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Ihr, Oberkammerherr und Hofmarschall, Polonius, der Oberinformant, Belauscht habt Ihr die Königin, den Prinzen Und seine Liebste, eure eigne Tochter –Grosser Schattenchor aus dem Dunkel – und kanntet weder Einsicht noch Erbarmen!

Rosenstern, kaum von Polonius erstochen

Selbst Ihr, Ophelia, Polonius’ Tochter, Habt bei Intrigen mitgeholfen, die Monarch und Spitzel-Chef ersannen,

Und ausgeliefert Hamlet, euren Liebsten –Grosser Schattenchor aus dem Dunkel

– und kanntet weder Einsicht noch Erbarmen! Rosenstern, nacheinander von zweiter, dritter, vierter Ophelia erstochen Sohn des Polonius, Ophelias Bruder, Laertes, Ihr wart nur auf Rache aus, Ihr habt Euch blind verstricken lassen und Erstochen Hamlet, wie er Euch erstach –Grosser Schattenchor aus dem Dunkel – und kanntet weder Einsicht noch Erbarmen!

Rosenstern, zum zweiten Mal von Laertes erstochen

Ihr, Hamlet, Königssohn, habt in den Tod

Die Mutter und den Onkel, in den Wahn

Die Liebste, deren Vater Ihr erstacht, Und mich in England aufs Schafott getrieben –Grosser Schattenchor aus dem Dunkel

– und kanntet weder Einsicht noch Erbarmen!

Rosenstern wird von Prinz Hamlet erstochen.

Ophelia tritt auf. Anders als ihre drei Ebenbilder trägt sie ein langes grünes Gewand, einen goldenen Umhang und das Haar offen. Von den anderen beargwöhnt, indem sie zur Bühnenmitte schreitet

An nichts mehr als Erbarmen kann ich denken, Als wollte mich das immer tiefer kränken … Erbarmen? Gibt es das denn nicht allein

Bei denen, die es für uns gar nicht gibt, Den Armen? Einsicht, dachte ich, sieht ein!

Wer hatte diesen Blick, der sieht und liebt?

Nicht König, Königin, Prinz, Edelmann … Und ich? Ich sah. Und ich hab was getan?

Polonius klagend

Erbarmen? Ja, mit mir! Höhnisch Die armen Armen! Laertes lachend

Einsicht? Wozu? Hä? Seh ich gar nicht ein!

Toten-Ensemble stößt Rosenstern nach vorn, bis er vor Ophelia liegen bleibt, die ihn nicht beachtet, nur traumwandlerisch um sich blickt

Musik! Musik! Jetzt, hier!

Kein Wort!

Sing los! Los, sing! Sofort!

Kein Wort!

Von dir, für uns! Von dir!

Kein Wort!

Lied, Lied! Lied, Lied!

Kein Sterbenswort!

Rosenstern zögerlich, gepresst, halb aufgerichtet Ich, Rosenstern, ich Edelmann, ich Freund Des Prinzen, hab den Freund verraten und Verkauft. Ich Höfling, ich war neidisch, war, Ich geb es zu, verliebt – Ophelia! –Grosser Schattenchor aus dem Dunkel – und kanntest weder Einsicht noch Erbarmen!

Während alle zu ihm springen und auf ihn einstechen, bleibt Ophelia ungerührt stehen. Regengeräusche. Dunkel.

Drittes Bild Vergessen

Ophelia. Toten-Ensemble.

Prinz Hamlet. Horatio.

Der Küstengarten. Felsen, Bank, Laube, in der Mitte eine Eibe, von deren Ästen Stricke hängen, wie für Schaukeln. Stufen, die in die Tiefe führen. Ein Geländer. Alles pappmaché-grau. Am Rand steht das TotenEnsemble wie eine Reihe kahler Birken. Es nieselt.

Ophelia unverändert am selben Fleck, beginnt umherzugehen, während zu zweit oder viert Kinder vorübertollen, mitunter innehalten, um etwas zu untersuchen.

Der Garten läuft hinunter bis zum Strand.

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