Mein Gesunder Rassehund 02/2024

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HERBST ´24

Willkommen zu der fünften Ausgabe unseres Online-Magazins

EDITORIAL

TEXT UND BILD
SARAH BOYD

Am Donnerstag, den 26.9. debattiert der Deutsche Bundestag in erster Lesung die von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) verantwortete Novelle des Tierschutzgesetzes. Träte das Gesetz so in Kraft, bedeutete es das Ende der Rassehundezucht in Deutschland.

Neu ist eine Liste 18 so genannter Qualzuchtmerkmale, bei deren Feststellung, die Veterinärämter weitreichende Kompetenzen bekommen, dagegen vorzugehen. „Niemand hat einen Einwand gegen das Bemühen, Vermehrern das Handwerk zu legen, denen die Gesundheit der Tiere, die sie verkaufen vollkommen gleichgültig ist und die nur aufs schnelle Geld aus sind“, erklärt Sarah Boyd, Leiterin Öffentlichkeitsarbeit, Club für Britische Hütehunde.

„Der Gesetzentwurf erreicht diese Vermehrer aber gar nicht, sondern betrachtet die eingetragenen Züchter als Gegner. Züchter, die bereit sind, sich Zuchtordnungen und Zuchtkontrollen ihrer Vereine sowie des VDH zu unterwerfen. Da Qualzuchtmerkmale Qualzucht voraussetzen, rückt der Gesetzentwurf ordentliche Züchter sogar in die Nähe von Straftätern.“

„Bundesminister Özdemir und das BMEL“, so Frau Boyd weiter, „haben die Chance verstreichen lassen, Züchter und Zuchtvereine als Partner in die Pflicht zu nehmen. So ist der Entwurf bestenfalls gut gemeint, denn er baut hauptsächlich auf eine Folge von Verboten und Drohungen.“

Ganze 45 Minuten hat der Bundestag für diese wichtige Debatte anberaumt. „Die entscheidenden Dinge werden wie immer in den

Ausschüssen laufen“, weiß auch Frau Boyd „Wir haben sie deshalb bereits mit Informationen versehen, wie der Gesetzentwurf sein Ziel effektiver, um nicht zu sagen überhaupt

Impressum

Herausgeber

www.meingesunderrassehund.de vertreten durch

Sarah Boyd Hohemarkstr. 154c, 61440 Oberursel E-Mail pinemanorshelties@yahoo.com

Redaktion

Sarah Boyd, Matthias Fahrig, Annette Klarmann, Johannes Willwacher

erreichen kann. Im Übrigen vertrauen wir auch hier auf das Wirken des Struck’schen Gesetzes: Kein Entwurf kommt aus dem Bundestag heraus, wie er in ihn hineingegangen ist.

Website www.meingesunderrassehund.de

Gestaltung

Johannes Willwacher

Grafische Konzeption

Annette Klarmann annette.klarmann@t-online.de

Titelbild von www.freepik.com

DACKELVERBOT DURCH DIE HINTERTÜR

Am Welthundetag feiern wir eines der beliebtesten Haustiere: Der Hund bereichert das Leben der Menschen. Allein in Deutschland leben 10,5 Millionen Hunde, die zweitgrößte Hundepopulation in Europa. Sei es als Familien- oder Diensthund – Hunde sind wichtige Sozialpartner in unserer Gesellschaft und übernehmen als Polizei-, Rettungs- oder Assistenzhunde vielfältige Aufgaben.

Qualzuchten bei Hunden

Aktuell wird in Deutschland das Thema Qualzucht bei Hunden intensiv diskutiert. Der Hintergrund dieser Diskussion ist ernst: Tatsächlich wurden und werden Hunde gezüchtet, die aufgrund von Erbkrankheiten und falscher Zuchtauswahlkriterien krank sind und leiden müssen. Diese stammen mit überwältigenden Mehrheit nicht aus der kontrollierten Rassehundezucht, sondern von „Vermehrerstationen“ aus dem In- und Ausland.

