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Licht und Schatten: Abwechs- lungsreiche Wanderung zur Hexenlochmühle
from Lust auf Regio
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Mit einem anderen Rudolf, Graf Rudolf IV. von Habsburg, beginnen die meisten Stammbäume der Habsburger. 1273 zum römisch-deutschen König gewählt, eröffnete er als Rudolf I. der Dynastie den Weg vom besitzreichen Grafengeschlecht in die erste Liga der europäischen Fürstenhäuser. 1279 bis 1285 ließ er die Hohlandsburg errichten – das größte und repräsentativste Baudenkmal, das die Habsburger im Elsass hinterlassen haben. Die „steinerne Krone“ sollte die Freie Reichsstadt Colmar und die Westgrenze der vorderösterreichischen Territorien schützen. Heute bietet sich vom Standort aus 620 Metern Höhe eine atemberaubende Rundumsicht.
Auch in Ensisheim baute Rudolf I. eine Burg, denn das heute beschauliche Städtchen an der Ill hatte strategisch wichtige Bedeutung. Von der „Königsburg“ sind nur Mauerreste erhalten. Nachfahren Rudolfs machten Ensisheim 1363 zur Hauptstadt der Habsburger – was beim Bummel durch die lauschigen Gassen in Vergessenheit geraten könnte. Sichtbares Überbleibsel aus der Habsburgerzeit ist das Regimentshaus (Hôtel de la Régence). Das Verwaltungsgebäude war im 16. Jahrhundert bis zum Ende des 30-jährigen Krieges die Schaltzentrale habsburgischer Macht über die österreichischen Vorlande, mit direktem Draht – bzw. Postkutschenverkehr – zur Hofburg nach Innsbruck. Heute befindet sich ein sehenswertes Museum in dem Renaissancegebäude.
Es war eine Hochzeit, die den Aufstieg der Habsburger zu den wichtigsten Herren im Elsass überhaupt erst ermöglicht hatte: Am 13. März 1324 heiratete in Wien Johanna von Pfirt den – auf der Habsburg geborenen – Herzog Albrecht II. von Österreich. Sie brachte den Sundgau mit in die Ehe und weiteren wichtigen Landbesitz. Ein Ausflug in Johannas Geburtsort, das Städtchen Pfirt / Ferrette, ist lohnend: Historisch Interessierte wandern zur romantischen Burgruine, Gourmets probieren „Carpe frite“, gebackene Karpfen, die Spezialität der Region. Die Karpfen haben es bis nach Wien geschafft: Dort, am Endpunkt der Via Habsburg, zieren sie das Kleid der Johanna-von-Pfirt-Statue am Stephansdom – in Stein gemeißelte Spuren der uralten elsässisch-habsburgischen Verbindungen. Buchtipp
1
Odilienberg
2
Hohlandsburg
Ensisheim 3
4
Ottmarsheim
5Pfirt/Ferrette
Via Habsburg
Auf den Spuren einer europäischen Dynastie
von Hubert Matt-Willmatt, Fotos: Heinz Linke
Verlag: Tyrolia, 2020 224 Seiten Preis: 24,90 Euro
Titelthema
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Titelthema
KUNST IN KATAKOMBEN
MAUSA Vauban in Neuf B r i s ac h
Von oben sieht die Stadt aus wie ein Stern: Neuf-Brisach wurde im 18. Jahrhundert auf Geheiß des Sonnenkönigs Ludwig XIV. als Festung erbaut. Überraschende Einblicke ins Innere der achteckigen Anlage eröffnet ein Besuch im MAUSA Vauban: Das Museum präsentiert in zwei Flügeln der historischen Welterbe-Festung Street-Art auf Weltniveau.
Text: Hans-Jürgen Truöl und Beate Vogt
Der Eingang liegt etwas versteckt in der Festungsmauer, die Tür ist mit Graffiti besprayt. Durch vergitterte Fenster fällt diffuses Licht in die Kasematten, es ist kühl und riecht staubig. Beklemmung könnte aufkommen, wären da nicht die Scheinwerfer in den langen Gängen und den Räumen mit gemauerten Rundbögen. Sie beleuchten farbenprächtige Bilder: Da lächelt Marilyn Monroe von der Wand, Micky Mouse reckt die Pfoten in den Raum, eine blaue Figur „schwebt“ kopfüber an der Wand, umgeben von Vögeln und Früchten. Ein kleiner Junge in blaugestreiftem Pullover mit einem Hammer in der Hand hat offenbar gerade eine Wand durchbrochen. Ein „echtes“ Loch in der Wand und bunte Ziegelsteine im Gang „bezeugen“ sein Tun. Augenschmaus und Augentäuschung.
Der Künstler Seth hat die Wand mit dem kleinen Jungen gestaltet. Julien Malland, so sein bürgerlicher Name, zählt zu den Superstars der Szene. Im Eröffnungsjahr 2018 war er einer der ersten „residents“ im Musée d’Art urbain et du Street Art, kurz MAUSA Vauban, in NeufBrisach. Es ist ein aufregend ungewöhnliches Museum: Hier werden keine vorfabrizierten Leinwände für wechselnde Ausstelllungen an die Wand gehängt, sondern die Künstler reisen an, um vor Ort ihre Kunst zu schaffen: mit Stiften, Spraydosen, Schablonen, Farbrollen oder Pinseln gestalten sie Wandflächen – und die Besucher können zuschauen.
Bunt & ungebärdig
Als Clémentine Lemaître und Stanislas Belhomme im Sommer 2018 das Museum in den Katakomben gründeten, mussten sie sich einige Fragen gefallen lassen. Denn Street-Art-Künstler hinterlassen ihre Spuren eigentlich auf den Wänden der Metropolen dieser Welt. Sie machen Kunst im öffentlichen Raum, die oft zum
Mal anspielungsreich und ironisch, mal kritisch oder einfach absurd: Die Bildwelten im MAUSA sind abwechslungsreich.
