Schwerpunkt: KULtUrGESCHiCHtE
Cartoonmuseum Basel: diE LiGNE CLairE
Fรถrdergelder: WEr BEKaM WiEViEL?
shortcut daS KULtUrMaGaZiN dEr CHriStoPH MEriaN StiFtUNG
#2
September 2013
EditoriaL —
Sie halten, liebe Leserin, lieber Leser, nun schon die zweite Nummer von «Shortcut» in Händen. die erste ausgabe hat ein sehr positives Echo und viele interessierte Leserinnen und Leser gefunden, was uns natürlich freut. denn «Shortcut» soll kein selbstgefälliges Hochglanz-Pr-instrument sein, sondern es soll informieren, es soll die Projekte in den Vordergrund rücken, aber auch Hintergründe und Motive beleuchten, kurz: lesenswert sein. thema dieser ausgabe ist der Förderschwerpunkt Kulturgeschichte. Logisch, denken Sie vielleicht, dass die altehrwürdige Christoph Merian Stiftung kulturgeschichtliche Projekte unterstützt … Ja, naheliegend mag es sein, aber überhaupt nicht zwingend. Warum also initiiert und fördert die Stiftung aus Überzeugung und aktiv kulturgeschichtliche initiativen? Ganz einfach: weil sie der Meinung ist, dass historische Zeugnisse erhalten bleiben, erforscht und zugänglich gemacht werden sollten, dass das kulturelle Erbe und die auseinandersetzung damit wichtig sind für die identität und die identifizierung der Menschen mit ihrem Lebensraum, mit unserer Stadt, mit Basel. Ganz egal, ob es um Sprache, ortsnamen, fotografische Nachlässe, historiografische Werke, Karikaturen und Cartoons, Papiermacherei, Chemie- und Pharmageschichte oder architektur geht: Kulturgeschichtliche themen sind spannend, erfreuen aug und Herz und sind geistig nahrhaft. Viel Spass bei der Lektüre! Beat von Wartburg, Leiter abteilung Kultur der Christoph Merian Stiftung
diE aBENtEUEr dEr LiGNE CLairE dEr FaLL HErGÉ & Co. «Ich pause alle diese Skizzen ab. Das bedeutet, unter all diesen Strichen, die sich vermischen, überlagern, herausspalten, überkreuzen, schneiden, wähle ich denjenigen, der mir als der beste erscheint, den ausdrucksvollsten, den klarsten und den einfachsten – den Strich, welcher die Bewegung am besten wiedergibt, und zwar indem ich versuche, die ganze Spontaneität, die Frische, Unmittelbarkeit des ersten Entwurfs zu erhalten, auch wenn in diesem ersten Entwurf viel Arbeit steckte.» (Hergé, «Le Musée imaginaire de tintin», tournai 1980)
aber äusserst realistisch, während die Figuren und vor allem deren Gesichter stärker stilisiert sind und so die identifikation der Leserinnen und Leser mit ihnen vereinfachen. Ungezählte Zeichnerinnen und Zeichner bezogen und beziehen sich auf Hergés Stil, einige haben ihn kopiert oder adaptiert, andere ihn weiterentwickelt – aber weder Hergés arbeiten noch die vieler anderer Künstler der «Ligne claire» haben bis heute ihre kraftvolle Frische eingebüsst.
alle kennen den ebenso schlauen wie schnellen reporter tim, seinen aufgeweckten Hund Struppi und den Schöpfer ihrer abenteuer, den weltbekannten belgischen Comiczeichner Hergé. Sein Stil inspiriert und beeinflusst bis heute zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler. denn Hergé hat nicht nur ein Panoptikum unverwechselbarer Charaktere geschaffen, er hat diese und die Welt, in der sie sich bewegen, auch in einem Stil gezeichnet, der heute die umfassende ausstellung im als «Ligne claire» bezeichnet wird Cartoonmuseum schaut in die und den viele für die Essenz des anfänge, die zu Hergé und seinen Comics schlechthin halten. stilistisch verwandten Zeitge«Ligne claire»-Zeichner arbeiten nossen geführt haben, stellt alle mit schwarzen Umrisslinien in namhaften «Ligne claire»-Zeichgleichbleibender Strichstärke, die ner mit originalen vor und reicht dadurch abgegrenzten Farben bis in die Gegenwart. Neben den bleiben flächig, also ohne Verläufe naturgemäss stark vertretenen und Schattierungen. die Hinfrankobelgischen und niederläntergründe sind meist reduziert, dischen Künstlern wie E. P. Jacobs,
Jacques Martin, Willy Vandersteen und Joost Swarte kommen auch Schweizer Zeichnerinnen und Zeichner zum Zuge, die in diesem Stil arbeiten oder ihn als Experimentierfeld verstehen. Präsentiert werden Meilensteine wie der Zürcher robert Lips mit seinem frechen GlobusWerbemaskottchen «Globi», das sich seit den 1930er-Jahren durch Schweizer Kinderzimmer reimt, oder daniel Ceppi, dessen superrealistische abenteuergeschichte «Le Guêpier» in den 1970er-Jahren beeindruckte, dazu zeitgenössische Zeichner wie Christophe Badoux, Gion Capeder oder Exem, die die «Ligne claire» seit den 1980er-Jahren wiederbelebt, modernisiert, dekonstruiert oder parodiert haben. Exem alias Emmanuel Excoffier (*1951 in Genf) gehört zu den talentiertesten Schweizer Zeichnern und ist ein Meister der «Ligne claire». Weit über die Westschweiz hinaus kennt man seine Parodien im Pocketformat zu Hergés Helden tim und Struppi. Exklusiv für die Basler Schau hat er ein Plakat gezeichnet und darauf die bekanntesten «Ligne claire»-Helden versammelt – auf dem Weg in ein neues abenteuer. die ausstellungseröffnung findet im rahmen des internationalen Buch- und Literaturfestivals «BuchBasel» statt. anette Gehrig
— diE aBENtEUEr dEr LiGNE CLairE der Fall Hergé & Co.
26.10.2013 – 9.3.2014 Vernissage: Freitag, 25.10.2013, 18.30 Uhr www.cartoonmuseum.ch —
NaMEN ErForSCHEN Wo Menschen leben, gibt es Namen. Sie teilen das von ihnen bewohnte und genutzte Land in überschaubare Einheiten auf. Erst durch Namen werden bestimmte raumeinheiten zu eigentlichen orten. diese strukturieren den Lebensraum mit einem Netzwerk, mit dessen Hilfe man sich orientieren und über orte reden kann. das geschieht kleinräumig und innerhalb spezieller Kommunikationsgruppen oder auch bezogen auf grossräumige Strukturen wie Städte oder Nationen mit gesellschaftsübergreifenden Nutzergruppen oder gar in globalen dimensionen. auch die Stadt Basel und die Landgemeinden riehen und Bettingen besitzen eine solche Namenstruktur, die das Produkt einer langen historischen Entwicklung ist. im alltag begegnet sie uns meist in Form von Siedlungs-, Quartier-, Strassen-, Platzoder Hausnamen, die wir auf Karten, Navigationsgeräten, Schildern oder im Gespräch verwenden. Ebenso gebrauchen wir Gewässer-, Berg-, Wald- oder Flurnamen für nicht besiedelten raum. Einige ortsnamen wie beispielsweise Marktplatz, Mittlere Brücke oder Baselstrasse sind völlig verständlich. Man sieht sofort, was sie inhaltlich bezeichnen. andere wiederum wie Basel, Grosspeterstrasse, Gundeldingen, Nadelberg, Brühlmatte, Riehen oder Heuberg sind bezüglich ihrer sprachlichen Herkunft alles andere als klar, und erst der Blick auf die teilweise sehr alte Beleggeschichte solcher Namen weist den Weg zum Verständnis eines alltäglich benutzten ortsnamens. Wer vermutet schon, dass der Strassenname Grosspeterstrasse
eigentlich auf einen dortigen Grundbesitzer Peter Hug aus dem 14. Jahrhundert zurückgeht, der den charakterisierenden Übernamen «der grosse Peter» trug? inzwischen garantiert der geplante Grosspetertower dem über 600 Jahre alten ortsnamen auch weiterhin eine lange Verwendung. Seit 2008 arbeitet am deutschen Seminar der Universität Basel unter dem dach des von Prof. dr. annelies Häcki Buhofer geleiteten Projekts «Namenbuch Nordwestschweiz» ein Forschungsprojekt an der Erforschung der toponyme (ortsnamen) im Kanton Basel-Stadt (www. ortsnamen.unibas.ch). Es wird hauptsächlich vom Schweizerischen Nationalfonds getragen, kann seine hohen wissenschaftlichen ansprüche aber letztlich nur durch die zusätzliche Unterstützung von Geldgebern wie der Christoph Merian Stiftung realisieren. das Projekt will helfen, ein besseres Verständnis für die Entstehung der Namenlandschaft im Kanton Basel-Stadt zu entwickeln. Woher kommen die Namen, die wir als selbstverständlichen teil unseres alltagslebens betrachten? Wie lassen sie sich sprachwissenschaftlich, namenkundlich und historisch erfassen? Welche Faktoren spielten bei ihrer Entstehung eine rolle, und wie lassen sie sich kulturhistorisch sowohl als Einzel- als auch als Gesamtphänomen verorten? Zur Beantwortung dieser Fragen musste eine solide datenbasis von historischen und aktuellen Namenbelegen zu den erwähnten orten (Siedlung, Quartier, Strasse, Platz, Haus, Gewässer, Berg, Wald, Flur) mit quellenkri-
tischer Prüfung und exakter transkription angelegt werden. dafür wurden vorwiegend dokumente des Staatsarchivs Basel-Stadt ausgewertet. Es entstand eine auswahl von rund 500 unterschiedlichen Quellen (Urkunden, Verwaltungsbücher, Karten, Pläne etc.) mit 47 000 exzerpierten Namenbelegen, die mit ihren Kontexten in einer datenbank (FLUNa) festgehalten wurden. diese arbeit konnten wir im Winter 2011 abschliessen. da die Namenbelege orten zugeordnet sind, kann die datenbank chronologische Belegreihen dieser ortsnamen erstellen. dadurch liess sich die Entwicklung von rund 13 000 unterschiedlichen toponymen sichtbar machen. da diese zum grössten teil georeferenziert sind und die datenbank über verschiedene Zusatzfunktionen verfügt, können wir nicht nur spezifischen Fragestellungen zu einzelnen Namen nachgehen, sondern auch bestimmte historische Namenschichten oder -gruppen untersuchen und auf unterschiedlichem Kartenmaterial darstellen. Ebenfalls möglich sind direktlinks der daten auf offene darstellungssysteme wie Google Maps. aus den vielen informationsfeldern (Beschreibung, Koordinaten, Belege etc.) dieser datenbank generieren wir namenkundliche artikel, sie bilden die Grundlage eines in Entstehung begriffenen Namenlexikons. Es behandelt die toponyme im Kantonsgebiet von Basel-Stadt und soll eine Sammlung, darstellung und wissenschaftliche Besprechung mög-
lichst vieler (sowohl aktueller wie auch nicht mehr gebräuchlicher) ortsnamen sein und für jeden Namen eine repräsentative sprachhistorische Belegreihe vorweisen. das Namenbuch Basel-Stadt wird ein Grundlagenwerk sein, das sich an Experten und interessierte Laien richtet. Wegen der Heterogenität der innerhalb des Kantons zu untersuchenden Siedlungen (Basel, riehen und Bettingen) ist das Namenbuch Basel-Stadt in drei Bänden konzipiert. im ersten Band, der im November 2013 beim CMV erscheint, werden die orts- und Flurnamen der Landgemeinden riehen und Bettingen in jeweils einem Lexikonteil historisch und aktuell dokumentiert und besprochen. der zweite Band der reihe beschäftigt sich mit den orts- und Flurnamen der Stadt Basel, der dritte Band versteht sich als auswertungsband zur Namengebung im Kanton. Er wird auf die Geschichte ländlicher und städtischer toponyme und auf ihre Bezüge eingehen und die Entstehung der Namenlandschaft im Kanton als Ganzes fassbar machen, sowohl in ihrer sprachlichen als auch historischen dimension. Jürgen Mischke und inga Siegfried Jürgen Mischke und inga Siegfried sind Herausgeber des Basler Flurnamenbuchprojekts, an dem seit 2008 unter der Leitung von annelies Häcki Buhofer gearbeitet wird. der erste Band «die ortsnamen von riehen und Bettingen» erscheint im November 2013 im Christoph Merian Verlag. der Band über die ortsnamen der Stadt Basel folgt ein Jahr später.
