiheit, wenn auch eingeschränkt, neu zu orientieren versuch-

männlichen Stars. Ende der neunziger Jahre versuchten auch ei-

te und mit der Zeit jeden Geschmack zu bedienen suchte, be-

nige Rockmusiker ihr Glück und veröffentlichten ihre Alben auf

friedigte die in Los Angeles und im amerikanischem Exil produ-

offiziellem Wege. Ein bemerkenswertes Album jener Zeit ist das

zierte Popmusik den Durst der Popfans. Popmusik als Schmug-

1999 erschienene »Ab-o-Atash« (Wasser & Feuer) der Pop-

gelware: im Westen kaum vorstellbar. Auch die besagten Hobby-

Rock Band ÂVAR, das 1999 erschien. Auch zwei Mitglieder der


Kultband KIOSK hatten bei diesem Album mitgewirkt: ARASH

eine iranische Note, ja eine iranische Identität zu verleihen.

SOBHANI, der Songwriter und Sänger von KIOSK und SHAHROUZ

RAZ-E SHAB wurde zum Inbegriff einer neuen Musikrichtung.

MOULAI, der Drummer der Band. Die Songtexte dieses Albums

Auch hier waren ARASH SOBHANI und SHAHROUZ MOULAI von

handeln von Liebe, Freundschaft und Natur. Auch wenn dieses

der Band KIOSK stark beteiligt. Allerdings löste sich RAZ-E SHAB

Album nicht die ihm gebührende Anerkennung fand, so war es

nach einiger Zeit auf.

doch ein wichtiger Schritt, persische Sprache mit Rock zu versöhnen.

In der jungen Geschichte der iranischen Rockmusik spielt das Internet die zentrale Rolle. Es machte 2002 eine der wichtigs-

Ein Meilenstein in der iranischen Rockmusik stellt die 1999

ten Aktionen der iranischen Undergroundmusik überhaupt

formierte BAND O-HUM (Illusion) um das Multitalent SHAHRAM

möglich: das Internetwettbewerb UMC (UndergroundMusic-

SHARBAF dar, die mit der Verknüpfung von Rockmusik mit Ele-

Competion). An der Aktion die u. a. von der Website Teheran

menten traditioneller iranischer Musik und Gedichten des klas-

Avenue organisiert und veranstaltet wurde, waren Musiker, Ton-

sischen iranischen Dichters HAFIS (14. Jahrhundert) den Nerv

techniker, Studioinhaber und Musikproduzenten beteiligt. Sie

der Zeit traf und immer mehr Fans auf der ganzen Welt anzog.

unterstützen die 19 teilnehmenden Undergroundbands, ihre

All ihre Bemühungen, das Debütalbum, »Nahal-e Heyrat«

Stücke aufzunehmen und für die Abstimmung im Internet zu

(Spross der Verwunderung) offiziell zu veröffentlichen, scheiter-

präsentieren. Die Gewinner wurden von den Internetusern ge-

ten an diversen Einwänden des Ershad-Ministeriums (Ministe-

wählt. Über 200.000 Downloads innerhalb eines Monats war

rium für Kultur und islamische Führung). Immerhin konnte die

ein beachtlicher Erfolg, mit dem die Veranstalter nie und nim-

Band damals ein einziges Konzert in Teheran geben. Ort der Ver-

mer gerechnet hatten. Auch wenn die Bands SARAKHS und 127

anstaltung: die russisch-orthodoxe Kirche! Die Zensur konnte

die einzigen „Überlebenden“ der UMC darstellen, so wurde

die zunehmende Beliebtheit der Band nur bedingt unterbinden.

durch diese sensationelle Aktion ein Netzwerk zwischen den

O-HUM nutzte das Internet als weit reichendes Medium, um

Musikern geschaffen. Die UMC machte eine verborgene Kraft

ihre Musik hörbar zu machen. Die Band bot alle Stücke ihres

sichtbar. Ein Jahr später startete man eine neue Aktion unter dem

Debütalbums im Internet zum Downloaden an.

Titel TAMO (Tehran Avenue Music Open). Bei diesem Wettbe-

Wesentlich mehr Erfolg hatte die Pop-Rockformation

werb waren die 42 eingereichten Tracks verschiedenen Genres

RAZ-E SHAB (Geheimnis der Nacht) mit der Veröffentlichung ih-

zugeordnet. Man war zwar um mehr Professionalität bemüht,

res Albums. Die Band versuchte über die Verknüpfung von

der Erfolg war jedoch nicht so bestechrnd wie im Falle

Rockmusik und persischer Sprache hinaus, der Musik selbst

der UMC.

F


Zwei interessante Bands der iranischen Rockszene der letz-

fen und sozialkritischen Lyrics zu verbinden und ein Vakuum

ten Jahre, sind MEERA und BARAD. Beide konnten ihr Debüt-

im Herzen vieler iranischer Jugendlicher zu füllen. KIOSK ist der-

album offiziell veröffentlichen; beide sind nicht mehr aktiv. Sie

zeit die einflussreichste und beliebteste iranische Rockband. Der

spielen dennoch eine wichtige Rolle, da es ihr vorrangiges Ziel

Siebenunddreißigjährige SOBHANI, ursprünglich studierter Ar-

war, eine „iranische“ Rockmusik zu schaffen und zu etablieren.

chitekt, verdankt diesen Aufstieg seiner Auswanderung nach

Während MEERA mit Hilfe von einfühlsamen, aber anspruchs-

Kalifornien und den Medien in der Neuen Welt. Das noch in

vollen Texten und mit traditionellen Instrumenten die iranische

Teheran aufgenommene Debüt seiner Band KIOSK, »Âdam-e

Identität hervorzuheben versuchte, war BARAD bemüht, den

Mamooli« (Einfacher Mensch), das 2005 erschien, ist das ers-

Geist der traditionellen Musik und Folkloremusik Irans in die

te Album aus dem iranischen Untergrund, das bei iTunes zu ha-

Rockmusik aufzunehmen und eine na-

ben war; das zweite Album »Eshgh-e Sor’at« (Tempogeil) führt

türliche Verbindung zwischen beiden

nun seit Monaten die persischen Verkaufscharts im Internet an

Welten herzustellen. Deshalb verzich-

und bei YouTube ist Kiosk auch ein Renner. Im gleichnamigen

tete man gänzlich auf iranische Mu-

Track »Tempogeil« heißt es:

sikinstrumente und schuf mit westli-

Macht der Liebe oder Liebe zur Macht?

chen Instrumenten (E-Gitarre, Akus-

Modernität gegen ewige Traditionskraft!

tikgitarre, Bass und Drums) eine Rock-

Auf der Achse der Bösen daheim,

musik mit persischer Atmosphäre.

Eine Ente fahren und tempogeil sein.

Zwei Dinge prägten die iranische Undergroundszene in den letzten Jah> O-HUM Sänger Sharam Sharbat

ren: Zum einen verlagerte sich die Musikrichtung von Rock auf Rap und

HipHop. Das mag einerseits ein allgemeiner Trend sein, es mag

Kein Schmerz, keine Qual, Solange wir haben Pillen und Pulver zur Wahl. Mittags und abends haben wir nichts zu essen, Yellow Cake* verzehren wir stattdessen.

aber auch daran liegen, dass man einfacher mitmischen, seine

Multiple-choice bei den Wahlen,

Tracks produzieren und übers Internet hörbar machen kann. Es

Ehebeiträge auf Raten zahlen.

gibt inzwischen unzählige Rapper und HipHop-Gruppen. HICH-

Den letzten Cent, der da war

KAS und ZEDBAZI gehören zu den bekannten Größen dieses Gen-

Schickten wir nach Palästina.

res. Auch viele Musiker, insbesondere das Ausnahmetalent

Erfolgsgarantie oder Geld zurück-

MOHSEN NAMJOO scheuen sich nicht vor Experimenten und ver-

Undergroundmusik oder Kulturschock.

suchen, Brücken zwischen verschiedenen Musikrichtungen zu

Wozu brauchen wir Kardiologen?

schlagen, um etwas Eigenes zu schaffen. Zum anderen wanderten viele talentierte Musiker aus, um ohne Angst und Einschrän-

Die wir begehren, sind Schönheitschirurgen! ...

kung ihre Ideen zu verwirklichen.

