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Toten-Ensemble.
Im Eibenwald. Zehn dunkle, verschieden große Eiben. Vier stehen an Bächen. Zwischen zwei anderen Rosenstern. Während er singt, erscheinen einzeln, zu zweit oder dritt Könige, Königin, Kammerherr und ihre Kinder Hamlet, Laertes und, ununterscheidbar, zweite, dritte und vierte Ophelia. Alle zehn tragen lange weiße Mäntel oder Umhänge und sind weiß geschminkt. Auffallend groß unter ihnen ist der graue König. Einzeln zwischen den Eiben aufgestellt, die Arme ausgebreitet, ähneln sie Birken. Es regnet.
Rosenstern Willkommen seid, Lebendige, und hört!
Wir singen euch Geschichten von uns vor Und spielen Spiegel. Ihr seid Menschen, lebt, Wir sind Gespenster, Illusionen, Wahn, Ja eure fahlen Schatten, abzuschütteln
Im Licht der schönen Sonne. Aber seht!
Zweite Ophelia Es regnet unaufhörlich, gießt und schüttet.
Dritte Ophelia Seit neunzig Tagen, einem Vierteljahr!
Rosenstern So dass uns Geistern längst der Glaube fehlt, Dass je ein Himmel himmelblau war.
Laertes Bah!
Rosenstern Als wäre Weinen weltumspannend Sprache!
Vierte Ophelia Die Welt sei Abbild unsrer Güte, heißt es!
Claudius Drum sei von Güte hier auch nicht die Rede. Rosenstern Nein. Doch von Machtgier, Eigensucht, Verrat, Von falscher Freundschaft, Unterwürfigkeit, Verlogenheit und bösem Blut, von Täuschung Und von Enttäuschung, die auf Täuschung folgt.
Laertes Von Rache. Ehre. Stolz, Krieg, Vaterland!
Polonius ahmt ihn nach Ja, Ehre. Rache. Krieg, Stolz, Vaterland! Prinz Hamlet Geblähe. Mache. Mief, Schmonz, Rattenschwanz!
Rosenstern Dem Mist ganz unten unterm Mistberg der Geschichte … – Dass die Liebe triumphiert! Dass Menschen glauben, sie wird es vollbringen!
Von ihr, kommt, lasst uns von der Liebe singen! Unmutsbekundungen, Murren und Zwischenrufe erklingen.
Der graue König Wer ist der? Hat der Kerl hier was zu sagen?
Polonius ahmt ihn nach Was hat der Kerl hier eigentlich denn zu …?
Laertes Verlogenheit?! Ein ehrliches Stilett
Ihm rein – ritsch, ratsch! –, dann hat die Lüge Ruh.
Gertrude klagend
Bei aller Liebe, Rosenstern! Vom Singen
Lebt man nicht wieder. Deshalb singt kein Toter!
Polonius ahmt sie nach Bei aller Liebe – Tote singen nicht!
Claudius nach kurzem Schweigen Tot ist zwar tot, doch der nicht tot genug. Laertes! Hamlet! Schneidet ihm das Wort ab, Als wäre es sein endlos krähender Hals. Geschichten! Gurgeln lasst ihn mit dem Gift
Aus den drei Lauten „T“ und „O“ und „D“. Der graue König Von Giftmord, Bruderherz, versteht Ihr was!
Claudius Was wollt Ihr, toter Bruder? Toter König Des Totenreichs sein? Haltet’s Maul. Ich herrsche!
Zu Laertes und Hamlet, indem er auf Rosenstern zeigt Erstecht ihn, dann kann er erzählen, wie Ein Herz sich fühlt, in dem ein Messer steckt.
Gertrude begeistert Nein, in den Bach! Ertränkt ihn, wie das Kätzchen, Das keiner will.
Claudius Das nächste Mal, gut, Schätzchen?
Laertes und Prinz Hamlet treten hinter Rosenstern. Laertes zieht ein Stilett aus dem Ärmel und ersticht ihn, woraufhin der Prinz den zu Boden Sinkenden auffängt.