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Elektroautos im Test
Ein kantiger Stromer
ICH UND MEIN Enyaq iV 80
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Ein durchaus hübscher Bursche ist er, der nagelneue Enyaq aus dem Hause Skoda. Und einer, der Flüssignahrung verschmäht. Seine Power holt er sich aus einem 82 kWh-Akku. Es ist Skodas erstes vollelektrisches Auto. Er läutet eine neue Zeit ein.
Foto: © bar Sobald sich der Fahrer auf seinen Sitz setzt, startet der Neuling seine Programme. Ohne irgendeine Aktion des Piloten. Nur den Startknopf drückt er dann selbst. Es ist eher ein taktiler denn ein auditiver Vorgang. Von der Tullastraße geht es rauf auf den Kandel, der Enyaq gibt sich agil, im Sportmodus auch ein bisschen bissig. Wir segeln vorbei an einem Kastenwagen, der mit einem Bein noch auf der Straße, mit dem anderen schon in der abschüssigen Wiese steht. „Nein, wir haben schon Hilfe geholt“, sagt der Fahrer. Okay. Also weiter rauf, durch enge Kurven, lange Waldstücke, beide Fenster offen, man hört die Vögel – und ein bisschen die Reifen. Oben angekommen, zieht der Quell des Lebens (das ist die gälische Bedeutung von Enya, das Q haben die Tschechen hinten drangehängt, weil sie alle Crossovers so finalisieren), sofort neugierige Blicke an. „Sieht gut aus, das Teil“, sagt ein Wandersmann. Dem ist nicht zu widersprechen, der Enyaq ist tatsächlich sehr gut gelungen, das Elektrische sieht man ihm sofort an, aber er hat auch Ecken und Kanten, eine lebendige Linienführung und eine schnittige Schnauze. An der Tullastraße hatte ich 99 Prozent Ladung und mehr als 422 Kilometer Reichweite, oben auf dem Kandel dann noch 321. Hm. Unten aber wieder 379 und im Büro in der Lokhalle, rund 20 Kilometer später, 375. Die Rekuperation hat zwei Stufen, in der höheren bremst der Wagen stärker, wenn man den Fuß vom Gas nimmt. Auf dem cockpitähnlichen Tacho lässt sich das Anzapfen und das Wiederaufladen beobachten: Wenn man die beiden gegenläufigen Striche in der Balance hält, fährt man, verbraucht aber so gut wie keine Energie. Durchaus erstaunlich. An einer Schnellladesäule soll sich der Stromer in 40 Minuten von 10 auf 80 Prozent Akku bringen lassen. Der kleinste Energiespeicher mit 55 kWh wird mit rund 350 Kilometern Reichweite angegeben, der mittlere mit 62 kWh mit gut 400, der Testwagen sogar mit 500. Dann darf man aber nur segeln und nicht auf Bergen herumcruisen. Das wertig anmutende Interieur mit 13-Zoll-Bildschirm gibt es in fünf Varianten (Eco Suite, Suite, Lounge, Lodge, Loft) und die wirken auch so, wie sie heißen. Wer im Eco-Modus fährt, bekommt im Display auch gleich eine pittoreske Waldstraße angezeigt. Wenn es im Wald regnen würde: In der Fahrertür gibt es ein Regenschirmfach. Auch cool: In den Vordersitzen sind Klapptische für die Passagiere im Fond versteckt – mit Getränkehalter. Wer mit einem kleinen Griff die Rücksitze umlegt, hat stolze 1700 Liter Volumen vor sich. Unterm Strich ein smarter Stromer, bei dem das Preis-Leistungs-Verhältnis für hohe Verkaufszahlen sorgen wird. Flüssignahrung wird es dann nur bei den Autohändlern geben. bar
SKODA
ENYAQ iV 80
Motor: Elektro Getriebe: 1-Gang-Automatik Leistung: 150 kWh/204 PS Max. Drehmoment: 310 Nm durchgängig Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 8,5 Sekunden Reichweite: 536 km (WLTP) Verbrauch: 16 kWh auf 100 km Effizienzklasse: A+ CO2-Emissionen: 0 Basispreise: IV 50: 33.800 Euro / IV 60: 38.850 Euro / IV 80: 43.950 Euro Preis des Testfahrzeugs: 58.150 Euro Leasingangebot: 458 Euro, 48 Monate, 10.000 km Laufleistung/Jahr Mehr Infos: suetterlin.de
Blitz, aber kein Donner
ICH UND MEIN Volvo XC40 Recharge Pure Electric
Foto: © pt
Volvo geht in die Vollen: Bis 2040 wollen die Schweden klimaneutral sein, ab 2025 soll jedes zweite Fahrzeug elektrisch angetrieben werden. Den Anfang macht der XC40 Recharge Pure Electric, das erste strombetriebene SUV der Skandinavier – mit Charakter, gleich zwei Motoren und mehr als 400 PS.