KEiNE aMoUr FoU Meret oppenheim und Basel, das ist mehr als eine flüchtige Begegnung, eine Liebesbeziehung oder eine Wahlverwandtschaft. Meret oppenheims Wurzeln sind in dieser Stadt zu finden: ihre Grossmutter, Lisa Wenger, die bekannte autorin von Jugendliteratur und Frauenrechtlerin, wohnte im Klingental 13, unmittelbar am rhein. Über der Garage hatte Meret einige Jahre ihr erstes atelier, bevor sie mit ihrem Mann Wolfgang La roche an den rheinsprung, von dort nach aesch und weiter nach thun und Bern zog. alljährlich kehrte sie für die drei schönsten tage zurück ans rheinknie, genoss das intrigieren und entwickelte zahlreiche wundervolle Larven, die sich bis heute erhalten haben. an einer Fasnacht soll sie sogar ein Kostüm mit aufgenähten Schweinsplätzchen getragen haben. in Basel hat Meret oppenheim in den 1930er-Jahren Max Ernst und Marcel duchamp empfangen, hat 1975 den Basler Kunstpreis erhalten und ist sie kurz vor der Eröffnung ihrer ausstellung zum Buch «Caroline» – einer Hommage an die dichterin Karoline von Günderrode, mit der sie sich intensiv befasst hatte – im November 1985 gestorben. 2003 wurden im Gundeldinger Quartier eine Umfahrungsstrasse und ein öder Platz nach ihr benannt, auf der kein Baum wachsen darf, weil es die SBB als Eigentümerin so will. Und dies, obwohl Meret oppenheims Werk stark mit dem Geheimnis der Vegetation verbunden ist. 1972 hat sie ein Bild mit diesem titel gemalt, auf dem eines ihrer Grundmotive: die Schlange zu sehen ist. diese finden sich auch auf dem Hermesbrunnen, der seit dem 14. Juli vor dem Museum tinguely aufgestellt ist. die Vegetation, also die Natur, befindet sich auch im Untertitel eines Skulpturenprojekts im öffentlichen raum der Basler innenstadt, das von mir, zusammen mit Silvia Buol und unter tatkräftiger Mitarbeit unserer assistentin Mirjam Fruttiger, organisiert wurde und
bis zum 24. oktober neu entstandene Werke von 21 Künstlerinnen und Künstlern vereinigt. «100 Jahre Meret oppenheim – das Geheimnis der Vegetation» will durch zahlreiche Veranstaltungen, Führungen und Performances das Werk und die Person einer breiten Öffentlichkeit bekannter machen. der Kanton BaselStadt ist Hauptsponsor, ohne sein Wohlwollen und seine Unterstützung wäre das Projekt nicht realisierbar gewesen. doch auch zahlreiche Geldgeber haben die Umsetzung der ideen, Projekte und träume möglich gemacht, substanzielle Beiträge leisteten die Christoph Merian Stiftung und die Ernst Göhner Stiftung. Weitere Beiträge von Stiftungen und Firmen halfen, teilaspekte des Projektes zu ermöglichen. Ein aufliegendes ausstellungsheft informiert über sämtliche aktivitäten, und die Website www.meret-oppenheim.ch liefert die wichtigen informationen. Meret oppenheim wurde aber auch in anderen Zusammenhängen thematisiert: So zeigte die Quartierkoordination Gundeldingen am 31. august auf dem Meret oppenheim-Platz den Kultfilm «imago» von Pamela robertson-Pearce und anselm Spoerri aus dem Jahr 1988. die beiden hatten jahrelang im Umkreis von Meret oppenheim geforscht und mit ihr Gespräche geführt. Entstanden ist ein intimes Zeugnis mit grossartigen Bildern. Bereits Mitte august, rechtzeitig zur ausstellung im öffentlichen raum, aber auch zur grossen Meret-oppenheim-retrospektive im Martin-Gropius-Bau in Berlin, erschien im Christoph Merian Verlag die von Christian Fluri und mir herausgegebene Publikation «Meret oppenheim. Eine Einführung». Sie vereinigt all jene texte – und einige weitere –, die im Laufe dieses Jahres zum oppenheimJahr monatlich in der «Basellandschaftlichen Zeitung» erscheinen. auf anschauliche und leserfreundliche art werden einzelne themen aufgegriffen und behandelt. die Einführung
will den Leserinnen und Lesern, ohne wissenschaftlichen anspruch zu erheben, zahlreiche Einzelaspekte aus Meret oppenheims Leben und Werk nahebringen. die reich bebilderte Publikation, die neue Fotoporträts der Künstlerin, aber auch unbekannte Erkenntnisse aus diversen archiven präsentiert, ist in jeder Buchhandlung oder über den Verlag erhältlich. Es ist erfreulich, wie sehr sich Basel und die Christoph Merian Stiftung für Meret oppenheim – die bekannteste Künstlerin der
Schweiz – im Jubiläumsjahr 2013 engagieren. Und wer weiss, vielleicht findet sich auch bald ein Standort in der Stadt, um ihren Berner Brunnen nach Basel zu holen. Simon Baur Simon Baur, Kunsthistoriker und freier Publizist, kuratierte zusammen mit Silvia Buol das Projekt «100 Jahre Meret oppenheim – Ein Kunstprojekt in Basel», 15.8. – 24.10.2013 www.meret-oppenheim.ch
GESProCHENE BEitrÄGE & UNtErStÜtZUNGEN JaNUar BiS JUNi 2013
A Roland for an Oliver offspace-Führer CHF 10 000
Heimatkunst Kunstprojekt CHF 16 000
Erster Weltkrieg von R. Labhardt Publikation CHF 40 000
Balimage, Zoom Basler Filmpreis CHF 30 000
Hinterhof offspace CHF 10 000
Geschichte der Lokalradios Publikation CHF 40 000
Culturescapes Festival CHF 30 000
I never read Kunstbuchmesse CHF 10 000
Totentanz / Greenaway Publikation CHF 30 500
Papier Schrift Druck designwettbewerb CHF 68 000
Meret Oppenheim, Kunstprojekt CHF 25 000
Schwarzwaldallee offspace CHF 15 000
Fachsimpeln Kunstprojekt CHF 8 000
Oslo Night CHF 10 000
Stadtkino Basel technische Modernisierung CHF 50 000
Gässli Filmfestival CHF 16 000
Provocate Kunstprojekt im Filter4 CHF 8 000
Haus für elektronische Künste im KECK-Kiosk CHF 48 000
Die Katholiken entdecken Basel Publikation CHF 10 000
Hinzu kommen die mehrjährig bewilligten Beiträge an diverse Kultureinrichtungen wie zum Beispiel Literatur Basel, Haus für elektronische Künste (HeK), Basler Papiermühle u. a. im Umfang von CHF 1.65 Mio.
Totentanz Kunstprojekt CHF 25 000
Ebenfalls nicht enthalten ist der Kredit für den Umbau an der oslostrasse 12 – 14 (neue iaab-ateliers und neues domizil des HeK). darüber mehr in der nächsten Shortcut-ausgabe …
ort kommen, wo sieChristian bleiben können. Viel- (geb. 1929) spricht über seine der Fotograf Baur leicht schlummern sie erst, vielleicht braucht arbeit und die archivierung seines Werks, aufgezeichnet am es eine gewisse Zeit. aber vielleicht werden dann auch gewisse Sachen interessant. Für 9. Juli 2013 von andré Salvisberg.
KuNst LIcht
daS FotoGraFiSCHE WErK VoN CHriStiaN BaUr Christian Baur, heute über 80 Jahre alt, gehört zweifelsohne zu den besten Basler Berufsfotografen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mit seinen aufnahmen hat er nicht nur die Basler Kunstszene und Zeitgeschichtliches, sondern über die Werbefotografie auch ganze Branchen und industrien dokumentiert. die Bilder sind deshalb insbesondere für die Wirtschaftsgeschichte von grossem interesse. Sein archiv umfasst ca. 40 000 aufnahmen. Nach der Überführung des Moeschlin-
Nachlasses, den er betreut hatte, machte sich Christian Baur auch über die Zukunft seines eigenen Fotoarchivs Gedanken und kam auf die Christoph Merian Stiftung zu. im Sinne einer Public-Private-Partnership wurde das Fotoarchiv Baur erschlossen. Es wird nun ins Staatsarchiv transferiert und in naher Zukunft als ikonografisches Zeugnis der Vergangenheit zur Öffentlichkeit sprechen. andré Salvisberg
DAS FOTOGRAFISCHE WERK VON CHRISTIAN BAUR — SHORTCUT #2
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mich ist die trennung von meinem archiv Sichern kein Problem. die inventarisierung hat mir gezeigt, ich gemacht und hat mir Es ist einwas Problem, das allehabe, Fotografen haben, auch andere gezeigt,Kollegen dass ichvon in mir einem fragen tollen sich:Beruf Was soll gut gefahren man nur mit bin.dem ich könnte archiv machen? es mir nicht ich bin anders vorstellen. einmal beim Sohn vom Kling-Jenny* vorbei. derMein hat mir gesagt, dass hat bei sich der räumung eigenes Material gut gehaldes vorgefahren und ten.ateliers WichtigLastwägen ist zum Ersten, dass dassind Material vor Staubentsorgt und Licht geschützt Wenn kistenweise haben. Und derist. Spreng* ein diapositiv gut gelagert ist, dann hält das sicher hundert Jahre und noch länger. ich habe diapositive von 1970, die sind noch wie am ersten tag. ich sah einmal das archiv des ateliers Eidenbenz* in einem Kellerschrank. da waren noch viele Glasplatten dabei. Wenn man den Schrank aufgemacht hat, dann hat das nach Entwickler und Fixierbad gerochen, weil das alles nicht gut gewässert worden war. Es gab chemische restsubstanzen darin, die weiter gearbeitet und die Schichten angefressen und die Fotos zusammengeklebt haben. Wie hiessen die Substanzen schon wieder? an der Lehrabschlussprüfung mussten wir sagen, woraus sich die Substanzen zusammensetzen. Man musste die Chemikalien damals noch beim drogisten Lehner kaufen und selber ansetzen. Um Filme abzuschwächen, hat man Zyankali gebraucht, und da hat mich der Willi Eidenbenz* geschickt und gesagt, jetzt holst du ein Pfund Zyankali, und das waren so harte Kugeln, die man im Labor in den Mörser tat und zerstampfte. ich habe den Geruch noch in der Nase, es schmeckte wie Bittermandel. Und da hat er dann gewarnt: «Luegsch, dass de nüt ans Muul griegsch!» das war die einzige Vorsichtsmassnahme, und das war bei allen Fotografen so: Luegsch, dass de nüt ans Muul griegsch!
