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Jugendpolitische Informationen zur BeTEILigung des BDKJ in der Erzdiözese Köln

2013

1 / THEMA /

(Partei)politisches Engagement


INHALT 1/2013 Jugendpolitische Informationen zur BeTEILigung des BDKJ in der Erzdiözese Köln — Ausgabe 2013 „(Partei)politisches Engagement“

Vorwort — 3

redaktion Jan Peter Gesterkamp, Tobias Agreiter (V. i. S. d. P.)

Wie funktioniert eine Kommune? — 4

BILDNACHWEIS simonthon / photocase.com (Cover); himberry / photocase.com (5); Landesjugendring NRW: Forum der Sportjugend (7), Forum Dortmund (8), Forum der aej (9); tobeys / photocase.com (10); marqs / photocase.com (11); kallejipp / photocase.com (12); Sebastian Sehr / DPSG (13); Jürgen W / photocase.com (14); suze / photocase.com (15);

Einmischen tut gut! — 7

herausgeber Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) E­ rzdiözese Köln Steinfelder Gasse 20–22, 50670 Köln E politik@bdkj-dv-koeln.de W bdkj-dv-koeln.de

Ein Überblick von Jan Peter Gesterkamp

Sarah van Dawen zu einmischender Jugendpolitik

Warum unser politisches Engagement mit der Jugendverbandsarbeit nicht aufhören muss!? — 10 Tobias Agreiter zum Übergang von verbandlichem zu politischem Engagement

Selbstverständlich politisch — 12

Ute Theisen über die Geschichte ihrer verbandlichen und politischen Tätigkeit

Wie stärkt Jugendverbandsarbeit politisches Engagement und Parteipolitik? — 16 Am Beispiel von Jochen Ott, SPD Landtagsabgeordneter Köln


VORWORT /

Liebe Leserinnen und Leser,

es für VerbandlerInnen ein logischer

es liegt in der Natur des Menschen,

Schritt sein, Politik weiter zu denken

sich mehr für Dinge zu interessieren,

und weiter zu machen, in Räten,

die einen selbst betreffen und dies ist

Ausschüssen und Parteien.

bei politischen Themen nicht anders. Gerade die Entscheidungen, die in

In dieser Ausgabe von das teil

der Kommunalpolitik getroffen

wollen wir einen kleinen Einblick in

werden, haben Auswirkungen, die wir

die Biografie von PolitikerInnen mit

tagtäglich und direkt vor der Haustür

Verbandshintergrund geben, aufklären,

erleben — nicht nur in der Kinder-

wie eine Kommune eigentlich funktio­

und Jugendpolitik.

niert und Euch motivieren, Euch und

Kommunalpolitik kann zum Beispiel der Einstieg sein, um sein eigenes

Tobias Agreiter BDKJ-Diözesanvorsitzender

Eure Fähigkeiten auch woanders ein­zubringen.

Handeln als politischer Mensch auf

Dabei und beim Lesen dieses Heftes

eine neue Ebene zu bringen. In der

wünschen wir Euch viel Freude!

Jugendverbandsarbeit haben wir die

Tobias Agreiter & Jan Peter Gesterkamp

Jan Peter Gesterkamp BDKJ-Referent für Jugendund Gesellschaftspolitik

Grundlagen gelernt und deshalb kann 1/2013 das teil — 3


Wie funktioniert eine Kommune? — Oft hört man, dass Kommunalpolitik wichtig ist und man sich beteiligen und einmischen soll. Doch wie funktioniert eigentlich eine Kommune? Wie ist der Rat aufgebaut? Welche Aufgaben hat ein Bürger­meister, eine Bürgermeisterin?

4 — das teil 1/2013

Die Kommune ist so wichtig, dass sie

zur Förderung der Kinder- und Jugend­-

sogar im Grundgesetz steht. Dort

arbeit. Ratssitz­ungen sind zum

heißt es in Artikel 28, Absatz 2, dass

größten Teil öffentlich, so dass man

die Kommune das Recht hat, alle

durchaus mitbekommen kann, wie

Angelegenheiten der örtlichen Ge-

die Beschlüsse getroffen werden.

meinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Diese Aufgabe übernimmt der Rat einer Gemeinde, gemeinsam mit dem Bürgermeister oder der Bürgermeisterin als Chef der Verwaltung.