Der Mitbewohner möchte ein Möbelstück abholen. Der dafür prädestinierte 4,4 Meter lange und 1,8 Meter breite Kompakt-SUV ist dem Waldwirtschaftsstudenten aber erst mal zuwider. Natürlich ist ein Fahrrad nachhaltiger. Damit lässt sich nur leider keine Couch transportieren: Mit zwei Handgriffen ist die Rückbank umgeklappt und das Kofferraumvolumen auf 1280 Liter erweitert. Beim lautlosen Losrollen fällt dann der Groschen: „Ist der elektrisch? Das ist was anderes!“ In den Akkus stecken Volvo zufolge bis zu 418 Kilometer Reichweite. Allerdings nur bei entsprechender Fahrweise: Nach 45 rasanten Autobahn-Kilometern messen die Batterien 69 Prozent, nach einem weiteren Tag Stadtverkehr liegt die Leistung bei 43 Prozent. Per Sprachkommando empfiehlt der smarte Schwede eine öffentliche Ladesäule direkt vor der Haustür. 39 Cent kostet eine Kilowattstunde dort. Eine komplett leere XC 40-Batterie vollzuladen, kann je nach Netz bis zu 72 Stunden in Anspruch nehmen. In diesem Fall ist der Speicher aber bereits nach fünf Stunden wieder komplett gefüllt. Und auch längere Trips sind drin: An Schnellladestationen können die Akkus in rund 40 Minuten knapp 80 Prozent Ladung ziehen. Die 500 Kilogramm schwere und 79 Kilowattstunden starke Batterie ist gut verbaut: Dank straffer Karosserie und Allradantrieb liegt das BEV wie ein Brett in den Kurven des Kaiserstuhls – die 2,2 Tonnen auf den stromlinienförmigen Hüften sind dem Schweden nicht anzumerken. An Ampeln ist davon erst recht nichts zu spüren: Zwei elektrische Motoren spulen jeweils 204 Pferdestärken auf die Achsen und katapultieren den Volvo bei Bedarf in unter fünf Sekunden auf 100 Stundenkilometer. Das Bremspedal verkommt bei dem Fanal fast zur Fußablage. Der Volvo rekuperiert, wo er kann, und verleibt sich Bremsenergie wieder ein. Auf der abendlichen Eschholzstraße geht es gemächlicher zu. Aus Lärmschutzgründen herrscht dort schließlich Tempo 30. Gilt das eigentlich auch für Elektroautos? Der Schwede stromert immerhin still dahin. „Sollte ich mich hier an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten?“, frage ich das Fahrzeug. „Halten Sie sich nicht an das durch das Schild angegebene Tempo, müssen Sie mit einem Bußgeldbescheid rechnen.“ Ich dachte ja, wir wären mittlerweile per Du. Philip Thomas
VOLVO
XC40 RECHARGE PURE ELECTRIC
Motoren: 2x Elektro Getriebe: Automatik, AWD Leistung: insgesamt 408 PS, 660 Nm Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 4,9 Sekunden Reichweite laut Hersteller: 418 km Basispreis: 59.900 Euro Preis Ausstattungslinie Pro: 64.900 Euro Leasingangebot: ab 699 Euro, 36 Monate, 10.000 km/Jahr Mehr Infos: kollinger-gruppe.de