Die Hobby-Züchter im Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH), dem Dachverband für Hundezucht- und Sportvereine, wollen die erhöhte Nachfrage nach diesen Hunden nicht bedienen. Im Vordergrund stehen vielmehr die verantwortungsvolle Zucht und die Verbesserung der Tiergesundheit innerhalb aller Hunderassen. Im VDH nimmt die Zahl problematischer Hunde aus Trendrassen aufgrund verschärfter Zuchtmaßnahmen seit Jahren ab, während außerhalb des VDH eine steigende Verbreitung von Hunden mit sogenannten Qualzuchtmerkmalen zu beobachten ist. So wird z.B. die Französische Bulldogge beim Heimtierregister Tasso auf Platz 4 der beliebtesten Hunderassen geführt, aus der

kontrollierten Zucht des VDH stammen lediglich ca. 2 % der Hunde in Deutschland.

Dackelverbot durch die Hintertür Mit der Tierschutz-Hundeverordnung und dem geplanten neuen Tierschutzgesetz wollen Politik und Behörden Qualzuchten mit verschiedenen Maßnahmen bekämpfen. Manche Regelungen fordern für normalgesunde Hunde belastende Untersuchungen wie MRT in Narkose als Voraussetzung für die Teilnahme an Veranstaltungen. Die Durchführung solcher Untersuchungen ohne eine vernünftige tierärztliche Indikation ist tierschutzwidrig. Auch wenn Rasseverbote von Vertretern der Bundesregierung und Politikern öffentlich immer wieder dementiert werden, sehen viele behördliche Auflagen genau diese vor. Die Verbote erfolgen dabei durch die “Hintertür”: Die Rassen werden nicht explizit genannt. Stattdessen werden willkürlich genetische Merkmale als Qualzuchtmerkmale festgelegt, die jeder oder fast jeder Hund bestimmter Rassen trägt, ohne dass diese tatsächlich zu einer feststellbaren Erkrankung der Hunde führen.

Die Verbote betreffen beispielsweise alle Boston Terrier, Französischen Bulldoggen, mehr als 95 % aller Dackel und Cocker Spaniel. Weitere stark betroffene Rassen, von denen zahlreiche Hunde allein anhand genetischer Merkmale ausgeschlossen werden sollen, sind der Deutsche Schäferhund, der Collie, der Australian Shepherd und viele mehr.

Kranke Welpen aus dem Ausland

Die pauschalen Verbote und massiven Einschränkungen werden dazu führen, dass es

künftig keine kontrollierte Zucht für diese Hunderassen in Deutschland mehr geben wird. Außerhalb des VDH und seiner strengen Zuchtbestimmungen und -kontrollen werden dann vor allem Vermehrer und Importe aus dem Ausland die Nachfrage nach diesen Hunden bedienen. Dort herrschen deutlich niedrigere bzw. keinerlei Tierschutzstandards, so dass noch mehr kranke Tiere nach Deutschland gebracht werden. Die Zahl der Hunde mit Qualzuchtmerkmalen wird erheblich zunehmen. Hier geht Tierschutz in die falsche Richtung.

Merkmale, die bei Hunden zu Schmerzen und Leiden führen können, müssen mit modernen Zuchtprogrammen ausgeschlossen werden. Dies ist mit verhältnismäßigen und praxistauglichen Maßnahmen sicherzustellen. VDH-Präsident Prof. Dr. Peter Friedrich fordert daher: „Seriöse Züchter müssen gestärkt und ihre verantwortungsvolle Arbeit deutlich gemacht werden. Verbote oder Belastungen gesunder Hunde oder ganzer Hunderassen, ausschließlich anhand genetischer Merkmale, sind nicht gerechtfertigt und müssen unterbleiben.“

