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PROFESSUR GRUNDLAGEN DES ENTWERFENS Prof. Dipl.-Ing. Heike B端ttner Dipl.-Ing. Laura Stroszeck Dipl.-Ing. Clemens Helmke Dipl.-Ing. Daniel Guischard WS 2015/2016 2
DOKUMENTATION MASTERARBEIT
FREILUFTSCHULE Charlotte Heinemann
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INHALT BEDEUTUNG DER FREILUFTSCHULE IN DER VERGANGENHEIT
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GESUNDHEIT UND 19 SCHULE IN DER GEGENWART ARCHITEKTONISCHE 27 ÜBERSETZUNG IM ENTWURF GRUNDRISSE
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DATEN
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BEDEUTUNG DER FREILUFTSCHULE IN DER VERGANGENHEIT Schule als Instrument Krankheitsprophylaxe
Freiluftschule Goirle Jos Bedeaux 1959
die künftige Volksgesundheit. Zugleich erobern sich die Ärzte ein zukunftsträchtiges Tätigkeitsfeld im Bildungssystem. Die Freiluftschulen in Europa der (1904-1953)
In der Ausdifferenzierungsphase des schweizerischen Schulsystems nach 1900 erkennen die Mediziner die Bedeutsamkeit der Volksschule als Ort der Vermittlung von gesundheitsförderndem Wissen und Verhalten und gewinnen zunehmend Einfluss auf die Bildungsinstitutionen. Die Ärzte - und nicht die Lehrer - dominieren den schulhygienischen Diskurs. Sie werden als Agendasetter aktiv und übertragen der Schule die Verantwortung für
Die Freiluftschulen sind in Vergessenheit geraten. Sie wurden Anfang des 20. Jahrhunderts für Tuberkulose gefährdete Kinder gegründet. Sie boten medizinische Behandlung und angemessenen Unterricht. Ihre Gründung stützt sich auf die gesammelte Erfahrungen der Lungenheilanstalten seit 1860. Da sie sich am Rande der traditionellen Schuleinrichtungen befinden, wurden sie zum pädagogischen und architekturalen Experimentierfeld unter dem Einfluss des Aktionstrios Lehrer 7
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Ärzte und Architekten, deren aus Holz, der möglichst schnelle Zusammenarbeit entscheidend Ab- und Aufbau, sollten das Gefühl des Eintauchen in die war. Natur vermitteln, die fast unangDie Architektur der etastet blieb. Diese Bauweise Freiluftschulen bot so den Kindern die Vorteile dorekter Natur. Die FreiluftschuUnter all den gegründeten len waren oft an den Grenzen Freiluftschulen überwiegt der von Städten, nahe am Wald, Barackenbau und Zeltkonstruk- auf großen Grundstücken antionen. Außer dem finanziellen gesiedelt, die durch ihre EntferVorteil kamen noch zwei andere nung von den Stadtzentren von Gründe hinzu. Der erste war Spekulation geschützt und der medizinischer Art: Durchläs- Natur nah waren. Wegen ihrer sigkeit für Luft und Sonne. Der provisorischen Bauweise, ihrer zweite Grund war pädagogis- exzentrischen geografischen cher Art: die einfache und bil- Lage und ihrem außergewöhnlige Bauweise war für Pädago- lichen Verwaltungsstatus waren gen eine Garantie der Freiheit. sie offen für Innovationen. Diese verlangten keine erstarrte Pädagogik, sondern genügend Der Einfluss auf die Freiraum für Experimente. Die Schularchitektur verminderte Größe, das Material, hauptsächlich bestehend Die Bewegung der Freiluft-