Der Bürgermeister/Die Bürgermeisterin leitet die Verwaltung, die die vielen Auf­ gaben in der Kommune erledigt. Außerdem vertritt er die Gemeinde, nicht nur als Repräsentant auf Veran­ staltungen, sondern auch vor Gericht

Der Rat handelt, indem er Satzungen

oder beim Abschluss von Verträgen.

beschließt oder Beschlüsse trifft,

Seit ein paar Jahren wird der Bürger-

nach denen die Verwaltung ihr

meister oder die Bürgermeisterin

Han­deln ausrichtet. Beispiele für

direkt von den BürgerInnen gewählt.

solche Satzungen sind Bebauungs­

Wählen dürfen bei der Kommunalwahl

pläne, Gestaltungssatzungen für

alle Deutschen und EU-BürgerInnen,

die Fußgängerzone, die Satzung

die bereits das 16. Lebensjahr voll­

des Jugendamts oder Richtlinien

endet haben. Um gewählt werden


zu können, muss man aber volljährig sein. Die ehrenamtliche Stellvertretung des Bürgermeisters übernimmt vor allem repräsentative Aufgaben.

Die Verwaltung erledigt die Geschäfte der Gemeinde. Sie ist Ansprech­ partner für die BürgerInnen in fast allen örtlichen Angelegenheiten. Die Verwaltung gliedert sich in ver­schiedene Zuständigkeits­bereiche, wie z.B. Ordnungsamt, Schulamt oder Jugendamt.

Die Besonderheit des Jugendamtes ist,

Wie finanziert sich eine Gemeinde?

dass es aus zwei Teilen besteht:

Die Aufgaben, die einer Gemeinde

dem Jugendhilfeausschuss und den

übertragen werden, nehmen ständig

kommunalen Mitarbeitenden in der

zu, entsprechend müsste auch die

Verwaltung des Jugendamtes. Inner­

finanzielle Ausstattung steigen. Viele

halb der Jugendhilfeausschüsse

Gemeinden sind der Meinung, dass

kommen drei Fünftel der Mitglieder

das nicht oder nicht genug geschieht.

aus dem Rat der Gemeinde oder werden von ihm gewählt, zwei Fünftel der Stimmen werden auf Vorschlag der anerkannten Träger der freien Jugendhilfe vom Rat gewählt. Es steht ausdrücklich im Gesetz, dass die Vorschläge der Jugendverbände (und der Wohlfahrtsverbände) angemessen zu berück­ sichtigen sind 1.

1 §71 SGB VIII – www.gesetze-im-internet.de/ sgb_8/__71.html

Wichtigste Steuerquellen für die Gemeinden sind die Gewerbe- und Grundsteuer. An der vom Land erho­ benen Einkommensteuer werden sie prozentual beteiligt. Aber auch die Hundesteuer und die Vergnügungs­ steuer sind Steuern, die von der Kommune erhoben werden. Wenn man öffentliche Einrichtungen nutzt, werden dafür häufig Gebühren erhoben — zum Beispiel der Eintritt ins städtische Schwimmbad. 1/2013 das teil — 5


Bürgerbeteiligung: Auch außerhalb der

bzw. Fünf Prozent der Einwohner

beziehen über die Landeszentrale für

Kommunalwahl haben die Einwohner-

unterzeichnet sein. (§ 25 GO NRW)

politische Bildung. Die Bundeszentrale

Innen einer Stadt noch die Möglichkeit, die Politik mitzubestimmen. In NRW gibt es dafür verschiedene Instrumente: 1. Anregung und Beschwerde: Wenn man mit einer Situation vor Ort un­ zufrieden ist, darf man sich an den Rat (in großen Städten an die Bezirksvertretung) wenden. Diese nimmt dann dazu Stellung. (§ 24 GO NRW)

3. Bürgerbegehren und Bürger­ bescheide: Zuletzt kann sogar beantragt werden, dass alle BürgerInnen

politik schon mal üben kann3. Viel Erfolg bei Eurem Engagement!

legenheit entscheiden. Auch dieses

— Jan Peter Gesterkamp

Begehren muss von vielen Menschen unterschrieben werden, die genauen Zahlen stehen in der Gemeinde­ ordnung (§ 26 GO NRW). Ihr seht, dass die Funktionsweisen und Abläufe kein Buch mit sieben

Meinung ist, dass sich der Rat mal mit

Siegeln sind. Ausführliche Informa­

einem bestimmten Thema befassen

tio­nen zum Thema Kommunalpolitik

sollte, kann man dies beantragen und

liefert das „Kommunal-Lexikon“2, zu

zwar bereits ab 14 Jahren. Der Antrag

6 — das teil 1/2013

Planspiel, mit dem man Kommunal­

an Stelle des Rates über eine Ange-

2. Einwohnerantrag: Wenn man der

muss aber von vier (kreisfreie Städte),

für politische Bildung liefert sogar ein

2 www.lzpb.nrw.de/print/00360/index.html

Jan Peter Gesterkamp — ist Jurist und Referent für Jugend- und Gesellschaftspolitik beim BDKJ in der Erzdiözese Köln.

