Forschungsarbeit

Page 1

Lebensstile in Haushalten Forschungsarbeit

Soziologisches Institut (SUZ), Universität Zürich Prof. Dr. Marc Szydlik

Autor: Christoph Lutz Hauptfach: Soziologie 1. Nebenfach: Management and Economics 2. Nebenfach: Publizistikwissenschaft Matrikelnummer: 04-712-899 Adresse: Reggenschwilerstrasse 28 9402 Mörschwil E-Mail: chrislutz@access.uzh.ch Betreuerin: Corinne Igel Abgabetermin: 20. Juli 2009

0


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG ................................................................................................................................2 2 THEORETISCHER RAHMEN, FORSCHUNGSFRAGE UND HYPOTHESEN ................................................... 5 2.1 Theoretischer Rahmen........................................................................................................5 2.2 Forschungsfrage und Hypothesen....................................................................................19 3 DATENGRUNDLAGE, UNTERSUCHUNGSDESIGN UND OPERATIONALISIERUNG ..........................20 3.1 Datengrundlage................................................................................................................20 3.2 Untersuchungsdesign und Operationalisierung...............................................................21 4 ERGEBNISSE .............................................................................................................................26 4.1 Freizeitstile.......................................................................................................................26 4.2 Politische Stile..................................................................................................................29 4.3 Resultate zu den Hypothesen............................................................................................30 5 SCHLUSS ...................................................................................................................................50 LITERATUR ..................................................................................................................................53 ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS................................................................................58 ANHANG......................................................................................................................................59

1


1 Einleitung Studien zum Heiratsverhalten und zur Partnerwahl zeigen, dass die soziale Bedingtheit selbst eines auf der subjektiven Ebene für so individuell und im Raum frei schwebend gehaltenen Gefühls wie der Liebe hoch ist. Das Phänomen der Homogamie, also der Heirat von Personen in ähnlichen Verhältnissen - sei es im Bezug auf ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital (Bourdieu 1982) oder soziales Kapital -, hat sich trotz der viel zitierten Individualisierungs- und Pluralisierungstendenzen über die Zeit kaum reduziert (vgl. dazu z. B. Blossfeld / Timm 2003, Mare 1991 oder für Deutschland Wirth 2000). Diese Befunde legen den Schluss nahe, dass auch die Freizeitgestaltung und die politischen Einstellungen und Werthaltungen in Partnerschaften und Haushalten zwischen den Mitgliedern ähnlich sind, kurz: dass sich wesentliche Dimensionen des Lebensstils überschneiden. Eine solche Kongruenz der Interessen und Verhaltensweisen kann vereinfacht mit dem Schlagwort: „Gleich und gleich gesellt sich“ umschrieben werden. Die

folgenden

Ausführungen

knüpfen

an

diesem

Punkt

an

und

versuchen

zwei

forschungsspezifische Prädispositionen miteinander zu verknüpfen, die in der Soziologie für gewöhnlich getrennte Wege gehen: die Familiensoziologie und die Lebensstilforschung. Weil beide Felder innerhalb ihrer Theorie- und Forschungstradition wiederum unterschiedliche Richtungen aufweisen, liegt es nahe einen bestimmten Fokus auf die Thematik der Forschungsarbeit zu legen. Dies soll ein dezidiert sozialstrukturanalytischer Blickwinkel sein, der sich zum einen konzeptionell auf Pierre Bourdieus (1982) Ansätze im Bereich der Analyse sozialer Distinktion stützt, zum anderen auf die oben erwähnten familiensoziologischen Traditionen, die sich mit der Bedingtheit familialer Verhältnisse auseinandersetzen und die Frage nach den Ursachen für Homogamietendenzen in Hinblick auf verschiedene Dimensionen stellen. Über die Vergemeinschaftungswirkungen von Lebensstilen ist bisher relativ wenig bekannt, denn fast alle empirischen Untersuchungen in dieser Forschungstradition konzentrierten sich vorwiegend auf die Individual- und nicht auf die Haushaltsebene. In Anlehnung an Klocke / Lück (2001), die in Deutschland explorativ untersucht haben, wie sich Lebensstile in Familien verteilen und in welcher Lebensphase die grösste Lebensstilhomogenität festzustellen ist, möchte ich daher für die Schweiz erfahren, ob die Lebensstile innerhalb der Haushalte gleich sind, sich ähneln oder unterschiedlich ausgestaltet sind. Interessant scheinen mir besonders die Fragen, ob sich Ehepartner im Lebensstil unterscheiden und ob sich Kinder bezüglich Lebensstil an den Eltern orientieren oder sich bewusst abgrenzen. Des Weiteren wird 2


aufgeschlüsselt, welche Faktoren die gefundenen Resultate beeinflussen. Hier könnten insbesondere die klassischen sozialstrukturellen Variablen Bildung, Einkommen und Beruf zur Erklärung der Verschiedenheit oder Gleichheit von Lebensstilen in Haushalten beitragen, ganz im Sinne einer soziologischen Perspektive, die auf Restriktionen der Möglichkeiten bei der Partnerwahl abzielt (Hill / Kopp 2006:163ff.). Schliesslich interessiert mich die Interdependenz von Lebensstilen, deren Homogenität in Haushalten und der Zufriedenheit mit dem Zusammenleben und der Arbeitsteilung. Besonders in Haushalten, in denen ein wesentlicher Teil der

gemeinsamen

Zeit

zusammen

verbracht

wird,

können

unterschiedliche

Lebensstilausgestaltungen zu verschiedenen Erwartungshaltungen und unter Umständen auch zu Konflikten führen, die sich negativ auf die Zufriedenheit der Haushaltsmitglieder auswirken. Ob dies tatsächlich geschieht, und in welchem Ausmass, wird eine zu klärende Frage sein. Es lassen sich also grob zwei Teile der Analyse festmachen: ein deskriptiver und ein explorativerklärender. Während die Frage, wie Lebensstilhomogenität in Haushalten verteilt ist, den beschreibenden Teil der Forschungsarbeit ausmacht, wird im erklärenden Teil nach den Gründen und Konsequenzen der Verschiedenheit oder Gleichheit expressiver Praktiken gefragt. Die Folgen heterogener Freizeitgestaltung in Partnerschaften und Familien sind dabei ein Thema, das bisher kaum untersucht wurde und das dementsprechend wenig theoretisch fundiert ist. Daraus ergibt sich die Möglichkeit diesen Aspekt symbolischer Praxis etwas zu beleuchten, denn die Relevanz des Themas dürfte spätestens seit Bourdieus „feinen Unterschieden“ unbestritten sein: „Vermutlich stellt die Aversion gegen andere Lebensstile eine der stärksten Klassenschranken dar - die Homogamie bezeugt es“ (1987: 105, 106). Als Datengrundlage zur Untersuchung dient das Schweizerische Haushaltspanel (SHP), das vielfältige Fragen zu familiären Verhältnissen und zur Freizeitgestaltung beinhaltet und vor allem mehrere Personen innerhalb des gleichen Haushalts umfasst, was für die zu untersuchenden Fragestellungen eine notwendige Bedingung darstellt. Diese Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel, die aufeinander aufbauend zu lesen sind. Um die zentralen Aussagen und Fragen der Arbeit zu verstehen, ist es unerlässlich die Lebensstilforschung und die Familiensoziologie, besonders die konflikttheoretische, zumindest ansatzweise zu kennen. Daher werden im zweiten Kapitel einige wichtige Strömungen und Vertreter sowie deren Aussagen und Untersuchungen abrissartig vorgestellt. Dadurch soll aufgezeigt werden, in welchem Rahmen meine später präsentierten Resultate zu sehen sind und wie sie gewinnbringend interpretiert werden können. Als grober Überbau bei der Lebensstilforschung

scheint

mir

die

Unterscheidung

von

Enstrukturierungs-

und 3


Strukturierungsmodellen (Konietzka 1994) hilfreich, die ich an deren zwei bekanntesten Vertretern Pierre Bourdieu und Gerhard Schulze aufmachen möchte. Zudem werden deutsche Studien vorgestellt, die einen theoretischen Hintergrund aufweisen (Müller 1992, Lüdtke 1989) oder sich empirisch mit ähnlichen Fragen auseinandergesetzt haben wie ich es für die Schweiz tue (Klocke / Lück 2001). In einem weiteren Teil dieses Kapitels werden familiensoziologische Aspekte zur Thematik vorgebracht. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang sind einerseits Arbeiten zur Homogamie, also zur Beschreibung und Erklärung des Phänomens „Gleich und gleich gesellt sich“, andererseits Ansätze, die nach Formen und Ursachen familialer Zufriedenheit und Unzufriedenheit fragen (Rüssmann 2006, Orthner 1975, Crawford et al. 2002, Holman / Jacquart 1988). Sodann formuliere ich meine Forschungsfragen und die aus der Theorie und den Voruntersuchungen abgeleiteten Hypothesen. Im dritten Kapitel sollen die Datengrundlage und die Methode zur Sprache kommen, mit denen die statistische Analyse durchgeführt wird. Dabei wird die Zusammensetzung und Qualität des Datensatzes beleuchtet und die Verfahren der Faktorenanalyse und der logistischen Regression werden auf die Thematik hin besprochen. Zudem wird die Operationalisierung bzw. Variablenauswahl für die Lebensstiltypologie eingehend dargestellt um die notwendige Transparenz für den Resultatteil zu gewährleisten. In diesem vierten Kapitel setze ich mich mit den Hypothesen auseinander, versuche die Forschungsfragen zu beantworten und die Resultate in Hinblick auf die Theorie zu interpretieren sowie Probleme zu erörtern, die im Laufe der Datenanalyse aufgetaucht sind. Im Schlussteil (fünftes Kapitel) werden die wichtigsten Aussagen der Forschungsarbeit zusammengefasst sowie Anknüpfungspunkte für weitere Forschung geliefert.

4


2 Theoretischer Rahmen, Forschungsfrage und Hypothesen Nach einer Definition der zentralen Begriffe der Untersuchung und der Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes (2.1.1) kommen die wichtigsten Lebensstiltheorien zur Sprache, wobei zwischen der Habitus- und Kapitaltheorie Bourdieus (1982, Teil 2.1.2) und den deutschen Ansätzen von Schulze (1992) und - weniger zentral -, Lüdtke (1989) und Müller (1992) unterschieden wird (Teil 2.1.3). In einem weiteren Teil werden familiensoziologische Zugänge zur Thematik präsentiert (2.1.4) sowie der Forschungsstand auf dem Gebiet reflektiert (2.1.5). Zuletzt werden die Forschungsfragen und die zu untersuchenden Hypothesen vorgebracht (Teil 2.2).

2.1 Theoretischer Rahmen

2.1.1 Definitionen und Spezifizierung des Untersuchungsgegenstands

Der Begriff des Lebensstils ist nicht eindeutig von anderen thematisch ähnlich gelagerten Begriffen wie Lebensführung, Lebensweise oder Milieu abgrenzbar. Otte betont die Vielfalt der Vorstellungen, die mit dem Begriff und seiner Typologisierung zusammenhängen. Es stellt sich das Problem „[…]dass es so viele Lebensstiltypologien wie Lebensstilforscher gibt“ (2004: 11). Eine einfache und deshalb auch etwas grobe Definition, die mir aber als Anfangspunkt gut geeignet scheint, liefert Hradil, indem er Lebensstile als „gleichartige Organisationen des Alltagslebens von Menschen“ definiert und präzisiert: „Lebensstilen ist häufig eine bestimmte Art der expressiven Zurschaustellung und Stilisierung von Lebensweisen eigen. Der Begriff Lebensstil impliziert ein bestimmtes Mass an Wahl- und Gestaltungsfreiheit der eigenen Lebensweise“ (1996:16).

Bei anderen Autoren kommen Aspekte der Trägerschaft und genauen Beschaffenheit dieser Organisation hinzu: „Unter dieser Vorgabe könnte man Lebensstile als raum-zeitlich strukturierte Muster der Lebensführung fassen, die von Ressourcen (materiell und kulturell), der Familien- und Haushaltsform und den Wertvorstellungen abhängen“ (Müller 1992: 376).

5


In dieser Vorstellung wird die Bedingtheit der Lebensstile offensichtlich, indem sie von spezifischen Ressourcen abhängig gemacht werden. Die Verknüpfung der ersten, eher auf Wahlfreiheiten abzielenden und der zweiten, primär die soziale Bedingtheit hervorhebenden Definition liefert Lüdtke, der Lebensstile definiert als: „unverwechselbare Struktur und Form eines subjektiv sinnvollen, erprobten (d. h. zwangsläufig angeeigneten, habitualisierten oder bewährten) Kontextes der Lebensorganisation (mit den Komponenten: Ziele bzw. Motivationen, Symbole, Partner, Verhaltensmuster) eines privaten Haushalts (Alleinstehende/r, Wohngruppe, Familie), den dieser mit einem Kollektiv teilt und dessen Mitglieder deswegen einander als sozial ähnlich wahrnehmen und bewerten“ (1989: 40).

Im Gegensatz zu Lebensstilen konzentrieren sich Milieus v. a. auf Werthaltungen und Einstellungen der Menschen, weniger auf die Dimension der Praxis (Hradil 1996). Damit sind sie den Lebensstilen vorgelagert, wobei Überlappungen bei den Begriffsspielräumen üblich sind.

2.1.2 Pierre Bourdieus Theorie der Praxis und der Raum der Lebensstile

Die umfassendste und bis heute wohl am meisten rezipierte Theorie und Untersuchung von Lebensstilen findet sich in Bourdieus modernem Klassiker „Die feinen Unterschiede“. Dieses Mammutwerk der französischen Sozialstrukturanalyse versammelt die wesentlichen Begriffe des Bourdieuschen Denkapparats: Habitus, Klasse, Praxis, Distinktion, Struktur, Kapital und Raum der Lebensstile. Für diese Untersuchung zentral sind weniger die eingehenden Analysen zum Bildungssystem und zur Vererbung kulturellen Kapitals, sondern vielmehr die grundlegenden Charakteristika der Theoriearchitektur im Bezug auf die Lebensstile und die Problematik der Distinktion. Im Mittelpunkt der Theorie steht das Konstrukt des Habitus. Dieses Konzept, das grob als „subjektives, aber nichtindividuelles System verinnerlichter

Strukturen, gemeinsamer

Wahrnehmungs-, Denk und Handlungsschemata“ (Bourdieu 1993: 112) definiert werden kann, regelt, wie die Individuen im Alltag, in der Praxis, handeln und verbindet damit den Raum der sozialen Positionen mit dem Raum der Lebensstile. Ersterer ist durch das Kapitalvolumen und die Kapitalstruktur gegliedert. Dabei wird zwischen ökonomischem, kulturellem, sozialem und symbolischem Kapital unterschieden. Für die Konstituierung der sozialen Position sind v. a. das 6


ökonomische und das kulturelle Kapital, in weniger starkem Ausmass und in den Modellen kaum berücksichtigt: das soziale Kapital, verantwortlich. Hinzu kommt die zeitliche Dimension, die immer mitberücksichtigt werden sollte, z. B. die Phase im Lebenszyklus oder Kohorteneffekte. In einem zweidimensionalen Raum kann die Zeitdimension jedoch nur unzureichend dargestellt werden. Vereinfachend kann man die Individuen ins folgende Raster einordnen, wobei im Gegensatz zu vertikalen Gliederungsansätzen, die lediglich das ökonomische Kapitalvolumen berücksichtigen, der Vorteil besteht, dass ambivalente Positionen und differenzierte Kategorisierungen möglich sind, weil die Achse der Kapitalstruktur (die x-Achse) hinzukommt.

Abbildung 1: Bourdieus sozialer Raum

(Quelle: Bourdieu 1982)

Die Lebensstile, die sich insbesondere an kulturelle Praktiken knüpfen, z. B. den Konsum bestimmter Nahrungsmittel, die Vorliebe für volkstümliche oder avantgardistische Musik oder die Häufigkeit des Kinobesuchs, können in einem zweiten Schritt in dieses Schema eingeordnet werden, es sozusagen überlagernd. Als Träger von Lebensstilen definiert Bourdieu Berufsgruppen, was nicht ganz unproblematisch ist, da die berufsinterne Heterogenität damit nicht berücksichtigt werden kann. Diese Vorstellung des Verknüpftseins von Position und Lebensstil ähnelt der Weber'schen Vorstellung der Lebensführung. Im Gegensatz zu Weber sind bei Bourdieu aber nicht mehr die vormodernen Stände Träger der Lebensstile, sondern die modernen in der Gegenwart angekommenen (Berufs)Klassen. Die soziale Bedingtheit des Lebensstils wird damit in vielfältiger Weise demonstriert. Weil sich die Individuen mit einem bestimmten Habitus 7


ausgestattet sehen und diesen immer wieder aufs Neue durch ihr Handeln erschaffen, bleibt die Sozialstruktur relativ stabil. Dabei spielt die Tatsache, dass sich die Träger von Lebensstilen, voneinander unterscheiden wollen, dass es also berufsspezifische Abgrenzungsmechanismen gibt, eine wichtige Rolle in den Überlegungen. Diese feinen Unterschiede in der Praxis kommen durch die Distinktion, also durch den Willen und die Bemühungen sich von den anderen abzugrenzen, zum Tragen und äussern sich im kulturellen Konsum, der Kenntnis von bestimmten Werken der bildenden Kunst, Musik und Literatur, den Essgewohnheiten oder auch den Einstellungen gegenüber verschiedenen Fotos.