schule übte einen grossen Einfluss auf die Schularchitektur aus. In den folgenden 10 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg hatten ein Grossteil der neuen Schulgebäude Klassenzimmer nur im Erdgeschoss, die sich direkt nach außen öffnen ließen, deren Ursprung ohne Zweifel auf den Freiluftklassenzimmern beruht. (...) Die Freiluftschulbewegung hatte mehrere Ideen, die viele Akteure in dieser Zeit verfolgten, in sich vereinigt. Schon in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts hatten gewöhnliche Schulen ähnliche Einrichtungen wie Freiluftschulen. Die Entdeckung des Tuberkulosebazillus durch Koch und seiner Zerstörung durch direkte Sonnenstrahlen hat die Ärzte zum Kreuzzug für eine bessere Belüftung und Sonnen9
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Montigny le Roi la classe en plein air, (ecole de plein air 11° arrondissement de paris) 1937-1938
bestrahlung der Räume geführt. Im Schulbau, wenn die Ärzte mit den Architekten zusammenarbeiten, wie dies in Grossbritannien der Fall war, wurde das Pavillionsystem schnell als das Beste anerkannt. Die pädagogische Entwicklung ging in dieselbe Richtung. Die Erzieher folgten der Idee vom Unterricht im Freien und stützten sich auf die Natur. Die Zusammenarbeit von Erzieher und Architekten war auch sehr fruchtbar, wie die Freiflächenschulen von Ernst May und Rudolph Keller in Frankfurt 1928 zeigen. (...) 1929 wurden die Forderungen der Mediziner nach mehr Luft, mehr Licht, mehr Öffnung von Sigfried Giedion, Sekretär des Internationalen Kongresses für das neue Bauen, übernommen. Sie wurden vom Kampf
gegen die Tuberkulose auf die Werbung für die Avantgarde der Architektur übertragen und wurde zum Slogan der modernen Architektur, zum positiven Ausdruck der zeitgenössischen Wünsche. 1932 wurden sie in der Ausstellung ,der neue Schulbau’ in Zürich illustriert und somit zum Ziel der modernen Schularchitektur. (...) Die internationale Freiluftschulbewegung erlosch 1953. (...) Der Zug der Freiluftschule, der die Schularchitektur im 20. Jahrhundert so stark geprägt hat, ist noch immer spürbar.
(Quelle: Das Jahrhundert der Schulreformen, Claudia Crotti, Fritz Osterwalder) 11
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Openluchtschool Amsterdam J. Duiker 1927 14
École de plein-air Suresnes Eugène Beaudouin Marcel Lods 1932-1935 15
Openluchtschool Maastricht F. Peutz 1932 16
Freiluftschule Gelsenkirchen Franke 1927 17
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GESUNDHEIT UND SCHULE IN DER GEGENWART
Containerschule in Berlin Clay-Schule Baustelle der Schulverwaltung
Richtet man seinen Blick auf einige Schulgebäude hierzulande, erhält man einen traurigen Eindruck. Funktional, günstig und lieblos schauen sie aus. Auf das Wohl der Kinder und ihre Bedürfnisse wird dabei wenig eingegangen. Dabei steht schon länger fest, dass sich die Umgebung positiv auf das Lernverhalten und die Gesundheit von Kindern auswirken kann. Außerdem sollte die Schule auch heute ein Ort für Vermittlung von gesundheitli-