hat einmal einen teil seines archivs in einem anfall in den rhein geworfen, Glasplatten und Filme – das ist natürlich keine Lösung! Wobei, es ist immer fragwürdig. Man kann nicht alles aufbewahren, wohin auch damit? aber es gibt dinge, die bleiben sollten. das ist für mich eine Befriedigung zu wissen, dass meine aufnahmen im Staatsarchiv an einen
Kunst Wenn ich jetzt so schaue: im Staatsarchiv hat es viele aufnahmen, von den Höflingers*, vom Spreng*, von allen möglichen, sogar von noch früher. der Heman*, Bernauer* und andere, die haben in Zeitschriften und Zeitungen, in den «Basler Nachrichten» oder der «NationalZeitung», enorm über Basel publiziert. ich aber habe eigentlich nie in der Stadt fotografiert. Bei mir ist das Merkmal, dass ich von verschiedensten auftraggebern direkt angefragt worden bin, was eigentlich schön ist. das hat einen auch bei der Stange gehalten. Man hat mit der Zeit einen gewissen ruf bekommen, und dann gibt das eine art Kettenreaktion. der Kundenkreis wächst. die Vielfalt war ein Merkmal meiner ganzen Berufsarbeit, man kam an Sachen oder Leute heran, zu denen man sonst nie Zugang gehabt hätte. ich habe das immer geschätzt. Viel lief erst über die Werbung, wobei die Fotografie noch einen ganz anderen Status hatte. die Foto ging tel quel, vielleicht mit ein paar kleinen retuschen, in die Verwertung. das war schön. dann kam eine Zeit, wo es hiess: Mach einfach eine Foto. die Foto wurde dann bearbeitet, gedehnt, eingefärbt, angepasst, bis man sie gar nicht mehr wie-
DAS FOTOGRAFISCHE WERK VON CHRISTIAN BAUR — SHORTCUT #2
ort kommen, wo sieChristian bleiben können. Viel- (geb. 1929) spricht über seine der Fotograf Baur leicht schlummern sie erst, vielleicht braucht arbeit und die archivierung seines Werks, aufgezeichnet am es eine gewisse Zeit. aber vielleicht werden dann auch gewisse Sachen interessant. Für 9. Juli 2013 von andré Salvisberg. mich ist die trennung von meinem archiv Sichern kein Problem. die inventarisierung hat mir hat einmal einen teil seines archivs in einem gezeigt, ich gemacht und hat mir anfall in den rhein geworfen, Glasplatten Es ist einwas Problem, das allehabe, Fotografen haben, auch andere gezeigt,Kollegen dass ichvon in mir einem fragen tollen sich:Beruf Was und Filme – das ist natürlich keine Lösung! soll gefahren gut man nur mit bin.dem ich könnte archiv machen? es mir nicht ich bin an- Wobei, es ist immer fragwürdig. Man kann ders vorstellen. einmal beim Sohn vom Kling-Jenny* vorbei. nicht alles aufbewahren, wohin auch damit? derMein hat mir gesagt, dass hat bei sich der räumung eigenes Material gut gehal- aber es gibt dinge, die bleiben sollten. das des ateliers vorgefahren und ist für mich eine Befriedigung zu wissen, dass ten. WichtigLastwägen ist zum Ersten, dass dassind Material vor Staubentsorgt und Licht geschützt Wenn meine aufnahmen im Staatsarchiv an einen kistenweise haben. Und derist. Spreng* ein diapositiv gut gelagert ist, dann hält das sicher hundert Jahre und noch länger. ich habe diapositive von 1970, die sind noch wie am ersten tag. ich sah einmal das archiv des Kunst ateliers Eidenbenz* in einem Kellerschrank. Wenn ich jetzt so schaue: im Staatsarchiv hat da waren noch viele Glasplatten dabei. Wenn es viele aufnahmen, von den Höflingers*, vom man den Schrank aufgemacht hat, dann hat Spreng*, von allen möglichen, sogar von noch das nach Entwickler und Fixierbad gerochen, früher. der Heman*, Bernauer* und andere, weil das alles nicht gut gewässert worden war. die haben in Zeitschriften und Zeitungen, in Es gab chemische restsubstanzen darin, die den «Basler Nachrichten» oder der «Nationalweiter gearbeitet und die Schichten angefres- Zeitung», enorm über Basel publiziert. ich sen und die Fotos zusammengeklebt haben. aber habe eigentlich nie in der Stadt fotograWie hiessen die Substanzen schon wieder? an fiert. Bei mir ist das Merkmal, dass ich von verder Lehrabschlussprüfung mussten wir sagen, schiedensten auftraggebern direkt angefragt woraus sich die Substanzen zusammensetzen. worden bin, was eigentlich schön ist. das hat Man musste die Chemikalien damals noch einen auch bei der Stange gehalten. Man hat beim drogisten Lehner kaufen und selber an- mit der Zeit einen gewissen ruf bekommen, setzen. Um Filme abzuschwächen, hat man und dann gibt das eine art Kettenreaktion. Zyankali gebraucht, und da hat mich der Willi der Kundenkreis wächst. die Vielfalt war ein Eidenbenz* geschickt und gesagt, jetzt holst Merkmal meiner ganzen Berufsarbeit, man du ein Pfund Zyankali, und das waren so harte kam an Sachen oder Leute heran, zu denen Kugeln, die man im Labor in den Mörser tat man sonst nie Zugang gehabt hätte. ich habe und zerstampfte. ich habe den Geruch noch das immer geschätzt. in der Nase, es schmeckte wie Bittermandel. Viel lief erst über die Werbung, wobei die Und da hat er dann gewarnt: «Luegsch, dass de Fotografie noch einen ganz anderen Status nüt ans Muul griegsch!» das war die einzige hatte. die Foto ging tel quel, vielleicht mit Vorsichtsmassnahme, und das war bei allen ein paar kleinen retuschen, in die VerwerFotografen so: Luegsch, dass de nüt ans Muul tung. das war schön. dann kam eine Zeit, griegsch! wo es hiess: Mach einfach eine Foto. die Foto wurde dann bearbeitet, gedehnt, eingefärbt, angepasst, bis man sie gar nicht mehr wie-
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Werbung dererkannte. als Fotograf wurde man so zum wollten Metier – die hatten ja kein Geld –, dann hiess Basel und Zürich waren Und Hochburgen den kannten nicht. der rohmaterial-Lieferanten. dann warder es es, gibStarfotografen das dem Stift, der kostetwir nichts. Und so Fotografie. dasnicht hattemehr mit der WerbungEnde und kam Fotograf wardiese ein Berufsstand. alle aus meieigentlich auch befriedigend. ich in reproduktionsgeschichte. der 70er-Jahre Mode zu tun. Es gab damals zwei in der ner Generation und der davor waren ausgehat sich das Gewicht meiner ar- das war eine tolle Kontaktbörse. Man ging in deutschschweiz bekannte wiesene, hochqualifizierte Handwerker und Kunsthalle, dort sassen Bodmer und otti beit verlagert. dierichtig Werbung wurde Modefotodamals für die grafen, Siegfried in Basel und Lutz inKunst Zürich. techniker mit sehrWer vielist Berufsstolz und mich weniger interessant, der anteil ist abt. die fragten: das? – das istsehr der Was an gestiegen. Mode in Viele Zürich anfiel, bei mir haben dasfotografierte gar nicht ge- junge viel Metier. Christian das geht Baur,vielleicht wenn duHand mal in einHand Bild Lutz, tat das der Hugo Siegfried*. fotografiert mit der Entwicklung derder Berufsfotografie. macht,in daBasel die reproduktion von Kunstwerken haben willst, macht dir das! dann gab esMinderwertiges noch die Pharmaindustrie, wo das Schauen Sie sich die aufnahmen von 1925 von oft als etwas galt. Meine ersten zog seine Kreise, insbesondere der Basler immer arbeit anfiel. Über industrie Kling-Jenny*und an vom Volkshaus. das tinguely hat mein selbstständigen arbeiten, dieMode, ich in der Lehre Kunstverein später das Museum und Werbung kam einiges zusammen. die wurden Vater alswichtige architektauftraggeber, gebaut, Kling-Jenny es bei Eidenbenz* gemacht habe, sind aber geraund ichhat habe lokalen Modegeschäfte leisteten eigene im auftrag Sie sich die de reproduktionen gewesen. Wennsich die 33er zu diese arbeitfotografiert. damals undSchauen später immer gerne Werbefotografie, da kam einer von der haben Firma gemacht. Qualität an! Sie ist grossartig. das ist schon uns kamen und ihre Bilder fotografiert mit der Schneiderin oder dem Schneider, die schön, etwas, das technisch so perfekt ist. ich die Kleider mit den Wäscheklammern anpass- zeige ihnen jetzt alle. Kling-Jenny buckelte die ten. da hat man die aufnahmen tel quel in Glasplatten-Kamera umher. Für diese Foto ist inseraten oder sogar Plakaten gebraucht. da er mit dem schweren ding die ganzen treppen wurde schon viel fotografiert. Wenn ich daran hinauf ganz in die Höhe gestiegen. denke, wie viel Berufsfotografen es in Basel ich habe zwar viel im Studio fotografiert. gab! das war eine ganze Liste. das haben die aufträge mit sich gebracht. Preisdruck gab es nicht so. Man hörte zwar Wenn ich aber so zurückdenke: ich habe in manchmal, dass sich der eine Kollege über meinem Berufsleben abertonnen herumden anderen beklagte, der geht unten rein mit geschleppt. Kameras, Lichter, Stative und so seinen Preisen. aber das war eigentlich nie ein weiter. den grössten teil habe ich alleine gethema. oft war es so, dass der auftraggeber macht. Nur einmal hatte ich drei Jahre lang die aufnahmen von einem bestimmten Fo- einen Stift, assistenten hatte ich eigentlich tografen wollte. da hiess es, das kann nur der nie. den handwerklichen teil habe ich immer Siegfried*, nur der Moeschlin*, nur der Eiden- geliebt. ich wollte es eigentlich nie anders. benz* oder nur der Baur, und zu dem gehen Kling-Jenny war die nächstältere Generation, wir. das kam uns Fotografen zugute. ich weiss und diese Schule habe ich noch mitgemacht. noch, ein Grafiker, der ein Schulkollege von Carl Hoffmann* war auch Experte an unserer Moeschlin und oft mit ihm zusammen war, Schule. da hatte man eine theoretische und der sagte, wenn du zu Moeschlin und Baur eine praktische Prüfung. da ist man mit der gehst, dann geh zu Moeschlin, denn dr Baur grossen Kamera hinaus und musste eine arka nüt. dann haben sich die beiden verkracht, chitekturaufnahme machen, dann im atelier und dann hat der darauf gesagt – das weiss ein Porträt. Meine Lehrabschlussarbeit habe ich, das ist verbürgt –, wenn du zu Moeschlin ich nicht mehr, ich weiss nicht, wo die hin ist. und Baur gehst, dann geh zu Baur, denn mit em Moeschli kunnsch nit z’schlaag. So hat es sich ergeben, dass seine 1 Modeaufnahmen im jeder Atelier Berufsfotograf Eidenbenz. Modeaufnahmen im atelier Eidenbenz. a Beleuchter ist der 17 Jahre Und alte Christian Baurtreuen in Ausbildung, 1946 Beleuchter ist der 17 Jahre alte treue Kundschaft hatte. bei einem a 2 Christian Baur, Ebauches Marin, ca. 1975 Christian Baur in ausbildung, 1946 Kunden hat man auch darauf geachtet, dass g 3 Christian Baur, Labor der CIBA Basel, ca. aG. 1975 transportbänder Habasit Christian Baur, Labor der CiBa Basel, ca. 1975 c der Preis stimmt. das hat eindigitaler wenigAG. mit dem zu schweben, 4 Christian Baur, Transportbänder Habasit die Bänder scheinen nicht dank Bearbeitung sondernBaur, stehen aufKlotz kleinen Nadeln, 1975 Christian Lenz (Künstler), d Die Bänderden scheinen nicht dank unsichtbar digitaler Bearbeitung stehen auf kleinen Nadeln, die durch aufnahmewinkel werden. zu schweben, sondern Christian Baur, BBC, Baden, ca. 1975 dd Berufsbewusstsein zu tun. b die durch Baur, den Aufnahmewinkel unsichtbar werden. Christian theater Basel, Blick auf das dach im Bau, ca. 1975
Metier den Starfotografen kannten wir nicht. der Fotograf war ein Berufsstand. alle aus meiner Generation und der davor waren ausgewiesene, hochqualifizierte Handwerker und techniker mit sehr viel Berufsstolz und sehr viel Metier. das geht vielleicht Hand in Hand mit der Entwicklung der Berufsfotografie. Schauen Sie sich die aufnahmen von 1925 von Kling-Jenny* an vom Volkshaus. das hat mein Vater als architekt gebaut, Kling-Jenny hat es im auftrag fotografiert. Schauen Sie sich die Qualität an! Sie ist grossartig. das ist schon schön, etwas, das technisch so perfekt ist. ich zeige ihnen jetzt alle. Kling-Jenny buckelte die Glasplatten-Kamera umher. Für diese Foto ist er mit dem schweren ding die ganzen treppen hinauf ganz in die Höhe gestiegen. ich habe zwar viel im Studio fotografiert. das haben die aufträge mit sich gebracht. Wenn ich aber so zurückdenke: ich habe in meinem Berufsleben abertonnen herumgeschleppt. Kameras, Lichter, Stative und so weiter. den grössten teil habe ich alleine gemacht. Nur einmal hatte ich drei Jahre lang einen Stift, assistenten hatte ich eigentlich nie. den handwerklichen teil habe ich immer geliebt. ich wollte es eigentlich nie anders. Kling-Jenny war die nächstältere Generation, und diese Schule habe ich noch mitgemacht. Carl Hoffmann* war auch Experte an unserer Schule. da hatte man eine theoretische und eine praktische Prüfung. da ist man mit der grossen Kamera hinaus und musste eine architekturaufnahme machen, dann im atelier ein Porträt. Meine Lehrabschlussarbeit habe ich nicht mehr, ich weiss nicht, wo die hin ist.