2.1.3 Deutsche Lebensstilforschung und -theorie: Schulze, Lüdtke, Müller

Die Lebensstilforschung ist relativ jung und besonders im deutschen Sprachraum präsent. Im angelsächsischen Sprachraum spielt sie hingegen kaum eine Rolle (Otte 2004: 11). Es ist hilfreich für das Verständnis von Lebensstil den Kontext zu kennen, in dem dieses Forschungsfeld entstand. Denn das wissenschaftliche Interesse für die expressiven Aspekte des Zusammenlebens ist eng an die Entwicklung allgemeiner gesellschaftlicher Beschreibungen geknüpft, die schon seit mehreren Jahrzehnten ein Schwerpunkt der Soziologie darstellen und unter dem Stichwort der Sozialstrukturanalyse figurieren. In Deutschland haben sich jedoch erst seit Anfang der 1980er Jahre erste Bestrebungen gezeigt die Sozialstrukturanalyse um weichere Faktoren der Praxis zu erweitern und sich mehr auf die Nutzung ökonomischer, kultureller und sozialer Ressourcen zu konzentrieren statt lediglich auf die Ausstattung mit Kapital. Holzschnittartig lassen sich die Forschungsbestrebungen im Bereich der Sozialstrukturanalyse in drei Phasen aufteilen, die jeweils aufeinander aufbauend auftraten. In der ersten Phase, die in den Nachkriegsjahrzehnten beginnt, standen Schichtmodelle und vertikale Gliederungsvorstellungen im Zentrum des Forschungsinteresses. Dahrendorf (1965) mit dem Modell der sozialen Schichtung als Haus, Bolte (1967), aber auch Schelsky (1961) sind prominente Vertreter dieser Strömung. Im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs der 1960er Jahre und dem Wertewandel, der sich in zunehmenden Tendenzen der gesellschaftlichen Liberalisierung und kulturellen Diversifizierung zeigte (Inglehart 1977), griffen die vorgelegten Modelle auf mehreren Ebenen zu kurz. Zum einen wurden durch die Zentrierung auf die Erwerbsarbeit breite Teile der Bevölkerung in der Analyse vernachlässigt: So wurden Rentnerinnen, Schüler, Studentinnen, Hausmänner und -frauen nur ungenügend in den Schichtungsmodellen repräsentiert. Zum 8


anderen wurden die Mechanismen, durch die die vorgelegten Schichten entstanden waren und sich perpetuieren konnten, nur ungenügend beleuchtet. Es fehlte wesentlich an einer Theorie der Praxis, die zur Erklärung der Struktur herbeigezogen werden konnte. Hier fand die (deutsche) Lebensstilforschung entscheidende Impulse aus der französischen Soziologie. Angeregt durch die klassische Bourdieusche Studie zu den Feinen Unterschieden und deren vielfältige Anknüpfungspunkte, kamen alsbald Bestrebungen auf die klassische Trias der sozialen Ungleichheit: Bildung, Beruf, Einkommen durch askriptive und verhaltensbezogene Merkmale zu ergänzen. Dieses Paradigma, das mit dem Schlagwort der sozialen Lagen umschrieben wurde und den zweiten Abschnitt der Sozialstrukturanalyse im deutschsprachigen Raum markiert, legte seinen Fokus auf die Vielfältigkeit der sozialen Schichtung. So ist die Verortung in der Sozialstruktur nicht immer eindeutig, sondern kann Inkonsistenzen aufweisen, die durch die frühere Forschung auf diesem Gebiet nur unzureichend erfasst wurden. Hradil (1987) interessierte sich für diese Statusinkonsistenzen und fand damit einen Mittelweg zwischen den früheren Schichtmodellen und den etwa zur gleichen Zeit aufkommenden Lebensstilansätzen. Letztere spielen in der Marktforschung Lebensstile schon seit Ende der 1960er Jahre eine Rolle als das Aufkommen schnellerer und effizienterer Computer die Bearbeitung grosser Datenmengen mit multivariaten Analysemethoden erlaubte. Zur Marktsegmentierung erwiesen sich soziodemographische Variablen als zu kurz greifend und psychographische Merkmale der Einstellungen, Interessen und Werte wurden in die theoretisch wenig begründeten und rein pragmatisch-kommerziell orientierten Analysen integriert (Hartmann 1999: 49ff.). Inspiriert von der amerikanischen Marketingpraxis fanden diese ersten Versuche auch in Deutschland Anklang, jedoch lediglich im ökonomischen Kontext. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist das AIO Konzept, das auf Aktivitäten, Interessen und Meinungen (activities, interests, opinions) fokussiert und die SINUS Milieus, die bis heute stark rezipiert werden und im wissenschaftlichen Diskurs positiver besprochen wurden als die amerikanischen Ansätze aus der Marktforschung. Erste wissenschaftliche Studien zu Lebensstilen wurden seit Mitte der 1980er publiziert, blieben aber in ihrem Charakter atheoretisch und explorativ ausgerichtet. Ende der 1980er und Anfang der 1990er erlebte die Lebensstilforschung ihre kurze Blütezeit, in der auch einige theoretische Versuche unternommen wurden das Phänomen Lebensstil zu ergründen. Lüdtke (1989), Müller (1992) und Schulze (1992) sind in diesem Zusammenhang besonders erwähnenswert und werden anschliessend gesondert besprochen. Die meisten Lebensstilstudien blieben jedoch empirizistisch und trugen mit immer neuen Typologien zur Unübersichtlichkeit des Forschungsfeldes bei. 9


Spellerberg (1996), Georg (1998), Konietzka (1995) oder Klocke (1993) um nur ein paar wenige zu nennen versuchten Mitte der 1990er Jahre die Lebensstilforschung mit der klassischen Sozialstrukturanalyse in Einklang zu bringen und ihre Berechtigung, aber auch ihre Grenzen aufzuzeigen. Ende der 1990er, Anfang des neuen Jahrtausends zeigten sich verschiedentlich Bemühungen der Forschung neue Impulse zu verleihen, die u. a. in Metaanalysen und kritischen Reflexionen (Hartmann 1999) oder auch Versuchen der methodischen Neuorientierung des Feldes (Otte 2004) mündeten. Wesentliche zentrale Fragen blieben unterbelichtet und sind bis heute nur unzureichend beantwortet. Otte (ebd., 2005) nennt einige dieser programmatischen Defizite, die hier stichprobenartig wiedergegeben werden: •

die Vergemeinschaftungswirkungen und Konfliktpotentiale von Lebensstilen sind nicht genau bekannt

die Stabilität oder Wandelbarkeit von Lebensstilen im Zeitverlauf wurde bis jetzt nur unzureichend untersucht

die empirische Vergleichbarkeit der Typologien ist mangelhaft

viele Typologien orientieren sich nicht stark genug am Alltagsverständnis und sind zu konstruiert oder abstrakt

die Erklärungskraft von Lebensstilen ist unterschiedlich je nach abhängigem Phänomen, aber z. T. sehr schwach.

Auf theoretischer Ebene ist Schulzes „Erlebnisgesellschaft“ das bekannteste und am breitesten gefächerte Werk der Lebensstilforschung in Deutschland. Aufgrund seiner fundierten theoretischen Anlage und seines gesellschaftsanalytischen Charakters sticht es aus den zahlreichen anderen Studien im Feld hervor. Im Gegensatz zu Bourdieu baut Schulze seine Untersuchung auf eher individualzentrierten und stärker vom Prinzip der freien Wahl als der sozialen Determiniertheit ausgehenden Grundannahmen auf. Es handelt sich um einen dezidiert entstrukturierenden Ansatz (Burzan 2005). Schulzes Ausgangspunkt ist die Vorstellung einer Gesellschaft, in der innenorientiere Werte zunehmend wichtiger werden und aussenorientierte Werte als handlungsstiftende Motive ablösen. In den innenorientierten Bereich fällt der Begriff des Erlebnisses, das dem Werk seinen Titel gibt. „Erlebe dein Leben! ist der kategorische Imperativ unserer Zeit“ (Schulze 1992: 59). Auf der Suche nach der Selbstverwirklichung und dem individuellen Glück treten Pflicht- und 10


Disziplinwerte in den Hintergrund. Stattdessen handeln die Individuen aus einem inneren Antrieb heraus und versuchen das schöne Leben (Schulze: 2006) durch Erlebnisse besonderer meist konsumtiver Art (Urlaub am Strand, Kinobesuch, Restaurant) zu führen. Erst seit Anfang der 1980er Jahre hat sich diese Erlebnisgesellschaft herausgebildet, zum einen aufgrund des gestiegenen Angebotsspielraums (Stichwort Fahrstuhleffekt), zum anderen wegen dem von der 1968er Generation in der Phase eines Kulturkonflikts hervorgebrachten Wertewandels (Inglehart 1977, Hartmann 1999: 114). Auf der praktisch-analytischen Ebene bilden drei alltagsästhetische Schemata den Ausgangspunkt von Schulzes

Milieukonzeption: das Trivialschema, das Spannungsschema und das

Hochkulturschema. Darin kommen unterschiedliche kulturelle Präferenzen, Werthaltungen und letztlich auch verschiedene manifeste Verhaltensarten zum Ausdruck, die wiederum ihre eigene Entstehungsgeschichte aufweisen. Aus den Schemata werden in einem nächsten Schritt fünf Milieus gebildet, die sich entweder klar in einem Schema verorten lassen oder Mischtypen aus zwei Schemas darstellen (Integrationsmilieu, Selbstverwirklichungsmilieu). Die Milieus wiederum sind nach Alter und Bildung abtrennbar, wie die untenstehende Abbildung zeigt.

Abbildung 2: Schulzes Milieus

(Quelle: Schulze 1992)

Dabei werden trotz der unterschiedlichen theoretischen Grundannahmen Parallelen zu Bourdieu offenbar, nämlich in der herausragenden Rolle der Bildung (bei Bourdieu dem kulturellen Kapital)

und

bei

der

Strukturierung

der

Gesellschaft

in

Klassen

oder

Milieus.

Bildungsunterschiede äussern sich in einem unterschiedlichen Habitus und letztlich in unterschiedlichen Milieus. Lüdtke (1995, 2001) hat sich durch die Betonung der Wichtigkeit von Freizeit für den Lebensstil und

durch

eine

an

rational

choice

Theorien

anlehnende

Konzeptionalisierung des

Lebensstilbegriffes hervorgetan. Seine Studien zur Freizeit (2001: Kapitel 4, 11) und der Titel 11


seines Hauptwerks in der Lebensstilforschung („Expressive Ungleichheit“) zeigen den expressiven Charakter, der dem Lebensstil innewohnt. Deshalb entfaltet sich der Lebensstil wesentlich in der Freizeit und weniger während der Arbeitszeit. Durch die zunehmende Bedeutung erwerbsfreier Zeit, aber auch durch die Verschränkung von Arbeit und Freizeit kann von einer Verlagerung expressiver Tendenzen aufs Leben zu Hause oder im Freundes- und Angehörigenkreis ausgegangen werden. Es macht daher Sinn nach Freizeitstilen zu suchen, die als „proxy“ für den Lebensstil dienen können. Lüdtke (1995: 39, 40) betont, dass „Freizeitmuster besonders wichtige Indikatoren von modernen Lebensstilen seien“, was damit zu tun hat, dass die Stilisierungsfähigkeiten und -neigungen in diesem Bereich hoch sind und dass die persönlichen Präferenzen sich in der Freizeit am ehesten entfalten können. Auch in empirischen Untersuchungen machen Freizeitaktivitäten einen grossen Teil des Lebensstils aus (vgl. z. B. Spellerberg 1992). Obwohl ein ganzheitliches Lebensstilverständnis mehrdimensional sein sollte, bietet sich aus forschungstechnischen Lösungen eine Beschränkung auf Freizeitaktivitäten und Einstellungen/Werthaltungen an, denn „anhand von Freizeitaktivitäten können zwar nur Segmente von Lebensstilen abgebildet werden, diese repräsentieren aber 'mehr' als 'Freizeitstile', da Freizeit dem Orientierungs- und Handlungskern moderner Lebensstile darstellt“ (Lüdtke 1995: 40). Auch an anderer Stelle wird hervorgehoben, dass Freizeit beinah deckungsgleich mit Lebensstil sei (Isengard 2005: 256). Funktionen des Lebensstils sind nach Lüdtke (1989): •

Erleichterung der allgemeinen Orientierung durch Routinen der Alltagspraxis

Soziale Distinktion

Stiftung personaler und sozialer Identität.

Die Genese einer Theorie der Lebensstile erfolgt bei Lüdtke durch eine Synthese einerseits der Klassiker (Simmel, Veblen, Weber) und andererseits dem Individualisierungsdiskurs (vgl. Beck 1983, später auch Schulze 1992) mit besonderem Fokus auf die Gestaltungsmöglichkeiten des eigenen Lebens. Die mikrotheoretische Fundierung orientiert sich dabei am rational choice Begriff von Coleman (1992) und an Homans Tauschtheorie (1968) und geht von der Nutenmaximierung des Akteurs sowie von Ziel-Mittel Abwägungen aus.

12


„Unter diesen Annahmen ist der Lebensstil für das Individuum dann das Ergebnis einer langen Folge zahlreicher Einzelakte, die zu einer selektiven Akkumulation und Verdichtung von Handlungsfolgen mit gleicher Grundtendenz (eines angezielten bestimmten Lebensstils) geführt haben“ (Lüdtke 1989: 54).

Letztlich wird die Wahl des Lebensstils als Kombination von Einzelakten verstanden, die sich aufgrund bestimmter Präferenzen vollziehen. Zur Änderung der Präferenzen kommt es lediglich, wenn die Suche nach Alternativen nicht zu teuer ist oder einen höheren Nutzen verspricht. Sind in einen Lebensstil entsprechend viele Ressourcen gebunden, ist eine Änderung desselben unwahrscheinlich, da die Investitionskosten übermässig hoch wären. Haben sich die Lebensstile bewährt, ist es also unwahrscheinlich, dass sie geändert werden. Dieses Trägheitsmoment spiegelt

sich

überraschenderweise

in

Anbetracht

der

völlig

unterschiedlichen

Grundvoraussetzungen der Modelle auch bei Bourdieu (1982) wieder: Der Lebensstil, die gesellschaftliche Praxis, ist nicht so wandelbar, wie dies der kultursoziologische Hintergrund des Begriffs annehmen liesse. Müller (1992) sieht den Lebensstilansatz als fruchtbare Ergänzung zur Sozialstrukturanalyse und versucht eine kurze theoretische Begründung des Konzepts. Besonders erwähnenswert ist dabei seine Dimensionierung des Konstrukts, die von allen hier betrachteten Autoren am einleuchtendsten ist. Sein Modell geht von vier Dimensionen des Lebensstils aus: expressives Verhalten (kommt bei Lüdtke besonders zutage), interaktives Verhalten, das „direkt in Formen der Geselligkeit und des Heiratsverhaltens, indirekt in Mustern der Mediennutzung zum Ausdruck kommt“ (ebd.: 377), evaluatives Verhalten (Wertorientierungen und Einstellungen) und kognitives Verhalten. Dabei wird nicht näher darauf eingegangen wie diese Dimensionen verknüpft sind und wie sie sich im Rahmen empirischer Untersuchungen operationalisieren lassen. Für die folgenden empirischen Analysen spielen besonders das expressive und evaluative Verhalten eine Rolle, was sich in der Operationalisierung des Lebensstils anhand von Freizeitstilen und politischen Stilen widerspiegelt.

13


2.1.4 Familiensoziologische Blickwinkel

Obwohl die Familiensoziologie praktisch keine Impulse von der Lebensstilforschung bezogen hat und trotz relativer Marginalisierung der konflikttheoretischen Familiensoziologie (Hill / Kopp 2005, Tyrell 2001), gibt es doch einige Anknüpfungspunkte, die für diese Forschungsarbeit besondere Relevanz aufweisen. Besonders zentral sind Arbeiten zur Homogamie, die in Bezug auf die unten folgenden Forschungsfragen zur Formulierung der ersten drei Hypothesen geführt haben. In diesem Forschungsstrang zeigt sich, dass Partnerschaften innerhalb relativ homogener Gruppen geschlossen werden. Obwohl sich regionale, religiöse und andere Formen der Homogamie in den letzten Jahrzehnten verringert haben, gibt es vielfältige empirische Evidenz, dass die Partnerfindung nach wie vor stark sozial strukturiert ist. Besonders die Homogamie nach Bildungskriterien spielt eine äusserst wichtige Rolle (Blossfeld / Timm 2003), auch die Homogamie nach sozialer Herkunft ist sehr hoch (Kalmijn / Flap 2001). Bei eher psychographischen Merkmalen wie Einstellung und Werten finden sich jedoch vermehrt Partnerschaften mit unterschiedlichen Ansichten (Ickes 1993). In Bezug auf die Homogenität des Lebensstils, im Besonderen der Freizeitgestaltung in Partnerschaften, dürfte interessant sein, inwiefern sich in ihr eher harte Merkmale der Soziodemographie oder weichere Faktoren der Expressivität und Evaluativität widerspiegeln, d. h. ob die Mischungen in einem individualistischen oder kollektivistischen Verhältnis stehen. Eine Sicht der Individualisierung legt den Schluss nahe, dass die Lebensstilgestaltung in Haushalten weniger am Partner, sondern mehr an sich selbst, also egoistisch erfolgt, während ein strukturalistisches Verständnis eher das Gegenteil, nämlich eine Orientierung untereinander impliziert. In Anknüpfung an die Studien zur Homogamie und an Bourdieus dezidiert strukturierenden Ansatz gehe ich von letzterem aus. Ein zweiter Theorie- und Forschungsstrang, der zur Generierung der Hypothesen beigetragen hat, ist die oftmals sozialpsychologisch ausgerichtete Familienforschung, die sich mit Mikroprozessen auf der Ebene von Dyaden und kleinen Gruppen beschäftigt und sich insbesondere mit der Zufriedenheit in Partnerschaften, Ehen (marital satisfaction) und Haushalten auseinandersetzt. Spätestens seit Simmels (1992) mikrosoziologischen Abhandlungen wissen wir, dass auch „der Streit“ ein Phänomen ist, das sich sowohl in die Familie als auch in die vielfältigsten anderen Bereiche des sozialen Lebens verästeln kann und deshalb ein lohnendes soziologisches Untersuchungsobjekt darstellt. Das oben erwähnte konflikttheoretische Defizit in der Familiensoziologie (Tyrell 2001) erstaunt deshalb ein wenig. Es spiegelt sich auch in einer empirischen Unterbeschäftigung mit Determinanten von familialen, besonders Ehekonflikten, in 14


der soziologischen Forschung wieder. Rüssmanns (2006) Untersuchung zum Einfluss vielfältiger sozial- und familienstruktureller Merkmale auf das Konfliktpotential hat unter diesem Aspekt Vorbildcharakter für den Teil dieser Forschungsarbeit, der sich mit der Frage nach den Konsequenzen der Heterogenität von expressiven Praktiken befasst. Obwohl diese Studie einen dezidiert konflikttheoretischen Fokus aufweist und sich auch in dieser Theorie verortet sieht, unterbleibt eine gründliche theoretische Fundierung. Unter einem Aspekt erweist sich das Werk als besonders hilfreich, aber auch ergänzungbedürftig: In Hinblick auf die sozialstrukturellen Determinanten des partnerschaftlichen Konflikts stützt sich die Autorin auf einen vertikalen Ansatz, der den soziökonomischen Status der Befragten ins Zentrum des Interesses rückt und nicht etwa den Lebensstil. Die soziale Lage wird dabei in drei Schichten eingeteilt: Unterschicht, Mittelschicht, Oberschicht. Diese Schichten differenziert die Autorin nach Geschlecht und Ostbzw. Westdeutschland. In der Untersuchung findet die Autorin keine Evidenz für ihre Hypothese, dass sich das Konfliktpotential mit zunehmender Schichthöhe verringert. Im Gegenteil: In der Unterschicht ist das Konfliktpotential am kleinsten. Rüssmann spricht sich gegen einen Lebensstilansatz aus, indem sie auf dessen geringe Erklärungskraft verweist. Diese Begründung bietet die Möglichkeit (freilich mit anderen Daten und unter anderen Voraussetzungen) zu überprüfen, ob diese Vernachlässigung berechtigt ist oder ob das Konzept der Lebensstile doch erklärungskräftig zur Konfliktvoraussage, und damit indirekt zur Prognose der Zufriedenheit im Haushalt, ist.