* Yellow Cake (pulverförmiges Gemisch von Uranverbindungen)

Bestes Beispiel hierfür ist ARASH SOBHANI, Sänger und Gitarrist der Kultband KIOSK, der vor einigen Jahren Iran Richtung USA verließ und nun in San Francisco lebt. KIOSK ist ein Phänomen. Der Band ist es gelungen, Blues und Rockmusik mit schar-

R SHAHRAM AHADI, promovierter Iranist, arbeitet seit 2002 im persischen Programm der Deutschen Welle, u.a. zuständig für „Musikmagazin“. Er beobachtet seit langem die iranische Undergroundszene und hat viele Bands gefeaturet und porträtiert.


I N OSNABRÜCK ZU HA U SE

UNSERE ENERGIE GEHÖRT GANZ IHNEN – RUND UM DIE UHR.


Kunst(schaffen) jenseits kultureller Isolation: Damaskus 2008

Industriellen Revolution für sich entdeckten und gleichzeitig das Goldene Zeitalter des arabischen Mittelalters priesen, als Wissenschaft, Literatur, Übersetzungen antiker Weisheit fest in der Hand arabischer Intellektueller waren. Auf dem Weg ins 20. Jahrhundert brachen Syrien und seine Nachbarstaaten mit Jahrhunderten sozialer Tradition und religiöser Vorherrschaft. Einer der Hauptrepräsentanten Syriens, und insbesondere

PETER BROOK, CARLOS SAURA, MEREDITH MONK, ANWAR

Damaskus’, für diese revolutionäre Ära, ist der Autor und Kom-

BRAHEM, AKRAM KHAN, ANGELIQUE KIDJO, DHAFER YOUSSEF,

ponist ABOU KHALIL AL QABBANI, der Vater des Theaters in der

PINK MARTINI, JOHNNY CLEGG, FAIRUZ, AL FADEL AL JAIBI,

arabischen Welt, dessen Theater von Fanatikern angezündet

JOSEPH NADJ, PHILIPPE GENTY, VOLKWANG DANCE STUDIO…

wurde, bevor er nach Kairo zog, von wo aus sich das „Aben-

Das ist nicht das Programm eines hochrangigen internationalen

teuer Theater“ in der arabischen Welt dann erst richtig verbrei-

Festivals für darstellende Kunst einer kosmopolitischen, euro-

tete. Zur selben Zeit wurde der Mittlere Osten Zeuge der Ge-

päischen Metropole... All das passierte in Damaskus/Syrien, der

burt des Romans als etablierter Literaturpraxis wie auch der

Kulturhauptstadt der Arabischen Welt 2008.

Malerei und anderer darstellender Künste, die Jahrhunderte des

Syrien hat, wie andere arabische Länder auch, eine lange

Bilder-Verbotes herausforderten.

Tradition von Architektur, Dichtung und Musik. Darstellende

Damaskus war eine der bedeutendsten arabischen Haupt-

und bildende Kunst hingegen sind in dieser Region der Welt noch

städte, deren kulturelles Leben radikaler Veränderungen unter-

relativ jung. Ende des 19. Jahrhunderts erlebte die arabische

lag. Die intellektuelle Bewegung wurde hauptsächlich von Män-

Welt eine kulturelle und intellektuelle Renaissance, durch eine

nern und auch Frauen der Bourgeoisie angeführt. Es war eine

Reihe offener Geister, die die europäische Kultur zur Zeit der

neue – eher kleine – Gesellschaft literarischer Salons, von Thea-


ter, Kino, Konzerten… beeinflusst vom europäischen Lebensstil,

eine Reihe von Institutionen und Kulturzentren, die das Kultu-

aber genauso stolz auf ihre Ursprünge.

relle am Laufen hielten, während der private Sektor keine Macht

Der Höhepunkt dieser kontinuierlichen Bewegung im kultu-

über die offizielle Kultur mehr hatte und seine Rolle auf die Pro-

rellen und künstlerischen Leben Syriens und seiner Nachbarstaa-

duktion populärer Vaudeville-Stücke und anderer Kitsch-Kunst-

ten ist zwischen den 50er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts

formen beschränkt sah. Syrien steuerte auf Dekaden kultureller

anzusiedeln. Alles, was zu der Zeit passierte, war neu und auf-

Isolation zu (besonders in den 80ern) und wichtige syrische

regend. Künstler waren erpicht auf eine neue, moderne arabi-

Schlüsselfiguren des kulturellen Lebens verließen das Land, um

sche Gesellschaft, in der Kunst und Kultur eine Schlüsselrolle zu-

sich in europäischen Hauptstädten niederzulassen.

kommen sollte in einer Periode harter politischer Herausforderungen und aufkommender internationaler Konflikte.

Damals entstand eine Plattform der intellektuellen Opposition, und viele Cafés und Bars in Damaskus spiegeln noch

Nichtsdestotrotz brachten die 70er Jahre eine andere Schick-

immer die Geschichte dieser Periode, nicht ohne gewisse

salswendung durch die militärische Verbindung der syrischen

Nostalgie. Zur selben Zeit flüchtete die jüngere Generation

Regierung mit der Ex-Sowjetunion. Kunst und Kultur wurden

durch Rockmusik (illegale Tapes und Cover Bands) vor ihrer

durch die Vorherrschaft des Kulturministeriums und verwand-

Realität und schuf dadurch eine der größten Rock-Fangemein-

ter Institutionen unter Regierungskontrolle gestellt, wodurch

den der Region. Es war eine Periode der Widersprüche: die

Künstler zwangsläufig Teil der nationalen Propaganda der Re-

militante kulturelle Gemeinde, die junge Generation, die davon

gierung wurden. Dennoch bleibt erwähnenswert, dass dieselbe

träumte, in ein anderes Leben im Westen zu entkommen, und

Regierung ein Film-, ein Theaterfestival und eine Schule für dar-

das Wiederaufflammen einer religiösen und konservativen

stellende Kunst ins Leben gerufen hat. All diese Institutionen

Gesellschaftsschicht.

werden heute als wichtige kulturelle Errungenschaften des mo-

Trotz latenten lokalen Konflikten begann sich das Land in den

dernen Syriens betrachtet. Das syrische Kulturministerium schuf

90er Jahren langsam zu öffnen und es entstand eine neue Bewe- F


gung, getragen von einer jüngeren Generation von Künstlern, die mehr Interesse an der Kunst an sich zeigten als an der Botschaft des Kunstwerks. Das war eine radikale Verhaltensänderung, die zu einem Bruch zwischen alter und junger Künstlerund Intellektuellen-Generation führte. In die 90er Jahre fiel auch ein besonders wichtiger Moment in der Geschichte syrischer Musik: die Gründung des Nationalen Konservatoriums durch den irakischen, aber in Syrien lebenden Komponisten SULHI AL-WADI, der damit einer Bitte des Präsidenten der Republik folgte. Es war dies eine nationale Anerkennung des Status dieses Musikers, der auch das syrische NATIONAL