Die Gesichter im Blue Room von Denis Meyers repräsentieren unter anderem Menschen aus Neuf-Brisach. Der Junge mit dem Hammer zählt zu den bekanntesten Werken des MAUSA, gestaltet von Seth – einem Superstar der Szene.
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Hans-Jürgen Truöl Foto: ©
Nachdenken anregt. Ob ein Museum der geeignete Ort sein kann, um diese ungebärdige Kunst festzuhalten? Und dann auch noch unterirdisch? Der kleinste gemeinsame Nenner und Impulsgeber für die Künstler seien die Wände, sagt Museums-Leiterin und Mitgründerin Caroline Lemaître – und Wände gibt es genug auf der fünf Tennisfelder großen Fläche des MAUSA Vauban.
Sie sind Zeugen der wechselvollen Geschichte Neuf-Brisachs: In kriegerischen Zeiten ließ Sebastien le Prestre de Vauban zwischen 1698 und 1704 den mächtigen achteckigen Stern aus Vogesen-Sandstein erbauen. Der berühmte Baumeister des Sonnenkönigs konnte hier all seine Ideen – die modernsten seiner Zeit – verwirklichen. Uneinnehmbar, wie er sich das erträumt hatte, war seine Festung allerdings nicht: Im deutsch-französischen Krieg wurde sie 1870 fast völlig zerstört. Während der Bombardierungen fand die Zivilbevölkerung Schutz in den unterirdischen Gängen. Nach dem Wiederaufbau war in den Flügeln der Anlage, in denen heute das Museum beheimatet ist, ein Militärhospital. Seit 2008 gehört die Festungsstadt zum Unesco-Weltkulturerbe.
Mit Spraydose & Pinsel
Die Idee der Gründer ist aufgegangen: Inzwischen haben sich 30 Street-Art-Künstler aus aller Welt auf ganz unterschiedliche Weise mit diesen besonderen Wänden auseinandergesetzt. Beeindruckend der Blue Room von Denis Meyers aus Belgien. Mit 8000 Wörter, die ihm Besucher bei der Arbeit zusprechen konnten, und Porträts von Menschen aus Neuf-Brisach hat er einen Raum ausgemalt. Lebensgroße Figuren von Levalet alias Charles Leval stehen wie in der Bewegung erstarrt neben Fässern mitten im Gang – sind sie auf der Flucht? Verhalten lächelt etwas weiter der Baumeister des Königs mit Lockenperücke, verewigt in „seinen“ Katakomben: C215 alias Christian Guény – er gilt als „Frankreichs Antwort auf Banksy“ – zauberte das Porträt Vaubans mit Spraydosen und Pinsel in perfekten Hell-DunkelKontrasten an die Wand.
Endlich ist das Museum wieder geöffnet und ohne Test zugänglich. Die ersten „residents“ haben sich angekündigt und werden im Sommer Wände gestalten. Die Besucher können ihnen dann bei der Arbeit über die Schulter blicken. Bei wohltemperierten 15 Grad lässt es sich gut wandeln in den Gängen und Räumen – und vielleicht entdeckt der eine oder die andere neben den bunten Street-Art-Spuren aus aller Welt das historische Graffito aus dem Jahr 1945, das französische Pfadfinder hinterlassen haben.
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MAUSA Vauban 1, Place de la Porte de Belfort Info 68600 Neuf-Brisach Öffnungszeiten: Mo.–Sa. 9–13 Uhr u. 14–17 Uhr So. und feiertags 10–13 Uhr Eintritt: 10 Euro, ermäßigt 8 Euro Kinder unter zehn Jahren frei
www.mausa.fr
Hans-Jürgen Truöl Foto: ©
Seth 2018 Foto: ©
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Mundart-Hörspi el
GEISTIGE ELSÄSSER
Am 4. Juli treffen sich Albert Schweitzer, René Schickele, Martin Heidegger und Jean-Paul Sartre im SWR zu einer unmöglichen Talkrunde. Auch Martin Graff hat eine Stimme in diesem Kreis: Der elsässische Autor hat das „Alemannische Quartett“ geschrieben und die Hörspielreise durch die Geschichte des Elsass inszeniert.
Text: Erika Weisser
„Wir schreiben den 26. November 1918“, sagt ein Sprecher feierlich. „Frankreich feiert den Sieg über Deutschland: L’Alsace est à nouveau français“, fügt er hinzu und beschreibt, wie Marechal Philippe Pétain, der Held des Ersten Weltkriegs, vor dem mit der blau-weißroten Trikolore bedeckten Altar des Straßburger Münsters kniet. Brausende Orgelmusik ertönt.
Was zunächst wie eine LiveÜbertragung aus dem gotischen Gotteshaus klingt, erweist sich bald als kommentierende Rückschau – mit dem heutigen Wissen über den späteren Verlauf der Geschichte. Denn derselbe Marechal Pétain, sagt der Sprecher, wird 22 Jahre später, am 22. Juni 1940, in Anwesenheit Hitlers den Waffenstillstand mit Nazi-Deutschland unterzeichnen. Und er verweist darauf, dass dieser „Held“ bald auch „die französischen Juden mit Hilfe der französischen Polizei an Deutschland ausliefern und in den sicheren Tod schicken“ wird.
Der Sprecher ist Martin Graff, ehemaliger evangelischer Pfarrer, Journalist und Filmemacher sowie immer noch aktiver Buchautor, Regisseur und grenz- und sprach-