Ansprechpartnerin: VDH Vanessa Enge E-Mail: presse@vdh.de Tel.: 02 31 / 5 65 00-23 www.vdh.de

Zum ersten Mal in der Geschichte des Clubs für Britische Hütehunde ist eine komplette Rasse von einer Ausstellung quasi eliminiert worden. So geschehen bei der Clubausstellung der Landesgruppe Schleswig-Holstein am 15. September in Kaltenkirchen. Dort blieb der Ring für beide Zuchtrichtungen der Welsh Corgis, die Pembrokes und die Cardigans, leer. Die Begründung des Veterinäramtes: im Zuge der Qualzucht-Debatte des Tierschutzgesetzes gilt beim Corgi die Kleinwüchsigkeit als Merkmal für Qual und Leiden. Es wurde von den Ausstellern gefordert, „sicherzustellen, dass an der o. g. Zuchtschau nur Hunde der Rasse Welsh Corgi teilnehmen, die nachweislich nicht Träger des Chr12-FGF4-Insertionsdefektes sind. Der Nachweis ist über einen erfolgten Gentest zu erbringen“.

Fakt ist, dass dieses spezielle FGF4-12-Retrogen bei Hunden zu verkürzten Gliedmaßen führt und eine vorzeitige Degeneration und Verkalkung der Bandscheiben zur Folge hat, was lediglich eine Anfälligkeit für IVDD (Bandscheibenerkrankung) mit sich bringt. Ob diese dann tatsächlich eintritt, ist von den Lebensumständen der Hunde sowie von ganz anderen, zum Teil noch unerforschten Parametern abhängig. Das FGF4- Protein befindet schon seit über 4.000 Jahren im Genpool des Hundes und betrifft die einzelnen Rassen sehr unterschiedlich, allen voran den Dackel. Leider werden die Corgis in der Literatur im gleichen Atemzug mit besonders betroffenen Rassen genannt, was – wie Rassebetreuer Olaf Schmidt-Kiy sehr richtig feststellt – bis heute wissenschaftlich nicht untermauert ist.

Im Vorfeld der Kaltenkirchener Ausstellung war die Kommunikation mit dem zuständigen Veterinäramt nur schleppend und vermutlich auch zu spät in Gang gekommen. Es wurden zunächst die üblichen allgemeinen Eckdaten einer Ausstellung abgeklärt, bis es dann einen Tag vor Ausstellungsbeginn zur Anordnung des Gentests kam. Für mich als Betroffene Halterin zweier Pembrokes war es das erste Mal, dass ein solcher Gentest überhaupt verlangt wurde. Allen anderen Corgibesitzern muss es wohl ähnlich gegangen sein, denn von 20 gemeldeten Corgis erschienen nur sechs Hunde, die dann natürlich aufgrund fehlender Nachweise abgewiesen wurden.

Der Auftritt des Veterinär- und Ordnungsamtes mit sieben zum Teil uniformierten Beamten wirkte anlässlich einer kleinen Clubausstellung mehr als

befremdlich und einschüchternd. Den Zuständigen sollte klar sein, dass Hundebesitzer und Veranstalter Geld und Zeit investieren und bei Ihnen durch solche kurzfristig angekündigten Aktionen eine große Verunsicherung und ein finanzieller Verlust entstehen. Ein jeder von uns hat das Wohl seines Hundes im Blick und wir sind durchaus bereit, den Forderungen des Tierschutzes nachzukommen. Die gesundheitliche Überprüfung der Hunde, die Röntgen- und Gentests für Zuchthunde werden von uns allen unterstützt und eingehalten. Eine Hau-Ruck-Aktion wie diese wirkt wie eine Ohrfeige für jeden bemühten Hundehalter. Wenn es das Ziel sein sollte, die Rassehundezucht komplett abzuschaffen, oder so zu einzuengen, dass sie de facto unmöglich wird, dann öffnet das die Tore für unkontrollierte Billig-Importe aus dem Ausland umso mehr.