3 www.bpb.de/lernen/unterrichten/ planspiele/70300/moeglichkeiten-zur partizipation?p=all


Konsum und gegen menschenverachtende Einstellungen. Und das ist großartig! Aber wer reagiert auf unsere Forderungen? Wer verändert konkret was? Entscheiden was wir einkaufen, können wir je nach Gehalt besser oder weniger gut. Und die Umwelt retten?

Einmischen tut gut! Warum es wichtig ist, dass junge Menschen sich in alle Politikfelder einmischen.

„Geh mal wieder auf die Straße, geh

Fangen wir ein bisschen „kleiner“

mal wieder demonstrieren!“ rufen

an. Ihr plant einen Fahrradausflug

die Ärzte unter dem Motto „Es ist

im Sommer zum See. Bei einem Blick

nicht deine Schuld, wenn die Welt ist

auf die Karte sieht das noch ganz gut

wie sie ist, es wäre nur deine Schuld,

aus, aber sobald ihr euch auf den

wenn sie so bleibt!“ — Wir Jugend-

Weg gemacht habt, wird euch Angst

verbandlerInnen müssen uns eigent­

und Bange: Die Autos fahren ganz

lich selten vorwerfen lassen, dass wir

schön schnell und bald gibt es keinen

nicht oft genug kreative Aktionen mit

gekennzeichneten Fahrradweg mehr.

Kindern und Jugendlichen machen:

Das ein oder andere Schlagloch nehmt

für eine bessere Umwelt, bewussten

ihr auch mit. Am See angekommen, 1/2013 das teil — 7


müsst ihr auf einmal Eintritt zahlen

vorgeschrieben ist, ist es immer noch

Am besten ist es, wie immer, wenn

— komisch, letztes Jahr war der doch

eher die Ausnahme als die Regel,

ihr euch nicht allein einmischen

noch für umsonst?

dass Jugendliche im Vorfeld gefragt

müsst, sondern Verbündete sucht.

werden, ob sie beispielsweise mit

Macht euch mit anderen Jugendlichen

An diesem Beispiel zeigt sich konkret,

der Privatisierung von Wohnungsbau

oder Verbänden stark dafür, dass Ver­-

dass ihr von kommunaler Politik, also

oder eben der Kommerzialisierung

waltung und Politik Dinge so erklären,

dem, was euer Stadtrat und die Aus­-

von Grünflächen einverstanden sind.

dass alle sie verstehen — da werden

schüsse entscheiden, betroffen seid.

Wenn es dann im Alltag auffällt, ist

auch jede Menge „alte Häsinnen“

Es verändert die Möglichkeiten eurer

es oft schon sehr schwierig, bereits

dankbar sein — und dass Verände­r­

Freizeitgestaltung — und das wird nicht

getroffene Entscheidungen zu verän-

ungen und Pläne transparent gemacht

(nur) in der klassischen Jugendpolitik

dern. Aber woher kann man vorher

werden, wenn sie noch gut zu verän-

diskutiert, sondern zum Beispiel im

erfahren, wie die Stadt sich verän-

dern sind. Das könnt ihr z.B. durch

„Stadtentwicklungsausschuss“. Auch

dern wird? Und wie geht das jetzt

Anfragen im Jugendhilfe­ausschuss

wenn nach KJFöG NW  „die Beteili-

bitte mit dem Einmischen?