chem Wissen sein und Kinder in ihrer Entwicklung positiv fördern. Um die Tradition der Freiluftschule in die heutige Zeit adaptieren zu können, muss als erstes ein Eindruck der aktuellen Schullandschaft gewonnen und die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland erfasst werden. Nachfolgend werden einige Quellen und Aussagen zu diesen Themen exemplarisch dargestellt: KiGGS-Studie, Robert-Koch-Institut: Die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland – kurz KiGGS genannt – ist die erste bundesweit repräsentative Untersuchung zur gesundheitlichen Lage der heranwachsenden Generation. 19
Durch ihren langfristigen Zuschnitt zählt KiGGS zu den international aussagekräftigsten Studien dieser Art. Bereits zwischen 2003 und 2006 hatten sich in ganz Deutschland über 17.000 Jungen und Mädchen gemeinsam mit ihren Eltern an einer umfangreichen Basis erhebung beteiligt. Von 2009 bis 2012 erfolgte eine erste, telefonische Folgebefragung (KiGGS1). Demnach verfügen die allermeisten Kinder und Jugendlichen hierzulande über eine gute oder sogar sehr gute allgemeine Gesundheit. Eine große Mehrheit treibt in der Freizeit Sport und spielt bis zum Grundschulalter fast täglich im Freien; zugleich verbringen viele Jugendliche mit der Nutzung von Bildschirmmedien mehrere Stunden pro Tag. Die Häufigkeit von Unfallverletzungen ist gegenüber der KiGGS-Basisstudie insgesamt unverändert geblieben. (...) Nach wie vor hoch fällt die Belastung durch aller20
gische Erkrankungen aus; knapp ein Sechstel der Kinder und Jugendlichen ist aktuell von Heuschnupfen, Neurodermitis oder Asthma betroffen. Positiv lässt sich ein erheblicher Rückgang der Raucherquoten unter Jugendlichen verzeichnen. Allerdings trinkt ein Teil von ihnen regelmäßig viel Alkohol. Zudem ist der Obst und Gemüseverzehr bei der Mehrzahl der Jungen und Mädchen eher gering. Gerade die langfristigen gesundheitlichen Risikofaktoren unterscheiden sich im Kindes und Jugendalter je nach sozioökonomischer Lage. In der sozialen Herkunft von Kindern und Jugendlichen liegt dadurch eine bedeutende Einflussgröße für ihre Gesundheit im späteren Leben. Psychische Auffälligkeiten: Forscher sehen bei vielen Kindern die Gefahr, dass sie irgendwann eine psychische Störung entwickeln könnten. Rund ein Fünftel der 3- bis 17-Jährigen bew-
erteten sie als psychisch grenzwertig auffällig oder auffällig. Die anhaltend hohe Verbreitung psychischer Auffälligkeiten solle einerseits Anlass sein, sich stärker um die Vorbeugung zu kümmern, schreiben die Autoren der Studie . “Andererseits sollten die Ergebnisse auch Anlass dazu geben, die Versorgungsstrukturen zu überprüfen, da psychische Auffälligkeiten und Störungen bei Kindern und Jugendlichen häufig unbehandelt bleiben.” ADHS: Immer wieder zeigen Daten etwa von Krankenkassen, dass die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit ADHS (Aufmerksamkeits-DefizitHyperaktivitätsstörung) stetig zunimmt. Die aktuellen KiGGS-Analysen spiegeln dieses Bild nicht wider. Zwar sind viele Kinder betroffen: Fünf Prozent aller Heranwachsenden haben nach Auskunft der Eltern der ersten Erhebung zufolge die Diagnose