Den Veterinärämtern sei bei allem Wohlwollen für ihre sicherlich nicht einfache Arbeit ein etwas sensiblerer und vor allen Dingen verlässlicherer Umgang bei der Umsetzung des Tierwohls ans Herz gelegt. Veranstalter und Hundehalter müssen rechtzeitig von den Veterinärämtern Informationen erhalten, welche Kontrollen, bzw. Beschränkungen auf sie zukommen. Das geht nur in einem offenen, ehrlichen Dialog, alles andere ist bürokratische Willkür und hat in einem demokratischen Staat nichts verloren.

Und ob man ausgerechnet an einer über tausend Jahre alten Kulturhunderasse mit einer ohnehin nicht sonderlich großen Population ein solches Exempel statuieren muss, ist ohnehin fragwürdig.

DER KOMMENTAR

zur CAC-Schau in Kaltenkirchen

TEXT JÜRGEN KURZ

Die Situation in Kaltenkirchen und das so kurzfristige Verbot, die Welsh Corgis auf der Hundeausstellung zu zeigen wirft viele Fragen auf, insbesondere im Zusammenhang mit dem Tierschutz und der Rolle von Behörden.

Ist das Verbot nicht Ausdruck eines größeren Trends von Organisationen, die darauf abzielen, bestimmte Züchtungen aufgrund ethischer Bedenken zu regulieren oder zu verhindern? Das Vorgehen in Kaltenkirchen macht den Eindruck der Willkür unter dem Deckmantel des Tierschutzes.

Der Rassestandard und die Zuchtvorgaben werden von uns Züchtern streng befolgt. Züchter, die sich an solche Standards halten, werden durch diese Maßnahmen zu Unrecht bestraft. Seit 1928 gibt es einen Rassestandart für den Welsh Corgi. Jetzt werden Behörden in Deutschland „wach“?

Ein großes Problem liegt darin, dass in öffentlichen Diskussionen oft pauschale Aussagen über Überzüchtung getroffen werden. Begriffe wie „überzüchtet“ tauchen häufig in Berichten von Tierschutzorganisationen auf, die sich gegen das Konzept der Rassehundezucht im Allgemeinen stellen. Meist wird dabei vergessen, dass wir Züchter verantwortungsvoll handeln und durch strenge Kontrollen die Gesundheit unserer Tiere sicherstellen. Tierschutzorganisationen wie PETA oder ähnliche Gruppen zielen oft auf Emotionen ab, was leider in der Öffentlichkeit zu einer verzerrten Wahrnehmung führt, bei der wir als verantwortungsvolle Züchter mit Vermehrern in einen Topf geworfen werden.

Ich stelle eine Vielzahl von Tierschutzorganisationen viel mehr in Frage, als die Rassehundezucht und deren Züchter.

Tierschutz

Fördert eine Einfuhr von Tieren aus dem Ausland (oft aus zweifelhaften Quellen) tatsächlich den Tierschutz oder bringt das vielmehr neue gesundheitliche und tierschutzrechtliche Herausforderungen mit sich? Gibt es hier einen nicht viel größeren Ansatz als in der Rassehundezucht? In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob manche Tierschutzorganisationen nicht selbst fragwürdige Praktiken unterstützen oder fördern.

Schaut man mal hinter die Kulissen von Organisationen wie PETA (People for the Ethical Treatment of Animals), wird ein erheblicher Teil der Spendengelder für Personalkosten und andere Verwaltungsausgaben aufgewendet. Nach Angaben der Organisation sind diese Ausgaben notwendig, um die Arbeit von PETA, einschließlich ihrer Kampagnen, Rechtsabteilungen und Aufklärungsarbeit, zu finanzieren. PETA ist bekannt für aufsehenerregende, provokative Kampagnen. Sind diese nicht darauf ausgelegt, die Aufmerksamkeit der Medien zu gewinnen und so eine breite Öffentlichkeit zu erreichen? Sind viele dieser Aktionen nicht heuchlerisch und oberflächlich? Das oberste Ziel scheint zu sein, durch hohe Aufmerksamkeit Spendengelder zu generieren.