SYMPHONY ORCHESTRA gründete. Dieselbe Regierung,

die das Land für über zwanzig Jahre abschottete, öffnete die Türen für eine neue Zukunft und eine liberalere Ära. Zur selben Zeit wurden europäische Kulturzentren aktiver, wie etwa das FRANZÖSISCHE KULTURZENTRUM, das GOETHE INSTITUT

und das INSTITUTO CERVANTES. Diese Zentren spielten

für den Wandel der Kunstszene Syriens, und besonders jener von Damaskus, eine sehr wichtige Rolle, indem sie Beispiele zeitgenössischen Kunstschaffens ihrer Länder zeigten und vor allem indem sie Workshops und künstlerischen Austausch auf allen Gebieten der Kunst organisierten. Diese Interaktion zwischen lokalen und europäischen Künstlern war ein Schlüsselelement, das einen schnellen Wandel in der kulturellen Landschaft von Damaskus förderte und ein Initiator für den Export syrischer Kulturprodukte nach Europa und in den Rest der Welt. Zum ersten Mal konnte sich Syrien austauschen und einen kulturellen Dialog starten, der auf allen künstlerischen, sozialen und politischen Gebieten dringend nötig war. Alle waren hungrig danach, etwas Neues zu entdecken, ihren eigenen Stil und ihre Ideen unter Beweis zu stellen, und gleichzeitig ihr kulturelles Erbe wiederzuentdecken und ihm auf der Basis eines soliden akademischen Zugangs eine neue Interpretation zu geben. Dennoch litt (und leidet) die Kunstszene unter einem realen Produktionsproblem aufgrund des geringen nationalen Budgets und des bürokratischen Verwaltungssystems, des Fehlens priva-


ter Sponsoren, der Schwäche der Zivilgesellschaft und des Feh-

neration als Schlüsselelemente zum Erfolg dieses ehrgeizigen

lens praktischer kultureller Gesetze, um den Künstler und sein

Veränderungsprozesses anzusehen sind – das ist nicht zuletzt den

Werk zu schützen (fehlende Copyright-Richtlinie, drückende

staatlich unterstützten Ausbildungsstätten und einem stets spür-

Steuern auf Kinos und Theater, dadurch Rückgang der öffent-

baren Schöpfungsdrang zu verdanken. Wer gerade jetzt in syri-

lichen Kino- und Theaterproduktionen, Abwanderung der

sche Künstler investiert, setzt auf Erfolg.

Schauspieler und Regisseure zur kommerziellen Fernsehpro-

Damaskus – Arabische Kulturhauptstadt 2008 setzte Ener-

duktion). Die Nationale Kino-Organisation produziert im

gien frei und eröffnete Perspektiven. Der Präsident der Republik

Durchschnitt drei Spielfilme pro Jahr und hat ein Kino in der

setzte ein Signal mit seiner mutigen Entscheidung, ein unabhän-

Hauptstadt; in nur zwei Theatern in Damaskus City werden

giges Gremium (aus arrivierten Intellektuellen und jungen

rund sechs Stücke produziert. Heute besitzt Damaskus ein

Kulturmanagern) einzusetzen, das für das Programm allein zu-

Opernhaus (DAR AL-ASSAD

CULTURE) mit drei

ständig und frei in seiner Entscheidung ist. Dadurch wurde der

schönen, perfekt ausgestatteten Theatern, aber keine Opern-

Einfluss des Kulturministeriums deutlich geschwächt, ein

produktion.

Novom seit drei Jahrzehnten.

FOR

ARTS

AND

Die Bildende Kunst hatte ein besseres Schicksal: Überall in

Das Programm des Kulturhauptstadtjahres spannt sich

der Hauptstadt blühten die Galerien und stellten sowohl die be-

über alle Gebiete der Kunst und ermöglicht, dass die besten

rühmtesten syrischen Maler der ersten Generation, wie FATEH

zeitgenössischen Künstler in Syrien auftreten, aber auch syrische

AL-MUDARRES und LOUAY KAYALI als auch Maler der jüngeren,

Talente entdeckt werden. Eine besondere Herausforderung

innovativeren Generation aus. Die allgemeine Atmosphäre half,

ist die Balance zwischen Geschichte und zeitgenössischer

einen starken, aufstrebenden Markt für syrische Kunst auf lo-

Kunst, bedenkt man das große kulturelle Erbe Syriens. Es war

kaler und internationaler Ebene zu schaffen. Heute besitzt

Überzeugungsarbeit notwendig, um „das neue Syrien“ im

Damskus eine Reihe prestigeträchtiger Galerien, wie etwa die

In- und Ausland zu etablieren, aber alle ausländischen

Gallery Ayyam und das Art house mit finanzkräftihen Kunden.

Künstler, die Damaskus wieder verließen, nahmen dieses neue

In den letzten Jahren etablierten sich einige unabhän-gige

Bild mit. 2008 ist ein außergewöhnliches Jahr für Damaskus und

Veranstaltungszentren wie die multidisziplinären Orte MOUSTA-

Syrien, ein Jahr, das Tore öffnet, ein Jahr voll Enthusiasmus,

FA ALI und TEATRO. Es entstanden Modeworte wie „alternativ“

ein Jahr, das die syrischen Künstler in eine neue Verantwortung

oder „networking“. Unabhängige Künstler nahmen ihr eigenes

entlässt.

Schicksale in die Hand. Syrien wurde rechtzeitig zum Wechsel

Heute wird Damaskus in Osnabrück gefeiert und dafür sind

ins dritte Jahrtausend Geburtsstätte einer neuen Profession: Kul-

einige der besten Künstler des Landes in Osnabrück versammelt:

turschaffende und –manager, die dieses neue kulturelle Lebens-

der klassische Komponist NOURI ISKANDAR ebenso wie die

gefühl – nicht ohne Geburtswehen – in die tägliche Praxis um-

Jazzer der SYRIAN BIG BAND und das traditionelle arabische

setzten und dank tatkräftiger Mithilfe ausländischer Botschaf-

Musikensemble WOGOH. Ein Funken von Menschen und Klän-

ter und privater Sponsoren verwirklichen. Ein nachhaltiges Bei-

gen, die den langen Weg angetreten haben aus dem Herzen des

spiel ist das 2005 ins Leben gerufene »Jazz lives in Syria«-Fes-

„Morgenlandes“.

tival. Nichtsdestotrotz darf nicht unerwähnt bleiben, dass Qualität, Können und Begabung dieser neuen syrischen Künstlerge-

R JUMANA AL YASIRI, arbeitet als Projektmanagerin für »Damaskus – Kulturhauptstadt der Arabischen Welt«.


Iran – Stillstand oder Aufbruch Fotoausstellung von Ulla Kimmig 19.9. bis 5.10.2008 | Lagerhalle Osnabrück Eröffnung durch Prof. Dr. Udo Steinbach Freitag, 19.9.2008, 16.00 Uhr | Lagerhalle Osnabrück „Iran rückt durch die aktuelle Politik Amerikas immer mehr in unser Blickfeld. Und doch ist in Europa nur wenig bekannt über das Leben unter der Führung der geistlichen Politiker. Staatliche Ideologie und repressiver Apparat, Widerspruch und Spannungsverhältnis sind die Themen der Bilder von Ulla Kimmig. Sie berühren den Nerv der verwestlichten Gegenwart in einem Staat, der sich offiziell islamisch gibt. Ihre Fotografie zeigt in künstlerischer Herangehensweise Dramatik und Lyrik, Intensität und Ausdruck zugleich, indem sie die Menschen im Widerspruch zum Staat in den Vordergrund stellt. Sie zeigt die Abgrenzung zwischen Mann und Frau als Symbol der islamischen Dimension der Revolution. Mittelpunkt der Bilder sind die Jugend, die Frauen, die Diskriminierung, die gewaltsame Herstellung von Grenzen. Der schwarze Tschador bekommt eine Intensität hinter

der weißen Zuckerwatte. Mullahs werden einnehmend, wenn sie auf dem Teppich, der ihnen soviel Harmlosigkeit vermittelt, in der geistlichen Schule sitzen. Junge Mädchen vor gigantischen Postern der religiösen Führer im Kontrast zu Staat und Lebensfreude. Die Verwestlichung nach der Revolution als Protest, als Herausforderung. Die Fotos sind nicht nur dokumentarisch, sondern haben ihre eigene Ausdruckskraft gefunden. Das iranische Volk sucht einen Standort vor dem Hintergrund einer alten Kultur und vor dem Hintergrund einer Revolution. Es hat ihn noch nicht gefunden, die Bilder zeigen dieses Ringen als ein individuelles Ereignis, ob Mann oder Frau.“ | AUS DER LAUDATIO VON UDO STEINBACH

R ULLA KIMMIG stammt aus Baden-Baden. Sie studierte Fotografie in München und New York und lebt in Freiburg als freischaffende Fotografin für internationale Magazine und Zeitungen. 2005 erschien ihr Fotobuch »Iran. Stillstand oder Aufbruch« bei Braus, mit Bildern, die zwischen 2002 und 2004 in Iran entstanden sind. R UDO STEINBACH ist Professor für Islamwissenschaft i.R., Verfasser zahlreicher Bücher (zuletzt »der Kaukasus« im Beck Verlag) und leitete von 1976-2006 das DEUTSCHE ORIENT INSTITUT HAMBURG.