ADHS von einem Arzt oder Psychologen bekommen. Jungen waren mehr als viereinhalbmal häufiger betroffen als Mädchen, Kinder mit niedrigem Sozialstatus mehr als zweieinhalbmal so häufig wie jene aus Familien mit hohem Sozialstatus. Die Folgeuntersuchung ergab im Vergleich zur Ersterhebung keine Veränderung. Sport und Bewegung: Zusätzlich zum Sport in Kita oder Schule treiben 78 Prozent der Kinder und Jugendlichen zwischen 3 und 17 Jahren Sport. Vier von fünf Kindern sind mindestens zwei Stunden pro Woche aktiv. Ebenfalls 78 Prozent der Drei- bis Zehnjährigen spielen mehr als fünfmal pro Woche draußen. Helikopter Eltern: Unter Helikopter-Eltern, auch Hubschrauber-Eltern oder als Fremdwort Helicopter Parents (engl. helicopter parents oder paranoid parents), ver-
steht man populärsprachlich überfürsorgliche Eltern, die sich (wie ein Beobachtungs-Hubschrauber) ständig in der Nähe ihrer Kinder aufhalten, um diese zu überwachen und zu behüten. Ihr Erziehungsstil ist geprägt von (zum Teil zwanghafter oder paranoider) Überbehütung und exzessiver Einmischung in die Angelegenheiten des Kindes oder des Heranwachsenden. Der Hirnforscher Ralph Dawirs nennt die Gründe komplex; viele davon lägen in gesellschaftlichen Veränderungen: Es gebe immer weniger Kinder, auf die sich nun alles konzentriere. Diese sollen in einer Leistungsgesellschaft bestehen können; die Ansprüche an sie seien entsprechend hoch. Früher dagegen lebte der Nachwuchs öfter in Großfamilien, die Kinder in einem Stadtviertel spielten zusammen, auch die Nachbarn schauten nach dem Rechten. So gab es eine Art öffentliche Aufsicht, und die Erziehung verteilte sich auf mehrere Erwachsene: „Damit
existierte auch ein natürliches Korrektiv“ Schule treibt die Lernlust aus – das muss nicht sein: Schule macht krank: Diese Warnung sprach schon vor 120 Jahren der Neurologe Wilhelm Erb aus. Der Druck auf die Kinder in den Schulstuben sei riesig; Überlastung und Überforderung könnten gesundheitsschädigend wirken, heisst es in seiner Schrift «Über die wachsende Nervosität unserer Zeit». Aus heutiger Sicht wirkt Erb wie ein Visionär: Parallel zur hiesigen Debatte über das Reformprojekt Lehrplan 21 finden weltweit jene Stimmen zurzeit verstärkt Gehör, die unserem Bildungssystem kritisch gegenüberstehen. Befeuert wird die Debatte durch den österreichischen Dokumentarfilm «Alphabet», der demnächst in der Schweiz zu sehen ist. Den Kindern geht es nicht gut in der Schule: Diese Erkenntnis treibt wie damals Wilhelm 21
Erb aktuell Gerald Hüther um. Als einer der «Alphabet»-Protagonisten spricht der deutsche Hirnforscher davon, dass es «noch nie so viele kranke Kinder» gegeben habe. «In der Phase, in der die Grundschüler für die weiterführenden Schulen ausselektiert werden, steigt der Anteil von ADHS rapide an», sagt der Forscher von der Universität Göttingen. Es gebe zudem zu viele Kinder, die an psychosomatischen Erkrankungen leiden und viel zu viele junge Menschen, die ihre angeborene Entdeckerfreude und Gestaltungskraft irgendwann verloren haben, die Schule gar nicht abschliessen und deren Talente unentdeckt bleiben. Hüther bezeichnet Schulen als «Abrichtungsanstalten». Kreativität und Freiräume statt Wissen pauken: Um die Kreativität ist es nicht gut bestellt. Denn junge Menschen werden weiterhin zu gleichförmigen Wesen gemacht. Eine in dem Film «Al22