machen. Dann werden die Anfragen

4

gung junger Menschen bei allen sie

an die „zuständigen“ Aus­schüsse

betreffenden Entscheidungen und

weitergegeben und die müssen sich

Maßnahmen, insbesondere bei der

mit euren Ideen und Fragen beschäf­

Wohnumfeld- und Verkehrsplanung“

tigen. Noch besser ist es natürlich, wenn ihr erwirkt, selbst dabei sein

4 Kinder- und Jugendfördergesetz NRW 8 — das teil 1/2013

zu können oder im Vorfeld gefragt


zu werden. Und wenn der Berg

Ihr seht: Einmischen tut gut — euch

nicht zum Propheten kommt … ladet

und anderen! Und wenn ihr genug

PolitikerInnen ein und gebt ihnen

vom Paragraphen und Ausschuss­

klare Aufträge mit, was im Sinne

vorlagen habt, geht gerne mal wieder

der Jugendlichen in eurer Stadt zu

demonstrieren — denn auch das ist

passieren hat, und überprüft, was

schönen „Sonntagsreden“. Wichtig ist

sich verändert. Dabei muss es nicht

für JugendverbandlerInnen darüber

nur um „offensichtliche“ Dinge gehen,

hinaus oft, sich für andere einzusetz­

wie Fahrradwege und Seen. Es kann

en, die keine gute Lobby in der Stadt

auch darum gehen, dass eure Stadt

haben. Sind z.B. die Übergangsheime

zukunftsorientiert haushaltet. Ihr

für Menschen mit Fluchterfahrung

könnt Großprojekte hinterfragen

gut gestaltet? Werden Menschen ohne

und eigene Forderungen aufstellen,

Wohnung ernstgenommen und wird

was eine sinnvolle Investition oder

ihnen geholfen? In der Kommune

Gebührenerhebung wäre. Sich mit

könnt ihr zwar nicht das Ozonloch

kommunaler Haushaltspolitik ausein­

stopfen, aber zumindest über

anderzusetzen klingt erst mal wenig

Beschränkungen des CO2-Ausstoßes

spannend. Aber hier werden im End­-

beschließen. Damit Jugendliche gute

effekt die Entscheidungen getroffen

Lebensbedingungen haben, jetzt und

— nicht bei den bestimmt auch

in Zukunft.

notwendig. — Sarah van Dawen

Sarah van Dawen — ist Projektleiterin der Initiative „umdenkenjungdenken!“ des Landesjugendrings Nordrhein-Westfalen.

 Wenn Ihr Lust habt, Eure Erfahrungen in einmischender Jugendpolitik mit anderen zu teilen oder Euch Beratung und Unter­ stützung wünscht, meldet Euch! Infos unter umdenken-jungdenken.de 1/2013 das teil — 9


Warum unser politisches Engagement mit der Jugend­ verbandsarbeit nicht aufhören muss !? —

Tobias Agreiter — ist Diözesanvorsitzender des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in der Erzdiözese Köln und ehrenamtlicher Landesvorsitzender des BDKJ Nordrhein-Westfalen.

10 — das teil 1/2013

Eine Besonderheit der Jugendver­ bandsarbeit ist, dass das Enga­ge­ ment stark mit dem Alter verknüpft ist. Zwar bieten viele katholische Jugendverbände die Möglichkeit sich auch (noch) als jungeR ErwachseneR

Projekten weiter gehen. Nicht selten

zu beteiligen doch für das „aktive

erwächst jedoch aus der Erfahrung im

Geschäft“, die Gruppenleitung oder

Engagement im Jugendverband auch

das Ausüben von Ämtern ist man

der Wunsch näher an Entscheidungs­

irgendwann zu alt. Jugendverband­s­

prozessen in der Gesellschaft mitzu-

arbeit heißt eben Jugend organisiert

wirken. In unserer Demokratie bieten

Jugend. Doch endet ja mit dem

sich hierfür die politischen Parteien

Älter­werden nicht das Interesse,

an. Oft hatte man mit den selbigen ja

die Gesellschaft, deren Teil man ist,

auch schon Kontakt, da es häufig die

mit zu gestalten. Innerhalb der Kirche

GesprächspartnerInnen sind, wenn es

bietet sich hier eine Vielzahl von

darum geht die Interessen der Kinder

weiteren Möglichkeiten. Engagement

und Jugendlichen zu vertreten, die

kann in Pfarrgemeinden, Erwachse­

wir in unseren Jugendverbänden orga-

nenverbänden oder punktuell bei

nisieren und die wir darüber hinaus

verschiedenen Veranstaltungen oder

mit in den Blick nehmen wollen.


Es ist natürlich nicht der einzige

ment in der Kommunalpolitik kon­

So wie die Mitwirkung in einem

logische Schritt sein Engagement im

krete Gespräche zu führen. Anders

Jugendverband, ist auch die Beteili-

Jugendverband durch eine Mitglied-

herum hat man sich ja bei­spielsweise

gung in einer Partei kein Selbstzweck.

schaft und Mitwirkung in einer Partei

durch ein Mandat im Jugendhilfe­aus­

Beides steht im Zusammenhang mit

zu erweitern und doch liegt es nahe.

schuss schon einen Namen bei den

dem ChristIn sein. So wurde beispiels-

Wenn man beispielsweise in einem

Parteien gemacht und in der Regel

weise im 2. Vatikanischen Konzil sehr

BDKJ-Regionalverband aktiv war oder

freuen diese sich über junge, enga­

deutlich die Rolle und der Auftrag der

ist, in einem Jugendhilfeausschuss

gierte und profilierte Neumitglieder.

