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Toten-Ensemble und Grosser Schattenchor Aaah! Während die vierte Ophelia leblos untergeht: Der graue König Wer kam? Wer ertränkte? Einzig ich Befehle hier, wer stirbt! Mein Sohn, Ihr wart’s, In Eurem Wahn, gesteht!
Prinz Hamlet Ich? … liebte sie!
Toten-Ensemble und Grosser Schattenchor lachen schallend. Der graue König Ihr also wart’s, mein Bruder und mein Mörder! Claudius Ich? … trage keine Schuld!
Toten-Ensemble und Grosser Schattenchor lachen schallend. Polonius Sie waren’s nicht, Weil ich es war. Ich habe dich ertränkt,
Ophelia, Liebling, aus der Art geschlagen … Stille.
Ophelia wendet sich um und geht zu dem Bach, an dessen Ufer Gertrudes Eibe steht. Als sie dort Kränze ins Laub hängt, bricht ein Ast, und sie fällt ins Wasser.
Rosenstern süßlich Aaah, nein! … schon war Ophelia ertrunken.
Ophelia steht ungerührt auf, geht durchnässt zur Bühnenmitte zurück
Weiß nicht mehr, ob noch jemand innen drin.
Sagt Hamlet, ohne ihn ist alles hohl …
Toten-Ensemble Weiß nicht mehr, ob noch jemand innen drin.
Sagt Hamlet, ohne ihn ist alles hohl.
Grosser Schattenchor
Weiß nicht mehr, ob noch jemand innen drin!
Sagt Hamlet, ohne ihn ist alles hohl!
Ist Bienenvolk, nur ohne Königin!
Sagt Hamlet von Ophelia Lebwohl!
Toten-Ensemble Ist Bienenvolk, nur ohne Königin.
Sagt Hamlet von Ophelia Lebwohl.
Ophelia leise Ist Bienenvolk, nur ohne Königin …
Sagt Hamlet von Ophelia Lebwohl …
Elftes Bild Schwingen
Die vier Ophelias.
Der Eibenwald, verwandelt in den Küstengarten. Felsen, Bank, Laube, Stufen und Geländer wirken gläsern. Von der Eibe ist nur ein Stumpf übrig. Am Rand drei kahle Birken im Nieselregen. Ophelia unverändert am selben Fleck, beginnt umherzugehen, während zu zweit oder viert Kinder vorübertollen, mitunter innehalten, um etwas zu untersuchen
Die Wahrheit! Jetzt ist sie ans Licht gekommen, Und deshalb bin ich jetzt erleichtert, ja?
Nein, bin ich nicht. Ich bin es nicht! Nur verschwommen
Seh ich mich selbst allein – selbst – mich – allein.
Zweite Ophelia schält sich aus einer Birke, tritt zu Ophelia und verschwindet hinter ihr Allein, du? Bist du nicht. Ich bin bei dir! Reich mir die Hand! Verschwinden wir von hier!
Ophelia beginnt umherzugehen Nur will ich darum nicht gleich sterben. Nein!
Ich möchte atmen! Ich will Feste geben, Und wenn sie bloß für zwei sind, winzig klein! Ich will dem Tod ein Vorbild sein – will leben.
Dritte Ophelia schält sich aus einer Birke, tritt zu Ophelia und verschwindet hinter ihr Dann leb auch! Lebe, und ich bin bei dir!
Gib mir die Hand! Verschwinden wir von hier!
Ophelia Wohin, wenn alles tot ist … totenstill?
Wir schreiben jeder eine Flaschenpost, Die keiner lesen, auch nur finden will. Ich fühle mich, als wäre ich bloß Rost, Und dabei wollte ich nie eisern sein.
Wieso ist jeder immer bloß allein –Und kann noch nicht mal sagen, dass er ’s ist, Weil man ihn auf der Stelle sonst vergisst?
Die ganzen Rufe, ganzen Hilferufe … Ich kenne jeden Stein hier, jede Stufe. Wozu denn überhaupt Erinnerungen, Wenn jeder nur für sich bleibt, bleibt und bleibt Und unlesbare Mitleidsbitten schreibt?
Frei atmen! Ich will Flügel, nicht bloß Lungen. Vierte Ophelia schält sich aus einer Birke, tritt zu Ophelia und verschwindet hinter ihr Dann atme! Atme, und ich bin bei dir!
Gib deine Hand! Verschwinden wir von hier! Ophelia bleibt lange reglos stehen und blickt ins Publikum. Dunkel.