Der Wirtschaftsbericht für das GF Jahr 2020/2021, sagt folgendes aus: Vereinnahmt wurden 12,6 Mio Euro Spendengelder in Deutschland. Die zwei größten Ausgabenbereiche verschlingen 10,2 Mio Euro. Die Personalkosten betrugen 4,5 Mio Euro, für Öffentlichkeitsarbeit, Informationen und Spendengewinnung wurden 5,7 Mio Euro aufgewendet. Für den eigentlichen Tierschutz wurden nach dieser GuV Rechnung 927.812,85 Euro aufgewendet. Gibt es hier nicht eine große Missverhältnismäßigkeit. Spendengelder fließen nicht direkt in den aktiven Tierschutz,

wie in etwa Unterstützung von Tierheimen oder anderen direkten Tierschutzmaßnahmen. Ist das wirklich ein Verein (e.V.)?

Das PETA Tiere in den USA tötet ist sicherlich auch nicht allen bekannt. Quelle Internet, zoosmedien-echo, Auszug:

Hier sieht man sehr deutlich, worum es im PETA-Tierheim geht. Die Organisation versucht nicht, so viele Tiere wie möglich zu vermitteln, sondern offenbar vielmehr so viele zu töten wie möglich. PETA will jede Form der Tierhaltung beenden. Dabei folgen die Aktivisten der Devise, dass ein Tier besser tot wäre als in menschlicher Obhut.

Ob sich die Vielzahl der Spender darüber bewusst sind? Wo bleibt hier das Medieninteresse?

Persönlichkeiten wie Martin Rütter haben großen Einfluss auf die öffentliche Meinung, vor allem in Bezug auf Hundeerziehung und Tierschutz. Rütter ist eine bekannte Figur im deutschen Fernsehen, und seine Ansichten werden weit verbreitet. Aber, hier wird Geld verdient. Medienpersönlichkeiten wie er müssen auf Einschaltquoten und kommerziellen Erfolg abzielen, statt die Tiefe und Komplexität des Themas Zucht und Tierschutz umfassend darzustellen. Dennoch erwähne ich, dass er auch positive Beiträge zur Aufklärung über artgerechte Hundehaltung und Erziehung geleistet hat.

Züchter

Züchter, die sich an die Standards der Zuchtverbände halten, leisten einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit und genetischen Vielfalt von Rassehunden. Diese Standards sind nicht willkürlich, sondern wurden entwickelt, um

das Wohl der Tiere zu fördern und genetisch bedingte Krankheiten zu minimieren. Wir Züchter investieren viel Zeit und Geld in die Gesundheitsprüfungen unserer Hunde und folgen strengen ethischen Richtlinien. Es ist daher verständlich, dass wir uns durch pauschale Kritik ungerecht behandelt fühlen.

Es ist wichtig, sich zu organisieren, um die eigene Arbeit transparent zu machen. Unser Verein ist dabei, das Image der Zucht in der Öffentlichkeit zu verbessern und Missverständnisse auszuräumen. Weitere Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärung über die Vorteile einer kontrollierten Zucht und vielleicht sogar eine Zusammenarbeit mit seriösen Tierschutzorganisationen könnten weitere wirksame Schritte sein.

