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FLORIAN SCHROEDER

WARTEN UND TRINKEN

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Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. Das bekommt man hierzulande schon Jahre vor dem ersten Gerstensaft-Genuss eingetrichtert. Doch wenn der Volontär sich abends für einen Termin in eine dunkle Trinkanstalt wagt, um eine Band der härteren Gangart zu interviewen, und wenn diese dann auch noch eine Verspätung ankündigt – dann sollte es bei nüchterner Betrachtung vollkommen legitim sein, sich ein Kühles zu genehmigen. In diesem Sinne: Cheers und Rock 'n' Roll!n pl

TIERISCH KALT:

Foto: © mb

chilli-Autorin Maja Bruder verdient sich ein Zubrot mit Hundesitting. Geld bekommen, um mit einem Hund im Wald zu laufen, klingt eigentlich wie der perfekte Nebenjob. Die sommerlichen Temperaturen haben den Freiburger·innen jedoch zu viel versprochen. Und dann hat der Winter ihnen eine Klatsche gegeben, wie Will Smith Chris Rock bei den Oscars. Bei Schnee und Eis macht das Joggen mit einem badebegeisterten Golden Retriever dann nicht mehr ganz so viel Spaß – dem Tier aber offensichtlich schon. Und das ist schließlich die Hauptsache. mb

NACHGEWÜRZT!

FEMINISTISCHE AUSSENPOLITIK

Eine Frage geht um in Deutschland: Was genau ist feministische Außenpolitik? Ich könnte es erklären, aber ich darf nicht, denn ich bin ein Mann. Und ein Mann, der das auch nur zu erklären versucht, kann weg, muss weg. Denn das wäre Mansplaining. Also Beine spreizen. Dicke Backen machen. Mit dem Schwanz wedeln. Jedenfalls das Gegenteil von Feminismus. Leider scheinen aber auch grüne Profis nicht zu wissen, was feministische Außenpolitik genau ist. Hat Habeck sie vielleicht mit nach Katar genommen, quasi der Wiege des Feminismus? Vielleicht hätte er seine Gastgeber auf ein paar Eierlikör einladen sollen? Danach zusammen Schuhe kaufen? Hätten sie sich erst einmal gegenseitig die Haare machen sollen? Nicht nötig: Habeck hat ohnehin immer die Haare schön. Es heißt ja oft: Wo Frauen an der Lösung von Konflikten beteiligt sind, ist der Frieden näher. Dagegen spricht schon die diesjährige Oscar-Verleihung. Dort war es chauvinistische Innenpolitik und feministische Außenpolitik. Die Vorstellung von der Welt als friedlichem Ort, wenn doch nur die Frauen endlich das Sagen hätten, ist genauso daneben wie das Gerede von den Hafermilch-Männern vom Prenzlauer Berg, die nicht mehr kämpfen können. Denken wir nur an Lynndie England, die US-Soldatin, die verurteilt wurde, weil sie in Abu Ghraib im Irak Gefangene misshandelte. Oder Ghislaine Maxwell, die Gehilfin von Jeffrey Epstein. Oder die Frauen der Al-Khansa-Brigade des sogenannten Islamischen Staats, die folterten und mordeten. „Wenn Frauen am Friedensprozess beteiligt sind, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Einigung mindestens 15 Jahre hält, um 35 Prozent“, behauptet die Böll-Stiftung. Ich aber lege noch eins drauf: Wenn Barbara Schöneberger an einem Friedensprozess beteiligt ist, steigt die Wahrscheinlichkeit nochmal um 35 Prozent. Locker. Wir sprechen ja vom Schoß der Mutter Erde, aus dem etwa das Gas kommt, das uns einheizt – spätestens jetzt merken wir: Bilder, die wir männlich oder weiblich konnotieren, erklären vielleicht doch nicht alles auf der Welt. Und worin unterscheidet sich weibliche Außenpolitik von einer, die von den, sagen wir: Menschenrechten geleitet ist? Menschenrechte gelten schließlich für alle. Aber menschliche Außenpolitik, das verlangt natürlich viel von Männern und Frauen.