Eröffnungskonzert Freitag, 19.9.2008 | OsnabrückHalle 20.00 Uhr Saleem Abboud Ashkar, Klavier Kinan Adnawi, Oud Salar Aghili, Gesang Münchner Rundfunkorchester Leitung: Frank Cramer

> Saleem Abboud Ashkar

> Kinan Adnawi

> Salar Aghili

> Frank Cramer

> Nader Mashayekhi

> Saed Haddad

➣ CAMILLE SAINT-SAËNS (1835-1921)

Afrika Fantasie für Klavier und Orchester op. 89 ➣ NADER MASHAYEKHI (* 1958) Moulana Sinfonie

für Gesang und Orchester, UA ➣ KINAN ADNAWI (*1984) Fantasie für Oud

und Orchester, UA Pause ➣ ALEXANDER BORODIN (1833-1887) Eine Steppenskizze

aus Mittelasien ➣ SAED HADDAD (* 1972) Alternative World-Versions

für Klavier und Orchester, UA Auftragswerk des Morgenland Festival Osnabrück und des Luzerner Sinfonieorchesters 1.Tombeau 2. Idée fixe 3. sur le Néant (Vide) 4. Ombres 5. Soliloque ➣ CARL NIELSEN (1865-1931) Aladdin Suite op. 34

1. The Festival March 2. Aladdin’s Dream and Dance of the Morning Mist 3. Hindu Dance 4. Chinese Dance 5. The Marketplace in Isfahan 6. Dance of the Prisoners 7. Negro Dance

Changierend zwischen Orient und Okzident ist das diesjährige Eröffnungskonzert des Morgenland Festival Osnabrück, bei dem gleich drei Uraufführungen auf dem Programm stehen. Der in Deutschland lebende jordanische Komponist, SAED HADDAD, schrieb als Auftragswerk des Morgenland Festival Osnabrück und dem Luzerner Sinfonieorchester ein Stück für Klavier und Orchester; NADER MASHAYEKHI, dem Osnabrücker Publikum bekannt als Komponist und Dirigent, schrieb eine Sinfonie für Gesang, in deren Zentrum Texte des persischen Mystikers MAULANA DSCHALLALUDDIN RUMI stehen und der syrische Komponist KINAN ADNAWI komponierte ein Werk für Oud und Orchester, das sich durch innovative Techniken für die arabische Laute und ein Maximum an Improvisationsspielraum auszeichnet. Gepaart werden diese drei neuen Stücke mit Kompositionen, die zwischen 1880 und 1919 entstanden sind und in unterschiedlicher Weise den Einfluss des Orients auf die europäische Musik reflektieren.


Kiosk & Dash Samstag, 20.9.2008 | Lagerhalle 20.30 Uhr

> Kiosk

Rockmusik in Iran Vortrag und Diskussion mit Shahram Ahadi (Deutsche Welle) und Mitgliedern von Kiosk und Dash Samstag, 20.9.2008 | Lagerhalle 16.00 Uhr R SHAHRAM AHADI, promovierter Iranist, arbeitet seit 2002 im persischen Programm der Deutschen Welle, u.a. zuständig für »Musikmagazin«. Er verfolgt seit langem die iranische Undergroundszene und hat viele Bands gefeaturet und porträtiert.

In der jungen Geschichte der iranischen Undergroundmusik gibt es kaum eine Band, die so bedeutend und erfolgreich war wie die Rock- und Bluesband KIOSK. Mittlerweile ist sie zu einer Kultband avanciert. KIOSK ist ein Phänomen. Ihr Debütalbum »âdam-e mamooli« (Einfacher Mensch), das 2005 erschien, verband sozialkritische Texte mit einer Musik, die noch stark von legendären Bands wie DIRE STRAITS beeinflusst war. Dennoch war es das erste Album einer iranischen Undergroundband, das bei iTunes zu haben war. Auch ihr zweites Album, »eshgh-e sor’at« (Tempogeil), handelt von sozialen Missständen in Iran. Die Band um den Sänger und Gitarristen ARASH SOBHANI hat es allerdings geschafft, sich von Einflüssen der Rock-und Blueslegenden zunehmend zu befreien und allmählich ihren eigenen Stil zu finden. Auch wenn die Bandmitglieder fern von Iran leben, haben sie den Blick für Not und Übel in ihrer Heimat nicht verloren. Die Songs der Band sind der beste Beleg dafür. Hinzu kommt, dass KIOSK inzwischen auch „global“ mitmischt. Vielleicht heißt ihr neues Werk, das pünktlich zum ersten Europakonzert der Band erscheinen soll, deshalb »Baghe Vahshe Jahani« (Global Zoo). Das Phänomen der iranischen Rockmusik sollte man nicht verpassen! Die iranische Rockband DASH wurde 2002 in Teheran gegründet. Seit 2006 spielen die fünf jungen Musiker nicht nur Cover Versionen anderer Rockbands, sondern haben eine eigene Note mit Iranian Progressive Rock entwickelt. Sie schreiben > Dash ihre Musik und Texte selbst und zum MORGENLAND FESTIVAL wird ihre Debüt CD erscheinen.


Künstlerischer Leiter: Hannibal Saad Dirigenten: Nareg Abajian und Uwe Nolopp Omar Sarmini, Dyab Sukari, Houry Dora Apartian, Linda Bitar, Gesang Nareg Abajian, Keyboard Hannibal Saad, Gitarre Khaled Omran, Bass Tareq Fahham, Jamal Al-Sakka, Drums Firas Shahrestan, Qanun Moslem Rahal, Nay Rajy Khaznadar, Posaune Nizar Omran, Doulama Shehab, Trompete Bassel Rajoub, Saxofon feat. Inga Dopjans, Hilmar Volke, Viktor Wagner, Holzbläser Marc Schroeder, Uli Tobatzsch, Trompete Peter Stukermann, Christian Henseler, Anja Wilkening, Posaune

Syrian Big Band Open Air Sonntag, 21.9.2008 | Marktplatz Osnabrück 19.30 Uhr | Eintritt frei Die SYRIAN BIG BAND, in ihrer erweiterten Besetzung auch Syrian Jazz Orchestra , wurde 2005 gegründet, als das Festival »Jazz lives in Syria« stattfand. Diese erste arabische Big Band ist aus einer Reihe von Jazz-Workshops mit internationalen Mentoren sowie aus einer Zusammenarbeit mehrerer Länder, vor allem der Schweiz, die das jährliche Jazz-Festival organisierte, hervorgegangen . Zunächst begann man mit dem klassischen Standard-Repertoire, aber es dauerte nicht lange bis es gelang, das syrisch-arabische Element durch Kompositionen und Arrangements in den Vordergrund zu rücken. Dadurch gelang es auch sehr schnell, ein breiteres Publikum für die SYRIAN BIG BAND zu begeistern und auch andere syrische Musikerinnen und Musiker zu inspirieren. So entstanden in der Folge verschiedenste Formationen und Bands aus der SYRIAN BIG BAND. Für das Farah Souria Festival 2007 in Damaskus und Aleppo und ein Konzert im April 2008 unter der Patronanz von „Damascus Arab Capital of Culture 2008“ arbeitete die SYRIAN BIG BAND mit dem SYRIAN NATIONAL ORCHESTRA und dem CHOIR OF THE NATIONAL CONSERVATOIR zusammen. In Osnabrück wird die SYRIAN BIG BAND zusammen mit der Osnabrücker Big Band KONSESSION ein Open Air am Marktplatz spielen. (Bei starkem Regen wird das Konzert in das BlueNote im Cinema-Arthouse verlegt – aktuelle Infos in der Tagespresse und auf der Internet-Seite des Festivals.)