Modeaufnahmen im atelier Eidenbenz. Beleuchter ist der 17 Jahre alte Christian Baur, Lenz (Künstler),1946 1975 Christian Baur Klotz in ausbildung, Christian BBC, Basel, Baden,ca. ca.1975 1975 Christian Baur, LaborBaur, der CiBa Christian Baur,Baur, Theater Basel, Blick auf das Dach Christian Lenz Klotz (Künstler), 1975 im Bau,ca. ca.1975 1975 Christian Baur, BBC, Baden,
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Zeichnen Schwarz-Weiss ist immer noch die Mutter aller Fotografie. Sie ist die konsequenteste Fotografie. da steht man mit der Kamera, 360 Grad um einen ist alles da. dann sucht man einen ausschnitt, näher dran, weiter dran, dann geht die dritte dimension weg, es wird zweidimensional, und die letzte Konsequenz ist, die Farbe wegzulassen. dann wird es zur Zeichnung. Fotografie heisst ja auch: mit Licht zeichnen. der aufwand war damals physisch und materiell so gross, dass man sich bei jeder aufnahme genau überlegte, mache ich sie oder mache ich sie nicht? ich bin ein Freund klarer Bilder. ich finde, mit der Foto macht man eine Mitteilung. Und wenn jemand sich mitteilt, ist es besser, wenn er das klar und deutlich tut. als Fotograf war man halt zwangsläufig der realität verpflichtet – mit den digitalen Bearbeitungsmöglichkeiten vielleicht etwas weniger. Beim digitalen fällt der anteil des Handwerklichen weg. Es ist nicht dasselbe, ob man Filme und Vergrösserungen im Labor küderlet, bis sie gut sind, oder ob man am Computer sitzt. das ist einfach heute anders, es ist nicht schlechter oder besser, sondern es ist einfach eine Veränderung, die ich als teil der älteren Generation …
ich mache auch noch etwas digitalfotografie und habe Programme, mit denen ich bearbeiten kann. aber das mache ich praktisch nicht. das ist mir im Grunde zuwider. die Foto ist tel quel, und vielleicht hat sie auch einen Mangel. digitalfotografie läuft irgendwie wie geschmiert. Für mich ist das aber wie eine gewisse Überzeugung, dass ich einen aufwand brauche, einen Widerstand, damit die arbeit eine Bedeutung bekommt. Wenn alles nur so aus dem Handgelenk kommt, dann stimmt etwas für mich nicht. ich bin froh, dass ich routine in der arbeit habe, aber einen Haken muss es schon haben, damit es spannend bleibt … Lesen Sie das ganze Gespräch im Basler Stadtbuch 2013, das Ende Januar 2014 im Christoph Merian Verlag erscheinen wird. *Basler Fotografen: Bernauer, Ludwig (1922 – 2004); Eidenbenz, Fotoatelier der drei Brüder Hermann (1902 – 1993), reinhold (1907 – 1988), Willi (1909 – 1998); Heman, Peter (1919 – 2001); Höflinger, Fotografendynastie mit Jakob (1819 – 1892), albert (1855 – 1936), august (1867 – 1939), Walter (1904 – 1958), Heinz (1928 – 2003); Hoffmann, Fotografendynastie mit theodor (1860 – 1925), Carl (1883 – 1969), Felix (*1929); Kling-Jenny, Carl (1865 – 1929); Moeschlin, Peter (1924 – 2003); Siegfried, Hugo (1916 – 2006); Spreng, robert (1890 – 1969)
DAS FOTOGRAFISCHE WERK VON CHRISTIAN BAUR — SHORTCUT #2
Werbung Basel und Zürich waren Hochburgen der Fotografie. das hatte mit der Werbung und der Mode zu tun. Es gab damals zwei in der deutschschweiz richtig bekannte Modefotografen, Siegfried in Basel und Lutz in Zürich. Was an Mode in Zürich anfiel, fotografierte Lutz, in Basel tat das der Hugo Siegfried*. dann gab es noch die Pharmaindustrie, wo immer arbeit anfiel. Über Mode, industrie und Werbung kam einiges zusammen. die lokalen Modegeschäfte leisteten sich eigene Werbefotografie, da kam einer von der Firma mit der Schneiderin oder dem Schneider, die die Kleider mit den Wäscheklammern anpassten. da hat man die aufnahmen tel quel in inseraten oder sogar Plakaten gebraucht. da wurde schon viel fotografiert. Wenn ich daran denke, wie viel Berufsfotografen es in Basel gab! das war eine ganze Liste. Preisdruck gab es nicht so. Man hörte zwar manchmal, dass sich der eine Kollege über den anderen beklagte, der geht unten rein mit seinen Preisen. aber das war eigentlich nie ein thema. oft war es so, dass der auftraggeber die aufnahmen von einem bestimmten Fotografen wollte. da hiess es, das kann nur der Siegfried*, nur der Moeschlin*, nur der Eidenbenz* oder nur der Baur, und zu dem gehen wir. das kam uns Fotografen zugute. ich weiss noch, ein Grafiker, der ein Schulkollege von Moeschlin und oft mit ihm zusammen war, der sagte, wenn du zu Moeschlin und Baur gehst, dann geh zu Moeschlin, denn dr Baur ka nüt. dann haben sich die beiden verkracht, und dann hat der darauf gesagt – das weiss ich, das ist verbürgt –, wenn du zu Moeschlin und Baur gehst, dann geh zu Baur, denn mit em Moeschli kunnsch nit z’schlaag. So hat es sich ergeben, dass jeder Berufsfotograf seine treue Kundschaft hatte. Und bei einem treuen Kunden hat man auch darauf geachtet, dass der Preis stimmt. das hat ein wenig mit dem Berufsbewusstsein zu tun.
DAS FOTOGRAFISCHE WERK VON CHRISTIAN BAUR — SHORTCUT #2
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SCHWErPUNKt
KuLturGEschIchtE Historische Kulturzeugnisse wie aktuelles Kulturschaffen sind wichtig für die Verortung und die identität des Einzelnen und müssen heutigen Medienkonsumgewohnheiten entsprechend vermittelt werden.