Die Beobachtung, dass viele Menschen sich ihre Meinung nur auf der Basis von Schlagzeilen bilden, ist heute leider zutreffend. Gerade in unserer digitalen und oft oberflächlichen Medienlandschaft reagieren viele auf starke visuelle Reize und provokante Aussagen, ohne die Hintergründe genauer zu hinterfragen. Für Tierschutz-Organisationen kann das eine effektive Strategie sein, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Es verstärkt aber auch den Eindruck, dass die eigentlichen Probleme, die im Tierschutz wirklich angesprochen werden müssten, dabei in den Hintergrund rücken.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Debatte komplex ist. Es ist wichtig, einen ausgewogenen Ansatz zu finden, der sowohl das Wohl der Tiere schützt als auch die Interessen der

verantwortungsvollen Züchter berücksichtigt. Nicht polemisch, nicht willkürlich, sondern im Dialog. Wir müssen und sollten uns nicht alles gefallen lassen!

Wir sind kontrollierte Rassehundezucht und nicht unkontrollierte Hundezucht!

RECHT

Amtsveterinär hat jederzeitiges Kontrollrecht Der BGH zur Tierhaltung in Mietwohnung

TEXT

Tierschutz ist schön und gut, aber wie soll er in der Praxis umgesetzt werden? Ein Instrument ist das Kontrollrecht des Amtstierarztes. Dieses ist in § 16 TierSchG geregelt. Allerdings warf diese Vorschrift lange Probleme auf, wie sie zu verstehen sei. Diese Probleme werden nun durch die Rechtsprechung gelöst.

Das OLG Schleswig hat mit Beschluss vom 12.4.2007, 2 Ss OWi 44/07 (36/07) über die Reichweite des Auskunfts-, Betretens- und Kontrollrechts des Amtsveterinär nach § 16 TierSchG entschieden und eine nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes sofort erkennbare Auslegung gewählt: Das sich aus § 16 Abs. 2 und 3 TierSchG ergebende Auskunfts- und Betretungsrecht der zuständigen Behörden betrifft danach alle Formen der den Anforderungen des Tierschutzgesetzes unterliegenden Tierhaltungen. Ob die Tierhaltung zugleich der „Aufsicht“ im Sinne des § 16 Abs. 1 TierSchG unterliegt, ist unerheblich. Ein Verstoß hiergegen, also die Weigerung, mit der Behörde zusammen zu arbeiten, ist gem. § 18 Abs. 1 Nr. 26 TierSchG als Ordnungswidrigkeit zu ahnden.

Die Reichweite Auskunfts- und Betretungsrechts lässt sich allein dem Wortlaut der erwähnten Vorschriften zwar nicht abschließend entnehmen und konnte auch nicht schon als in der Rechtsprechung ausdrücklich geklärt gelten. Denn immerhin könnte eine Entscheidung des VG Ansbach vom 12.05.2005 (AZ: AN 16 K 04.03545) dahin verstanden werden, dass das Betretungsrecht im Zusammenhang mit der auf bestimmte Tierhaltungen beschränkten Aufsicht im Sinne des § 16 Abs. 1 TierSchG zu sehen ist, sich also auf die dort aufgeführten Haltungsformen - zu denen die entscheidungsgegenständliche Tierhaltung mangels Gewerblichkeit der Hundezucht noch nicht gehörte - beschränkt.

Demgegenüber wird überwiegend vertreten, dass sich § 16 Abs. 2 und Abs. 3 TierSchG im Rahmen des Tierschutzgesetzes an sämtliche Tierhalter richten (so auch ausdrücklich VG Stuttgart, RdL 1998, 52, 54 = NuR 1999, 232, AG Germersheim, AgrarR 1999, 219; i. E. auch VG München NuR 2002, 507, 509).