Nouri Iskandar Komponistenportrait Dienstag, 23.9.2008 | St. Marien Osnabrück 20.00 Uhr Mohamad Osman, Buzok Fadi Hattar, Mohamed Namik, Violoncello Sousan Iskandar, Naser Morah Lli, Violine Rabie Azar, Viola NOURI ISKANDAR kann als der bedeutendste zeitgenössische Komponist Syriens bezeichnet werden. Seine Musik ist von vielfältigen Einflüssen und dem reichen musikalischen Erbe Syriens geprägt. Gleichzeitig jedoch verabsäumte es NOURI ISKANDAR nicht, aktuellen internationalen Entwicklungen zu folgen und so gelang ihm im Laufe seines Lebens ein beachtliches Spektrum an Kompositionen. Immer wieder experimentierte der Komponist mit der Verknüpfung von orientalischem (Maqam) und okzidentalem Tonsystem und bezog in seine Werke für traditionelle Besetzung, wie Streichquartett oder Trio, auch immer wieder die Verwendung von Vierteltönen mit ein. Desweiteren integrierte NOURI ISKANDAR auch arabische Instrumente und komponierte neben einem Cello-Konzert auch ein Oud Konzert (beide für Kammerorchester). Auch der Vokalmusik räumte er einen großen Platz in seinem Schaffen ein. Besonders hervorzuheben ist seine Vertonung von Euripides »Bakchen«, die 2002 in Amsterdam, Brüssel, Wien, Köln, Athen aufgeführt wurde. Zu seinen Werken zählen auch Vertonungen arabischer Dichter wie HUSEIN HAMZA (»Khoutama« für Kammerorchester und Chor) oder seine zuletzt entstandene Komposition »Ya Wahib Al-Hubbi« (Granter of Love), eine Einführung in den Sufismus (islamische Mystik), über einen Text von YASSER HAMMOUD.

R NOURI ISKANDAR wurde 1938 in Aleppo/ Syrien geboren und absolvierte sein Musikstudium in Kairo. Er war zwischen 1964 und 1989 neben seiner Tätigkeit als Komponist auch als Pädagoge tätig und leitete von 1996-2002 das ARAB INSTITUTE OF MUSIC in Aleppo. Besonders hervorzuheben sind auch NOURI ISKANDARS musikethnologische Forschungen. Er sammelte „Syriac melodies“ (syrische Melodien, wobei „syrisch“ ein ostaramäischer Dialekt ist, der von einer christlichen Minderheit gesprochen wird) aus den zwei Quellen Ar-Raha (Urfa) und Deir Az-Zafarab und entwickelte eine neue Form der Notation. Neben volkskundlichen Sammlungen, seiner Arbeit als Pädagoge und Komponist zeitgenössischer Musik, schrieb NOURI ISKANDAR auch Musik für Filme und TV Serien.


Ensemble Wogoh, Damaskus Mittwoch, 24.9.2008 | Lagerhalle Osnabrück 20.00 Uhr Kinan Adnawi, Oud Firas Shahrestan, Qanun Mohamed Namik, Violoncello Jamal Al Sakka , Perkussion Die Gruppe WOGOH wurde 2005 in Damaskus gegründet und legte von Beginn an ihren Fokus auf die reiche musikalische Tradition Syriens. Das Ensemble, das in seiner Grundformation aus den vier Musikern KINAN ADNAWI , FIRAS SHAHRESTAN, MOHAMED NAMIK und JAMAL AL SAKKA besteht, musiziert auch mit anderen syrischen Musikerinnen und Musikern wie der Pianistin LEEN JNAD, der Sängerin LINDA BITAR oder dem Nay-Spieler MUSLIM RAHHAL. Der Name der Gruppe, WOGOH, bedeutet „Gesichter“ und reflektiert die Vielfalt des musikalischen Erbes Syriens aus den unterschiedlichen Herkunftsregionen der vier Mitglieder: Aleppo, Damaskus, Qamishli, Lattakia. Das Ensemble zeigt vier Gesichter der syrischen Musik.

Konzertprogramm: ➣ ROHI AL-KHAMMASH Samaii Nahawand ➣ KINAN ADNAWI Longa Nahawand ➣ MARCEL KHALIFA Tango ➣ KHALED MOHAMAD ALI Samaii Shataarban ➣ ANONYM Mandera Hijaz ➣ JAMIL BASHIR Caprice ➣ KINAN ADNAWI Wogoh ➣ MOHAMAD ABDUL KARIM Tango ➣ GOKSIL BAKTIR Fortuna ➣ GOKSIL BAKTIR Samaii Kurd ➣ GOKSIL BAKTIR Baladi ➣ ADEL KARAYBakhshakurd


Déjà vu – Ein Theaterdialogprojekt Donnerstag, 25.9.2008 | Haus der Jugend 20.00 Uhr Mahlagha Begheri, Indre Bogdan, Catherine Elsen, Golnaz Farmani, Julian Gerhard, Mehran Nael, Niklas Pucknat, Kristina Roehl, Mina Yasrebirad Neun Studierende des Faches Regie der TARBIAT MODARES UNIVERSITÄT TEHERAN und des Studienganges Theaterpädagogik der FH OSNABRÜCK/STANDORT LINGEN erarbeiten im Vorfeld des Festivals gemeinsam eine Performance, die an diesem Abend erstmals der Öffentlichkeit gezeigt und im Anschluss auch in Teheran präsentiert wird. Die Performance ist eine Eigenproduktion der Studierenden, die als Schauspieler agieren und auch die Regie übernehmen. Mittels einzelner Songs und Träume wollen sie das Lebensgefühl einer jungen Generation aus zwei Kulturkreisen spürbar werden lassen. Die Produktion wird betreut von: NADINE GIESE (Dipl. Theaterpädagogin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am INSTITUT FÜR THEATERPÄDAGOGIK DER FH OSNABRÜCK) und PROF. DR. MASOUD DELKHAH (Regisseur und Professor an der TARBIAT MODARES UNIVERSITÄT TEHERAN). Das Projekt wird im Rahmen des Deutsch-Iranischen Hochschuldialogprogramms vom DAAD gefördert. Es wird außerdem von ANDREAS POPPE (Leiter des Hochschuldialogprogrammes und Lehrender am Institut für Theaterpädagogik) und PROF. DR. MOHAMMADREZA KHAKI (Leiter des Departments Theater der TARBIAT MODARES UNIVERSITÄT TEHERAN) begleitet. Eine zweite Vorstellung findet am 26.9.2008 um 19.30 Uhr im BURGTHEATER, Institut für Theaterpädagogik (Baccumerstraße 3, 49808 Lingen) statt.


sibo (Transportbeton) fertig-decken-union (Bauelemente) quick-mix (Trockenmörtel) hahne (Bauchemie) sievert handel transporte (Logistik)

Bei uns spielen Baustoffe die erste Geige. Wenn Bauen Zukunft haben soll, müssen wir heute schon daran arbeiten. Deshalb entwickeln wir ständig innovative Lösungen für unsere Baustoffe. Oder passen sie neuen Anforderungen an. Mit dieser Einstellung und 1300 Mitarbeitern haben wir eine bedeutende Baustoffgruppe aufgebaut. Im Mittelpunkt der Aktivitäten steht der Baustoff, seine Herstellung, seine Verarbeitung und seine Qualität. Jahrzehntelange Erfahrung sowie das spezielle Produkt-Know-how verbinden sich zu einem zukunftssicheren Unternehmenskonzept.