Foto: © Privat Florian Schroeder, Kabarettist, studierte in Freiburg, lebt in Berlin und vergibt die chilli-Schote am goldenen Band.

STREIT UM STADTTUNNEL

GEGNER FAHREN FRONTALKURS, POLITIK DRÜCKT AUFS TEMPO

Von Lars Bargmann & Philip Thomas

Der Zoff um den Freiburger Stadttunnel nimmt Fahrt auf. In einer Veranstaltung der Initiativen Statt-Tunnel und B31-West-NeinDanke wertete BUND-Verkehrsexperte Werner Reh den Bau als „Klimakiller“. Die für das Projekt zuständige Autobahn GmbH arbeitet eigenen Angaben zufolge „mit Hochdruck“ an der Planung. Baubürgermeister Martin Haag wünscht sich indes „etwas mehr Tempo“. Die Aktivistin Reinhild Dettmar-Finke sagte auf der Veranstaltung, es verändere sich gerade was im Gemeinderat. Eine chilli-Umfrage unter den Fraktionen ergab indes, dass einzig Einzelstadtrat Wolf-Dieter Winkler gegen das Projekt ist.

325 Millionen Euro für 1,8 Kilometer, 180.000 Euro für jeden Meter. Der Freiburger Stadttunnel wird, wenn er denn wirklich gebaut wird, sicher noch teurer. Die Kostenschätzung ist aus dem Jahr 2016. Im selben Jahr hatte das Bundeskabinett den Bundesverkehrswegeplan 2030 beschlossen. Im kommenden wird das Bundesministerium für Digitales und Verkehr diesen überprüfen. Daran knüpfen sich die Hoffnungen der Tunnelgegner. Seit dem Kabinettsbeschluss gab es laut Dettmer-Finke einen Paradigmenwechsel hin zu mehr Klimaschutz. Man könne das Ende 2016 ratifizierte Pariser Abkommen oder das entsprechende Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem vergangenen Jahr nicht einfach so ignorieren. Der Stadttunnel ist aktuell im vordringlichen Bedarf (der höchsten Kategorie) gelistet. „Ich glaube nicht, dass Berlin den Stadttunnel fallenlässt. Der ist auch aus Sicht des Bundes weiter vordringlich“, sagt Haag. Eine klare Aussage, ob der Tunnel nach der Prüfung noch in der höchsten Kategorie gelistet sein wird – oder etwas dagegen sprechen könnte, kann das Ministerium laut einer Sprecherin nicht machen. Auf der Homepage heißt es, dass bei der turnusmäßigen Gesamtüberprüfung einzelne Neubau-Projekte gar nicht neu bewertet werden.

VERKEHR Nach einer Berechnung des Freiburger Regierungspräsidiums (RP) aus dem Jahr 2016 werden 2025 täglich rund 65.800 Autos und 6500 Laster auf der B 31 mitten durch die Stadt rollen. Nach Zahlen der drei Industrie- und Handelskammern im Südwesten waren es 2019, vor Home-Office-Pflicht und Lockdowns, schon 56.000 Kfz und 5500 Lkw. Wenn der Stadttunnel fertig ist, so die Prognose des RP, würden zwei von drei Autos (68 Prozent) und vier von fünf Lastwagen (80 Prozent) sozusagen in die Röhre gucken. Laut Jan-Philipp Strobel, Sprecher der Südwest-Niederlassung der Autobahn GmbH, zählt Freiburg nach einer vom Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegebenen Verkehrsverflechtungsprognose 2030 zu einer der am stärksten wachsenden Verkehrsregionen in Deutschland: 30 Prozent im Vergleich zu 2010. Man arbeite „mit Hochdruck“ an der Entwurfsplanung. Allerdings gab es, seitdem die GmbH das Projekt Anfang 2021 vom RP übernommen hat, keinerlei Wasserstandsmeldung. Nach Genehmigung der Planung durch die Zentrale in Berlin rechnet Strobel jedenfalls mit „einem mehrjährigen Rechtsverfahren aufgrund zahlreicher Betroffener und politischer Absichten“. Frühestens 2024 könnte – sofern alle Genehmigungen ohne Auflagen vorliegen – das Planfeststellungsverfahrens beginnen. Wie lange das dauert, sei derzeit nicht abschätzbar.