phabet» zitierte Langzeitstudie über sogenanntes unangepasstes Denken zeigt, dass Menschen mit zunehmendem Alter nur noch eindimensional denken. Unangepasstes Denken gilt als wichtige Voraussetzung für Kreativität. Es ist die Fähigkeit, eine Frage auf viele Arten zu interpretieren und nicht nur linear zu denken. Unter den 1500 Teilnehmern der Studie erreichten 98 Prozent der Drei- bis Fünfjährigen die nötige Punktzahl, um als Genie im unangepassten Denken zu gelten. Fünf Jahre später (Alter 8 bis 10 Jahre) war der Anteil der Genialen auf 32 Prozent abgesackt. Im Alter von 13 bis 15 Jahren erreichten noch 10 Prozent das Level genial. In einer zusätzlichen Gruppe von 200 000 Erwachsenen ab 25 Jahren, die einmalig getestet wurde, waren nur noch 2 Prozent Genies im unkonventionellen Denken. Die Studie illustriert: Alle Menschen verfügen über die Fähigkeit, unangepasst zu denken. Im Lauf des Lebens
verkümmert diese Fähigkeit aber. Der Schluss liegt nahe: Schule fördert die Gleichschaltung. (Karen Schärer, Samstag, 8. Februar 2014, Nordwestschweiz)
URSACHE Leben in der Großstadt ohne Freiraum, ohne Platz für Bewegung
Eltern haben weniger Zeit
Werbung
Sozialstatus der Eltern
erhöhter Fernseh- und Medienkonsum
Helikopter-Eltern
ZUSAMMENFASSUNG
PROBLEME Allergien/Asthma/ Bewegungs- unbewusste psychische ADHS SprachdeHeuschnupfen/ mangel Ernährung Probleme/ fizitie LustlosigNeurodermitis keit
Unselbstständigkeit/falsches Selbstbewusstsein
ARCHITEKTONISCHE ÜBERSETZUNG Gemüsegar- Hochhaus = viel Fläche Freiarbeitsräume/ Gemeinschaftsküche individuelle Unterten/Tiere/ Treppen=Bewegung richtsräume/Vielfalt Pflanzen
Eltern-Kind-Cafe (Trennung ElternKind)
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GRUNDSCHULEN IN DEUTSCHLAND
Gustav-Bruhn-Grundschule, Angermünde Richard-Wagner-Grundschule, Berlin Kurt-Schumacher-Grundschule Berlin Lew-Tolstoi-Grundschule, Berlin Paavo-Nurmi-Grundschule, Berlin Grundschule Dörzbach 24
NEUE SCHULKONZEPTE & INSPIRATION
Ørestad College, Kopenhagen: Offenheit und Flexiblität Shichigahama elementary school: offener Grundriss, Integration von Pflanzen Tiantai No.2 Primary School: Stapelung der Bewegungsflächen, Atrium AFHS-Schule, Sydney: Hochhaus-Unterricht Zollverein School of Management & Design, Essen: Optik Valbon school, Bobigny: Stapelung der Grünfllächen 25
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ARCHITEKTONISCHE ÜBERSETZUNG IM ENTWURF Schulgebäude können und sollten anders aussehen, als die gewohnten, funktionalen Betonkästen der Siebziger und Achtziger Jahre, die viele noch aus eigener Erfahrung vor dem inneren Auge haben werden. Zusätzlich kann eine neue Architektur sich positiv auf das Gesundheitsbewusstsein der Schulkinder auswirken. Das Ziel meiner Masterarbeit ist die Idee der Freiluftschule zu verwenden, um eine neue Schultypologie zu entwickeln. 27
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STÄDTEBAU In wachsenden Städten wie Berlin werden Grundstücke immer wertvoller. Um an Grundfläche zu sparen, weißt die Schule eine möglichst kleine Seitenlänge von 28 m x 28 m auf (784m2). Dafür erreicht es eine Höhe von 48 m (Hochhaus). Nicht nur die Nutzflächen, sondern auch die Grünräume wurden in das Gebäude integriert und gestapelt. Dadurch entsteht ein flexibles autarkes Gebäude, ein Prototyp, das auch an anderen Standorten in der Stadt existieren kann. 29
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Eckwerk
Holzmarkt