KULtUrGUt tUt GUt SiCHErN – ErForSCHEN – VErÖFFENtLiCHEN
Je mobiler die Menschen werden, je internationaler und globaler sie sich kulturell orientieren, desto wichtiger ist das historische (Selbst-) Bewusstsein und die zeitgemässe regionale Geschichtsschreibung. die Christoph Merian Stiftung setzt sich für beides mit zahlreichen Projekten ein. Sie achtet dabei auf Nachhaltigkeit. Was heute aktualität ist, ist morgen Zeitgeschichte und übermorgen Geschichte. So versteht die Stiftung die Herausgabe des Basler Stadtbuchs als eine prospektive historische dokumentation. dasselbe gilt für die multimediale Basler online-Chronik (www. baslerchronik.ch). Beide, Stadtbuch wie Basler Chronik, bilden die Basler Geschichte ab seit 1879, seit 133 Jahren also. trotz diesem Engagement sind wir der Meinung, dass die region Basel ein neues Geschichtswerk braucht. deshalb freuen wir uns über die initiative des Vereins Basler Geschichte (vgl. den Beitrag von Beatrice Schumacher). Und: Mit der reihe «Beiträge zur Basler Geschichte» des Christoph Merian Verlags steuern wir heute schon Bausteine dazu bei. Einblick in die arbeiten für einen weiteren spannenden Band gibt uns robert Labhardt, der über Basel zur Zeit des Ersten Weltkriegs forscht. Nach dem Projekt «Historischer atlas der region Basel» (hg. von andré Salvisberg)
arbeiten wir zurzeit an einer zweibändigen Publikation zur Geschichte der chemischen und pharmazeutischen industrie Basels. denn es gibt bis heute keine allgemein verständliche historiografische Übersicht über diese Schlüsselindustrie. apropos Schlüsselindustrie: das chemiegeschichtliche Projekt ist eine konsequente Fortführung des Engagements der Stiftung bei der Basler Papiermühle, die sich der ersten Basler Schlüsselindustrie, der Papier-, druck und Schriftproduktion, widmet. im Zeitalter der «technischen reproduzierbarkeit» hat die Vielfalt an Medien stark zugenommen, und damit ist die Bandbreite zeitgeschichtlicher Zeugnisse mittlerweile multimedial. Fotografische archive und Nachlässe, Karikaturen und Cartoons, audiodokumente und Filme dokumentieren auf spannende Weise die Geschichte und Kultur Basels. aber das Bewusstsein, dass diese neuen medialen Formen und ihre Erhaltung, aufarbeitung und Veröffentlichung wichtig sind, ist noch nicht genügend entwickelt. deshalb kommt es immer wieder vor, dass die Stiftung sozusagen notfallmässig helfen muss (wobei sie dies gerne tut), Karikaturen & Cartoons (Jüsp, Stauber, Haëm), fotografische Sammlungen von Unternehmen (z.B. der Schweizerischen reederei und Neptun aG), von ein-
zelnen Fotografen (wie alfred Kugler, Peter Moeschlin oder Christian Baur) oder von institutionen wie der Basler Mission (bmpix.org) zu sichern, zu inventarisieren und zugänglich zu machen. dies ist meist nur möglich dank der kompetenten Kooperation mit Partnern wie dem Staatsarchiv Basel-Stadt. Mit ihm hat der Christoph Merian Verlag übrigens auch eine ganze Serie von historischen Filmen auf dVd herausgebracht («Bewegte Vergangenheit», 1 – 4). Ein weiterer Partner des Verlages ist das Schweizer radio und Fernsehen SrF. Mit ihm etablierte er ab 2005 eine erfolgreiche Hörbuchreihe und hob neben literarischen Schätzen Mundartklassiker wie «Spalebärg 77a» aus dem radioarchiv. auch bei anderen Projekten wie der multimedialen Fasnachtsgeschichte («Basler Fasnacht – vorwärts marsch! Lääse – loose – luege!») arbeitete der Verlag mit dem SrF zusammen. Ebenfalls digital unterwegs ist das grosse Projekt «Natur und Landschaft der region Basel». die Website regionatur.ch wird ab Ende 2014, nach fünf Jahren arbeit, online sein (vgl. den Beitrag von Christoph Meneghetti). die Website beruht auf dem gleichnamigen Cd roM-Projekt aus dem Jahr 1999. damit diese Wissens- und dokumentationsbestände nicht durch den technologischen Wandel verloren gehen, hat sich die Stiftung für die internetapplikation eingesetzt. dasselbe gilt auch für die aktualisierung des Basler architekturführers, der vor 20 Jahren erschienen ist und nun
in mehrjähriger arbeit à jour gebracht wird. Somit wird dieses Standardwerk wieder aktuell und greifbar sein (vgl. den Beitrag von oliver Bolanz). auch die Sprache gehört zum Kulturgut, und diese ist wie alles auf der Welt einem steten Wandel unterworfen. deshalb hat die Stiftung 2010 in Zusammenarbeit mit dem deutschen Seminar der Uni Basel nach mehrjähriger Forschungsarbeit ein neues BaseldeutschWörterbuch ediert, und deshalb bereiten wir jetzt ebenfalls nach mehrjähriger Forschung und Kooperation mit dem deutschen Seminar die Publikation eines dreibändigen ortsund Flurnamenbuchs von Basel, riehen und Bettingen vor (vgl. den artikel von Jürgen Mischke und inga Siegfried). Sie sehen, liebe Leserin, lieber Leser, unser kulturgeschichtliches Engagement mündet häufig in Publikationen: als gedrucktes Buch, als E-Book, dVd oder Hörbuch auf Cd oder als MP3-download. darum ist auch der Christoph Merian Verlag, der zwar nach kommerziellen Gesichtspunkten arbeitet, aber dennoch defizitär ist, ein wichtiges Kulturförderinstrument der Stiftung, um geschichtliche Forschungen, arbeiten, Werke auch für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Beat von Wartburg
rPUNKt diCHtE GESCHiCHtE
EschIchtE diE rEiHE «BEitrÄGE ZUr BaSLEr GESCHiCHtE» iM CHriStoPH MEriaN VErLaG
affen sind wichtig für die Verortung und die identität umgewohnheiten entsprechend vermittelt werden. als das Buch «Basel – Geschichte einer städtischen Gesellschaft» im Herbst 2000 erschien, zelnen (wie alfred konnte Fotografen man im Vorwort lesen: Kugler, Peter Moeschlin Christian oderaus vonmehins«Von Zeitoder zu Zeit bedarf Baur) Geschichte reren Gründen neuer Darstellungen: weil die titutionen wie der Basler Mission (bmpix.org) Forschung Erkenntnissen die in zu sichern,zu zuneuen inventarisieren und führt, zugänglich einemachen. Gesamtsicht müssen,dank weil zu dieseinbezogen ist meist werden nur möglich jede Zeit mit ihren spezifischen Sensibilitäten und der kompetenten Kooperation mit Partnern wie Fragen dem ihrStaatsarchiv eigenes Verhältnis Basel-Stadt. zur Vergangenheit Mit ihm hat erarbeiten muss,Merian und schliesslich weil auchauch der der Christoph Verlag übrigens jüngste, durch denvon Fortgang der Zeit Filmen immer wieeine ganze Serie historischen auf dVd der ‹nachwachsende› herausgebracht Abschnitt («Bewegte der Zeitgeschichte Vergangenheit», miterfasst 1 – 4).werden Ein weiterer muss. Dies Partner gilt des auchVerlages für die ist dasGeschichte. Schweizer(…) radio SrF. Basler Dasund nun Fernsehen vorliegende Buch Mit will ihm im genannten etablierte er Sinne ab 2005 für ‹2001› eine erfolgreiche ein kleiner Hörbuchreihe Jubiläumsbeitragund sein,hob es will neben und kann literarischen aber kein Ersatz für die angestrebte umfassende Erarbeitung Schätzen Mundartklassiker wie «Spalebärg einer aus neuen Kantonsgeschichte sein.» 77a» dem radioarchiv. auch bei anderen Zwölf Jahre gibt es dieFasnachtsgeneue KanProjekten wie derspäter multimedialen schichte tonsgeschichte («Baslerimmer Fasnacht noch – vorwärts nicht. aber: marsch! Es gibt immerhin für eine Lääse – loose – Bestrebungen luege!») arbeitete der solche Verlag (vgl.dem den SrF Beitrag von Beatrice Schumacher). mit zusammen. Und: Ebenfalls Es gibtdigital die stetig unterwegs wachsende ist das grosse reihe des Christoph Merian Verlags,der «Beiträge Projekt «Natur und Landschaft region zur BaBasler Geschichte». im Bewusstsein, dass die sel». die Website regionatur.ch wird ab Ende 2014, Erarbeitung nach fünf einer Jahren neuen arbeit, Basler online Geschichte sein (vgl. erstens ein langer Prozess sein wird und dass den Beitrag von Christoph Meneghetti). die es zweitens dafür monografische Website beruht aufauch demneue gleichnamigen Cd roM-Projekt Untersuchungen ausbraucht, dem Jahrhat 1999. der damit Verlag diese historiografische Buchreihe ins Leben gerufen. Wissensund dokumentationsbestände nicht derden erste Band befasste Wandel sich mitverloren «orten durch technologischen der Erinnerung», mit der in Basel gehen, hat sich died.h. Stiftung fürZeit die internetzwischen 1933 und 1945. das ausgesprochen applikation eingesetzt. dasselbe gilt auch für die lesefreundliche aktualisierung Buch deswar Basler so erfolgreich, architekturfühdass eine der zweite gedruckt und ist eine gleichrers, vorauflage 20 Jahren erschienen und nun
namige dVd herausgegeben werden konnten. dies ermutigte uns, die reihe konsequent fortzusetzen. Zuletztarbeit erschien zumgebracht Jubiläum des in mehrjähriger à jour wird. Somit 50-jährigen wirdBestehens dieses Standardwerk der regio Basiliensis wieder das akBuch und «diegreifbar regio-idee. tuell seinGrenzüberschreitende (vgl. den Beitrag von Zusammenarbeit oliver Bolanz). in der region Basel». im Zuge kulturgeschichtlichen Engaauch dieihres Sprache gehört zum Kulturgut, gements Werke selbst und diesehat istdie wieStiftung alles aufeinzelne der Welt einem steten initiiert Wandel undunterworfen. die Forschung deshalb finanziert hat die (soStifbei den titeln «armut und Fürsorgemit in dem Basel» und tung 2010 in Zusammenarbeit deut«Kapital und Moral», der Biografie von Chrisschen Seminar der Uni Basel nach mehrjähritophForschungsarbeit Merian), zum teil dieBaseldeutschStiftung die ger ein hat neues drucklegungediert, unterstützt («Gegenbereiten den Krieg» Wörterbuch und deshalb wir und «orte des Wissens»), zum teil Forschung übernahm jetzt ebenfalls nach mehrjähriger der Produktion und deutschen Vertrieb («NaturundVerlag Kooperation mit dem SemiGeschichte», «Vom Weissgerber zum Bundesnar die Publikation eines dreibändigen ortsrat», der Geschichte dervon Familie und Flurnamenbuchs Basel,Brenner, riehen oder und «Ärzte im vor 19. Jahrhundert»). immer Bettingen (vgl. den artikel von wieder Jürgen war das Historische institut der Universität Mischke und inga Siegfried). Basel Sieunser sehen,Partner, liebe Leserin, was unslieber ganz besonders Leser, unfreut, denn zur PhilosophieEngagement des ChristophmünMeser kulturgeschichtliches rianhäufig Verlagsin gehört es, wissenschaftlich aufgedet Publikationen: als gedrucktes Buch, arbeitete alsthemen E-Book,indVd allgemein oder verständlicher Hörbuch auf Form zu edieren. Cd oder als MP3-download. darum ist auch undMerian VerlagVerlag, sind überzeugt, dass derStiftung Christoph der zwar nach kommerziellen es die «BeiträgeGesichtspunkten zur Basler Geschichte» arbeitet,auch aber künftig braucht, wir wichtiges freuen unsKulturförauf neue dennoch defizitärund ist, ein themen, neue der historiografische initiativen derinstrument Stiftung, um geschichtliche und Forschungen, vor allem auf neue arbeiten, Bücher Werke ... auch für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Beat von Wartburg Beat von Wartburg
SCHWEr arCHitEKtUrFÜHrEr BaSEL
KuLturGE NEUaUFLaGE