Laien in der Kirche und ihr Engage-

aktiv war, Gespräche mit den jugend-

ment darüber hinaus beschrieben.

politischen SprecherInnen geführt

So heißt es dort: „Wer dazu geeignet

hat, etc. weiß man schon so viel über

ist oder sich dazu ausbilden kann,

die Organisation und Funktion einer

soll sich darauf vorbereiten, den

Kommunalpolitik, dass der Schritt in

schweren, aber zugleich ehrenvollen

eine Partei nicht fern ist. Mit Sicher-

Beruf des Politikers auszuüben,…“ 5.

heit hat man einen nahen Eindruck

Wer könnte denn besser geeignet sein

von den verschiedenen Parteien

um ehrenamtlich oder beruflich als

gewinnen können und auch schon Kontakte zu einzelnen Gesprächs­ partnerInnen gefunden, sodass es unkompliziert ist, über das Engage-

5

Rahner, K., Vorgrimler, H. (1982) Kleines Konzilskompendium — Sämtliche Texte des Zweiten Vatikanums mit Einführungen und ausführlichem Sachregister. (16. Auflage) Freiburg: Verlag Herder. 1/2013 das teil — 11


Selbstverständlich politisch

— PolitikerIn aktiv zu sein, wenn nicht

verbandlerIn zur Veränderung in eine

Aufgewachsen bin ich in einer Fami­

die JugendverbandlerInnen? Der

Partei mitnehmen.

lie, in der politisches Engagement in Kirche und Gesellschaft schon immer

Umgang mit Geschäftsordnungs­ anträgen, der Ablauf von Versamm­

Zu guter Letzt machen alle Jugend-

eine Rolle gespielt hat. Mein Vater

lungen, aus dem Glauben heraus

verbände immer die gleiche Erfahrung.

und mein Patenonkel waren zudem

politisch zu handeln, Menschen für

Dort wo JugendverbandlerInnen in

schon immer in der CDU auf kommu­

eine gute Idee gewinnen zu können,

Parlamenten und Parteien aktiv sind

naler Ebene aktiv. Am Küchentisch

etc. sind nur einige Stärken, die doch

wird eine nachhaltige, transparente

und unterm Weihnachtsbaum wurden

alle JugendverbandlerInnen gelernt

und menschenorientierte Politik

engagierte politische Diskussionen

haben. Nicht zuletzt die Erfahrung

gemacht. Wichtige Meilensteine für

geführt. In meiner Jugend habe ich

mit einer fruchtbaren und fairen

eine zukunftsfähige Demokratie.

nur sehr wenig Zeit und Engagement

Diskussionskultur kann einE Jugend-

— Tobias Agreiter

in parteipolitische Arbeit gesteckt.

12 — das teil 1/2013


immer dazu gehörte — in der Verkündigung und im Handeln. Es war also klar, dass ich mich von meinem Vater schon in jungen Jahren sehr gerne für  Mehr Infos über das pfadfinderische Leben in der DPSG und deren vier Altersstufen, findet Ihr unter dpsg.de

eine Parteimitgliedschaft habe werben lassen. Will man in Deutschland nicht nur in einer Nische verschwinden, sondern tatsächlich die Gesell-

Mein Feld war schon immer eher die

anderem für die jugendpolitische

schaft politisch mit gestalten und

Kirche, die DPSG und beispielweise

Vertretung der DPSG und aller Pfad-

Verantwortung übernehmen, so führt

die Hochschule, an der ich studiert

finderverbände in Deutschland auf

an Parlamenten und Parteien kein

habe. In der DPSG war es mir wichtig

Bundesebene zuständig und Mitglied

Weg vorbei. Es lohnt sich bestimmt,

— von der Gruppenleiterin zur Vor­

im Vorstand des Deutschen Bundes­

über weitere und andere demokra­ti­

sitz­enden auf allen Ebenen des Ver-

jugendringes.