Das OLG schloss sich dieser Auffassung, sowohl aus Gründen eines effektiven Tierschutzes als auch aus regelungssystematischen Erwägungen, an. Denn insbesondere § 16 Abs. 3 TierSchG verschaffe den zuständigen Behörden die notwendigen Ermittlungsbefugnisse, ohne dass ein Grund dafür ersichtlich wäre, die den zuständigen Behörden in § 16 Abs. 2 und 3 TierSchG eingeräumten Befugnisse allein auf die § 16 Abs. 1 TierSchG genannten Fälle von Tierhaltungen zu beschränken. Dies folge nicht nur daraus, dass das in § 16 Abs. 2 TierSchG normierte Auskunftsrecht - dessen Flankierung das in § 16 Abs. 3 TierSchG geregelte Betretungsrecht dient - „zur Durchführung der der Behörde durch dieses Gesetz übertragenen Aufgaben“ insgesamt eingeräumt ist, sondern auch aus der lediglich eingeschränkten Reichweite der im Tierschutzgesetz des Bundes enthaltenen verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften. Da die Länder das TierSchG als eigene Angelegenheit ausführen und insofern auch grundsätzlich selbst die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren regeln, bezwecken die unvollständigen verfahrensrechtlichen Regelungen des TierSchG keine wirkliche Regelung des Verwaltungsverfahrens, sondern füllen lediglich die im Vergleich zu „normalen“ Verwaltungsverfahren entstehenden Regelungslücken.

Ein derartiger Regelungsbedarf bestand für die in § 16 Abs. 1 TierSchG für bestimmte Tierhaltungsformen angeordnete „Aufsicht“

deshalb, weil unter einer derartigen Aufsicht die kontinuierliche Überwachung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde zu verstehen ist und es zu dieser Handlungsform bei einer lediglich anlassbezogenen Kontrolle nach dem allgemeinen Verwaltungsrecht nicht käme. Ein entsprechender zusätzlicher Regelungsbedarf bestand aber auch hinsichtlich der in § 16 Abs. 2 und 3 TierSchG geregelten Auskunfts- sowie Betretungsrechte, da die entsprechenden Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts der Länder derart spezifizierte Ermittlungsbefugnisse nicht kennen.

Daher kann nun als gesichert gelten, dass der Amtsveterinär weitreichende Rechte zur Erfüllung seiner Aufgaben hat. Er kann jede (Säuge)-Tierhaltung nun effektiv überwachen. Betroffene dürfen ihm nicht die Tür vor der Nase zuschlagen.

Der BGH zur Tierhaltung in Mietwohnung

Der Bundesgerichtshof hatte schon mehrfach über die Tierhaltung in Mietwohnungen zu entscheiden.

Dem Urteil vom 14.11.2007 – VIII ZR 340/06 –lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger ist Bewohner einer Mietwohnung in einem Mehrfamilienhaus der Beklagten. Nach § 8 Nr. 4 des Mietvertrages bedarf „jede Tierhaltung, insbesondere von Hunden und Katzen, mit Ausnahme von Ziervögeln und Zierfischen, … der Zustimmung des Vermieters“. Der Kläger bat die Beklagte um Zustimmung zur Haltung von zwei Katzen. Die Beklagte verweigerte die Zustimmung.

Der BGH hat dort entschieden, dass die zitierte Klausel unwirksam ist, da sie den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Die Benachteiligung ergibt sich daraus, dass eine Ausnahme von dem Zustimmungserfordernis nur für Ziervögel und Zierfische besteht, hingegen nicht für andere kleine Haustiere. Deren Haltung gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung, weil von ihnen in der Regel – in Ausnahmefällen kann der Vermieter auf Unterlassung klagen – Beeinträchtigungen der Mietsache und Störungen Dritter nicht ausgehen können. Das ist nicht nur bei den in der Klausel aufgeführten Ziervögeln und Zierfischen, sondern auch bei anderen Kleintieren der Fall, die, wie etwa Hamster und Schildkröten, ebenfalls in geschlossenen Behältnissen gehalten werden. Die Klausel ist auch dann unwirksam, wenn danach die Zustimmung zur Tierhaltung nicht im freien Ermessen des Vermieters stehen sollte, sondern von diesem nur aus sachlichen Gründen versagt werden dürfte. Denn sie bringt nicht eindeutig zum Ausdruck, dass die Zustimmung zur Haltung von anderen Kleintieren als Ziervögeln und Zierfischen nicht versagt werden darf, weil es hierfür keinen sachlichen Grund gibt. Es besteht deshalb die Gefahr, dass der Mieter insoweit unter Hinweis auf die Klauselgestaltung von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird.

