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STADT ALS SCHWAMM

so die 49-Jährige. Betroffen sind vor allem Tanne und Fichte. Gerade Fichten – laut FVA rund jeder dritte Baum im Land – sind langer Trockenheit nicht gewachsen. Um Freiburgs Stadtwald gegen Extremwettereignisse und Brände zu stärken, setzt die Försterin auf Naturverjüngung, unterschiedlich dicke sowie alte Bäume und eine Mischung aus verschiedenen, vor allem trockenverträglicheren heimischen Baumarten wie Spitzahorn, Linde und Eiche. „Wenn wir jetzt diese Schritte gehen, werden die Brände beherrschbar sein“, kommentiert Hengst. Auch die Douglasie, ein Nadelbaum, der seine Wurzeln in Nordamerika hat und Hitze vergleichsweise gut verträgt, wird laut Schmalfuß hierzulande mehr Raum bekommen: „Wir verschieben die Baumartenmischung langsam hin zu Trocken- und Wärmeverträglichkeit.“ Einen „Alleskönner“, der dem Klimawandel allein trotzt, gibt es nicht.

Linden, Eichen und Douglasien: Experten wappnen den Schwarzwald gegen den Klimawandel.

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Der Waldumbau geschieht nicht über Nacht. „Damit in 70 Jahren ein Baum dort steht, wo er angepasst ist, planen wir Jahrzehnte voraus“, erläutert Schmalfuß. Gewinnt der Wald das Wettrennen gegen den Klimawandel? „Wenn wir bei den klimaschädlichen Emissionen so weitermachen, kann keiner garantieren, dass der Wald das in seiner aktuellen Form 50, 60, 70 Jahre übersteht“, betont Schmalfuß. Die Expertin ist dennoch optimistisch: „Wir haben im Stadtwald gute Voraussetzungen und alle Instrumente, um den Wald zu erhalten und auch heimischen Arten darin einen Lebensraum zu geben.“

MIT GRÜN UND WASSER WILL DAS FREIBURGER RATHAUS HITZE-HOTSPOTS KÜHLEN

Vierzehn Freiburger Stadtteile leiden besonders unter der sommerlichen Hitze. Linderung bringen sollen mehr Pflanzen sowie Auffangmöglichkeiten für Regenwasser. Kein einfaches Unterfangen in einer Stadt, in der auch Wohnraum wachsen soll: Die Maßnahmen sind „kein Oberbelang“.

Mit 40,2 Grad stellte Freiburg im Juli einen Hitze-Rekord für Baden-Württemberg auf. Damit die „Wärmeinsel“ im Breisgau bewohnbar bleibt, hat der Gemeinderat 2019 das Klimaanpassungskonzept (KLAK) Hitze beschlossen. Seitdem müssen Freiburger Bebauungspläne ein Kapitel mit Maßnahmen gegen Hitzebelastung enthalten. „Viele erwarten, dass wir die Stadt umbauen“, sagt Susanne Knospe, die Projektleiterin für das Konzept im Freiburger Stadtplanungsamt. Das KLAK zielt jedoch vorrangig auf neu zu bauende Stadtquartiere. Das Konzept sei „verbindlich“ in der Bauleitplanung zu berücksichtigen, im Baugesetzbuch steht Klimaanpassung allerdings nicht vor sozialen, wirtschaftlichen oder kulturellen Belangen. In Freiburg habe der Bau von Wohnraum weiterhin Priorität. „Klimaanpassungsmaßnahmen sind kein Oberbelang“, so die Ingenieurin. Laut dem 202 Seiten starken Konzept sind besonders die Altstadt, Betzenhausen, Brühl, Haslach-Schildacker und -Egerten, Mittel-, Ober- und Unterwiehre, Oberau, Mooswald Ost, Rieselfeld, Weingarten sowie die Gewerbegebiete Haid und HaidOst hitzegeplagt. Dort sei die Bau- und Bevölkerungsdichte besonders hoch, dort wohnen mehr vulnerable Gruppen wie Kinder oder Senioren. Die Brennpunkte kühlen soll ein Mix aus Wind, Schatten und Wasser. „Das hilft Menschen bei Hitze am meisten“, so Knospe. Den Wind besorgen in Freiburg sechs Talwinde, die vom Schwarzwald ins Stadtgebiet strömen. „Diese sollten wir nicht weiter zubauen und abriegeln“, sagt die 58-Jährige. Für Schatten sorgen die 42.000 Bäume im Freiburger Stadtgebiet. „Der gefühlte Temperaturunterschied unter dem Grün kann zehn Grad betragen“, so Knospe. Aktuell braucht die Freiburger Flora allerdings selber Abkühlung: Wegen Wassermangel haben zahlreiche Bäume im Stadtgebiet ihre Blätter abgeworfen. Das Klimaanpassungskonzept Wasser will das Stadtplanungsamt dieses Jahr fertigstellen. „Wir müssen eine Schwammstadt werden“, so Knospe. Seltener Regen müsse besser genutzt werden, etwa durch Substratauflagen auf Dächern, Wasserspeicher oder Verdunstungsbeete. Wie viel Grad bringen die insgesamt 37 Maßnahmen des Konzepts Hitze? Die Analyse einer 1,5 Hektar großen sowie sechsgeschossigen Wohnanlage im Freiburger Stadtteil Stühlinger verspricht punktuell eine Differenz von bis zu zwölf Grad. Dafür müsste das Quartier allerdings teilweise rückgebaut, an Fassaden und auf dem Dach begrünt, mit Bäumen verschattet, entsiegelt und mit einer Brunnenanlage ausgestattet werden. Kosten werden im KLAK nicht gelistet. Knospe ist dennoch zuversichtlich, dass öffentliche und private Anstrengungen die Stadt vor dem Hitzekollaps bewahren: „Im Jahr 2050 ist Freiburg mit Sicherheit noch lebenswert.“

Philip Thomas

Foto: © privat

Setzt auf Schatten, Wind und Wasser: Susanne Knospe vom Freiburger Stadtplanungsamt.

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