UMWELT Gegen die Röhren hat sich ein breites Bündnis aus Bürgern und Umweltverbänden gebildet. Ihre Argumentation fußt auf dem alten Slogan: Mehr Straßen bedeuten mehr Verkehr. Für die Initiative Statt-Tunnel sind Straßenbauprojekte dieser Art nicht mit den Klimaschutzzielen und der Mobilitätswende vereinbar. Für den Politikwissenschaftler Werner Reh, ehemaliger Verkehrsreferent beim BUND und noch im Arbeitskreis aktiv, ist der Stadttunnel „ein Klimakiller.“ Den Bau eingerechnet verursache der Tunnel jährlich 3436 Tonnen Co2-Äquivalente. „Die muss Freiburg dann an anderer Stelle einsparen“, sagt Reh. Der BUND hält den aktuellen Bundesverkehrswegeplan ohnehin für rechtswidrig, weil er keine Klimaziele enthält und zu den einzelnen Projekten keine Alternativen untersucht hat. Derweil wird die Luft in Freiburg jedes Jahr besser. Das zumindest suggeriert die Messstation an der Schwarzwald- Ecke Sternwaldstraße. Laut Re-

gierungspräsidium (RP) wurde dort im Jahr 2020 ein Mittelwert von 30 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft erfasst. Bereits 2019 lag diese Marke mit 36 Mikrogramm unter dem Grenzwert von 40 Mikrogramm. 2018 waren es noch 50 Mikrogramm. Laut RP war zwar ein Corona-Effekt erkennbar, zu verdanken sei das Ergebnis aber vor allem Maßnahmen wie der Ausweitung von Umweltzonen. Die Tunnelgegner fordern indes – statt Tunnel – schlicht ein Verbot für den Transit- und Schwerlastverkehr auf der B31.

VERBOT FÜR TRANSITVERKEHR?

STÄDTEBAULICHE CHANCEN Für Haag ist der Tunnel deswegen eine „Riesenchance“, weil der Baubürgermeister jenseits aller anderern Faktoren städtebaulich ein riesiges Potenzial sieht. Das sehen auch fast alle Fraktionen im Rathaus so. Wenn durch den Rückbau je einer oberirdischen Fahrbahn pro Richtung nur zehn Meter gewonnen werden, ist die Gestaltungsfläche etwa drei Fußballfelder groß. Die Altstadt, so die Hoffnung, könne viel besser an die Wiehre angebunden werden, es böten sich zahlreiche Chancen auf größere Freiräume direkt an der Dreisam. Die Bürgervereine Mittel- und Unterwiehre sowie Oberwiehre, der Lokalverein Innenstadt, das Bürgerforum Sedanquartier und Im Grün und viele andere Akteure haben sich bereits mit der Ausgestaltung eines „Dreisamboulevard“ befasst. Im vergangenen September gab es im Zentrum Oberwiehre mit Einbindung der Architektenkammer Freiburg dazu eine Ausstellung mit Arbeiten von Studierenden des Karlsruher Instituts für Technologie, die aufzeigte, wie die Ost-West-Achse an der Dreisam nach dem Tunnelbau aussehen könnte. Für Tunnelgegnerin 

Meistens deutlich voller: Hier rollt der aus Westen ankommende Verkehr auf die Kronenbrücke zu.

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