Sievert AG & Co. KG Mühleneschweg 6 • D-49090 Osnabrück Tel. 0541 601-00 • Fax 0541 601-256 info@sievert-ag.de • www.sievert-ag.de


Syrische Filmreihe Kuratiert von Cécile Boëx Samstag, 27.9.2008 | Cinema-Arthouse Osnabrück 15.00, 17.30, 22.30 Uhr AT OUR LISTENERS’ REQUEST

»Ma Yatlubuhu al-Mustami‘un«; Syrien 2003, 89 Minuten Regie und Drehbuch: ABDELLATIF ABDEL-HAMID UNDER THE CEILING

»Taht as-Saqf«; Syrien 2004, 90 Minuten Regie und Drehbuch: NIDAL EL-DEBS SACRIFICES

»Sunduq ad-Dunya«; Syrien/Frankreich 2002, 113 Minuten Regie und Drehbuch: OUSSAMA MOHAMMAD

Schülerkonzert Abschlusskonzert des Schüleraustauschs der BarenboimSaid Music School Nazareth und der Musik&Kunstschule Osnabrück Freitag, 26.9.2008 | Evangelische Kirche Bissendorf-Holte 19.00 Uhr 2007 begann die Zusammenarbeit zwischen der BARENBOIM-SAID MUSIC SCHOOL NAZARETH und der MUSIK- UND KUNSTSCHULE OSNABRÜCK. Kinder und Jugendliche aus beiden Ländern erleben jeweils, wie man in der anderen Kultur lebt und musiziert. Daher ist das gegenseitige Kennen- und Verstehen lernen ebenso wichtig wie die gemeinsame musikalische Arbeit. „Als einer der größten Förderer der Region unterstützen die Stadtwerke Osnabrück verschiedene Projekte aus den Themenbereichen Umwelt/Bildung/Wissenschaft, Soziales/ Gesellschaft, Kultur und Sport. Besonders die gesellschaftliche und kulturelle Weiterbildung junger Osnabrücker liegt dem Unternehmen am Herzen, so dass die Stadtwerke das Morgenland Festival und insbesondere das Austauschprogramm zwischen Jugendlichen der Musikschulen aus Osnabrück und Nazareth gerne unterstützen.“ STADTWERKE OSNABRÜCK

Alle Filme in der Originalfassung mit englischen Untertiteln. Das syrische Kino verdient aufgrund seiner Originalität, Qualität und Experimentierfreude besondere Aufmerksamkeit. Dennoch, verglichen mit der reichhaltigen Filmproduktion in Ägypten, ist sein Output winzig: seit 1928, dem Jahr, in dem der erste syrische Film entstand, > At Our Listeners’ Request hat das Land nur circa 160 Spielfilme produziert. Das syrische Filmschaffen kam erst in den 60er Jahren mit dem Erfolg einer Reihe von leichten Komödien in ägyptischem Stil, die Burleske, Romantik, Gesang und Tanz mischten, so richtig in Schwung. Und während die Siebzigerjahre, vom kommerziellen Standpunkt aus betrachtet, das Goldene Zeitalter des syrischen Kinos darstellten, veränderte sich langsam die Produktionsweise als der Staat 1964 mit der Gründung der NATIONAL FILM ORGANIZATION (NFO) Einfluss zu nehmen begann. Bis in die späten Siebziger konzentrierte sich diese staatlich geförderte Produktion auf die Palästina-Frage. Einige dieser Filme erhielten internationale Annerkennung und gewannen Preise bei diversen


Festivals. In dieser Periode betrachtete man die NFO als Heimat der Spitze des politisch verpflichteten arabischen Kinos, die einer Reihe bekannter arabischer Regisseure ein Betätigungsfeld bot, woraus einige der Schlüsselfilme des arabischen Kinos entstanden. Während das narrative Filmschaffen der Siebziger oft eine Verpflichtung gegenüber den Anliegen der Palästinenser und eine marxistische Konzeption von Gesellschaft vermittelte, änderte sich der Ton in den achziger Jahren vollständig. Kollektive Anliegen verschwanden zu Gunsten einer intimen Sicht auf die Beziehung zwischen dem Individuum und der syrischen Gesellschaft, was den Weg für ein Autorenkino bereitete, das sich auf die gelebte Erfahrung des Filmschaffenden selbst bezog. Diese neue Welle war stark durch den realistischen Ansatz beeinflusst, der am MOSKAUER FILMINSTITUT, dem VGIK, das viele syrische Filmschaffende absolvierten, gelehrt wurde. Autoren> Under The Ceiling filme vermittelten die Schwierigkeiten, denen sich Individuen gegenübersahen, die ihre Identität am Rande der institutionellen Macht, sei diese familiärer, religiöser oder politischer Natur, behaupteten. Diese kritischen Filme sind sowohl hervorragende Kunst> Sacrifices werke, als auch Zeitzeugnisse. Die Zensur im Auge, weisen diese Filme oft eine komplexe Sprache und einen häufigen Rekurs auf das Metaphorische, das Fantastische, das Absurde und das Komische auf. Jedoch, wenn syrische Filmemacher auch in der Lage waren, einen bestimmten Grad an kreativer Autonomie zu erringen, wurden ihre Filme in Syrien selbst oft nur am Rande wahrgenommen. | CÉCILE BOËX

R CÉCILE BOËX schreibt eine Dissertation über das syrische Kino an der sozialwissenschaftlichen Fakultät des FRANZÖSISCHEN INSTITUTS IM NAHEN OSTEN, Damaskus.

Under the Sky of Damascus Filmvorführung mit Livemusik Sonntag, 28.9.2008 | Lagerhalle Osnabrück 20.00 Uhr Khaled Omran, Bass, Elektronik, Stimme Nareg Abajian, Keyboard, Elektronik Firas Shahrestan, Quanun »Under the Sky of Damascus« ist der zweite Stummfilm in der Geschichte des syrischen Kinos. Bei diesem romantischen Thriller, der 1934 in Damaskus erstmals gezeigt wurde, führte ISMAEL ANZOOR Regie. Die Ernennung Damaskus’ zur Arabischen Kulturhauptstadt 2008 wurde zum Anlass, sich diesem frühen Dokument syrischen Filmschaffens, das neben persönlichen Schicksalen auch die Stadt Damaskus selbst porträtiert, musikalisch aus dem Blickwinkel der Gegenwart zu nähern. Die Musiker KHALED OMRAN, NAREG ABAJIAN und FIRAS SHAHRESTAN, letzterer einer der berühmtesten Qanun-Spieler Syriens, stellen dem einstündigen Film ihre eigene zeitgenössische musikalische Interpretation gegenüber und ermöglichen so einen überraschend aktuellen Blick auf das Damaskus des Gestern und Heute. Anlässlich der „Kulturhauptstadt Damaskus 2008“ erinnerte man sich dieses Schatzes der syrischen Filmgeschichte und ermöglichte eine zeitgenössische musikalische Interpretation, indem ein Kompositionsauftrag für die Filmmusik vergeben wurde.


Isolation oder Wandel durch Annäherung?

Dokumentarfilme

Podiumsdiskussion

über die Zusammenarbeit des Teheraner und Osnabrücker Sinfonieorchesters. Von Frank Scheffer (Niederlande) und Amir Hossein Ahooie (Iran)

Dienstag, 30.9.2008 | Lagerhalle 20.00 Uhr

Donnerstag, 2.10.2008 | Lagerhalle Osnabrück 20.00 Uhr

Christiane Hoffmann Henryk M. Broder Martin Ebbing Moderation: Rainer Burchardt

FRANK SCHEFFER war von der Idee, das TEHERANER SINFONIEORCHESTER nach Deutschland einzuladen so begeistert, dass er 2006 spontan nach Osnabrück kam. Seither hat ihn die Faszination „Musikland Iran“ nicht mehr losgelassen. AMIR HOSSEIN AHOOIE begleitete filmisch die Konzerte des Osnabrücker Sinfonieorchesters in Teheran – sein Film trägt den Titel »A Passage to Iran«.

