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Ein gepflanztes Märchen
Oben links:
Buchsbäume und ein straff aufrecht geschnittener Wacholder (Juniperus communis ) geben Orientierung.
Oben rechts:
Ecke am Haus mit Aztekenofen.
Unten:
Der schmale Rasenteppich bietet dem Auge einen Ruhepol und hält die staudenreiche Pflanzung optisch zusammen.
Logisch, dass in seinem Garten Pflanzen die Hauptakteure sind, auf die er seine Gestaltung konzentriert. Vor allem Stauden haben es ihm angetan – naturhafte, altbewährte, aber auch seltene Arten. Daher nehmen die ausdauernden krautigen Gewächse auch den Löwenanteil seines Hanggartens ein. Belagsflächen, geschweige denn Bodenversiegelung, sind dagegen auf ein Minimum reduziert. Nach und nach entstand sein Reich der Stauden in reiner Handarbeit, ohne vorgefertigten Pflanzplan. „Kopf- und Handarbeit verliefen parallel, die Entscheidungen konnten reifen, wurden durch Überlegung und intuitiv-emotional getroffen“, erzählt der studierte Landespfleger. Die langgestreckte Form des Hanggartens – nur ca. 13 m breit, dafür aber 64 m lang – empfand er als Geschenk: „Der Garten neigt sich dem Betrachter zu, so kann man die lange Blickachse kulissenartig gliedern.“ Diese zentrale Sichtachse betont ein langer Rasenweg, der sich vom Haus den Hang hinauf schwingt. Damit der weite Blick auch wirken kann, ist das Raumkonzept fließend angelegt; gliedernde Gartenzimmer gibt es nicht. Den Weg legte Jörg Lonsdorf nach den Trampelpfaden an, die er in der teils verwilderten Fläche vorfand: „Er ist so flächenreduziert wie funktional möglich, um viel Platz für die Fülle der Natur zu haben.“ Die Blickachse wird immer wieder von Gehölzen oder Bambus verstellt, um Spannung zu erzeugen und die menschliche Neugier zu wecken, die jeden Winkel des Gartens erkunden will. Gleichzeitig bietet der schmale Rasenteppich dem Auge einen Ruhepol und hält die staudenreiche Pflanzung optisch zusammen. Das Rückgrat des Gartens bilden klassische Buchsbäume und ein straff aufrecht geschnittener Wacholder ( Juniperus communis), Immergrüne, die dem Garten auch im Winter Struktur und Orientierung geben. Mit diesen Orientierungspunkten kontrastiert eine artenreiche, teils wild anmutende Staudenpflanzung – Ergebnis der Experimentierlust des Pflanzenliebhabers und daher in stetem Wandel begriffen. Stück für Stück bepflanzte Jörg Lonsdorf die Bereiche rechts und links des Weges – nach dem Prinzip „right plant, right place“ – ein Motto, das der englischen Gartenlady Beth Chatto zugeschrieben wird. „Also habe ich die von der Wirkung und vom Standort her passenden Pflanzen ausgewählt und bin dabei meinem Spiel- und Experimentiertrieb gefolgt, immer mit einem die Ästhetik prüfenden Blick“, berichtet der Gartenplaner. Wie es wohl weitergehen wird mit seinem lebendigen, dynamischen Garten? Eins ist sicher – nichts bleibt, wie es ist.
Bonn, Nordrhein-Westfalen
GRÖSSE DES GARTENS
730 m² (ohne Haus) bzw. 830 m² (mit Haus)
PLANUNGSBÜRO
Jörg Lonsdorf –Die Gartenthusiasten
AUSFÜHRUNG
Jörg Lonsdorf –Die Gartenthusiasten
FOTOS
Sabrina Rothe
Kultiviert verwildert
Wie aufwendig ist die Pflege eines solchen Staudenreichs? Zeitmangel ist doch eine weit verbreitete Krankheit und Pflege fordert nun mal das Wertvollste von uns, was wir haben: Zeit. Jörg Lonsdorf hat sich von der Vorstellung verabschiedet, dass der Garten jedes Jahr gleich aussehen muss, er lässt Dynamik zu, greift an anderer Stelle aber wieder gezielt ein. „Manche Ecke, die man früher Staudenbeet genannt hätte, vermittelt inzwischen eher den Eindruck einer Wiese. Es fällt mir der Ausdruck eines Gartenarchitekten ein, der mich schon im Alter von 10 Jahren beeindruckt hat: ‚Kultiviert verwildert‘. Ja, das mag ich! Struktur trifft auf Chaos und Lebensfreude. Nun bin ich 51 und endlich da angekommen, nachdem ich als junger Gärtner immer alles perfekt gepflegt haben wollte.“
1 Wohnhaus
2 Rasenweg
3 Schattensitzplatz
4 Pflegewege durch die Bepflanzung
5 Bank am Endpunkt der Sichtachse