2.1.5 Forschungsstand

Am ersten Punkt der von Otte (2004) aufgezeigten Defizite der Lebensstilforschung (gemeint ist die unzureichende Untersuchung von Vergemeinschaftungswirkungen und Konfliktpotentialen von Lebensstilen) knüpfen Klocke / Lück (2001) an. Sie bringen Lebensstil und Familie zusammen, indem sie in einem explorativ ausgerichteten Forschungsprojekt die Lebensstilvielfalt in verschiedenen Lebensphasen - besonders der Familienphase - untersuchen und den Stellenwert der Familie nach Lebensstilgruppen aufschlüsseln. Zudem stellen sie die Frage nach der Heterogenität bzw. Homogenität von Lebensstilen innerhalb von Familien. Dabei zeigt sich, dass die Familienmitglieder eher zu gleichen oder ähnlichen Lebensstilen neigen als zu komplementären. Dies gilt sowohl für Ehepartner als auch in Eltern-Kind-Beziehungen und wenn auch in abgeschwächter Form - zwischen Geschwistern. Dabei ist weiter festzuhalten, dass 15


hier geschlechtsspezifische Unterschiede bestehen. Gleichgeschlechtliche Geschwister zeigen eine ausgeprägtere Lebensstilorientierung aneinander als andersgeschlechtliche. Die in der Studie formulierte Komplementaritätshypothese, dass sich gegensätzliche Eigenschaften und Lebensstile (so z. B. der häusliche Harmonietyp als Prototyp einer gutbürgerlichen Hausfrau und der zurückgezogene arbeitsorientierte Typ als Brotverdiener der Familie) anziehen, kann folglich widerlegt werden. Gegensätze gesellen sich seltener als gleich und gleich. Als Erklärung könnten milieu- und klassenspezifische Kennenlernbiographien sein, die sich schliesslich in Homogamie äussern. Die psychologischen Prozesse hinter den Verbindungen stecken und die intensivere Untersuchung weiterer Determinanten der Lebensstilvererbung (z. B. in peer groups) können leider wegen dem quantitativ-explorativ ausgerichteten Design der Studie nur unzureichend aufgedeckt werden. Trotzdem hat die Studie von Klocke / Lück für den deskriptiven Teil meiner Arbeit Vorbildcharakter. Sie soll in einem etwas weniger ambitionierten Ausmass für die Schweiz repliziert werden, wo die Frage nach der Vergemeinschaftungswirkung von Lebensstilen bisher kaum erforscht ist. Ebenfalls mit den Vergemeinschaftungswirkungen von Lebensstilen befassen sich Kalmijn / Bernasco (2001). Ihre Studie aus den Niederlanden zeigt auf, dass das Freizeitverhalten bei verheirateten und zusammenlebenden Paaren keineswegs so individualisiert abläuft wie es von vorherigen Untersuchungen angenommen wurde. Die gegenseitige Abhängigkeit der Partner und die zusammen verbrachte Zeit führen zu einem „joint-lifestyle“, zu einem einheitlichen Lebensstil in Partnerschaften. „Like children, shared activities, mutual friends and collective consumption in marriage function as a form of marital capital” (ebd.: 639). Ähnlich wie Klocke / Lück (2001) fragen sich die Autoren, ob die Lebensstile - ausgedrückt im Freizeitverhalten zwischen den Ehepartnern gleich sind (joint-lifestyle) oder sich unterscheiden. Diesem deskriptiven Teil folgt ein erklärender. Welche Faktoren sind für die Gleichheit oder Unterschiedlichkeit der Stile verantwortlich? Die Resultate der empirischen Untersuchung zeigen, dass ein Grossteil der Paare einen joint-lifestyle aufweist, also viele Freizeitaktivitäten zusammen verbringt. Ausser sportlichen Tätigkeiten und Heimaktivitäten, werden alle Hobbys mehrheitlich mit dem Partner und nicht allein ausgeführt. Gesellschaftliche und kulturelle Tätigkeiten werden fast ausschliesslich gemeinsam absolviert. Die Autoren identifizieren vier Faktoren bzw. Variablenbündel, die zur Erklärung der Gemeinsamkeit der Lebensstile (operationalisiert am Freizeitverhalten) beitragen: Lebenszyklus, Arbeitsleben, Homogenität in Bezug auf soziodemographische Merkmale (gleiches Alter, gleicher Hintergrund, gleicher Beruf 16


der Partner) und schliesslich geteilte Wertvorstellungen. Davon hat der Lebenszyklus am meisten Erklärungskraft, gefolgt vom Arbeitsleben und den übrigen Faktoren. In Bezug auf den Lebenszyklus wird konstatiert, dass die gemeinsam ausgeführten Tätigkeiten - also die joint lifestyles - mit der Dauer der Beziehung zunehmen und vor der Trennung wieder abnehmen. Wenn Kinder im Haushalt leben, neigen die Paare weniger stark zu gemeinsam verbrachter Freizeit. Bei der Betrachtung des Arbeitslebens wird festgestellt, dass die Arbeitstätigkeit der Frau keinen Effekt auf die gemeinsam verbrachte Freizeit hat. Auch die Homogamieeffekte sind relativ schwach ausgeprägt: Gleichheit in den religiösen und politischen Einstellungen sowie im Bildungsgrad führt nur zu unwesentlich stärker ausgeprägten joint-lifestyles. Als Fazit hinterfragen die Autoren die Individualisierungsthese, nach der die expressiven Praktiken in Ehen und Partnerschaften zunehmend losgelöst vom Partner vonstatten gehen und Autonomie und Privatheit an Relevanz gewinnen. Sie unterstreichen die weiterhin grosse Bedeutung der gegenseitigen Abhängigkeit in Partnerschaften. Die Studie von Kalmijn / Bernasco (2001) dient dieser Arbeit ebenso wie diejenige von Klocke / Lück (2001) als Referenzpunkt, sowohl was die Konstruktion der Hypothesen anbelangt als auch was die Operationalisierung der Lebensstile angeht: Ähnlich wie bei Kalmijn / Bernasco (2001) wird auch bei dieser Arbeit der Fokus auf dem Freizeitverhalten liegen. Zudem bilden die gefundenen Resultate eine Orientierungshilfe bei der Berücksichtigung der Determinanten von Homogenität (joint-lifestyles) in den Stilen zwischen den Ehepartnern. Schliesslich seien noch Studien aus dem amerikanischen Raum erwähnt, die den Einfluss der Gemeinsamkeit bzw. Homogenität der Lebensführung, besonders was die Freizeitaktivitäten anbelangt, auf die Zufriedenheit ermitteln und besonders bei der Generierung der letzten Hypothese hilfreich waren. Crawford et al. (2002) zeigen auf, dass Ehepaare bei gemeinsam verbrachter Freizeit nicht viel zufriedener sind, als wenn die Freizeit getrennt verbracht wird. Handelt es sich um Tätigkeiten, die sowohl der Frau als auch dem Mann gefallen, so sind lediglich die Männer zufriedener mit der Ehe (marital satisfaction) bei gemeinsam verbrachter Freizeit. In Anbetracht der Tatsache, dass in der Literatur bisher galt: Gemeinsam verbrachte (Frei)Zeit führt zu erhöhter Zufriedenheit in der Beziehung, überraschen die Resultate dieser Studie. Die bereits etwas ältere Studie von Orthner (1975) kommt zu ähnlichen Schlüssen. Auch hier wird ein Geschlechtsunterschied festgestellt. Gemeinsam verbrachte Freizeit wirkt sich bei Männern und Frauen unterschiedlich auf die Zufriedenheit mit der Ehe aus. Auch die Zeitdimension spielt in die Zufriedenheit mit hinein. Im Verlaufe einer Beziehung ändert sich die 17


Relevanz der joint-leisure, ähnlich wie dies bei Kalmijn / Bernasco (2001) beschrieben ist. Der Autor kommt zum folgenden Schluss: „Categorized statements, such as ‘doing things together indicates marital adjustment’, cannot be supported by this study” (Orthner 1975: 101). Einen letzten Bezugspunkt stellt schliesslich die Untersuchung von Holman / Jacquart (1988) dar. Im Gegensatz zu Orthner (1975) finden sie keinen bedeutenden Lebenszykluseffekt des Einflusses joint-leisure und Zufriedenheit in der Partnerschaft. Nicht die Dauer des Zusammenlebens, sondern die Kommunikation kommt als intervenierende Variable zwischen die Homogenität der Freizeit und die Zufriedenheit mit der Ehe. Während bei geringen Kommunikationslevels kein Einfluss festzustellen ist, spielt bei hohen Levels die gemeinsam verbrachte Zeit sehr wohl eine Rolle für das Wohlbefinden und marital satisfaction. Wie die vorgestellten Studien erahnen lassen, ist das Forschungsfeld im Gebiet der Vergemeinschaftswirkungen von Lebensstilen heterogen, besonders was die Freizeitaktivitäten anbelangt. Ein eindeutiger theoretischer Bezugspunkt fehlt und die Arbeiten sind in ihrer Herangehensweise sehr empirisch ausgerichtet. Die unterschiedlichen kulturellen Backgrounds der Autoren (auf der einen Seite die deutsche Tradition der Lebensstilforschung, repräsentiert durch Klocke / Lück (2001), auf der anderen die amerikanische Linie, die sich mit der marital satisfaction auseinandersetzt) erschweren eine programmatische Synthese, die als Ausgangspunkt für die Generierung klar einzuordnender Hypothesen dienen könnte. Um diese Forschungsarbeit trotzdem nicht als zusammenhangsloses Flickwerk dastehen zu lassen, orientiere ich mich im Folgenden thematisch an der Theorie Bourdieus, da sie mir im Hinblick auf das Thema am besten ausgearbeitet scheint und auch praxisnahe Aspekte umfasst. So soll durch die Anlage der Forschungsfragen und Hypothesen der doppelte Charakter der gesellschaftlichen Praxis - hier ausgedrückt als Dimensionen des Lebensstils - zum Ausdruck gebracht werden: Einerseits ist diese vorstrukturiert durch die gesellschaftlichen Bedingungen, durch die Sozialstruktur, andererseits strukturiert sie selbst auf vielfältige Arten das Zusammenleben. Bourdieu spricht in diesem Zusammenhang vom „Habitus als strukturierte und strukturierende Struktur“ (1982: 279). Dieses Verständnis scheint mir zentral für das weitere Vorgehen. Denn der Lebensstil ist weder eine streng determinierte mechanische Umwandlung der sozialen Verhältnisse in das Handeln, noch ein frei wählbares völlig beliebiges und folgenloses Spiel ohne Regeln. Vielfältige Faktoren beeinflussen ihn und durch ihn wird eine soziale Realität generiert, die die vielfältigsten Formen annehmen und Folgen haben kann. Auch bei den zahlreichen Beispielhypothesen bei Lüdtke

18


(1989: Kapitel 2) gaben hilfreiche Inspiration zur Strukturierung der Forschungsfragen und Hypothesen.

2.2 Forschungsfrage und Hypothesen In Anlehnung an die oben beschriebene Studien von Klocke/ Lück (2001), Lüdtke (1989). Rüssmann (2006), Kalmijn / Bernasco (2001) und den amerikanischen Ansätzen möchte ich für die Schweiz untersuchen, wie sich Lebensstile in Haushalten verteilen. Dabei können eine Reihe von Forschungsfragen formuliert werden, die die Arbeit als erkenntnisleitende Fäden strukturieren: •

Leben in Haushalten Personen mit ähnlichen Lebensstilen oder unterscheiden sich die Lebensstile diametral?

Welche Faktoren sind für die Lebensstilhomogenität oder -heterogenität verantwortlich?

Wirkt sich homogenes Freizeitverhalten in einem Haushalt auf die Zufriedenheit mit dem Zusammenleben aus?

Daraus lassen sich vier Hypothesen ableiten, die im Folgenden empirisch untersucht werden: H1: Ehepaare in Haushalten weisen einen ähnlichen oder gleichen Lebensstil (Freizeitstil, politischen Stil) auf.

H2: Kinder weisen einen ähnlichen oder gleichen Lebensstil (Freizeitstil, politischen Stil) auf wie die Referenzperson Vater oder Mutter.

H3: Zentrale erklärende Variablen für die Homogenität des politischen Stils zwischen Ehepartnern sind Alter und Bildung bzw. deren Differenz in der betrachteten Dyade.

H4: Wenn Ehepartner ihre Freizeit auf gleiche oder ähnliche Art und Weise verbringen, sind sie zufriedener mit dem Zusammenleben im Haushalt und der Arbeitsteilung als bei heterogener Freizeitgestaltung.

19


3 Datengrundlage, Untersuchungsdesign und Operationalisierung In diesem Kapitel werden die Datengrundlage (Teil 3.1), das Untersuchungsdesign und die Operationalisierung

(Teil

3.2)

der

zentralen

Konzepte dargestellt.

Insbesondere die

Variablenauswahl (Teil 3.2.2) zur Konstruktion der Dimensionen des Lebensstils, also zur Freizeit und zur politischen Einstellung, und die anschliessende statistische Umsetzung anhand einer Faktorenanalyse (Teil 3.2.1) kommen dabei zur Sprache. Schliesslich wird noch auf die Konstruktion der abhängigen Variablen in den einzelnen Hypothesen eingegangen (Teil 3.2.3).

3.1 Datengrundlage Für die empirische Überprüfung der Hypothesen wurden Daten aus dem SHP benutzt. Das SHP ist eine Panel-Untersuchung, bei der seit 1999 jährlich ein repräsentativer Querschnitt der schweizerischen Bevölkerung zu einer Vielfalt von Themen befragt wird. Für jedes Jahr existiert sowohl ein Personen- als auch ein Haushaltsfragebogen, wobei in dieser Untersuchung beide Fragebögen benutzt wurden. Um eine möglichst hohe Aktualität der Resultate zu gewährleisten wurde die Welle aus dem Jahr 2005 als Datengrundlage ausgewählt. Die Fallzahl beläuft sich dabei auf 3740 (H1) bzw. 3326 Personen (H4) bei den Hypothesen, in denen lediglich Eheleute betrachtet wurden und 1410 Personen für H2, wo Elter-Kind Beziehungen angeschaut werden. Problematisch

sind

die

SHP-Daten

insofern,

als

dass

sie

nur

eine

rudimentäre

Lebensstiloperationalisierung zulassen, da wesentliche Items zu den Bereichen Geschmack (Musikgeschmack, Wohnungsausstattung) und Konsum (Medienkonsum, Ausstattung mit Luxusgütern) fehlen. Auch die Einstellungsvariablen sind für eine tiefgreifende Lebensstilstudie zu unspezifisch und zu wenig auf die Dimension der Modernität ausgerichtet. Lediglich im Bereich Freizeit und Netzwerk sowie bei den soziodemographischen Variablen als Kontrollgrundlage reichen die Daten für den Untersuchungszweck. Andere speziell für Lebensstilfragen konstruierte Datensätze kommen für die Beantwortung der Forschungsfragen und Widerlegung bzw. Bestätigung der Hypothesen jedoch nicht in Frage, weil in ihnen jeweils nur eine Person pro Haushalt befragt wurde und somit keine Bildung von Dyaden und Intrahaushaltvergleiche möglich sind. Dieser trade-off zwischen Exaktheit der Typologie und Haushaltsbezogenheit lässt sich nicht aus der Welt schaffen. Deshalb sollte bei der Interpretation der Ergebnisse stets die unzureichende Datengrundlage im Hinterkopf behalten werden. 20


3.2 Untersuchungsdesign und Operationalisierung Bevor die Hypothesen bestätigt oder widerlegt werden können, muss eine Typologie der Stile erstellt werden. Dabei stütze ich mich an das Vorgehen von Lüdtke (1995), der Lebensstile anhand des Freizeitverhaltens operationalisiert. Das bietet den Vorteil, dass die Kategorisierung intersubjektiv nachvollziehbar, lebensnah und nicht allzu schwierig zu konstruieren ist. Zur Einteilung der Personen in eine der vier Faktoren der Freizeitgestaltung wurde ein faktoranalytisches Vorgehen gewählt. Deshalb soll dieses Analyseverfahren kurz vorgestellt werden. Das gleiche Vorgehen wurde bei der Konstruktion der politischen Stile gewählt.