Vor genau 20 Jahren erschien im Eigenver- feststellen, dass nichts mehr vorhanden war: lag des architekturmuseums in Basel nach die druckdaten nicht, die Manuskripte auch einer idee der damaligen Leiterin Ulrike Jeh- nicht, nur einige wenige Floppy-disks enthielle-Schulte Strathaus der «architekturführer ten textfassungen, bei denen aber nicht zu erBasel». autorin war dorothee Huber. dasKulturzeugnisse aus- kennen war, welchen Historische wieÜberarbeitungszustand aktuelles Kulturscha sergewöhnliche an diesem inzwischen zum sie enthielten. – Eine andere Lösung musste desBuch Einzelnen müssen Standardwerk gewordenen offenbarte und gefunden werden.heutigen Sie fand sichMedienkonsu schliesslich der Untertitel: «die Baugeschichte der Stadt in einem für Buchliebhaber schmerzvollen und ihrer Umgebung». Neben den Bauten und Schritt: Ein Exemplar des originals wurde deren architekten wurden auch die Geschich- auseinandergeschnitten und Blatt für Blatt te der Entstehung der Gebäude, ihre histori- von einer Spezialfirma eingescannt, sodass – ErForSCHENam – VErÖFFENtLiCHEN sche Einordnung SiCHErN sowie die wirtschaftlichen Ende eine Worddatei mit allen im Buch Hintergründe dargelegt. Nicht zuletzt wegen enthaltenen texten vorlag. Je mobiler die Menschen werden, je internatizurzeit an einer verhielt zweibändigen dieser historischen dimension wurde der ar- arbeiten Bei denwir original-Bilddaten es sich onaler und globaler sie sichgrossen kulturell orientieGeschichte chemischen chitekturführer zu einem Erfolg mit Publikation ähnlich: die zur originale warender nicht mehr aufren, desto wichtiger und pharmazeutischen industrie Basels. denn mehreren auflagen.ist das historische (Selbst-) zufinden, und Filme (damals arbeiteten die Bewusstsein und die zeitgemässe es gibt bis heute keine allgemein verständliche das fast 500 Seiten starke Buchregionale im klas- druckereien noch mit belichteten Filmen) Geschichtsschreibung. die Christoph Merian historiografische Übersicht über diese Schlüssisch-schlanken architekturführer-Format ist waren ebenfalls nicht vorhanden. im Fall der Stiftung setzt sich für beides mit zahlreichen selindustrie.war apropos Schlüsselindustrie: das schon seit Langem vergriffen und nur noch Fotografien das weniger schlimm, denn Projekten ein. Sie dabei auf Nachhalchemiegeschichtliche Projekt ist eine konseim antiquariat zuachtet Liebhaberpreisen zu be- wir hatten entschieden, sämtliche Gebäude tigkeit. Was heutewieder aktualität ist,die ist autorin, morgen neu quente Fortführungzu deslassen. Engagements der uns, Stifkommen. immer wurden fotografieren Es gelang Zeitgeschichte und architekturmuseum übermorgen Geschichte. tungdem bei der Basler Papiermühle, die sich der das Schweizerische und mit Fotografen tom Bisig einen ausgeSo versteht die Stiftung dieVerlag Herausgabe ersten Basler Schlüsselindustrie, derarchitekPapier-, Fachmann im Bereich der auch der Christoph Merian darauf des an- wiesenen Basler Stadtbuchs alsnicht eine eine prospektive histo- turfotografie druck und Schriftproduktion, widmet. zu gewinnen. Er wird etwa 500 gesprochen, ob man überarbeitete rische dokumentation. dasselbeingilt die Bauten im Zeitalter der «technischen reproduNeuauflage realisieren könnte, derfürauch fotografieren. Ebenfalls verloren wamultimediale Basler zierbarkeit» Vielfalt ansieMedien die neuen Bauten deronline-Chronik letzten 20 Jahre(www. ihren ren die datenhat derdie Grundrisse; müssenstark nun baslerchronik.ch). Beide, Stadtbuch wie Basler neu zugenommen, und damit Bandbreite Platz hätten. eingescannt oder aus ist derdie alten auflage Chronik, bilden die Geschichte ab Verseit übernommen zeitgeschichtlicher mittlerweiauf initiative desBasler Christoph Merian werden.Zeugnisse die historischen abbil1879,fanden seit 1332011 Jahren trotz statt diesem Enga- dungen le multimedial. Fotografische archive und lags erste also. Gespräche zwischen schliesslich werden aus verschiedenen gement sind Ulrike wir derJehle-Schulte Meinung, dassStrathaus, die regi- Basler Nachlässe, Karikaturen undim Cartoons, audiodem CMV, archiven kommen. Frühling 2014 on Basel ein neues Geschichtswerk braucht. dokumente FilmeLektorat, dokumentieren auf dorothee Huber und Hubertus adam, dem beginnt das und intensive gefolgt von deshalbdirektor freuen wir über die initiative des Layout, spannende Weise die Geschichte und und druck, Kultur neuen desuns Schweizerischen archiUmbruch, Korrekturen Vereins Basler Geschichte den dabei Beitragklar: von sodass Basels. aber das Bewusstsein, dass diese neuen tekturmuseums. Schnell(vgl. wurde im Herbst 2014 die überarbeitete und Beatrice Und: Mit der reihe durch medialen undder ihreletzten Erhaltung, aufarder WilleSchumacher). aller, eine Neuauflage zu realisieren, die Formen Neubauten 20 Jahre er«Beiträge zurder Basler Geschichte» des Chris- weiterte beitung und Veröffentlichung wichtig sind, ist da. dank finanziellen Unterstützung ausgabe des «architekturführer Batoph Merian Verlags steuern heutekonnte schon sel» ist noch nicht genügend entwickelt. deshalb durch die Christoph Merian wir Stiftung erscheinen wird. Geplant ist ausserdem Bausteine bei. Einblick inWeg die arbeiten kommt es immer wieder dass die Stiftung digitale ausgabe dervor, Publikation für modas Projektdazu schliesslich auf den gebracht eine für einenZunächst weiteren versuchten spannendenwir, Band uns bile sozusagen notfallmässig helfen muss (wobei Lesegeräte – lassen Sie sich überraschen! werden. diegibt druckrobertoder Labhardt, der über Basel zur Zeitausdes sie dies gerne tut), Karikaturen & Cartoons daten das satzfertige Manuskript Ersten zu Weltkriegs Stauber, oliver BolanzHaëm), fotografische Sammfindig machen,forscht. auf dessen Basis dorothee (Jüsp, Nacheine dem Projekt «Historischer der lungen von Unternehmen (z.B. der SchweizeHuber Überarbeitung beginnenatlas könnte. region Basel» (hg.recherchen von andré mussten Salvisberg) doch nach einigen wir rischen reederei und Neptun aG), von ein-
KULtUrGUt tUt GUt
SCHNEEBÄLLE UNd aNdErE ELEFaNtEN WarUM ES EiNE NEUE BaSLEr GESCHiCHtE BraUCHt
am Ende des Sommers an Schnee zu denken, ist vielleicht nicht naheliegend. aber stellen Sie sich einen kleinen Schneeball vor, der fröhlich kurvend einen weissen Hang hinunterrollt, immer dicker, schwerer, schneller wird und irgendwann als stattliche Schneekugel daliegt, rund, ein wenig stolz, nicht mehr zu übersehen, fast schon ein Elefant. das ist mein Bild, wenn ich an die letzten 18 Monate denke, in denen die idee einer neuen Basler Geschichte immer mehr Fahrt aufgenommen hat – unterstützt von zahlreichen Personen aus Kultur, Gesellschaft, Wissenschaft und Politik. Heute stecken wir mitten in der Konkretisierung eines ambitionierten Projekts, in dem erstklassige Vermittlung und Präsentation ebenso wichtig sind wie innovative Forschung. Wir – das ist der Verein Basler Geschichte, dem sich seit November 2011 rund 120 Einzelpersonen und einige institutionen angeschlossen haben. der Verein treibt das gemeinsame Projekt voran und ist eine Plattform, die allen interessierten Gelegenheit zur diskussion bietet. Zu diesen zählen im geschichtsbewussten Basel viele: Einrichtungen wie das Staatsarchiv, das Historische Museum, das Naturhistorische Museum, die archäologische Bodenforschung oder die denkmalpflege, die departemente Geschichte und altertumskunde, aber auch die Juristen oder Kunsthistoriker, die Geschichtslehrer, die Stadtführer, die Quartiervereine, die Zünfte … und überhaupt alle, die eine aktuelle Geschichte der Stadt, die sie mitgestalten, wichtig, ja unentbehrlich finden. diese finden sich nicht zuletzt in der Politik, von wo die initialzündung kam und wo das Projekt zweifellos thema bleiben wird – denn eine Basler Geschichte braucht auch den Sukkurs aus Parlament, regierung und Verwaltung. die Unterstützung des Vorprojekts aus
dem Swisslos-Fonds ist ein ermutigendes Zeichen, ebenso der bisherige finanzielle Support privater Stiftungen, darunter der Freiwilligen akademischen Gesellschaft. Woher aber kommt die Motivation, sich für eine neue Basler Geschichte zu engagieren? da ist nicht nur die Lust auf spannende Geschichten oder der Bedarf an einer aufarbeitung der jüngeren Vergangenheit. da ist auch die tiefe Überzeugung: Eine neue Stadtgeschichte ist für viele eine unabdingbare Voraussetzung für die diskussion des städtischen Selbstverständnisses. das Wörtchen «neu» steht für ein ambitioniertes Programm: den abschied von der im späten 19. Jahrhundert geprägten Sicht, die die Stadt als eine schon immer bestehende Einheit zeigt – zugunsten einer aktuellen, gegenwartsbezogenen Stadtgeschichte, die den Blick auf die Vielfalt der hier lebenden Menschen richtet, in deren Köpfen Basel ganz Verschiedenes bedeuten kann und die in ihrem Zusammenwirken die Stadt erst «machen». der grosse Schneeball hat auf seiner reise viele Wünsche, ideen, Fragen, ja umfassende Forschungsdesiderate aufgesammelt, und er ist gesättigt mit viel Fachwissen und Erfahrung, die Vereinsmitglieder und Externe beigesteuert haben. Jetzt geht es an die Besichtigung dieses glitzernd-kugeligen Schnee-Elefanten. Er wird analysiert, in seinem Profil geschärft und in praktisch handhabbare Einzelteile zerlegt, damit er durch die tür passt – mit anderen Worten: damit wir im Frühsommer 2014 mit einem spruchreifen und umsetzungsfähigen Projekt an die Öffentlichkeit treten können. Beatrice Schumacher Beatrice Schumacher ist Geschäftsführerin des Vereins Basler Geschichte www.baslergeschichte.ch
BaSEL, aLS KriEG War arBEit aN EiNEM BUCH ZU dEN JaHrEN 1914 – 1918
Wie griff der Erste Weltkrieg, die «Urkatastrophe» des 20. Jahrhunderts, in eine Stadt ein, die vom Krieg äusserlich verschont blieb, aber an Kriegsgebiet grenzte? Und wie dieses thema angehen? ich begann mit recherchen im elektronischen Katalog des Staatsarchivs, gab einfach einmal «1914–1918» ein – und fand so in einem Familienarchiv zwei vollgeschriebene Schulhefte samt eingeklebten Fotos und dokumenten einer jungen Frau, welche als 16- bis 20-Jährige das Kriegsgeschehen in und von Basel aus verfolgte, im eigenen alltag als abenteuer erlebte und alles wohlinformiert und zugleich im unbekümmert-träfen Stil einer Halbwüchsigen zu Papier brachte. damit hatte ich zwar schon ein farbiges LesebuchMosaik, aber noch längst keine historische darstellung. So viel wollte behandelt sein, was vergessen in den archiven ruhte: Protokolle aus regierung, Verbänden, Kommissionen und Parlament, Jahresberichte und Korrespondenzen, elf Laufmeter akten der Lebensmittelfürsorgekommission im Staatsarchiv, und im Schweizerischen Wirtschaftsarchiv 27 Schachteln mit rekursen von zahlungsunfähigen Gewerblern in den Beständen der Basler Kohlenzentrale. dann Geschichten und Berichte über Flüchtlinge und humanitäre Hilfe, ausländische dienstverweigerer und Grenzpolitik, Kriegsgewinnler und Lebensmittelmangel, Militärparaden und Soldatenproteste, Landesstreik und Bürgerwehren – wie das in ein Buch bringen, wie der Geschichte einen Sinn geben, die Vielfalt der Stimmen erzählbar machen? immer wieder das Glück des Entdeckens. Von privater Seite erhielt ich das tagebuch eines Basler Kohlenhändlers, der im Herbst 1914 in das von den deutschen besetzte Belgien reiste, um die Chancen von Kohlenlieferungen zu sondieren. das tagebuch beschreibt die reise durchs kriegsversehrte Belgien, hört aber
dort auf, wo es ums Geschäft ging. Wenige Wochen später fand ich in den «Basler Nachrichten» einen artikel, der genau die Fortsetzung des tagebuchs enthielt, diplomatisch deutschfreundlich abgefasst und in Erwartung neuer Kohlenlieferungen ab 1915. Natürlich gibt’s auch Enttäuschungen, etwa jene reise nach Zürich ins Sozialarchiv. dort ist das einzige öffentlich zugängliche Exemplar des «textilarbeiters» aufbewahrt, einer Gewerkschaftszeitung, in der ich einen artikel über die Lage der Chemiearbeiter in den Kriegsjahren zu finden hoffte. tatsächlich: Ein Leserbrief mit Verweis auf die vorige Nummer! ich blätterte zurück, über mehrere Nummern hin und her und – Fehlanzeige! Bis ich bemerkte, dass just in der Nummer vorher eine Seite fehlte ... Zwei Jahre Beschäftigung mit Basel im Ersten Weltkrieg – das ist ein Eintauchen in eine Parallelwelt, eine Welt der Entbehrung, angst und existenziellen Unsicherheit, und zugleich ein déjà-vu, als wäre es gestern gewesen: die themen, Konflikte und Bewältigungsstrategien veralten nicht, auch nicht die Wechsel von Egoismus und sozialer Verantwortung. robert Labhardt robert Labhardt war bis zu seiner Pensionierung Lehrer und dozent für Fachdidaktik Geschichte an der PH der FHNW. Heute ist er freischaffender Historiker. robert Labhardts Buch wird im Frühling 2014 im Christoph Merian Verlag erscheinen.