Fehlt es an einer wirksamen Regelung im Mietvertrag, hängt die Zulässigkeit der Tierhaltung davon ab, ob sie zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung gehört. Die Beantwortung dieser Frage erfordert bei anderen Haustieren als Kleintieren eine umfassende Abwägung der Interessen des Vermieters und des Mieters sowie der weiteren Beteiligten. Diese Abwägung lässt sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall vornehmen, weil die dabei zu

berücksichtigenden Umstände so individuell und vielgestaltig sind, dass sich jede schematische Lösung verbietet.

In einem zweiten Verfahren (VIII ZR 168/12, Urteil vom 20.03.2013) hat der BGH sich darauf aufbauend mit der Frage befasst, ob eine Formularklausel in einem Wohnraummietvertrag wirksam ist, welche die Haltung von Hunden und Katzen in einer Mietwohnung generell untersagt.

Der Beklagte mietete eine Wohnung der Klägerin. Im Mietvertrag war als „zusätzliche Vereinbarung“ enthalten, dass der Mieter verpflichtet sei, „keine Hunde und Katzen zu halten“. Der Beklagte zog mit seiner Familie und einem Mischlingshund mit einer Schulterhöhe von etwa 20 cm in die Wohnung ein. Die Klägerin forderte den Beklagten auf, das Tier binnen vier Wochen abzuschaffen. Der Beklagte kam dieser Aufforderung nicht nach.

Der BGH meinte, dass eine Allgemeine Geschäftsbedingung des Vermieters, welche die Haltung von Hunden und Katzen in der Mietwohnung generell untersagt, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Sie benachteiligt den Mieter unangemessen, weil sie ihm eine Hunde- und Katzenhaltung ausnahmslos und ohne Rücksicht auf besondere Fallgestaltungen und Interessenlagen verbietet. Zugleich verstößt sie gegen den wesentlichen Grundgedanken der Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters in § 535 Abs. 1 BGB. Ob eine Tierhaltung zum vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne dieser Vorschrift gehört, erfordert eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall. Eine generelle Verbotsklausel würde - in Widerspruch dazu - eine Tierhaltung auch in den Fällen ausschließen, in denen eine

solche Abwägung eindeutig zugunsten des Mieters ausfiele.

Die Unwirksamkeit der Klausel führt nicht dazu, dass der Mieter Hunde oder Katzen ohne jegliche Rücksicht auf andere halten kann. Sie hat vielmehr zur Folge, dass die nach § 535 Abs. 1 BGB gebotene umfassende Abwägung der im Einzelfall konkret betroffenen Belange und Interessen der Mietvertragsparteien, der anderen Hausbewohner und der Nachbarn erfolgen muss.

Eine Rechtsschutzversicherung kann die nicht unerheblichen Prozessrisiken, die durch die Notwendigkeit von Gutachten ggf. verschärft werden, abfedern. Denn auch der Prozessgewinner kann auf beträchtlichen Kosten sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht liquide ist.

Hinweis: Sie dürfen diese beiden Artikel ohne Veränderungen zum Privatgebrauch oder zum internen Gebrauch unter Nennung dieses Hinweises und der Adressangaben gerne frei kopieren und weitergeben. Für die kommerzielle Nutzung ist das vorherige Einverständnis des Autors einzuholen. Bitte übersenden Sie ein Belegexemplar oder den direkten Link.

Fragen zu diesem Beitragen beantwortet der Verfasser nur im Rahmen eines Mandates oder in sonst berufsrechtlich zulässiger Weise.

Frank Richter Rechtsanwalt

Kastanienweg 75a 69221 Dossenheim Telefonnummer 06221/727-4619 www.richterrecht.com.

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