3.2.1 Analyseverfahren in der Lebensstilforschung

Gängige

statistische

Verfahren

in

der

Lebensstilforschung

sind

Faktorenanalyse,

Korrespondenzanalyse und Clusteranalyse, wobei häufig eine Kombination verschiedener Methoden zur Anwendung kommt. So können in einem ersten Schritt Items mit ähnlichem Inhalt und hohen Korrelationen zu Faktoren gebündelt werden und in einem zweiten Schritt werden die Personen (Fälle) anhand ihrer Merkmals- und Faktorverteilung mittels Clusteranalyse in eine Gruppe eingeteilt. Bei der Clusteranalyse wird jeder Merkmalsträger genau einer Gruppe zugeordnet. Als Einteilungsgrundlage dienen dabei Variablen, die für die Clusterung als sinnvoll erachtet werden. Das Verfahren kommt z. B. bei der Kundensegmentierung im Marketing, bei der Typologisierung von Produkten nach Merkmalskriterien - wie unterscheiden sich z. B. verschiedene Margarinesorten nach den Kriterien Haltbarkeit, Streichfestigkeit und Preis und welche Gruppen ergeben sich daraus (vgl. Backhaus et al. 2006) - oder in der vergleichenden Wohlfahrtsstaatsforschung (vgl. z. B. Obinger / Wagschal 1998) zur Anwendung. In der Lebensstilforschung hat die Clusteranalyse einen hohen Stellenwert, weil sich damit relativ einfach grosse Datenmengen, wie sie in den Datensätzen umfangreicher Umfragen vorkommen, verarbeiten lassen. Mittels verschiedener Statistiksoftwarepakete lassen sich komplexe Modelle rechnen und die Gruppenanzahl nach Wunsch festlegen. Da die Gruppeneinteilung aber v. a. bei vielen Variablen kaum mehr zu überblicken ist, d. h. weil die Typologie im Nachhinein nur unzureichend intersubjektiv nachvollzogen werden kann, ist das Verfahren kritisch zu begutachten. Des Weiteren werden die Modellspezifikationen in der Lebensstilforschung selten explizit aufgeführt, es wird z. B. nicht genauer auf den gewählten Clusteralgorithums 21


eingegangen und Fragen zum Distanzmass, zum Skalenniveau der berücksichtigten Variablen oder zu den Missings werden oftmals übergangen. Die aus der Clusteranalyse hervorgegangen Typologie mag dann zwar logisch erscheinen, wie es bei den Sinus-Milieus der Fall ist, steht aber insofern auf wackligen Füssen als dass der Grenzziehung, der Benennung der Gruppen und den daraus folgenden Konsequenzen ein selektiver Bias des „Es-könnte-auch-ganz-anders-Seins“ anhaftet. Das fängt schon bei den für die Clusteranalyse berücksichtigten Variablen an, denn es gibt keinen allgemeingültigen Kanon, der besagt, welche Dimension eine Lebensstiltypologie umfassen sollte. Aus diesem Grund habe ich mich für eine Faktorenanalyse - also gegen eine Clusteranalyse - und zur Trennung der Dimensionen „Freizeitstil“ und „politischer Stil“ entschieden. Problematisch daran ist die Tatsache, dass nicht mehr von einem ganzheitlichen Lebensstilkonzept gesprochen werden kann. Die Faktorenanalyse bietet im Gegensatz zur Clusteranalyse den Vorteil, dass die Dokumentation klarer und die Resultate intuitiv verständlicher sind. Besonders bei den Items zum Freizeitverhalten ist die Anwendung der Faktorenanalyse sinnvoll, weil sie alle gleich skaliert sind und einen Themenkomplex umfassen, der nicht zu verfächert ist. Das Verfahren basiert auf der Kovarianz der aufgenommenen Items. Sind die Korrelationen hoch, lässt sich daraus schliessen, dass ein gemeinsamer Faktor hinter den Items steht und dass man jene zu einem Faktor zusammenfassen kann. Ziel der Analyse ist eine Faktorzahl, die die ursprünglichen Items zusammenfassend verdichtet und anschaulicher macht ohne dabei zu grossen Informationsverlust zu produzieren. Obwohl die Faktorenanalyse relativ voraussetzungsreich ist - so sollten die aufgenommenen Variablen intervallskaliert sein -, kann auch bei quasi-metrischem Skalenniveau ein annehmbares Resultat erreicht werden. Als Extraktionsmethode wurde die weit verbreitete Varimax-Methode gewählt, die im Gegensatz zur unrotierten trennschärfere Resultate zutage fördert. Zudem wurden Missings listwise ausgeschlossen, was bei den politischen Stilen zu einer geringen Fallzahl geführt hat. Zusätzliche Informationen zur Faktoranalyse finden sich im Anhang und in der SPSS-Syntax.

3.2.2 Variablenauswahl

Eine sinnvolle Begründung der Variablenauswahl für die Faktorenanalyse sollte theoriegeleitet erfolgen. Obwohl das Lebensstilkonzept auf Ganzheitlichkeit abzielt, also alle Lebensbereiche in die Erstellung der Typologie einfliessen sollten, ist aufgrund der hohen Komplexität der 22


zugrundeliegenden Daten und der Vielfalt der Variablen eine Beschränkung auf bestimmte Variablen notwendig. In der Praxis haben sich die meisten Untersuchungen auf die Dimensionen „Freizeit, Kultur und Konsum“ konzentriert, bisweilen werden aber auch Dimensionen wie „Familie und soziale Beziehungen“, „Wohnen und Umwelt“ oder „Arbeit und Beruf“ in die Analyse miteinbezogen (Otte 2004: 132ff.). Für die Beschränkung auf eine oder zumindest wenige Dimensionen spricht neben dem Forschungsaufwand auch das Argument der theoretischen Begründung. Denn Freizeit, Kultur und Konsum hätten „eine historisch neue Bedeutung erlangt“ (Buchmann / Eisner 1998, Otte 2004: 133). Für die Forschungsarbeit habe ich mich bis zu einem gewissen Grad an diese Vorgabe gehalten. Eingeflossen in die Bildung der Lebensstiltypologie sind die im SHP enthaltenen Variablen zur Freizeitgestaltung (eine umfassende Dokumentation aller verarbeiteten Items findet sich ebenfalls im Anhang). Im SHP fehlen jedoch wichtige Informationen zu Kultur und Konsum einer Person. Wünschenswert wären z. B. Fragen zur kulturellen Praxis, zum Ernährungsverhalten oder zum kulturellen Kapital, das in Bourdieus (1982) Studien so zentral für den Lebensstil ist. Da mir aber eine Operationalisierung des Lebensstils anhand lediglich des Freizeitverhaltens als zu kurz greifend erschien, wurden zudem aussagekräftige Einstellungsvariablen berücksichtigt. Aus diesen zwei Bereichen oder Dimensionen des Lebensstils (Freizeit, Einstellungen) konnten mittels Faktorenanalyse zwei mal je vier spezifische Stile herausdestilliert werden, die jedoch nicht mehr synthetisiert wurden, so dass ein grössere Nachvollziehbarkeit beim Überprüfen der Hypothesen einer Verkürzung des Konzepts und einer weniger tiefgreifenden Verknüpfung mit der Theorie geschuldet ist. Die Resultate zur Verteilung dieser 8 Stile finden sich in Kapitel 4. Jeder Person wurde ein dominanter Stil in einer Dimension zugeordnet, der mit dem höchsten Faktorwert einhergehend war, was aufgrund der Standardisierung dieser Werte zwar möglich, aber auch problematisch ist.

3.2.3 Konstruktion der abhängigen Variablen

Die abhängige Variable variiert je nach Hypothese. Zur Überprüfung der Hypothesen H1, H2, H3 und H4, war es vonnöten die Homogenität des Freizeitverhaltens und des politischen Stils in einem Haushalt zu operationalisieren. Es musste daher ein Indikator für gleiche oder unterschiedliche Stile definiert werden. Homogenität der Stile liegt in dieser Arbeit vor, wenn zwei Personen im gleichen Haushalt denselben Stil aufweisen. Die dazugehörigen Variablen 23


lshethh (ls steht für leisure style, also Freizeitstil, het für Heterogenität und hh für household) und pshethh (ps steht für political style, also Politikstil) nehmen in diesem Fall den Wert 1 an. Verfügen aber zwei Personen im gleichen Haushalt über einen unterschiedlichen Freizeitstil, so ist ihr Wert jeweils 0. Es handelt sich also um eine Dummy-Variable. Obwohl eine Rangfolge oder gar ein Kontinuum an Abstufungen bei der Homogenität der Stile wünschenswert gewesen wäre, liess sich dies aufgrund der Datenlage nicht hinreichend umsetzen. Ein Modell mit Berechnung der Differenz der Faktorwerte für die Haushaltsmitglieder und anschliessender Aufsummierung der Differenzwerte innerhalb einer der zwei Stildimensionen erwies sich als nicht erklärungskräftig. Zudem ist ein solches Verfahren aufgrund der Normalverteilung der Faktorwerte in der Interpretation schwierig, denn gewünscht ist nicht nur die Kenntnis der Übereinstimmung der Stile innerhalb einer beobachteten Dyade, sondern auch bei einem Unterschied, die Kombination der jeweiligen Stile. Für Hypothese 3 ist die abhängige Variable pshethh. Um Interdependenzen mit den soziodemographischen Variablen zu vermeiden, die in einem Fall als erklärende, im anderen Fall als Kontrollvariablen dienen, wurde jeweils eine andere Dimension des Lebensstils für H3 und H4 gewählt. Dies soll den doppelten Charakter des Konstrukts zum Vorschein bringen, einerseits als strukturierte Struktur (in H3), andererseits als strukturierende Struktur (in H4). Gleichzeitig können dabei methodische Probleme umgangen werden, die bei der gleichzeitigen Verwendung des Freizeitstils als determinierter Variable (H3) und als determinierende Variable (H4) bestanden hätten. Bei Hypothese 4 ist die abhängige Variable Zufriedenheit im Haushalt „satisfied“. Obwohl im SHP-Datensatz einige Variablen zur allgemeinen Zufriedenheit vorkommen und auch haushaltsspezifische Aspekte berücksichtigt werden, ist es nicht einfach ein valides Konstrukt zu bilden, das alle notwendigen Facetten dieses Konzepts umfasst. Ich beschränke mich deshalb auf diejenigen Bereiche, die mit den Daten abgebildet werden können. Im Wesentlichen gibt es zwei Variablen, die die Zufriedenheit und ihre Haushaltsbezogenheit thematisieren: P05F02 (Zufriedenheit mit dem Zusammenleben) und P05F04 (Zufriedenheit mit der Arbeitsteilung im Haushalt). Zur Konstruktion der abhängigen Variablen „satisfied“ wurden dann auch diese Variablen verwendet. Der Wertebereich der zur Konstruktion herbeigezogenen Variablen reicht jeweils von 0-10, wobei 0 extrem unzufrieden bedeutet und 10 extrem zufrieden. Ein Problem, das sich bei dieser Skalierung stellte, war die stark rechtsschiefe Verteilung der beiden Variablen (siehe Abbildungen 3 und 4 im Anhang). Es zeigte sich, dass auf den 0-10 Skalen selten Werte 24


unter 7 angegeben wurden und eine starke Konzentration im oberen Viertel stattfand. Deshalb wurde die abhängige Variable „satisfied“ als dichotome Variable spezifiziert. Eine Grenze bei einer (quasi)metrischen Skala zu ziehen hat meist das Moment einer bestimmten Willkürlichkeit. Soll das arithmetische Mittel, der Median oder das 25 Prozent Quantil genommen werden, soll der Schnitt auf der Skala von 0-10 bei 5 angesetzt werden? Welche Implikationen in der Interpretation bringt dies mit sich? Welche theoretischen Rechtfertigungen liegen vor? Aufgrund der Verteilung der beiden Variablen habe ich mich entschieden die Trennung bei 6 zu vollziehen. Personen die bei einer der beiden Fragen (P05F02 und P05F04) Werte von 0-6 angegeben haben, weisen für die Variable Zufriedenheit (satisfied) den Wert 0 auf, Personen die 7 oder höhere Werte wählten, wurden der Kategorie 1 zugeordnet. Inhaltlich kann ein Wert von 7 oder höher beiden Fragen als Zufriedenheit mit dem Haushalt und den Verhältnissen darin interpretiert werden, also als Haushaltszufriedenheit. Werte die kleiner als 7 sind deuten jedoch nicht automatisch auf Unzufriedenheit hin. Man kann die Gruppe 0 als „Unzufriedene und mässig Zufriedene“ betrachten. Knapp 16 Prozent aller betrachteten Personen fallen in diese Kategorie: Sie sind entweder mit dem Zusammenleben oder mit der Aufgabenteilung im Haushalt nicht vollkommen zufrieden. Etwas weniger als 3 Prozent der Fälle weisen eine tiefe Zufriedenheit bei beiden Variablen auf. Die Tatsache, dass diese Gruppe klein ist, zeigt, dass die Zufriedenheit mit dem Zusammenleben im Haushalt generell sehr hoch ist.

3.2.4 Binäre logistische Regression

Für Hypothese 4 wurde eine binäre logistische Regression mit der abhängigen Variablen Zufriedenheit (satisfied) gerechnet. Dabei wurde das Statistikprogramm SPSS verwendet, welches die wichtigsten Koeffizienten der Regression standardmässig angibt. Um die Erklärungskraft verschiedener Modelle zu erhöhen, wurden nach den Basisannahmen verschiedene zusätzliche Variablen blockweise hinzugefügt. Die Operationalisierung der abhängigen Variablen der logistischen Regression gestaltet sich wie in Abschnitt 3.2.3 beschrieben. Weitere Angaben finden sich im Resultatteil zu den Hypothesen 3 und 4 (Teil 4.3.3 und 4.3.4). Für Hypothese 3 konnte die zuvor konstruierte Variable Unterschied im politischen Stil (pshethh) verwendet werden.

25


4 Ergebnisse In diesem Kapitel werden die Freizeit- (Teil 4.1) und Politikstile (Teil 4.2) präsentiert und die Forschungsfragen beantwortet (Teil 4.3). Für jede Hypothese wird der empirische Gehalt geprüft, indem Resultate aus der statistischen Analyse vorgestellt werden. Zum Schluss werden die Ergebnisse zusammengefasst und in Hinblick auf die theoretischen Aspekte hin reflektiert.

4.1 Freizeitstile Anhand der Faktorenanalyse zum Bereich Freizeit und Einstellungen ergeben sich vier dominante Freizeitstile, die sich je zu ungefähr einem Viertel auf die in Ehen lebenden Personen verteilen. Die Stile sind wie folgt benannt worden: •

Sportlich-aktiver Freizeitstil

Jugendlich-unterhaltungssuchender Freizeitstil

Kulturinteressierter Freizeitstil

Zurückgezogener Freizeitstil

Der sportlich-aktive Freizeitstil ist durch eine überdurchschnittliche Neigung zu sportlichem Freizeitverhalten - sowohl aktiver als auch passiver (also sportkonsumierender) Art gekennzeichnet. Bei diesem Stil wird die Freizeit ausser Hause verbracht und es zeigt sich eine gute Integration ins soziale Umfeld. Dieser Faktor lädt stark positiv auf die Items „Sportveranstaltungen besuchen“, „Freunde treffen“ und „Sport ausüben“ und negativ auf innerhäusliche Freizeit. Personen, die dem jugendlich-unterhaltungssuchenden Freizeitstil angehören, gehen übermässig häufig in Diskotheken und Bars, oder auch Kinos. Feststellbar ist hier die Neigung zum Medienkonsum und zum Eskapismus. Die erklärungskräftigsten Items sind „Discobesuche“ (Korrelation: 0.587) und „Kinobesuche“ (0.468). Eine starke Abneigung scheint hingegen gegen „Basteln und Gartenarbeit“ zu bestehen. Der kulturinteressierte Freizeitstil ist vorwiegend auf traditionelle Formen der Unterhaltung fokussiert. Bevorzugt werden Ausstellungsbesuche, Konzerte und Kurse zur Weiterbildung oder Selbstverwirklichung. Auch dem Internet ist man in dieser Gruppe keineswegs abgeneigt. Dementsprechend hohe Korrelationen zeigen sich bei „Theater, Oper und Ausstellung“ (0.625). Trotzdem gestalten Angehörige dieses Stils ihre Freizeit aktiv und liegen nicht auf der faulen 26


Haut. Im Gegenteil: zum simplen Ausspannen (Item „Relaxing“) besteht sogar eine negative Ladung. Angehörige des zurückgezogenen Freizeistils verbringen ihre Freizeit vorwiegend zu Hause. Man entspannt sich, liest ein Buch oder Magazine und geht spazieren. Wenn man überhaupt ausgeht, dann ins Theater, wobei das deutlich seltener vorkommt als bei den kulturell Interessierten. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Freizeitstile und zeigt die Häufigkeiten, mit denen sie vorkommen.

