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IM URWALD VON MORGEN
Wenn es im Sommer so richtig heiß wird, zieht es viele zur Abkühlung in den Wald. Schatten, frische Luft und eine angenehme Ruhe sorgen für entspannte Abkühlung. Besonders frisch ist es oft in urigen Bannwäldern. Moment mal: Bannwald? Was soll das denn sein, und darf der überhaupt betreten werden? Nun, das Motto beim Bannwald lautet: „Anschauen und Genießen erlaubt, Eingreifen verboten!“ Zwei Tourenvorschläge.
Bei den insgesamt 129 ausgewiesenen Bannwaldgebieten in BadenWürttemberg handelt es sich, salopp gesagt, um den Urwald von morgen. Hier sollen natürliche Waldlebensgemeinschaften erhalten bleiben oder wieder entstehen. Dafür werden bestimmte Waldstücke, die sich fast ausschließlich in Staats- oder Kommunalbesitz befinden, nicht mehr bewirtschaftet und sich selbst überlassen. Diese speziellen Forstgebiete dienen der wissenschaftlichen Erforschung natürlicher Abläufe in Wäldern und sind durch ihren Reichtum an Struktur und abgestorbenem Holz wertvolle Rückzugsgebiete für viele bedrohte Tier-, Pflanzen- und
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Pilzarten. In Baden-Württemberg sind Bannwälder zwar Totalreservate, das Wandern auf offiziellen, ausgeschilderten Wegen ist darin aber erlaubt.
Kühle Waldesruhe
Der „Bannwald Zweribach“ wurde 1970 ausgewiesen, ist eines der ältesten Naturwaldreservate Deutschlands und an heißen Sommertagen ein beliebtes, aber nie überlaufenes Ausflugsziel. Am bequemsten ist der Start vom Plattenhof aus, einem Gasthaus hinter St. Peter im Schwarzwald. Außer montags und dienstags (Ruhetage) können hungrige Wandernde sich dort vor oder nach der Tour stärken. Vom Plattenhof aus geht es zunächst auf einem geteerten Sträßchen bis zum ausgeschilderten Rundweg (4,6 Kilometer) durch den mystisch anmutenden Wald. Der Weg führt hinab zu den beeindruckenden Wasserfällen, verläuft aber zum Teil steil und gewunden. Deshalb sind Trittsicherheit, gutes Schuhwerk und etwas Kondition erforderlich. Für Kleinkinder und Kinderwagen sowie bei Nässe und Schnee ist die Tour nicht geeignet. Wer es schließlich bis zu den Wasserfällen geschafft hat, staunt über die Wassermassen, die sich mit Getöse über zwei Kaskaden ins Simonswälder Tal hinabstürzen. Ein eiskalter Gischtnebel sorgt für eine angenehme Erfrischung. Zurück zum Plattenhof führt der Rundweg dann durch einen moosbewachsenen, urzeitlich wirkenden Wald voller Felsbrocken und umgestürzter Baumriesen.
Zwitschern, Gurren & Zirpen
Einen Bannwald ganz anderer Art gibt es im 1979 gegründeten, knapp 17 Quadratkilometer großen Naturschutzgebiet Taubergießen am Oberrhein. Statt dunkler, kühler Waldesruhe zwitschert, zirpt und gurrt es hier in allen Tonlagen. Das Gebiet ist bekannt für seinen Vogelreichtum. Die flachen Gewässer des Auwaldes ziehen sowohl zahlreiche Brut- als auch Zugvögel sowie Wintergäste an. Die als Bannwald ausgewiesenen Teile im Taubergießen sind für Wandernde zwar leider nicht zugänglich, aber wer auf den Spazierwegen durch das umliegende Naturschutzgebiet unterwegs ist, gewinnt einen Eindruck, wie es dort aussieht. Die abwechslungsreiche Landschaft bietet nicht nur Vögeln, sondern auch Insekten, Amphibien, Reptilien und Kleinsäugern eine Heimat. Mit rund 40 Arten kommt hier fast die Hälfte aller in Mitteleuropa heimischen Libellenarten vor! Unter den zahlreichen Pflanzenarten stellen die seltenen Wildorchideen wie etwa die Hummel-Ragwurz einen besonderen Schatz dar.
Leider ist Taubergießen mit dem öffentlichen Nahverkehr nur indirekt zu erreichen. Zentraler Anlaufpunkt ist das ausgeschilderte ehemalige Zollhaus bei Kappel an der L 103, wo es auch einen Parkplatz gibt. Von dort aus starten zwei Rundwege: der Schmetterlingsweg (2 Kilometer) und der Orchideenweg (6,5 Kilometer). Weitere ausgeschilderte Rundwege beginnen am Ausgangspunkt Zuckerbrücke in Rust und am Schützenhaus bei Niederhausen. Ein Großteil der Gewässer ist übrigens ganzjährig für Wasserfahrzeuge aller Art gesperrt, aber es gibt die Möglichkeit, das Gebiet in traditionellen Fischerbooten unter fachkundiger Führung zu entdecken.
Wer in Bannwäldern unterwegs ist, sollte jedoch grundsätzlich bedenken, dass die Gefahr von herabstürzenden Ästen und umstürzenden Bäumen hier besonders groß ist. Pflanzen und Früchte dürfen nicht entnommen werden und natürlich bleiben Wandernde auf den ausgewiesenen Wegen, ganz nach der Devise: „Wir nehmen nichts mit außer Erinnerungen und hinterlassen nichts als unsere Fußspuren“!