sche Formen nachzudenken und diese

bandes — politisch aktiv zu sein, um

mitzugestalten, aber bis dahin …

die Lebensbedingungen von jungen

Ein Teil meiner Motivation entspringt

Menschen zu verbessern und Teilhabe

hierfür ganz eindeutig daraus,

Die CDU war damals die Partei, in der

in allen gesellschaftlichen und kirch­

dass ich getauft und in einer Pfarr­

ich glaubwürdige Menschen kennenge­

lichen Bereichen zu ermöglichen. Als

gemeinde aufgewachsen bin, in der

lernt hatte und in der ich inhaltlich die

Bundesvorsitzende war ich dann unter

sozialpolitisches Engagement schon

wenigsten Kompromisse machen musste. 1/2013 das teil — 13


Ich fühle mich heute in dieser Volks­

Planungsaufgaben. Reizvoll ist es,

partei mit ihren vielen Ström­ungen

weil die Auswirkungen meiner

und Ausprägungen den „Christlich-

Tätigkeit direkt und unmittelbar zu

Sozialen“ zugehörig, die ihre Politik

erle­ben sind. Da kommt mir auch

an den Grundsätzen der christlichen

entgegen, dass ich mich mit vielen

Sozialverkündigung orien­tieren

Themen, die hier eine Rolle spielen,

wollen. Ich bedaure sehr, dass sie

auch beruflich in einer anderen

sich aktuell nur in ausge­sprochen

Kommune auseinandersetze. Da in

wenigen innerparteilichen Entschei­

der Kommunal­politik fast alle ehren­

dungen durchsetzen und gerade

amtlich aktiv sind, habe ich den

bei jungen CDU–Mitgliedern die

Eindruck, dass tatsächlich Gestal­-

Mittel­standsvereinigung oder als

­t­ungswille, aber natürlich auch

„neo­liberal“ zu bezeichnende

der Wunsch nach Macht und

Strömungen einen sehr viel höheren

Einfluss­nahme Gründe für das je

Reiz ausmachen.

eigene Engagement sind. Ich freue mich, dass es mir doch schon einige

 Unter www.landtag.nrw.de gibt der Landtag in Nordrhein-Westfalen Einblicke über die Fraktionen und bietet Informationen und Angebote für Jugendliche an. 14 — das teil 1/2013

Kommunal bin ich aktuell in Feldern

Male gelungen ist, mich als „sach­

aktiv, von denen ich inhaltlich etwas

kundige Bürgerin“ in der Fraktion

zu verstehen meine: Jugend-, Sozial-

mit guten Sachargumenten durch­

und Schulpolitik sowie Umwelt- und

zusetzen.


alle Parteien und beteiligten Organi­

und ernsthaften Vorhaben zur Welt-

sationen oder „Interessensvertreter“

verbesserung in Lebensphasen als

nach einem wirklich fundiert geführ­

JugendverbandlerIn Taten folgen zu

ten, wissenschaftlich begleiteten,

lassen. Und den Parteien tun wir in

beeindruckenden Diskussionsprozess

jedem Fall gut, wenn es um Streit­

zu den kommunalen Bildungsland­-

kultur, Ermöglichung von Teilhabe

s­chaften einig, welche Schulformen

und vieles mehr geht. Sucht euch

es in Zukunft geben soll. Als das dann

eine aus! — Ute Theisen

Unerfreulich wird es für mich, wenn

in die Umsetzung gehen sollte, wollte

ich den Eindruck gewinne, dass die

keiner, dass ausgerechnet in seinem

Prioritäten unserer Kanzlerin in

Stadtteil etwas geändert und zum

Vergessenheit geraten: Erst das Land,

Beispiel eine Schule zu Gunsten

dann die Partei und dann die Person.

neuer Schulformen geschlossen wird.

Viel zu oft erlebe ich in den Debatten

So etwas nervt und werde ich wohl

in der Fraktion oder den Ausschüssen,

nie verstehen!

dass die Interessen des Dorfes oder sogar der Bürger auf meiner Straße

Kommunal- bzw. parteipolitisches

sehr viel wichtiger erscheinen, als

Engagement ist aus meiner Sicht für

die Gesamtinteressen der Stadt.

KatholikInnen fast alternativlos, wenn

In Pulheim waren sich zum Beispiel

es darum geht, den heißen Debatten

Ute Theisen — war Diözesan- und Bundesvorsitzende der Deutschen Pfadfinder­ schaft Sankt Georg. Sie ist stellvertretende Diözesanvorsitzende der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung und Sachkundige Bürgerin für die CDU-Fraktion in verschiedenen Ausschüssen des Rates der Stadt Pulheim.


Wie stärkt Jugend­ verbandsarbeit politisches Engagement und Parteipolitik? Am Beispiel von Jochen Ott, SPD Landtagsabgeordneter Köln

— Ehrenamt lohnt sich nicht und ist zeit­ aufwendig? Was hat Jugendverbands­­arbeit mit Politik zu tun? Soll ich mich überhaupt politisch engagieren? Was die PolitikerInnen machen kann ich doch eh nicht beeinflussen?! Jochen Ott beschreibt, welchen Einfluss christliche Jugendverbandsarbeit und ehrenamtliches Engagement auf sein Leben genommen haben. 16 — das teil 1/2013

Mein Name ist Jochen Ott (39 Jahre,

Höhenberg machen. Da bin ich gerne

ver­­heiratet, drei Töchter, gelernter

hingegangen und habe z.B. bei der

Lehrer), ich bin seit drei Jahren

Mitgliederver­sammlung moniert,

hauptberuflich NRW-Landtagsabge­

dass so viel Geld für Porto ausgegeben

ordneter und seit 12 Jahren ehren­

wurde … und schwups durfte ich die

amtlicher Vorsitzender der KölnSPD.