Tabelle 1: Dominanter Freizeitstil

(Quelle: eigene Darstellung)

Der jugendlich-unterhaltungssuchende Freizeitstil ist in den beobachteten Partnerschaften nicht so stark vertreten. Am häufigsten zeigt sich der kulturinteressierte Stil, was aber auch damit zusammenhängen könnte, dass dies von allen Stilen der heterogenste ist, denn auch Sportveranstaltungen und Kinobesuche fallen zu einem guten Teil in diesen Freizeitstil. Mit etwas mehr als einem Viertel aller Ehepartner schlagen der sportlich-aktive und der zurückgezogene Stil zu Buche. Die Freizeitstile sind mittelhoch mit dem Alter korreliert. Auf der einen Seite des Spektrums findet sich der jugendlich unterhaltungssuchende und sportlich-aktive Stil mit einem Durchschnittsalter von 45 Jahren, dazwischen die Kulturinteressierten mit 48 Jahren im Schnitt und schliesslich die Zurückgezogenen, die einen Altersschnitt von 56 Jahren aufweisen. Das Geschlecht dagegen hat nur einen marginalen Einfluss auf das Freizeitverhalten (siehe Tabelle 2).

27


Tabelle 2: Korrelationen (Kendalls Tau b) dominanter Freizeitstil mit Geschlecht, Bildung und Alter

(Quelle: eigene Darstellung)

Frauen tendieren demnach etwas stärker zu den Freizeitstilen „Kulturinteressiert“ und „Zurückgezogen“ (die im Datensatz mit den Werten 3 und 4 codiert wurden) als zu den eher expressiven Formen der Unterhaltungssuche und des Sportlich-Aktivseins (im Datensatz mit 2 resp. 1 codiert). Bildungseffekte sind lediglich auf dem 10-Prozent Signifikanzniveau erkennbar, wobei überraschenderweise eine leicht negative Korrelation festzustellen ist. Mit zunehmendem Bildungsgrad werden also die Freizeitstile tiefer, d. h. weniger zurückgezogen und eher expressiv. In Anbetracht der Tatsache, dass besonders (hoch)kulturnahe Freizeitaktivitäten mit einem hohen Bildungsgrad assoziiert sind, kommt dieser Befund überraschend. Allerdings könnte der zurückgezogene Freizeitstil für den Effekt verantwortlich sein. In Abschnitt 4.3.3 wird die Homogenität des politischen Stils genauer analysiert, auch mit einer Kontrolle für verschiedene Effekte. Die grössten Unterschiede zu den erwarteten Werten zeigen sich beim sportlich-aktiven und beim zurückgezogenen Stil. Während Frauen eher zu einem zurückgezogenen Freizeitverhalten neigen, betätigen sich die Männer sportlich-aktiv. In Anbetracht der Tatsache, dass die Altersdifferenz der Ehepaare im Schnitt 2.5 Jahre beträgt, dass also die Ehefrauen im Datensatz deutlich jünger sind als die Männer, verstärkt sich dieser Geschlechtseffekt, was wiederum die Frage nach der Arbeitsteilung in Haushalt und Ehe aufwirft.

28


4.2 Politische Stile Ebenfalls konstruiert wurden so genannte politische Stile, die Auskunft darüber geben, welche Einstellungen die verschiedenen Haushaltsmitglieder haben. Hier wurden anhand der Faktorenanalyse vier Stile gefunden, die alle spezifische Eigenheiten aufweisen. Die Stile wurden wie folgt benannt:

Bei

Liberal linke Position

Militant linke Position

Gemässigt konservative Position

Gender-zentrierte Position der

liberal-linken

Position

Gleichberechtigung als auch

stehen

Gerechtigkeitsfragen

im

Gleichbehandlung werden ausdrücklich

Zentrum.

Sowohl

gewünscht. Die

gesellschaftliche Öffnung wird begrüsst, was sich an der starken Befürwortung eines EU-Beitritts zeigt (Ladung: -0.505, wobei positive Korrelationen für eine Ablehnung eines EU-Beitritts stehen). Die militant-linke Position zeichnet sich im Gegensatz zur liberal linken Position dadurch aus, dass sie auch aktiv Mittel zur Durchsetzung ihrer Interessen in Erwägung zieht. Die Bereitschaft an einem Boykott, einer Demonstration oder einem Streik teilzunehmen ist bei dieser Position äusserst hoch. In Anbetracht, dass das Interesse an Politik jedoch im Gegensatz zur liberal linken Position klein ist, zeigt sich eine gewisse Diffusität oder eine Eventorientierung, bei der das Erlebnis im Zentrum des politischen Interesses steht. Die gemässigt-konservative Position bringt die politische Mitte zum Ausdruck. Es zeigen sich hohe Faktorladungen mit Items der Zufriedenheit mit der Regierung und politischem Vertrauen. Die Korrelation von 0.629 bei „Feeling about political influence“ bringt zum Tragen, dass Personen mit Wahlberechtigung, die gut in institutionalisierten politischen Strukturen eingebunden sind, sich in diesen Stil einordnen liessen. Im Gegensatz zu den vorherigen linken Positionen ist man bei diesem Faktor gegen eine progressivere Steuerpolitik, was eine eher konservative Position zum Ausdruck bringt. Die gender-zentrierte Position schliesslich interessiert sich v. a. für Geschlechterfragen. Es wird davon ausgegangen, dass Frauen allgemein benachteiligt sind und dementsprechend ist man etwas unzufrieden mit der Demokratie (Ladung von -0.107 mit „Overall satisfaction with democracy“). Charakteristisch ist weiterhin die hohe Ladung beim Item „Persönlich benachteiligt 29


aufgrund des Geschlechts“. Dies legt den Schluss nahe, dass Personen, die diesen Stil als dominante Richtung aufweisen, im Wesentlichen Frauen sind. Tabelle 3 gibt Auskunft über die Verteilung der dominanten politischen Stile bei Ehepaaren.

Tabelle 3: Dominanter politischer Stil

(Quelle: eigene Darstellung)

Aufgrund vieler Missing Values sind die Aussagen zum politischen Stil mit grösserer Vorsicht zu geniessen als in Hinblick auf den Freizeitstil. Die Missings kommen v. a. dadurch zustande, dass die Faktorenanalyse bei der Konstruktion der Variablen „Dominanter politischer Stil“ auf viele Items gestossen ist, die zahlreiche Missing aufwiesen.

4.3 Resultate zu den Hypothesen 4.3.1 Hypothese 1: Ehepartner

Die erste Hypothese konnte klar bestätigt werden. Sowohl in Bezug auf den dominanten Freizeitstil als auch auf den dominanten Politikstil weisen die Ehepartner eine hohe Neigung zur Homogenität auf. In mehr als 40 Prozent der betrachteten Dyaden verfügen die Ehepartner über den gleichen Freizeitstil. Tabelle 4 und Tabelle 5 geben genauer Auskunft über die Verhältnisse und die Zahlen. Tabelle 4 bezieht sich auf die Homogenität des Freizeitverhaltens zwischen den Paaren.

30


Tabelle 4: Gleicher Freizeitstil zwischen Ehepartnern

(Quelle: eigene Darstellung)

Es wird ersichtlich, dass knapp 44 Prozent aller Dyaden ein ähnliches oder homogenes Verhalten an den Tag legen. Bei den 56 Prozent der heterogenen Kombinationen finden sich alle möglichen Muster (siehe Tabelle 6, nächste Seite).

Tabelle 5: Gleicher politischer Stil zwischen Ehepartnern

(Quelle: eigene Darstellung)

Ähnlich sieht es bei den politischen Stilen aus. Hier weisen rund zwei Fünftel aller beobachteten Dyaden einen homologen politischen Stil auf. Bemerkenswert sind die fast gleichen Prozentzahlen bei den politischen Stilen und den Freizeitstilen. Dies könnte darauf hindeuten, dass bei den Lebensstildimensionen grösstenteils Übereinstimmung herrscht. In einem weiteren Schritt interessieren die Kombinationen der Stile. Zunächst werden wiederum Freizeitstile betrachtet, dann die politischen Stile. Tabelle 6 (siehe unten) gibt Auskunft über die Verbindungen des Freizeitverhaltens bei Ehepartnern.

31


Tabelle 6: Kombination der Freizeitstile bei Ehepartnern

(Quelle: eigene Darstellung)

Während der expressive und eher durch konsumtives Freizeitverhalten gekennzeichnete Stil „Jugendlich-unterhaltungssuchend“ weniger zur Homogenität neigt (nur etwas mehr als ein Viertel dieser Personen hat einen Partner gleichen Stils), bleiben die zurückgezogenen, sportlichaktiven und kulturinteressierten Personen tendenziell unter sich, obwohl auch ein beträchtlicher Teil komplementärer Stile zu finden ist. Besonders hervorstechend ist diese Tendenz zur Homogenität in der Gruppe der Kulturinteressierten, wo fast die Hälfte der Untersuchten unter sich bleibt. Auch bei den Zurückgezogenen und Sportlich-Aktiven gesellt sich gleich und gleich: hier sind jeweils etwas weniger als 45 Prozent in homogenen Partnerschaften bezüglich des Freizeitstils. Der jugendlich-unterhaltungssuchende Stil bevorzugt keinen der drei übrigen Stile. Jeweils zu gleichen Teilen gesellt er sich zum sportlich-aktiven, kulturinteressierten und zurückgezogenen Freizeitstil. Interessant scheint die letzte Kombination, die ein gegensätzliches Verhältnis der Stile im Sinne einer traditionellen Rollenaufteilung nahelegt: Ein Ehepartner verbringt die Freizeit im häuslichen Rahmen mit wenig expressiven Tätigkeiten, während der/die andere Partner/in häufig ausserhäuslich unterwegs ist. Die grösste Neigung zur Abschliessung zeigt schliesslich der zurückgezogene Freizeitstil. Man ist mit gleichgesinnten Personen zusammen oder wählt den vom Alter her ähnlich gelagerten Stil der Kulturinteressierten. 32


Wie die folgende Tabelle zeigt ist die Homogenität der Freizeitstile kaum mit dem Alter, dem Geschlecht und der Bildung der Verheirateten korreliert.

Tabelle 7: Korrelationen (Kendalls Tau b) Homogenität im Freizeitstil mit Geschlecht, Bildung

(Quelle: eigene Darstellung)

Der leicht positive und hochsignifikante Alterseffekt deutet eher auf eine mit dem Alter zunehmende Homogenität des Freizeitverhaltens hin. Dies lässt sich auch darin erkennen, dass Angehörige des zurückgezogenen und des kulturinteressierten Stils im Schnitt ein höheres Alter aufweisen und tendenziell eher unter sich bleiben als der sportlich aktive, aber v. a. der jugendlich unterhaltungssuchende Stil. Die Resultate decken sich insofern mit den deutschen Befunden von Klocke / Lück (2001), als dass auch bei ihnen ein Alterseffekt zutage trat: Die grösste Vielfalt an Lebensstilen innerhalb von Familien zeigte sich bei ihnen bei den jungen Ehepaaren. Geschlechts- und Bildungseffekte sind äusserst schwach und nicht signifikant. Die Abwesenheit eines Einflusses der Ausbildung auf die Homogenität deutet darauf hin, dass die Orientierung am Freizeitverhalten des Partners bzw. die Partnerwahl nach Freizeitkriterien unabhängig vom Bildungsniveau erfolgt. Die Tatsache, dass fast doppelt so viele Personen in einem Haushalt einen homogenen Stil aufweisen als unter Unabhängigkeit erwartet, lässt auf eine starke Partnerorientierung schliessen. In der manifesten Komponente, also im tatsächlichen Verhalten, gemessen durch den Freizeitstil, ist die Homogenität höher als bei der latenten Komponente der politischen Einstellung, wenn auch nur marginal. Dies deckt sich mit empirischen Untersuchungen zur Homogamie und stellt insofern keine grössere Überraschung dar: Bei den (politischen) Einstellungen gibt es häufiger 33


Widersprüche und Unstimmigkeiten als im tatsächlichen, d. h. manifesten, Verhalten. Dieses erste deskriptive Resultat bestätigt eher die Strukturierungs- als die Entstrukturierungshypothese. Es scheint, dass sich im Bezug auf das Freizeitverhalten „Gleich und gleich gesellt“, wobei nicht genau gesagt werden kann, ob diese Tendenzen sich mit der Zeit (d. h. im Laufe der Beziehung) entwickelt haben, so dass sich die Partner einander immer mehr annähern, ob schon bei Beginn der Beziehung relativ homogene Interessenslagen bestanden haben oder ob sich die Freizeit- und Einstellungskomponenten nichtlinear oder fluktuativ ändern. Für die Beantwortung der letzten Frage wäre eine Längsschnittperspektive vonnöten, was im Rahmen dieser Arbeit nicht umgesetzt werden kann. Beim politischen Stil zeigt sich ein ähnliches Bild (Tabelle 8, nächste Seite) wie beim Freizeitstil. Auch hier sind homogene Kombinationen häufiger anzutreffen als unter Unabhängigkeit erwartet, wobei die Prozentwerte der homogenen Paare im Gegensatz zu vorher geringer sind. Trotzdem sind mehr als 40 Prozent der Partner einem gleichen politischen Stil zugehörig. Die Differenz der Homogenität im Freizeitstil und im Politikstil ist aber zu klein um von einer eindeutigen Zuordnung in latentes und manifestes Verhalten zu sprechen, in dem Sinne, dass sich die Personen in latenten Dimensionen häufiger unterscheiden als dann in der manifesten Äusserung, operationalisiert am Freizeitverhalten. Auch die Fallzahl ist bei der Homogenität der politischen Stile wesentlich geringer als bei den Freizeitstilen, da aufgrund der vielen Missings bei Fragen zu politischen Einstellungen ein wesentlicher Teil der Personen verloren ging. Die gefundenen Resultate legen eine ähnliche Interpretation wie bei den Freizeitstilen nahe. Wiederum gibt es eine Gruppe, die von der Anzahl ihrer Mitglieder deutlich untervertreten ist: der militant-linke Stil. Als besonders hervorstechend erweist sich dabei die Tatsache, dass Angehörige dieses Stils überhaupt nicht zur Homogenität in der Ehe neigen. Ganz im Gegenteil: Vielmehr zeigt sich die Tendenz mit einem gänzlich unterschiedlichen Partner im Haushalt zusammenzuleben, denn deutlich mehr als die Hälfte aller Militant-Linken Personen lebt mit einem (oder einer) Gemässigt-Konservativen zusammen.

34


Tabelle 8: Kombination der politischen Stile

(Quelle: eigene Darstellung)

Dieses unerwartete Ergebnis lässt sich zu einem gewissen Teil durch methodische Inkonsistenzen erklären, denn ähnlich wie beim Freizeitstil die Kulturinteressierten sind die GemässigtKonservativen die heterogenste Gruppe und lassen sich lediglich diffus in der politischen Mitte verorten. Denkbar sind als gemässigte Positionen auch solche auf der linken Seite des Spektrums, wobei

viele

Überschneidungen

zur

liberal-linken

Position

sichtbar

werden.

Andere

Kombinationen stechen nicht so deutlich hervor. Angehörige des liberal-linken Stils bevorzugen ihresgleichen oder Gender-Zentrierte gegenüber den anderen beiden Gruppen. Bei den genderzentrierten und gemässigt-konservativen Personen bestehen keine eindeutigen Vorlieben für einen bestimmten Typen. Insgesamt zeigt sich bei den politischen Stilen eine Diffusität der Interessenlagen, wobei die Operationalisierung der Stile und die geringen Fallzahlen zu dieser Uneindeutigkeit wesentlich beigetragen haben dürften. Zusammenfassend lässt sich zur ersten Hypothese sagen, dass die Homogenität des Freizeitverhaltens und der politischen Interessen bei Ehepartnern relativ stärk ausgeprägt ist. Ähnlich wie in Deutschland zeigt sich in der Schweiz ein Bild, das auf Homogamie der

35


Lebensstile hindeutet. Die Ehepartner orientieren sich aneinander und beeinflussen sich offensichtlich gegenseitig. Nachfolgend wird untersucht, ob sich die Homogenitäten, die sich bei Verheirateten finden auch bei Kindern zeigen. Des Weiteren werden die Ursachen (Abschnitt 4.3.3) und Folgen (Abschnitt 4.3.4) dieser hier beschriebenen Befunde aufgezeigt.

4.3.2 Hypothese 2: Eltern Kind Beziehung

Auch diese Hypothese konnte nicht verworfen werden. Obwohl die Verhältnisse weniger klar sind als bei den Partnerschaften und auch in Anbetracht der geringeren Fallzahl, sind die Lebensstile - ausgedrückt im Freizeitverhalten und in den Einstellungen - zwischen Eltern und Kindern oftmals gleich.

Tabelle 9: Homogenität der Freizeitstile in Eltern-Kind Beziehungen

(Quelle: eigene Darstellung)

Wie in Tabelle 9 ersichtlich wird, haben sogar in einigen Familien mehr als 2 Haushaltsmitglieder den gleichen Freizeitstil. Mit rund 34 Prozent Homogenität liegt die Gleichheit ziemlich genau 10 Prozentpunkte unter derjenigen bei den Ehepaaren. Trotzdem fällt sie höher als unter Unabhängigkeit erwartet aus. Einhergehend mit der Altersdifferenz und den jugendlichen Umgebungsstrukturen dürften sich auch die Präferenzen und damit das Freizeitverhalten von den Eltern unterscheiden. Bei den Kindern (ab 16 Jahren, da davor keine eindeutige willentliche Stilisierung des Lebens möglich scheint) ist der unterhaltungssuchende Freizeitstil klar übervertreten. Auch der sportlich-aktive Stil wird häufig praktiziert. Die kulturinteressierten und zurückgezogenen Formen kommen dagegen kaum zur Geltung (Tabelle 10).

