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STRITTIGER STADTTUNNEL

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FLORIAN SCHROEDER

FLORIAN SCHROEDER

Offene Tunnelmünder: Wer aus dem Osten in den Kappler Tunnel fährt, wäre nach dem Bau des Stadttunnels dann auf der A 860.

 Dettmar-Finke ist der kolportierte Boulevard entlang des Flusses wegen des nach wie vor bestehenden Oberflächenverkehrs trotzdem „ein Mythos“.

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DAS SAGEN DIE FRAKTIONEN Timothy Simms, Fraktionsgeschäftsführer Grüne (13 Sitze): „Eine möglichst weitgehende Verlagerung des Verkehrs unter die Erde würde die schwer vom Verkehr betroffenen Gebiete von verkehrsbedingtem Lärm und Schadstoffemissionen entlasten. Wir müssen genau prüfen, wie der Bau mit unseren Klimazielen zu vereinbaren ist.“

Julien Bender, Fraktionsvize SPD/Kult (7 Sitze): „Der Stadttunnel ist städtebaulich ein Riesenvorteil. Er ist extrem teuer, aber entlastet auch extrem viele Menschen. Der Kosten-Nutzen-Faktor ist gut. Schwerlast- und Individualverkehr verschwinden nicht, wenn wir keinen Tunnel bauen.“

Gregor Mohlberg, Fraktionsvorstand Eine Stadt für alle (7 Sitze): „Wir sind für die Verlagerung des Lastverkehrs auf die Schiene und nicht für nahezu unbezahlbare und klimaschädliche Betonröhren. Städtebaulich würde zwar ein Teil der Innenstadt von einem Tunnel profitieren, aber kurz hinter dem Faulerbad und auf der ganzen Strecke aus dem Schwarzwald bis nach Freiburg würde der Verkehr – nicht reguliert – massiv zunehmen. Ein Dreisam-Boulevard, den wir uns alle wünschen, lässt sich besser verwirklichen mit einem Durchfahrtverbot für LKWs und dem Rückbau von vier auf zwei Autospuren.“

Martin Kotterer, baupolitischer Sprecher CDU (6 Sitze): „Wir hoffen nach wie vor, dass der Tunnel kommt. Selbst wenn in Zukunft nur noch Wasserstoff-Laster und Elektroautos fahren, verstopfen die jeden Tag die Stadt. Und deren Zahl nimmt ständig zu.“

Fotos: © tln, pt

VORTEILE ÜBERWIEGEN NACHTEILE

Wolf-Dieter Dinkler, Einzelstadtrat Freiburg Lebenswert: „Ich unterstütze die aktuellen Bestrebungen der Initiative ‚Statttunnel‘ und der Umweltverbände, um das unzeitgemäße und schädliche Projekt zu beenden. Der Tunnel wäre zu teuer für den versprochenen Nutzen und kontraproduktiv, weil mehr Straße auch mehr Verkehr erzeugt, wir diesen aber zur Vermeidung des Klimakollapses reduzieren müssen.“

Simon Waldenspuhl, Fraktionsgeschäftsführer JUPI (5 Sitze): „Da wir gleichzeitig die Innenstadt erweitern und autofrei gestalten wollen, das Dreisamufer begrünen und den innerstädtischen Verkehr von der Oberfläche unter die Erde bringen, überwiegen für uns die Vorteile für das Stadtklima die möglichen Nachteile.“

Sascha Fiek, Fraktionschef FDP/Bürger für Freiburg (4 Sitze): „Die tägliche Stopand-go-Prozedur ist auf lange Sicht sicher klimaschädlicher als der Bau eines Tunnels. Wir stehen uneingeschränkt zu diesem Projekt.“ Johannes Gröger, Fraktionschef Freie Wähler (3 Sitze): „Der Tunnel ist weiter vorrangig. Alles andere ist abwegig. Wir müssen den unerträglichen Verkehr unter die Erde bekommen. Mit dem Tunnel ergeben sich oberirdisch 1000 Möglichkeiten, es besser zu machen, als es jetzt ist.“

Und runter geht’s: Einfahrt in den Schützenalleetunnel bei Maria-Hilf.