Als das OSNABRÜCKER SYMPHONIEORCHESTER im letzten Jahr zu zwei Konzerten in den Iran reiste, gab es sowohl Lob und Unterstützung wie auch scharfe Kritik. Während die einen darin einen längst überfälligen Schritt sahen, Brücken zwischen den Kulturen zu bauen, warfen andere dem Orchester Naivität vor und kritisierten, man dürfe nicht vor einem Regime spielen, das Menschenrechte mit den Füssen trete und den Holocaust leugne. Die Mitglieder des Orchesters selbst haben lange diskutiert, ob sie diese Reise unternehmen sollten. Soll man sich dem Kopftuchzwang beugen? Wären die Konzerte ein Feigenblatt? Schließlich überwogen jedoch die positiven Argumente. Ausgehend von den Bestrebungen des Morgenland Festivals Osnabrück und des Osnabrücker Sinfonieorchesters um einen friedlichen Dialog zwischen den Kulturen wird daher auch die Frage aufgeworfen, wie man im Allgemeinen mit einem Land wie Iran und seinem Regime umgehen soll. R CHRISTIANE HOFFMANN ist politische Redakteurin bei der FAZ und hat von 1999 bis 2004 in Iran gelebt. Zuletzt ist bei Dumont ihr Buch »Hinter den Schleiern Irans« erschienen. R HENRYK M. BRODER ist Journalist und Buchautor. Er kritisierte die Konzertreise der Osnabrücker Sinfoniker nach Teheran. Er tritt für eine Isolation Irans ein. R MARTIN EBBING berichtet seit 2004 aus Iran und hat die Reise des Orchesters 2007 unterstützt. R RAINER BURCHARDT arbeitet als Journalist für Printmedien und Rundfunk. 1994-2006 war er Chefredakteur des Deutschlandfunks, Köln.

R FRANK SCHEFFER Die dokumentarische Arbeit des 1956 geborenen niederländischen Filmemachers FRANK SCHEFFER kreist seit mehr als zwanzig Jahren um die Musik des 20. Jahrhunderts. Er begleitete Komponisten und Interpreten wie PIERRE BOULEZ, LUCIANO BERIO, ELLIOTT CARTER, KARLHEINZ STOCKHAUSEN, JOHN CAGE und versuchte, die Strukturen der musikalischen Komposition mit Mitteln der Montage und Kameraführung filmisch umzusetzen. FRANK SCHEFFER waren Retrospektiven u.a. beim MUSEUM OF MODERN ART, New York, beim HOLLAND FESTIVAL und bei WIEN MODERN gewidmet. > Amir Hossein Ahooie, Frank Scheffer R AMIR HOSSEIN AHOOIE geboren 1981 in Teheran, Studien der Komposition und Saxophon am Konservatorium, derzeit arbeitet er als Kulturmanager, Komponist und Filmemacher in Teheran.


Gold auf Lapislazuli Buchpremiere – die 100 schönsten Liebesgedichte des Orients Mittwoch, 1. Oktober 2008 | Lagerhalle Osnabrück 20.00 Uhr Claudia Ott Rezitation, Nay Bassem Hawar Djoze Die Sprache der Liebe ist die Muttersprache des Orients. In keiner anderen Region der Welt wurde so viel und so schön über die Liebe gedichtet. Freimütig erotisch, kunstvoll stilisiert oder mystisch überhöht – die ganze Bandbreite der orientalischen Liebesdichtung wird von CLAUDIA OTT in einem einzigartigen Rundweg erschlossen. Ihre zauberhafte Anthologie versammelt Gedichte aus vier Jahrtausenden und verschiedenen Kulturen und Sprachen: von Babylon und Ägypten, über die Liebesdichtung des islamischen Mittelalters bis zur Ge> Claudia Ott genwart, von Andalusien im Westen bis zum Indus im Osten. »Gold auf Lapislazuli«, erschienen im Herbst 2008, wird in einer musikalischen Buchpremiere hier erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt! Erleben Sie den weltbekannten irakischen Musiker BASSEM HAWAR an der Kokosnuss-Kniegeige (Djoze) und die Orientalistin CLAUDIA OTT als Leserin und an der orientalischen Rohrflöte (Nay). Gold auf Lapislazuli - das sind 100 funkelnde Sterne am Nachthimmel der orientalischen Liebesdichtung!

> Bassem Hawar

Lang ist mir die Nacht geworden, seit du mich verlassen hast. Ach Gazelle, du zerstörst unsre Liebe, brichst den Bund! Hast du unsren Bund vergessen, als auf Rosenbett wir lagen, uns in eine Schärpe hüllten, eine Perlenkette formten, wie zwei Zweige uns umfingen und zu einem Leib verschmolzen? Sterne strahlten dort am Himmel, Gold auf Lapislazuli. KALIF ABDARRAHMAN V. VON CÓRDOBA ***** Wenn du wirklich mein Liebster bist, so schreibe mir Mir allein ein Hohes Lied und ritze meinen Namen In den Stamm eines Granatapfelbaums In den Gärten Babylons MAHMUD DARWISCH ***** Weh dem, der ohne Leidenschaft geboren, Der nie der Liebe Zauber sich erkoren: Der Tag, der ohne Liebe dir vergeht, Ist ein für allemal für dich verloren. OMAR CHAYYAM ***** Mein leuchtender Mond, wohin schwimmst du in dieser endlosen Nacht? Du hast in vielen Fenstern manch schlafende Schönheit bewacht. Am Hemd hat meine Liebste die Knöpfe aufgemacht, Die Sterne vergehn, wenn zum Himmel das Licht ihrer Brüste lacht. NAHAPET KHUTSCHAK


Klavierabend S¸evki Karayel Freitag, 3.10.2008 | Friedenssaal des Rathauses Osnabrück 18.00 Uhr ➣ LUDWIG VAN BEETHOVEN (1770-1827)

R ¸SEVKI KARAYEL In Istanbul geboren, erhielt ¸SEVKI KARAYEL im Alter von fünf Jahren seinen ersten Klavierunterricht bei MAGDELENA RUFER EYÜBOGLU. Er studierte in Istanbul, Freiburg, Rotterdam und Düsseldorf in den Klassen von JAMES AVERY, TIBOR SZASZ, AQUILLES DELLE-VIGNE und BARBARA SZCZEPANSKA. Bei verschiedenen Meisterkursen arbeitete er mit Künstlern wie PAVEL GILILOV, ANDRAS SCHIFF, STEFAN ARNOLD, KRZYSTOF JABLONSKI u.a. Zahlreiche Konzerte führten ihn durch Deutschland, Italien, Holland, Österreich, Polen, Spanien, Ägypten, die Schweiz und die Türkei. Er erhielt zahlreiche Preise, darunter den Kulturpreis des Jahres 2000 der Türkei, den Kulturpreis des Jahres 2004 der Europäischen Union, den Bechstein-Preis für Bühnenpräsenz usw. Sein pädagogisches Interesse stellte ¸SEVKI KARAYEL auch in verschiedenen Workshops mit Teilnehmern des Wettbewerbs »Jugend Musiziert« unter Beweis, sowohl in Deutschland als auch in Ägypten und der Türkei.