36


Tabelle 10: Dominanter Freizeitstil der Kinder in Eltern-Kind Beziehungen

(Quelle: eigene Darstellung)

Dies verdeutlicht die Altersabhängigkeit der Freizeitstile bei Eltern-Kind Dyaden. Im Gegensatz zu den Ehepaaren fällt bei diesen Kombinationen die Korrelation mit dem Alter ungleich stärker ins Gewicht (Kendalls Tau b von 0.255), was darauf hindeutet, dass Hypothese 2 in Bezug auf das Freizeitverhalten nur eingeschränkt gültig ist. Es bestehen neben den Homogenitätstendenzen auch grosse Unterschiede bzw. Differenzierungen. Die Kombination der Freizeitstile zeigt keine eindeutigen Muster. Während die Kinder mit einem jugendlich-unterhaltungssuchenden Freizeitstil häufig Referenzpersonen (d. h. Eltern) des zurückgezogenen oder kulturinteressierten Typs haben, sind homogene Kombinationen beispielsweise der Form KulturinteressiertKulturinteressiert oder Zurückgezogen-Zurückgezogen relativ selten. Die häufigsten homogenen Kombinationen sind bei den Sportlich-Aktiven und Jugendlich-Unterhaltungssuchenden Verbindungen zu finden. Bei den politischen Stilen sieht es ähnlich aus. Hier sind 37,5 der Eltern-Kind Beziehungen mit einem gleichen Stil ausgestattet. Während der absolute Wert im Vergleich zu demjenigen der Freizeitstile kaum unterschiedlich ausfällt, ist doch die positive Abweichung auffällig (Tabelle 11).

Tabelle 11: Homogenität der politischen Stile in Eltern-Kind Beziehungen

(Quelle: eigene Darstellung)

Die latente Lebensstilkomponente der Werteinstellungen ist also homogener als die manifeste der Freizeitaktivitäten. Da es sich bei den untersuchten Dyaden um Eltern-Kind Beziehungen handelt, lässt sich daraus schliessen, dass intergenerationell eher Tendenzen zur Abgrenzung der Lebensstile bestehen als intragenerationell. Analog zur Homogamie bei Ehepartnern dürfte sich 37


die „Vererbung der Lebensstile“ von den Eltern auf die Kinder in gesellschaftlicher Stabilität wiederfinden, was eher Bourdieus Lebensstilverständnis - mit besonderem Fokus auf die Vererbung kulturellen Kapitals - nahekommt als Schulzes oder Lüdtkes Vorstellungen einer prinzipiell freien Stilwahl. Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass sich auch die Kinder in ihren bevorzugten Freizeitaktivitäten und in den politischen Werthaltungen an Bezugspersonen aus der Familie orientieren. Da bei dieser Hypothese jeweils nur die Referenzperson, d. h. ein Elternteil beobachtet wurde, bleibt die Frage offen, welche Wechselwirkungen sich in komplexeren Strukturen, wie Dreier- Vierer- oder Fünferbeziehungen finden. Eine solche Analyse müsste die Interdependenzen zwischen den Verhältnissen Eltern Kind und Ehepartner-Ehepartner berücksichtigen und würde sicherlich gewinnbringende Ergebnisse zutage fördern.

4.3.3 Hypothese 3: Einflussfaktoren auf die Homogenität des politischen Stil

Diese Hypothese behauptet, dass Alter und Bildung bzw. deren Differenz zwischen den Ehepartnern zentrale Einflussfaktoren auf die Homogenität des politischen Stils bei Ehepaaren sind. In Haushalten mit hohem Alters- und Bildungsunterschied der zusammenlebenden Individuen kann eine niedrigere Homogenität erwartet werden als in Haushalten mit gleichaltrigen oder ähnlich gebildeten Personen. Auch die Dauer der Partnerschaft könnte sich positiv auf die Homogenität im politischen Sinn auswirken, in dem Sinn, dass sich die Partner im Laufe der Zeit einander annähern was ihre Einstellungen angeht. Verteilungsmässig zeigen sich keine Unterschiede zwischen der homogenen und der heterogenen Gruppe. Bei den Bildungsunterschieden sieht es ähnlich aus. Auch hier unterscheiden sich die Ehepartner der homogenen und heterogenen Gruppe bezüglich politischem Stil fast nicht.

38


Abbildung 3: Boxplots der Altersunterschiede nach Homogenität des politischen Stils

(Quelle: eigene Darstellung)

Wie Abbildung 3 zeigt sind die Kennwerte für die homogene und die heterogene Gruppe identisch. Die Altersdifferenz zwischen den Ehepartnern beträgt im Mittel etwas mehr als 2 Jahre und der Interquartilabstand ist mit 4 Jahren bei beiden Gruppen gleich gross. Wenn man beachtet, dass etwas weniger als die Hälfte aller Dyaden Homogenität in den politischen Stilen aufweist, lässt sich auch in Bezug auf die Ausreisser keine eindeutige Aussage mehr machen. Ganz offensichtlich haben die Altersunterschiede in Ehen keinen grossen Einfluss auf die Homogenität politischer Stile. Um diese ersten Resultate zu spezifizieren wurden zuerst bivariate Korrelationen mit der Variable Homogenität des politischen Stils und den interessierenden soziodemographischen Variablen Alter, Altersunterschied, Bildung, Bildungsunterschied sowie Einkommen gerechnet. Alle Interdependenzen fallen sehr schwach und kaum signifikant aus (Tabelle 12). Lediglich die Alters- und Bildungsunterschiede scheinen einen kleinen Effekt zu haben, der aber nur beim Alter in die erwartete Richtung zeigt: Dort gehen grosse Altersunterschiede mit unterschiedlichen politischen Stilen einher, während bei der Bildung grosse Differenzen eher für homogene Einstellungen sprechen.

39


Tabelle 12: Korrelationen Homogenität des politischen Stils mit demographischen Variablen

(Quelle: eigene Darstellung)

Diese etwas kontraintuitiven Resultate müssen im Folgenden kausal untersucht werden. Anhand einer binären logistischen Regression mit der abhängigen Variablen Homogenität des politischen Stils soll untersucht werden, ob Kausalaussagen diesbezüglich möglich sind. Führen grosse Altersunterschiede tatsächlich zu weniger einheitlichen (latenten)

Lebensstilen?

Sind

Bildungsunterschiede für die Homogenität der politischen Stile förderlich? Diese Fragen werden nachfolgend beantwortet. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Resultate der Regression. Im Brutto-Modell 1 hat nur die Bildungsdifferenz einen signifikanten Einfluss auf die Gleichheit des politischen Stils in den Haushalten. Der Effekt verschwindet jedoch, wenn als Kontrollvariablen Haushaltsvariablen wie die Dauer des Zusammenlebens hinzugezogen werden. Im zweiten Modell spielen nur noch die beiden Variablen „Anzahl Haushaltsmitglieder“ und „Anzahl Kinder im Haushalt“ eine Rolle. Letztere wirkt sich positiv auf die Wahrscheinlichkeit, dass Ehepartner untereinander denselben politischen Stil aufweisen aus. In Familien dienen Kinder offenbar als ideelle oder zumindest politische einer. Im Gegensatz dazu deutet der 40


negative Effekt bei der Anzahl Haushaltsmitglieder auf die gegenteilige Tendenz hin: Je mehr Mitglieder in einem Haushalt leben, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit der Homogenität der politischen Stile. Eine Erklärung hierfür könnten die vielfältigen Wechselwirkungen sein, die in grösseren im Gegensatz zu kleineren Haushalten wirken.

Tabelle 13: Logistische Regression zu Hypothese 3, Regressionskoeffizienten

Modell 1 Modell 2

Alter

0.01

0.01

Altersdifferenz

0.18

-0.03

Höhere Schule Ja / Nein

-0.03

0.21

Bildungsdifferenz

0.06*

0.04

Dauer des Zusammenlebens Arbeitsstatus: Beschäftigt

0.02

-0.27

Haushaltseinkommen 0-100000 (Referenz) 100001-200000

0.15

200001-300000

0.30 0.80

Mehr als 300000

Anzahl Haushaltsmitglieder

-0.29**

Anzahl Kinder im Haushalt

0.33**

N=908 abhängige Variable: gleicher politischer Stil zwischen Ehepartnern *Signifikant auf 10% Level **Signifikant auf 5% Level

(Quelle: eigene Darstellung)

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Hypothese 3 nicht bestätigt werden konnte. Dies legt den Schluss nahe, dass die evaluative Dimension des Lebensstils - hier operationalisiert anhand der politischen Stile - kein Homogamiekriterium wie die klassischen Faktoren Alter, Bildung, Beruf oder auch soziale Herkunft darstellt. Es fehlt wesentlich an einer erklärungskräftigen Variablen, die festmachen könnte, unter welchen Umständen Ehepaare 41


homogene politische Stile aufweisen und unter welchen Umständen heterogene. Die Ursachen der Homogamie von Lebensstilen - oder zumindest einer Teildimension davon - konnten nicht ermittelt werden. Dies lässt sich nur schwer mit der Strutkurierungsthese in Vereinbarung bringen. Offenbar spielen bei der gegenseitigen Beeinflussung in Bezug auf die politischen Einstellungen und bei der Bildung von Gleichheiten oder Distinktionen viele Effekte eine Rolle, die mit der vorhandenen Datenbasis und den gewählten Auswertungsmethoden nicht ermittelt werden können. Beim latenten Aspekt des Lebensstils stellen sich also Anschlussfragen: Wieso lässt sich die Homogenität bzw. Pluralität mit gängigen soziologischen Erklärungsmustern nicht ergründen? Ist die Orientierung an politischen Dimensionen bei der Partnerwahl oder die Beeinflussung durch den Partner im Laufe des Zusammenlebens tatsächlich so gut wie nicht vorhanden? Sind die politischen Einstellungen der Eheleute somit nicht durch den Haushalt und seine Mitglieder beeinflusst, sondern extern? All diese Fragen müssten mit Sorgfalt beantwortet werden. Trotzdem muss nicht vollends auf die spekulative Schiene zurückgefahren werden, denn ein paar Ergebnisse konnten trotzdem gefunden werden. Die erklärungskräftigsten Prädiktoren stellen die beiden Haushaltsvariablen Anzahl Personen im Haushalt und Anzahl Kinder im Haushalt dar. Während sich bei der Haushaltsgrösse negative Effekte zeigen, d. h. mit zunehmender Haushaltgrösse verringert sich die Homogenität der politischen Stile zwischen den Ehepartnern, findet sich paradoxerweise der gegenteilige Einfluss bei der Anzahl Kindern im Haushalt. Hier erhöht sich die Gleichheit mit jedem Kind, das neu hinzukommt. Allerdings weichen die tatsächlichen Häufigkeiten nur marginal von den erwarteten ab. Lediglich bei Ehepaaren mit zwei Kindern zeigt sich eine ganz leichte Tendenz zur Heterogenität, die den Gesamteffekt in die unerwartete Richtung zieht. Die mangelnde Erklärungskraft der übrigen berücksichtigten Haushaltsvariablen verstärkt den Eindruck, dass Hypothese 3 nicht zufrieden stellend beantwortet werden konnte und zukünftiger Untersuchung bedarf.

4.3.4 Hypothese 4: Lebensstile in Haushalten und Zufriedenheit

Für diese Hypothese wurde die abhängige Variable „satisfied“ verwendet. Die logistische Regression ergab einen signifikanten und positiven Einfluss von Lebensstilhomogenität auf die abhängige Variable „satisfied“. Wird die Freizeit also zwischen Ehepartnern auf eine ähnliche Art und Weise verbracht, ist die Zufriedenheit mit dem Zusammenleben und der Aufgabenteilung im Haushalt erhöht. 42


Es wurden vier Modelle gerechnet, die im Folgenden ausführlicher beschrieben werden: Modell 1 umfasst als unabhängige Variable lediglich die Homogenität des Freizeitstils lshethh, Modell 2 kontrolliert auf soziodemographische Variablen, Modell 3 enthält zusätzlich Variablen der Haushaltsstruktur, die einen Einfluss auf die Zufriedenheit mit der Aufgabenteilung und dem Zusammenleben haben können, Modell 4 fasst schliesslich die aussagekräftigsten Einflüsse zusammen und bildet die Zusammenfassung in Bezug auf die Hypothese. Damit die einzelnen Modelle verglichen werden können, muss die Fallzahl jeweils für alle Modelle gleich gross sein. Da Modell 3 die meisten (Kontroll)Variablen beinhaltet und dort am meisten Fälle verloren gehen, wurde vor dem Rechnen der logistischen Regressionen ein Filter eingefügt, der alle Missings, die in Modell 3 auftreten, herausnimmt. In der Syntax ist dies beschrieben. Von den ursprünglich 3740 Personen im Datensatz gehen dadurch 414 verloren. Es bleiben 3326 Leute übrig. Der grösste Teil dieser 414 fällt dabei heraus, weil beim Haushaltseinkommen ca. 300 Personen je etwa zur Hälfte nicht geantwortet oder Weiss nicht angegeben haben. Die restlichen Missings sind auf verschiedene Variablen zurückzuführen, zum Teil auf die Frage nach dem Erwerbsstatus, zum Teil auf Fragen zur Haushaltssituation. Die Fallzahl für alle Modelle beträgt also 3326. Es handelt sich hier ferner um den Datensatz mit lediglich den Ehepaaren (also keine Kinder, Verwandten, Geschwister etc. der Referenzperson). Eine Überprüfung der Hypothese in Bezug auf Eltern-Kind Dyaden erschien weniger naheliegend, da dort viele zusätzliche Variablen ins Modell hätten aufgenommen werden müssen, was die Komplexität unnötig erschwert hätte. Die folgende Tabelle gibt Auskunft über die Häufigkeiten der abhängigen Variablen „satisfied“.

Tabelle 14: Zufriedenheit mit dem Zusammenleben und der Arbeitsteilung im Haushalt

(Quelle: eigene Darstellung)

Wie schon in Abschnitt 3.2.3 (Konstruktion der abhängigen Variablen) erläutert, fällt die Verteilung stark linksschief aus. Die meisten Leute sind zufrieden oder sehr zufrieden mit der Arbeitsteilung im Haushalt und mit dem Zusammenleben. Allerdings gibt es einen kleinen Anteil, der nur mässig oder gar nicht zufrieden ist. Bei den logistischen Modellen wird also automatisch ein grosser Teil richtig eingeschätzt, wenn alle Personen auf zufrieden eingestuft 43


werden. Dementsprechend schwierig ist es, die Ursachen der Unzufriedenheit bzw. mässigen Zufriedenheit der restlichen Personen zu identifizieren. Im Folgenden sollen die (linksschiefe) Verteilung und die daraus folgenden Implikationen bei der Beurteilung und Einschätzung der logistischen Regression im Hinterkopf behalten werden. Für die Überprüfung der Hypothese wurde zuerst ein Modell ohne Kontrollvariablen gerechnet. Die folgende Tabelle zeigt den Einfluss

der

Homogenität

der

Freizeitgestaltung

auf

die

Zufriedenheit

mit

den

Haushaltsbeziehungen (Modell 1, nächste Seite). Bemerkenswert ist einerseits das positive Vorzeichen beim Koeffizienten, andererseits das Signifikanzniveau, das hier unter 0.01 liegt, also sehr hoch ist. Diese Befunde deuten darauf hin, dass die Freizeitgestaltung wichtig für die Regelung der Harmonie und Zufriedenheit in Haushalten ist. In Anbetracht des Odds Ratio von über 1.5 erscheint der Effekt auf den ersten Blick beträchtlich: Bei Ehepaaren, die ihre Freizeit auf homogene Art und Weise verbringen, ist die Wahrscheinlichkeit zufrieden mit der Arbeitsteilung im Haushalt und mit dem Zusammenleben zu sein rund 50 Prozent höher als bei heterogenen Ehen bezüglich Freizeitstil. Allerdings könnten die Resultate auch über intervenierende Variablen wie Haushaltsgrösse, Zusammensetzung des Haushalts oder durch soziodemographische Merkmale vermittelt sein. Um dies zu kontrollieren wurden die restlichen Modelle mit verschiedenen Kontrollvariablen gerechnet, so dass die verschiedenen Einflüsse kontrolliert und der Effekt der interessierenden Variable (Homogenität der Freizeitstile) isoliert werden konnten. Modell 2 beinhaltet verschiedene

soziodemographische

Konstrukte:

Geschlecht,

Alter,

das

kategorisierte

Haushaltseinkommen, den Bildungsdummy „Weiterführende Schule besucht“, die Dauer der Partnerschaft in Kategorien und den Erwerbsstatus, wobei hier nur zwischen erwerbstätig und nicht erwerbstätig unterschieden wurde. Es wurde ferner versucht mittels der Berufsklasse für die vertikale Dimension der Ungleichheit zu kontrollieren, wobei die interessierende Variable wieder aus dem Modell herausgenommen werden musste, weil durch sie zu viele Fälle verloren gegangen wären. Ein explorativer Versuch zeigte zudem keine erhöhte Erklärungskraft der Klassenvariablen auf die Zufriedenheit mit dem Zusammenleben und der Aufgabenteilung im Haushalt.