GRUNDSTÜCK Das Grundstück für meinen Entwurf befindet sich in Berlin Mitte-Friedrichshain an der Holzmarktstraße. Dort reiht es sich in das aktuell in Planung befindende Eckwerk (Technologiezentrum und alternativer Lebensraum für Künstler und Gründer), das HolzmarktDorf und das Radialsystem V (Ort für Kunst und Ideen) ein. Die Schule und die Kinder sollen von der kreativen Nachbarschaft profitieren und diese ergänzen. Die dörflichen Strukturen können ein natürliches Korrektiv fördern und dem teilweise negativen einseitigen Einfluss der Eltern entgegenstehen. Radialsystem V
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TYPOLOGIE Das Gebäude besitzt einen quadratischen Grundriss mit vier außenstehenden Kernen, in denen die Erschließung und sanitäre Anlagen untergebracht sind. Zwischen den Kernen befinden sich Räume, die durch die umlaufende Rampe erschlossen werden. Die Unterrichtsräume befinden sich im Osten und Westen, so dass diese keiner direkten Mittagssonne ausgesetzt sind. Die ganztägigen Freizeiträume sind im Norden und Süden angeordnet. 33
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Fassadenschnitt 36
KONSTRUKTION
Das Gebäude besteht aus einem inneren massiven Kern und einer leichten lichtdurchlässigen Hülle. Der massive Grundbau besteht aus 45-50 cm dicken Betonwänden. Im Bereich der Räume wurde eine Lochfassade geplant, die die Massivität der Wände spürbar macht, aber auch viel Licht in das Gebäude lässt. Die Betondecken werden zwischen den Kernen gespannt, so dass die Fassade nur das Eigengewicht trägt. Im Bereich der Erschließungs- und Sanitärk37
Ansicht 38
Schnitt
erne wird auf Dämmung verzichtet. Dort werden Anker in der Wand eingelassen, auf die die umlaufende Rampe montiert wird. Die Rampe besteht aus einer Verbund-Decke aus Beton und Trapezblech. Der Beton wird mit einer Antirutschbeschichtung versehen. Um die Trennung von Außen- und Innenraum zu betonen, wird zwischen Rampe und Betonwand eine kleine Sichtfuge gelassen. Die Rampe ist 2,10 m breit, so dass bei 1,50 m Fluchtwegbreite noch 60 cm zur Bepflanzung vorhanden sind. Die Rampe dient neben der Erschließung auch als
Sonnenschutz. In der Mitte der Rampe befindet sich eine kleine Fuge, in der das Regenwasser gesammelt und punktuell in ein unter der Rampe verlaufendes Abflussrohr geleitet wird. Vor der Rampe befindet sich ein Gitter aus Metallrohren. Dieses dient als Absturzsicherung und variiert in der Dichte an Stäben, so dass vor den Fenstern der Klassenräume ein zusätzlicher Sonnenschutz vorhanden ist. Das Metallgitter und die Rampe sind an Stahlrohre befestigt, die in Fundamente am Boden eingelassen sind. Das Stahlrohr besteht aus einzelnen Elementen, die an der Schnittstelle mit der Rampe miteinander ver-
bunden sind. Die Wände sind überwiegend weiß verputzt und in einigen Zimmern farblich akzentuiert. Der Boden in den Räumen besteht aus natürlichem und umweltfreundlichem Kork, da dieser dämmend ist und sich positiv auf die Akustik auswirkt. Die Fenster in den Räumen sind öffenbar. Zusätzlich soll eine Luftfuge im Dachfenster für eine permanente Luftzirkulation im Atrium sorgen. Die Absturzsicherung in den Räumen zum Atrium besteht aus Regalen, um Stauraum für Bücher und andere Materialen zu schaffen.