Sonate Nr. 23 in f-Moll , op. 57 »Appassionata« (1804/05) 1. Satz Allegro Assai 2. Satz Andante con moto – attaca 3. Satz Allegro, ma non troppo – Presto ➣ ULVI CEMAL ERKIN (1906-1972)

5 Stücke aus der Suite »Duyuslar« (Eindrücke; 1937) ➣ FRANZ LISZT (1811-1886)

Ungarische Rhapsodie Nr. 2 Pause ➣ J.S. BACH (1665-1750)/FERRUCCIO BUSONI (1866-1924)

Chaconne (aus der Partita Nr. 2 BWV 1004, Transkription 1893) ➣ AHMED ADNAN SAYGUN (1907-1991)

Auswahl aus »12 Präludien über Aksak-Rhythmen« op. 45 (1967) ➣ FRANZ LISZT (1811-1886)

Ungarische Rhapsodie Nr. 6

Musikprogramm des Morgenland Festivals zu den Osnabrücker Friedensgesprächen mit S ¸ evki Karayel, Klavier Freitag, 3.10.2008 | Friedenssaal des Rathauses Osnabrück ab 10.15 Uhr anschließend: Europa sieht Deutschland: Türkei und Deutschland – Nachbarn, Partner, Freunde? Vortrag und Diskussion zum Tag der Deutschen Einheit mit Prof. Dr. Hüseyin Bag ˘ ci (Middle East Technical University Ankara)


Orientation Nu-Oriental (Türkei, Iran, Aserbaidschan, Berlin) Samstag, 4.10.2008 | Lagerhalle Osnabrück 20.30 Uhr Ihr wegweisender Nu-Oriental Sound, „eine explosive und brillante Mischung aus Orient und Okzident“ verhalf ORIENTATION zu Soundtracks für die Filme »Gegen die Wand«, »Kebap Connection«, »Süperseks« und zu Tourneen mit Stars wie TARKAN oder MUHABBET. ORIENTATION liefert eine unverblümte Einladung zum Tanz und zu einer Reise in ferne Welten, die in der Türkei regelrechten Kultstatus erreicht hat. ORIENTATION verschmelzt soulige, clubtaugliche Grooves mit sehnsüchtigen arabesquen Melodien, funkige Sounds mit herber arabischer Percussion. Traditionell anmutende Melodienaus Balkan und vorderem Orient werden urban-elektronisch interpretiert: eine ganz neue Mischung, die die Bezeichnung „Nu-Oriental“ vollkommen zurecht trägt. ORIENTATION hat sich in zahllosen Konzerten in ganz Europa einen Namen gemacht. Ihr wegweisendes Album »Bosporus Bridge« hat Musiker und Produzenten bis heute beeinflusst.


Iris Marie Kotzian, Sopran Eva Schneidereit, Alt Henning Klocke, Tenor Ruben Gerson, Bass Osnabrück-Teheran-Kammerorchester Osnabrücker Jugendchor Leitung: Johannes Rahe

Johann Sebastian Bach: Johannespassion BWV 245 Sonntag, 5.10.2008 | St. Petrus Dom zu Osnabrück 14.30 und 20.30 Uhr Die Johannespassion erzählt die Leidensgeschichte Jesu nach dem Johannesevangelium, wobei Bach auch auf Texte von Barthold Heinrich Brockes zurückgegriffen hat. Mit der Matthäuspassion zählt das Werk zu den bekanntesten und wichtigsten Kompositionen des deutschen Meisters, der 1685 in Eisenach zur Welt kam und 1750 in Leipzig verstarb. Ebendort erklang am 7. April 1724, dem Karfreitag, auch die Johannespassion zum ersten Mal. Der Aufführung in Osnabrück gingen eine Probenphase sowie zwei Aufführungen in Teheran voraus, was als kulturpolitische Sensation gewertet werden darf, zumal Frauen in Iran üblicherweise nur chorisch singen dürfen. Bei den Konzerten konnte die „Altistin Eva Schneidereit mit dem wohl ersten öffentlichen weiblichen Sologesang in Iran seit dreißig Jahren brillieren“ (FAZ).

R IRIS MARIE KOTZIAN studierte Gesang in Würzburg und war Preisträgerin u.a. beim CONCOURS INTERNACIONAL DE CANT MONTSERRAT CABALLÉ. Seit 2002 ist sie Ensemblemitglied am THEATER OSNABRÜCK. R EVA SCHNEIDEREIT studierte in Köln und in Lübeck. Im Sommer 2004 trat sie beim SCHLESWIGHOLSTEIN-MUSIK-FESTIVAL unter KENT NAGANO auf. Seit 2004 ist sie am THEATER OSNABRÜCK engagiert. R Der Tenor HENNING KLOCKE studierte in Hamburg und Würzburg. Sein Operndebüt gab er am MÜNCHENER STAATSTHEATER AM GÄRTNERPLATZ. Den Schwerpunkt seiner Arbeit bildet die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts. R Der niederländische Bass RUBEN GERSON studierte in New York und Montreal, bevor er in Holland seine ersten Opernarien gestaltete. Sein breites Repertoire reicht von Barock bis zur zeitgenössischen Musik. R JOHANNES RAHE ist Gründer und Dirigent des OSNABRÜCKER JUGENDCHORS und leitet eine Vielzahl von Chören am HOHEN DOM ZU OSNABRÜCK. Er wirkt als Dirigent im In- und Ausland und kooperiert mit Enesmbles in der ganzen Welt.


Musik im Islam Vortrag von Vladimir Ivanoff Sonntag, 5.10.2008 | Forum am Dom Osnabrück 11.30 Uhr | Eintritt frei Oft finden sich in den Medien Formulierungen wie „süße Sünde Musik“. Aber wie verhält es sich wirklich mit der Stellung der Musik im Islam? Wie kaum ein anderer hat sich VLADIMIR IVANOFF mit der Musik in der islamischen Welt auseinander gesetzt. Sein Ensemble SARBAND hat zahlreiche Preise gewonnen und konzertiert in allen großen Sälen der Welt. R VLADIMIR IVANOFF ist der Leiter des interkulturellen Ensembles SARBAND, das letztes Jahr das »Morgenland Festival« eröffnete. Der gebürtige Bulgare VLADIMIR IVANOFF studierte 1977-87 an der LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft. 1982-86 studierte er an der MUSIKHOCHSCHULE KARLSRUHE und an der SCHOLA CANTORUM BASILIENSIS in Basel Renaissancelaute. 1987 promovierte er mit einer Dissertation über das früheste bekannte europäische Lautenmanuskript. 1990-92 arbeitete er mit einem Stipendium der DEUTSCHEN FORSCHUNGSGEMEINSCHAFT an dem Habilitationsprojekt »Europa und die Musik des Orients«. Er gründete die Ensembles CONSORTIUM MONACENSE (1993), SARBAND (1986), VOX (1989), METAMORPHOSES (1993) und L’ORIENT IMAGINAIRE (1996). Seit 1985 nimmt er Lehraufträge an den Universitäten München, Bochum und Oldenburg wahr, hält Vorträge auf Symposien und Kongressen in Europa, den USA sowie im Nahen Osten und veröffentlicht Artikel in verschiedenen Fachzeitschriften.

Tehran Summer Classes 18. bis 25.8.2008 | Teheran Seit das OSNABRÜCKER SINFONIEORCHESTER 2007 in Teheran gastierte, ist eine intensive Zusammenarbeit zwischen den beiden Städten unter der Patronanz des MORGENLAND FESTIVALS OSNABRÜCK entstanden. Ausgehend von der Idee eines länderübergreifenden Orchesters wurde in diesem Jahr das OSNABRÜCK-TEHERAN KAMMERORCHESTER ins Leben gerufen, bestehend aus Mitgliedern des OSNABRÜCKER SINFONIEORCHESTERS und des TEHRAN PHILHARMONIC ORCHESTRA. In Zusammenarbeit mit der IRANIAN ACADEMY FOR THE ARTS wurde in intensiven Workshops und gemeinsamen Proben unter der Leitung von JOHANNES RAHE die »Johannes Passion« von JOHANN SEBASTIAN BACH erarbeitet und in Teheran aufgeführt.


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