44


Tabelle 15: Logistische Regression Hypothese 4, Regressionskoeffizienten

Modell 1

Modell 2

Modell 3

Modell 4

0.435***

0.463***

0.428***

0.426***

-.650** -.803***

-.587** -.593*

-.532* -.656**

-1.956***

-2.061***

-2.062***

Altersdifferenz

-0.033

-0.045

0.005

Bildungsdifferenz

-0.177

-0.174

.022***

0.006

-.606***

-.622***

-.643***

-0.119

-0.11

-0.107

Gleicher Freizeitstil Dauer des Zusammenlebens (R: 0-5 Jahre)

zwischen 5 und 20 Jahren mehr als 20 Jahre

Geschlecht

Alter Arbeitsstatus: Beschäftigt Höhere Schule Ja / Nein Haushaltseinkommen (R: 0-100000)

100001-200000 200001-300000 Mehr als 300000

Anzahl Haushaltsmitglieder Anzahl Kinder im Haushalt

0.029 0.055 0.546

-0.067 -0.042 0.461 -.355***

-.219***

.188**

Dominanter Freizeitstil (R: Sportlich-aktiv)

Jugendlich-unterhaltungssuchend Kulturinteressiert Zurückgezogen

-.846*** -.367** -.334**

-.855*** -.369** -.333**

0.137 0.377

0.145 0.398

.607***

.600***

-.638***

-.619***

Art der Unterkunft (R: Wohnung)

Einfamilienhaus Anderes

Unterkunft zu klein Unerwartete Ereignisse

N=3326, abhängige Variable: Zufriedenheit mit dem Zusammenleben und der Arbeitsteilung im Haushalt *Signifikant auf 10% Level **Signifikant auf 5% Level ***Signifikant auf 1% Level R=Referenzkategorie

(Quelle: eigene Darstellung)

45


Es zeigt sich, dass die interessierende Variable Homogenität der Freizeitstile kaum an Einfluss verliert. Dahingegen spielen die Alters- und Bildungsdifferenz keine entscheidende Rolle. Offenbar sind Partner, die sich im Alter stark unterscheiden oder ein heterogenes Bildungsniveau aufweisen nicht unzufriedener mit dem Zusammenleben als ähnlich alte und gebildete Personen. Als sehr erklärungskräftig erweist sich hingegen die Variable Erwerbsstatus. Hier ist das Vorzeichen des Koeffizienten negativ, d. h. wenn die Person arbeitet, ist die Wahrscheinlichkeit zufrieden zu sein tiefer als wenn sie nicht arbeitet. Eine Person, die arbeitet, hat eine 40 Prozent geringere Chance mit dem Zusammenleben und der Arbeitsteilung zufrieden zu sein als eine, die nicht arbeitet. Das Einkommen spielt nur in der höchsten Kategorie eine Rolle (sonst nicht signifikant). Personen, die mehr als 300000 Haushaltseinkommen zur Verfügung haben, weisen eine fast doppelt so grosse Chance auf zufrieden mit dem Zusammenleben oder mit der Teilung der Hausarbeit zu sein als diejenigen, die weniger als 100000 pro Jahr (und Haushalt) verdienen. Besonders hervorstechend ist auch die Tatsache, dass die Dauer des Zusammenlebens einen negativen Einfluss auf die abhängige Variable satisfied hat und auch der Geschlechtseffekt erstaunt in seiner Heftigkeit. Die bivariate Analyse bringt dabei zutage, dass dieser sehr starke Effekt v. a. auf die Variable Zufriedenheit mit der Teilung der Hausarbeit (P05F04) zurückzuführen ist (Cramers V von 0.27). Auch bei der Variable Zufriedenheit mit dem Zusammenleben (P05F02) weisen Frauen tiefere Werte als Männer auf (der Zusammenhang ist schwächer, aber immer noch stark signifikant). Dies führt zu einem Chancenverhältnis, das von allen soziodemographischen Variablen das stärkste ist. Männer haben ca. 70 Prozent höhere Chancen in Bezug auf die Haushalt und das Zusammenleben zufrieden zu sein als Frauen. Ursprünglich sollte noch auf sozioökonomischen Status mittels (Berufs)Klasse kontrolliert werden. Da es aber bei der Angabe der Klasse sehr viele Missings gibt, die die vorherigen und folgenden Modelle geschwächt hätten, wurde diese Möglichkeit verworfen. Eine explorative Analyse ergab jedoch, dass die Klasse keinen Einfluss auf die Haushaltszufriedenheit satisfied hat. Anschliessend

wurde

ein

drittes

Modell

gerechnet,

in

das

zusätzlich

zu

den

soziodemographischen auch Haushaltsvariablen aufgenommen werden (siehe Tabelle 13, Modell 3). Hier stand die Frage im Zentrum, inwiefern verschiedene Haushaltsstrukturen die Zufriedenheit mit dem Zusammenleben beeinflussen. Denkbar wäre zum Beispiel, dass mit zunehmender Grösse des Haushalts der Koordinationsbedarf bezüglich Aufgabenteilung steigt 46


und es damit leichter zu Konflikten kommt, was die Zufriedenheit mindert. Auch eine kleine Wohnung oder wenig individueller Freiraum könnte die Zufriedenheit stören. Folgende Variablen haben Eingang in Modell 3 gefunden: Anzahl Haushaltsmitglieder, Anzahl Kinder im Haushalt, dominanter Freizeitstil, Art der Unterkunft, Unterkunft zu klein und unerwartete Ausgaben. Letztere Variable gibt an, ob die befragte Person in der letzten Zeit unerwartete Ausgaben zu tragen hatte. Wie die Koeffizienten andeuten, hat die Haushaltszusammensetzung einen wesentlichen Einfluss auf die Zufriedenheit mit dem Zusammenleben und der Arbeitsteilung. Die hohen Signifikanzniveaus bei den Variablen Anzahl Haushaltsmitglieder und Anzahl Kinder im Haushalt deuten auf einen gesicherten Effekt hin. Interpretationsbedürftig scheint dabei das unterschiedliche Vorzeichen der Koeffizienten. Während sich die Anzahl Haushaltsmitglieder negativ auf die abhängige Variable auswirkt, weist die Anzahl Kinder ein positives Vorzeichen auf: mehr Kinder führen also zu mehr Zufriedenheit in den betrachteten Dimensionen. Allerdings muss dabei gesagt werden, dass dieser Effekt unter Kontrolle des Einkommens verschwindet und dass die Signifikanz nur knapp ins 5 Prozent Level fällt. Die Anzahl Kinder ist also kein sehr erklärungskräftiger Faktor bei der Erklärung von Haushaltszufriedenheit. Die verminderte Zufriedenheit

mit

zunehmender

Haushaltsgrösse

könnte

mit

dem

wachsenden

Koordinationsbedarf zu tun haben, wenn man sich nicht aus dem Weg gehen kann. Da jedoch gleichzeitig auf eine zu kleine Unterkunft kontrolliert wurde und beide Variablen höchste Signifikanzniveaus aufweisen, scheint die Haushaltsgrösse einen unvermittelten, direkten Einfluss auf die abhängige Variable zu haben. Je grösser ein Haushalt ist, desto mehr Konfliktpotentiale können entstehen. Es muss vielfältiger und flexibler kommuniziert werden, was die gegenseitigen Ansprüche aneinander steigert. Dies kann zu nicht erfüllten Erwartungen und somit zu Unzufriedenheiten führen. Auffällig sind ferner die odds ratios des dominanten Freizeitstils. Es zeigt sich, dass Personen der Referenzkategorie „Sportlich-aktiv“ als einzige keinen negativen Koeffizienten aufweisen. Dies deutet darauf hin, dass Angehörige des sportlichaktiven Stils Haushalt und Freizeit am besten unter einen Hut kriegen. Bei den jugendlichunterhaltungssuchenden scheint es hingegen zu Diskrepanzen zu kommen, die sich negativ auf die Zufriedenheit mit der Arbeitsteilung oder dem Zusammenleben auswirken. Die Effekte sind allesamt signifikant, jedoch auf unterschiedlichem Niveau. Während sich die eher bei älteren Personen zu findenden Stile zurückgezogen und kulturinteressiert im 5 Prozent Bereich bewegen, ist der unterhaltungssuchende Typ auf dem höchstmöglichen Level signifikant, was den negativen Effekt untermauert. Offenbar sind Kombinationen, in denen mindestens ein Ehepartner 47


diesem Freizeitstil angehört, anfälliger für Konflikte, was zu verminderter Zufriedenheit in den untersuchten Dimensionen führt. Der expressive Gehalt dieses Stils und die häufig ausserhäuslich verbrachte Freizeit könnten Erklärungspotentiale für diesen Effekt liefern. Der kulturinteressierte und der zurückgezogene Freizeitstil unterscheiden sich kaum in Hinblick auf die Zufriedenheit. Bei der Art der Unterkunft spielt es keine grosse Rolle, ob man in einem Haus oder einer Wohnung wohnt. Obwohl die Ausprägungen Einfamilienhaus und Anderes ein positives Vorzeichen aufweisen, also eher zu vermehrter Zufriedenheit führen, ist kein signifikanter Effekt ersichtlich. Zu enge Verhältnisse drücken sich jedoch negativ in der Zufriedenheit aus, wie der Effekt der Variable zu kleine Unterkunft nahelegt. Personen deren Unterkunft nicht als zu klein empfunden wird, weisen 80 Prozent höhere Chancen auf zufrieden in Bezug auf den Haushalt zu sein. Dies deckt sich mit den Resultaten zur Haushaltsgrösse: enge Verhältnisse und ständiges Beisammensein führt offensichtlich zu Spannungen und dementsprechend zu verminderter Zufriedenheit mit der Arbeitsteilung und dem Zusammenleben. Schliesslich sei noch auf die Variable „unerwartete Ausgaben“ verwiesen. Überraschenderweise weist diese einen negativen Koeffizienten auf, was darauf hindeutet, dass Ehepaare mit unerwarteten Ausgaben durchschnittlich zufriedener auf den betrachteten Dimensionen sind als solche, die keine solchen Lasten zu tragen hatten. Es sieht so aus, als ob solche Ereignisse das soziale Band der Partnerschaft eher zusammenknüpfen als trennen. Insgesamt zeigt Modell 3 ein gemischtes Bild. Einerseits spielt die Zusammensetzung des Haushalts stark in die Zufriedenheit mit hinein. Andererseits entkräftet sie Hypothese nicht. Nach wie vor wirkt sich die Homogenität der Freizeitstile positiv auf die Zufriedenheit aus. Unabhängig von der Struktur der Haushalte ist die Hypothese also bestätigt worden. Modell 4 versucht im Sinne einer Best-Practice die aussagekräftigsten Variablen zur Erklärung der abhängigen Variablen beizuziehen. Es zeigt sich, dass sich die Einflüsse wieder ein wenig verändern. Von den soziodemographischen Variablen hat weder das Alter noch die Bildung einen signifikanten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit zufrieden zu sein in Bezug auf das Zusammenleben und die Teilung der Hausarbeit. Diese Variablen wurden darum nicht mehr dargestellt

(für

eine

ausführliche

Tabelle

der

Regressionsergebnisse

inklusive

Konfidenzintervallen und Odds Ratios siehe Anhang). Das Odds Ratio der Homogenität des Freizeitstils verbleibt bei 1.5. Die Chancen zufrieden zu sein sind rund 50 Prozent höher für Personen, die mit dem (Ehe)Partner den Freizeitstil teilen, die also ähnlich geartete Interessen verfolgen. Zu sagen bleibt, dass durch dieses letzte Modell am meisten Varianz erklärt werden 48


kann. Allerdings liegt das Pseudo-R-Quadrat mit knapp 0.2 nicht sonderlich hoch. Dies hat wohl mit der abhängigen Variablen zu tun, da sehr vielfältige Einflüsse die Zufriedenheit mit dem Zusammenleben und der Arbeitsteilung im Haushalt beeinflussen können. Um das Modell nicht zu komplex und unübersichtlich zu gestalten, wurde auf die Hinzunahme weiterer Variablen verzichtet. Auch die Operationalisierung der Konstrukte dürfte in gewissen Fällen nicht optimal sein, besonders in Hinblick auf die Dichotomisierung der abhängigen Variable Zusammenfassend lässt sich Folgendes sagen: beachtenswert und in Bezug auf die formulierte Hypothese wertvoll erscheint die Tatsache, dass sich die Lebensstilhomogenität auch unter der Kontrolle der Variablen •

Altersdifferenz der Haushaltsmitglieder

Bildungsdifferenz der Haushaltsmitglieder

dominanter Freizeitstil

Haushaltsgrösse

Anzahl Kinder im Haushalt

Unerwartete Ausgaben

Geschlecht

Alter

Einkommen

Art der Unterkunft

Dauer des Zusammenlebens

Arbeitsstatus

als erklärungskräftig herausstellt. Der Signifikanz bleibt stets im 1 Prozent Bereich. Von den oben angeführten Variablen erweisen sich ferner der dominante Freizeitstil, das Alter, die Haushaltszusammensetzung, die Dauer des Zusammenlebens, der Arbeitsstatus und vor allem das Geschlecht als erklärungskräftig. Letztere Variable überwiegt in ihrem Effekt die anderen und weist den mit grossem Abstand höchsten Wald-Wert auf. Das lässt daraus schliessen, dass die nach wie vor relativ strikten Trennungen der Arbeitsteilung im Haushalt zu Unzufriedenheiten führen, die kaum wettgemacht werden können. Die Homogenität der Freizeitstile deutet dagegen an, dass die Homogamie in Hinblick auf Lebensstilkriterien tatsächlich zu erhöhter Zufriedenheit führt, was den Geschlechtereffekt aber keineswegs aufwiegt. Die Hypothese konnte zwar

49


bestätigt werden, aber das geringe Pseudo-R-Quadrat zeigt, dass viele Einflussfaktoren, die die Zufriedenheit im Haushalt beeinflussen können, nicht berücksichtigt wurden.

5 Schluss Diese

Arbeit

hat

sich

theoretisch

und

empirisch

mit

der

Frage

nach

den

Vergemeinschaftungswirkungen von Lebensstilen befasst. Sie lässt sich ins breite Feld der Sozialstrukturanalyse einordnen und will darin bisher kaum gestellte Fragen beantworten. Besonders zentral figuriert in ihr der Begriff der Homogenität oder Gleichheit von (Lebens)Stilen: Leben in Haushalten Personen mit ähnlichen Lebensstilen? Finden sich Tendenzen, die mit dem Schlagwort „Gleich und gleich gesellt sich“ umschrieben werden können oder ist es nicht vielmehr so, dass sich „ungleich ergänzt“? Diese Frage kann relativ klar dahingehend beantwortet werden, dass sich die Homogamietendenzen in Bezug auf Bildung, Beruf und sozialer Herkunft auch in den Lebensstilen wiederfinden. Oftmals gestalten Ehepartner ihre Freizeit untereinander auf die gleiche Art (das kann, muss aber nicht unbedingt heissen gemeinsam) und haben ähnliche oder gleiche politische Einstellungen. Bei den Kindern, die mit ihren Eltern im gleichen Haushalt leben zeigt sich ein gemischteres Bild: Auch hier findet eine Orientierung an den Bezugspersonen statt, wobei diese nicht so stark ausgeprägt ist wie bei den Ehepaaren. Während die Kinder häufiger zu expressiven Freizeitmustern tendieren, ziehen sich deren Eltern mehr zurück oder widmen sich kulturellen Aktivitäten. Die Hypothese wonach sich Kinder bezüglich ihres Lebensstils an ihren Eltern orientieren kann also nicht vollständig bestätigt werden. Verworfen werden musste Hypothese 3, die soziodemographische Merkmale für die Homogenität politischer Stile in Ehen verantwortlich macht. Das Alter, die Bildung, die Altersunterschiede zwischen den Partnern und die Bildungsdifferenzen haben kaum einen Einfluss auf die Unterschiedlichkeit politischer Stile in Ehen. Es lässt sich also auf dieser Datenebene nicht genau sagen, wann und wieso besonders gleichgesinnte Ehen auftreten und wann gemischte Formen vorkommen. Schliesslich konnten Wirkungen der Stilgleichheit aufgezeigt werden. Anhand der Homogenität, d. h. Stilgleichheit, des Freizeitverhaltens von Ehepaaren konnte gezeigt werden, dass sich ähnliche oder gleiche Interessenlagen positiv auf die Zufriedenheit mit dem Zusammenleben und 50


der Arbeitsteilung, kurz: auf die Haushaltszufriedenheit, auswirken. Während sich also unterschiedliche Interessen und Stile nicht optimal ergänzen, führen gleiche Freizeitstile zu erhöhter Koordination und Zufriedenheit. Es kann davon ausgegangen werden, dass auch die Stabilität der Ehe von der Homogenität der Interessen und des Verhaltens positiv abhängt. Zusammenfassend zeigen die Befunde, dass die Untersuchung von Lebensstilen auf Haushaltsebene durchaus fruchtbare Resultate liefern kann. Einerseits konnte in Anlehnung an die Theorie von Lüdtke (1989) die Haushaltsbezogenheit von Lebensstilen aufgezeigt werden, andererseits geben die Resultate zur Zufriedenheitshypothese Anlass dazu, die Dynamiken von Haushaltssituationen genauer zu untersuchen. Während der erste Befund die Resultate von bisherigen Studien (Klocke / Lück 2001) bestätigt, werden für Letzteres genauere und auch narrative Daten vonnöten sein, um in die Tiefe der Materie einzudringen. Denn Zufriedenheit ist ein vielfältiges Phänomen, das sich in seinen ganzen Facetten kaum mit einer quantitativen Paneluntersuchung darstellen lässt. Das Forschungsdesign weist Schwächen bei der Operationalisierung des Lebensstils auf. Die Reduktion auf zwei Dimensionen, die ihrerseits wieder sehr schmal und aufgrund von wenig Information generiert wurden, lässt die gewonnenen Resultate nicht mit grosser Sicherheit einordnen. Es bleibt zudem die Vermutung, dass die gebildeten Faktoren wenig praktische Aussagekraft haben, z. B. wird durch einen homogenen Freizeitstil nur beschrieben, dass die Interessen ähnlich gelagert sind, nicht aber wie stark und mit welchen Implikationen dies passiert. So können zwei Ehepartner, die Homogenität des Stils aufweisen, wesentlich unterschiedliche Freizeittaktiken aufweisen, obwohl sie in den Daten denselben Stil zugewiesen bekommen haben. Bei den politischen Stilen gilt es zu beachten, dass aufgrund der Datenlage sehr viele Personen aus dem ursprünglichen Datensatz verloren gehen, was die Analyse dieser Ergebnisse problematisch macht. Die Stile weisen demnach bei den Einstellungsitems weniger praktische Aussagekraft aus als bei den Freizeitaktivitäten. Ausserdem mussten aufgrund der Beschränkung auf Ehen und Eltern-Kind Dyaden andere Beziehungen in Haushalten vernachlässigt werden. Inwiefern sich Geschwister gegenseitig beeinflussen und wie die peer-group in den Prozess der Lebensstilprägung mit hineinspielt, bleibt eine offene Frage, die zukünftiger Forschung harrt. Insgesamt zeigen die Resultate dieser Forschungsarbeit ein Bild, das eher auf gesellschaftliche Schliessung hindeutet als auf individualisierte Offenheit oder gar Beliebigkeit. In Anlehnung an die

präsentierten

Theorien

zeigt

sich

dabei,

dass

insbesondere

Bourdieus

(1982)

51


Lebensstilkonzeption brandaktuell bleibt und dass die horizontalen, auf den ersten Blick w채hlbaren expressiven Praktiken des Alltagslebens nur allzu oft vertikale Aspekte beinhalten.