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GESUNDHEIT Bewegung Das Schulgebäude als Hochhaus zu planen bewirkt eine vertikale Bewegung, und Bewegung fördert die Gesundheit. Die Rampe, die spiralförmig um das Gebäude herum nach oben führt, verlängert bewusst den Schulweg der Kinder. Pro Etage müssen die Kinder ca. 100 m Fußweg zurücklegen, bis zum Dach also ungefähr 1100 m. Dort befindet sich zusätzlich eine Laufbahn, auf der die Kinder sich über den Dächern Berlins austoben können. 41
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G rtnerei
Pflanzen Auf der Rampe befinden sich Kästen und Töpfe, die von den Kindern bepflanzt und gepflegt werden. Durch die Typologie ist jeder Sonnenbedarf möglich. Insgesamt gibt es ca. 400 m2 Pflanzfläche und eine Gärtnerei, in der die Kinder unterrichtet werden und Pflanzen aufziehen und umtopfen können. Natürlich soll auch Gemüse angebaut werden, das anschließend in der Küche verarbeitet wird. Jede Klasse hat seine eigenen Beete direkt vor dem Klassenzimmer, so dass die Kinder das Wachsen beobachten können und sich für ihre Pflanzen verantworlich fühlen. 43
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Kreativität Den Räumen für Kreativität wurde etwas mehr Fläche als den Unterrichtsräumen zugeordnet. Zum einen wird dadurch eine neue Wertigkeit ausgedrückt, zum anderen verbringen Kinder zunehmend mehr Zeit in der Schule. So können die Kinder auch an den Nachmittagen in der Schule einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen und sich kreativ entfalten. Das Angebot geht von Atelier, Werkstatt und Töpferei, bis zur Dunkelkammer, Musikzimmer und Textilwerkstatt. 45
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Zusammengehörigkeit Die Öffnung der Klassenzimmer zum Atrium soll zum einen das Zusammengehörigkeitsgefühl der Kinder untereinander fördern und zum anderen Rücksichtnahme und Verantwortungsbewusstsein vermitteln. Außerdem soll auch die Kommunikation der Kinder untereinander unterstützt werden und Sprachbarrieren verschwinden. Verstärkt wird die Zusammengehörigkeit durch Stege, die die Räume funktional, aber auch symbolisch, durch das Atrium miteinander verbinden. 47
12 Stg. 16,6/28,5
+5.00 28 m2 Rektorat
6 m2 Vorraum +4.00 50 m2 Elternsprechzimmer
1,10x2,30 Aufzug
24 Stg. 16,6/28,5
5 m2 Arzt
5 m2 Hausmeister
4,5 m2 WC
mpe 4,7%
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Selbstständigkeit Falsches Selbstbewusstsein und psychische Belastungen können als Folge von s.g. Helikoptereltern hervorgerufen werden. Durch die eindimensionale Erschließung ist eine räumliche Trennung der Eltern und Kinder möglich. Den Eltern ist nur der Zutritt ins Erdgeschoss bis zum 1.OG, wo sich das Elternsprechzimmer und das Sekretariat befinden, gestattet. Das restliche Gebäude ist Eltern-Freie-Zone, so dass sich die Kinder unkontrolliert entfalten können. 49