Briefe ab dem nächsten Tag selbst

Häufig werde ich gefragt auf welchem

ausfahren! Mit 16 wurde ich Gruppen-

Wege ich in die Politik und zu meiner

leiter der Springmäuse. In der Hoch-

Partei gefunden habe.

phase waren 20 Jugendliche mit Sabine Neubert und mir unterwegs.

Meine politische Überzeugung ist, seitdem ich denken kann, mit meinem christlichen Glauben verbunden. Rück­blickend kann

Mehr als 10 Jahre haben wir gespielt,

ich sagen, dass meine Mitgliedschaft

­leiter habe ich gemeinsam mit an-

in der KjG St. Elisabeth, ab dem Jahr

deren engagierten jungen Leuten und

2000 HöVi-KjG, für meine spätere

unserem Kaplan Ansgar Puff „HöVi“

politische Laufbahn äußerst ent­

zusammen gebracht und gerockt!

getobt, gelernt, erlebt, gestritten, pubertiert und sind gereist. Als Pfarr-

scheidend war. Die ersten Erfahr­ung­ en mit der Ju­gendverbandsarbeit

Als Schüler des Herder Gymnasiums

durfte ich be­reits als Gruppenkind in

wurde ich in der 8. Klasse zum Schüler­-


sprecher gewählt. Bei der Wahl habe

Menschen auf dem Roncalli-Platz —

Mit den damaligen Jusos konnte ich

ich gegen einen Kandidaten aus der

dieses Gefühl vor so vielen Menschen

persönlich damals nicht viel anfangen.

13 gewonnen — alle jüngeren Schüler

zu sprechen, werde ich nie verges­-

Wir haben eine kleine etwas prag­

hatten mich unterstützt. Das hat mir

sen! Gemeinsam mit anderen die

matische Jusogruppe aufgebaut und

damals richtig gut gefallen. Ich habe

Interessen der Kölner Schülerschaft

die Kölner Jusos etwas in die Mitte

die Aufgabe sehr ernst genommen.

gegen­über OB und RP zu vertreten,

geführt. Als Verantwortlicher für den

Dadurch hatte ich das Gefühl, dass

hat viel Spaß gemacht. Die Aufgaben

Jugendwahlkampf des Oberbürger-

ich etwas für meine Mitschüler

in der BSV ließen in mir den Wunsch

meisterkandidaten Klaus Heugel, der

erreichen konnte und somit auch

wachsen auch weiterhin politisch

mitten im Wahlkampf zurücktreten

ein Stück weit Zukunft an meiner

zu arbeiten. Mit 18 bin ich in die

musste, habe ich die Hochs und Tiefs

Schule mitgestalten durfte. Dabei

SPD eingetreten, in die Partei, in

der politischen Arbeit hautnah erlebt.

gab es unter anderem Demos gegen

der ich diese Aufgabe angehen und

So etwas prägt.

die SPD-Landesregie­rung, Projekt-

umsetzen konnte. Gekommen ist

wochen, Feste, Schulball und andere

das übrigens durch meinen Vater,

Projekte, die zwar immer Arbeit

der in der Post­ge­­werk­schaft und in

Hat mir die Jugendverbandsarbeit in meiner politischen Arbeit geholfen? Nun, die Zeit

machten, aber auch Wirkung hatten.

der SPD aktiv war und als Reaktion

und die Arbeit für diese Gemeinde

In der 11. Klasse wurde ich — im

auf Helmut Kohls Kanzlerschaft —

haben meinen Politikstil in hohem

Jahr der großen Anti-Golf-Kriegs-

das waren die Auslöser für mein

Maße geprägt. Kompromissfindungen,

Demos — zum Bezirksschülersprecher

politisches Engagement in der SPD.

gruppendynamische Pro­zesse, Soli­­

von Köln gewählt. Mehr als 30.000

darisierung und Motivierung sind 1/2013 das teil — 17


verändern, mit anderen zusammen.

versucht habe, in die Politik zu

Kirchliches, politisches Engagement und Ehrenamt haben eins zum Ziel: bei etwas, von dem man fest überzeugt ist, mitzumachen, es zu gestalten und weiterzuentwickeln.

transportieren. Ich halte es außer­-

Gerade im politischen Ehrenamt sind

ungen kann profitiert werden, Werte

dem für unerlässlich, Dinge grund­

es oft nicht die großen Dinge, die

und Vorstellungen realisiert werden.