52


Literatur

Backhaus, Klaus et. al. (2006): Multivariate Analysemethoden. Eine anwendungsorientierte Einführung (11. Auflage). Berlin/Heidelberg/New York: Springer.

Beck, Ulrich (1983): Jenseits von Stand und Klasse. In: Kreckel, Reinhard (Hrsg.): Soziale Ungleichheiten, Sonderband 2 der Sozialen Welt. Göttingen: Schwartz, S. 35-74.

Blossfeld, Hans-Peter; Timm, Andreas (2003): Who marries whom? Educational Systems as Marriage Markets in Modern Societies. Dordrecht / Boston / London: Kluwer Academic Publishers.

Bolte, Karl Martin (1963): Typen sozialer Schichtung in der Bundesrepublik Deutschland. In: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, Jahrgang 8. Tübingen: Mohr, S. 150-168.

Bourdieu, Pierre (1982): Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

Bourdieu, Pierre (1993): Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

Buchmann, Marlis; Eisner, Manuel (1998): Freizeit als Element des Lebensstils und Mittel kultureller Distinktion, 1900-1996. In: Hradil, Stefan (Hrsg.): Grenzenlose Gesellschaft. Frankfurt a. M./New York: Campus.

Burzan, Nicole (2005): Soziale Ungleichheit. Eine Einführung in die zentralen Theorien (2. Auflage). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

53


Coleman, James (1992): Grundlagen der Sozialtheorie. Band 1: Handlungen und Handlungssysteme. M端nchen: Oldenbourg Verlag.

Crawford, Duane W. et al. (2002): Compatability, Leisure and Satisfaction in Marital Relationships. In: Journal of Marriage and the Family, Vol. 64 No. 2, pp. 433-449.

Dahrendorf, Ralf (1965): Gesellschaft und Demokratie in Deutschland. M端nchen: Piper.

Georg, Werner (1998): Soziale Lage und Lebensstil. Eine Typologie. Opladen: Leske + Budrich.

Hartmann, Peter H. (1999): Lebensstilforschung. Darstellung, Kritik und Weiterentwicklung. Opladen: Leske + Budrich.

Hill, Paul B.; Kopp, Johannes (2006): Familiensoziologie. Grundlagen und theoretische Perspektiven (4. Auflage). Wiesbaden: VS Verlag f端r Sozialwissenschaften.

Holman, Thomas B.; Jacquart, Mary (1988): Leisure-Activity Patterns and Marital Satisfaction: A Further Test. In: Journal of Marriage and the Family, Vol. 50 No. 1, pp. 69-77.

Homans, George C. (1968): Elementarformen menschlichen Verhaltens. Opladen: Westdeutscher Verlag.

Hradil, Stefan (1987): Sozialstrukturanalyse in einer fortgeschrittenen Gesellschaft. Opladen: Leske + Budrich.

Hradil, Stefan (1996): Sozialstruktur und Kultur. Fragen und Antworten zu einem schwierigen Verh辰ltnis. In: Schwenk, Otto G. (Hrsg.): Lebensstil zwischen Sozialstrukturanalyse und Kulturwissenschaft. Opladen: Leske + Budrich, S.13-30.

Ickes, William (1993): Traditional Gender Roles; Do They Make, and Then Break, Our Relationships? In: Journal of Social Issues, Vol. 49 No.3, pp. 7186.

54


Inglehart, Ronald (1977): The Silent Revolution. Changing Values and Political Styles Among Western Publics. Princeton N.J.: Princeton University Press.

Isengard, Bettina (2005): Freizeitverhalten als Ausdruck sozialer Ungleichheiten oder individualisierter Lebensführung. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Vol. 57 No. 2, pp. 257-277.

Kalmijn, Matthijs; Bernasco, Wim (2001): Joint and Separated Lifestyles in Couple Relationships. In: Journal of Marriage and the Family, Vol. 63 No. 3, pp. 639-654.

Kalmijn, Matthijs; Flap, Henk (2001): Assortative Meeting and Mating: Unintended Consequences of Organized Settings for Partner Choices. In: Social Forces, Vol. 79 No. 4, pp. 1289-131.

Klocke, Andreas (1993): Sozialer Wandel, Sozialstruktur und Lebensstile in der Bundesrepublik Deutschland. Beiträge zur Politikwissenschaft Band 54. Frankfurt a. M./Berlin/New York: Peter Lang.

Klocke, Andreas; Lück, Detlev (2001): Lebensstile in der Familie. Bamberg: ifb Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg.

Konietzka, Dirk (1995): Lebensstile im sozialstrukturellen Kontext. Zur Analyse soziokulturelle Ungleichheiten. Opladen: Westdeutscher Verlag.

Lüdtke, Hartmut (1989): Expressive Ungleichheit. Zur Soziologie der Lebensstile. Opladen: Leske + Budrich.

Lüdtke, Hartmut (1995): Zeitverwendung und Lebensstile. Marburg: MBSF.

Lüdtke, Hartmut (2001): Freizeitsoziologie. Münster: LIT Verlag.

55


Mare, Robert D. (1991): Five Decades of Educational Assortative Mating. In: American Sociological Review, Vol. 56 No. 1, pp. 15-32.

Müller, Hans-Peter (1992): Sozialstruktur und Lebensstile. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

Obinger, Herbert; Wagschal, Uwe (1998): Drei Welten des Wohlfahrtstaates? Das Stratifizierungskonzept in der clusteranalytischen Überprüfung. In: Stephan Lessenich/Ilona Ostner (Hrsg.): Welten des Wohlfahrtskapitalismus. Der Sozialstaat in vergleichender Perspektive. Frankfurt a. M./New York: Campus, pp. 109-135.

Orthner, Dennis K. (1975): Leisure Activity Patterns and Marital Satisfaction over the Marital Career. In: Journal of Marriage and the Family, Vol. 37 No. 1, pp. 91-102.

Otte, Gunnar (2004): Sozialstrukturanalysen mit Lebensstilen. Eine Studie zur theoretischen und methodischen Neuorientierung der Lebensstilforschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Otte, Gunnar (2005): Hat die Lebensstilforschung eine Zukunft. Eine Auseinandersetzung mit aktuellen Bilanzierungsversuchen. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Vol. 57 No. 1, pp. 1-31.

Schulze, Gerhard (1992): Die Erlebnisgesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart. Frankfurt a. M./New York: Campus.

Schulze, Gerhard (2006): Die Sünde. Das schöne Leben und seine Feinde. München: Hanser.

Simmel, Georg (1992): Soziologie. Untersuchung zu den Formen der Vergesellschaftung. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

Spellerberg, Annette (1992): Freizeitverhalten - Werte - Orientierungen. Empirische Analysen zu Elementen von Lebensstilen. Berlin: WZB-papers, pp. 94-105. 56


Tyrell, Hartmut (2001): Das konflikttheoretische Defizit in der Familiensoziologie. Überlegungen im Anschluss an Georg Simmel. In: Huinink, Johannes; Strohmeier, Klaus Peter (Hrsg.): Solidarität in Partnerschaft und Familie. Zum Stand familiensoziologischer Theoriebildung. Würzburg: Ergon Verlag, pp. 43-64.

Wirth, Heike (2000): Bildung, Klassenlage und Partnerwahl. Opladen: Leske + Budrich.

57


Abbildungs- und Tabellenverzeichnis ABBILDUNG 1: BOURDIEUS SOZIALER RAUM .................................................................................07 ABBILDUNG 2: SCHULZES MILIEUS ..............................................................................................11 ABBILDUNG 3: BOXPLOTS DER ALTERSUNTERSCHIEDE NACH HOMOGENITÄT DES POLITISCHEN STILS ................................................................................................................................................39

TABELLE 1: DOMINANTER FREIZEITSTIL ............................................................................................27 TABELLE 2: KORRELATIONEN (KENDALLS TAU B) DOMINANTER FREIZEITSTIL MIT GESCHLECHT, BILDUNG UND ALTER................................................................................................................28 TABELLE 3: DOMINANTER POLITISCHER STIL .....................................................................................30 TABELLE 4: GLEICHER FREIZEITSTIL ZWISCHEN EHEPARTNERN .........................................................31 TABELLE 5: GLEICHER POLITISCHER STIL ZWISCHEN EHEPARTNERN ..................................................31 TABELLE 6: KOMBINATION DER FREIZEITSTILE BEI EHEPARTNERN .....................................................32 TABELLE 7: KORRELATIONEN (KENDALLS TAU B) HOMOGENITÄT IM FREIZEITSTIL MIT GESCHLECHT, BILDUNG ..................................................................................................................................33 TABELLE 8: KOMBINATION DER POLITISCHEN STILE ...........................................................................35 TABELLE 9: HOMOGENITÄT DER FREIZEITSTILE IN ELTERN-KIND BEZIEHUNGEN ................................36 TABELLE 10: DOMINANTER FREIZEITSTIL DER KINDER IN ELTERN-KIND BEZIEHUNGEN .....................37 TABELLE 11: HOMOGENITÄT DER POLITISCHEN STILE IN ELTERN-KIND BEZIEHUNGEN.......................37 TABELLE 12: KORRELATIONEN HOMOGENITÄT DES POLITISCHEN STILS MIT DEMOGRAPHISCHEN VARIABLEN ...............................................................................................................................40 TABELLE 13: LOGISTISCHE REGRESSION ZU HYPOTHESE 3, REGRESSIONSKOEFFIZIENTEN ..................41 TABELLE 14: ZUFRIEDENHEIT MIT DEM ZUSAMMENLEBEN UND DER ARBEITSTEILUNG IM HAUSHALT ..43 TABELLE 15: LOGISTISCHE REGRESSION HYPOTHESE 4, REGRESSIONSKOEFFIZIENTEN .......................45

58


Anhang

A Faktorenanalyse A.1. Freizeitverhalten Für die Faktorenanalyse zur Erstellung der Freizeitstile wurden folgende Items verwendet: •

Leisure: Sport events: Frequency

Leisure: Meeting friends: Frequency

Leisure: Bar, pub, restaurant: Frequency

Leisure: Sports: Frequency

Location of leisure time

Leisure: Do it yourself, gardening: Frequency

Leisure: Disco: Frequency

Leisure: Walking: Frequency

Leisure: Cinema: Frequency

Leisure: Theatre, opera, exhibition: Frequency

Leisure: Courses: Frequency

Leisure: Instrument, singing: Frequency

Leisure: Internet: Frequency

Leisure: Relaxing: Frequency

Leisure: Reading: Frequency

Bis auf „Location of leisure time“ sind alle Items auf einer Skala 1-5 codiert, wobei tiefe Werte hohe Häufigkeiten implizieren. Exakt sieht die Codierung wie folgt aus: 1-Jeden Tag, 2- Mindestens einmal pro Woche, 3-Mindestens einmal pro Monat, 4-Weniger als einmal pro Monat, 5-Nie. Die folgende Tabelle zeigt die Faktorladungen im Einzelnen.

59


Tabelle A.1: Faktorladungen bei den Freizeitstilen

60


A.2. Politische Einstellungen Für die Faktorenanalyse zur Erstellung der politischen Stile wurden folgende Items verwendet: •

Political position: Left, right

Opinion on Swiss army: direction

Opinion on social expenses: Direction

Opinion on nuclear energy: direction

Opinion on environmental protection: direction

Opinion on joining the EU: direction

Opinion on chances for foreigners: direction

Opinion on taxes on high income: direction

Future: Active in boycott

Future: Active in strike

Future: Active in demonstration

Overall satisfaction with democracy

Trust in Federal Government

Feeling about political influence

Interest in politics

Gender: Women in general penalized

Gender: In favour of measures

Gender: Personnally penalized

Gender: Personal action

Die Tabelle zeigt die Faktorladungen und die Diskriminanz.

61


Tabelle A.2: Faktorladungen bei den politischen Stilen

62


B Logistische Regression B.1 Verteilung der Variablen zur Konstruktion der abhängigen Variable

Abbildung B1: Verteilung der Variable „Zufriedenheit mit dem Zusammenleben“

Abbildung B2: Verteilung der Variable „Zufriedenheit mit der Arbeitsteilung im Haushalt“

63


B.2 Codierung der unabhängigen Dummy-Variablen, Hypothesen 3 und 4

(1) Dominanter Freizeitstil

Sportlich-aktiver Freizeitstil

.000

.000

.000

400

1.000

.000

.000

1134

.000

1.000

.000

Zurückgezogener Freizeitstil

930

.000

.000

1.000

5 oder weniger Jahre

168

.000

.000

Zwischen 6 und 20 Jahren

1403

1.000

.000

Mehr als 20 Jahre

1755

.000

1.000

In einer Wohnung

1475

.000

.000

In einem Haus

1702

1.000

.000

149

.000

1.000

3068

.000

Nein

258

1.000

Mann

1628

.000

Frau

1698

1.000

2585

.000

741

1.000

2428

.000

898

1.000

1044

.000

2282

1.000

346

.000

2980

1.000

1669

.000

Weiterführende Schule besucht

1657

1.000

unterschiedlicher Freizeitstil

1869

.000

gleicher Freizeitstil

1457

1.000

Unerhaltungssuchender

Kulturinteressierter Freizeitstil

Art der Unterkunft

Anderes Unerwartete Ereignisse

Geschlecht

Ja

Dummy Altersunterschied mehr

Altersunterschied weniger als 5

als 5 Jahre

Jahre Altersunterschied mehr als 5 Jahre

Dummy Bildungsunterschied

3 oder weniger Bildungstitel

zwischen den Partnern

auseinander Mehr als 3 Bildungstitel auseinander

Person ist erwerbstätig: Ja - Nein Person ist nicht erwerbstätig Person ist erwerbstätig Zu kleine Unterkunft

Ja Nein

Weiterführende Schule besucht

Keine weiterführende Schule besucht

Homogenität des Freizeitstils

(3)

862

jugendlicher Freizeitstil

Dauer des Zusammenlebens

(2)

64


B.3 Modellgüte Hypothese 4

Step 1

-2 Log likelihood 2662.765

Cox & Snell R

Nagelkerke R

Square

Square

a

.005

.010

Tabelle B.2.1: Modellgüte von Modell 1

Step 1

-2 Log likelihood 2342.129

Cox & Snell R

Nagelkerke R

Square

Square

a

.097

.175

Tabelle B.2.2: Modellgüte von Modell 2

Step 1

-2 Log likelihood 2263.794

Cox & Snell R

Nagelkerke R

Square

Square

a

.118

.213

Tabelle B.2.2: Modellgüte von Modell 3

Step 1

-2 Log likelihood 2267.624

a

Cox & Snell R

Nagelkerke R

Square

Square .117

.211

Tabelle B.2.4: Modellgüte von Modell 4

65


C Voraussetzungsprüfungen C.1 Multikollinearität Unstandardized

Standardized

Coefficients

Coefficients

Model

B

1

1.254

.069

.048

.011

-.013

(Constant)

Std. Error

Collinearity Statistics t

Beta

Sig.

Tolerance

VIF

18.068

.000

.069

4.168

.000

.991

1.009

.014

-.023

-.932

.351

.446

2.241

-.199

.012

-.287

.000

.835

1.198

-.008

.014

-.010

-.591

.554

.956

1.046

-.015

.013

-.020

-1.197

.232

.977

1.023

.000

.001

.006

.214

.830

.318

3.145

-.071

.015

-.096

-4.816

.000

.682

1.466

-.012

.012

-.017

-.990

.322

.915

1.093

-.036

.010

-.128

-3.767

.000

.235

4.258

.017

.011

.056

1.614

.107

.224

4.460

-.008

.005

-.026

-1.502

.133

.896

1.116

Art der Unterkunft

.018

.010

.030

1.758

.079

.938

1.066

Zu kleine Unterkunft

.079

.019

.070

4.087

.000

.931

1.075

-.090

.022

-.069

-4.110

.000

.946

1.057

Homogenität des Freizeitstils Dauer des Zusammenlebens Geschlecht

1.599E1

Dummy Altersunterschied mehr als 5 Jahre Dummy Bildungsunterschied zwischen den Partnern Alter Erwerbstätig: Ja-Nein Weiterführende Schule besucht Anzahl Personen im Haushalt Anzahl Kinder im Haushalt Dominanter Freizeitstil

Unerwartete Ereignisse

Tabelle C.1: Multikollinearitätsstatistik für Hypothesen 3 und 4

66


C.2 Ausreisserdiagnostik und Residuenanalyse

Std. Error Standardresiduum

Mean

.2225076

95% Confidence Interval for Lower Bound

.1950706

Mean

Upper Bound

.2499447

5% Trimmed Mean

.3041138

Median

.4603373

Variance Std. Deviation

.01399366

.651 .80703495

Minimum

-2.19889

Maximum

1.30137

Range

3.50027

Interquartile Range

.31122

Skewness

-1.921

.042

2.249

.085

Kurtosis

Tabelle C.2.1: Kennwerte der standardisierten Residuen

Tabelle C.2.2: Verteilung der standardisierten Residuen

67


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.