In Freiburg gelandet: Angela Riabezhenko (links), ihr Sohn Kiril und Liudmila Vitman.

GEFLOHEN AUS BUTCHA

ZWEI UKRAINERINNEN ÜBER IHRE HEIMAT UND EIN NEUES LEBEN

Foto: © tln M ehr als vier Millionen Menschen sind aus der Ukraine geflohen. So auch Liudmila Vitman und Angela Riabezhenko. Die jungen Frauen kamen Mitte März mit der „Direkthilfe-Ukraine“ in den Breisgau. Das chilli hat sie zwei Wochen begleitet. Die Ukrainerinnen berichten von einer abenteuerlichen Flucht, von Gastfreundschaft und vom Leid in ihrer Heimat: Beide kommen aus Butcha – der Stadt, die mit schrecklichen Bildern von sich reden macht.

Sie kannten sich schon lange bevor der Krieg kam: Liudmila Vitman und Angela Riabezhenko arbeiteten gemeinsam in einem Casino in der ukrainischen Kleinstadt Butcha. Vitman hat dort gelebt. Riabezhenko pendelte aus Borodjanka an den Ort, dessen Bilder zuletzt um die Welt gingen: Russische Truppen wüteten dort offenbar in unfassbarem Ausmaß – auch gegen Zivilisten. Jetzt sitzen die Frauen in einer schicken Wohnung im Freiburger Viertel Vauban. Sie trinken Tee und erzählen auf Russisch, was sie erlebt haben. Dolmetscher übersetzen ihre Worte. Englisch oder Deutsch sprechen die Frauen nicht. Hin und wieder lachen sie, doch die Gesichter sind meist ernst. Hört man ihre Geschichten, wird klar, warum. Die Flucht Am 24. Februar hat Russland die Ukraine angegriffen. „Ich habe das erst auf die leichte Schulter genommen“, berichtet Riabezhenko. Die 29-Jährige fuhr zur Arbeit nach Butcha. Drei Stunden später sei das Casino geschlossen worden. „Ich kam nicht mehr nach Hause, es sind keine Züge mehr ge-

fahren“, sagt sie. „Die Gleise waren zerbombt.“ Ihr acht Jahre alter Sohn Kiril war noch zu Hause. Zwei Wochen blieb sie im Hotel, musste im Keller Schutz suchen: „Wir wussten nicht, ob die Russen nach Butcha kommen.“ Dann fiel eine Bombe ins Hotel. Soldaten brachten sie zum Bahnhof. Von dort fuhr sie ins westukrainische Lviv, Freiburgs Partnerstadt. Ehrenamtliche brachten auch Kiril dorthin. Weiter ging’s nach Polen. „Die Autos wurden beschossen“, berichtet Riabezhenko. Teilweise mussten sie zu Fuß durch den Wald laufen. In Polen stieß sie auf das Freiburger Team der „Direkthilfe Ukraine“. „Ich wollte schon lange in Deutschland leben, das war mein Traum“, schwärmt Riabezhenko. Ihre Mutter habe zwei Jahre DURCH DEN hier gelebt und viel davon erzählt. Als sie hier landet, machte sich auch ihre WALD GERANNT Freundin Liudmila Vitman auf den Weg. Am ersten Kriegstag hatten sie sich beim Schichtwechsel gesehen. Vitman schaffte es nach Hause. Dann rief ihre Freundin an: „Es ist Krieg.“ Sie wollte es nicht glauben. Doch von ihrer Wohnung im 9. Stock sah sie schwarze Rauchwolken. Panzer rückten näher, Putins Soldaten kontrollierten Pässe. Als Bomben fielen, sprangen Türen und Fenster auf. „Die Möbel haben gezittert“, erzählt Vitman. Bei ihrer Flucht sah sie Leichen, der Konvoi wurde beschossen. Tränen kullern, als sie das sagt. Angela Riabezhenko hatte ihr von der Direkthilfe-Ukraine erzählt. So kam auch sie nach Freiburg. Holprige Landung Für beide ging es turbulent los: Angela Riabezhenko lebte mit Kiril für zwei Tage bei einer Freiburger Familie, dann kam sie

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