sätzlich zu hinterfragen. Erlerntes

verändert werden. Aber man kann

Handwerk aus dieser Zeit, beispiels-

Schritt für Schritt zuschauen, wie sich

weise bei unterschiedlichen Meinung­

Dinge, für die man sich eingesetzt

Für Viele ist der Zeitaufwand, den Ehrenamt erfordert, abschreckend. Ich habe eins

en, Konflikte und Interessen einen

hat, verändern und Gestalt annehm-

gelernt: Jeder macht soviel er kann.

res­pektvolles Verhält­nis und guten

en. Es ist ein gutes Gefühl zu sehen,

Ein Muss gibt es nicht. Kann eine

Umgangston zu bewahren, wurde

dass man aktiv an seinem Stadtteil,

Stunde in der Woche auf­gebracht

für mich von großem Nutzen und

seiner Stadt und seinem Land arbeitet

werden, ist das eine ganze Menge.

Bedeutung für meine politische

— das man Vorschläge einbringt und

Arbeit. Leidenschaftlich streiten

unterstützt. Politik fängt dort an,

Ehrenamt hat natürlich auch schöne

um den richtigen Weg ist mir bis

wo man wohnt. Ich fühle mich in

Nebeneffekte: man lernt viele ähnlich

heute wichtig. Ich glaube, dass ich

meiner Stadt wohl und gebe ihr so

denkende Menschen kennen. Durch

schon als Jugendlicher manchen

ein bisschen zurück, so ist es ja auch

das gleiche Interesse ist eine wichtige

Menschen ziemlich auf den Sack

mit der kirchlichen Arbeit. Dort im

Basis geschaffen, die für gemütliche

gegangen bin.

eigenen Umfeld kann man was

Abende und tolle Aktionen unabding­

Elemente, die ich vor allem in der Zeit meiner Jugendverbandsarbeit stark erlebt, gelebt und in der Folge

18 — das teil 1/2013

Jugendarbeit kann also ein toller Grundstein für politisches Engagement sein. Von gesammelten Erfahr­


lich ist. Nicht selten werden Freund-

und dies losgelöst von Karriere- und

gehen. Wenn Politiker authentisch

schaften geschlossen, die ein Leben

Berufsambitionen — das finde ich gut.

bleiben wollen, dann müssen sie sich

lang halten. Und in einer Zeit, in der

Bedauernswerter Weise lassen sich

auch für die schönen Dinge einmal

beste Studienabschlüsse und möglichst

aber nicht alle guten Dinge der Ver-

Zeit nehmen (z.B. die eigene Familie).

viele Praktika, Auslands­aufenthalte

bandsarbeit auf die Politik übertragen.

Zudem ist es in der Politik wesentlich

und Sprachkenntnisse gefordert

Sowohl mit einem lachenden als auch

schwieriger, angestrebte Dinge durch­-

werden, ist es aus meiner Sicht ent-

einem weinenden Auge denke ich an

zusetzten, die zeitgleich bereits

scheidend soziale Kompetenz nachzu-

die gemeinschaftliche Zeit innerhalb

Realität werden.

weisen, im Ehrenamtlichen Engage-

der KjG zurück. Nostalgisch erinnere

ment wird diese deutlich. Seine Frei-

ich mich an tolle Events innerhalb der

Man muss dicke Bretter bohren!

zeit einzubringen, um mitzuge­stalten

Gruppe, gemeinsame Kinoabende,

Ich bin froh, die Erfahrungen der

Partys oder Fahrten, die ich oftmals

Jugend­arbeit in der Politik nutzen

vermisse und zeitgleich niemals

zu können. Eine Gesellschaft lebt

missen möchte. In der Politik ist es

von Mitmachern und Gestaltern,

leider unvermeidbar, dass solche

denn motzen kann Jeder!

Erlebnisse in dieser Form größtenteils

Wir wollen unsere Interessen und

ausbleiben. Als Politiker ist man von

Ideen ein­bringen, damit wir den

seinem Alltag oftmals so getrie­ben,

Himmel schon im Diesseits ein

dass die schönen Dinge häufig zu kurz

kleines Stückchen näher kommen.

kommen bzw. immer mehr verloren

— Jochen Ott

Jochen Ott — ist Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen und Vorsitzender der Kölner SPD. Seine verbandlichen Wurzeln liegen in der Katholischen jungen Gemeinde.

1/2013 das teil — 19


Steinfelder Gasse 20–22 50670 Köln

T 0221‑1642 6316 F 0221‑1642 6613

E politik@bdkj-dv-koeln.de W bdkj-dv-koeln.de

Für Fragen und Anregungen, aber auch mit Informationen und Unterstützung steht Euch die BDKJ Diözesanstelle zur Verfügung.


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