NatUr UNd LaNdSCHaFt dEr rEGioN BaSEL EiN WEBPortaL ZUM tHEMa LaNdSCHaFtSWaNdEL
Wenig beschäftigt die Schweizer mehr als die Gestaltung ihres Siedlungs- und Lebensraumes und die Frage, welche regulierung sinnvoll ist. initiativen werden formuliert gegen die Zersiedelung und den uferlosen Bau von Zweitwohnungen und für eine haushälterische Nutzung des Bodens und den Schutz des Kulturlandes. debatten werden geführt über den Unsinn des Pendelns, über das recht auf ein Einfamilienhäuschen auf dem Land und die abhängigkeit unseres Wohlstands von billiger Mobilität und einer florierenden Baubranche. aber auch in der tier- und Pflanzenwelt werden Entwicklungen kritisch beobachtet. im Schlepptau des Menschen wandern neue Pflanzenarten ein und andere verschwinden. Wildtiere dringen in Siedlungen vor und andere werden neu ausgesiedelt. deutlich wird dabei der Wandel des Kulturraums «Natur», ob damit nun das Naherholungsgebiet, die Landwirtschaft, eine unberührte Natur oder einfach der raum zwischen den verhäuselten und zubetonierten Siedlungen gemeint ist. Uns muss bewusst werden, wie das Siedeln und Gewerbetreiben der Menschen in die Landschaft als Lebens- und Kulturraum eingreift – und das nicht erst seit gestern. anschaulich wird der Einfluss menschlicher aktivität auf die direkte Umgebung im Web-Projekt «Natur und Landschaft der region Basel». das Projekt hat eine lange Vorgeschichte: im Frühjahr 1999 erschien im Christoph Merian Verlag ein gleichnamiges Multimediaprogramm auf Cd -roM zum thema Landschaftswandel der letzten 500 Jahre. das Programm wurde als Forschungsprojekt der Baselbieter Stiftung MGU (Mensch-Gesellschaft-Umwelt, heute in die Universität Basel eingegliedert) lanciert und nach dreijähriger Entwicklungsarbeit von der Christoph Meri-
an Stiftung in Co-trägerschaft übernommen und finanziell ergänzt. das interaktive Programm wurde als offizieller Basler Beitrag an der Landesgartenschau «Grün 99» in Weil am rhein vorgeführt und fortan an den Schulen der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft eingesetzt. der Benutzer konnte sich damit auf rund 10 000 Bildschirmseiten über den Landschaftswandel der region Basel informieren, mit texten aus den Gebieten Biologie, Geografie, Heimatkunde, Geschichte und Kunstgeschichte. Zu den texten lieferte das Programm einen reichen Fundus an Bildern. Ein innovatives Kartenmodul ermöglichte es, die region zu erkunden und den Wandel im Vergleich von Landeskarte (1990) und Siegfriedkarte (um 1880) nachzuvollziehen. 2007 war das Programm in vielerlei Hinsicht (inhaltlich, technisch, grafisch und bezüglich der Verlinkungen) in die Jahre gekommen, und vielen Geräten fehlte bereits die für dessen anwendung geeignete Hardund Software. als umfassende darstellung der Landschaftsentwicklung der region Basel war die arbeit aber inhaltlich immer noch wertvoll. deshalb reifte in diesem Jahr die idee, das Programm zu aktualisieren und es in einem anderen Medium neu aufzulegen: als Website soll die arbeit unentgeltlich und niederschwellig zur Verfügung gestellt werden, was insbesondere Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften zugutekommt. Sie können in der Schule oder zu Hause auf der Website recherchieren und die informationen für ihre arbeiten und Vorträge verwenden, interessierte jeder altersklasse können sich über ihren Lebensraum informieren und zum Beispiel Exkursionen planen. die Website ermöglicht dem Benutzer, die aktuelle Landeskarte (2012) mit der Landeskarte von 1955, der Siegfried-
Meyerplan 1657
Landeskarte 2012
Naturschutzgebiete
St. Jakob
Hochwasser – Überschwemmungen Wasserkraft – Stauwehre Korrektion des Oberrheins Rhein Birs
Brüglingen Flüsse Gewässerkorrektionen Revitalisierungen Alte Verkehrswege Wasserversorgung – Trinkwasser
karte (um 1880) sowie einer Vielzahl von inselplänen zu vergleichen (z.B. dem Meyerplan von 1657, der die Brüglinger Ebene, den dalbedych und die Birs vor der Korrektion zeigt). in den Karten, die eine Fläche von rund 1000 km² abdecken, befinden sich Links zu über 100 ortsmodulen mit texten zu Gemeinden, Naturschutzgebieten, Naturräumen und Flusslandschaften. Über einen thematischen Zugang sind weitere rund 150 Module wie Buchenwald, Bodenschätze, Jagd, industrialisierung, Libellen, Waldsterben, Naturforscher und viele mehr anwählbar. Solche Module bestehen aus einem text, einer Bildgalerie mit 20 bis 30 kommentierten Bildern (insgesamt über 2000 historische Zeichnungen sowie historische und aktuelle Fotografien), Grafiken, tabellen, GoogleEarth-Files, einer Sammlung mit programminternen und weiterführenden Weblinks sowie einem Literaturverzeichnis. dieses Material zum Landschaftswandel in der region Basel könnte aufgrund der datenfülle
und der Kosten nicht in einem Buch gedruckt werden. der Projektabschluss und die Veröffentlichung der Website sind auf Ende 2014 geplant. Für jede Generation ist die Landschaft eine Selbstverständlichkeit, und der massive Wandel, dem der Lebensraum in den letzten Jahrhunderten unterworfen war, lässt sich nicht vom heutigen Landschaftsbild herleiten. Umso eindrücklicher (und wichtig) ist es, Karten und Bilder aus verschiedenen Zeiten zu vergleichen und mithilfe von wissenschaftlich fundierten und pädagogisch aufbereiteten informationen diesen Wandel verstehen zu lernen. die Christoph Merian Stiftung unterstützt das Web-Projekt «Natur und Landschaft der region Basel» als beispielhaftes interdisziplinäres Projekt mit CHF 150 000. Einen ersten Einblick erhalten Sie unter www.regionatur.ch Christoph Meneghetti
diEtEr BUrCKHardtS GESaMMELtE WErKE aM aNFaNG War diE SaMMLUNG
am anfang des Cartoonmuseums Basel stand bleibt weiter ein Ziel, aber ein grosser teil von eine Sammlung. der Sammler, Mäzen und dieter Burckhardts Wunsch hat sich erfüllt: Museumsgründer dieter Burckhardt (1914 – dank seiner Sammlung und der langjährigen 1991) wollte seine auf zahlreichen reisen und breit gefächerten ausstellungstätigkeit ist und mit viel Leidenschaft aufgebaute private das von Herzog & de Meuron umgebaute CarSammlung von Karikaturen und Cartoons toonmuseum an der St. alban-Vorstadt zum einer breiten Öffentlichkeit zugänglich ma- einzigen Kompetenzzentrum für satirische chen. Er gründete 1979 die Stiftung «Samm- Kunst in der Schweiz herangewachsen. lung Karikaturen & Cartoons», die seither als unselbstständige Stiftung von der Christoph Schlank unterwegs Merian Stiftung betreut wird, und beauftrag- dank diesen Kompetenzen wird das Carte den Basler Cartoonisten Jürg Spahr alias toonmuseum zunehmend mit SchenkunJüsp (1925 – 2002) mit gen beglückt sowie dem weiteren aufbau für die Übernahme der Sammlung und der von Nachlässen angeLeitung des zum selben fragt: So wurden dem Zeitpunkt aufgenomHaus die Nachlässe menen Museumsbevon Jürg Spahr, Jutriebs. Heute umfasst les Stauber und Hans die kontinuierlich geHaëm anvertraut, mit wachsene Sammlung, den Nachfahren des die hauptsächlich das Basler Karikaturisten späte 20. Jahrhundert Hans Geisen ist man abbildet, rund 4000 oriim Gespräch. Nachläsginalwerke von etwa 700 se dieser Qualität sind nationalen und internawichtige kulturge tionalen Künstlerinnen schichtliche Zeugnisse, und Künstlern aus ca. eine Zunahme entspre40 Ländern und wird chender Schenkungen ergänzt mit rund 2000 ist deshalb erfreulich für das CartoonmuseLeihgaben. Parallel zur Sammlungstätigkeit und um. Sie ist ihm aber Museumsgründung wur- aktuellstes Beispiel einer Schenkung ist der gesam- auch Verantwortung, te Nachlass von rund 4000 originalen des Basler de eine umfangreiche öf- Zeichners Hans Haëm. Sammlung Karikaturen & sind doch die arbeiten erst einmal zu sichten, fentliche Bibliothek zu Cartoons, Cartoonmuseum Basel zu dokumentieren und Karikaturen und Cartoons aufgebaut. dieter Burckhardt verfolgte in die Sammlung zu integrieren, was für ein zudem ein langfristiges Ziel: Er arbeitete auf ausschliesslich mit privaten Geldern finandie Schaffung eines Kompetenz- und Studien- ziertes Museum je nach art und Umfang des zentrums für satirische Kunst hin. Letzteres Nachlasses eine grosse aufgabe ist. das Car-
toonmuseum erhält nämlich keine staatlichen Mittel, sein Betrieb wird von den Erträgen des von dieter Burckhardt eingebrachten Stiftungskapitals und durch Sponsoring ermöglicht. die Christoph Merian Stiftung trägt mit, allerdings sind ihre Möglichkeiten begrenzt. das Museum hilft sich zudem selbst, es hat eine vergleichsweise hohe Eigenwirtschaftlichkeit von 30 Prozent. Eine extrem schlanke Struktur macht es möglich, die zur Verfügung stehenden Mittel fast zur Gänze in die ausstellungstätigkeit fliessen zu lassen. Neben Werken aus der Sammlung zeigen die ausstellungen Leihgaben anderer Häuser oder von Sammlern und bieten so Vielfalt und aktualität. dabei ist die eigene Sammlung die Grundlage für die wachsende ausstrahlung des Cartoonmuseums als Gedächtnis dieser Kunstform oder – moderner ausgedrückt – als Kompetenzzentrum, sie ermöglicht Forschung und hilft beim austausch von Werken mit anderen Museen. Weitersammeln und erweitert sammeln das Cartoonmuseum hat seine Sammlung in den letzten Jahren gepflegt und konzentriert ausgebaut, so konnten wichtige und grosse arbeiten oder Werkgruppen von zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern wie thomas ott, Noyau, anna Sommer, Martial Leiter, Nicolas Mahler und vielen anderen angekauft werden. Es ist zudem ein Ziel, neben der Karikatur auch dem Comic in der Sammlung die Wertschätzung zu geben, die er gegenwärtig erfährt. Heute sind viele innovative Erzähler und autorinnen und die wichtigsten Zeichner und Künstlerinnen im Comic zu Hause. Comic hat sich zur viel diskutierten und äusserst lebendigen «neunten Kunst» gemausert, die auch vor komplexen inhalten für Erwachsene nicht zurückschreckt. das Cartoonmuseum Basel besitzt jedoch noch vergleichsweise wenige Comicoriginale und ist zu diesem thema auf Leihgaben anderer Häuser und Privater angewiesen.