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Ernährung Das Bewusstsein für gesunde Ernährung soll in der Schule vermittelt werden. Aus diesem Grund ist im Erdgeschoss eine Schulküche geplant, in der die Kinder die Zubereitung von Lebensmitteln lernen sollen. Es ist vorstellbar, dass die Klassen mit Unterstützung abwechselnd Mittagessen für die anderen Kinder zubereiten. Auf dem Dach ist ein Hühnerstall geplant. Dort lernen Kinder Verantwortung und der Kontakt zu Tieren kann Allergien vorbeugen. 51
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GRUNDRISSE
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Lager
Erdgeschoss 56
Rampe 4,7%
+6.00 50 m2 Lehrerzimmer
24 Stg. 16,6/28,5
12 m2 Damen-WC
4,5 m2 Teek che
6 m2 Vorraum 1,10x2,30 Aufzug
12 m2 Herren-WC
+5.00 28 m2 Sekretariat
12 Stg. 16,6/28,5
+5.00 28 m2 Rektorat
6 m2 Vorraum +4.00 50 m2 Elternsprechzimmer
1,10x2,30 Aufzug
24 Stg. 16,6/28,5
12,5 m2 Arzt
12,5 m2 Hausmeister
4,5 m2 WC
Rampe 4,7%
1. Obergeschoss 57
Freiarbeit
Klasse 1A
Klasse 1B
Lehrmittelraum
2. Obergeschoss 58
Freiarbeit
Klasse 2A
Klasse 2B
G rtnerei
3. Obergeschoss 59
Atelier
Klasse 3A
Klasse 3B
Atelier
Fotolabor
4. Obergeschoss 60
T pferraum
Klasse 4A
Klasse 4B
Werkstatt
5. Obergeschoss 61
Freiarbeit
Klasse 5A
Klasse 5B
Textilwerkstatt
6. Obergeschoss 62
Musik
Klasse 6A
Klasse 6B
Klasse 6B
Klasse 6A
Musik
7. Obergeschoss 63
Bibliothek
Turnen
Bibliothek
Mediothek
8. Obergeschoss 64
Umkleide
Bibliothek
Umkleide
9. Obergeschoss 65
H hnerstall
10. Obergeschoss 66
Dachaufsicht 67
DATEN Grundschule 1. - 6. Klasse, zweispännig ca. 20 Kinder pro Klasse Insgesamt 240 Kinder
Raumprogramm: Foyer: 250 m2 Küche: 100 m2 Abstell: 17m2
Werkstatt: 50 m2 Klasse 4A: 63 m2 Töpferei: 80 m2 Klasse 4B: 63 m2
Textil-Werkstatt: 80 m2 Klasse 5A: 63 m2 Freiarbeit: 50 m2 Grundfläche: Elternsprechzimmer: 50 m2 Klasse 5B: 63 m2 23,6 m x 23,6 m = 557m2 Rektorat: 28 m2 Musik: 80 m2 Sekretariat: 28 m2 Klasse 6A: 63 m2 KF Rampe: Lehrerzimmer: 50 m2 Musik: 50 m2 2 x (28 m x 2,1 m)+2 x (23,8 Klasse 6B: 63 m2 m x 2,1 m) = 217,56 m2 Lehrmittelraum: 50 m2 Klasse 1A: 63 m2 Mediothek: 80 m2 Fläche Rampe: 2175,6 m2 Freiarbeit: 50 m2 Bibliothek: 137 m2 Klasse 1B: 63 m2 Anzahl Vollgeschosse: 10 Turnhalle: 63 m2 Gärtnerei: 80 m2 Rampenlänge: ca. 1100 m Klasse 2A: 63 m2 Umkleide: 29 m2 Freiarbeit: 50 m2 Bibliothek: 40 m2 Gebäudehöhe: 48 m Klasse 2B: 63 m2 Umkleide: 29 m2 Grünfläche: 440 m2 Atelier: 80 m2 Außenklasse: 50 m2 Klasse 3A: 63 m2 Spielplatz: 234 m2 Volumen-Atrium: Atelier: 50 m2 111m2 x 40 m = 4440 m3 Klasse 3B: 63 m2 Hühnergehege: 63 m2 68
Hausmeister: 12,5 m2 Arzt: 12,5 m2
Gesamt: Fläche Klassenräume : 378 m2 Außerunterrichtliche Ganztagsflächen: Kreativität: 470 m2 + Freiarbeit: 150 m2 + Gärtnerei: 80 m2 + Bibliothek: 177 m2 = 877 m2 Fläche Erschließung (Treppenraum+Aufzug): 21 x 38 m2 = 798 m2 Fläche Verwaltung: Lehrerzi.: 50 m2 + Rektorat: 28 m2 + Sekretariat: 28 m2 = 106 m2
Nutzfläche (a) Insgesamt: 3222 m2 = 13 m2/SchülerIn Nutzfläche (b) Insgesamt: 1957,7 m2 = 8 m2/SchülerIn Nutzfläche (c) Insgesamt: 664,5 m2 = 2,5 m2/SchülerIn Anzahl WC: WC - H: 12 S + 24 U WC - D: 24 S WC - Bf: 12 S Anzahl Teeküchen: 3 Anzahl Essplätze: 64
Sonstige Räume: 443 m2 Gemeinschaftsfläche: 250 m2 69
Vielen Dank an Anna Maria Kielbassa und Sebastian Rothkopf 70
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