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Mehr als ein Garten

Horizontales und vertikales Grün in Architektur und Stadtlandschaft liefert einen wesentlichen Beitrag zur Umweltverbesserung – diese Erkenntnis setzen

Volker und Helgard Püschel in ihrem eigenen Zuhause konsequent um.

Es ist ein ungewöhnliches Haus mit einem Grundriss, den man erst versteht, wenn man dessen Geschichte kennt. Ebenso ungewöhnlich ist der dazugehörige Garten, der, genau genommen, aus fünf kleinen Höfen besteht. Hier leben und arbeiten die beiden Landschaftsarchitekten Volker und Helgard Püschel seit bald 50 Jahren. Die räumliche Gliederung in fünf Höfe ist eine Besonderheit, die der außergewöhnlichen Architektur geschuldet ist. Denn das Grundstück ist mit einem Einfamilienhaus und drei Mini-Reihenhäusern bebaut. Als Familie Püschel das Grundstück erwarb, gab es dort vier Wohneinheiten mit entsprechend vielen Eingängen und dazugehörigen Gartenanteilen. „Die drei ‚Reihenhäuser‘ konnten bald bautechnisch in Angriff genommen werden. Größte Maßnahme und somit Mehrgewinn an Wohnfläche war die einseitige Aufstockung des Giebeldaches. Daraus resultierte ein Flachdach und eine große Fensterfront an der Südseite“, berichtet Volker Püschel. Das Dach wurde mit Sedum bepflanzt, die Fassade dank vertikalem Grün mit dem Garten verbunden. Im Laufe der Zeit wurde aus dem Sedum auf dem Flachdach durch Sukzession eine 70 m² große Rasenfläche. Sie funktioniert seit 35 Jahren, ist mittlerweile zu einem 20 cm dicken Pflanzenpolster angewachsen – Biomasse als perfekte Dachdämmung. Dem Dach schadet der Bewuchs ebenso wenig wie die vertikale Begrünung, die dafür sorgt, dass sich das Haus, insbesondere die Südseite mit der großen Fensterfront, nicht allzu sehr aufheizt (siehe Kasten).

Mettmann, Nordrhein-Westfalen

GRÖSSE DES GARTENS

625 m²

PLANUNGSBÜRO

Büro Volker Püschel

AUSFÜHRUNG

PFLANZARBEITEN

Volker und Helgard Püschel

PFLASTER- / WEGEBAUARBEITEN

Landschaftsbau

Dieter Horstmann

FOTOS

Oben links:

Das ungewöhnliche Haus –eingehüllt in seinen schützenden Pflanzenmantel.

Oben rechts: Ein einheitlich gestalteter Weg führt zu den vier Haustüren.

Unten:

Neue Pflanzen kommen in Tröge und Töpfe und bereichern die Hofflächen (hier: Werkstatthof).

Ein einheitlich gestalteter Weg, über 20 m lang, führt zu den vier Haustüren. Folgt man dem ansteigenden Weg, so gelangt man zu den fünf Höfen: Zunächst in den Küchen- und Saunahof mit Natursteintrog als Tauchbecken, den ein Eisenholzbaum (Parrotia persica) und eine Blumenesche (Fraxinus ornus) zieren. Letztere gilt als Klimawandel-Gehölz und bietet während der Monate Mai bis Juni mit ihren süß duftenden Blüten Insekten reichlich Nahrung. Weiter geht es zum Werkstatthof mit Sandsteinfindling und einer Sichtschutzpflanzung aus Bambus (Phyllostachys aureosulcata ‘Spectabilis’). Eine Eibe (Taxus baccata) und eine Schwedische Mehlbeere (Sorbus intermedia) begleiten den Weg nun abwärts zum Wohngarten auf Eingangsniveau. Es schließen sich ein Kräutergarten mit Hochbeet und der Bürogarten an. Aus Zeiten der Reihenhausbewohner existieren noch Hainbuchenhecken (Carpinus betulus), welche Wohn-, Kräuter- und Bürogarten voneinander trennen. Sie wurden bewusst nicht entfernt, um die alte Struktur zu erhalten. „Es sind eigene funktionierende Höfe, klein, aber fein. Viele kleine Höfe ergeben auch einen ganzen Garten“, resümiert Volker Püschel. In diesem Falle trifft dies ohne Einschränkung zu!

Sibylle Pietrek

Vertikales Grün

Vertikale Begrünung sorgt dafür, dass sich das Haus nicht allzu sehr aufheizt. Zum großen Teil setzt sich die Bepflanzung aus Fingerstrauch (Potentilla ), Mittelmeer­Schneeball (Viburnum tinus), Essig ­ Baum (Rhus ), Heiligenkraut (Santolina ) und Steinkraut ( Alyssum ) zusammen. Eine Glyzine (Wisteria ) umrankt auf etwa 20 m die ganze Länge des Hauses. Ost­ und Westgiebel des Langhauses sind komplett mit Efeu (Hedera helix ) berankt, in den sich Wilder Wein eingeflochten hat. Der dicke Efeu ­ Pelz hält Sonne, Wind und Wetter ab, dämmt das Haus gegen Hitze und Kälte. Die Blüte im Spätherbst liefert eine hervorragende Honigweide und das Astwerk mit den dichten Blättern bietet Vögeln Nistmöglichkeiten. Dass der Efeu mit seinen Wurzeln das Mauerwerk zerstören könnte, hält Volker Püschel für Nonsens.

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