Die Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit in Zukunft breiter abstützen die Zeichenkunst hat in den letzten Jahren – auch dank der arbeit von Museen – eine enorme Steigerung der anerkennung erfahren. dies zeigt sich zum Beispiel in der tatsache, dass ausstellungen oder anspruchsvolle neue Bücher oder Filme auch ausserhalb der Szene in Feuilletons besprochen werden. oder es kommt in den Preisen für originalzeichnungen berühmter Comiczeichner und Cartoonistinnen zum ausdruck, die solche Bilder zu unbezahlbaren Wunschobjekten für kleinere institutionen wie das Cartoonmuseum werden lassen. auf der Suche nach Mitteln, die eine aktive Sammlungs- und lebendige ausstellungstätigkeit langfristig sichern helfen, unternimmt das Cartoonmuseum eigene anstrengungen wie die in den nächsten Monaten vorgesehene Gründung eines Gönnerkreises oder die intensivierte Suche nach Sponsoringpartnern. anspruchsvolle Cartoons und Comics sind zumindest Spiegelbilder gesellschaftlicher Verhältnisse, meist jedoch pointierte Kommentare dazu, ihre aufbewahrung und Zugänglichkeit für Forschung und Öffentlichkeit sind eminent wichtig. dass ein spezialisiertes Museum wie das Cartoonmuseum mit einer eigenen Liegenschaft, einer soliden Grundfinanzierung und einem starken Partner diesen kulturgeschichtlich bedeutungsvollen auftrag seit Jahren wahrnehmen kann, ist ein Glücksfall. Es wäre eine überregionale, nationale aufgabe, das Cartoonmuseum bei dieser arbeit zu unterstützen. Mit einer grossen Portion optimismus und noch mehr Lobbyarbeit sollte dies zu erreichen sein. Unsere Nachbarländer Frankreich, deutschland und Österreich machen es uns mit grossen, vom Staat (mit) getragenen Museen zum thema vor. anette Gehrig
iM MittELPUNKt StEHt dEr MENSCH dEr FotoGraFiSCHE NaCHLaSS VoN PEtEr MoESCHLiN (1924 – 2003)
im rahmen ihrer recherchen zur Publikation «Heimathafen Basel» (Basel 2003) stiess die Ethnologin Barbara Lüem auf das Fotoarchiv von Peter Moeschlin. Begeistert von seinen aufnahmen, sichtete sie zusammen mit Moeschlin und dessen langjährigem Mitarbeiter Christian Baur das archiv. Gleichzeitig überzeugte sie Moeschlin, sein Fotoarchiv der Christoph Merian Stiftung zu schenken. die Stiftung versprach im Gegenzug, dafür zu sorgen, dass das Fotoarchiv erstens erhalten, zweitens inventarisiert und drittens ins Staatsarchiv Basel-Stadt überführt würde, wo es für die Öffentlichkeit zugänglich sein sollte. Kurz vor seinem tod unterzeichnete Moeschlin die Vereinbarung und übergab der Stiftung sein Werk.
im auftrag der Stiftung erarbeitete Barbara Lüem daraufhin einen kommentierten Katalog zu Moeschlins archiv (BSL 1022 DK 1). anschliessend erstellte der archivar der Stiftung, andré Salvisberg, basierend auf Moeschlins archivordnung, seiner titelgebung und datierung der Bilder ein umfassendes Verzeichnis der Negative. im oktober 2007 konnte die Stiftung das Fotoarchiv von Peter Moeschlin dem Staatsarchiv Basel-Stadt als depositum übergeben. Neben den informationen zum Fotoarchiv Moeschlin und den einzelnen Bildern (Metadaten) wurden anschliessend durch das Staatsarchiv rund zehn Prozent der Bilder (ca. 3800 Bilder) digitalisiert und online zugänglich gemacht.
das Fotoarchiv ist eine persönliche auswahl von Peter Moeschlin. Es setzt sich zusammen aus Fotonegativen, diapositiven, Kontaktkopien, vergrösserten Fotopositiven, Karteien und Katalogen als Findmitteln zum Fotoarchiv, dem Film «Gefahr Nord-West», wenigem aktenmaterial (u. a. Bewerbungen) und Belegexemplaren seiner publizierten Bilder. Weiter sind eine Videokassette mit einem interview von Barbara Lüem mit Peter Moeschlin aus dem Jahr 2003 und ihr kommentierter Katalog aus dem Jahr 2005 vorhanden. das Bildmaterial gliedert sich in ein Familienarchiv, ein Freies archiv und ein Kundenarchiv. die einzelnen Serien weisen kleinere und grössere Lücken auf, weil Moeschlin abzüge und / oder Negative verschenkte oder vernichtete. thematisch und umfangmässig sind in Peter Moeschlins Werk sieben Schwerpunkte auszumachen, die mit seinem interesse, seiner Biografie und seiner beruflichen Karriere zusammenhängen: Die Reise 1947 /48 Zwischen august 1947 und November 1948 unternahm Peter Moeschlin, 23-jährig, eine längere reise, die ihn über Frankreich und England nach tunesien, algerien und Marok-
ko und dann wieder über Frankreich zurück nach Basel führte. auf allen Stationen seiner reise fotografierte er ausgiebigst und erstellte kleine reportagen (BSL 1022 FAGN 1391 – 1581). Die Basler Hafenanlagen und die Rheinschifffahrt Seine Leidenschaft für den Basler Hafen und die rheinschifffahrt teilte Peter Moeschlin mit Utz oettinger, einem der redaktoren der Zeitschrift «die Woche» (Walter-Verlag, olten). dank dieser Beziehung erhielt er in den 50er-Jahren mehrere reportageaufträge zum thema rhein und rheinschifffahrt. Er fotografierte aber immer wieder auch frei im Hafen und auf dem rhein (vgl. BSL 1022 FAT T). Reportagen für «Die Woche» Neben den reportagen zur rheinschifffahrt vermittelte Utz oettinger Peter Moeschlin weitere aufträge zu schweizerischen themen. in diesem rahmen entstanden zum Beispiel die reportagen über den Viehmarkt von Wollerau, 1951 (BSL 1022 FAGL CH 10 BB), den Banntag von Liestal, 1953 (BSL 1022 FAGL CH 13 F), die Kundenweihnacht in Basel, 1952 (BSL 1022 FAGL CH 14 AB) und den Hühnerdompteur Hans Unold, 1953 (BSL 1022 FAT K 15).
Bildende Künstler und Ausstellungen Peter Moeschlin war der Basler Kunstszene sehr zugetan. im Gegensatz zu den meisten auftragsarbeiten bewahrte er die Negative und
Kontaktkopien von Werkreproduktionen und atelierbesuchen von über 400 Künstlerinnen und Künstlern auf (BSL 1022 FAT F 2 A – F 403 A, F 2 B – F 403 B). Darstellende Künstler, u.a. Flamenco-tanzpaar Susana audeoud und José Udaeta, reportagen von Cabaretaufführungen in den 1950ern (Cabaret Fédéral, Kommödchen düsseldorf, Cabaret Parapluie in Strasbourg), Sammlung von Porträts internationaler Stars (u. a. Ella Fitzgerald, duke Ellington, Lionel Hampton und Basler Jazz-Grössen wie Cheese Burckhardt, Willy
Bosshard, Peter Wyss, Peter Suter), Leben und Wirken von Pablo Casals. «Gefahr Nord-West» in den beiden Wintern 1956 und 1957 weilte Peter Moeschlin zusammen mit dem Filmemacher andreas demmer für recherchen und dreharbeiten zu einem Film über die deutsche Gesellschaft zur rettung Schiffbrüchiger auf der ostfriesischen insel Borkum. Peter Moeschlin war dabei Kameramann, konnte aber das Fotografieren nicht lassen. Entstanden sind der Film «Gefahr Nord-West» sowie eine faszinierende fotografische dokumenta-
tion des insellebens im Winter, der arbeit der rettungsschiffe sowie der Filmarbeiten (BSL 1022 FAGL DE 16 B). Peter Moeschlins fotografisches Werk zeichnet sich durch hohe Qualität aus, es handelt sich um eine persönlich gefärbte autorenfotografie, die Fotografie als eigenständige Kunstform versteht. im Mittelpunkt seiner arbeit stand stets der Mensch. Esther Baur Esther Baur ist Leiterin des Staatsarchivs Basel-Stadt
DER FOTOGRAFISCHE NACHLASS VON PETER MOESCHLIN — SHORTCUT #2
«Freie» Reportagen Peter Moeschlin erstellte immer wieder, vor allem auf reisen, «freie» reportagen, die er dann auf gut Glück verschiedenen Zeitschriften zuschickte: Fischerei in Nazaré (BSL 1022 FAGL PO 9 B), portugiesischer Stierkampf (BSL 1022 FAGL PO 13 A), Hasentreibjagd im Elsass (BSL 1022 FAGL FR 8 B), Basler Fasnacht, Vogel Gryff (BSL 1022 FAGL CH 13 A, B).
DER FOTOGRAFISCHE NACHLASS VON PETER MOESCHLIN — SHORTCUT #2
redaktion und texte oliver Bolanz, Leiter Christoph Merian Verlag anette Gehrig, Leiterin Cartoonmuseum Basel Christoph Meneghetti, Projektleiter abteilung Kultur andré Salvisberg, archive & Sammlungen Beat von Wartburg, Leiter abteilung Kultur
Gestaltung Hauser, Schwarz – Basel druck Gremper aG – Münchenstein Christoph Merian Stiftung St. alban-Vorstadt 5 CH-4002 Basel
h Foto titelseite: Christian Baur, BBC, Baden, ca. 1975
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